Kategorie-Archiv: Wir sind der Schwarm!

Otto Normalvergaser hinter der Maske des Antizionismus und des Antikapitalismus

Antizionismus und Antiamerikanismus, ihr Philo-Islamismus sind nichts anderes als moderne Varianten des urdeutschen Antisemitismus.  (…) Massen laufen zur Deutschen Ideologie über, wenn Politik und Staat ihnen diesen Weg nicht versperren (…) Der Vernünftige braucht keinen Dialog mit Leuten zu führen, die sich nicht von Grund auf von denjenigen distanzieren, die Juden oder, was dasselbe ist, den Zionismus für ihr und anderer Leute Unglück verantwortlich machen. Er denunziert desgleichen jede Verhandlungsbereitschaft denen gegenüber, die, bevor sie sich als Staatsbürger und Marktsubjekte definiert haben, als Angehörige einer Religions- oder Volksgemeinschaft anerkannt werden wollen. (…) Antizionismus und Antiamerikanismus, ihr Philo-Islamismus nichts anderes sind als moderne Varianten des urdeutschen Antisemitismus. (…) Antideutsch denken und handeln heißt demzufolge, die politischen Vermittlungs- und Repräsentationsformen in Gesellschaft und Staat, die auf der Trennung von freien und gleichen Warenbesitzern einerseits und am Allgemeinwohl orientierten Staatsbürgern andererseits beruht, gegen die zu verteidigen, die diese Teilung zugunsten eines autoritären Volksstaates überwinden wollen, dessen Subjekte von nichts anderem als von seinen Wohlfahrtsleistungen abhängig sind. Wer in diesem Sinne das Etikett „antideutsch“ nicht auch auf sich bezieht, mißachtet zumindest die Gefährlichkeit der – selbstredend nicht auf Deutschland und deutsche Staatsbürger beschränkte, sondern immer schon weltweit grassierende – Deutschen Ideologie, deren historischer Kern darin besteht, daß auf ihr Konto nicht nur „normale“ kapitalbedingte Ausbeutung und Herrschaft, nicht nur die dem Kapital aus Prinzip immanenten Kriege und nicht nur der ihm in seinen Grund eingeschriebene Antisemitismus gehen, sondern fördert das Überleben einer Ideologie, der zudem noch die historisch und empirisch nicht zu leugnende Tatsache eingeschrieben ist, daß die deutsche Fassung der Beziehung von Staat und Gesellschaft die Auslöschung der Menschheit in zwei Weltkriegen im allgemeinen und den eliminatorischen Antisemitismus im besonderen beinahe total verwirklicht hätte. In der Existenz des Staates Israel manifestiert sich der Einspruch gegen den historisch bewiesenen Vernichtungswahn Deutscher Ideologie praktisch und empirisch. – Manfred Dahlmann
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  09.11.2015

Wollte man den Zustand der Debattenkultur eines Landes anhand des Empörungsindex’ messen, Deutschland stünde momentan schlecht da. Jeder ist empört. Die SPD vom Innenminister, die CDU von der CSU, Pegida von der Lügenpresse, die AfD von der Kanzlerin, die Kanzlerin von ihrem Land und die Grünen springen mit Claudia Roth eh über jedes Empörungsstöckchen, das ihnen hingehalten wird.

Anders als bei den gesellschaftlichen Verwerfungen um die Agenda2010 oder dem Verpulvern von Milliardensummen bei der „Euro-Rettung“ ist der Empörungsindex bei der Asylbewerberkrise kurz vor der Höchstmarke. Hier geht es um was und man kann davon ausgehen, dass, steigt der Empörungspegel in diese Höhen, der Kern des Problems vor lauter Eifer aus den Augen gerät.

Im derzeitigen Irrsinn von Willkommenskultur, Kontrollverlust und Selbstauflösung bewegen wir uns auf einen Kern des eigenen Selbstverständnisses zu, der die Geister in Gläubige und Ungläubige, in Erlöser und Sünder scheidet. Es ist der Nazikompensationskomplex der Deutschen.

Den Ursprung hat der Komplex in einer erfolglosen Abnabelung vom autoritären Vater, der zu früh gestorben ist. Nun sitzen Tochter und Sohn am Küchentisch und klagen ihr Leid. Sie erzählen sich die unglaublichen Geschichten seiner Schlechtigkeit und mit jedem Tag wächst der Hass auf den Übervater. An nichts anderes kann mehr gedacht werden, von nichts anderem kann mehr gesprochen werden. Der Abwesende wird immer wieder in die Anwesenheit gerufen, bis er mächtiger ist als je zuvor. Dass dabei ständig beteuert wird, wie sehr man den Vater bereits überwunden habe, macht Freunde eher misstrauisch. Dauert dieser Zustand zu lange an, wird aus dem Verlust und der Enttäuschung ein schwerwiegender psychischer Defekt.

Inzwischen sind 70 Jahre vergangen, seit der Deutschen Übervater den Löffel abgegeben hat. Aus der erfolglosen Abnabelung ist eine handfeste „déformation psychologique“ geworden, die uns Deutsche wieder fest im Griff hat. Je lauter wir schreien, nichts mit ihm zu tun zu haben und den krampfhaften Eindruck erwecken wollen, ihn rest- und spurenlos überwunden zu haben, desto skeptischer schauen unsere Partner und Freunde auf uns und wundern sich über unser Gebaren.

Wenn nach den Worten des britischen Politologen Anthony Glees in Großbritannien der Eindruck herrsche, die Deutschen hätten seit September den Verstand verloren und seien zu einem “Hippie-Staat, der nur von Gefühlen geleitet wird“, verkommen, dann ist dies freundliche Zusammenfassung dessen, wie momentan der Rest der zivilisierten Welt auf den Umgang Deutschlands mit den Asylbewerberströmen schaut. Die deutsche Besessenheit vom toten Vater treibt das Land in immer wildere Experimente des Vorreitens und Bessermachens, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als würde dieses Land bald in einem Strudel aus Wahn, Buße und Stolz ganz verschwinden.

Noch immer thrillt uns Deutsche niemand so sehr wie „er“. Gerade die intellektuelle Elite kann sich am Ex-Führer gar nicht satt sehen. Niemand war so oft Titel-Boy des SPIEGEL; Bücher über ihn, seine Helfer, seine Frauen, seine Hunde werden fast automatisch zu Bestsellern; sein Untergang garantiert Oskars; das geschichtsbewusste Pädagogikfernsehen wäre ohne ihn nicht denkbar und die tausenden von Stunden Historiensendungen im ZDF kann man sich ohne ihn und Guido Knopp gar nicht vorstellen.

„Er“ ist immer noch ein Kassenschlager.

Fetischismus wird definiert als „die religionsähnliche Verehrung von Objekten mit besonderer Bedeutung für die eigene Identität“. Der Satz müsste erweitert werden durch den Zusatz, dass auch „die religionsähnliche Verachtung von Objekten mit besonderer Bedeutung für die eigene Identität“ Fetischismus ist. Für Günter Grass begann nach Auschwitz eine neue Zeitrechnung, und es ist nicht übertrieben, von 1945 als einer Geburt einer neuen Negativ-Religion zu sprechen, in deren Mittelpunkt „er“ steht: der umgekehrte Erlöser, der negative Heilige, der Antichrist, mit dessen Wirken eine Zeitenwende einhergeht. Durch ihn hindurch blicken „wir Deutschen“ gleichsam in unsere eigenen Abgründe des Dämonischen. Sein Name vermag magische Wirkung zu entfalten, wenn wir unsere Gegner mit seinem Bann belegen.

„Er“ – das war ja nicht einfach nur ein fehlgeleiteter deutscher Politiker, „er“ und alles, was ihn umgab, steht für das Böse schlechthin: Darth Vader und die dunkle Macht. Von Kindesbeinen an üben „wir Deutschen“ ein, wie schlimm und verwerflich diese zwölf Jahre zwischen 1933 und 1945 waren. Das Gefühl, dennoch in eben dieser kurzen Zeitspanne so etwas wie unser Wesen ex negativo zu erkennen, erfüllt uns mit Scham und dem Gefühl der Sünde. Es ist eine Art negative Einweihung, die dazu führt, dass wir meinen, unser Selbstbild, unsere Identität, unser ganzes Streben aus diesen 12 Jahren Finsternis definieren zu müssen.

„Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.” (Friedrich Nietzsche)

Nun ist der Mensch ein faszinierendes Wesen mit dem ständigen Hang zur Selbsttäuschung. Selbst aufgeklärte Menschen halten es nicht lange im Wahnsinn der Finsternis aus und Scham und Sünde sind Gefühle, die einem positiven Selbstbild, das dem Menschen inkarnatorisch als Wunsch innewohnt, abträglich sind. Der Trick des Nazikompensationskomplexes ist nun, den Büßer in einen stolzen Büßer zu verwandeln.

Dass es gerade „wir Deutschen“ sein mussten, die dem Bösen derart rein zur Erscheinung verhalfen, erscheint uns dann als einzig auszeichnende Eigenart. Mit Vehemenz pochen wir darauf, dass alles an und um „ihn“ einzigartig ist: der Krieg, die Verblendung, der Holocaust. Das macht uns keiner nach. Das können nur „wir Deutschen“. Schon ist der Schalter der Scham auf Sündenstolz umgelegt.

Dass die Welt uns um ein Holocaust-Mahnmal beneiden könnte, wie es der Historiker Eberhard Jäckel allen Ernstes bei der Eröffnung des Mahnmals in Berlin voraussagte, dieser Gedanke kann nur einem Hirn entspringen, in dem die anderen Nationen die Rolle von Mitschuldigen spielen, die es nur noch nicht begriffen haben und zugeben wollen. Denn haben die Amerikaner nicht auch einen Holocaust an den Indianern betrieben? War der englische und französische Kolonialismus nicht ein Jahrhunderte währender Holocaust an der indigenen Bevölkerung? Machen sich nicht auch die Juden mit einem Holocaust an den Palästinensern schuldig?

Der Nazikompensationskomplex bricht sich nun mit Stolz Bahn: uns Deutschen kann niemand etwas vormachen, wenn es um Schuldhaftigkeit geht. Wir sind die Ersten, Einzigen und Besten, die einen klaren Blick auf die Geschichte haben. Wir sind die mit dem größten Mahnmal, für das die anderen uns nun beneiden dürfen.

So meinte die taz-Kolumnistin Silke Burmester die vor wenigen Wochen abgehaltenen jüdischen Maccabi Games in Berlin in guter linker Manier folgendermaßen kommentieren zu müssen: „Was soll das sein? Hakenkreuzweitwurf?“ Als sie dafür zu Recht hart angegangen wurde, erwiderte sie mit der Erklärung, dass sie „nur gern eine Welt jenseits der Zuordnungen hätte“, ergo die jüdischen Festspiele für überholt ansehe (merke: für Linke hinken besonders die Juden mit ihrem eigen Staat und diesem komischen Jüdisch-Sein heillos hinterher).

„Eine Welt jenseits der Zuordnungen“ ist eine schöne Umschreibung für die einzige Utopie, die einer „Identität der Finsternis“ entspringen kann: keine Zuordnungen, keine Zugehörigkeiten, keine Festlegungen, keine Identitäten. Und wer es wagt, eine Welt ohne Zuordnungen als den Vorhof zur Hölle zu empfinden, und es vorzieht, in einer Welt mit Zuordnungen leben zu wollen, wird mit der Geste des Hochmuts der Verachtung preisgegeben: retardiert, reaktionär, eigentlich voll Nazi.

Der Nukleus des Nazikompensationskomplexes ist der Wunsch nach Strafe und Bestrafung. Vornehmlich für die westdeutsche Elite waren die letzten 70 Jahre viel zu wenig Strafe (das sieht man im Osten der Republik ganz anders, was einen gehörigen Teil der Entfremdung zwischen Ost- und Westdeutschland erklärt). Westdeutschland wurde reich und mächtig und spätestens seit der Wiedervereinigung ist der Traum eines freien Deutschlands als Teil der freien Völker möglich. Aber das verschmähen wir. Denn mit unserer Geschichte können wir nie wieder Teil sein oder Teilhaben. Wir gehören ausgestoßen. Und wenn es die anderen nicht machen, machen wir es halt selbst.

Deswegen interessiert es uns nicht, dass wir uns im Umgang mit den Asylbewerbern außerhalb aller europäischen Gepflogenheiten gestellt haben. Es ist uns egal, denn wir haben ein anderes Ziel als billige Zugehörigkeit. Was uns begeistert: für eine „Welt jenseits der Zuordnungen“ die Vorreitenden zu sein. Denn nur mit unserem Verschwinden verschwindet auch „er“.

Die Lust an der Buße trägt masochistische Züge. Jetzt, wo die zurückgebliebene und arme Welt zu uns strömt, sind wir nur zu gerne zur Stelle, um die Buße endlich existentiell werden zu lassen. Wir haben es nicht verdient, wohlhabend zu sein, in Sicherheit zu leben und unsere Eigenart zu schützen, kurzum: fortzubestehen. Wie Popstars werden die „Refugees“ dann begrüßt, denn sie sind das Symbol für die Hoffnung, endlich die Zugehörigkeit ändern zu können.

Nur im eigenen Verschwinden werden wir Deutschen wieder rein und schuldlos. Und rein und schuldlos zu sein, ist wie ein Neubeginn, eine Jungfräulichkeit, die uns die USA nach 1945 mit schnödem Wirtschaftswunder verwehrt haben. Die Scham und der Büßerstolz verbinden sich hier zu einer Erotik des Verschwindens qua Penetration durch das Fremde. Das ist geil.

Den Nazikompensationskomplex werden die anderen Nationen nie verstehen. Selbst in Deutschland geht ein Riss mitten durch das Land, denn auch den Ostdeutschen ist nach den Erfahrungen bis 1989 die Sehnsucht nach Strafe und Buße eher fremd geworden. Sicher ist: die Abnabelung vom Übervater ist im Westen der Republik grandios gescheitert. Das Anrufen seines Namens passiert so inflationär, dass man meinen könnte, das Herbeirufen von „ihm“ diene dazu, „ihn“ auch wirklich erscheinen zu lassen, um „ihn“ in einem letzten mutigen Endkampf endlich für immer besiegen und abschütteln zu können.

Was nur, wenn „er“ gar nicht wiederkommt, die Welt sich weiterdreht und der Endkampf ausbleiben muss? Das wäre wirklich empörend und die letzte Rache des toten Übervaters an seinen immer noch an ihm hängenden Kindern. Das simple Verschwinden der gehassten Fetisch-Figur ist ja das letzte, was der Kranke wirklich wünschen kann.

Mehr unter: http://www.der-gruene-wahn.de

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Post aus Jerusalem III

Von GÖTZ ALY

Angesichts ihrer schwierigen Lage verhalten sich Israelis generell sehr offen, gelassen und umsichtig.

Foto: imago/Winfried Rothermel

Angesichts ihrer schwierigen Lage verhalten sich Israelis generell sehr offen, gelassen und umsichtig, während wir Deutsche nur mit allergrößter Mühe mit fünf Flüchtlingen pro tausend Einwohner zurechtkommen.

Ich verfasse gerne freundliche Kolumnen aus und über Israel. Nun meinen Sie, werte Leserin Cordula K., es sei „zynisch“, wenn ich schreibe, Araber lebten derzeit „in Israel sicherer als irgendwo sonst im Nahen Osten“. Zum Beweis nennen Sie den Gaza-Krieg von 2014. Sie übersehen: Ich sprach von Sicherheit, Lebensqualität und Bildungschancen der 1,4 Millionen Araber in Israel. Sie wollen die Toten des „Gaza-Krieges und anderer Übergriffe Israels“ nicht gegen die Toten in Syrien, Jemen und Irak „aufgerechnet wissen“. Darüber ist zu reden.

Was meinen Sie mit „Übergriffen Israels“? Was würden Sie fordern, wenn in Richtung Ihres Häuschens in Berlin-Kaulsdorf Dutzende Raketen vom nahen Rüdersdorf aus abgefeuert würden? Was würden Sie vom Staat erwarten, wenn in Ihrem Garten plötzlich ein Killerkommando aus einem Tunnel gekrochen käme? Die Hamas-Leute graben wieder.

Die Hisbollah im Südlibanon ist in der Lage, tausend Raketen täglich auf den israelischen Norden abzufeuern, und das für längere Zeit. Stellen Sie sich vor, verehrte Frau K., in Polen, direkt hinterm Oderdeich, säßen hisbollah-ähnliche Gruppen und würden bei passender Gelegenheit das „altslawische“ Kaulsdorf überrennen. Würden Sie diese Leute Terroristen oder Freiheitskämpfer nennen?

Stellen Sie sich vor, Ihr Kaulsdorf läge nicht im großen Deutschland, umgeben von Verbündeten, sondern in einem Staat, halb so groß wie einst die DDR, von Nachbarländern umzingelt, in denen Zehntausende dort wohlgelittene Menschen wohnen, die Freudenfeste feiern, sobald es irgendjemandem irgendwo gelingt, mehrere Ihrer Landsleute hinterrücks zu töten.

Sie wollen die Toten „nicht gegeneinander aufrechnen“. Aber Sie wissen doch, dass die Hamas in dem von ihr angezettelten Gaza-Krieg Schulen, Wohngebiete, selbst Krankenhäuser und UN-Stützpunkte als Deckung für Raketenstellungen benutzt hat. Handelt es sich hier allein um „israelische Übergriffe“?

Auch sollten wir über Zahlen sprechen. Seit dem israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948 sind bis heute knapp 120 000 Menschen während der Kriege, der palästinensischen Aufstände und bei Terroranschlägen ums Leben gekommen. Angesichts der beispiellosen, nur sehr schwer lösbaren und für beide Seiten existenziellen Grundsituation sprechen 120 000 Tote in 68 Jahren für ein pragmatisches und besonnenes kriegerisches Verhalten der Beteiligten. Der grundlos geführte Bosnienkrieg forderte 97 000 Opfer binnen vier Jahren. In Syrien wurden in den vergangenen vier Jahren knapp 200 000 Menschen Opfer sinnentleerter Metzeleien. Werte Frau K., rechnen Sie bitte aus, was unsere Wehrmachtsverwandtschaft an nur einem Tag verbrochen hat!

Am Samstag war ich mit vier anderen Europäern zum Abendessen eingeladen. Plötzlich knallte es mehrfach im Tal. Wir Gäste assoziierten einen runden Geburtstag. Die Gastgeberin erstarrte und flüsterte: „Hoffentlich!“ Angesichts ihrer schwierigen Lage verhalten sich Israelis generell sehr offen, gelassen und umsichtig, während wir Deutsche nur mit allergrößter Mühe mit fünf Flüchtlingen pro tausend Einwohner zurechtkommen. Wir haben keinen Grund, uns als politisch-moralische Gouvernante Israels aufzuspielen.

http://mobil.berliner-zeitung.de/politik/kolumne-post-aus-jerusalem-iii,23785274,30417900.html

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Post aus Jerusalem II

Von GÖTZ ALY

Jerusalem.

Foto: imago/Jens Schicke

Wer wie Israels Premier Netanjahu Palästinenser und Iraner mit den Terrorgruppen Islamischer Staat und Al-Kaida gleichsetzt, der verzichtet auf den Versuch, gewiss prekäre Verhältnisse mit kühlem Kopf in der Balance zu halten. Doch es gibt auch viele vernunftgeleitete Pragmatiker in Israel.

Auch diesmal begann das Pessachfest mit dem Sederabend freitags, so wie am Tag der Kreuzigung Christi. Der obligate Vollmond schien hell über Jerusalem, für mich über der Siedlung Ma’ale Adumim im Westjordanland. Die Geschichte, wie das Volk Israel der ägyptischen Fron entfloh, um mit Gottes Hilfe ein selbstbestimmtes Leben zu finden, lasen wir abwechselnd auf Hebräisch, Russisch und Deutsch, aßen gefilte Fisch, Matzeknödel etc. und tranken Wein von Siedlern, die ihre Produkte nicht exportieren können. Später kamen Nachbarn hinzu. Wir hatten es gut. Historiker wissen, dass es den Auszug aus Ägypten nie gegeben hat. Doch kann eine alte Legende sehr wohl Wahres mitteilen.

Anders verhält es sich mit aktuellen Fiktionen. Wer zum Beispiel denkt, in Ma’ale Adumim würden militante „jüdische Siedler“ hausen, der irrt. In dieser Schlafstadt leben 35.000 Leute, weil es billig ist, so wie man in Berlin-Marzahn wohnt und liebend gerne ins Zentrum zöge. Auch Israels Ministerpräsident Netanjahu pflegt Fiktionen, etwa die, das soeben mit Iran geschlossene Abkommen sei ein Teufelspakt. Damit setzt er seinen Wahlkampf der Angst fort, mit dem er allenfalls einen Pyrrhussieg errang. Denn seit dem Ende des wüst auftretenden und handelnden iranischen Ministerpräsidenten Ahmadinedschad – herbeigeführt 2013 in einer demokratischen Wahl – hat sich die Verhandlungslage im Mittleren Osten deutlich verschoben, auch dank selbstkritischer Einsichten westlicher Staatslenker in die verheerenden Folgen ihrer – kriegerisch grundierten – Politik der vergangenen 14 Jahre.

Die Gegenwart erträglich gestalten

Dem zum Trotz leistet sich Netanjahu den als Außenminister begabungsfern eingesetzten Avigdor Lieberman, weil ihm zu einer differenzierten, seinem Land förderlichen Außenpolitik nichts einfällt. Wer wie Netanjahu Palästinenser und Iraner mit den Terrorgruppen Islamischer Staat und Al-Kaida gleichsetzt, der verzichtet auf den Versuch, gewiss prekäre Verhältnisse mit kühlem Kopf in der Balance zu halten. Was treibt ihn zu derartigem Simplismus? Das Unvermögen, die Frage zu beantworten, wie es mit den besetzten Gebieten und dem Verhältnis zu den Nachbarn weitergehen soll. Im Wahlkampf erklärte er: Die Zwei-Staaten-Lösung ist tot. Vielleicht hat er recht. Was dann? Womöglich gibt es im Moment keine Antwort. Das aber erfordert, die Gegenwart so erträglich zu gestalten, dass künftige Lösungsmöglichkeiten offengehalten werden.

Netanjahu regiert Israel nicht alleine. Immer wieder setzen Richter, meist Richterinnen, führenden Politikern Grenzen, gelegentlich sehr enge in einer Gefängniszelle. In der Knesset wurde die Arabische Liste zur dritten Kraft. Ihr Vorsitzender, Ayman Odeh, kündigte an, seine Fraktion werde keine Araberpolitik betreiben, sondern Fragen aufgreifen, die alle Israelis angehen.

Hoffentlich. Dieser Tage wurde der palästinensische Noch-Nicht-Staat offiziell Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs. Wegen des Antrags auf Mitgliedschaft hatte Netanjahu vor Monaten die Überweisungen von Steuereinnahmen an die Autonomiebehörde gesperrt. Jetzt zahlt er sie rückwirkend aus – nicht wegen ausländischer Einsprüche, sondern auf Druck der Generalität und des Inlandsgeheimdienstes. Israel verfügt über viele vernunftgeleitete Pragmatiker.

http://mobil.berliner-zeitung.de/politik/kolumne-zu-israel-post-aus-jerusalem-ii,23785274,30300156.html

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Post aus Jerusalem I

Von GÖTZ ALY

Porträts in der Gedenkhalle von Yad Vashem zeigen Juden, die im Holocaust ermordet wurden.

Foto: imago/UPI Photo

Unser Kolumnist arbeitet seit drei Wochen in der Bibliothek von Yad Vashem und wundert sich über die „tiefe Sorge um den Friedensprozess“, die mancher in Deutschland äußert. Denn nirgendwo im Nahen und Mittleren Osten sei es derzeit so friedlich wie in Israel.

Seit drei Wochen arbeite ich wieder in der Bibliothek von Yad Vashem. Wie jedes Mal wurde die israelische Passkontrolleurin wegen meines arabischen Namens nervös – es folgte die übliche Sonderprüfung, zivil und schnell: Vorname des Vaters, des Großvaters, zudem noch ein paar Fragen, die sich im Computer abgleichen lassen. Wer weiß, wer den Pass geklaut haben könnte. Der Name bietet auch Vorteile. Jener osmanische Soldat Ali, der 1686 in der Schlacht um Ofen (heute: Budapest) gefangen genommen und dann im Berliner Dom auf den Namen Friedrich Aly getauft wurde, stammte womöglich aus Jerusalem. Ein Palästinenser? Unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.

Jedenfalls jubelt Mohamed wenn er mich von Zeit zu Zeit als „Professor Aly“ begrüßen kann. Er betreibt einen Kaffeeausschank gleich rechts, wenn man die Altstadt durchs Damaskus-Tor betritt. Diesmal fragte er: „Sie schreiben doch Bücher über Geschichte. Stimmt es wirklich, dass die Deutschen so viele Juden getötet haben?“ – „Ja das stimmt alles: sechs Millionen unschuldige und wehrlose Menschen, auch Babys, Frauen, Greise – alle.“ Stille. Warten wir ab, was Mohamed demnächst wissen möchte.

Zuletzt war ich vor 15 Monaten in Israel. Eines fällt nach dieser kurzen Zeitspanne sofort auf: Das Land boomt. Überall werden neue Straßen und Bahnlinien und Tunnel durchs Gelände gebrochen. Man hört in Europa viel vom Siedlungsbau, dabei geht es jeweils um einige Apartmentblöcke, aufregender ist die tausendfältige Bautätigkeit innerhalb der international anerkannten Grenzen. Noch zwei Jahrzehnte und das Heilige Land ähnelt Singapur.

Zwei Israelis, fünf Meinungen

Auch die zahlreichen muslimischen Gemeinden im Norden Israels expandieren, errichten neue Moscheen und Minarette von atemberaubender Höhe, so selbstbewusst, wie man sie im Der-Islam-gehört-zu-uns-Deutschland nirgendwo findet. Und die Wahlen? Die Umfragen, die an den Ausgängen der Wahllokale erhoben wurden, lagen grob neben dem Ergebnis. Die Meinungsforscher geben sich geschlagen: zwei Israelis, fünf Meinungen. In der Bundesrepublik herrscht dagegen das Prinzip „Ordnung muss sein“. Folglich sind auch Umfragen stets korrektest zu beantworten. Was ist besser?

Neulich bei einer zweitägigen Wanderung im Gebirge entlang der libanesischen Grenze, organisiert von den nach deutschem Vorbild gegründeten Naturfreunden, lernte ich das hebräische Synonym für wildes Durcheinanderreden. Es lautet: Knesset. Unvorstellbar, dass das Wort Bundestag in metaphorischem, hochemotionalem Sinn Teil der deutschen Sprache werden könnte. Am Abend sangen die nicht mehr ganz jungen Wandervögel hebräische und russische Vorwärtslieder – „aus der Zeit als wir alle noch sehr, sehr zionistisch waren“, wie mir meine Tischnachbarin selbstironisch und mit glänzenden Augen erklärte.

Und die aktuelle Politik? Aus Deutschland erreicht mich „tiefe Sorge um den Friedensprozess“. Vorsicht: Wo ist es im Nahen und Mittleren Osten derzeit so friedlich und vergleichsweise gewaltarm wie in Israel? Wo leben Araber derzeit sicherer als in Israel? Wo haben sie besseren Zugang zu Bildung, Arbeit, Konsum und medizinischer Versorgung? Das nächste Mal mehr zur künftigen Regierung und zum Iran, kurz: zur hohen Politik.

http://mobil.berliner-zeitung.de/politik/kolumne-aus-israel-post-aus-jerusalem-i,23785274,30258210.html

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Es gibt kein Recht auf Israelkritik
Justus Wertmüller

„Jude, Jude feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!“. So und ähnlich hallte es in diesem Sommer, genauer: während des letzten Gaza-Kriegs durch die Straßen deutscher und europäischer Großstädte. Synagogen wurden angegriffen und als „jüdisch“ identifizierte Menschen bzw. solche, die sich öffentlich mit Israel solidarisierten, physisch attackiert. Die Täter waren keine bestiefelten Nazis, sondern junge männliche Moslems. „Allahu Akbar“ und „Tod den Juden“ krakeelend, schwenkte dieser antisemitische Mob die palästinensische Flagge, die sich damit einmal mehr als die Fahne des dschihadistischen Terrors erwies.

In Essen zum Beispiel kam es am 18. Juli zu Flaschen- und Feuerzeugwürfen auf eine pro-israelische Gegenkundgebung. Untermalt wurde dieses Szenario durch „Adolf Hitler! Adolf Hitler“-Rufe. Der WDR meldete damals lapidar: „Es hat keine Anzeichen dafür gegeben, dass sich Extremisten unter diese Demonstration gemischt haben […] Bisher ist es alles ein bisschen brisant, aber friedlich.“ Nicht nur beim WDR wurden diese und andere antisemitische Ausschreitungen verharmlost und versucht, Israel die Schuld für die Aufregung junger Männer auf Deutschlands Straßen in die Schuhe zu schieben. So titelt beispielsweise die Taz zum Angriffskrieg der Hamas und den israelischen Verteidigungsaktivitäten: „Israel provoziert dritte Intifada“.

Nicht allein dass die Partei Die Linke schon Organisator der erwähnten Demonstration in Essen war, nein, die Bundestagsabgeordnete Inge Höger und andere Parteimitglieder sind Unterzeichner des „Appells der bundesweiten Bewegung für einen gerechten Frieden in Nahost“. Auf deren Homepage heißt es: „Wir solidarisieren uns mit dem Recht auf Widerstand der Palästinenserinnen und Palästinenser gegen das Besatzungsregime Israel.“ Womit Israel gemeint ist.

Frau Höger solidarisiert sich, unter Verweis auf die Charta der Hamas, in der das Existenzrecht Israels bestritten wird, mit dem eliminatorischen Antisemitismus der palästinensischen Führung. Was all diese Menschen eint, ob Redakteure und Auslandskorrespondenten verschiedenster Medienanstalten oder Parteigänger der Linken, ist ihr vehement vorgetragenes „Recht“, Israel kritisieren zu dürfen. Inzwischen haben sich alle Verantwortungsträger der Bundesrepublik pflichtschuldig von den antisemitischen Ausschreitungen von insgesamt Tausenden Jubelpalästinensern distanziert und nicht minder pflichtschuldig hinzugefügt, dass es selbstverständlich legitim sei, Israel zu kritisieren. Dass Israelkritik und Antisemitismus das gleiche sind und der Mob auf der Straße nur auf seine Weise von diesem „Recht“ Gebrauch gemacht hat, kommt in solchen Erklärungen nicht vor.

http://www.redaktion-bahamas.org/aktuell/20141003detmold.html

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http://www.redaktion-bahamas.org/aktuell/20141030halle.html

Wir dokumentieren den Aufruf von der Seite http://israelkritik.de:

Antisemitische Lumpen sind in den vergangenen Wochen tagein, tagaus durch europäische Innenstädte gezogen, mit palästinensischen Gesinnungsfetzen um den Hals und selbstgefertigten oder auch vorab verteilten Plakaten in der Hand, auf denen die brutalste Dummheit prangte, während über ihren Köpfen schwarze, grüne und rote Fahnen flatterten. Aufgedrehte und erregte Jungmännerhorden suchten einander an Hitzigkeit der Raserei und Brachialität des Judenhasses zu übertreffen. Die Frauengrüppchen, der familiären Autorität, der handfesten Männerherrschaft über sie stets unterwürfig, waren trotz Sommerhitze oft züchtig verschleiert, wenngleich sich bei nicht wenigen dadurch das paradoxe Bild vom Kopftuch in Kombination mit Hotpants ergab. Doch der Hass auf die Juden versöhnt viele unüberbrückbare Gegensätze, auch die sichtlich frommer gehaltenen Mädchen durften in der Ausflugslaune solcher mitmachen, die man ansonsten kaum je vor die Tür lässt. Der Fastenmonat Ramadan tat ein Übriges, man sah bei den antisemitischen Kundgebungen landauf, landab Leute plötzlich in Ohnmacht fallen, weil die Mischung aus nicht nur physischer Aushungerung, herausgebrülltem Judenhass und schwülem Wetter zu viel wurde. Diese Intifadisten möchten gewiss ihr Auftreten gegen Israel als gute muslimische Tat verbucht sehen, etwa als Ausgleich für ein ansonsten mehr als mageres spirituelles Leben. Bei den meisten der Jünglinge wird der Alltag nicht so sehr von Moscheebesuchen als von schlechtem Hiphop und stupidem Krafttraining geprägt sein. Bei den Mädchen wäre großteils von einem möglichst sorgfältigen Kontrollregime über ihr Leben auszugehen, das bei manchen von ihnen in totale Affirmation, totale Identifikation, totale Selbstnegation – arabisch „Dschihad“ – umschlägt. Deutlich zu sehen bei den verschleierten Fanatikerinnen, die etwa in Köln die schwarze Flagge des dschihadistischen Terrors über ihren Köpfen schwangen, dem Symbol ihrer totalen Entrechtung als Frauen. Der ostentative Muslimeifer aber, der sich im Alltag mancher „Allahu-Akbar“-Brüller vielleicht doch sehr in Grenzen hält, findet im blanken Judenhass unverhoffte Nahrung, wo ihnen unter unendlich öden Koranrezitationen und geistlosen, absurden Vorschriften längst das bisschen ungeglaubten Glaubens zwischen den Fingern zerrann und ihr Muslimsein kaum je mehr ist als das typisch dauerbeleidigte, immer schon jeder Verantwortung ledige Gruppengefühl. Überhaupt will jeder Eifer – insbesondere der aktuelle, rasende Eifer des weltweit angreifenden Islam – den Stachel eines weniger drohenden als hinterrücks längst geschehenen Glaubensverlustes kompensieren. Dieser Verlust kann unter Aufrechterhaltung der Lebenslüge Islam nur mittels einer unaufhörlichen Verfolgung immer neuer Abweichler oder Ungläubiger abgewehrt werden. An ihnen wird der eigene, unwahre Glaube gebüßt, das offenkundige islamische Unglück gerächt. Gäbe es keine Juden, der Islam müsste sie erfinden. Ohne diese Sündenböcke müsste er sonst an seiner eigenen Unerträglichkeit krepieren!

Die Verkünder Allahs wollen die ganze Welt in einen autoritären Kollektivismus hineinterrorisieren, die strikte islamische Trennung des „Reinen“ vom „Unreinen“ soll alles beherrschen und jedes bisschen Leben, jedes bisschen Freiheit in Angst und Todeskult ersticken. Die radikale Abschaffung dieses unvergleichlich amoralischen, menschenfeindlichen und despotischen Gottesbildes kristallisiert sich als die vordringlichste Aufgabe für jeden heraus, der die Idee einer Menschheit noch nicht aufgegeben hat. Der Islam ist keine schützenswerte Kultur, sondern eine furchtbare, autoritäre, gnadenlose Ideologie, die durch die Verkommenheit der westlichen Intellektuellen und Politiker, durch das Versagen und die Borniertheit der Zivilisation voranschreitet: in Gaza, Syrien, Irak, Nigeria, Somalia und zahllosen anderen Stätten islamischen Grauens. Sein terroristisches Vordringen auf den globalen Schlachtfeldern muss mit angemessenen militärischen Maßnahmen bekämpft, seiner „friedlichen“ Missionstätigkeit und Propaganda im Westen mit den Mitteln des Rechtsstaats und den Waffen der Kritik das Handwerk gelegt werden. Wer das unaussprechliche Unglück hat, unterm Banner der Schahada, des muslimischen Glaubensbekenntnisses, existieren zu müssen, sei der Hintergrund des Banners nun schwarz wie bei ISIS und Al Qaida oder grün wie bei der Hamas und Saudi-Arabien, sieht sich von jeder Hoffnung auf westlichen Beistand komplett verlassen. Kein George W. Bush im Weißen Haus mehr, der so „dumm“ und „arrogant“ wäre, den Menschen im Orient democracy & freedom bringen zu wollen. Die vor aller Welt live sich vollziehenden, von den ISIS-Verbrechern selbst stolz ins Internet gestellten Massaker an Kurden, Assyrern, Yeziden, Christen, Schiiten und nicht wenigen Sunniten im nördlichen Irak und Syrien sind allzu lang von der untätig gebliebenen Administration des unsäglichen Friedensnobelpreisträgers Obama und von den ebenfalls friedensnobelpreistragenden Europäern ermöglicht, zugelassen, mitverursacht worden, von denen also, die das Scheitern von Iraqi Freedom immer schon vorausgesagt hatten und es nun geradezu triumphierend konstatieren dürfen.

„Kritisch ja, antisemitisch nein. Der Ton macht die Musik.“ (Frank Elstner, BILD, 25.7.2014)

Auf die Hilfe der „mit Gaza“ gegen Israel ach so solidarischen Mitmuslime kann ohnehin lange warten, wer als Muslim von rasenden Barbaren im Namen des keineswegs dabei missdeuteten Koran entmündigt, unterdrückt, erniedrigt, geschlagen, misshandelt, gefoltert, vergewaltigt, verstümmelt, ermordet wird. Allerhöchstens senden die „Brüder“ aus dem Westen weitere Fanatiker und Massenmörder, wie es derzeit in Syrien und im Irak geschieht. Die telegenen Muslimsprecher, die bärtigen Verbandsvorstände, die noch bärtigeren Imame sind viel mehr an der Hetzkampagne gegen „Kindermörder Israel“ interessiert als an den Massakern, den gesprengten Heiligtümern und Moscheen im Irak, den ca. 250.000 muslimischen Toten in Syrien, den Gräueltaten von Boko Haram auch an muslimischen Schulbesucherinnen, den Untaten von al-Schabaab an Muslimen in Somalia.

Die Gier der exklusiv zum Thema Gaza auf einmal ganz muslimsolidarischen Pallywood-Lobbyisten nach Bildern von Kinderleichen, die man dem Judenstaat anlasten kann, führt nicht nur zu den absurdesten Fälschungen von Pressebildern und sogar Horrorfilmschnipseln, sondern ist auch der Grund, warum Hamas für viele solcher Leichen sorgt, indem man die Raketenstellungen bewusst dort aufstellt, wo bei israelischen Gegenschlägen hohe zivile Opferzahlen zu erwarten sind. Entgegen der unendlich oft wiederholten Behauptung, der Gazastreifen sei der am dichtesten bevölkerte Ort der Welt – dies gilt allenfalls für die Ortschaften Gaza City, Khan Yunis und Rafah – weist das Gebiet nicht wenige unbesiedelte Zonen und Halbwüsten auf, die Hamas ganz bewusst nicht als Abschussbasen für Raketen und Startpunkte ihrer Terrortunnel gewählt hat.

Der Hetzruf „Kindermörder Israel“ ist die totale Dämonisierung nicht nur Israels, sondern der Juden überhaupt. Sein an mittelalterliche, antijüdische Legenden anknüpfendes Bild, das nur um weniges vorsichtiger in der europäischen und deutschen Qualitätspresse wiedergegeben wird, ist der Gipfel der Perfidie. Wer die zutiefst verlogene Parole vom „Kindermörder“ aufgreift, beweist den Wahnsinnigen der Hamas, dass die Reklame mittels Kinderleichen wirkt und weiter betrieben werden soll. Jeder Journalist, Politiker, jede Einzelperson, die die Schuld an den toten Kindern mit Israel identifiziert, befeuert diese nekrophile Kinderpornographie. Die „Kindermörder“-Losung reizt die Massen, total enthemmt überzuschnappen, durch die Unschuld der Toten vollkommen moralisch legitimiert außer sich zu geraten und die Juden oder ihre Fürsprecher, echte und gewähnte Islamfeinde (wie etwa eine Burger-King- und eine McDonald‘s-Filiale in Nürnberg) mit ungehemmter Brutalität anzugreifen.

In der Öffentlichkeit besteht kein Verbot, Israel zu kritisieren, sehr wohl aber ist mittlerweile jede Kritik der Israelkritik delegitimiert. Eine stetig größer werdende Welle antisemitischer Gewalttaten bricht sich in ganz Europa Bahn, im Namen der von der Hamas ganz bewusst gefährdeten, exponierten und geopferten Kinder. Die plötzliche Vervielfachung der Angriffe auf Juden wird durch die demonstrativ in die Kamera gehaltenen Leichen befeuert, wird von den israelkritischen Politikern und Journalisten angeheizt. Die Folgen dieser Propagandaschlacht für die Juden wurden möglichst kleingeredet und verharmlost, erste antisemitische Gewalttaten prompt zu gesellschaftlichen Randerscheinungen erklärt, wie es Wolfgang Benz, der ehemalige Leiter und oberste Persilscheinaussteller des Berliner Zentrums für Antisemitismus der deutschen Gesellschaft nur zu bereitwillig attestierte. Die schließlich unleugbar gewordenen antisemitischen Vorfälle hat natürlich „niemand“ gewollt, und alle hatten Israel sogar noch gewarnt, schon um der Juden im Ausland willen, für deren Sicherheit gegebenenfalls auch „niemand“ bürgen könne… Wer so argumentiert, nimmt gedanklich schon einmal Geiseln.

Hamas ist eine nekrophile politische Selbstmordsekte, die rituelle Menschenopfer zelebriert und offen die Vernichtung Israels und aller Juden als ihr Ziel erklärt hat. Ganz nebenbei ermordet sie weit mehr Muslime als Juden – die Hinrichtungen von „Spionen“, „Abtrünnigen“, „Verrätern“ und all derer, die sich dem mafiösen Alltagsgeschäft und dem inneren Terror der Hamas in den Weg zu stellen wagten, sind Legion. Die Einwohner Israels verdanken ihre relative Sicherheit der unermüdlichen Arbeit der israelischen Armee, die die Mordlust der Hamas – unter möglichst wenigen Verlusten auf allen Seiten – einzudämmen versucht. Ziele israelischer Luftschläge werden zuvor gewarnt, es werden Flugblätter abgeworfen, sprengsatzlose Raketen vorausgeschickt, damit die betreffenden Gebäude von Zivilisten rechtzeitig geräumt werden können. Laut mehreren Berichten ist dies aber schon von Hamas-Funktionären mit der Waffe in der Hand verhindert worden, um die Opferzahlen in die Höhe zu treiben. Diese abscheulichen Vorgänge werden von jedem mitverschuldet, der die antisemitische Parole vom „Kindermörder Israel“ mitblökt, ob wutbürgermäßig mit selbstgemachtem Plakat oder per konsterniertem Leitartikel über das Leiden der unschuldigen Kinder in Gaza. Die antisemitischen Massen brüllten in Deutschland zu Hunderten „Hamas, Hamas, Juden ins Gas!“ oder „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf‘ allein!“, griffen echte oder gewähnte „jüdische“ Passanten brutal und rücksichtslos an. Dies geschah eine ganze Zeit lang, ohne dass die deutsche Polizei groß intervenierte, die sich bei staatlicherseits wirklich unerwünschten Aktionen hinsichtlich der Einsatzstärke oder Robustheit nicht lumpen lässt.

Hätten etwa irgendwelche NPD- oder ProKöln-Figuren auf der Kölner Domplatte demonstriert, wäre nicht nur das Polizei-, sondern auch das klassische Antifa-Aufgebot überwältigend gewesen. Die ganze Stadt hätte sich ihnen entgegengestellt und sie niedergebrüllt. Aber gegen die Freunde des arabischen Judenmordes kommt kein „Arsch huh“, gehen keine „Zäng ussenander“. Das vermeintliche „Versagen“ dem offenen, hauptsächlich islamisch motivierten Antisemitismus gegenüber, sowohl seitens der staatlichen als auch der möchtegern-staatlichen Organe (wie die sogenannte Antifa, die – mit wenigen Ausnahmen – dem antisemitischen Geschehen kaum kritische Aufmerksamkeit schenkte), ist weder ein Lapsus noch ein Zufall, sondern der sichtbare Ausdruck ihres fortschreitenden Verfalls: Es käme uns gewiss nicht in den Sinn, mit dummer Gläubigkeit an sie zu appellieren. Die ganz doll antifaschistische Linkspartei, speziell ihr nordrhein-westfälischer Landesverband, meldete Demonstrationen an, auf denen antisemitische Hetzparolen gebrüllt wurden, man suchte von linker Seite her den Schulterschluss mit muslimischen Multitüden, unter denen sich sogleich türkische Graue Wölfe und deutsche Neonazis tummelten. Die zu konstatierende Erfahrung mit dem bürgerlichen Staat im Allgemeinen und dem postnazistischen deutschen Staat samt all seinen Hilfspolizisten im Besonderen ist vielmehr: Mitten im Normalbetrieb kann jederzeit der Ausnahmezustand ausbrechen, in welchem die großherzigen Garantien und demokratischen Sonntagsreden ausgesetzt werden und auch die Staatsräson hinfällig wird, weil krisenbedingt wieder einmal gehobelt werden muss und dementsprechend blutige Späne fallen dürfen.

So geschehen bei den staatlicherseits zugelassenen, per taktischem Polizeimangel ermöglichten Pogromen in Rostock-Lichtenhagen, die schließlich zur de-facto-Abschaffung des grundgesetzlich verbürgten Asylrechts führten. Die deutsche Spezialität bei solchen Vorkommnissen ist die glänzend inszenierte Heuchelei, die mustergültige, nicht einmal bewusst abgesprochene Arbeitsteilung zwischen den Arbeitern der Stirn und den Arbeitern der Faust: Die einen schrieben damals „Das Boot ist voll“ wie Der Spiegel, andere warfen dann die Brandsätze, die natürlich „niemand“ gewollt hatte. Den Rest erledigte der Reichstag.

In der jetzigen Situation beginnt sich dieses widerliche deutsche Muster zu wiederholen: Der Spiegel, die Waffen-SZ, die liberalen und linken Zeitungen, das öffentlich-rechtliche Fernsehen… all diese Sturmgeschütze der Demokratie feuern unisono los, geben ihre freundschaftlichen Ratschläge an Israel, schreiben ihr infames „gerade wir als Deutsche“ hin, mahnen stirnrunzelnd zur Zurückhaltung im Raketenhagel, schwafeln von Gewaltspiralen und Pulverfässern, breiten ihre hübschen Lösungen der nahöstlichen Judenfrage aus. Sie problematisieren und denunzieren gezielt die jüdische Selbstbewaffnung, die als Einziges die Fortexistenz des jüdischen Staats in einer antisemitischen Welt sichert. Sie schämen sich nicht, antifaschistisch besorgte Vergleiche ausgerechnet zu den Massenmördern zu ziehen, die die Gründung Israels als jüdische Lebensversicherung zu einer absoluten Notwendigkeit machten – also zu ihren Eltern und Großeltern. Sie reüssieren, protestieren, räuspern sich vernehmlich, bekommen ihre deutschen Bauchschmerzen, ihr altes jüdisches Geschwür, platzen schließlich mit dem heraus, was unter Freunden doch einmal gesagt werden muss, beten für den Frieden, finden jeden Krieg ganz, ganz furchtbar, in einem Wort: sie hetzen. Aus purem Ressentiment, aus einem sehr deutschen Abrechnungsbedürfnis, das den Juden Auschwitz nicht verzeihen kann, aus der schunkelnden, seelischen Korruption, der ekelhaften deutschen Verbrüderung, die immer auf Kosten des Volksfeindes geht.

Die öffentlichen Schwätzer und Schreiber gegen Israel sind als Mittäter anzusehen, die für die Gräueltaten ihrer antisemitischen Lieblinge mitverantwortlich sind. Denunzianten Israels wie Franziska und Jakob Augstein, Günter Grass, Daniel Bax, Heribert Prantl, Dieter Hallervorden, Nina Hagen, Sabine Rau würden in einer wirklichen Zivilisation für ihre Schreibtischtaten zur Rechenschaft gezogen werden. Sie gehören mindestens mit Verachtung gestraft. Ebenso die politischen Karrieristen wie Bernd Riexinger und abgehalfterte Trommler wie Jürgen Todenhöfer, die quer durch die Parteienlandschaft mittels des Themas Israel den Schulterschluss mit den dumpfen Ressentiments der Volksgemeinschaft suchen und zuverlässig auch finden. Jeder dieser obsessiven Hetzer kann sich einer ganzen Flut an Dankesbriefen für jede seiner bebenden Kühnheiten sicher sein, wird für sein larmoyantes, selbstgefälliges Maulheldentum von den anderen deutschen Zensuropfern zum Helden der Meinungsfreiheit gekürt. Jeder niederträchtige Anschlag auf den jüdischen Staat, jede bestenfalls verantwortungslose Gefährdung jüdischer Leben in Deutschland kann damit rechnen, noch zur tapferen Intervention gegen eine gewähnte, allgegenwärtige Mediendiktatur verklärt zu werden.

Der von der BILD publizierte Aufschrei „Nie wieder Judenhass!“ erging nach einer geraumen Zeit alles andere als stillschweigender Unterstützung des antisemitischen Mobs seitens der deutschen, sogenannten Qualitätspresse. Von Kai Diekmann lanciert, von der Kanzlerin und dem Bundespräsidenten, Veronika Ferres und Johannes B. Kerner unterstützt, war der anti-antisemitische BILD-Titel im ersten Augenblick gewiss ein Anlass zum Aufatmen, speziell für die Juden in Deutschland, die sich angesichts der faktischen Koalition von Mob und Elite und einer schlagartigen Vervielfachung antisemitischer Gewalttaten unmittelbar bedroht sahen und über zu packende Koffer laut nachzudenken begonnen hatten. Doch liest man die verschiedenen, politisch korrekten Bekenntnisse des staatstragenden und kulturindustriellen Personals um den BILD-Titel herum, wird klar, dass hier der kurz von der Leine gelassene Antisemitismus der eifernden, migrantisch-hintergründigen Wutbürger vom ideellen Gesamtdeutschen in Regie genommen und politisch verwertbar gemacht werden soll. Es geht nunmehr um die genau richtige Dosierung der Israelkritik in absolut gewissensreiner Abgrenzung vom Antisemitismus, der von der Intelligenz weniger im Schach als vielmehr drohend bereit gehalten wird. Nichts anderes bedeutet etwa das Grass-Gedicht, die Zuckerberg-Krake und andere Anlehnungen an den „Stürmer“ seitens der SZ. Es geht um den amtlich zugelassenen Härtegrad der Hetze gegen den Judenstaat, die unverdrossen weiter gehen soll, ohne aber die staatlich geschützten Juden sichtbar zu beschädigen, welche wiederum der Ausweis des wieder gut gewordenen Deutschlands sind. Die stets nachjustierte, nervös und plump dirigierte Unterscheidung zwischen verbaler Verfolgung der Juden in Deutschland und der verfolgend-unschuldigen „Frage“ nach dem Existenzrecht – nein, eleganter noch: der abgrundtiefen „Sorge“ um die Zukunftsfähigkeit Israels ist der Kern des aktuellen, postnazistischen Bewusstseins. Wie es Heiko Maas von der SPD auf dem BILD-Titelblatt zum Erschaudern deutlich auf den Punkt bringt: „Juden dürfen sich bei uns nie wieder bedroht fühlen.“ Es ist hinter allem Pseudokalkül vor allem ein ungeheurer Selbstbetrug, vergleichbar dem Versuch, ein offenes Feuer in der Hosentasche zu tragen. Die Exponentialität seiner Energie, die stete Steigerung seiner Aggression ist wesentliches Element des Antisemitismus‘, der als Israelkritik keineswegs aufgehoben, sondern schlichtweg raffiniert und salonfähig wird. Dass all die feuilletonistisch-politischen Finessen dem Pöbel nicht ganz so schnell einleuchten, zeigt sich in den Anschlägen, brutalen Übergriffen, enthemmten Drohungen, mit denen sich Juden und jüdische Einrichtungen derzeit auf breiter Linie konfrontiert sehen. Die hetzende Journaille weiß genau um diese „unerwünschte Nebenwirkung“ ihrer israelkritischen Obsession und fährt dennoch ungebremst, mit unheilbar reinem Gewissen mit ihren Angriffen fort. Es ist ein Skandal, dass die israelkritischen Lautsprecher anerkannt und erfolgreich sind, ins Fernsehen und Radio eingeladen und dort auch noch hofiert werden, als wären sie respektable Menschen, während sich durch die Mitschuld dieser Giftspritzen Juden in der Öffentlichkeit fürchten müssen, als solche erkannt zu werden. Würden die antifaschistischen Bekenntnisse dieses erbärmlichen Landes wirklich etwas bedeuten, hätten die Hetzer und Trittbrettfahrer, die Opportunisten und Türöffner des Antisemitismus nicht so ein leichtes Spiel. Wie es mit der NPD und anderen rechten Widerlichkeiten geschieht, würde jeder ihrer öffentlichen Auftritte skandalisiert, gestört, blockiert, möglichst verhindert werden. Aber Antifaschismus heutzutage ist kaum mehr als lokalpatriotischer Standortschutz und Fankurvengesang gegen Rechts.

Die politische Spitze hält sich vom allzu vulgären Judenhass und auch von allzu rabiater Israelkritik fern, weil es sich sonst mit den staatslegitimierenden Andachten am von vielen Völkern so beneideten Holocaust-Denkmal bisse, zu welchem man ja als Deutscher „gerne hingehen“ können soll, wie Gerhard Schröder es treffend ausdrückte. Man darf sich hier keinen Augenblick täuschen, was die bürgerliche Republik im Postnazismus angeht: Als es darum ging, den Einsatz der israelischen Marine gegen die Mavi Marmara zu verurteilen, haben sie ausnahmslos und erstmalig in der Geschichte der BRD alle – von Angela „Staatsräson“ Merkel bis Inge „Frauendeck“ Höger – einstimmig mit „Ja“ zur Resolution gegen Israel gestimmt, man kannte keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche.

Deutscherseits erfüllten „die empörten Muslime“ eine sehr wichtige, wenngleich für Deutsche kaum bewusste und noch weniger eingestehbare psychosoziale Funktion. Die Toleranz und das Verständnis seitens der Leitkultur, die den Wutmuslimen eine zeitweilige, antisemitische und darum falsche Katharsis gewährten, sollten aber nicht nur den Irren unter Allahs Fahne als vermeintliches Ventil dienen, sondern eben auch all den Deutschen, die es kaum erwarten konnten, sich in ihren Hass, ihre „Kindermörder“-Rufe einzufühlen. Doch Deutsche – und ihre Dichter und Denker allemal – wissen um Stalingrad und Dresden, fürchten sich vor dem Preis totalen antisemitischen Kontrollverlustes bei für sie ungünstigen Kräfteverhältnissen. Sobald sich also das kleine, wärmende Flämmchen der Israelkritik als hell auflodernde Synagoge herauszustellen droht, fürchtet man doch sehr um das mustergültige Ansehen des Landes, sieht schon die bösen Artikel in der ausländischen Presse, sorgt sich um den Ehrenplatz als Vergangenheitsbewältigungsweltmeister, von welchem aus man doch so freimütig allen anderen Völkern im Allgemeinen und den Juden im Besonderen ethisch-moralische Lehren erteilen kann. Die lange polizeiliche Leine, an der man die Pogromwilligen kurz spazieren ließ, wird also wieder eingezogen, zumindest sollte das durch den BILD-Titel in die Welt hinaus und vor sich selbst suggeriert werden. Exakt so wollen die Deutschen mit ihren Juden kommunizieren und exakt so ihre Muslime handhaben. Die Juden sollen ja nie vergessen, ihre Dankbarkeit zu bekunden, wenn etwa so ein muslimisch-migrantischer underdog nach ein paar unverkrampften Bissen wieder zurückgezogen wird. Die Muslime wiederum, denen man jetzt liebe- und verständnisvoll den feinen Unterschied zwischen Israelkritik und Antisemitismus erklärt, sollen sich dankbar in die (auch ideologische) Drecksarbeit für die Deutschen schicken, wie es für sie immer schon verfügt war. Im Ankläffen der Juden und im gehorsamen Befolgen von „Fass!“ und „Sitz! Aus!“ liegt – wohlgemerkt nur laut dem schier unvergänglichen Herrenwahn der Deutschen – die Zukunft der deutschen Integration nützlicher Muslime, an denen man sich zudem so wunderbar erzieherisch betätigen kann. Das beispielhafte Endprodukt postnazistischer Integration wäre idealiter der politisch oberkorrekte Cem Özdemir, doch hier wird dann realiter der unheilbare Widerspruch zwischen deutschem pädagogischen Anspruch und deutschem psychologischen Bedürfnis deutlich: Dem Musterdeutschen Özdemir fehlt vor lauter Verinnerlichung deutscher Magengeschwüre bereits wieder das migrantisch-ungebärdige Element, also das nunmal sehr gefragte „extra scharf“: Jener von hochdeutschen Sensibilisierungen ungehemmte Judenhass, der in Deutschland ohnehin am Liebsten auf bildungsferne Unterschichten (z.B. Lichtenhagen) oder eben „barbarische Ausländer“ hinwegprojiziert wird. Noch in der genüsslichen Skandalisierung des jeweiligen Tabubruchs lebt man ein wenig aus, was man umso eifriger abstraft. Diesen Judenhass sollen die gegebenenfalls kurzfristig wieder von der Leine gelassenen, per Muslimsein „Betroffenen“ weiterhin liefern können. Gleichzeitig darf dieser keinesfalls ganz offen zutage treten,  ist er doch sogleich ein ungeheurer Skandal. Exakt hierin ist der postnazistische Wahn in seiner unheilbaren Inkohärenz sichtbar, exakt hierin besteht die ehrlich geglaubte, weil deutsche Lüge von „Israelkritik ja, Judenhass nein!“

Näheres zum genau richtigen, orientalisch-deutschen Zungenschlag lässt sich vielleicht auf dem westlich-östlichen Diwan bei der nächsten Islamkonferenz bei Dr. de Maizière nachjustieren, wo es etwa dieses Jahr um „Wohlfahrt“ und „Seelsorge“ gehen soll, also um sehr viel Geld, um zu verteilende Pfründe im Gesundheits- und Sozialsystem. Man glaubt seine Kettenhunde und Kiezaufpasser so gleichermaßen im Zaum und bei der Stange zu halten, es ist eine moderne, postnazistische Variante der Integration, die sich hier zeigt. Die Möglichkeit antisemitischer Übergriffe, die durch die interessierte Passivität von Politik und Polizei bei den ersten antisemitischen Demonstrationen entstand und sogleich einen Brandanschlag gegen die Synagoge in Wuppertal zeitigte, war das mehr oder weniger unfreiwillige (und nunmehr die ja immer total anständigen Deutschen doch ein wenig erschreckende) Ergebnis der alten Arbeitsteilung zwischen Richtern und Henkern. In ihr waren Letztere immer auf den gesellschaftlichen Seiteneingang verwiesen, so dass sie mit reinem Gewissen verleugbar, notfalls immer noch abschiebbar blieben. Diese Art, A zu sagen, um sich prompt von B zu distanzieren, ist hierzulande also keineswegs neu. So etablierten ja auch die Eltern und Großeltern der heutigen Israelkritiker die Anfänge ihrer Volksgemeinschaft mittels der Zusammenarbeit von Elite und SA-Schlägern, verschworen sich klassen- und andere Gegensätze übergreifend zum völkischen Mordkollektiv, bis schließlich zu den unerfreulichen, weil unfreiwilligen Reuebekenntnissen, die ihnen 1945 kurz zusetzten, als sie etwa in den von den Alliierten gerade befreiten KZs Zwangsbesichtigungen und erste Aufräumarbeiten über sich ergehen lassen mussten. Ihre Entwicklung zu Nazis ließ die Ankunft des Henkers in der gesellschaftlichen Mitte zutage treten, und die Vernichtung als arbeitsteiliges Werk der gesamten deutschen Gesellschaft. Ihre Nachfahren empfinden es bis heute als tiefe Kränkung, wenn man ihnen die Folgen ihrer Dummheit, Bösartigkeit und ihres Ressentiments vor Augen stellt. Im Beleidigtsein machen die Muslime den Deutschen so schnell nichts vor. Eine fein austarierte Herrschaft!

Jede Stimme, die es wagt, Partei für den jüdischen Staat zu ergreifen, soll als fanatisch, autoritär, menschenverachtend delegitimiert werden. Jeder Jude ist und bleibt dieser Parteilichkeit verdächtig und wird sich gegebenenfalls erklären müssen: Israel zu verleugnen ist die neue Zwangstaufe, und die Vorgänge auf den Straßen beweisen geradezu, dass selbst das den Juden nicht helfen würde, auch wenn manche – wie der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats Josef Schuster – schon soweit sind. Israel wird systematisch und immer wieder dem Dritten Reich gleichgesetzt. Die übelsten Frauenunterdrücker, fanatischsten Schwulenhasser, grässlichsten Judenmörder des Nahen Ostens stellen sich als Opfer dar, und ihre westlichen Fürsprecher plappern ihre Parolen nach, weil deren Barbarei das eigene Ressentiment gegen die misslungene Zivilisation transportiert.

Wer in diesen gesamteuropäischen, antisemitischen Tagen wider besseres Wissen Abstand zu Israel hält, ist feige, ein falscher Freund, ein hohler Zahn, der zerbricht, wenn es auf ihn ankommt. Wer ausgerechnet jetzt und ausgerechnet beim Thema Hamas gegen Israel einen äquidistanten Pazifismus pflegt, gehorcht de facto dem Israelboykott, lässt den Volkssturm gewähren, hilft mit, Israel zu isolieren und seinen erklärten Todfeinden preiszugeben. Wer sich der „ollen Diskussionen“ um des Hausfriedens wegen heraushält, hilft den Antisemiten, deren Wut und Energie keineswegs nachgelassen hat. Es ist ein Skandal, dass Leute, die sich als fortschrittliche Menschenfreunde ansehen, in der Stunde der Not auf Abstand zum Judenstaat gehen und keinen Einwand erheben, um bei Freunden, Kollegen, Verwandten keinesfalls anzuecken. Wer hier auf seinen Status unter Freunden achtet, macht mit. Es ist unerträglich, dass die Demonstrationen für Israel so einsam und verlassen dastehen, während sich der antisemitische Mob auf den Straßen austobt. Warum marschieren ein paar einsame Juden und die paar üblichen Verdächtigen durch die Innenstädte, warum stellt sich kaum jemand dem islamfaschistischen Mob entgegen? Ist Euch nicht klar, dass das Nazis sind, versteht Ihr nicht, was sie mit Euch tun würden, wenn sie könnten? Der Grad der nachbürgerlichen Verkommenheit – ob links, grün, konservativ, liberal, christlich, säkular – ist beschämend, man kann förmlich sehen, wie all die vermeintlichen Individuen auf das Stichwort ihrer Meinungsgeber warten und den strunzdeutschen Dreck nachplappern, der von der Jungen Welt bis zum WDR, von der Süddeutschen bis zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung verbreitet wird. Es ist tatsächlich bei vielen Menschen bereits eine Unverschämtheit, wenn sie Ich sagen.

Lang lebe Israel!

http://www.redaktion-bahamas.org/aktuell/20141030halle.html

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Ausgabe #18 vom 09.04.2014 prodomo-online.org

Dokumentation eines Vortrags gehalten am 18. April 2013 in Bonn

LEO ELSER

Was den Jargon der Israelkritik letztlich zum Jargon macht, ist sein überaus formeller Charakter. Dieser formelle Charakter zeigt sich darin, dass über Israel in der gesamten deutschen Presse niemals anders gesprochen wird als in einer eingeschliffenen Phraseologie, die die jeweils aktuelle Wirklichkeit – also die sogenannten Nachrichten, die vorgeblich den Gegenstand des journalistischen Berichts ausmachen – nur zu ihrer selbstbestätigenden Illustration gebraucht. Beispielhaft ließe sich das an dem Wörtchen „Gewaltspirale“ illustrieren, das wider aller Evidenz immer dann zum Einsatz kommt, wenn nach monatelangem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen die israelische Armee ihrerseits versucht, ihre Gegner durch Zerstörung der Abschussanlagen für Raketen, der Tunnel, durch die diese geschmuggelt werden und der Waffenlager, sowie führender Hamas Offiziere zu schwächen. Auffällig ist, dass mit dem Wort „Gewaltspirale“ zunächst von allen politischen Interessen des jeweiligen konkreten Gewalteinsatzes abstrahiert wird. Davon nämlich, dass es das erklärte Ziel der Hamas ist, was jeder in ihrer offiziellen Charta nachlesen kann, Israel als jüdischen Staat zu zerstören und seine jüdischen Bewohner umzubringen – ein programmatisches Ziel, das etwa wöchentlich in Fernsehsendungen wiederholt wird. Umgekehrt tut Israel genau das, was jeder Staat in einer irgendwie vergleichbaren Situation täte, nämlich seine selbsterklärten Todfeinde – so gut es geht und eben mit den dazu nötigen, selbstverständlich auch gewalttätigen Mitteln – in ihrem Mordtreiben einzuschränken. Schon alleine darum ist der Gestus der Äquidistanz, den sogenannte Nahost-Experten und -Korrespondenten für den Garant vermeintlicher Objektivität halten, von Grund auf falsch. Denn gegenüber einem selbsterklärten Mordkollektiv und seinen potentiellen Opfern verbietet sich von vorneherein jede Neutralität – auch und gerade dann, wenn die Angegriffenen sich zur Wehr setzen.

Der Einwand, dass doch etwa die palästinensischen Kinder, die fraglos gelegentlich zu Opfern israelischer Luftangriffe werden, nicht für die Taten der Hamas verantwortlich gemacht werden können, ist dabei selbst ein Stück dieser Phraseologie. Denn nicht nur dürfte sich inzwischen auch hierzulande herumgesprochen haben, dass die Gegner Israels selbst auf die Produktion jener bekannten Bilder setzen, die europäische Medien so gerne senden: die klagenden Eltern, die den Leichnam eines angeblich oder tatsächlich bei einem israelischen Luftangriff getöteten Kindes durch eine zerstörte Straße tragen, umringt von einer aufgebrachten Meute.1 Ebenfalls bekannt ist, dass sowohl die Hisbollah im Libanon, als auch die Hamas Abschussvorrichtungen wie Waffenlager allzu gerne in oder unmittelbar bei Schulen und Kindergärten sowie Krankenhäusern errichtet, um für den Fall des Gegenschlages den Krieg gegen Israel noch mit den entsprechenden Propagandabildern nach Europa bringen zu können. Dieser Umstand kann am wenigsten den Nahost-Büros der europäischen Nachrichtensender entgangen sein. Man muss schon ein europäischer Journalist sein, um die Niedertracht aufzubringen, solchem Wissen zum Trotz immer wieder aufs Neue jene Bilder in Fernsehbeiträge einzubauen und damit sicherzustellen, dass die Feinde Israels auch weiterhin erfolgreich der Weltöffentlichkeit getötete Kinder präsentieren können. Die toten palästinensischen Kinder, die Israel, wenn es sich gegen die Hamas verteidigen will, gezwungen ist, in Kauf zu nehmen, werden umgekehrt nicht nur von der Hamas, sondern auch von den sich dann schrecklich empört gebenden europäischen Journalisten ganz bewusst und ohne jede Not einkalkuliert. Würden nämlich europäische Fernsehsender und Zeitungen diese Bilder einfach nicht mehr veröffentlichen, vielleicht wäre die Produktion palästinensischer Kinderleichen bei den Feinden Israels nicht mehr so beliebt. Die scheinbar neutrale Grundhaltung der deutschen Nahost-Berichterstattung wird hier mit Absicht als Gestus der Äquidistanz bezeichnet, denn die Phrase von der Gewaltspirale ist ihrerseits durchaus doppeldeutig: Einerseits suggeriert sie eine angeblich von beiden Seiten gleichermaßen betriebene Gewalt, die sich dann wechselseitig hochschaukelt. Unterstrichen wird dies üblicherweise durch Untertitel wie „Es regiert bzw. spricht wieder die Gewalt“.

Doch andererseits ist es vielleicht nicht ganz zufällig, dass der Terminus der Gewaltspirale eigentlich der Konfliktforschung zu familiärer Gewalt entstammt und dabei eine bestimmte Abfolge von Eskalationsstufen im Verhalten der zumeist männlichen Gewalttäter und ihrer meist weiblichen Opfer meint, also ein zwar durchaus wechselseitiges Verhalten beschreibt, in dem aber sowohl die moralische wie juristische Schuld durchaus eindeutig für eine der beteiligten Personen feststellbar ist. Wenn man einmal versuchsweise die Begriffe Gewaltspirale und Nahost googelt, stellt man ohne Probleme fest, dass der größte Teil der Suchergebnisse auf den November 2012 datiert, also auf die israelische Militäroffensive im Gazastreifen, die eine konsequente Reaktion auf den monatelangem Raketenbeschuss war. Nachdem am 7. April diesen Jahres, ausgerechnet während der Auftaktgedenkveranstaltung zum Holocaustgedenktag Yom haShoah, Raketen auf Israel abgeschossen wurden, fand sich in den Google-News bei einer Suche nach „Gewaltspirale“ auch in den auf die Angriffe folgenden Tagen kein einziger Treffer.2 Das kann wiederum nur bedeuten, dass in der öffentlichen Wahrnehmung, analog zur Gewalt in familiären Verhältnissen, ein eindeutiges Täter-Opfer-Verhältnis gedacht wird und die vermeintliche Äquidistanz tatsächlich nur Schein ist. Hinter dem Gestus der Äquidistanz steckt das Bedürfnis, Israel zu denunzieren.

In Miniatur lässt sich dieser Zusammenhang ebenfalls an der inzwischen berühmt gewordenen Spiegel-Kolumne von Jakob Augstein zum letzten Gaza-Krieg, die den Titel: „Gesetz der Rache“3 trägt, darstellen. Sie eröffnet mit den Worten: „Der Wahnsinn geht weiter – die Hamas und Israel schießen pausenlos aufeinander. An Frieden haben beide Seiten kein Interesse. Im Nahen Osten gilt immer noch: Der Krieg ist der Vater aller Dinge“ – wer die Fußballtalkshow „Doppelpass“ kennt, weiß, dass allein diese zwei Sätze mindestens dreimal drei Euro in das Phrasenschwein gekostet hätten. Allerdings kann sich damit jemand wie Augstein fast in den Rang eines Nahost-Experten, mindestens jedoch Intellektuellen schreiben und einmal angedreht, hört die Phrasenspirale gar nicht mehr auf. „Die Hamas feuert Raketen auf Israel. Israel bombardiert den Gazastreifen. In den ersten beiden Tagen 350 Raketen und mehr als 600 Luftangriffe: Das ist Krieg. Er ist wieder ausgebrochen. Unter der Oberfläche schwelt er immerzu. Schlag und Gegenschlag halten ihn am Leben“. Und dann weiter: „das Gesetz der Rache kennt kein Ende“; „dieser Krieg wird erst enden, wenn die Krieger die Lust daran verloren haben“.

Man darf Augstein dankbar dafür sein, klargestellt zu haben, worauf der Gestus der Äquidistanz zielt: Auf die Neutralität verbürgen sollende Beteuerung, dass beide Seiten gleichermaßen von kriegerischer Lust getrieben wären, folgt sogleich die Unterstellung, Israel sei erstens gleichermaßen von religiösen Fanatikern regiert wie Gaza. Gemeint sind die Ultraorthodoxen. Für den „Fanatismus“ der Palästinenser ist Israel jedoch ebenfalls verantwortlich: „Gaza ist ein Ort aus der Endzeit des Menschlichen. 1,7 Millionen Menschen hausen da, zusammengepfercht auf 360 Quadratkilometern. Gaza ist ein Gefängnis. Ein Lager. Israel brütet sich dort seine eigenen Gegner aus“. Zusammengepfercht auf immerhin über 200 Quadratmeter pro Person. Doch man muss nicht das palästinensische Elend kleiner reden als es ist, um zu erkennen, worauf Augstein aus ist. Es lohnt sich, bei diesem Satz „Israel brütet sich dort [in Gaza] seine eigenen Gegner aus“ einen Moment zu verweilen. Bei den „fanatischen“ Palästinensern handle es sich nach Augstein erstens wohlgemerkt um „Gegner“, nicht um Feinde, also Leute, die wohl eine Art sportlichen Wettkampf mit Israel führen möchten. Zweitens würden diese angeblich überhaupt erst durch die israelische Politik zu Gegnern Israels „ausgebrütet“. Gewiss lässt sich dagegen leicht einwenden, dass der Kampf arabischer und islamischer Gruppen gegen die Existenz von Juden im Nahen Osten länger zurückreicht, als die Existenz des jüdischen Staates. Ebenso, dass die Hamas und auch die Fatah immer wiederholen, dass der Kampf gegen Israel und die Juden solange fortgesetzt wird, wie auch nur ein einziger Jude im Nahen Osten existiert. Was aber bei dieser Floskel weit mehr noch auffällt, ist die Verschwommenheit des gewiss metaphorischen Satzes selbst. Nimmt man diesen Satz ernst, dann ist damit nicht einfach bloß die Aufteilung der Täter-Opfer Rollen zwischen Israelis und Palästinensern beantwortet, sondern den Palästinensern auch – nicht sehr schmeichelhaft – jede Form von Selbstständigkeit abgesprochen. Wer Aufsätze von Jakob Augstein kennt, der weiß, dass er meistens genauso schreibt wie er spricht. Das mag einkalkulierte Volksnähe sein, könnte aber genauso gut darauf hinweisen, dass der weitere Reflexionsschritt beim Schreiben, der den schriftlichen Gedanken meist einer weit strengeren logischen Prüfung unterzieht als den gesprochene Gedanken, bei Augstein schlicht ausfällt. Wer den von Narzissmus und Selbstüberschätzung nur so triefenden Augstein einmal öffentlich hat auftreten sehen, kann sich durchaus vorstellen, dass es diesem schlichtweg an jenem Minimum an Selbstkritik mangelt, welches normalerweise zwischen gesprochenem und geschriebenem Wort als korrigierende Instanz die logische Reflexion schaltet. Wenn das stimmt, dann müsste man die suggestive Phraseologie Augsteins nicht etwa als Propaganda-Trick, sondern als Ausdruck eines selbst nur assoziativen Denkens deuten. Die Phrase „Israel brütet sich seine eigenen Gegner aus“ wäre demnach keineswegs bloß ein geschickter Versuch, die Behauptung, dass die Israelis im Grunde selbst schuld am Terror der Hamas sind, nicht ganz so offen auszusprechen, sondern im Grunde genommen eine merkwürdige Ungenauigkeit des Augstein’schen Denkens. Um von vorneherein jedes Missverständnis auszuschließen: Mit dieser Überlegung soll Augstein keineswegs von der Verantwortung für das, was er geschrieben hat, entlastet werden. Vielmehr geht es darum, dass die auffällige Phraseologie, die der alltäglichen Israelkritik eigentümlich ist, ihrerseits eigentlich nur dadurch zu erklären ist – und zwar nicht nur im Falle Augstein, sondern generell –, dass bezogen auf Israel eine fast schon systematisch zu nennende Ungenauigkeit des Denkens am Werke ist. Diese Ungenauigkeit allerdings ist nicht einfach nur auf Schlamperei, also subjektive Unzulänglichkeit zurückzuführen, sondern sie bestimmt geradezu die Weise, wie über Israel im Allgemeinen gesprochen wird. Auch der Ausdruck „Israelkritik“ gehört selbst in jenes Wortfeld der Ungenauigkeiten. Unterstellt man z.B. denjenigen, die ihr eigenes Schaffen als Israelkritik betreiben, sie wären auf eine Fundamentalkritik an Israel – also letztlich die Abschaffung Israels – aus, dann werden sie diesen Vorwurf in der Regel zurückweisen und beteuern, sie wollten nur eine ganz bestimmte politische Handlung der aktuellen israelischen Regierung kritisieren und nicht den israelischen Staat selbst in Frage stellen. Doch würde ja bekanntlich niemand bei einer ganz bestimmten Kritik an einer einzelnen Handlung oder Position z.B. der französischen Regierung von Frankreichkritik sprechen. Das aber wiederum ist keineswegs zufällig, denn fast alle Kritik, die doch vermeintlich nur eine bestimmte Position der israelischen Regierung betrifft, läuft angesichts des Umstandes der permanenten Bedrohungslage, die dafür sorgt, dass jede gewichtige politische Entscheidung in Israel Folgen für die Sicherheit und mithin den dauerhaften Fortbestand Israels als jüdischen Staat haben kann, darauf hinaus, doch den Fortbestand Israels zumindest potentiell in Frage zu stellen. Dass genau dies im Grunde auch ständig passiert, zeigt gerade die gerne auch von vermeintlichen Freunden Israels bemühte Redewendung vom Existenzrecht Israels an.4 Die Ungenauigkeit in diesen Formulierungen ist also keineswegs zufällig oder bloß subjektiver Mangel an sprachlicher Genauigkeit, sondern sie ist zurückzuführen auf eine Unaufrichtigkeit derjenigen, die sie aussprechen. Die Unaufrichtigkeit nämlich, einerseits sehr wohl Israel in Frage zu stellen, diese Delegitimation aber gleichwohl selbst im Bereich der Uneindeutigkeit zu lassen, wohl aus der Ahnung, dass man sich doch mit der unverblümten Aufforderung, Israel von der Landkarte verschwinden zu lassen, allzu sehr eines ordinären Antisemitismus verdächtig machen würde.

Auch die Beteuerung, dass man doch wohl Israel selbstverständlich kritisieren dürfe, gehört in diesen Bereich. Denn ohne Zweifel ist es weder verboten, noch gibt es irgendetwas, das man ernsthaft als Tabu bezeichnen könnte, Israel zu kritisieren. Die Frage müsste, präzise gestellt, vielmehr lauten, ob man Israel auch wahrheitsfähig kritisieren kann – d.h. ob objektiv und im Angesicht der existentiellen Bedrohung Israels eine Kritik überhaupt möglich ist, die mehr und anderes ist als ein bloßes Geschmacksurteil, das von allen gesellschaftlichen, philosophischen und historischen Zusammenhängen abstrahiert. In Augsteins Text setzt sich diese Ungenauigkeit drastisch in der suggestiven Steigerung vom Gefängnis zum Lager fort, die, ohne es ausdrücklich gesagt haben zu wollen, doch das Assoziationsfeld eröffnet, dass die Israelis mit den Palästinensern auch nichts anderes machen als die Nazis mit den Juden. Eine Assoziation, die in dem von Augstein herausgegeben Freitag besonders beliebt ist. Als Stephan Kramer anlässlich der Verleihung des Adorno-Preises an Judith Butler dieser wegen ihrer Liebelei mit Hamas und Hisbollah „moralische Verderbtheit“ vorwarf, kommentierte der Freitag: „Moralische Verderbtheit! Dass muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Sorry, klingt nicht wirklich nach 2012, eher nach 1933-45“.5 Der „geifernde Kramer“ (ebd.) als Wiedergänger von Joseph Goebbels, das zwingt freilich die Frage auf, ob sich der Zentralrat doch nur als „5. Kolonne von Netanjahu und Konsorten“ begreift. Als fünfte Kolonne, das verrät der entsprechende Wikipedia-Artikel, werden „heimliche, subversiv tätige oder der Subversion verdächtige Gruppierungen bezeichnet, deren Ziel der Umsturz einer bestehenden Ordnung im Interesse einer fremden aggressiven Macht ist“. Georg von Grote, der Verfasser des Freitagsartikels hat auch offenbar nähere Informationen über die Pläne der fremden, aggressiven Macht Israel: „Der Mossad wird kein Killerkommando auf sie ansetzen, dieses Risiko der Zirkumzision deutscher Souveränität werden weder Netanjahu noch sein ultra-rechter Innenminister wagen“ (ebd.). Mal davon abgesehen, dass es im deutschen Sprachgebrauch „ultra-rechte“ eigentlich immer nur in Israel gibt, ist es mit Sicherheit kein Zufall, dass dieser Text vom 28.08.2012, also eine Woche nach Beginn der Beschneidungsdebatte, ausgerechnet von der Zirkumzision deutscher Souveränität spricht. Kurz zuvor nämlich hatte sich der Zentralrat der Juden das Recht herausgenommen, ein deutsches Gericht für seine Verurteilung der Beschneidung zu kritisieren.

Mit diesem Beitrag begann die sogenannte Augstein-Debatte: Henryk M. Broder reagierte darauf auf seinem Blog „Achse des Guten“ mit dem Vorwurf, Augstein sei ein Salonantisemit.6 Einen Monat später, im September 2012, kommentierte Augstein die Krawalle anlässlich des Mohamed-Films in islamischen Ländern folgendermaßen:

Die zornigen jungen Männer, die amerikanische – und neuerdings auch deutsche – Flaggen verbrennen, sind ebenso Opfer wie die Toten von Bengasi und Sanaa. Wem nützt solche Gewalt? Immer nur den Wahnsinnigen und den Skrupellosen. Und dieses Mal auch – wie nebenbei – den US-Republikanern und der israelischen Regierung.7

Wegen der ohne Zweifel abstrusen Andeutung, die Krawalle wären auf die US-Republikaner und auf die israelische Regierung zurückzuführen, bezeichnete Broder Augstein als „lupenreinen Antisemiten“. Das Simon-Wiesenthal-Center wurde dadurch auf Augstein aufmerksam und setzte seinen Kommentar auf die Liste der Top Ten der antisemitischen Beleidigungen im Jahr 2012, woraufhin sich wiederum die gesamte deutsche Öffentlichkeit – mal mehr, mal weniger distanziert – zu Augsteins Äußerungen verhielt, aber einig darin war, dass Augstein gewiss kein Antisemit sei. Bemerkenswert war dabei, dass eigentlich kaum jemand auf die Zitate Augsteins eingehen wollte, auf die sich das Simon-Wiesenthal-Center berief und dass fast alle Kommentatoren sich als unfähig erwiesen, zu bemerken, dass es sich um eine Liste antisemitischer Kommentare bzw. Beleidigungen („slurs“) aus dem Jahr 2012 handelte und nicht, wie meist behauptet wurde, um die Liste der weltweit größten oder gefährlichsten Antisemiten. Verwundern kann sich darüber allerdings nur, wen es ebenfalls wundert, dass auch die Nahostberichterstattung es meistens weder mit der Empirie, noch mit der Logik so genau nimmt. Gleichwohl verdient die Augstein-Debatte in der jüngsten Entwicklung des bundesdeutschen Antisemitismus einige Aufmerksamkeit: Denn während bei vorangegangen vergleichbaren Diskussionen zumeist zwar stets von allen Beteiligten das unverbrüchliche Recht, doch gefälligst Israel kritisieren zu dürfen, betont wurde, drehten sich die Diskussionen dennoch stets um die Frage, wo vermeintlich     legitime Israelkritik aufhöre und wo Antisemitismus beginne. Wohlgemerkt ging es bei dieser Diskussion auch nicht, wie oft geschrieben wurde, um die Frage der Meinungsfreiheit, denn schließlich hat auch Broder nicht gefordert, Augstein seine antisemitischen Ausfälle zu verbieten. Indem bei der Augstein-Diskussion Augstein von allen Beteiligten gegen das Wiesenthal-Center und Broder verteidigt wurde und dies, von wenigen Ausnahmen abgesehen, meist ohne jede Rücksicht auf das, was Augstein nun eigentlich gesagt hatte, wurde de facto nicht nur für Jakob Augstein, sondern für die gesamte deutsche Israelkritik ein Freibrief ausgestellt. Dieses Absehen vom Inhalt deutet an, dass nicht nur der Jargon der Israelkritik selbst, sondern auch die Weise, wie über ihn geredet wird, in dem eingangs genannten Sinne formellen Charakters ist. Die Augstein-Debatte war insofern selbst schon Sprache im Jargon, als sie von ihrem Gegenstand von Anfang an eigentlich nichts wissen wollte. Damit ist ihre Wirkung zwar politisch nach wie vor katastrophal, hilfreich aber ist sie zugleich auch um aufzuklären, was man immer schon ahnen konnte und nun bestätig wurde: Dass all die Vorgängerdebatten um die Grenze zwischen vermeintlich legitimer und antisemitischer Israelkritik nur Scheindebatten waren, die dazu dienten, auszuloten, wie weit man in der deutschen Öffentlichkeit gegen Israel hetzen kann, ohne sich als Antisemit unmöglich zu machen. Seit der Augstein-Debatte weiß man: Viel wichtiger, als das, was man sagt, ist wohl wer es sagt. Gehört man nicht zur NPD oder den freien Kameradschaften ist eigentlich alles drin.

Dieser Befund über den Stand der deutschen Debatte um Israel erscheint als Widerspruch zu einer Entwicklung, die zumindest äußerlich stattgefunden zu haben schien. So finden sich seit einigen Jahren auch in den                               Mainstream-Medien einige der Argumente, die kurz zuvor noch nur in israelsolidarischen, meist antideutschen Kreisen zu vernehmen waren. Dass etwa die Hamas in ihrer Charta die vollständige Vernichtung Israels fordert, konnte man z.B. während der zweiten Intifada fast nur in den einschlägigen Publikationen lesen. Inzwischen erwähnt das sogar gelegentlich die Süddeutsche Zeitung. Dass alles dafür spricht, dass der Iran eine Atombombe baut, wurde noch in den sogenannten Nullerjahren von den meisten der großen Zeitungen als unbewiesene Spekulation abgetan, inzwischen ist es auch dort angekommen. Dass die Hamas ihre Abschussanlagen für Raketen usw. an öffentlichen Orten installiert, um Bilder von zivilen Opfern zu produzieren, ist längst kein „Insider-Wissen“ mehr.

Auffällig ist nun, dass eben dieses Wissen keineswegs dazu führt, dass sich die deutsche Öffentlichkeit eindeutig für Israel positionieren würde. Dabei ist es zumindest nach den Regeln der Logik nicht möglich, z.B. erstens die Sicherheit Israels für unverhandelbar zu erklären, zweitens die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der Iran eine Atombombe baut und drittens von vorneherein auszuschließen, eine atomare Bewaffnung des Iran notfalls auch militärisch zu verhindern. Ebenso abstrus ist es, die Vernichtungserklärungen genauso wie deren praktische Umsetzung in Form von Raketenangriffen und Selbstmordanschlägen der Hamas zur Kenntnis zu nehmen und trotzdem von Israel zu verlangen, die Blockade des Gazastreifens zu beenden, wie es der deutsche Bundestag einstimmig in seiner Resolution zur Gaza-Flotille getan hat.

Man muss sich nicht auf die Ebene der Vernunftfähigkeit des Denkens begeben, sondern es genügt logischer und politischer Verstand, diese Widersprüchlichkeit selbst wahrzunehmen. Es handelt sich hierbei aber nicht um eine Widersprüchlichkeit im Gegenstand selbst oder um eine Widersprüchlichkeit, die auszuhalten der Verstand vom Gegenstand genötigt wird, sondern letztlich um eine subjektive Widersprüchlichkeit, die Resultat bloß willkürlicher Setzungen der Israelkritiker ist.

Sowohl für die Phraseologie als auch für den formellen Charakter des Jargons lässt sich feststellen, dass es sich wesentlich um eine Flucht aus der Bedeutung handelt. Mit Phraseologie war gemeint, dass bestimmte Wortphrasen – etwa die Rede von der Gewaltspirale – in der ganz alltäglichen Berichterstattung den Gegenstand verstellen, um den es eigentlich geht. Durch die Verwendung einer leeren und kontextlosen Worthülle umgeht der Berichterstatter es über den Gegenstand zu sprechen. Eine ähnliche Funktion erfüllt die in Debatten um Israel immer wieder auftretende Flucht in Allgemeinplätze und Bekenntnisse, wie die, dass man doch wohl Israel noch kritisieren dürfe, dass jede Einseitigkeit im sogenannten Nahost-Konflikt doch wohl schlecht sei, dass ohnehin Krieg doch keine Lösung sei, dass Gewalt wiederum nur Gegengewalt erzeuge, bzw. dass Gewalt kein adäquates Mittel gegen Angriffe auf Israel wäre.8 All diese Weisheiten sind formal, sofern der konkrete Gegenstand dabei so unbestimmt wie möglich gelassen wird. Es handelt sich also im Grunde um eine Vermeidungsstrategie, um gerade nicht über den konkreten Gegenstand reden zu müssen, um sich beim kollektiven Selbstgespräch nicht von der Realität stören zu lassen. Gleichwohl wird aber über kaum einen Gegenstand der sogenannten Weltpolitik so viel geredet wie über Israel und das Leid der Palästinenser. Jede Störung, jede Irritation des selbstbezogenen kollektiven Monologs evoziert äußerst emotionale Reaktionen.

Das offensichtliche Bedürfnis, immer wieder über Israel reden zu müssen und doch nichts über die konkreten Verhältnisse im Nahen Osten zu sagen, kann nur bedeuten, dass das Israel von dem die Israelkritiker reden, nicht einfach identisch mit jenem Israel ist, das im Nahen Osten liegt und sich dort als Staat der Shoa-Überlebenden gegen seine Feinde verteidigen muss. Vielmehr wird ein Israel imaginiert, dass Teil des Seelenlebens der Israelkritiker ist. Auf das real existierende Israel richtet sich der Blick der Israelkritiker nur, insofern es zur Bebilderung dieses innerpsychischen Israels dient. Die Vernichtungsdrohungen aus dem Iran, dessen Atomprogramm, die Raketenangriffe aus Gaza, all das betrifft das „äußere“ Israel und bleibt dem Israelkritiker daher äußerlich. Was bloß als Zynismus erscheint, nämlich einerseits nicht auszuschließen, dass der Iran eine Atombombe baut und damit die Möglichkeit hätte, Israel zu vernichten und andererseits Israel dafür anzuklagen, dass es so eine Situation mit einem Präventivschlag verhindern will, dürfte in Wahrheit auf eine an Schizophrenie grenzende Spaltung der Wahrnehmung Israels zurück zu führen sein. Während sich also der Israelkritiker für das „äußere“, reale Israel so wenig interessiert, wie für das reale Leiden der Palästinenser, gilt seine Passion jenem „inneren“ Israel, das seinerseits eine bestimmte Funktion innerhalb des Seelenlebens erfüllt. Dieses innere Israel verweist auf einen Gegenstand, der entgegen dem realen Israel, den Israelkritikern wirklich wichtig ist, was die hohe Emotionalität und das Bedürfnis über Israel zu reden erklärt. Dieser Gegenstand, der auf Israel verschoben wird, muss sich gleichwohl seinem Wesen nach in jenem Bild von Israel wiederfinden, das von den Israelkritikern entworfen wird. Bei dem gesuchten Gegenstand handelt es sich um das Wesen der Staatlichkeit selbst.9

Wird Israel beispielsweise dafür kritisiert, dass es auf permanenten Raketenbeschuss so reagiert, wie jeder Staat darauf reagieren würde und muss, nämlich mit Gegengewalt, der abstrahiert im Grunde genommen von der generellen Gewaltförmigkeit des Staates, um sie an Israel zur Darstellung zu bringen. Die Rede vom Existenzrecht Israels verdeckt in der Verschiebung auf Israel zugleich etwas, das grundsätzlich für jede Staatlichkeit gilt: Dass Staaten erstens ihr „Existenzrecht“ nicht durch eine äußere Instanz verliehen bekommen, sondern durch Gewalt nach Innen und Außen sich selbst verleihen10 und zweitens, dass alle Staaten ihrerseits, das Ergebnis historischer Kontingenzen sind. Die Existenz eines Staates beruht also gleichermaßen auf Gewalt wie daraus notwendig folgender Künstlichkeit, die das Bedürfnis nach kollektiver Identität so inhaltsleer macht.

Von den Israelkritikern werden aber beide Bestimmungen des Staates nicht als allgemeine Bestimmungen von Staatlichkeit gedacht, sondern ausschließlich auf Israel projiziert. Die Rede vom „künstlichen Gebilde“ Israel – die ja nur bedeuten kann, dass alle anderen Staaten naturwüchsige Dinge wären – spricht diese Projektionsleistung offen aus.

Antisemitisch ist diese Projektionsleistung erstens, weil sie wesentlich am jüdischen Staat die Gewalttätigkeit von Staatlichkeit zur Darstellung bringt. Zweitens in jenem spezifischen Sinne, dass sie die weltpolitische und geschichtliche Rolle des Antisemitismus verdrängt: Während in der Tat jeder Staat der Welt künstlich ist, und von daher keinen höheren Grund angeben kann, warum es ausgerechnet ihn geben sollte, ist Israel, als bewaffneter Versuch der Juden, sich gegen den Antisemitismus zur Wehr zu setzen, weltweit der einzige Staat, der tatsächlich einen mit den Mitteln der Vernunft nicht bestreitbaren Zweck hat. Weil der Antisemitismus jedoch nicht irgendeine Ideologie oder Abart von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ ist, sondern die Ideologie der Fortsetzung der Herrschaft in der Krise ihrer Vermittlungsformen – welches selbst in das Wesen der falschen Gesellschaft mit der Wannseekonferenz eingegangen ist – muss die herrschende Ideologie die fundamentale Rolle, die der Antisemitismus in der Weltgeschichte eingenommen hat, verleugnen und damit auch den spezifischen Charakter israelischer Staatlichkeit. Und drittens ist die Israelkritik ihrer immanenten Logik nach antisemitisch, insofern der Antisemitismus eine Form der pathisch-projektive Erklärung von Gesellschaft überhaupt ist, nachdem die liberale Ideologie der Gesellschaft sich endgültig blamierte. Indem die kapitalistische Totalität zerspalten wird, in raffendes und schaffendes Kapital – also ökonomisch in die Bankster und Manager auf der einen – und die produktive Sphäre der guten und ehrlichen Arbeit auf der anderen Seite (als wären z.B. Hedge-Fonds nicht besonders produktiv); in den gewalttätigen, künstlichen und historisch zufälligen Staat Israel einerseits und den naturgewachsenen deutschen Staat des ganzen Volkes; indem also die Bestimmungen der gesellschaftlichen Totalität selbst, anstatt sie aufeinander zu beziehen, auseinandergerissen werden, ermöglicht es diese Logik des Antisemitismus, der bestehenden Gesellschaft die Treue zu halten, obwohl insgeheim doch jeder weiß, dass Hunger kein Grund zur Produktion ist und damit mehr als genug Gründe vorliegen, die bestehende Gesellschaft abzuschaffen.

 

Anmerkungen:

  1. Bekannt ist, dass sich zahlreiche dieser Bilder im Nachhinein als Fälschungen erwiesen haben: Im Internet lassen sich heute noch leicht die gesammelten Werke des unter dem Stichwort „Green Helmet“ während des Libanonkriegs 2006 bekannt gewordenen libanesischen Propagandaschauspielers Salam Daher recherchieren.

  2. In den Google-News sind sämtliche deutschsprachigen überregionale, sowie zahlreiche regionale Zeitungen gelistet, d.h., es ließ sich keine einzige Zeitung oder Presseagentur finden, die die durchaus symbolträchtigen Angriffe auf Israel am Holocaust-Gedenktag mit der sonst so beliebten Phrase von der Gewaltspirale illustrierte.

  3. Würde sich ein deutscher Minister zum Existenzrecht Frankreichs bekennen, würde dies doch offensichtlich einen Skandal auslösen, weil es sich dabei um eine äußere Einmischung in die staatliche Souveränität und Autonomie Frankreichs handelte. Im Falle Israels jedoch, erwartet man von den Israelis sogar, dass man dort für Bekenntnisse zum Existenzrecht dankbar ist.

  4. Was z.B. der letzte Libanonkrieg und der letzte Gazakrieg durchaus widerlegen. Aller Formalität dieser Phrase zum Trotz läuft sie logisch freilich auf die Kapitulation Israels vor seinen Feinden hinaus.

  5. Diese ist in der Tat nur scheinbar abstrakt: Dass sie das Opfer des eigenen Lebens verlangen kann, weiß jeder und bekam, sofern männlichen Geschlechts, noch bis vor kurzem einen Vorgeschmack davon, wenn er bei der Musterung vermessen und ihm ans Geschlecht gegriffen wurde. Abstrakt ist dagegen vielmehr, was äußerste Konkretion zu sein wünscht, nämlich das unausrottbare Bedürfnis Deutscher zu sein, das von der Staatlichkeit wiederum nicht zu trennen ist.

  6. Was nicht ausschließt, dass dem jeweiligen Souverän zur Durchsetzung dieser Gewalt, sei es aus geostrategischen Gründen, sei es zur Integration in den Weltmarkt, von anderen Staaten erst verholfen wird. Auch die Anerkennung durch andere Staaten ist innerhalb des Verhältnisses zwischen Staaten sowohl politisch wie ökonomisch essentiell. So wenig der jeweilige Souverän als Robinson außerhalb der konkreten Verhältnisse zwischen den Staaten steht, so wenig darf davon abstrahiert werden, dass die Gewalt auch die Bedingung der diplomatischen Beziehungen ist.

http://www.prodomo-online.org/ausgabe-18/archiv/artikel/n/jargon-der-israelkritik.html

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  18.05.2015   Achgut.com

Antisemitismus ist schlimm. Manchmal.

In diesen Tagen feiern Deutschland und Israel das 50-jährige Bestehen der diplomatischen Beziehungen. Dazu gehört neben diversen offiziellen Veranstaltungen auch das Bekenntnis, Antisemitismus nicht zu dulden und überall zu bekämpfen. Deswegen träumt die Bundesregierung ja auch immer noch davon, die NPD zu verbieten. Als ob das Verschwinden dieser kümmerlichen Nazipartei auch das Verschwinden des Judenhasses zur Folge hätte. (In Wahrheit hat die NPD den nützlichen Effekt, dass an ihrer Nichtexistenz in Landtagen der fehlende Rückhalt ihrer Ideologie im Land ablesbar ist.)

Warum aber lässt es die deutsche Politik nicht ruhen, dass es die NPD noch offiziell gibt? Es reicht doch, dass sie keinen Einfluss hat und Udo Voigt in etwa das Charisma eines gescheiterten Blitzkrieges besitzt. Eigentlich gibt es genügend Gründe, sich mit anderen Protagonisten auf der globalen Antisemitismusbühne zu beschäftigen. Dort spielt Voigt ohnehin nur eine Nebenrolle ohne Sprechpart. Auf dieser Bühne ganz vorne mit dabei ist Recep Erdogan, ein Mann, der seine demokratische Phase zunehmend hinter sich hat und zu einem autoritären Führer mutiert.

Er hetzt in Richtung Israel: „Jene, die Hitler Tag und Nacht verurteilen, haben Hitler in Sachen Barbarei übertroffen.“ Außerdem teilt er seinen Landsleuten mit: „Die Israelis töten die Frauen im Gazastreifen, so dass sie keine palästinensischen Babys mehr zur Welt bringen können.“ Er bezeichnet den Zionismus als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ oder lässt über seinen Stellvertreter verbreiten, dass die „jüdische Diaspora“ hinter den Protesten in der Türkei steckt.

Natürlich kann man behaupten, dass er dabei doch nur „Israelkritik“ übte, aber so eine Sicht ist im besten Fall naiv, im schlimmsten Fall eine schäbige Form der Unterstützung dieser antisemitischen Hetze. Denn natürlich weiß Erdogan genau, wie seine Worte beim (Wahl-)Volk ankommen. So wie auch Jürgen Möllemann einst auf das antisemitische Potenzial der deutschen Wähler hoffte, als er sich „sorgen“ darüber machte, dass Michel Friedmann und Ariel Scharon den Antisemitismus anheizen. Damals kam zu Recht niemand auf die Idee, Möllemann diese Sorge abzunehmen.

Im Fall von Erdogan hingegen, dessen Propaganda weit über die Türkei hinaus in die arabische und muslimische Welt hineinstrahlt, bleibt die deutsche Politik erstaunlich gleichgültig. Was doppelt erstaunlich ist, schließlich handelt es sich bei der Türkei um ein NATO-Mitglied und einen EU-Beitrittskandidaten.

Wenn aber unsere Politik sich nicht an Erdogans fataler Roller als Einpeitscher der Massen gegen den Zionismus und Israel (und die Unterscheidung zwischen Judentum und Israel wird in dieser Weltregion gerne noch weniger gezogen, als in Deutschland) stört, sollte man den rhetorischen Totalausfall Udo Voigt schlicht ignorieren.

Insgesamt ist die Gleichgültigkeit gegenüber Antisemitismus, der nicht der arisch-blonden-Klischeeschablone entspricht, erschreckend. Aus diesem Grund fällt es schwer, die pathetischen Worte gegen Judenhass ernst zu nehmen, die auf solchen Festakten gesprochen werden. Wer den Antisemitismus nur dort bekämpft, wo er einem in den ideologischen Kram passt, anstatt ihn dort zu bekämpfen, wo er sich zeigt, der kann es gleich sein lassen. Oder in den Worten von Erdogan: „Israel verfolgt dasselbe Ziel wie Hitler.“

Gideon Böss ist Schriftsteller. Sein aktueller Roman heißt Die Nachhaltigen

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/antisemitismus_ist_schlimm._manchmal

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  • Die Regierungen der EU sprechen von „Friedensgesprächen“ und einer „Zwei-Staaten-Lösung“ – die Hamas nicht. Die Hamas weist beides offen zurück. Vergleicht man die Sprache jener Regierungen mit der Sprache der Hamas-Führer, hat es den Anschein, dass sie in verschiedenen Galaxien leben. Für die Hamas, und offensichtlich auch für viele Länder Europas, hat Israel kein Recht, sich zu verteidigen, und kein Recht zu existieren. Dafür aber ist Europa bereit, rassistischen und antihumanitären Organisationen wie der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Hamas seine bedingungslose Unterstützung zukommen zu lassen. Ist dies wirklich der Geist des Pluralismus, des Humanismus und der Toleranz, den diese „guten“, „moralischen“ europäischen Regierungen und der Vatikan hochhalten?“Wir unterscheiden nicht zwischen Gebieten, die in den 1940er Jahren und solchen, die in den 1960er Jahren besetzt wurden. … Wir werden weitermachen, bis der letzte Eindringling von unserem Land vertrieben wurde“, sagte Scheich Nizar Rayan, ein Führer der Hamas in Gaza, im Jahr 2005.Als jemand, der als Muslim im Nahen Osten geboren und aufgewachsen ist und immer noch dort lebt, kann ich den europäischen Entscheidungsträgern versichern: Sollten diese glauben, dass die Anerkennung der Hamas und die Gründung eines palästinensischen Staates die Hamas dazu bewegen werden, ihre Charta zu ändern und ihre Terrorangriffe einzustellen, dann können sie nicht weiter weg von der Wahrheit sein. Warum sollte die Hamas ihre Charta oder ihre Taktik ändern, oder sich einer friedlichen Lösung verpflichten, wenn ihre derzeitige Taktik des Terrors so großartig zu funktionieren scheint?

Diesen Monat unterzeichnete der Vatikan das erste Abkommen mit dem „Staat Palästina“; diesen hatte er bereits 2012 anerkannt.

Der Vatikan ist nicht der einzige europäische Staat, der die Hamas und die Abbas-Regierung als unabhängigen Staat anerkannt hat. Er ist lediglich der neueste Teilnehmer einer Bewegung, die Bände darüber spricht, wie alarmierend ahnungslos die europäischen Staaten sind, was den Konflikt in der Region betrifft, und wie verblendet sie sind, dass sie nicht sehen können, wer den dortigen Terrorismus und die Morde verursacht.

Papst Franziskus begrüßt den palästinensischen Führer Mahmoud Abbas im Vatikan, 16. Mai 2015. (Foto: Screenshot des Fernsehsenders RT)

Traurigerweise stellte Europa im letzten Jahr unter Beweis, dass Terrorismus und die Androhung eines Genozids der beste Weg sein können, nationale Unabhängigkeit zu erreichen.

Im Oktober 2014 stimmte das britische Unterhaus für eine symbolische Resolution als erstem Schritt zur britischen Anerkennung eines „palästinensischen Staates“.

Schweden wurde kurz darauf das erste große europäische Land, das den Staat „Palästina“ offiziell anerkannte, das portugiesische Parlament folgte.

Als Dreingabe zu diesem Schnäppchen warnten Finnland und Dänemark Israel vor EU-Sanktionen. Diese könnten gegen Israel wegen dessen Handlungen in den palästinensischen Gebieten verhängt werden, sagte der finnische Außenminister Erkki Tuomioja.

Wenn Israel sich nicht zur Aufhebung seiner „Blockade“ des Gazastreifens und einem Ende der „illegalen Siedlungen“ verpflichte, sollten härtere Maßnahmen eingeleitet werden, sagte der dänische Außenminister Martin Lidegaard im September (in Kopenhagen – kurz bevor dort einer jener Terroranschläge verübt wurde, die Israel seit Jahrzehnten zu ertragen hat), „und wenn wir kein neues Muster in den israelischen Reaktionen sehen, werden wir die Möglichkeit weiterer Schritte erörtern müssen, darunter Änderungen in unseren Handelsbeziehungen mit Israel“. Er ging natürlich nicht auf die Frage ein: Was sollst du tun, wenn dein Nachbar versucht, Waffen zu importieren, während er gleichzeitig droht, dich zu töten? Er ging auch nicht auf die gleichartige Blockade des Gazastreifens durch Ägypten ein, das mit demselben Problem kämpft.

Schließlich kam dann der große Preis am 17. Dezember 2014: Der Europäische Gerichtshof, das zweithöchste Gericht der EU, ordnete an, die Hamas von der Liste der Terrororganisationen zu entfernen.

Haben diese Parlamente und Gerichte nicht die Hamas-Charta gelesen, insbesondere Artikel 7, der offen zum Genozid an den Juden – nicht nur den israelischen, sondern denen in aller Welt – aufruft? Haben sie noch nie die in großen Teilen der arabischen Welt verbreitete Redensart gehört, die sagt: „Erst das Samstagsvolk, dann das Sonntagsvolk“ – nämlich Europas Christen?[1] Ist ihnen entgangen, dass islamische Extremisten Christen und andere ins Visier genommen haben, nicht nur im Nahen Osten, sondern mitten unter ihnen im Westen?

Ist dies wirklich der Geist des Pluralismus, des Humanismus und der Toleranz, den diese „guten“, „moralischen“ europäischen Regierungen und der Vatikan hochhalten?

Die Regierungen der EU sprechen von „Friedensgesprächen“ und einer „Zwei-Staaten-Lösung“ – die Hamas nicht. Die Hamas weist beides offen zurück. Je mehr die Hamas zur Zerstörung Israels und der Ermordung aller Juden aufruft, desto mehr scheinen westliche Regierungen dies – unverständlicherweise – als einen Ruf nach Frieden zu interpretieren. Vergleicht man die Sprache jener Regierungen mit der Sprache der Hamas-Führer, hat es den Anschein, dass beide in verschiedenen Galaxien leben.

Im Juli 2014 machte die Hamas einmal mehr klar, dass „Frieden“ nicht ihr Ziel ist. Als der Moderator eines arabischsprachigen Fernsehsenders den Parlamentsabgeordneten der Hamas und Pressesprecher, Mushir al-Masri, fragte: „Gibt es eine [Friedens-] Offerte der Hamas?“, antwortete dieser:

„Das ist bloß Unsinn der Zionisten, die davon träumen, für zehn Jahre in Frieden und Ruhe leben zu können. Wir werden die Zionisten erschüttern, bis der letzte von ihnen unser palästinensisches Land verlassen hat. Jede Waffenruhe ist nur für eine bestimmte Zeit. Wir reden nicht über einen langfristigen Waffenstillstand. Wir reden nicht über einen Friedensvertrag.“

„Waffenruhe heißt für den Widerstand, sich auf die nächste Schlacht vorzubereiten“, sagte er. „Unser Widerstand wird weiterhin seine Arsenale füllen und Überraschungselemente für die nächsten Schlachten vorbereiten, bis der zionistische Feind unser Land verlässt, mit der Hilfe Allahs.“

„Im Islam hat Frieden eine andere Bedeutung“, scheibt die Wissenschaftlerin Diane Weber Bederman, „und es ist wichtig, dass wir diese Bedeutung verstehen, wenn wir mit muslimischen Führern – insbesondere mit Vertretern von der Hamas, der Hisbollah, ISIS oder Al-Qaeda – über Frieden reden. Der vollendete islamische Frieden ist, wenn wir alle im Dar-al-Islam leben, dem Haus der Unterwerfung.“

Während des Krieges im letzten Sommer, den die Hamas mit dem Feuern von Raketen auf Israel begonnen hatte, schrieb der Journalist Arsen Ostrovsky: „Allein in den letzten 24 Stunden wurden über 120 Raketen auf den Süden Israels abgefeuert. Das sind etwa fünf Raketen pro Stunde“ – auf ein Land von der Größe Vancouver Islands.

Am Ende dieser Operation zeigte die Hamas einmal mehr, dass ihr Kampf nur auf Zerstörung ausgerichtet ist: Hunderte von Toten und Verwundeten – institutionalisierte Menschenopfer – dienten vor den Fernsehkameras der Propaganda.

Für die Hamas, und offensichtlich auch für viele Länder Europas, hat Israel kein Recht, sich zu verteidigen, und kein Recht zu existieren. Aber ist Europa bereit, rassistischen und antihumanitären Organisationen wie der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Hamas seine bedingungslose Unterstützung zukommen zu lassen?

Als jemand, der als Muslim im Nahen Osten geboren und aufgewachsen ist und immer noch dort lebt, kann ich den europäischen Entscheidungsträgern versichern: Sollten diese glauben, dass die Anerkennung der Hamas und die Gründung eines palästinensischen Staates die Hamas dazu bewegen werden, ihre Charta zu ändern und ihre Terrorangriffe einzustellen, dann können sie nicht weiter weg von der Wirklichkeit sein. Vielleicht hoffen die Europäer bloß, dass, wenn sie weiterhin diplomatisches „Schutzgeld“ zahlen und den Terroristen weiterhin alles geben, was sie verlangen, diese dafür sorgen werden, dass in Europas Städten nichts (bzw. nicht noch mehr) in die Luft fliegt. Vielleicht wollen sie sich auch nur einschmeicheln, der Handelsverträge oder muslimischer Stimmen wegen.

2010 sagte der Hamasführer Mahmoud Al-Zahhar: „Haben wir unser Land aufgegeben, das 1948 besetzt wurde? Wir verlangen die Befreiung des Westjordanlandes und die Gründung eines Staates im Westjordanland und Gaza, mit Jerusalem als dessen Hauptstadt – aber ohne Anerkennung [Israels]. Das ist der Schlüssel – ohne Anerkennung des israelischen Feindes auf auch nur einem einzigen Quadratzentimeter Land. … Dies ist unser Plan für diese Phase – das Westjordanland und Gaza zu befreien, ohne Israels Recht auf einen einzigen Quadratzentimeter Land anzuerkennen und ohne das Recht auf Rückkehr für einen einzigen palästinensischen Flüchtling aufzugeben.“

Scheich Nizar Rayan, ein „politischer“ Führer der Hamas, sagte bei einer Demonstration in Gaza, im Jahr 2005:
„Wir werden nicht ruhen, ehe wir all unser Land, all unser Palästina befreit haben. Wir unterscheiden nicht zwischen Gebieten, die in den 1940er Jahren und solchen, die in den 1960er Jahren besetzt wurden. Unser Dschihad geht weiter, und wir haben noch einen langen Weg vor uns. Wir werden weitermachen, bis der letzte Eindringling von unserem Land vertrieben wurde.“

Die Hamas schadet nicht nur Israel, sondern auch Gazas Bevölkerung. Erschießungskommandos führen – nach allerhöchstens flüchtigen Gerichtsverfahren – öffentliche Hinrichtungen von angeblichen „Kollaborateuren“ durch, von ihren eigenen Bürgern, die sich dem Hamas-Terrorismus widersetzen, wohl als „Exempel“ für andere im Gazastreifen.

Auch dass die Hamas an Kriegsgewinnlertum und Korruption beteiligt ist, ist kein Geheimnis. „Gazas Herrscher haben mit Millionen-Dollar-Grundstücksgeschäften, Luxusvillen und Schwarzmarktbenzin aus Ägypten Milliarden verdient, während der Rest der Bevölkerung unter der 38-Prozent-Armut und der 40-Prozent-Arbeitslosigkeit leidet“, schreibt Doron Peskin, ein Experte für die Wirtschaft des Nahen Ostens.

Das Institute for Palestine Studies veröffentlichte im Sommer 2012 einen ausführlichen Bericht über Gazas Terrortunnel. Die Hamas beutete Kinderarbeit aus, um ihr Untergrundnetzwerk in Gaza zu errichten – viele der Kinder starben dabei: „Mindestens 160 Kinder wurden in den Tunneln laut Hamasfunktionären getötet“, heißt es in dem Bericht.

Die Hamas verkündet öffentlich, dass sie einen Dschihad gegen die Juden führt, in Israel und auf der ganzen Welt. Rufen die europäischen Regierungen nach einer Demilitarisierung des Gazastreifens (bzw. setzen diese durch), bis die Hamas ihre Charta ändert und die Terrorangriffe beendet? Nein, sie erklären die Anerkennung der Hamas und eines „palästinensischen Staates“.

Je mehr Terrortunnel die Mitglieder der Hamas bauen und je mehr Terroranschläge sie verüben, desto mehr Unterstützung erhalten sie aus dem Westen. Je mehr Juden sie töten, desto mehr werden sie respektiert.

Je mehr sie ihre eigenen Kinder ausbeuten und sie als menschliche Schutzschilde einsetzen, desto „heroischer“ werden sie in den Augen des Westens.

Je mehr Zeichentrickfilme sie auf ihren Kinderkanälen senden, um die palästinensischen Kinder zu indoktrinieren, sie zu lehren, „alle Juden zu erschießen“ und „alle Christen und Juden zu töten – bis zum letzten„, desto mehr Anerkennung und „Hilfsgelder“ erhalten sie.

Warum sollte die Hamas dann eigentlich ihre Charta oder ihre Taktik ändern, oder sich zu einer friedlichen Lösung verpflichten, wenn ihre Taktik des Terrors so großartig zu funktionieren scheint?

Die westlichen Regierungen müssen aufhören, ihre Wünsche auf die Hamas zu projizieren und sie stattdessen als das sehen, was sie ist: eine terroristische Gruppe mit einer Agenda des Genozids, die entwaffnet werden muss, um unserer aller Zukunft willen.

Die Hamas oder einen palästinensischen Staat anzuerkennen, trägt nicht zum Schutz der Palästinenser bei. Die Palästinenser können nur dadurch geschützt werden, dass ihre Aufwiegelung gestoppt wird. Das kann von einer Minute auf die andere geschehen und kostet noch nicht einmal Geld. Europa und der Westen können zudem darauf bestehen, dass jegliche zukünftige Geldzuwendung an die Bedingung geknüpft wird, dass die Palästinenser ihre Kinder zum Frieden erziehen, statt zum Krieg. Hilfe muss mit Veränderung verbunden sein, das hat im Falle Russlands mit dem Jackson-Vannick Amendment ausgezeichnet funktioniert: Dieses knüpfte alle Getreidelieferungen an die Sowjetunion an die Voraussetzung, dass deren Bürgern erlaubt wird, das Land zu verlassen. Die Gelder müssen dann in Raten gezahlt werden – nachdem Änderungen durchgeführt und beibehalten wurden. Keine Erziehung zum Frieden, kein Geld. Nur dann, wenn die unter den Palästinensern herrschende Ansicht darüber, welche Einstellung akzeptabel ist, geändert wird (und diese Änderung beibehalten wird) und außerdem direkte Friedensverhandlungen mit Israel geführt werden, zu denen sich die Palästinenser völkerrechtlich verpflichtet haben, kann ein Palästina entstehen, das reif genug ist, um einen eigenen Staat zu haben.

Der Papst war weise genug zu sehen, dass der palästinensische Führer Mahmoud Abbas „ein Engel des Friedens“ sein könnte – es aber noch nicht ist. Ägypten und Jordanien leben Seite an Seite in Frieden mit Israel. Die Palästinenser könnten dies ebenfalls. Nur derzeit nicht.


[1] Über das „Samstagsvolk“ sagte der frühere Kulturminister der Hamas, Atallah Abu Al-Subh, einmal: „Die Juden sind das abscheulichste und verächtlichste Volk, das auf dem Angesicht der Erde kriecht, denn sie haben Feindschaft gegenüber Allah an den Tag gelegt.“

http://de.gatestoneinstitute.org/5831/europa-hamas-staat

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  30.05.2015   16:29   Leserkommentare (4)*

Mit der GEW den Hass auf Israel lernen

Von Ulrich W. Sahm 30.05.15 Achgut.com

Die hessische Abteilung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bietet für ihre Pädagogen eine Studienreise nach „Palästina/Israel“ an. Nach einer Anreise über Kiew stehen auf dem Programm Gespräche und Treffen mit palästinensischen Organisationen wie “Al-Haq”, das Bethlehemer Forschungszentrum Research – Center Arij von Raed E Abed Rabbo und ein Gespräch mit Ali Jiddah vom „Alternativen Informationszentrum“ in Jerusalem. In Nablus sind Gespräche Aktivisten geplant. Der Hydrologe Clemens Messerschmidt wird die Gruppe zu einem „Wassertag“ durch das Jordantal führen. Messerschmidt bezichtigt Israel, den Palästinensern Wasser zu stehlen und behauptete, dass Israel (nicht existierende) Staudämme gebaut habe, um den Gazastreifen zu überschwemmen. Mit Mazin Qumsiyeh der Uni Betlehem wird einer der führenden Aktivisten des „gewaltlosen Widerstands“ in Palästina vorgestellt, dessen Aktionen zu gewalttätigen Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften führen.

Obgleich die Studienreise laut Ankündigung auch nach Israel führt, stehen nur eine Busfahrt durch „die jüdische Siedlung“ Ma’ale Adumim“ und ein Besuch im palästinensisch-israelischen Dorf Neve Shalom / Wahat al-Salam im Programm. Danach geht es zu den Ruinen des „ehemaligen palästinensischen“ Dorfes Sar´a. Das biblische Dorf geriet 1948 zwischen die Fronten. Seine Bewohner flohen nach Kalandia, einem Flüchtlingslager in Jerusalem, aus dem auch der Reiseleiter Fuad Hamdan stammt. Seit 1993 ist er Geschäftsführer des „Eine-Welt-Haus“ in München.

Hamdan vertritt die „Einstaatenlösung“ und die „Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge“. Dieser Revisionismus stößt auf keine Kritik. Vertreter der Sudetendeutschen, Ostpreußen oder Schlesier werden selten von deutschen Gewerkschaften eingeladen. In der Süddeutschen Zeitung schrieb Hamdan, Israel sei „mit Abstand die stärkste und zugleich aggressivste Militärmacht in der Region. Der kleine David hat sich längst zu einem atomaren Monster entwickelt.“ Es fragt sich, was die Gewerkschaft deutscher Erzieher und Lehrer mit dieser Propagandafahrt für seine Mitglieder bezweckt. Kein Wunder, wenn derart indoktrinierte Lehrer daheim dem Hass auf Juden wenig entgegensetzen.

Die GEW schreibt: „Es ist eine besondere Verpflichtung der Pädagogen und Wissenschaftler in Deutschland ein Klima der Toleranz gegenüber Minderheiten zu schaffen. Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Kulturen zu ermöglichen, ist in unserer Zeit eine Hauptaufgabe aller gesellschaftlichen Einrichtungen und Gruppen.“ Für Juden oder Israelis scheint das bei den hessischen Vertretern der GEW nicht zu gelten.

Links zum Thema:

http://lea-bildung.de/abrufangebote.html
http://lea-bildung.de/seminar/angebot/w8413
http://en.wikipedia.org/wiki/Sar%27a
http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article141096815/Der-geistige-Schwelbrand-beginnt-an-unseren-Schulen.html
http://schlamassel.blogsport.de/2014/07/07/einewelthaus-csu-stellt-antrag-gegen-antisemitismus-2/

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/mit_der_gew_den_hass_auf_israel_lernen

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Antisemitismus in der RAF

Radikal antijüdisch

Dreißig Jahre Deutscher Herbst und die RAF: Diese Terroristen fühlten sich auch als Opfer – des deutschen „Judenknax“. Viele Linke haben sich diesen Blick zu eigen gemacht.

Überlebende der Entführung einer El-Al-Maschine 1976, Entebbe, Uganda, befreit durch die israelische Armee.  Bild: ap

Bei aller Kritik habe doch die RAF Ziele verfolgt, die über jeden – linken – Zweifel erhaben seien. In diesen Tagen ist dies auch in dem Buch „Das Projekt sind wir“ von Karl-Heinz Dellwo nachzulesen. Dessen Sound mag für die heimliche oder unverhohlene Liebe von Hunderttausenden von Sympathisanten in jenen Jahren genommen werden: Die RAF sei doch ein Teil des antifaschistischen Kampfes gegen das sogenannte Schweigen der Vätergeneration über ihre Verstrickungen während des Nationalsozialismus gewesen, eine nötige Rebellion, bei der, nun ja, einige Menschen über die Klinge gesprungen seien.

Ebendiese Rede von den eigentlich guten Zwecken des linken Terrorismus ist ein Missverständnis. Umgekehrt kommt man der Wahrheit näher, gerade mit Blick auf das Verhältnis der RAF und ihrer KaderInnen zu Israel und zum Mord an den europäischen Juden: In seinem Antizionismus verwischte der Linksterrorismus der Siebziger- und Achtzigerjahre die Grenzen zur Leitideologie der Vätergeneration – dem Antisemitismus.

 

Um zu begreifen, wie es etwa dazu kam, dass 1976 ein deutsch-palästinensisches Terrorkommando im ugandischen Entebbe die Insassen eines gekidnappten Flugzeugs in Juden und Nichtjuden selektierte, muss man rund zwölf Jahre eher in die Geschichte einsteigen. Ausgerechnet das spätere moralische Gewissen der RAF, Ulrike Meinhof, umriss 1965 in der Zeitschrift Konkret ihre Gedanken über das Ende des Zweiten Weltkriegs, wie man sie heutzutage eher der Neuen Rechten zuordnen würde. Aufbauend auf ein Zitat des inzwischen verurteilten Holocaustleugners David Irving schrieb sie: „In Dresden ist der Anti-Hitler-Krieg zu dem entartet, was man zu bekämpfen vorgab und wohl auch bekämpft hatte: zu Barbarei und Unmenschlichkeit, für die es keine Rechtfertigung gibt.“ Wie kann dieser Satz anders denn als Versuch gelesen werden, den Deutschen (während des und nach dem Nationalsozialismus) mildernde Umstände zuzusprechen?

Dass diese Äußerung kein Ausrutscher war, zeigte Meinhof im Jahre 1972, als sie ähnlich argumentierte: „Ohne dass wir das deutsche Volk vom Faschismus freisprechen – denn die Leute haben ja wirklich nicht gewusst, was in den Konzentrationslagern vorging -, können wir es nicht für unseren revolutionären Kampf mobilisieren.“

Unbewiesen ist, ob viele ihrer GenossInnen diese Sichtweise teilten – Dementis aber gab es keine. Unumstritten ist aber, dass Israels Verteidigungsminister Mosche Dajan zum Wiedergänger Heinrich Himmlers erklärt wurde und dass die Palästinenser als die Juden des Nahen Ostens zu nobilitieren seien. Die RAF bildete, auch dies eine Tatsache, eine strategische Front mit der palästinensischen Guerilla gegen die Überlebenden der deutschen Vernichtungspolitik in Israel.

Meinhof, Ensslin, Baader und all die anderen: Man sah sich als Täter wie Opfer zugleich. Täter im Sinne des Kampfes gegen Imperialismus, Amerika und Zionismus – und Opfer, denn man solidarisierte sich mit Guerillagruppen in Südamerika, mit dem vietnamesischen Vietcong und antikolonialen Befreiungsbewegungen in Afrika wie Südostasien. Ein simpler Dualismus charakterisierte die Weltsicht des neuen Antiimperialismus, dem sich auch die RAF angehörig fühlte: Hier die aufständischen Kontinente Afrika, Asien und Lateinamerika, dort die amerikanischen Aggressoren.

Mit dem Sechstagekrieg 1967 wurde Israel in dieses Raster integriert. Der Zufluchtsort der Holocaustüberlebenden hatte sich gegen erneute Vernichtungsvisionen – diesmal arabischer Spielart – triumphal zur Wehr gesetzt. Der sich radikalisierenden Linken in Deutschland ging das eindeutig zu weit. In den Jahren zuvor, als der jüdische Staat aufgrund seines zarten Alters noch etwas wackelig auf den Beinen war, etablierte sich zwar das Gefühl moralischer Verantwortung Israel gegenüber. Ein Konsens, der so stabil nicht gewesen sein konnte. Denn in der Sekunde, als Israel seine Muskeln ausgepackt hatte, ohne die Welt um Erlaubnis zu fragen, meinten plötzlich viele Linke, in diesem Land einen Hort imperialistischer Sklavenhalterei erkennen zu können.

Für den einflussreichen Sozialistischen Deutschen Studentenbund jedenfalls war Israel („Brückenkopf des westlichen Imperialismus in Arabien“) nach Ende des Sechstagekriegs nichts als ein Alliierter der verhassten USA. Stattdessen wurde die palästinensische Fatah zum Hoffnungsträger für sozialrevolutionäre Sehnsüchte und damit der Nahe Osten zur Projektionsfläche der eigenen Sehnsüchte.

Dass es sich bei der Israelkritik nicht um bloße Empörungsrhetorik handelte, sondern jüdische Einrichtungen von Teilen des linksterroristischen Spektrums fortan zu erklärten Zielscheiben wurden, demonstrierten die Tupamaros Westberlin (TW). Am 9. November 1969 deponierten Mitglieder dieser TW eine Bombe im Jüdischen Gemeindehaus, die während einer Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht 1938 explodieren sollte. Der Sprengsatz schadete niemandem, sein Zünder war nicht intakt.

In einem Bekennerschreiben heißt es unter dem Titel „Schalom + Napalm“: „Jede Feierstunde in Westberlin und in der BRD unterschlägt, dass die Kristallnacht von 1938 heute täglich von den Zionisten in den besetzten Gebieten, in den Flüchtlingslagern und in den israelischen Gefängnissen wiederholt wird. Aus den vom Faschismus vertriebenen Juden sind selbst Faschisten geworden, die in Kollaboration mit dem amerikanischen Kapital das palästinensische Volk ausradieren wollen.“

Um einer moralischen Zwickmühle zu entgehen – denn sterben sollten ja jene, auf die es auch Hitler und seine Gefolgschaft abgesehen hatten -, wurde Israel kurzerhand bezichtigt, sich nationalsozialistischer Methoden im Kampf um Selbstbehauptung zu bedienen. Die Entlastungslogik wirkte einfach: Wenn die Opfer Schuld auf sich laden, sind wir von unserer historischen Sünde befreit und zum erneuten Kampf befugt.

Innerhalb der linken Szene fand die Aktion mit der Bombe geringen Anklang. Dieter Kunzelmann, Leitfigur dieser Truppe von Tupamaros, warf daraufhin seinen Genossen vor, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. In einem mutmaßlich in Westberlin verfassten „Brief aus Amman“ schrieb er seinen Freunden: „Palästina ist für die BRD und Europa das, was für die Amis Vietnam ist. Die Linken haben das noch nicht begriffen. Warum? Der Judenknax.“

Die ideologische Neusortierung von Opfern und Tätern, die Diffamierung des deutschen Schuldbewusstseins und die Vorurteilsperspektive Israel und seiner Bevölkerung gegenüber waren allerdings keineswegs alleinige Produkte verschrobener Stadtguerillas. Offensichtlich kamen Israels Kriege auch für RAF und Revolutionäre Zellen einer historischen Entlastung gleich. Im antiimperialistischen Korsett tilgten auch sie Schuldgefühle, indem die Opfer von damals erneut bekämpft wurden.

In finanzieller und militärischer Hinsicht geradezu überlebenswichtig, so zumindest umschrieb es einmal Peter-Jürgen Boock, waren für deutsche Linksterroristen ortskundige Partner in der Region. Über Jahre hinweg verband einen folglich mit palästinensischen Widerstandsgruppen eine Liaison, deren weltrevolutionäre Visionen selten einen völkisch-nationalen Horizont überschritten und die in der Zerstörung Israels ein hehres Ziel zu verfolgen glaubten: mit Fatah und der Volksfront zur Befreiung Palästinas, der PFLP.

Zahlreiche RAF-Mitglieder, unter ihnen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof, erlernten erst in arabischen Ausbildungscamps den bewaffneten Kampf und wurden so Teil von Söldnertruppen, deren Hauptbeschäftigung darin lag, Flugzeuge der israelischen El Al zu kapern, deren Mitarbeiter zu lynchen und so den jüdischen Staat zu erpressen.

Wohl selten aber ist das Ausmaß der antijüdischen Haltung der RAF so unverblümt kommuniziert worden wie in ihrer Analyse des Anschlags auf die israelische Olympiamannschaft 1972 in München, der mit einem Doppelmord initiiert wurde und mit einer gescheiterten Entführung endete.

Zynisch wird die Terroraktion des palästinensischen Kommandos „Schwarzer September“ glorifiziert als „gleichzeitig antiimperialistisch, antifaschistisch und internationalistisch“ und den Attentätern eine „Sensibilität für historische und politische Zusammenhänge“ zugeschrieben. Um die vermeintliche Grausamkeit des von Israel und den USA vertretenen verschwörerischen Globalimperialismus herauszustellen, bot auch hier der Nationalsozialismus den Verfassern eine schier unerschöpfliche Vergleichsquelle. Unmissverständlich sprechen sie von „Israels Nazifaschismus“, Verteidigungsminister Mosche Dajan wird zum „Himmler Israels“. Der von Ulrike Meinhof verfasste Text gipfelt in der These, die israelische Regierung habe ihre Sportler „verheizt wie die Nazis die Juden“.

Diese Pogromrhetorik war weder unter der ohnehin auch damals heiklen Überschrift Antizionismus zu verbuchen, noch als gedankliche Schrulle einer intellektuell verkommenen Szene zu begreifen. Dieses Bekenntnis war jedoch nur das markanteste Beispiel einer vermeintlich antizionistischen Argumentation von deutschen Linksterroristen. Tatsächlich wurde schon die bloße Staatsangehörigkeit Israels zum Schuldfaktor halluziniert – und der Davidstern, Israels Staatssymbol, als feindliches Zeichen interpretiert: Das war mehr als eine antijüdische Versuchung, das war purer Antisemitismus.

Wie weit einzelne RAF-Mitglieder die zynische Opferumdeutung mit Hilfe einer allseits einsetzbaren NS-Schablone verinnerlicht hatten, brachte Ulrike Meinhof zum Ausdruck, als sie 1972 im Prozess gegen Horst Mahler ihre Haftbedingungen mit Konzentrationslagern verglich: „Jetzt reden wir mal von Köln-Ossendorf, das Lager, dessen Wahrzeichen ein Schornstein ist.“ Antwortend auf die Frage nach einer Antisemitismusdefinition verfing sie sich schließlich in einer Teillegitimierung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik.

Die Juden, so Meinhof, seien ermordet worden, „als das, was man sie ausgab – als Geldjuden. Der Antisemitismus war seinem Wesen nach antikapitalistisch.“ Und weiter: „In diesem Antisemitismus, der ins Volk reinmanipuliert worden ist, war die Sehnsucht nach dem Kommunismus, die dumpfe Sehnsucht nach der Freiheit von Geld und Banken.“

Die Flugzeugentführung von Entebbe 1976 und die Selektion der Passagiere in nationalsozialistischer Manier war letztlich nur praktische Konsequenz dessen, was in der Münchner Analyse Ulrike Meinhofs verewigt wurde. Dass innerhalb des PLFP-Kommandos mit Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann von den Revolutionären Zellen ausgerechnet zwei Deutsche federführend waren und auf der Liste der freizupressenden Terroristen mehrere RAF-Mitglieder zu finden waren, dürfte da kaum überraschen.

Distanzierende Auseinandersetzungen mit entsprechenden Taten und Verlautbarungen finden sich bei der RAF nirgends – weder in den unzähligen Stellungnahmen, die noch folgen sollten, noch in der Erklärung von 1998, mit der sich die Terrortruppe endgültig auflöste. Stattdessen liest man im dortigen Schlussabschnitt den Satz: „Wir werden die GenossInnen der palästinensischen Befreiungsfront PFLP nie vergessen.“

Die RAF ist Geschichte. Nicht zuletzt ihr dürfte es aber zu verdanken sein, dass bei vielen die Verlockung nicht nachgelassen hat, den Nahen Osten durch das beschränkte Prisma der antiimperialistischen Perspektive zu betrachten. Überlebt hat die Obsession, den politischen Konflikt zwischen Israel und seinen Nachbarn mit Nazifantasien anzuheizen. Der aus dieser Haltung resultierende Antizionismus beschränkt sich heutzutage jedoch mitnichten auf linksradikale Szenemilieus.

Längst ist er salonfähig geworden und Teil jedweder „objektiven Bewertung“ der nahöstlichen Situation, kurz: Heute ist er in Kreisen wahrnehmbar, die des Terrorismus gänzlich unverdächtig sind. Es scheint sich dort der Glaube durchzusetzen, durch den Geschichtsunterricht gleichzeitig die Ausbildung zum Therapeuten genossen zu haben, und zwar für zwei Patienten: für das ehemalige Opfer, das selbst handgreiflich wird, und für sich selbst, den Täternachkommen, der nach Schuldstilllegung lechzt.

Anders lässt sich schwerlich erklären, dass Udo Steinbach, Direktor des Orient-Instituts, bezweifelt, palästinensische Selbstmordattentate unter Terrorismus fassen zu können. Man müsse „im Blick auf Warschau und im Blick auf den Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto auch fragen dürfen, war das dann nicht auch Terror?“ Ähnliche Überlegungen dürfte auch Rupert Neudeck, der Erfinder der Cap Anamur, angestellt haben, bevor er in seinem neusten Buch „nicht mehr schweigen“ wollte und vor der „Freundschaftsfalle Israel“ warnte. Unvergesslich auch der deutsche Bischof, der Anfang des Jahres bei einem Besuch im palästinensischen Ramallah glaubte, in den dortigen Lebensverhältnissen das Warschauer Ghetto vor Augen zu haben.

Unzweifelhaft ist die Situation der Palästinenser katastrophal. Aber in Gaza oder im Westjordanland ein Großraum-KZ sehen zu wollen, zeugt von epochaler Geschichtsklitterung. Und ob diese den offensichtlichen Durst nach Selbstentlastung stillen kann, darf bezweifelt werden. Zudem schreibt man mit verzerrten historischen Assoziierungen und Gleichsetzungen den Palästinensern eine Realität vor, aus der heraus die Vision eines eigenen Staates schier unerreichbar erscheinen muss. Das gilt heute, das galt auch vor dreißig Jahren.

Karl-Heinz Dellwo: „Das Projekt sind wir“

http://www.taz.de/!5193915/

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Antisemitismus in Deutschland Der gebildete Antisemit

Die Bundeskanzlerin im September 2014 in Berlin.  Foto: REUTERS

Der Antisemitismus, so die Erkenntnis der Forscherin Monika Schwarz-Friesel, grassiert gerade unter Gebildeten. Und: „Die Gegenwehr schwindet.“ Ein FR-Gespräch über deprimierende Entwicklungen, die im Windschatten einer Überdruss-Mentalität Platz finden.

Frau Professor Schwarz-Friesel, der Zentralrat der Juden warnte Anfang des Jahres davor, mit der Kippa, der jüdischen Kopfbedeckung, in bestimmte Ecken deutscher Großstädte zu gehen. Wie ergeht es Juden in der virtuellen Welt des Internets?
Ganz ähnlich. Sie müssen mit heftigsten Beschimpfungen rechnen, mit brutalsten Gewaltfantasien bis hin zu Morddrohungen: „Ich würde gern mal einen Juden zu Tode quälen“ – solche Ungeheuerlichkeiten sind keineswegs die Ausnahme. Wir registrieren regelrechte antisemitische Hasswellen, die nach dem Gazakrieg 2014 noch einmal an Stärke und Aggressivität zugenommen haben und die neuerdings den gesamten Raum öffentlicher Kommunikation überfluten, also nicht nur den rechtsextremen Rand.

Wo liegt der Unterschied zur Vergangenheit?
Unsere Untersuchung aller Briefe und E-Mails an den Zentralrat und die israelische Botschaft hat ergeben, dass nur je drei Prozent der Absender rechts- bzw. linksradikal sind. Etwa 14 Prozent kommen aus dem jeweiligen ideologischen Randmilieu, mehr als 65 Prozent hingegen aus der „Mitte der Gesellschaft“: sehr viele Hochgebildete, mit Name und Anschrift, mit Angabe des Berufs und akademischer Grade. Deren emotionales Bedürfnis, unter dem Deckmantel der sogenannten „Israelkritik“ judenfeindliches Gedankengut zu verbreiten, schiebt historische und sprachliche Hemmnisse beiseite. Gleichzeitig schwindet die Gegenwehr.

Woran machen Sie das fest?
Wir verzeichnen quantitativ in unseren Untersuchungen einen Rückgang der Stimmen, die antisemitischen Parolen im öffentlichen Diskurs entgegentreten. Und wenn ich an die Kundgebung gegen Antisemitismus voriges Jahr in Berlin mit allen Spitzenvertretern des Staates denke, alarmiert mich die geringe Zahl an Teilnehmern bis heute: 5000 Leute, das ist nichts!

Was ist mit islamisch oder islamistisch motiviertem Antisemitismus?
Auch dieser nimmt zu – der Zahl wie der Heftigkeit nach.

Zur Person
Monika Schwarz-Friesel.

Monika Schwarz-Friesel, Jg. 1961, ist Professorin für allgemeine Linguistik an der TU Berlin. Nach ihrem Studium der Philologie und pädagogischen Psychologie in Köln hat sie dort promoviert und habilitiert. Der Antisemitismus im 21. Jahrhundert ist einer ihrer Forschungsschwerpunkte. Zum Antisemitismus im Internet leitet sie ein großes, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziertes Forschungsprojekt.

Ihre neueste Veröffentlichung zum Thema ist der Sammelband „Gebildeter Antisemitismus. Eine Herausforderung für Politik und Zivilgesellschaft. Nomos-Verlag 2015, 318 Seiten, 59 Euro.

Gibt es einen antisemitischen Bodensatz auch in den neuen politischen Bewegungen?
Von den etablierten Parteien hat Die Linke eindeutig das größte Problem. Die rechtspopulistische AfD ist in dieser Hinsicht bislang vereinzelt auffällig geworden. Unter den Demonstranten der Pegida, diesem ideologischen Sammelsurium, tummeln sich auch Antisemiten. Die Deutungsmacht haben sie dort – noch – nicht gewonnen.

Trotzdem gilt: Der Antisemitismus ist überall?
Nicht zuletzt in den Medien! Denken Sie an die heftige Debatte 2013 über den Journalisten Jakob Augstein und seine Kolumnen. Einem so gut gebildeten Mann sollte bekannt sein, dass Sätze wie „Orthodoxe Juden folgen dem Gesetz der Rache“ oder „Wenn Jerusalem anruft, beugt sich Berlin dessen Willen“ uralten antisemitischen Stereotypen folgen. Gegen diesen Vorwurf hat es damals sofort Abwehrreflexe gegeben – aus meiner Sicht ein Versagen der Gesellschaft und eine verpasste Chance.

Welche Chance, und wie hätte man sie nutzen sollen?
Indem man weniger Energie auf die Frage verwandt hätte, ob Augstein auf die Liste der schlimmsten Antisemiten gehört oder welchen Platz er in einem solchen Ranking bekommen müsste. Stattdessen hätte man zeigen sollen, wie antisemitische Stereotype und Klischees in aktuellen Debatten codiert werden und ihre Wirkung entfalten. Denn das ist die eigentliche Gefahr.

Inwiefern?
Historisch gesehen, ist der Satz vom Antisemitismus, der in der Mitte der Gesellschaft „angekommen“ sei, falsch. Antisemitismus war immer zunächst ein Phänomen der Gebildeten. Er ging von den Schreibtischen der Gelehrten aus, von den Theologen und Hofpredigern, von Philosophen, Juristen und Journalisten. Das wissen viele nur nicht, weil 1900 Jahre Judenfeindschaft gegenüber den zwölf Jahren der NS-Herrschaft in den Hintergrund treten. Oder anders gesagt: 60, 70 Jahre Aufklärungsarbeit in der Nachkriegszeit stehen gegen zwei Jahrtausende kulturell tradierte Judenfeindschaft. Auch deshalb ist die Annahme gefährlich, verbale Gewalt sei ja nicht so schlimm.

Was ist also zu tun?
Da muss ich Sie enttäuschen. Ich habe kein originelles Rezept, sondern kann nur sagen: Bildung, Aufklärung, Beharrlichkeit. Darauf kommt es an. Deprimierend ist zweierlei. Zum einen die Überdruss-Mentalität, nicht nur bei jungen Leuten: „Ich kann das Wort Holocaust nicht mehr hören, ich kann das Wort Jude nicht mehr hören, ich bin diese Debatten über Antisemitismus leid“, heißt es in vielen Briefen an den Zentralrat oder die israelische Botschaft. Parallel dazu nimmt der Antisemitismus aber zu. Das ist das zweite deprimierende Moment.

Ist trotzdem etwas dran an dem Überdruss, der womöglich von einem Gefühl herrührt, mit dem Antisemitismus-Vorwurf werde sehr schnell hantiert, sobald Israel in die Kritik gerät?
Das angebliche „Meinungsdiktat“, das Kritik an Israel unmöglich mache, ist eindeutig selbst ein antisemitisches Klischee. Wir haben empirisch klar zeigen können, dass es faktisch keinerlei Hemmungen, Rücksichten oder Selbstbeschränkungen in Bezug auf Israel gibt. Im Gegenteil: Kein Staat dieser Welt und nicht einmal diktatorische oder erwiesenermaßen verbrecherische Regimes werden so heftig attackiert wie Israel. Umgekehrt ist mir – ganz ehrlich – noch nie jemand begegnet, der in antisemitische Muster abgleitet, wenn er wirklich nur Kritik an der Politik Israels üben will.

Ein Beispiel: Unter dem Eindruck der Sperrmauer zwischen Israel und den Palästinensergebieten oder der Realität der Besatzung fühlen sich viele, selbst wohlmeinende Besucher Israels an die Ghettos der 1930er und 1940er Jahre erinnert.
Diese NS-Analogie ist der typische Fall einer historischen Derealisierung. Wenn Sie sich klar machen, was in den jüdischen Ghettos der Nazizeit passiert ist, dann hat die gegenwärtige Situation damit nichts zu tun. Es gibt keine Schnittmenge, keine echte Vergleichsgröße zwischen dem Holocaust und der Besatzung. Wer diese NS-Analogie herstellt, spielt den überzeugten Antisemiten in die Hände, für die Israel die Verkörperung allen Übels in der Welt ist, weshalb es ausgelöscht werden müsse .

Interview: Joachim Frank

http://www.fr-online.de/kultur/antisemitismus-in-deutschland-der-gebildete-antisemit,1472786,30899588.html

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Achgut.com 10.06.2015

Das Problem ist: Mach einem Bekloppten klar, dass er bekloppt ist.

Was ist nur los mit der FR? Hat sie sch jetzt auch auf die Seite der Israel-Lobby geschlagen? Die Berliner Professorin Monika Schwarz-Friesel erklärt in einem Interview das Phänomen des Antisemitismus, über den immer wieder gesagt wird, er sei “in der Mitte der Gesellschaft” angekommen. Unsinn, sagt MSF, der Antisemitismus war schon immer in der Mitte der Gesellschaft daheim. Sie hat Tausende von Briefen ausgewertet, die an die israelische Botschaft und den Zentralrat der Juden geschickt wurden. Das Ergebnis:

Unsere Untersuchung aller Briefe und E-Mails an den Zentralrat und die israelische Botschaft hat ergeben, dass nur je drei Prozent der Absender rechts- bzw. linksradikal sind. Etwa 14 Prozent kommen aus dem jeweiligen ideologischen Randmilieu, mehr als 65 Prozent hingegen aus der ‘Mitte der Gesellschaft’: sehr viele Hochgebildete, mit Name und Anschrift, mit Angabe des Berufs und akademischer Grade. Deren emotionales Bedürfnis, unter dem Deckmantel der sogenannten „Israelkritik“ judenfeindliches Gedankengut zu verbreiten, schiebt historische und sprachliche Hemmnisse beiseite. Gleichzeitig schwindet die Gegenwehr.http://www.fr-online.de/kultur/antisemitismus-in-deutschland-der-gebildete-antisemit,1472786,30899588.html

Als Beispiel für den Antisemitismus in den Medien nennt MSF “den Journalisten Jakob Augstein und seine Kolumnen”; einem “so gut gebildeten Mann sollte bekannt sein, dass Sätze wie ‘Orthodoxe Juden folgen dem Gesetz der Rache’ oder ‘Wenn Jerusalem anruft, beugt sich Berlin dessen Willen’ uralten antisemitischen Stereotypen folgen”.

Ist ihm aber nicht. Ein Antisemit, dem bewusst wäre, dass er antisemitisches Zeug labert, wäre kein Antisemit. Der Antisemit denkt nicht, es denkt in ihm. Auch hier gilt der Satz von Dieter Bohlen: “Das Problem ist: Mach einem Bekloppten klar, dass er bekloppt ist.”

Der moderne Antisemit versteckt sich auch nicht in verdunkelten Hinterzimmern muffiger Lokalitäten, er geht in die Öffentlichkeit. Zum Beispiel zum Evangelischen Kirchentag, der sich im Laufe der Jahre zu einem Treffpunkt progressiver Antisemiten entwickelt hat, die Palästina befreien und den Weltfrieden retten wollen. Heuer war die Linke-Abgeordnete und Leichtmatrosin mit an Bord, eine glückselige Antisemitin, die ihre antijüdischen Vernichtungsphantasien im Kostüm der Israel-Kritik auslebt. Wir haben ihren Auftritt beim EKT in Stuttgart festgehalten und werden ihn demnächst dokumentieren.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/das_problem_ist_mach_einem_bekloppten_klar_dass_er_bekloppt_ist

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Totalverschleierung des Bewußtseins
Rede auf der Kundgebung “Antisemitismus ist keine Kreuzfahrt”

Initiative Sozialistisches Forum

Liebe Genossinnen und Genossen,

wenn wir heute unsere Solidarität mit Israel bekunden, so ist dies ganz und gar nicht uneigennützig oder selbstlos, gar ein Ausdruck höherer, gewissermaßen: kommunistischer Caritas. Vielmehr verhält es sich so: Daran, ob es Israel gelingt, seine Souveränität gegen die antisemitische und also antizionistische Internationale zu behaupten, daran entscheidet sich für unsere Generation, ob der Gedanke der staaten- und klassenlosen Weltgesellschaft noch zur konkreten Utopie zu werden vermag, oder ob die freie Assoziation, die gesellschaftliche Einheit des Vielen ohne Zwang, dazu verdammt ist, für immer ein Traum bleiben zu müssen. Es ist unmittelbar unsere Sache, die hier verhandelt wird. No pasáran!

Es klingt zwar paradox, ist aber nur allerdings dialektisch: Indem Israel darum kämpft, seine politische, seine staatliche Souveränität unbedingt zu erhalten, kämpft es um die Bedingung der Möglichkeit, das kommunistische Programm der Abschaffungen, der revolutionären Liquidation von Kapital und Staat, doch noch, wenn auch leider viel zu spät, zu verwirklichen. Israel ist der bewaffnete Versuch der Juden, den Kommunismus durch die Katastrophen hindurch doch noch lebend zu erreichen, d.h. eine revolutionäre Diktatur der Aufklärung, eine Art jakobinischer Wohlfahrtsausschuß, der in Permanenz tagt. Indem Israel seine Souveränität behauptet, kämpft es für das Recht des Individuums, etwas anders zu sein als ein Gegenstand der Zoologie, als eine Pflanze, die schon glücklich zu sein hat, wenn sie einen Boden findet, um zu wurzeln, wenn man sie gießt und düngt. Es gibt nämlich kein “Recht auf nationale Selbstbestimmung”, das im Recht der ersten Landnahme gründet, kein Recht der Einheimischen, nur weil sie zuerst da waren.

Wer so etwas behauptet, wer dies “Naturrecht” gegen den Zionismus in Anschlag bringt, der hat den Begriff und die Wahrheit der Gattung liquidiert, hat das “Weltbürgerrecht” aufgehoben. Vielmehr verhält es sich so, wie es Immanuel Kant im dritten Definitivartikel zum ewigen Frieden 1795 erklärt hat: Das Weltbürgerrecht, sagt er, “steht allen Menschen zu, vermöge des Rechts des gemeinschaftlichen Besitzes der Oberfläche der Erde, auf der, als Kugelfläche, sie sich nicht ins Unendliche zerstreuen können, sondern endlich sich doch neben einander dulden müssen, ursprünglich hat aber niemand an einem Orte der Erde mehr Recht, als der andere.” [ 1 ]

Das Argument der Aufklärung ist so einfach, wie der daraus folgende kategorische Imperativ wahr ist: Weil die Erde keine Scheibe ist, darum ist sie die Allmende, d.h. das unteilbare Eigentum einer Gattung, die sich als die Menschheit erst dann bewiesen haben wird, wenn die Individuen mehr sein dürfen als die blöden Exemplare einer Gattung, und das heißt, politisch ausgedrückt, eines Volkes. Die Propaganda gegen Israel ist – als Agitation für den Ameisenstaat – vorsätzlicher Aufklärungsverrat.

Der Abgrund an Aufklärungsverrat, der sich in den letzten Tagen und Wochen eröffnet hat, bedroht uns selbst, unser unbedingtes Interesse an der staaten- und klassenlosen Weltgesellschaft. Denn daß Israel als “Schurkenstaat” denunziert wird, der “über dem Gesetz, über dem Völkerrecht” stehen soll, ist ja nur die Schauseite, die aufgeregte Empörung, hinter der es eiskalt ans Eingemachte geht.

Natürlich – in der Behauptung, Israel stünde “über dem Gesetz”, verbirgt sich nur der ordinäre Antisemitismus, der den Menschen zur Pflanze macht und das Individuum als “abgehoben” und eben: “wurzellos” verpönt. Aber in dieser Polemik übt sich die kapitalisierte Gesellschaft zugleich in ihrem höchsteigenen Staatlichkeitswahn, legt sich die Konditionen zurecht, nach denen der deutsche Souverän legitimerweise die Versagung der Bedürfnisse, schließlich das Opfer des Lebens, fordern darf. Jede Polemik gegen Israel als zionistischen “Schurkenstaat” ist so in Wahrheit nichts anderes als Einübung in den Gehorsam, nichts als Propaganda für den Staat des ganzen Volkes, für die unbedingte Einheit von Volk und Herrschaft. Wie schrieb doch die “Frankfurter Allgemeine” kürzlich ebenso treffend wie verblendet über die “staatliche Schicksalsgemeinschaft”?: “Einer für alle, alle für einen. Auch heute noch. Und daß die Deutschen als Volk das 20. Jahrhundert überhaupt überstanden haben, liegt auch daran, daß früher die Idee der Schicksals- und Einstandsgemeinschaft jedermann selbstverständlich war.” [ 2 ]

Der Staat soll sein das organische Selbstbewußtsein der Volksgemeinschaft, der gnädige Aktionskommissar einer fugenlos verschweißten Bande, eine HIAG, einer Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit nach dem Vorbild der Veteranenverbände der SS. Das ist der Staatsfetisch, den die antizionistische Propaganda uns andrehen will, der Wahn von der guten Herrschaft, die zur sog. “Volkswirtschaft” paßt.

Wie sagte doch Michail Bakunin einmal sehr richtig – und daran können wir uns halten, immerhin: “Es ist offenbar, daß alle sogenannten allgemeinen Interessen, die der Staat angeblich vertritt, (…) eine Abstraktion, eine Fiktion, eine Lüge bilden, und der Staat gleichsam eine große Schlächterei und ein ungeheurer Friedhof ist …” [ 3 ] Und welcher Staat hätte diesen seinen Begriff gnadenloser in die Wirklichkeit gesetzt als der Staat der Deutschen? Die Propaganda der Antizionisten, ihr unerbittlicher Fetischdienst am Staate, den sie ex negativo an Israel illustrieren, ist Teil der Herrschaftsreserve, Bestandteil der allgemeinen Mobilmachung, zu der der Souverän sich im Zuge des kommenden Zusammenbruchs der kapitalisierten Gesellschaft genötigt fühlen wird. Israel steht dem im Wege, denn, wie die Zeitung des deutschen Bundestages “Das Parlament” schon gelegentlich der israelischen Notwehr gegen die libanesische Hizbollah erklärte, Israel ist “das letzte Tabu der deutschen Außenpolitik”. [ 4 ]

Liebe Genossinnen und Genossen,

genau so ist es: das “letzte Tabu” der deutschen Souveränität. Das versteckt sich hinter dem blumigen Gerede vom “Existenzrecht” Israels als dem Nerv der deutschen Staatsräson. Die Volksgemeinschaftsfront gegen Israel ist die konzertierte Aktion des deutschen Staatlichkeitswahns – und da ist‘s egal, ob man die “Junge Welt”, die Frankfurter Gemeine oder gleich das Salonfaschisten-Blatt “Junge Freiheit” liest: “Staatsverständnis: Deutschland muß sich auch Israel gegenüber als politisches Subjekt behaupten.” [ 5 ] Auch Israel gegenüber!

Es ist dieser vorsätzliche Aufklärungsverrat, der uns einen gesellschaftlichen Zustand beschert hat, den man nur als die Totalverschleierung des Bewußtseins bezeichnen kann. Dagegen hilft es nicht, wenn man, wie die staatstragenden Freunde Israels, insbesondere die Deutsch-Israelische Gesellschaft, gegen “vorschnelle Verurteilungen Israels” eintritt und mit leidenschaftsloser Schiedsrichterattitüde “Unvoreingenommenheit”, “Verhältnismäßigkeit”, “Objektivität, Ausgewogenheit und Sachlichkeit” fordert. [ 6 ] Damit werden Aufklärung und Kritik auf Information und Bescheidwissen heruntergebracht. Jeder, der für Israel eintritt, muß doch wissen, was der polnische Philosoph Leszek Kolakowski schon 1956 erfahren mußte: “Der Antisemitismus” – und der Antizionismus erst recht! – “ist keine Doktrin, die kritisiert werden kann … Man kann ihm keine Argumente entgegensetzen, denn er ist mit einer Reaktionsart verbunden, der die Beweisführung als Denkart fremd und verhaßt ist. (…) Davon hat sich jeder überzeugt, der Gelegenheit hatte, mit einem Antisemiten” – oder gleich mit einem Antizionisten! – “eine jener hoffnungslosen Diskussionen zu führen, die immer dem Versuch ähneln, einem Tier das Sprechen beizubringen.” [ 7 ]

Liebe Genossinnen und Genossen,

unsere Solidarität mit Israel, unsere kommunistische Solidarität mit dem Zionismus, ist keine höhere Form von Caritas, sondern so notwendiges wie integrales Moment unserer Opposition gegen die Totalverschleierung des Bewußtseins, gegen den Aufklärungsverrat, gegen den Staatlichkeitswahn und gegen den Souveränitätsfetischismus. Ich schließe, frei nach Max Horkheimer, mit der freundlichen Aufforderung: Je unmöglicher der Kommunismus ist, desto verzweifelter gilt es, für ihn einzutreten: No pasarán!

Joachim Bruhn

Anmerkungen

1 Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf (1795), in: Ders., Werkausgabe, Bd. 11, hrsg. von W. Weischedel, Frankfurt 1977, S. 213f.

2 Ulrich Vosgerau, Schutzlos allein. Der Staat ist mehr als eine Agentur zur Verwirklichung von Ansprüchen, in: FAZ vom 11. März 2010, S. 8.

3 Michail Bakunin, Die Commune von Paris und der Staatsbegriff (1871), in: Ders., “Staatlichkeit und Anarchie” und andere Schriften, hrsg. von Horst Stuke, Frankfurt/Berlin/Wien 1972, S. 307.

a <name=“fn4″ href=“http://www.ca-ira.net/isf/beitraege/isf-totalverschleierung.bewusstsein.html#fnverweis4″>4 Das Parlament v. 18.9.2006

5Junge Freiheit N° 11/2010 vom 12. März 2010.

6 Pressemitteilung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Freiburg zur Gazaflotille vom 4. Juni 2010.

7 Leszek Kolakowski, Die Antisemiten. Fünf keinesfalls neue Thesen als Warnung (1956), in: Ders., Der Mensch ohne Alternative. Von der Möglichkeit und Unmöglichkeit, Marxist zu sein, München/Zürich 1984, S. 187 f.

http://www.ca-ira.net/isf/beitraege/isf-totalverschleierung.bewusstsein.html

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Der Kommunismus und Israel

Initiative Sozialistisches Forum

Kommunismus ist “das aufgelöste Rätsel der Geschichte” (Marx). Dieses besteht darin, daß die Spaltung der menschlichen Gattung in Herrscher und Beherrschte, in Ausbeuter und Ausgebeutete im Kapitalverhältnis einen Aggregatzustand erreicht hat, innerhalb dessen zwischen der vollendeten Verdinglichung einerseits, dem Übergang zum “Verein freier Menschen” andererseits, nur noch die Revolution als Handumdrehen zu liegen scheint, aber dennoch in immer weitere Ferne rückt. Marxisten jeglicher Couleur betreiben, statt dieses Rätsel in seiner Tragik zu denunzieren, statt es also zu kritisieren, seit je das Geschäft seiner Rationalisierung, das heißt seiner Ideologisierung.

Israel ist das Schibboleth jener doch so naheliegenden Revolution; es ist der unbegriffene Schatten ihres Scheiterns. Israel ist das Menetekel, das zum einen (und ganz unfreiwillig) die kategorischen Minimalbedingungen des Kommunismus illustriert, und das zum anderen sämtliche Bestialitäten zu demonstrieren scheint, zu denen der bürgerlich-kapitalistische Nationalstaat fähig ist. Wer Israel nicht begriffen hat, wer den Haß auf diesen Staat, den Antizionismus, und wer den Antisemitismus, das heißt den Vernichtungswillen sowohl gegen die in diesem Staat lebenden als auch gegen die kosmopolitisch verstreuten Juden, nicht begriffen hat als das, was Antisemitismus wesentlich darstellt: den bedingungslosen Haß auf die Idee einer in freier Assoziation lebenden Gattung, der hat den Kommunismus nicht als das “aufgelöste Rätsel der Geschichte” begriffen.

***

Den Linken ist Israel vor allem deshalb ein Graus, weil dieser Staat und weil diese Nation nicht unter den Begriff der antikolonialen Revolution oder der nationalen Befreiungsbewegung subsumierbar sind: es sei denn, man wolle die durchaus terroristischen Aktionen eines Menachem Begin gegen die britische Mandatsmacht darunter fassen. Israel, die “tautologische Nation” (Bahamas), ist überhaupt eine Anomalie, die in kein geschichtsphilosophisches Schema und kein politisches Interesse paßt, weder in das der Bourgeois und ihrer Kopflanger noch in das der Linken und ihrer Theoretiker.

Wie hoffnungslos das Interesse an der Aufklärung und Emanzipation der menschlichen Gattung scheint, wie aussichtslos, geradezu auf Sand gebaut die Perspektive des revolutionären Ausgangs aus der so gesellschaftlich verschuldeten wie individuell verhärteten Unmündigkeit, das demonstrieren jene, deren Geschäft und ganzer Ehrgeiz in der Verewigung der falschen Gesellschaft besteht, gar nicht einmal zu allererst. Von ihnen, den Apologeten und ihren Soziologen, Nutznießern und Ideologen ist eh’ nichts anderes zu erwarten als das, was sie jeden Tag in der Frankfurter Allgemeinen als Theorie verlautbaren lassen, zum Beispiel am 11. März: “An den Kapitalismus zu glauben heißt letztlich nichts anderes, als an den Menschen zu glauben.” Oder an Persil. Der Satz ist so wahr und richtig wie nur noch der, wonach an den Feudalismus zu glauben in letzter Instanz bedeutet, an den Herrgott und seine Kirche zu glauben, hat aber die böse Pointe, das Kapitalverhältnis zu anthropologisieren. So leben die Menschen im Kapital, wie die Ameisen im Staat es tun: zutraulich, ganz unentfremdet und spontan. In ihrem legitimatorischen Interesse allerdings ist die FAZ mit der vollendeten Negativität des tatsächlichen Zustands intimer bekannt als die Linken, die Reform oder Revolution zu ihrem Programm erhoben haben.

Deren Berufung auf Gesellschaft, auf die Klassen, auf das Interesse wirkt nachgerade lächerlich. Um diese Diagnose zu stellen, genügt nicht nur ein flüchtiger Blick in das Schriftgut dieser Bewegung, wie die Blätter des IZ3W, Wildcat oder, für Hartgesottene, Analyse und Kritik. Es reicht schon hin, ihren Ikonen von Jutta Ditfurth über Claudia Roth bis Sarah Wagenknecht zuzuhören, wenn sie vom Nazifaschismus sprechen. Letztere weiß zum Beispiel, daß “es keine genetische und auch keine historische Erbanlage gab, die die ‘deutsche Nation’ zwanghaft und unausweichlich in den Faschismus und nach Auschwitz trieb. Noch hinter der irrsinnigsten Barbarei standen rationale (und nicht ‘nationale’!) Interessen. Krieg und Völkermord waren hochprofitabel; ‘Tod durch Arbeit’ sicherte Mehrwertraten nahe 100 Prozent.” Die Vorstellungen dieser Linken von einer Welt jenseits von Kapitalismus und Faschismus kommt dem entsprechend dann in der Frage zum Ausdruck, die in der Einladung zur diesjährigen BUKO Konferenz gestellt wird: “Wie finden wir etwas Besseres als die Nation?” So gefragt, kann die Antwort historisch nur sein: Das gibt es schon. Es ist das Volk. Denn wäre die Antwort eine andere, dann würde man über die Abschaffung von Nation, Staat und Geld reden, statt über neue Identitäten.

Wenn diese Linke über Israel schwadroniert, dann hört sich das nicht minder grausig an. Dabei liegt der Zusammenhang zwischen dem Antisemitismus und dem Vernichtungswillen gegen die zum Staat gewordene bürgerliche Gesellschaft der Juden, gegen Israel, eigentlich auf der Hand: Der sogenannte Antizionismus stellt nichts anderes dar als die geopolitische, globalisierte Reproduktion des Antisemitismus, das heißt die Erscheinungsform, die er in Weltmarkt und Weltpolitik nach Auschwitz annehmen muß. Der Antizionismus ist der aus den kapitalisierten Gesellschaften in die Welt herausgekehrte Antisemitismus. So ist Israel der Jude unter den Staaten; die Verdammung des Zionismus als eines “Rassismus” durch die UNO gibt es zu Protokoll. Das macht: die moralische Verurteilung der menschlichen Unkosten der Konstitution bürgerlicher Staatlichkeit allein am Beispiel Israels führt vor Augen, was die Welt der Volksstaaten vergessen machen will – daß die Zentralisation der politischen Gewalt über Leben und Tod keineswegs die natürliche Organisationsform der Gattung Mensch darstellt, sondern Ausdruck eben von Herrschaft und Ausbeutung. Dabei ist Israel – und das macht die Kritik an diesem Staat so perfide und muß deshalb immer wieder gesagt werden – der einzige Staat dieser Welt, der für sich eine nicht zu bezweifelnde Legitimität beanspruchen kann. Israel, das ist der ungleichzeitige Staat, der entstanden ist sowohl als Reaktion auf das Dementi aller Versprechungen der bürgerlichen Nationalrevolution, sowohl als Antwort auf den stalinistischen Verrat an der kommunistischen Weltrevolution als auch als zu spät gekommene Notwehr gegen den Massenmord an den europäischen Juden.

Was es den gutwilligen Linken, die den Antisemitismus zwar ablehnen und bekämpfen, aber doch an der israelischen Politik gegen den palästinensische Staatsgründungsversuch einiges auszusetzen haben, so schwer macht, die außenpolitische Darreichungsform des antisemitischen Vernichtungswillens auf seine kritischen Konsequenzen hin durchzubuchstabieren, liegt einerseits an ihrer Ignoranz in Sachen bürgerlicher Staatlichkeit, andererseits an ihrem Pazifismus, der sich zu einem revolutionären Antimilitarismus verhält wie Mahatma Gandhi zu Auguste Blanqui. Dieser Pazifismus mag, wo er in Ariel Scharon das Remake eines losgelassenen Chauvinismus nach Art des Hauses Franz Josef Strauß oder Edmund Stoiber erkennt, keineswegs auf sein Recht verzichten, wenn nicht am israelischen Staat als solchem, so doch gegen die Politik der israelischen Regierung Einwände zu erheben und Kritik zu äußern. Er regrediert damit auf den Standpunkt eines Pazifismus, der in etwa der Petra Kellys, Thomas Ebermanns und Horst-Eberhard Richters der Jahre 1982/83 sein dürfte. Daß man, wie die Flause heißt, das “Existenzrecht Israels” anerkenne, daß man aber die Regierungspolitik doch wohl dennoch kritisieren dürfe, das wiederholt den Sozialreformismus, dessen sich diese Bewegung schon immer befleißigte. Man tut so, als ob einem diese “Kritik” nicht jeden Morgen aus der Tageszeitung jeglicher politischer Ausrichtung gleichlautend entgegenquellen würde – ein Antisemitismus, der allein darin, daß er von sich behauptet, er wäre keiner, sich das gute Gewissen verschafft, das Deutsche heutzutage notorisch auszeichnet: Mein bester Freund ist Jude…

Dieser Reformismus legitimiert sich, indem er in der israelischen Friedensbewegung und deren Protagonisten wie Uri Avnery, Norman Finkelstein, Felicia Langer oder Moshe Zuckermann seinen Referenzpunkt entdeckt, bei Leuten also, die für Israel in etwa das bedeuten, was für die BRD der frühen Sechziger die Deutsche Friedensunion war. Die Identifikation des deutschen Pazifismus mit der israelischen Friedensbewegung beruht natürlich darauf, daß man so wenig wie von ihnen auch von Zuckermann, geschweige denn von Avnery oder Langer, je einen Satz über den Staat des Kapitals gehört hat und auch nicht über einen materialistischen Begriff der Massenvernichtung, der bei Zuckermann, der gerne sich Kritischer Theorie zurechnen möchte, sogar unter dem Titel “Zweierlei Holocaust” ins Multikulturelle schwappt.

Im Wesen Israels als des ungleichzeitigen Staates der Juden liegt es aber nicht nur, Reaktion auf den Verrat an Aufklärung und Weltrevolution, nicht nur, Notwehrversuch gegen den Nazifaschismus und Asyl zu sein. Sondern eben auch, daß die üblichen Muster der bürgerlichen Rollenverteilung – hier das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates im allgemeinen und dort die Personen, die die Regierungsausübung im besondern besorgen – für den israelischen Staates aufgrund seiner Konstitutionsbedingungen keine Geltung mehr hat. Was sich unter anderem darin zeigt, daß diese “Kritiker” der israelischen Regierungspolitik für den faschistischen Mob und die Behörden, die Selbstmordattentäter belohnen, Verständnis aufbringen (Folge von Besatzung und Ausbeutung), dagegen für den Versuch, die militärische Infrastruktur der Gegner Israels zu zerschlagen, am liebsten die Begriffe Auslöschung oder Ausrottung der palästinensischen Bevölkerung im Munde führen. Wie hinter der treudoofen Frage, ob es nicht möglich sein müsse, Spekulanten als das zu bezeichnen, was sie sind, ohne gleich als antisemitisch zu gelten, so verbirgt sich hinter der treulinken Frage, ob nicht auch in Israel, weil es sich auch dort um eine bürgerliche Gesellschaft handele, Faschismus möglich sei, die Erkenntnis dieser Fusion in verquerer und verschrobener Gestalt. Verquer, weil ja gerade erklärt werden sollte, wie Israel, dieser Fusion zum Trotz, eine parlamentarische Demokratie ist und bleibt; verschroben, weil diese Einheit von Staat und Regierung im Übergang von einem unerträglichen Alten (die Vernichtungsdrohung) zum noch nicht erreichten Neuen (die herrschaftslose Gesellschaft) ja doch den Inbegriff dessen ausmacht, was einmal als “Diktatur des Proletariats”, als Emanzipationsgewalt und organisierte politische Macht der Revolution, auch und gerade auf den roten Fahnen stand. In Anbetracht der Grundidee des Staates Israel, vor dem Hintergrund der linken Staatsmythen, betreffend die “Diktatur des Proletariats”, muß jede Beurteilung der Handlungen der Regierungsvertreter auch die völlig andere Qualität dieses Staates, verglichen mit allen anderen, deutlich werden lassen.

Nun soll gewiß nicht behauptet werden, Ariel Scharon sei der Lenin von Israel, aber die israelische Staatlichkeit speist sich, historisch wie strukturell, aus ihrem Wesen als parlamentarisch verfaßte und im Staat zusammengefaßte Emanzipationsgewalt. Es ist also nicht möglich, zwischen Herrschaft und Herrschaftsausübung in der Weise zu trennen, wie man es gemeinhin macht, wenn man sich fragt, ob der Schröder oder der Stoiber das Gemeinwesen besser verwalten werden. Vielmehr bekundet, wer in dieser Weise trennt, nicht nur sein Unverständnis für die Staatlichkeit der Juden, sondern auch einen mindest diskreten Antizionismus, etwa nach Art der diesjährigen Ostermärsche, die es duldeten, daß palästinensische Nationalwimpel mitgeführt wurden, oder nach Art der famosen Tute bianche, die zum Boykott israelischer Waren aufrufen, oder nach Art der eitel militanten operaistischen Gruppe Wildcat, die wirklich glaubt, Israel einer “Klassenanalyse” unterwerfen zu können – all dies Gewese verdrängt, daß Ariel Scharon, natürlich ohne es zu wollen, näher dran ist am Kommunismus als seine Kritiker, daß er, auf seine, ihm als General einzig mögliche Weise, den antifaschistischen Kampf führt als eine Art israelische Ausgabe von Buonaventura Durruti. Denn der Kommunismus, die staaten- und klassenlose Weltgesellschaft, verlangt, soll er gelingen, etwas Unmögliches: Rache für die Toten, für die Opfer der Barbarei; zugleich aber auch, daß niemand anders behandelt werde als nach seinem eigenen Maß: Gerechtigkeit für die Lebenden. Nur so ist der Kommunismus möglich als die gesellschaftlich bewahrheitete Maxime “Jedem nach seinem Bedürfnis, jeder nach seinen Fähigkeiten”. In dieser Perspektive ist Israel der bewaffnete Versuch der Juden, den Kommunismus lebend zu erreichen. Das müßte doch eigentlich gerade von Leuten verstanden werden, die vor nicht allzu langer Zeit noch von der Diktatur des Proletariats schwärmten, die sich dem Staatskapitalismus in der Sowjetunion, der DDR, Chinas oder gar Albaniens an den Hals warfen oder den national-völkischen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt. Heute scheint es, als ob sich all diese abstrusen Identifikationen auf die bedingungslose Unterstützung des palästinensischen Volkes gegen Israel konzentrierten.

Nach dem Untergang des Marxismus-Leninismus als Systemphilosophie wie Legitimationswissenschaft gibt es keinen “wissenschaftlichen Kommunismus” mehr. Der ist abgelöst von der nicht mehr wissenschaftlich, sondern so instinktiv wie intuitiv praktizierten Fähigkeit der Linken zur welthistorischen Spökenkiekerei. Es ist dabei die ontologische Setzung, die, wie schon im Marxismus-Leninismus, das problemlose Zusammenspiel von perspektivischer Wertung und empiristischer Deutung erlaubt: Keine der sklavisch verehrten Tatsachen gibt es, die nicht die vollständige Manifestation der Entfaltung des Wesens zu sich selbst wäre. Jeder gute Ideologe ist daher ein schlechter Hegelianer, der das Gefühl fürs Nicht-Identische abschneidet. Daß jede wirklich gute Ideologie aus diesem Ineinandergreifen und fugendicht sich Verzahnen von intuitiv-spontaner Illustration vermittels von Fakten, Fakten, Fakten einerseits, andererseits aus der Rationalisierung dieser Tatsachen zum logisch widerspruchsfreien System besteht, davon kann sich überzeugen, wer etwa die Stalinschen Statements zum Nazifaschismus studiert oder Claudia Roth auf Grünen Parteitagen hat sprechen hören. Weil Ideologie keine Kohärenz hat, ist sie gegen Kritik immun; weil sie jede Erfahrung des je Einzelnen ausschließt, kann sie unmöglich in einen Lernprozeß eintreten. Da die Ideologie das Denken an der Wurzel vernichtet, substituiert sie es durchs Kalkül aufs Interesse. Sie ist das, was Sigmund Freuds Psychoanalyse im paradoxen Bild des “unbewußten Bewußtseins” zu fassen suchte, eben das, was Karl Marx im Zusammenhang seiner Kritik des Fetischismus über den Zusammenhang von Warenform und Denkform darlegte.

Dies “unbewußte Bewußtsein” mag man sich vorstellen als den Schlafwandler, der über alle Abgründe hinweg sein Ziel ansteuert. In Europa allerdings ist es in alle Poren hinein antisemitisch. Ob Katholiken und Feudale, ob absolute Monarchen und bürgerliche Revolutionäre, ob Sozialdemokraten, Parteikommunisten oder Nazifaschisten, fintenreich trugen sie alle wie in Trance oder in absichtsvoll-manischer Wut das ihre dazu bei, dem gedankenlose Denken zur gnadenlosen Durchschlagskraft zu verhelfen.

Dagegen ist die Geschichtsphilosophie des Zionismus von ganz anderer Statur – und auch darin zeigt sich die historische Sonderrolle, die dem Zionismus zukommt: Die Geschichte konstruiert sich hier nicht als Zu-sich-selbst-Kommen des Wesens, sondern als der historische Zusammenhang der Katastrophen und als Abwehr der kommenden. Die Zionisten handeln, als hätten sie sich der Bewahrheitung der “Geschichtsphilosophischen Thesen” eines Walter Benjamin verschrieben. In dieser negativen Geschichtsphilosophie ist der Materialismus dem Zionismus verwandt, wenn er auch kontrafaktisch sich weigert, dessen These vom “ewigen Antisemitismus” sich anzueignen.

Der Haß auf den Zionismus hat viele Gründe, das heißt Vorwände. Sie penibel aufzuzählen, mag interessant sein, ist aber nicht von Interesse. So niederschmetternd es ist, aber es geht nicht darum, was beim Vorstoß der israelischen Armee ins Gebiet der Autonomiebehörde an Grausamkeit und Terror geschieht. Das ist der Krieg, von dem niemand je zu behaupten sich traute, er sei eine Kampagne von Amnesty International. Es geht vielmehr um das Verhältnis der “Fakten”, das heißt von Tränen, Blut und Tod, zu ihrer “Wertung”. Kein vernünftiger Mensch käme auf die Idee, aus dem fraglosen Leid der Bevölkerung von Dresden auf das historische Unrecht von Sir Arthur Harris zu folgern. Es geht auch nicht um Vergleiche, etwa um die Frage, was die Grausamkeit, die die syrischen, irakischen, iranischen Diktaturen gegen ihre eigene Bevölkerung in Szene setzen, angesichts der israelischen Militärstrategie bedeutet. Es geht auch nicht um die “fanatischen” Siedler, sondern es geht um die historische Legitimität und philosophische Dignität des Zionismus als der israelischen Nationalideologie, die die Staatlichkeit der bürgerlichen Gesellschaft der Juden nach Auschwitz wesentlich motiviert und organisiert. Und da hat noch Ariel Scharon von der Aufklärung und ihrer seit 1933 negativen Dialektik mehr verstanden als jene, die sich über die Menschenrechte eines “palästinensischen Volks” echauffieren, das sie erst zum Zwecke ihrer Projektionen sich konstruiert haben. Der jüdische Nationalismus ist der Egoismus von Leuten, die nicht mehr an die unsichtbare Hand glauben können, die den Egoismus ins Gemeinwohl übersetzen würde. Daß die militante Aufklärung die Gestalt Ariel Scharons und der Panzer der israelischen Armee annimmt, das heißt die historisch derzeit einzig mögliche Form, versetzt natürlich diejenigen in basses Erstauen und helle Empörung, die von der Aufklärung nur gerade den “Aufkläricht” (Ernst Bloch) behalten haben, der hinreicht, sich für das desaströse “Selbstbestimmungsrecht der Völker” ob proletarisch-sozialistisch à la Lenin, bürgerlich-demokratisch à la Wilson oder völkisch-nazifaschistisch à la Hitler zu engagieren. Es mag sein, daß die Juden ein “Volk” sind; Israel jedenfalls ist eine Gesellschaft.

***

Kein Nazifaschist hat je wirklich geglaubt, er bezöge die Ermächtigung seiner Ansprüche aus dem Teutoburger Wald; keiner seiner demokratischen Erben hat jemals tatsächlich gedacht, ihnen erwüchse Legitimität im Resultat des “Lernens aus der Geschichte”; niemals war ein Sozialist der Ansicht, es sei die famose “Befreiung der Arbeit” und nicht vielmehr das Recht auf Beute, was seine Politik im Interesse der Arbeiterklasse motivierte. Und keinesfalls erwächst den Palästinensern irgendein Recht aus der Tatsache, daß sie zuerst da waren. Einer Gesellschaft, der Hunger kein Grund ist zur Produktion, kann auch das Leiden kein Grund sein zur Solidarität. Es ist die Ideologie, die mit der Unmittelbarkeit des Leidens agitiert, die aus dessen fragloser Evidenz Sinn zu schlagen sucht, sei es im Sinne von Caritas oder Amnesty International, sei es im Sinne der Freunde des palästinensischen Volkes für den Israelhaß der Antisemiten wie für den Islamfaschismus dieses Volkes. Ariel Scharon jedenfalls, der Zionist und praktische Antifaschist, ist dem aufgelösten Rätsel der Geschichte näher als die deutsche Linke, deren “Antifaschismus” sich als Aufstand der Anständigen à la Gerhard Schröder oder als Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausagiert.

Einladungstext zum jour fixe im Sommer 2002

http://www.ca-ira.net/isf/beitraege/isf-kommunismus.israel.html

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Hamburg, den 3. Juli 2012 matthiaskuentzel.de

Michael Lüders und „die reichen New Yorker Juden“

Wie der Nahostexperte den Irankonflikt erklärt · Von Matthias Küntzel

Michael Lüders, der bei ARD, ZDF, RTL, SAT 1, 3sat, N24, n-tv, Spiegel-TV und sämtlichen ARD-Hörfunkanstalten als vielgefragter Interviewpartner agiert, präsentiert sich in seinem jüngsten Buch „Iran: Der falsche Krieg. Wie der Westen seine Zukunft verspielt“ (C.H. Beck-Verlag, München, Mai 2012) als Querdenker. Er stellt Gewissheiten in Frage, liefert unorthodoxe Argumente und etabliert im lockeren Erzählstil „Gegenöffentlichkeit“. Ein „exzellentes Buch“, schwärmt Franziska Augstein über den Band, der es bis in die TOP 50 der SPIEGEL-Bestsellerliste brachte. „Unbedingt lesenswert“ ruft uns auch Gemma Pörzgen im Deutschlandfunk zu.

Ich habe es gelesen und halte es ebenfalls für preisverdächtig – allerdings in der Kategorie „Märchenbuch“.

Lüders ist nicht nur Sachbuchautor, sondern schreibt auch Romane, wie seine Homepage verrät. In seinem Buch „Der falsche Krieg“ sind beide Genres vermischt: Was auf den ersten Blick wie ein profunder historischer Abriss erscheint, hält einer Quellenprüfung nicht stand.

Lüders‘ „Entdeckungen“

Lüders schreibt: Irans „Präsident Chatami hatte sich … in seinem Schreiben an Präsident Bush 2003 für eine Zweistaatenlösung in Palästina ausgesprochen. In Washington war man an seinem Gesprächsangebot nicht interessiert. Ahmadinedschad hat daraus auf seine Weise die Lehre gezogen: Mäßigung rechnet sich nicht.“ (S. 68)

Mir ist das Dokument, auf das Lüders hier anspielt, bekannt – es machte seinerzeit als „Guldimann-Memorandum“ die Runde und besteht aus einem Fax ohne Briefkopf und ohne Unterschrift, das der damalige Schweizer Botschafter Tim Guldimann an die amerikanische Regierung schickte.

Der Stellenwert dieses Fax-Dokuments ist unter Fachleuten umstritten. Doch selbst von jenen, die ihm große Bedeutung zuschreiben, kam bislang niemand auf die Idee, aus dem namenlosen Schreiben an das State Department einen Brief von Präsident Chatami an US-Präsident Bush zu machen.

Chatami hat dem Weißen Haus weder einen Brief geschrieben noch ein Gesprächsangebot unterbreitet. Niemals sprach er sich für eine Zweistaatenlösung in Palästina aus. Was Lüders hier als Fakt präsentiert, ist Fiktion; reine Phantasie.

Und weiter. Lüders behauptet: „Die russische Regierung (fand) im Januar 2006 einen Kompromiss mit der iranischen Führung, der einen Durchbruch hätte bedeuten können. Demzufolge wäre die Urananreicherung in Russland unter Aufsicht der IAEA erfolgt. Das spaltbare Material wäre den Iranern ,leihweise‘ zur Verfügung gestellt und anschließend wieder nach Russland verbracht worden. Präsident Bush lehnte diesen Vorschlag ab.“(63) „Die USA … verweigern sich … der Alternative, nämlich diese Anreicherung unter IAEA-Aufsicht im Ausland vornehmen zu lassen.“(85)

Eine erstaunliche Behauptung! Es gibt, wenn man die Dokumente und Berichte jener Zeit zugrunde legt, keinen Zweifel: Washington hatte den Moskauer Vorschlag ausdrücklich unterstützt. Teheran aber war zu keinem Zeitpunkt bereit war, seine Anreicherungsaktivitäten vollständig an Russland zu delegieren.

Hätte es den von Lüders behaupteten Kompromiss gegeben, hätten ihn die souveränen Staaten Russland und Iran verwirklichen können. Davon konnte aber keine Rede sein: „Bundesaußenminister Steinmeier (SPD) hat nach den ergebnislosen Atomgesprächen zwischen Iran und Russland von ,zwei sehr, sehr verhängnisvollen Signalen aus der iranischen Regierung‘ gesprochen“, berichtete am 10. Januar 2006 die Frankfurter Allgemeine. „Der russische Plan wurde von den USA, Europa und China unterstützt“, berichtete am 14. Februar 2006 die New York Times.

Lüders, der grundsätzlich keine Quellen benennt, hat auch hier Geschichte verfälscht: Bei ihm erscheint die Islamische Republik, die in Wirklichkeit blockierte, als kompromissbereit und Washington, das den Kompromiss unterstützte, als der Bösewicht, der erneut die Chance auf eine Einigung zunichtemachte. Kommen wir zum dritten Beispiel.

Lüders erklärte am 10. Mai 2012 in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur: „Die Entschlossenheit [zum Angriffskrieg gegen Iran] ist groß in Tel Aviv, es hat am 20. Januar, so berichtet die New York Times, schon startende Flugzeuge gegeben in Richtung Iran. Erst im letzten Moment wurden sie zurück gepfiffen aus Washington, weil man die Eskalation nicht wollte.“

Demnach hätte Anfang dieses Jahres um Haaresbreite ein Krieg begonnen. Doch warum hat niemand sonst auf der Welt davon gehört? Weil es sich erneut – Sie ahnen es bereits – um eine Erfindung unseres „Nahostexperten“ handelt; in seiner vermeintlichen Quelle – der New York Times – sucht man nach diesbezüglichen Hinweisen vergebens.

Wer weiter recherchiert, wird in Lüders Buch auf weitere als Tatsachen verpackte Fiktionen stoßen. Mich haben allerdings bereits die drei genannten Beispiele schockiert.

Lüders – mit dem ich gemeinsam auf dem Podium saß – ist ein Mensch, der sich wirkungsvoll als Garant „nüchterner Aufklärung“ und „sachlicher Information“ in Empfehlung bringt. Kratzt man an diesem Lack, entpuppt er sich als „Experte“, der es mit dem Baron von Münchhausen aufnehmen kann.

Natürlich darf Herr Lüders seine ganz eigene Meinung haben; er kann aber nicht seine ganz eigenen Fakten haben, selbst dann nicht, wenn er sich auf seiner Homepage als „Berater des Auswärtigen Amts“ und als „Lehrbeauftragter am Centrum für Nah- und Mittelost-Studien der Philipps Universität Marburg“ präsentiert.

Parteilich für Teheran

Merkwürdigerweise laufen seine „ganz eigenen Fakten“ immer auf dasselbe hinaus: Die iranische Politik erscheint in einem besseren Licht. Wie ein grüner Faden durchziehen seine Versuche, uns den Standpunkt Teherans plausibel zu machen, sein Buch. So beim Thema IAEA-Kontrollen:

Während die Weltgemeinschaft die Islamische Republik bedrängt, den Kontrolleuren der Internationalen Atomenergie-Agentur die Tore zu öffnen, sucht Lüders seine Leserschaft davon zu überzeugen, dass Teheran gut beraten sei, wenn es seine Tore weiterhin verschließt: „Die Inspektoren beobachten, sammeln Informationen und machen Fotos, für die sich anschließend die US-amerikanischen und israelischen Geheimdienste und Militärs interessieren. Das liegt offenkundig nicht im iranischen Interesse, also werden entsprechende Vorsichtsmaßnahmen getroffen.“ (82f)

Dessen ungeachtet geht auch Lüders davon aus, dass sich Teheran alle Komponenten einer Atomwaffen zu beschaffen sucht:

„Wäre es für Teheran eine strategische Option, die technischen Möglichkeiten zum Bau der Atombombe so schnell wie möglich zu erwerben, auf die Fertigstellung aber zu verzichten? Eindeutig ja“, antwortet der Autor. „Diesen Weg geht Teheran gegenwärtig, ohne dabei die rote Linie zu überschreiten. Nüchtern besehen würde die iranischen Führung fahrlässig handeln, fasste sie diese Option nicht ins Auge.“ (85)

Man beachte die Ermahnung, die Lüders hier nach Teheran schickt: „Fahrlässig“ handele Ahmadinejad, wenn er davon absähe, alle Komponenten „zum Bau der Atombombe so schnell wie möglich zu erwerben“. Aus seiner Identifikation mit der Bombenoption folgt Lüders Ablehnung von Sanktionen: Für ihn ist „die Sanktionspolitik gegenüber dem Iran … ein erkennbar falscher Schritt in die falsche Richtung.“ (126)

Gleichzeitig versucht Lüders den Eindruck zu vermitteln, dass es der Obama-Administration um die iranische Bombe gar nicht geht: „Selbst wenn die iranische Führung dem deutschen Beispiel folgen und aus der Atomenergie aussteigen würde, hieße es vermutlich: Die bluffen doch nur.“ (83)

In Wirklichkeit sei die iranische Atompolitik für Washington nur ein Vorwand: „Sie ist, wie erwähnt, ein Mittel zum Zweck, um den geopolitisch unliebsamen Störenfried zu isolieren, mit Hilfe von Sanktionen in die Knie zu zwingen und ihn in letzter Konsequenz militärisch auszuschalten.“ (79) Die Impulsgeber für diese amerikanische Politik vermutet Michael Lüders aber keineswegs im Weißen Haus, sondern in Jerusalem.

Seit Monaten, behauptet Lüders, „treiben die israelische Regierung, die Israel-Lobby und die noch immer nicht kriegsmüden Neokonservativen den Präsidenten [Barack Obama] in Sachen Iran vor sich her.“ Man sollte eigentlich annehmen, empört sich der Autor, die Weltmacht USA sei in der Lage, „Israel, einen Staat von der Größe Hessens, zur Räson zu rufen. Stattdessen wedelt der Schwanz mit dem Hund.“ (24)

Steuert Israel Amerika ?

„Der Schwanz wedelt mit dem Hund“ – diese putzige Metapher gefiel Lüders derart gut, dass er sie nicht nur im Text, sondern auch als Überschrift verwendet. Jeder weiß, dass dies nicht geht: Ein Schwanz kann ebenso wenig mit dem Hund wedeln wie ein Mini-Staat von der Größe Israels mit den 400 Mal so großen Vereinigten Staaten von Amerika.

Was im realen Leben keine Chance hätte, funktioniert jedoch seit Jahrhunderten als verschwörerische Phantasie. Diese Phantasie besagt, dass Juden, die gerade einmal 0,2 Prozent der Weltbevölkerung stellen, selbst noch einer Weltmacht wie den USA ihren Willen und ihren Krieg aufzuzwingen vermögen.

„Die reichen New Yorker Juden üben eine Menge Druck auf die Entscheidungsträger aus“ kolportiert Michael Lüders und leitet daraus die Kernthese seines Buches ab: „Der Krieg gegen den Iran ist in erster Linie Israels Krieg. Israels Führung und die Israel-Lobby wollen ihn.“ (92)

Schon in der Mitte der Neunzigerjahre sei es, so Lüders, dem „Wirken der Israel-Lobby“ zuzuschreiben gewesen, dass US- Präsident Bill Clinton mit „einer Politik der Konfrontation“ vis-a-vis Iran begann. „Auf Initiative der Israel-Lobby“ habe man 1995 Handelsbeschränkungen gegen Teheran verfügt.

Damals sei es „mit Hilfe der Israel-Lobby“ auch gelungen, „das aus drei Versatzstücken bestehende Mantra zur Dämonisierung Teherans durch(zusetzen). … Erstens: Iran unterstützt Terrorgruppen. Zweitens: Iran greift nach der Atombombe. Drittens: Iran sabotiert den Friedensprozess“ im Nahen Osten. (53f)

Ein „Mantra zur Dämonisierung Teherans?“ Wenn Lüders schreibt, dass „der Iran sein Kernwaffenprogramm im Dezember 2003 in aller Stille ein(stellte)“ (62), geht er offenkundig selber davon aus, dass Teheran während der Neunzigerjahre an der Bombe baute.

Lüders hätte mit geringem Aufwand auch die anderen beiden Punkte jener angeblichen Dämonisierung: – „Unterstützung von Terrorgruppen“, „Sabotage des Friedensprozesses“ – verifizieren können. Auf das „wahr“ oder „falsch“ einer Aussage kommt es ihm aber nicht an. Er geißelt stattdessen die „Dämonisierung Teherans“ als Vorbereitung für den Krieg: „Jedem Krieg geht bekanntlich die Dämonisierung des Gegners voraus.“ (14)

Wer das Brett vor dem Kopf für einen Moment beiseitelegt, wird erkennen, dass Bill Clinton die Politik der Mullahs in allen drei Punkten zutreffend kritisierte. Er wird feststellen, dass die von Clinton eingeleiteten Handelsbeschränkungen den Versuch darstellten, eine Verhaltensänderung Teherans ohne Einsatz von Gewalt zu erreichen.

Noch schlimmer als seinen Vorgänger Bill Clinton soll es heute aber den Demokraten Barack Obama erwischt haben: Dieser habe die „Machtprobe“ mit der Israel-Lobby „unmissverständlich verloren.“ (24)

Doch auch Kanzlerin Angela Merkel werde sich der jüdischen Allmacht, die Lüders beschwört, nicht entziehen können: „Die Bundesregierung (wird) im Kriegsfall kaum eine andere Wahl haben als den Wünschen Tel Avivs zu entsprechen“ (139) – ein Aussage, die genauso gut von Mahmoud Ahmadinejad sein könnte.

Den Weltkrieg entfesseln

„Der Irankrieg ist, wie ausgeführt, wesentlich Israels Krieg“, behauptet Lüders. Warum aber sollte das kleine Israel gegen den achtzigmal so großen Iran mit seiner zehnmal so großen Einwohnerzahl Krieg führen wollen?

Jedenfalls nicht, weil die israelische Führung die Kombination von iranischer Vernichtungsandrohung und iranischer Bombe als eine ernsthafte Gefahr für das eigene Land betrachten würde – diese Möglichkeit schließt Lüders aus. Mehr noch: er bezeichnet derartige Sorgen als Zwangsvorstellungen – als „die israelische Obsession mit dem Iran“ (95).

Er räumt zwar ein, dass die „unverantwortliche Rhetorik“ Ahmadinejads „zu Missverständnissen geradezu einlädt“. Richtig verstanden sei das Ziel der „Hardliner in Teheran“ aber „nicht die ,Vernichtung‘ Israels, sondern ein neu zu schaffender Staat ,Palästina‘ ohne jüdische Vorherrschaft über Araber und Muslime“(67) – also: gar nicht so schlimm und gar nicht so schlecht…

Doch gerade deshalb, weil die Führung Israels keinen Frieden mit den Palästinensern wolle, gerade deshalb habe sie den Krieg gegen Iran auf die Tagesordnung gesetzt: „Die Ultranationalisten in Israel sind auf einen äußeren Feind geradezu angewiesen. Andernfalls wären sie gezwungen mit ihren Nachbarn Frieden zu schließen, allen voran den Palästinensern.“ (164)

Damit ist das Lüders‘sche Narrativ komplett: Israel will keinen Frieden mit den Palästinensern und setzt, um von der Palästinafrage abzulenken, das Hirngespinst einer iranischen Bedrohung in die Welt. Als nächstes mobilisiert es „die reichen New Yorker Juden“, um die USA mit in den Krieg zu ziehen.

Die Ratio dieses Krieges hat nichts mit defensiven Motiven, sondern allein mit „Geopolitik, Vorherrschaft – und … Ideologie“ (19) und damit zu tun, „die Regionalmacht Iran, den einzigen Staat neben Syrien im weiten Raum zwischen Marokko und Indonesien, dessen Politik nicht pro-westlich ausgerichtet ist, in die Schranken zu weisen.“ (14)

Für dieses Ziel sei Israel bereit „das Land [Iran] mit Krieg zu überziehen“ „ein(en) regelrechte(n) Zivilisationsbruch“ zu begehen (127), „den Nahen und Mittleren Osten in Brand zu setzen“(8) und ein „Chaos“ von solchen Ausmaßen zu stiften, „dass westliche Politik auf lange Zeit nur noch damit beschäftigt wäre, die vielen Brände zu löschen.“(134)

Lüders‘ apokalyptische Warnung ist nicht neu. Sie variiert eine Melodie, die bereits in einem älteren Alarmbuch – den „Protokollen der Weisen von Zion“ von 1905 – erklang. Die „Juden“, heißt es in diesem Klassiker, werden, „sobald ein nichtjüdischer Staat es wagt, [ihnen] Widerstand zu leisten, … den Weltkrieg entfesseln.“ Eine abgemilderte Variante popularisierte Günter Grass: „Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden.“

Persönliche Kontakte und kulturelles Know-How

Man wundert sich über die Parteilichkeit, mit der Lüders den demokratischen Staat Israel bezichtigt, einen Angriffskrieg übers Knie brechen zu wollen, während er die iranische Diktatur gegen alle angeblichen Versuche, sie zu „dämonisieren“, verteidigt.

Eine mögliche Erklärung für diese Schlagseite liefert Lüders Tätigkeit als Wirtschaftslobbyist. Der Autor ist stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Orientstiftung und Beiratsmitglied des Nah-und Mittelostverein NUMOV. NUMOV zum Beispiel hat sich wiederholt für eine Ausweitung der Wirtschaftsbeziehungen mit Iran engagiert. Kann es da erstaunen, dass der NUMOV-Funktionär Michael Lüders Iran-Sanktionen ablehnt und – großartig „unorthodox“! – vor einer „Dämonisierung“ der Mullah-Diktatur warnt?

Lüders bestätigt sich aber nicht nur im Rahmen von Verbänden, sondern auch ganz persönlich als Lobbyist. Er begleitet „Firmen aus dem deutschsprachigen Raum, die sich im Nahen und Mittleren Osten engagieren oder bestehende Geschäftsfelder erweitern möchten“, erfahren wir von seiner Homepage.

Trotz der „traditionell guten Beziehungen Deutschlands zu den nahöstlichen Staaten“ sei es „nicht immer einfach, in der Region Fuß zu fassen“, schreibt er hier. „Persönliche Kontakte und kulturelles Know-How sind entscheidend, um im Wettbewerb mit anderen Anbietern zu bestehen. Diesen Vorteil garantiert Ihnen die Nahostberatung von Michael Lüders.“

Von mir aus darf Herr Lüders sein Geld verdienen, wie er will. Bemerkenswert aber ist, dass der C.H.Beck-Verlag vergaß, die interessengebundenen Tätigkeitsbereiche seines Autors auf dem Buchdeckel zu erwähnen.

Bei Lüders sind nicht nur Fiktionen und Fakten sondern auch Berufsinteressen und „Expertisen“ vermixt. Ihn als „Nahostexporten“ vorzustellen, ohne seine Berufstätigkeit als Nahost-Wirtschaftslobbyist zu erwähnen, kommt einem Etikettenschwindel gleich. Das ist, als würde man einen Sheikh Ali Reza Attar als „Iranexperten“ in die Fernsehstudios einladen, ohne zu erwähnen, dass er von Beruf der Botschafter Irans in Deutschland ist.

Hätte, um ein Beispiel zu nennen, Klaus Staeck als Präsident der Berliner Akademie der Künste den Wirtschaftslobbyisten Lüders zur Mitgliederversammlung eingeladen, um über das Gedicht von Günter Grass und „über die Sicherheitslage zwischen Israel und Iran zu sprechen“? Wohl kaum. Den „Querdenker“ und „Nahost-Experten Michael Lüders“ zum Vortrag einzuladen, war demgegenüber kein Problem. (ZEIT-Online, 7. Mai 2012).

Dieses biographische Detail kann das positive Echo auf Lüders Buch freilich nicht erklären. Ich habe bislang lediglich eine einzige kritische Rezension gesehen (Stephan Grigat, Der Günter Grass der Politikwissenschaft, in: Jungle World, 7. Juni 2012)

Die Begeisterung dominiert. „Man würde dem Buch wünschen, dass es die Köpfe von Millionen meiner Mitbürger erreichen möge“, schwärmte Rupert Neudeck. Daniel Haufler (Berliner Zeitung) gab dem „brillanten Buch über den Irankonflikt“ die Auszeichnung „besondere Empfehlung“ auf der SZ/NDR-Bestenliste von Juni 2012, während es die Tageszeitung „junge Welt“ als „das derzeit wichtigste Antikriegsbuch“ rühmte.

Sein Buch trifft und verstärkt eine Stimmung, bei der sich das im Ausland als „German Angst“ beschriebene Phänomen mit dem tief eingefleischten Anti-Israelismus der deutschen Linken trifft.

Die Angst vor Krieg verwandelt sich in Wut – nicht in jedoch in eine Wut auf die Mullahs, die die Region umkrempeln und Israel beseitigen wollen. Sondern in unreflektierte Wut auf eben jene, denen es in den letzten 2000 Diaspora-Jahren immer schon verboten war, sich gegen Drohungen und Angriffe zu wehren.

Natürlich ist eine Debatte über die Frage, wie sich die iranische Atombombe noch verhindern lässt und welche produktive oder kontraproduktive Rolle ein Militäreinsatz hierbei spielt, notwendig und legitim. Von Lüders (wie von Grass) wird diese Debatte boykottiert. Hier werden keine Argumente abgewogen, sondern Gewissheiten geleugnet und Ressentiments mobilisiert.

http://www.matthiaskuentzel.de/contents/michael-lueders-und-die-reichen-new-yorker-juden?print=y

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Von deutschem Elend

Sonntag, 11. Januar 2015  Geschrieben von Lizas Welt

 

Fragmentarische Gedanken zu Abendländlern, Islamisten und Linken aus gegebenen Anlässen

Der Artikel macht deutlich: Nach dem Terror von Paris steht in den öffentlichen Reaktionen hierzulande nur die Warnung vor einer wachsenden Islamfeindlichkeit im Mittelpunkt. Der antisemitische Islamismus dagegen ist – und daran ändern auch die zahlreichen Beteuerungen, ebenfalls »Charlie« zu sein, nichts – nur insoweit ein Thema, als man es sich verbittet, dass »Pegida« die Bluttaten in der französischen Hauptstadt instrumentalisiert.

Wieder einmal tut man – und das angesichts der neuerlichen mörderischen Bluttat der Islamisten in Paris – so, als sei die Gefahr, die vom politischen Islam als totalitärer Ideologie ausgeht, ansonsten vernachlässigenswert. Bezeichnend ist auch, wie wenig über die jüdischen Opfer gesprochen wird, die es in dem koscheren Supermarkt in Paris gab. Nach einem Tag waren sie vergessen. Dabei hatte der islamistische Attentäter sich dieses jüdische Geschäft ganz gezielt ausgesucht, wie er selbst sagte : »Ja. Die Juden. Wegen der Unterdrückung, vor allem des ›Islamischen Staats‹, aber überall. Es ist für alle Gegenden, wo Muslime unterdrückt werden. Palästina gehört dazu.« Auch das hätte ein Anlass zu sein, eher vor Judenfeindlichkeit zu warnen als vor Islamfeindlichkeit, zumal nach den antisemitischen Aufmärschen des vergangenen Sommers. Dass man den Skandal der Dauerbedrohung jüdischen Lebens in Europa hinnimmt, ist „eine der Wurzeln des Nachtschattengewächses Terrorismus. Kaum jemand schien zu verstehen, dass es nicht nur darum geht, jüdische Menschen und Einrichtungen mit Polizeistreifen zu beschützen, sondern dass die Notwendigkeit für diesen Schutz das eigentliche Problem ist. So wie das eigentliche Problem am islamischen Terrorismus nicht die Qualität der Abwehrmaßnahmen dagegen ist, sondern dass diese Maßnahmen nötig sind.“ (Lizas Welt)

Heinz Gess

http://www.kritiknetz.de/index.php/beitraege-anderer-webseiten/1286-von-deutschem-elend

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Gegen Antisemitismus im Alternativmilieu!
Gegen die antizionistische Propaganda-Zentrale im Jos Fritz-Café!

 

Traum

An einer Wand im Gaza-Streifen steht die Parole „Frei- heit, Demokratie, Laizismus“. Ihr fühlt sich der Aufstand der Menschen in den palästinensischen Gebieten verpflichtet. Seit Monaten streiken sie und gehen auf die Strasse. Die Frauen haben ihre Schleier abgelegt, die Männer, die sich ihrer Bärte entledigt haben, rufen nicht „Allahu akbar“, sondern „Freiheit!“. Einige Monate hat die Revolte gebraucht, bis zunächst die Führungsriege der Fatah aus dem Westjordanland nach Paris, später die der Hamas nach Teheran geflohen ist. Die zweite Reihe in diesen Banden hat es mit Über- gangsregierungen versucht, doch die Palästinenser hatten ein für allemal genug von korrupten Herrscher- cliquen und islamischen Tugendwächtern – nach schwe- rem Kampf haben sowohl Hamas als auch Fatah ihre Waffen abgegeben, die Reste ihrer Anhänger das Land verlassen. Aus dem „Café Palestine“ in Ramallah wurde der Tanzclub „Freedom“, der an diesem Sonntag Abend seinen Beitrag zur Überwindung der von Banden und Familienclans regulierten sexuellen Verhältnisse mit der ersten palästinensischen Singleparty leistet. Israel, das der Revolte anfangs skeptisch gegenüberstand, hat Hilfe bei der restlichen Entwaffnung angeboten und disku- tiert derzeit, in absehbarer Zukunft die Mauer, die das Kernland von den palästinensischen Gebieten trennt, einzureißen:

Wird doch der Grund des Zauns mit der Auflösung und Entwaffnung der Terrorbanden hinfällig. In Europa lag eine solche Lösung des „Nahost-Konflikts“ ausserhalb der Kategorien, weshalb man sorgenvoll vor „Instabilität“ und „Machtvakuum“ warnt und anson- sten – wie immer – den Dialog beschwört. Die Palästinenser haben ihre Zukunft selbst in die Hand genommen, sie sind dabei, die Bedingungen zu schaffen, das politische und ökonomische Elend abzuschaffen.
… und Wirklichkeit

Leider entspricht nichts von dem der Realität: Die Parole steht nicht in Gaza-Stadt, sondern in Tunis, und zumindest so ähnlich scheinen sich die Ereignisse in Tunesien in den letzten Wochen zugetragen zu haben.

Gewiss, Vergleiche hinken immer; sage aber keiner, dass es auch nur irgendeinen Grund gäbe, warum ähnliche Ereignisse wie in den nordafrikanischen Staaten Tunesien oder Agypten nicht auch im Gazastreifen und im Westjordanland grundsätzlich möglich waren.

Ereignisse wie die beschriebenen – die sich eben nicht einfach ereignen, sondern von Menschen gemacht wären es, die die Bedingungen dafür schaffen würden, dass das Elend der Palästinenser endlich ein Ende finden kann. Ein Elend, das ihren arabischen „Freunden“ der Nachbarländer schon deswegen von Interesse ist, weil sie nur so als vorzeig- und einsetzbare Manövriermasse gegen Israel verwendbar sind.

  • Der bedeutende Faschismus-Theoretiker Gilad Atzmon auf der Stuttgarter Palästina-Konferenz im November 2010
  • „I believe that from certain ideological perspective, Israel is actually far worse than Nazi Germany, for unlike Nazi Germany, Israel is a democracy and that implies that Israeli citizens are complicit in Israeli atrocities.“
  • http://dissidentvoice.org/2011/02/truth-in-stuttgart/

Ein Elend aber auch, für das sich weite Teile der Palästinenser entschieden haben, als sie die Hamas wählten. Der Krieg gegen die Juden, gegen homosexu- elle Palästinenser, gegen Frauen, die nicht nur ihren Ehe- mann, sondern sogar ihren Freund oder Sexualpartner selbst wählen wollen, gegen so genannte Kollaborateure war ihnen wichtiger als die Freiheit und die Überwindung des Elends. Kein Landstrich dieser Erde, in dem es pro Kopf mehr Morde im Namen der Ehre gibt.

Doch während man darüber im „Café Palestine“ in Ramallah nur hinter vorgehaltener Hand reden kann – aus Angst vor den herrschenden Mörderbanden und ihren zahlreichen Anhängern –, schweigt man sich im „Café Palestine“ in Freiburg darüber ganz bewusst aus. Aus sicherer Distanz lässt man sich gerne und am liebsten von des Antisemitismus unverdächtigen Israelis erklären, dass die Palästinenser die letzten Opfer Hitlers seien, die Israelis also die Fortsetzung des Holocaust betreiben würden (so Gilad Atzmon, Gast des „Café Palestine“ am 13.3.2011, im ARTE-Interview). So et- was hört man in Deutschland gern, kann man seinen Judenhass doch problemlos als Antifaschismus verkleiden und sich selbst – ,gerade und vor allem als Deutscher‘ – als Weltrichter über die Juden und ihren Staat gewordenen Selbstverteidigungsversuch moralisch er- heben. Für das Elend der Palästinenser interessieren sich deren ungefragte Freunde immer nur, wenn man Israel dafür verantwortlich machen zu können glaubt. Dass die arabischen Israelis arabische Parteien in der Knesset wählen können und sich Bürgerrechten erfreuen, für die in anderen arabischen Staaten mit blutigen Folgen demonstriert wird, das wird man im „Café Palestine“ nie zu hören bekommen – auch nichts über die Geschichte der Palästinenser in den arabischen „Bruderstaaten“ Syrien, Jordanien und Libanon und auch nicht, warum die Palästinenser ihren Staat zweimal, als sie ihn hätten haben können, nicht wollten und es stattdessen vorzogen, den Krieg gegen Israel weiterzuführen.

Wo man weder zur Kenntnis nehmen will, dass Israel die Freiheiten, die sich die Palästinenser so drin- gend gegen ihre eigene Führung erkämpfen müssten, für seine eigenen Bürger eben militärisch gegen die Feinde der Freiheit verteidigen muss, noch sich für das Elend in Ländern interessiert, für das man Israel trotz allen bösen Willens nicht verantwortlich machen kann, ent- puppt sich die angebliche „Aufklärung“ über die Lage der Palästinenser als nur schlecht kaschierter Antisemitismus.

Während es in den vergangenen Jahrzehnten in der Linken noch umständlicher Klassenanalysen bedurf- te, damit die Antiimperialisten Israel als „Kettenhund des Kapitals“ beschimpfen durften, verzichtet der Antisemitismus heute auf ideologische Verrenkungen und zeigt seine völkische Blut- und Boden-Ideologie ganz offen.

Palästina den Palästinensern, denn schliesslich konnten die Juden „auf kein Territorium verweisen, das gewis- sermaßen das Kernland des Volkes darstellt.“ (CP-Re- ferent Werner Ruf). Nicht der Staat, sondern das Volk ist den heutigen „Friedensfreunden“ die Quelle allen Rechts und daher geht es auch mit dem Völkerrecht gegen Israel – ungeachtet der Tatsache, dass es ein Völkerrecht erst dann geben kann, wenn souveräne Staaten dies konzedieren. Aber die Souveränität Israels als bewaffnetem Schutz der Juden gegen den mörderischen Antisemitismus in der Welt ist den Palästinafreunden ein Dorn im Auge. Sie gerieren sich als Vertriebenenverbände, die mit dem geforderten Rückkehrrecht aller 4,7 Mio. palästinensischer „Flüchtlinge“ das Ende Israels als jüdischem Staat herbeisehnen.

Es ist jener Hass auf die Freiheit, die man sich selbst nicht nehmen lässt – kaum würden sich europäi- sche Palästina-Freunde gerne zwangsverheiraten, be- schneiden und ehrenmorden oder als „Kollaborateure“ aufgrund ihrer Kontakte zu Israelis töten lassen –, aber den Palästinensern verweigert. Aus der sicheren Ent- fernung wird die „Kultur“ der Palästinenser abgefeiert und man stimmt sich durch Vorträge auf die Grundma- xime all derer ein, die das „Schicksal“ der Palästinenser nicht ändern, sondern verewigen wollen: Dass die Juden und ihr Staat das Unglück seien, wie es die Feinde der Freiheit in Palästina und Europa, mögen sie sich Links-Partei, Hamas oder Café Palestine nennen, im- mer wieder aufs Neue propagieren – mit freundlicher Unterstützung der selbsternannten Verteidiger der Meinungsfreiheit, ohne die solche Propagandaveranstaltungen unmöglich wären. Deswegen kann die Forderung nur lauten:

Boykottiert das Café Palestina!

Das Café Palestine trägt seinen Namen ganz zu Un- recht. Angemessener wäre Café Anti-Israel, denn Inhalt und Ziel seiner Veranstaltungen ist die Denunzia- tion Israels, wie dessen bisherige Aktivitäten und Vorträge zeigen. Die in Freiburg gezeigte Ausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser“ denunziert mit offen manipulativen und propagandisti- schen Mitteln Israel als Aggressor im Nahen Osten. Während für Palästinenser „Menschenrechte für alle“

(Gabriele Weber, Organisatorin des CP) reklamiert werden, bleiben palästinensische Angriffe auf Juden, die offen ausgesprochene Vernichtungsdrohung sei- tens der angrenzenden arabischen Staaten, die 1948 in der Ankündigung eines „zweiten Holocausts“ durch die arabische Liga gipfelte, unerwähnt. Über die dominierenden politischen palästinensischen Kräfte wie El Fatah und Hamas und ihre antisemitische Ideolo- gie wird kein Wort verloren und damit ergreift das Café Palestine Partei für politische Kräfte, die für Raketenangriffe und Terroranschläge auf Juden verantwortlich sind.

Geradezu zwanghaft wiederholen die Vertreter des Café Palestine – im Einklang mit der Mehrheit der deutschen Presse – die Notwendigkeit einer „Kritik“ an Israel und stilisieren sich als David im Kampf gegen eine übermächtige Propadanda- und Manipulationsmaschinerie. Im Vorwurf, die „Israel- lobby“ (Gabriele Weber) würde Gegner mundtot machen, west der antisemitische Wahn der Weltverschwörung des Weltjudentums fort.

Ihre Propaganda gegen Israel legitimieren die Vertreter des Café Palestine über eine Schuld- abwehr. Deutschland habe den Opfern des Holocausts „Wiedergutmachung“ zukommen lassen (Hedy Epstein, Schirmherrin der Ausstellung) und sich mit seiner „Vergangenheit“ vorbildlich ausein- andergesetzt (Ingrid Rumpf, Ausstellungsmacherin), woran sich Israel ein Beispiel nehmen solle. Diese unerträgliche Instrumentalisierung der Nachgeschichte der Judenvernichtung dient allein dem Zweck, endlich als Deutsche über Israel richten zu dürfen. Der Versuch, Israel als faschistischen Staat darzustellen, wird auch in der Sprachwahl deutlich.

So ließ die Referentin Viktoria Waltz verlauten, zio- nistischen Kreisen sei es darum gegangen, Teile Palästinas „araberrein“ zu machen. Und natürlich betreibe Israel das Projekt eines „menschlichen, kul- turellen und geografischen Genozids“. Und so heißt es heute auch nicht mehr: „Kauft nicht bei Juden“, sondern am Büchertisch des Café Palestine: „Israe- lische Produkte – Nein Danke!“

V.i.S.d.P.:

Initiative Sozialistisches Forum, Wilhelmstr. 15/5, 79098 Freiburg, www.isf-freiburg.org, info@isf-freiburg.org

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„Hitler good – killed Jews“ – Kai Wiedenhöfers palästinensische Freunde und – die Diffamierung der Juden als die Nazis von – heute
Der Fotograf Kai Wiedenhöfer (Jg. 1966) möchte in Berlin auf den längsten erhaltenen Teil der Berliner Mauer Bilder des israelischen Antiterrorzaunes kleben und so seine Ausstellung „Wall-on-Wall“ begründen. Er nennt das Kunst, während es eine irreführende politische Propagandaaktion der übelsten Art ist, die Unvergleichbares gleichsetzt und mit der – wieder einmal – Hass gegen den Judenstaat und jene Bürger hierzulande, die für die politische Emanzipation der Juden eintreten, geschürt wird
Während die Nazis einst wirkliche avantgardistische Kunst, die die grauenvolle Wahrheit des kommenden Unheils ahnungsvoll ins Bild setzten, als zersetzende, entartete jüdische Kunst verboten, scheut man heute – wohl nur aus taktischen – Gründen noch vor dem Verbot solch dissonanter, avantgardistischer Kunst zurück, es sei denn man weiß den (islamischen) Mob und seine Führer hinter sich, wendet dafür aber alle politischen Mehrheitsbeschaffungstricks an, die ästhetisch ein wenig aufgemotzte Propadandalüge vom “ Juden“ als dem „eigentlichen Nazi“, der es doch besser wissen müsste, zur Kunst zu erklären, damit man ihn, der sich neuerdings – angeblich „völkerrechtswidrig“ – erdreistet, in einem eigenen Staat leben zu wollen, ins Unrecht setzen und seinen Mördern, die den Judenmord zum nachlesbaren Programm gemacht haben, mit der „Freiheit des Künstlers“ Sukkurs geben kann.

So ganz neu ist auch das nicht. Die ästhetisch dargebotenen Propagandalügen der Riefenstahls und Brekers wurden ja seinerzeit auch zur Kunst ernannt, und viele Deutsche halten sie noch heute dafür. Vielleicht finden die Berliner politischen Vertreter dieser „Kunstrichtung“ auch im „Stürmer“ noch einige Karikaturen, die in ihrem Sinne als Kunst durchgehen können und im Sinne von Wiedenhöfer auf die derzeitige Situation passen. Denn es ist ja bekannt, dass der palästinensische Mufti von Jerusalem seinerzeit mit dem Führer, der Deutschland war, paktierte, um das Völkerrecht des Urvolkes gegen die das „Urrecht“ des Volkes zersetzenden Juden mit der defintiven Vernichtung dieses Volksfeindes durchzusetzen und er deshalb so begeistert war von der nationalsozialistischen „Endlösung der Judenfrage“. Da wird sich doch bei sorgsamer Durchsicht ein „Kunstwerk“ und Text finden lassen, die der Fotograf und Texter auf die Mauer projizieren kann, weil es auf die heutige Stuation passt, in der Israel abermals von Vernichtung bedroht ist, und damit zusammenwächst, was zusammengehört Ich habe da keinen Zweifel.
Clemens Heni schreibt dazu: „Das politische Weltbild, die Ideologie Kai Wiedenhöfers ist evident. Er ist stolz auf seine schwäbisch-protestantische Herkunft, er lässt Palästinenser unkommentiert davon reden, dass es gut gewesen sei, dass Hitler die Juden ermordete, ja rechtfertigt diese Sicht ganz gezielt, bewusst und explizit, wenn er im Anschluss an diese eklige Diffamierung sagt, dass die „eingepferchten Palästinenser nicht über den Zaun ihres Homelands Gaza schauen können.“ Palästinenser werden demnach von Israeli wie Tiere behandelt („eingepfercht“). In schuldprojektiver, geradezu paradigmatischer Art und Weise werden bei Wiedenhöfer die Juden zu Tätern, die sich der gleichen Methoden bedienten wie damals die Nazis bzw. die Deutschen im Nationalsozialismus. „Homeland“ wiederum hießen bekanntlich die Gebiete für die Schwarzen im Apartheidstaat Südafrika. Israel so eindeutig mit Südafrika gleich zu setzen ist antisemitisch. …
Der Fotograf und Texter generiert antiisraelische und antisemitische Ideologeme. Jede und jeder, die oder der mit ihm eine Ausstellung machen, wissen nun, dass es nicht die „Freiheit der Kunst“ ist, um welche es bei der geplanten antiisraelischen Fotoausstellung an der Berliner Mauer an der Mühlenstrasse in Berlin geht. Es geht um Hass auf Israel, weshalb Wiedenhöfer auch zu Hause bei sich das antijüdische Gedicht von Erich Fried herumhängen hat, welches die Juden als die Nazis von heute diffamiert.
Diese Töne sind jene des neuen Antisemitismus. Der Antiisraelismus ist der Antisemitismus nach Auschwitz. Kai Wiedenhöfer, Adrienne Goehler (als Kuratorin) und das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg unter der Leitung von Dr. Franz Schulz (Bündnis 90/Die Grünen) sowie die Mehrheit der Bezirksverordnetenversammlung wollen demnach mit der geplanten Ausstellung „Wall-on-Wall“ diesem Antisemitismus Vorschub geben.
Sie wissen was sie tun.“ Clemens Heni hat Recht, so unfassbar das auch ist: Sie wissen es! Aber sie können nicht aufhören, sich und ihre Eltern/ Großeltern ins Recht zu setzen. Ihr selbstgerechter (kollektiver) Narzissmus – „Du bist Deutschland“- verwindet es nicht. Deshalb muss der Antisemit, wenn er schon zugibt, dass er oder die Seinen Unrecht hatten, dem Juden wenigstens die Schuld geben.Heinz Gesshttp://www.kritiknetz.de/index.php/antizionismusundantisemitismus/47-hitlergoodkilledjewskaiwiedenhoeferspalaestinensischefreundeunddiediffamierungderjudenalsdienazisvonheute Link zum Artikel (PDF): “ „Hitler good – killed Jews“ – Kai Wiedenhöfers palästinensische Freunde und – die Diffamierung der Juden als die Nazis von – heute“. Klicken Sie bitte hier.
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Der „neue Antisemitismus“ – altes Gift mit neuem Etikett
Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrates der Juden, hat in seiner ausgezeichneten
Rede in der Gedenkstunde zum 9. November in der Paulskirche der deuschen Linken Antisemitismus vorgeworfen. Daraufhin haben die Vertreter dieser Partei die Feierstunde verlassen.
Ich veröffentliche im folgenden die Rede Dieter Graumanns, damit Sie als Leser sich selbst ein Urteil darüber bilden können, ob die Feststellungen Baumanns „abstrus“ sind oder diese Linke nur borniert, ideologisch verblendet und völlig kritiklos gegenüber der eigenen Parteilinie ist.
Außerdem dokumentiere die Rede Dieter Graumanns „Der ’neue Antisemitismus‘ – altes Gift mit neuem Etikett“ aus dem Jahre 2004. Denn vielleicht ist der beleidigte Auszug der Linkspartei nur eine verspätete Racheaktion auf diese Rede.
Sie, verehrter Leser, sollten deshalb beide Reden kennen, um zu wissen, wessen Geistes Kind jene Linken sind, die sich so beleidigt geben, obgleich sie doch mit den reaktionärsten antisemitischen Rackets paktieren und sie auch noch zur Avantgarde der Emanzipation erklären. Aber das haben sie wohl gemeinsam, die einen und die anderen: Sie sind immerzu beleidigt, wenn man ihre Lügen nicht akzeptiert, sondern sie als das bezeichnet, was sie sind: nämlich Lügen, mögen sie sich auch auf Gott oder Karl Marx berufen.Ich kommentiere die Reden Graumanns bzw. die Reaktion „der Linken“ in der erweiterten Einleitung
Über den unter Linksdeutschen weit verbreiteten, als Antizionismus nur noch schlecht verkleideten Antisemitismus sind im Krtiknetz im übrigen schon viele andere Aufsätze veröffentlicht worden, zuletzt:
Harry Waibel, Kritik des Anrtisemitismus in der DDR
Kommentar:
Daraufhin haben die Vertreter dieser Partei die Feierstunde verlassen. Solche „abstrusen Vorwürfe“ lassen sich die Herren, die auch Damen sein können, von niemandem „gefallen“, erst recht nicht von einem Juden und Zionisten. Was bildet sich dieser Graumann nur ein, mag es in ihnen denken. Wieder solch ein Exemplar vom Typus des „arroganten Juden“, sowie ihn Möllemann seinerzeit bereits gesichtet hat, von dem heute an den meisten linksdeutschen Stammtischen gemunkelt wird, irgendwie habe er ja recht gehabt. Wieder ein Fall von jüdischem Deutschenhass, diesmal aber gezieltem Hass auf das Linksdeutschtum, weil es zur Zeit das deutscheste von allen ist.
Aber warum nur den Saal verlassen, wenn die „Vorwürfe“, die im übrigen keine Vorwürfe, sondern Beschreibungen und Argumente waren, so „abstrus“ sind und Herr Graumann nur unter einem „abstrusen“ Verfolgungswahn leidet? Über haarsträubende „Abstrusitäten“ kann man doch nur lachen. Da kann man doch gelassen bleiben.Die aufgeregte Reaktion spricht eine andere Sprache:
Sie sind Ausdruck heftige Abwehr im psychodynmischen Sinne. Denn mittlerweile pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass der Antizionismus und der Israelhass der Linken der alte Antisemitismus in neuer Verkleidung ist, einer Verkleidung, die freilich mittlerweile so durchsichtig geworden ist, dass jeder, der kein Antisemit ist, die wirkliche Fratze dahinter erkennen kann: dieselben Stereotypen, dieselbe Denunziation, dieselbe Dämonisierung, dasselbe Mobbing und dasselbe Beschweigen, Weggucken, Nicht-Sehen-Woillen auf der Seite der Mehrheit. Gleichgültigkeit, Sich-nicht-den-Mund-verbrennen- wollen, Mitmachen, all das beherrscht heute wieder wie ehedem die Szene. Auch die antizionistische und antiamerikanische Deutschlinke ist ja eine Macht, besonders an den deutschen Hochschulen – und da möchte man sich dann doch lieber als „Intellektueller“ heraushalten.Was tun, wenn in dieser Stiuation der Vizepräsident des Zentralrats der Juden den Antisemitismus der Linken thematisiert?
Auch hier die alte deutsche Kameradschaftsreaktion: Die Reihen fest schließen, zusammenhalten, die antisemitischen Kameraden in der „jungen Welt“ und im „Zentralorgan“ verteidigen, was das Zeug hält, den Kritiker zum „Feind“ oder „Irren“ oder „Kriegstreiber“ erklären, sich nur ja nichts bieten lassen, Herr bleiben und Krieg führen im Namen des deutschen Friedens, „Augen zu und durch“ und auf die Gelegeheit warten, um es dem Juden heimzuzahlen, der Israel und der Zionist ist. Jetzt erst recht! Als Reaktion am besten sofort Ahmadinedschad oder Hamasvertreter einladen oder dem Antisemiten Chomsky, der angeblich keiner sein kann, weil er jüdischer Abstammung ist, einen Preis verleihen. So ungefähr sieht das Reaktionsmuster unter antizionistischen Deutschlinken aus. Sie wiegen sich dabei in der Gewissheit, per defintionem keine Antisemiten zu sein, sondern wahre „revolutionäre Volksbefreier“, die gegen den Zerstörer des Volkes, Israel, kämpfen. Das alte völkische Nazi-Stereotyp von den Juden als den Zerstörern echter Völker und von sich selbst als den ‚revolutionären Volksbefreiern‘ wird allen Ernstes benutzt, um sich als „Volksbefreier“ zu definieren, die keine Antisemiten seien. Verkehrter geht es nimmer. Das ist die wirkliche ‚Abstrusität‘ in Deutschland, das mehrheitich zu dieser abstrusen Verkehrung schweigt oder aktiv dabei mitmacht.Nach Auschwitz kann man in Deutschland kein Antisemit alter Fasson mehr sein. Man kann nicht einmal mehr „guten Gewissens“ den Antisemitismus als unwichtigen Nebenwiderspruch abtun, obgleich die Linke das sehr gerne tun möchte. Was also tun, wenn der unbearbeteite negative Affekt aus gesellschaftlichen Gründen wirksam ist ist wie eh und je und auf rasche „revolutionäre Abfuhr“ drängt?
Die Lösung ist so einfach wie immer in Deutschland und paradigmatisch für deutsche Ideologen. Man ernennt sich flugs zum der Retter vor Auschwitz, während man denjenen die politische Unterstützung gewährt, die das Verbrechen wiederholen und die Endlösung zu Ende bringen wollen.
Das geht so: Alle Linken sind per Setzung Antifaschisten. Also ist der jüdische Staat, den man hasst, per Setzung der Nazi-Staat. Als Nazistaat plant Israel selbstverständlich die Auslöschung des Ur-volks der Araber. Das aber darf der deutsche Antifaschist nicht dulden. Das wäre ein „neues Auswitz“, denkt es in dem linkdseutschen Antifaschisten. Deshalb muss er mit aller Macht gegen Israel vorgehen, sich mit allen Mächten solidarisch erklären, die ebenfalls mit aller Macht gegen Israel vorgehen, und es am besten, wie es einst mit Deutschland geschah, dem Boden gleichmachen. Das wäre die vollebdete Rache, die ihre „Wiedergutmachung“ ib der ideologischen Form des ‚gerechten Antizionismus‘ Ahmadinedschad hat aus Sicht dieser Linken Recht recht! Er war nur so dumm, aller Welt deutlich zu machen, dass sein eliminatorischer Hass auf den jüdischen Staat nichts anderes ist als der alte Antisemitismus. Das war aus ihrer Sicht sein Fehler. Er, nicht aber sein Vernichtungswille, schmerzt den linksdeutschen Anitzionisten. Denn das macht es ihnen nun schwer, Ahmadinedschad vorbehaltlos zur Seite zu springern, wie sie es vom Affekt her gerne möchten. Denn wie soll sie jetzt noch das Gesicht wahren? Ahmadínedschad hat seiner „gerechten Sache“ damit keinen Gefallen getan, so sehen es die meisten deutschen Antizionisten. Er hat die neudeutsche Ideologie durchkreuzt und allen die schreckliche Wahrheit des Antizionismus, auch des linksdeutschen, vor Augen geführt. Hätte er doch nur geschwiegen, denkt es da in manchem Linksdeutschen, das „befreiende Bündnis“ gegen den Zerstörer der Völker und, der Zersetzer und Kriegstreiber wäre um vieles leichter gewesen.Kein Trost kann es da sein, dass andere auch nicht besser sind, die Christsozialisten (Blüm, Neudeck) nicht, die  katholische Organisation Pax Christi nicht, die in der alten zweitausendjährigen Manier des neurotischen, judenfeindlichen Christentums, das nicht mit Jesus selbst verwechselt werden sollte, der Welt den „Frieden Christi“ bringen will, Franzosen nicht und Spanier nicht. Die neu-rechte Ideologie des Alain de Benoists, dessen Kern der Antisemitismus ist, ist in Frankreich mittlerweile geradezu hegeomonial und Solana, der Außernmimister der EU, spricht dieselbe anti-zionistische, neu-rechte-linke Sprache. Ist er Antisemit oder einer der Mitläufer, die es nicht wissen wollen und sich um des guten Einvernehmens willen mit anderen Mächtigen nicht den Mund verbrennen wollen? Ich weiss es nicht. Es ist auch fast schon gleichgültig geworden. Schuld sind auch die letzteren an dem Unheil, das über Israel, Europa und der Welt schwebt. Sie heulen mit den Wölfen (s. mein Artikel über Helmut Schmidt) und verraten dadurch die hlnfällig bessere, aber immer noch zutiefst ungerechte Lebensweise des liberalen Kapitalismus, in dem die Tür  zur beseren Praxis wenigstens noch einen Spalt breit offen gehalten werden könnte, wenn die größeren Teile der Linken nicht solch bornierte Feinde der Freiheit- eine Feindschaft, die sich in der Parole gegen den „Neo-Liberalismus“, die bezeichnenderweise keinen Unterschied macht zwischen dem Marktliberalismus und dem politischen Liberalismus (s. dazu die Aufsätze von Marcuse im Kritiknetz) versteckt – und – was dazu passt – Antisemiten wären. So aber schließt sich der Spalt auf lange Zeit und übrig bleibt nur noch die Verteidigung des hinfälligen, ungerechten Besseren gegen die barbarische ReaktionDeutschland wieder einmal: Die Speerspitze der ideologischen Verkehrung.
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht“. Das hat sich nicht geändert. Link zum Artikel (PDF): „Der „neue Antisemitismus“ – altes Gift mit neuem Etikett „. Klicken Sie bitte hier.
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Anti-Semitismus bei deutschen Anti-Imperialisten

 

Freitag, 18. Dezember 2009  kritiknetz.de
Geschrieben von Harry Waibel
Das Hamburger Programmkino B-Movie wollte, zusammen mit der Gruppe Kritikmaximie­rung, den Film „Warum Israel?“ von Claude Lanzmann zeigen. Doch die Aufführung, sie war für den 25. Oktober 2009 geplant, wurde von ca. 30 bis 40 Hamburger anti-faschistischen Anti-Imperialisten (Sozialistische Linke, Tierrechtsaktion Nord) aus dem benachbarten Zent­rum B5, mit Gewalt ver­hindert. Ihr Ziel war es, eine „pro-zionistische Veranstaltung“ und „Hetze“ zu verunmöglichen, um damit auf die rassistische Unterdrückung der Palästinenser durch „Apartheid“ aufmerksam zu ma­chen. Jedoch soll, laut taz-Nord, gerufen worden sein: „Judenschweine“, was von den Tätern bestritten wird. Eine Gruppierung des Hamburger Landesverbands der Partei Die Linke hatte das krude Rechtfertigungsschreiben der Anti-Imperialisten auf ihre Homepage gestellt, sich später je­doch davon distanziert. Warum ist die Behauptung von deutschen Linken anti-semitisch, Israel sei ein „zionistischer und rassistischer Staat“ und wie sind sie zur Ideologie des Anti-Zionismus ge­kommen?Ich nehme diesen anti-semitischen Vorfall in Hamburg zum Anlass, um die Entstehung der Ideolo­gie des Anti-Zionismus zeithistorisch und anhand öffentlich zugänglicher Texte zu re­flektieren.

Wie weit die anti-semitischen Feindseligkeit in der Linkspartei bereits gediehen ist, zeigt eine Stel­lungnahme von Dieter Dehm (MdB) auf der großen Demonstration „Wir zahlen nicht für eure Krise“ am 28. März 2009 in Frankfurt/M. Der Vorsitzende der Linkspartei O. Lafontaine wurde dort bei seiner Rede aus dem Schwarzen Block mit Eiern beworfen. Daraufhin denunzierte Dehm in einer Presseerklärung diesen Vorgang mit den Worten: „Militante fanatisierte Anhänger von isra­elischer Regierung und Ge­heimdienst haben gestern den Vorsitzenden der Partei DIE LINKE in Frankfurt am Main gewalttätig angegriffen.“ Was soll man zu so einem Unsinn noch sagen?
Wie kompliziert die Lage ist, zeigt eine Stellungnahme der Redaktion der wildcat in ihrem neuesten Heft. Unter der Überschrift „Nur wenn wir das antiimperialistische Erbe überwinden …“ machen sie es möglich über vier Seiten über das Scheitern des bisherigen Anti-Imperialismus und der Mangel eines revolutionären Ausblicks zu schwadronieren, ohne den nucleus des bestehenden anti-se­mitisch verfassten Anti-Zionismus auch nur mit einem Wort zu er­wähnen. So wie die Dinge liegen, werden radikale und revolutionäre Linke in diesem Land nicht an der Analyse und der Kritik dieser verdorbenen Ideologie vorbeikommen.
Jürgen Elsässer, ehemaliger linker Journalist, hat sich mit seinen Sympathien für den anti-semiti­schen Präsidenten der islamischen Republik Iran, Ahmadinedschad, sich nicht nur von der Linken, son­dern auch gleich vom Anti-Fa­schismus verabschiedet. Er wird jetzt wahrgenommen als ein Anti-Semit, als ein Volksverhet­zer gegen Demokratie und den Staat Israel, wenn er die Protestierer vor dem linken Club Voltaire als „zionistisch/antideutsche Faschisten“ denunziert. Er hat alle vernünf­tigen Maß­stäbe in seiner verdorbenen Argumentation verloren, die er höchst wahrscheinlich gehabt ha­ben muss, wie sonst wäre seine langjährige Karriere durch linke Medien zu verstehen.
Damit komme ich zurück zum Kern dieser Studie über den anti-semitischen Anti-Zi­onismus deutscher Anti-Imperialisten. Durch ihre phantasierte Transformation der Op­fer der Shoa zu fa­schistischen und rassistischen Massenmördern, müssen die Palästinenser als Opfer dargestellt wer­den, denen die Anti-Imperialisten als Anti-Faschisten zur Hilfe eilen. Dies ist der Kern der Ideolo­gie des Anti-Zionismus, wie er von Marxisten-Leninisten in die Welt gesetzt wurde und wie er bis heute praktiziert wird.

Harry Waibel

hier (73.62 KB)  bitte weiterlesen

http://www.kritiknetz.de/index.php/antisemitismus/558-anti-semitismus-bei-deutschen-anti-imperialisten

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Der Judenhass der Mitte

Oktober 18, 2014 tapferimnirgendwo.com

Es hätte keinen Krieg in Gaza gegeben, hätten die Juden sich abschlachten lassen. Die Häuser in Gaza würden noch stehen und die Kinder von Gaza noch leben, hätten die Juden sich vernichten lassen.

Die Gründungscharta der Hamas fordert in Artikel 7 die Vernichtung aller Juden weltweit als Notwendigkeit für einen Frieden. Minister der Hamas erklären Juden in öffentlichen Reden zu Bakterien, die ausgerottet gehören. Im palästinensischen Fernsehen werden Kinder dazu erzogen, Juden töten zu wollen. All die abertausend Raketen, die manchmal in nur wenigen Tagen auf Israel abgefeuert werden, werden von der Hamas allesamt in der verfassungsmäßigen Absicht eines Holocausts abgefeuert. Der geplante Massenmord an das jüdische Volk im Nahen Osten wurde bisher jedesmal von Israel verhindert. Israel holte die Vernichtungswaffen mit dem Iron Dome vom Himmel und sorgte mit der Zerstörung jener Anlagen in Gaza, die dazu errichtet wurden, den Massenmord an Juden zu verwirklichen, für Leben und Sicherheit.

Die Kinder in Gaza mussten daher sterben, weil sich Juden nicht einfach vernichten lassen und die Hamas ihre Kinder als Schutzschilde missbraucht. Wer Israel kritisiert, weil Kinder in dem Krieg sterben, wer sogar “Kindermörder Israel” ruft, verlangt nichts weiter von Juden, als sich abschlachten zu lassen.

Jetzt wird Gaza wieder aufgebaut und bekommt dafür aus allen Ecken der Welt Geld. Mittlerweile hat ein Mensch in Gaza, der von einer Partei regiert wird, die alle Juden vernichten will, mehr finanzielle Unterstützung bekommen als ein Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Marshall Plan, und die Deutschen wurden einst auch von einer Partei regiert, die alle Juden vernichten wollte.

Die Menschen in Gaza sollten das Geld langsam mal nutzen, um eine friedliche Gesellschaft aufzubauen, anstatt das Geld in Waffen und Tunnelsysteme zu stecken, um so dem Hass zu frönen, Juden zu töten. Würde die Regierung das Geld in den wirtschaftlichen Aufbau stecken, gäbe es keinen Krieg mit Israel. Israel ist nämlich tausend Mal lieber von Geschäftsleuten umgeben als von Feinden.

Wenn die Menschen in Gaza das Geld jedoch wieder in Waffen, Raketen und Terrorismus stecken, um Juden zu töten, wird es wieder Krieg, Zerstörung und tote Kinder geben; und vermutlich werden wieder mache Medien die toten Kinder zeigen, ohne zu erwähnen, warum sie sterben mussten: weil sich Juden nicht mehr abschlachten lassen. Stattdessen werden viele wieder Israel kritisieren und von einer unverhältnismäßigen Reaktion Israels sprechen, ganz so als könne es eine verhältnismäßige Reaktion auf die Absicht eines Holocausts geben. Manche werden fordern, Israel müsse verhandeln, ganz so als könne man über die erklärte Absicht eines Massenmords verhandeln, vier statt sechs Millionen Morde in zwanzig statt in zehn Jahren.

Der einzige Grund, warum die NSDAP damals den Völkermord an Juden durchführen konnte, während die Hamas heute daran scheitert, ist der Tatsache geschuldet, dass Israel existiert und Juden verteidigt. Dem Staat Israel vorzuwerfen, die erklärte Absicht des Völkermordes an das jüdische Volk zu verhindern, ist nicht nur eine der widerlichsten Formen des zeitgenössischen Judenhasses, sondern auch die verbreitetste Form. Es ist der Judenhass der Mitte, der sich auch regelmäßig in den Tagesthemen und dem Heute Journal Bahn bricht.

Es ist die Kritik an Juden, weil sie sich wehren!

http://tapferimnirgendwo.com/2014/10/18/der-judenhass-der-mitte/

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Antisemitismus online: Der NDR scheitert an seiner eigenen Arroganz

Im NDR leistet sich eine Redakteurin einen unglaublichen antisemitischen Ausritt. Erst als der Protest der Leser überbordet, reagiert der Sender – und sagt, der Text hätte nicht veröffentlicht werden dürfen. Stunden später geht die schlimmste Passage endlich vom Netz. Der verstümmelte Text bleibt. Der NDR wird zum Opfer seiner eigenen Selbstgerechtigkeit.

NDR-Chef Lutz Marmor ist gefordert: Den Zeigefinger nicht immer nur gegen die anderen erheben. (Foto: dpa)

Die öffentlich-rechtlichen Sender präsentieren sich gern als Hort der Aufklärung. Sie behaupten, dass sie sich dem Kampf gegen das Ressentiment verpflichtet fühlen. Das ist auch lobenswert – und in der Tat haben die Sender viel zur Information, zur Aufklärung über Antisemitismus und Rassismus beigetragen.

Daher will es einem einfach nicht in den Kopf, dass ausgerechnet beim NDR ein ganz übles antisemitisches Klischee publiziert wird. Und es will einem noch viel weniger in den Kopf, dass der NDR, der sonst bei jedem Verdacht von „Rechtspopulismus“ auf die Barrikaden geht, bei einem Skandal im eigenen Haus nicht in der Lage ist, richtig zu reagieren – nämlich den Mist in dem Moment vom Netz zu nehmen, in dem man ihn entdeckt.

Eleonore Büning schildert in einem lesenswerten Text in der FAZ die Ausgangslage:

„Als gäbe es beim Radio gar keine Redakteure mehr, die offen antisemitische Entgleisungen bemerken und verhindern könnten, spekuliert eine NDR-Kommentatorin über das etwaige Konkurrenzverhältnis zwischen Petrenko und seinem Dirigentenkollegen Christian Thielemann und vergleicht, da die beiden ja demnächst wieder in Bayreuth auftreten werden, den einen, Thielemann, als ,Experten deutschen Klanges‘ mit Wagners nobler Wotan-Figur, den anderen, Petrenko, mit der Figur des Alberich, dem ,winzigen Gnom, der jüdischen Karikatur‘.

Die Leser reagieren zu Recht empört auf dieses stumpfsinnige antisemitische Klischee. Ein Leser entlarvt den Kommentar als sachlich falsch:

Der Kommentar ist nicht nur antisemitisch sondern auch von strahlender Dummheit, denn nicht der Nachtalbe Alberich, immerhin Herrscher über das Nibelungenheer, ist die Karikatur eines Juden im Ring, sondern Mime. Aber egal jetzt wie, der ganze Kommentar und auch einer in der ‚Welt‘ strotzt vor antisemitischer Gehässigkeit. Das ist jetzt anscheinend in Deutschland wieder möglich.

Doch statt die einzig richtige Konsequenz zu ziehen, nämlich sich Asche aufs Haupt zu streuen, einzugestehen, dass es sich hier um eine Entgleisung handelt, sich bei Petrenko zu entschuldigen und das Machwerk zu löschen, reagiert der NDR zunächst trotzig und selbstgerecht mit folgender „Anmerkung der Autorin“:

„Eine Gleichsetzung des Dirigenten Kirill Petrenko und der Wagnerschen Ringfigur Alberich habe ich in meinem Kommentar keinesfalls beabsichtigt. Sollte dieser Eindruck entstanden sein, bedaure ich dieses. Es ging vielmehr um eine Szenenbeschreibung aus dem ,Ring‘, die die Gedankenwelt Richard Wagners, die in Bayreuth eine zentrale Rolle spielt, widerspiegelt.“

Die Leser erkennen die billige Finte. Einer schreibt:

„Ich bin fassungslos. Diese Stellungnahme beleidigt unsere Intelligenz. Dass Ihnen das nicht bewusst sein kann, ist kaum zu glauben. Phänomenal schlecht beraten ist Ihre Redaktion. Ihre Journalistin möchte zu ihren Wörtern bitte selber Stellung nehmen.“

Ein anderer kommentiert:

„Man kann es drehen wie man will: Dieser Text, der einen Zwist zwischen Thielemann und Petrenko konstruieren möchte, ist widerlich und stochert in einer ziemlich braunen Soße. Da nützt es wenig, sich als Journalist auf die Gattung ,Kommentar‘ zu berufen oder noch so viele Fragezeichen zu verwenden…“

Danach scheint man bei NDR zu erkennen, dass hier vielleicht doch die Kritiker recht haben könnten. Der „Missverständnis-Text“ wird durch folgende Mitteilung von Barbara Mirow, Programmchefin NDR Kultur, ersetzt:

„Die Redaktion von NDR Kultur bedauert die Veröffentlichung des Kommentars ,Petrenko vs. Thielemann?‘. Die darin verwendete Analogie zu Figuren des Wagnerschen Rings hätte nicht gewählt und der Kommentar aus diesem Grunde nicht veröffentlicht werden dürfen. Beim Abnahmeverfahren der Redaktion hat es diesbezüglich Versäumnisse gegeben. Die Redaktion wird sicherstellen, dass sich solche Fehler nicht wiederholen.“

Warum aber lässt man das Machwerk dann online? Zur Dokumentation des eigenen Versagens? Um weitere Klicks zu generieren? Warum muss dieser braune Müll tagelang öffentlich bleiben? Wir absurd ist die Aussage der Programmchefin, mal werde „sicherstellen, dass sich solche Fehler nicht wiederholen“ – wenn zur selben Zeit der Fehler mit jedem Aufruf der Seite wiederholt wird? Kann sich die Programmchefin nicht einmal eine Sekunde in die Person vor Petrenko ode seiner Familie, seiner Freude, in die Philharmoniker versetzen, die alle diese Schmähung immer noch lesen müssen? Sind die NDR-Leute von ihrer eigenen Überheblichkeit so geblendet, dass sie glauben: Wenn ich Unsinn lösche, räume ich ein, dass ich Unsinn geschrieben habe – und das könnte mir als Schwäche ausgelegt werden?

Erst am Freitag um etwa 19.30 Uhr geht die Passage online: Ganze drei Tage brauchten die Tugendwächter aus Hamburg, um zu schreiben:

[Ursprüngliche Passage wurde von der Redaktion entfernt.]

Die Sache läuft ziemlich unehrlich ab: Am Freitagabend steht über dem Text immer noch: Stand: 25.06.2015 10:21 Uhr – Lesezeit: ca.2 Min. Da war der Text aber schon mindestens zweimal geändert worden.

Warum entfernt man nicht den ganzen Müll? Warum kämpft der NDR ein solch verbissenes Rückzugsgefecht? Diesen nun erst recht verstümmelten Artikel braucht kein Mensch. Er sollte ersetzt werden durch eine schlichte Mitteilung:

Wir, die Redakteure vom NDR, haben Mist gebaut. Wir entschuldigen uns bei dem Dirigenten Kirill Petrenko für eine unverzeihliche Entgleisung. Wir geloben, künftiger weniger Energie darauf zu verwenden, uns über andere zu erheben, sondern bei all unseren Texten künftig vor dem Schreiben intensiv nachzudenken.

Tatsächlich zeigt die Entgleisung, dass antisemitische Klischees auch durch Jahrzehnte der Reflexion der Verbrechen des Nationalsozialismus nicht ausgerottet werden können. Das Schlimme an dem NDR-Ausritt ist, dass er ein Milieu behelligt, in dem der Antisemitismus tatsächlich überwunden ist: dem der klassischen Musik. Top-Musiker aus allen Religionen, Nationen und Kulturen spielen heute in allen Spitzenorchestern der Welt. Ihre Herkunft ist unter Musikern unerheblich. Niemand fragt sie danach, sie brauchen sie vor niemandem zu rechtfertigen. Es zählt nur die Leistung, um ganz an die Spitze zu kommen. Die Berliner Philharmoniker sind in dieser Hinsicht genauso selbstverständlich multikulturell wie die Wiener Philharmoniker oder das NDR-Symphonieorchester.

Dies macht den Kommentar so übel: Er stammt nicht von einem blindwütigen Antisemiten, der seine Lektion bei den Hass-Predigern der arabischen Welt gelernt hat. Der Kommentar kommt aus dem angeblich so aufgeklärten, bürgerlichen Milieu Norddeutschlands. Er stammt aus dem Haus NDR Kultur, das eigentlich ein Refugium sein soll, in dem Toleranz und Respekt nicht bloß gepredigt, sondern verstanden worden sind. In der klassischen Musik gibt es keinen Platz für Antisemitismus. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk scheint man es dagegen nicht ganz so genau zu nehmen. Die braune Soße bleibt online, und die Gebührenzahler sind die Geisel dieses Ungeists.

Ressentiments werden nicht durch moralische Appelle an die Welt eliminiert, sondern durch harte intellektuelle Disziplin. Die deutschen Medien haben in dieser Hinsicht in den vergangenen Jahrzehnten viel Gutes geleistet. Doch offenbar stehen wir immer wieder am Anfang und müssen den den jungen Kollegen genauso wie den alten Verantwortlichen das kleine Einmaleins auch in Sachen Klischees und Antisemitismus weiter beibringen.

Viele Fehlentwicklungen sind allerdings die Folge von überzogener Selbstgerechtigkeit. Dieser Ungeist ist bei den öffentlich-rechtlichen Sendern immer wieder zu finden. „Wir sind die Guten“, denkt man dort. Antisemitismus bekämpft man aber nicht, indem man in jeder Sendung fünfmal „Rechtpopulismus!“ schreit. Die Ausrottung des Antisemitismus ist keine Frage des Pathos, sondern eine des nüchternen Handwerks.

Die Sender bekommen 8 Milliarden Euro jährlich vom Gebührenzahler. Davon muss doch wenigstens ein gebildeter Redakteur zu finden sein, der das wuchernde Unkraut erkennt und es vor der Veröffentlichung ausreißt. Und ein weiterer müsste zu finden sein, der das Unkraut ausreißt, wenn die Leser den Sender kritisieren. Und ein dritter könnte der Programmchefin sagen, dass es besser ist, braune Soße zu löschen als sie kommentiert weiter online zu lassen.

Die völlig unzureichende Reaktion des NDR zeigt, dass die Verantwortlichen Teil des Problems sind. Mit hohlem Pathos und weinerlicher Selbstkritik kann man sich zwar der Illusion hingeben, „Größe“ gezeigt zu haben. Doch die Wiederholungsgefahr wird nur ausgeschalten, wenn der NDR vor der Veröffentlichung von Texten und dem Senden von Sendungen eine Sicherung einbaut. Diese Instanz muss eine Rückbindung in die Realität sein. Sie muss sich darauf berufen dürfen, dass Dummheit, Rechtspopulismus und Ressentiments nicht das Monopol „der anderen“ sind, sondern im Elfenbeinturm der Sender genauso wuchern wie im Rest der Welt.

Eine solche neue Bescheidenheit wird der Berichterstattung sehr guttun. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben mit ihrer Überheblichkeit und Arroganz genug Schaden angerichtet. Die Sender lechzen nach ihrer „Götterdämmerung“, ganz profan, dafür aber flächendeckend.

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/06/26/antisemitismus-bleibt-online-der-ndr-scheitert-an-seiner-eigenen-arroganz/

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Stand: 25.06.2015 10:21 Uhr – Lesezeit: ca.2 Min.
Petrenko vs. Thielemann?
von Sabine Lange
Der russische Dirigent Kirill Petrenko © dpa - Bildfunk Fotograf: Victoria Bonn-Meuser

Designierter Chef der Berliner Philharmoniker: Kirill Petrenko.

Jetzt einmal Mäuschen sein am Grünen Hügel von Bayreuth. Christian Thielemann probt für die Festspieleröffnung im Juli Katharina Wagners Neuinszenierung von Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Ein Werk, das für seinen exzessiven Wahnsinn berühmt und berüchtigt ist. Für seinen emotionalen Ausnahmezustand.

„Tristan“ in Bayreuth – für den deutschen Dirigenten mit explizit deutschem Repertoire ein Höhepunkt seiner Karriere – und gleichzeitig muss Christian Thielemann in diesen Tagen die tiefste Demütigung seines Lebens ertragen. Jeden Tag und noch wochenlang muss Thielemann auf dem Grünen Hügel jetzt dem begegnen, der sich als sein schärfster Konkurrent erwiesen hat, dem, der ihm das Kostbarste vor der Nase weggeschnappt hat: Ring-Dirigent Kirill Petrenko – designierter Chef der Berliner Philharmoniker. Ein Posten, auf den Thielemann nicht nur spekuliert hatte, er hatte fest mit ihm gerechnet.

Ist der gedemütigte Gott seiner Herrlichkeit beraubt?
Christian Thielemann © imago/Manfred Siebinger

Christian Thielemann hat nicht nur auf den Chefposten der Berliner Philharmoniker spekuliert, er hatte fest mit ihm gerechnet.

Thielemann, in Berlin geboren, ausgebildet vom legendären Herbert von Karajan, der über 30 Jahre die Berliner Philharmoniker prägte, Thielemann, ein weltweit gefeierter Experte des deutschen Klanges, ein Klangzauberer, der einst auch im Ruf stand, seine Musiker wie kaum ein anderer in den Bann ziehen zu können, ausgerechnet er wird verschmäht von seinen Leuten? Er, nach dem Tod des Patriarchen Wolfgang Wagner der neue Hausgott von Bayreuth?

[Ursprüngliche Passage wurde von der Redaktion entfernt.]

Hexenkessel aus Tradition und Zorn

Das Festspielhaus in Bayreuth © picture-alliance/ dpa Fotograf: Daniel Karmann

Das Festspielhaus in Bayreuth Ort: für Dramen und große Oper.

Und wie wird sich Kirill Petrenko jetzt in seinen Ring-Proben am Grünen Hügel fühlen, der als ebenso genial wie hochsensibel gilt? Noch vor kurzem teilte Petrenko öffentlich mit, er würde angesichts des unsäglichen Führungsstils am liebsten in Bayreuth vorzeitig hinschmeißen – eine Festspielleiterin verbietet der anderen das Haus, Thielemann droht, nicht zu dirigieren, wenn Eva Wagner-Pasquier anwesend sei etc. etc..

Wird Petrenko diesen Hexenkessel des traditionell schon berüchtigten Wagner-Clans heil überstehen, in dem jetzt noch als zusätzliche Zutat der Zorn des öffentlich gedemütigten Konkurrenten brodelt?

Stellungnahme

Die Redaktion von NDR Kultur bedauert die Veröffentlichung des Kommentars „Petrenko vs. Thielemann?“ in seiner ersten Fassung. Die darin verwendete Analogie zu Figuren des Wagnerschen Rings wurde entfernt, denn sie hätte nicht gewählt und der Kommentar aus diesem Grunde nicht veröffentlicht werden dürfen. Beim Abnahmeverfahren der Redaktion hat es diesbezüglich Versäumnisse gegeben. Die Redaktion wird sicherstellen, dass sich solche Fehler nicht wiederholen.

Barbara Mirow, Programmchefin NDR Kultur

https://www.ndr.de/kultur/musik/klassik/Petrenko-vs-Thielemann,petrenko102.html

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German media antisemites come crawling over Kirill Petrenko

June 26, 2015 by norman lebrecht slippedisc.com


Two responses in German media to the election of Kirill Petrenko as chief conductor of the Berlin Philharmonic have been decidedly hostile, verging on racist.

Sabine Lange on NDR Kultur drew an unfavourable comparison between the rejected candidate Christian Thielemann, ‘a world acclaimed expert in the German sound’, and the Russian-born Petrenko, ‘ the tiny gnome, the Jewish caricature of Alberich’ who threatens to seize power.

If that’s not bad enough, Manuel Brug in Die Welt points out that three leading conductors in Berlin are now Jews – Barenboim and Ivan Fischer are the others. Unhelpful and unnecessary, the more so since the three are so different in almost every aspect of character.

Both are castigated by the magisterial Eleanora Brüning in the Faz for disseminating racist clickbait, but the damage has been done. Lange on NDR has appended a semi-apology to her post, saying she was using Wagnerian rather than racist imagery when comparing Petrenko to Alberich. She misses the point entirely.

Two German publications find fault with Kirill Pentreko being a Jew, one of them likening him to an offensive character. This is, as Ms Büning rightly says, unacceptable conduct. Lange and Brug should be ashamed.

kirill petrenko conducting2

UPDATE: In a page 3 feature for the JC today, I noted that Petrenko’s origins counted for nothing these days in an enlightened, multicultural Berlin. Specifically: Among the precedents that tumbled when Kirill Petrenko was elected chief conductor of the Berlin Philharmonic Orchestra this week, the Jewish element was the least remarked upon.

It now seems that outside Berlin the enlightenment has been slow to dawn.

– See more at: http://slippedisc.com/2015/06/german-media-antisemites-come-crawling-over-kirill-petrenko/#sthash.nCiB3Zxr.dpuf

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http://blogs.nmz.de/

Verlogene Differenzierung

Über die Wahl Kirill Petrenkos auf den Posten des Chefdirigenten bei den Berliner Philharmonikern ist ja schon viel geschrieben worden. Aber auch einiges, sagen wir mal höflich, Eigenartiges. Manuel Brug in der WELT nachdem er eigentlich ganz akkurat die Sache anleuchtete:

„Kirill Petrenko, interessanterweise neben Daniel Barenboim und Ivan Fischer der dritte Jude auf einem Berliner Chefsessel, bringt, wie das auch Thielemann getan hätte, eine dominante Mutter mit in die Beziehung. Aber sonst ist ihm, was viele erleichtert hat, nichts Zwischenmenschliches mehr fremd. Wovon mindestens eine der diesjährigen Bayreuth-Sängerinnen berichten könnte.“

screenshot-webcache googleusercontent com 2015-06-24 13-15-48

Dass die Tatsache, dass jemand Jude sei neben anderen, ein besonders erwähnenswertes Faktum sei, ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, es sei denn, damit soll ein Subtext geschrieben werden. Den auszumalen, überlasse ich den geneigten Lesern und Leserinnen. Denn Petrenko ist interessanterweise auch der vierte, fünfte Mann auf einem Berliner Chefsessel, der erste mit Bart oder manchmal dann der sechste ohne Bart. Also: Was will uns Brug damit wohl mitteilen? Ein Faktum! Aber warum eben? Nichts genaues hat man gesagt, nur ein „interessantes“ (inwiefern denn interessant?) Faktum angezeigt.

Ebenso mit dem absolut interessanten Hinweis, dass Petrenko eine dominante Mutter habe. Vielleicht hat er sogar eine Schwester, die mal GAME-Boy gespielt hat, oder bei Ebay Staubsaugerbeutel ersteigert hat?

Und dass ihm „nichts Zwischenmenschliches mehr fremd“ sei, soll worauf anspielen? Dass er mehrfach ungesättigtes Fettsäuren vorzieht? Dass er heimlich in der Nase bohrt und einmal auf einer öffentlichen Toilette gepupst hat? Oder das Streuen eines Gerüchts, ohne nur klar zu werden dabei.

Man kann dann schon nur zu gut verstehen, wenn Leute wie Petrenko den Kontakt mit der Presse scheuen.

Es passt sehr gut in den Zusammenhang, wenn da bei der Pressekonferenz der Berliner Philharmoniker gefragt wurde, warum man keinen Deutschen als Nachfolger von Bülows gewählt habe.

Ja, wo sind wir denn? Im Ressentiment-Keller der Verrückten?

„Der dem deutschen Wesen fremde Bim-Bam-Gong.“ 1933.

PS: Nachtrag 

Brug hat seinen Text modifiziert oder modifizieren lassen. Jetzt ist zu lesen:

„Kirill Petrenko, interessanter- wie erfreulicherweise siebzig Jahre nach dem brauen [sic!] Rassenspuk neben Daniel Barenboim und Ivan Fischer der dritte Jude auf einem Berliner Chefsessel, …“ [Hervorhebung von mir, MH]

Das entschärft das Problem wenigstens etwas, obwohl weiterhin der Umstand, dass hier jemand Jude ist, nach wie vor keine hilfreiche Information ist. Dadurch wird so wenig die Vergangenheit geheilt noch ist, aller Wahrscheinlichkeit und Lebenserfahrung nach, diese Eigenschaft für die Wahl zum Chef der Berliner Philharmoniker ausschlaggebend gewesen. Erfreulich wäre, wenn man über so etwas nicht eigens reden müsste.

http://blogs.nmz.de/wm2014/2015/06/24/verlogene-differenzierung/

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Warum Antisemitismus Teil der europäischen Kultur ist

ManfredGerstenfeldManfred Gerstenfeld (direkt vom Autor)

Antisemitismus ist nicht nur Teil der Geschichte Europas, sondern auch ein Bestandteil seiner Kultur. Die lang andauernde antisemitische Geschichte Europas ist mit Verleumdung, Diskriminierung, zweierlei Maß, Pogromen, Vertreibungen und anderer Verfolgung angefüllt. Sie erreichte ihren absoluten Tiefpunkt im Holocaust. Der Völkermord wurde nicht nur von Deutschen und Österreichern begangen, sondern auch von vielen Kollaborateuren in den besetzten Ländern, die nicht unbedingt alle für die Nazis waren.

Soweit es den Holocaust betrifft, gestanden fast alle besetzten Länder irgendwann die Wahrheit ein, dass sie versagt und in unterschiedlichem Grad mit den Nazis kollaboriert hatten. Die meisten entschuldigten sich.[1] Vor ein paar Wochen wurde Luxemburg zum neuesten Land, das dies tat.[2] Die große Ausnahme sind die Niederlande. Der derzeitige Premierminister Mark Rütte (Liberale Partei) gab vor kurzem zum zweiten Mal eine nichtssagende Antwort auf eine Anfrage im Parlament, um zu vermeiden das skandalöse Versagen der niederländischen Regierung der Kriegszeit zugeben zu müssen. Während des Exils in London zeigte sie kein Interesse an dem stattfindenden Massenmord – die Vernichtung von drei Vierteln der 140.000 niederländischen Juden durch die deutschen Besatzer.[3] Die jüdische Gemeinschaft war schon seit Jahrhunderten in den Niederlanden präsent gewesen.

Während es wenig Diskussion zur antisemitischen Geschichte Europas gibt, ist bezüglich des Antisemitismus als Bestandteil der europäischen Kultur eine detailliertere Erklärung nötig und wohl bezüglich seiner Juden ein dominierender Teil. Um jeglichem Missverständnis aus dem Weg zu gehen: Das heißt nicht, dass heute die meisten Europäer Antisemiten sind.

Der gerade verstorbene, führende Antisemitismus-Wissenschaftler Robert Wistrich hat viel zur Infrastruktur beigetragen, durch die verstanden und bewiesen wird, dass Antisemitismus ein integraler Bestandteil der europäischen Kultur ist.

Vor ein paar Jahren lud ich ihn ein, beim Jerusalem Center for Public Affairs über die Tradition des europäischen intellektuellen Antisemitismus zu sprechen. Wistrich erklärte, dass christliche Geistliche und viele führende christliche Theologen im Mittelalter und die Jahrtausende hindurch „Verachtung des jüdischen Volks lehrten“. Solche Credos beschränkten sich nicht auf die katholische Kirche. Zum protestantischen Reformator Martin Luther erklärte Wistrich: „Seine Angriffe auf Juden gehören zu den brutalsten in der Geschichte antisemitischer Diffamierung.“

Wistrich führte detailliert auf, wie intellektuelle Trends in Europa die Mutation des Antisemitismus jeweils beeinflussten. Er erklärte, wie die antisemitische jüdische Tradition sich während der Aufklärung fortsetzte und illustrierte das mit dem Hass, den Voltaire für das jüdische Volk hegte. Wistrich erwähnte auch die folgende Generation Antisemiten, so die idealistischen deutschen Philosophen des 18. und 19. Jahrhunderts, darunter Kant, Hegel, Schopenhauer und später Karl Marx.

Er führte an, dass mit seltenen Ausnahmen die französischen Sozialisten des frühen 19. Jahrhunderts die Grundlagen des Antisemitismus des späten 19. Jahrhunderts legten. Er merkte an, dass Edouard Drumonts antisemitisches Werk La France Juive (Das jüdische Frankreich) ein Bestseller seiner Zeit war. Es gab etwa einhundert Auflagen.

Wistrich fügte hinzu, dass ein großer Teil des Nationalsozialismus, des Faschismus und sogar einige Arten des Sozialismus – die wichtige antiintellektualistische Komponenten haben – ebenfalls intellektuelle Gründer hatten.[4] In seinem wichtigen Buch A Lethal Obsession (Eine tödliche Besessenheit) widmete Wistrich ein ansehnliches Kapitel dem, was er „die alt-neuen Judeophoben Britanniens“ nannte. Er erwähnte den weit verbreiteten Antisemitismus in den britischen Literaturklassikern über die Jahrhunderte. Er schrieb, dass im Vereinten Königreich „antisemitische Gefühle auch Teil des Diskurses des Mainstreams sind, die bei den akademischen, politischen und Medien-Eliten stetig wieder aufkommen“.[5]

Viele weitere Beispiele, dass Antisemitismus Teil der europäischen Zivilisation ist, sind in David Nirenbergs Buch „Anti-Judaism, the Western Tradition“ (Die westliche Tradition des Antijudaismus) zu finden.[6]

Eine Reihe führender europäischer Romanautoren waren extreme Antisemiten. Einer der berühmteren war der Franzose Louis-Ferdinand Céline, der nach dem Zweiten Weltkrieg wegen Kollaboration mit der Besatzungsmacht verurteilt wurde.[7] Es gibt zudem auf Gebäuden wie der Kathedrale Notre Dame in Paris alte antisemitische Skulpturen.[8] In der europäischen populären Kultur – z.B. in Zeichnungen und Karikaturen – findet man ebenfalls antisemitische Leitgedanken. Das Studentenaustauschprogramm der Europäischen Union ist nach dem fanatischen Antisemiten Erasmus benannt.[9] Die Universität von Rotterdam ebenfalls.

Es ist ein Fehler zu glauben, dass der Nationalsozialismus und seine boshafte „Kultur“ mit der Niederlage Deutschlands im Jahr 1945 endeten. Viele Nazis behilten ihre Ideen. Manche versuchten ihre Kinder mit der Nazi-Ideologie zu füllen. Nach dem Krieg gab es in Deutschland nicht genug unbefleckte Richter und Beamte, um die benötigten Regierungsposten zu besetzen. Zu den früheren Nazis, die hohe Posten im Nachkriegsdeutschland besetzten, gehörte der Christdemokrat Kurt Georg Kiesinger, der von 1966 bis 1969 Bundeskanzler war. Sogar viele der Ärzte, die jüdische Überlebende untersuchten, die aus gesundheitlichen Gründen Ansprüche stellten, hatten einen Nazi-Hintergrund.[10]

Wenn man fragt, wer der wichtigste Nachkriegsphilosoph Europas war, werden viele Martin Heidegger nennen. Seine vor kurzem veröffentlichten Notizbücher lassen keinen Zweifel aufkommen, dass seine Ideenwelt zutiefst antisemitisch war.[11]

Die Tatsache, dass eine beträchtliche Zahl heutige Europäer der Aussage zustimmen, dass „Israel einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser führt“, ist ein wichtiges Beispiel des zeitgenössischen europäischen Antisemitismus. Diese Äußerung wurde von mehr als 40% der EU-Bürger im Alter über 16 Jahre für korrekt erachtet. Das passt perfekt in die antisemitische Kultur Europas.[12]

Der amerikanische Politikwissenschaftler Andrei Markovits fasst ein Schlüsselelement der gegenwärtigen europäischen Realität prägnant zusammen: „Europa hat eine ungelöste, wichtige Beziehung zu seiner Vergangenheit. Das ständige Analogisieren der Israelis mit den Nazis erfolgt aus dem europäischen Bauch heraus. Das ist natürlich eine doppelte Unverschämtheit. Damit entlasten sich die Europäer von ihrer eigenen Geschichte. Gleichzeitig gelingt es ihnen ihre früheren Opfer zu beschuldigen sich so zu verhalten wie die schlimmsten Täter der eigenen Seite.“[13]

Die Führungskräfte des Kontinents, auf dem der Nationalsozialismus geboren wurde und florieren durfte, widmen heute relativ wenig ihrer Mahnungen der naziartigen Politik und Äußerungen, die aus den diversen Terrororganisationen des Nahen Ostens kommen. Deren Werbung für den Völkermord ist kein Hiter-Nazismus, sondern ein Nazismus, der aus Teilen des Islam stammt.

Das nächste Mal, wenn Repräsentanten Europas Israel wegen seiner Politik kritisieren, sollte die israelische Antwort lauten, dass sie sich angesichts der Vergangenheit Europas besser auf den Islamo-Nazismsu konzentrieren sollten. Die Offiziellen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten, die ständig und unverhältnismäßig Israel abmahnen, stehen auf unmoralischen Füßen.

[1] Manfred Gerstenfeld: The Abuse of Holocaust Memory: Distortions and Responses. Jerusalem, The Jerusalem Center for Public Affairs, 2009, S. 136-150.

[2] EJC welcomes Luxembourg apology for role in Holocaust. European Jewish Congress, 11. Juni 2015.

[3] Gerstenfeld: The Abuse of Holocaust Memory: Distortions and Responses, S. 141.

[4] Manfred Gerstenfeld interviewt Robert Wistrich: Intellectuals and anti-Semitism: a millenial tradition. Jewish Tribune, 13. August 2013.

[5] Robert S. Wistrich: A Lethal Obsession. Anti-Semitism from Antiquity to Global Jihad. New York (Radom House) 2010.

[6] David Nirenberg: Anti-Judaism: The Western Tradition. New York (W. W. Norton) 2014.

[7] Antoine Peillon: Céline, un antisémite exceptionnel. Une Histoire française. Lormon: Le Bord de l’eau, 2011.

[8] Toni L. Kamins: Notre-Dame de Paris to Prague, Europe’s anti-Semitism is literally carved in stone. JTA, 20. März 2015.

[9] Hans Jansen: Protest Van Erasmus Tegen Renaissance Van Hebreeuwse Literatuur. Heerenveen (Groen) 2010.

[10] Manfred Gerstenfeld, Interview mit Nathan Durst in: Europe’s Crumbling Myths, The Post-Holocaust Origins of Today’s Anti-Semitism. Jerusalem, Jerusalem Center for Public Affairds, Yad Vashem, WJC 2003, S. 128-136.

[11] Philip Oltermann: Heidegger’s ‘black notebooks’ reveal antisemitism at core of his philosophy. The Guardian, 13. März 2015.

[12] library.fes.de/pdf-files/do/07908-20110311.pdf

[13] Manfred Gerstenfeld, Interview mit Andre S. Markovits: European Anti-Americanism and Anti-Semitism: Similarities and Differences. Post-Holocaust and Anti-Semitism Nr. 16, Januar 2004.

 

https://heplev.wordpress.com/2015/06/29/warum-antisemitismus-teil-der-europaischen-kultur-ist/

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Martin Blumentritt

Keine Träne für Dresden – Über die Dresdenmythen

Vortrag im Jour Fixe der Initiative Sozialistisches Forum am 18. Juni 2002

Die Fakten
In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 griff die Royal Air Force die bis dahin
weitgehend verschont gebliebene Stadt Dresden mit großen Bomberverbänden an. Der erste Angriff
erfolgte von 22.03 bis 22.28, durch 235 viermotorige Lancasters und 9 zweimotorige Mosquitoes
der 5. Group und war erfolgreicher und genauer als erwartet. Von 01.25 bis 01.55 erfolgte der
zweite mit 524 Lancasters der 1., 3., 6., und 8. PFF Group. Beide Angriffe erfolgten unter den
Schutzschirm von Fernnachtjägern der 100. Group und der 11. Group des Fighter Command. Der
erste Angriff hatte einen Feuersturm ausgelöst, der die Innenstadt, ca. 15. Quadratkilometer,
niederbrannte. Hierbei kamen 15 bis 30.000 Menschen um, da für Luftschutz nicht hinreichend
gesorgt war. Am darauf folgenden Tage ging von 12.17 bis 12.31 ein dritter Angriff auf das
Stadtgebiet nieder, diesmal amerikanische Flugzeuge, 311 B-17 »Flying Fortress« der 379., 303.,
384. ,305., 92., 306., 401., 457. und 351 Bombardment Group in der 8. US-Air-Force unter dem
Schutz von 187 Langstrecken-Jägern, der wegen des Wetters, fliegerischer und technischer Pannen
wenig erfolgreich war und das Ziel, den Verschiebebahnhof Friedrichstadt, verfehlte.
Im Rahmen der Bombardierung von Städten, die Ursache dafür waren, daß die Alliierten den
Krieg gewannen, war die einzige Besonderheit, daß Dresden vorher kaum Angriffen unterlag und
die Bevölkerung keinerlei Erfahrung mit Luftangriffen hatte. Daraus ergaben sich auch nicht immer
böswillige Fehlerinnerungen an die Ereignisse, die später instrumentalisiert wurden.
Die Stadt Dresden war ein wichtiges Zentrum der Verwaltung, des Transport- und
Kommunikationswesen, neben Berlin und Leipzig die größte deutsche Stadt unmittelbar im Rücken
der Ostfront, besaß eigene militärische Anlagen, Kasernen und Truppen. Die Produktionsbetriebe
waren vollständig in die Struktur der Rüstungsindustrie integriert.

»Dresden wurde, in Erwartung alliierter Luftangriffe, von verschiedenen Luftabwehrsystemen geschützt:  Flugabwehrkanonen und Scheinwerfern. Die Dresdner Luftverteidigung unterstand dem gemeinsamen Luftwaffenbefehlsbereicht für Dresden (Korpsgebiet IV) und Berlin (Korpsgebiet III).«  
schildert Joseph W. Angell die Erfahrung aus dem Jahre 1944, aufgrund dessen davon
auszugehen war, daß Dresden verteidigt würde und als legitimes Kriegsziel zu gelten hatte.
Besonders bedrohlich waren allerdings nur die Flak-Konzentrationen um Ruhland und Brüx,
nachdem ein Teil der Flak in den Westen abgezogen worden war. Allerdings hatte die Royal Air
Force schon ihre schmerzliche Erfahrung mit der deutschen Flugabwehr gemacht.
Denn für die Royal Air Force war der Bombenkrieg zunächst einmal eine sehr verlustreiche
Sache. Waren die Deutschen zuerst bei den ersten Nachtangriffen auf das Ruhrgebiet im Mai 1940
überrascht worden und hatte wenig Vorkehrungen getroffen, so begann alsbald unter der Führung
von Luftwaffengeneral Joseph Kammhuber der Aufbau eines Verteidigungssystems, das unter dem
Namen »Kammhuber-Linie« bekannt wurde. Eine Staffel schwerer Nachtjäger vom Typ Me 110
ging gegen die von der Flugabwehr mit Scheinwerfern angestrahlten britischen Bomber vor. Da die
Luftangriffe in Intervallen erfolgten, hatten die Nachtjäger genug Zeit ein Flugzeug nach den
anderen anzugreifen. So wurden 1940 492 und 1941 1034 Bomber abgeschossen, ca. ein Drittel
davon von Flakgeschützen. Die Verlustquote war so hoch, daß das Bomber Command

1 Joseph W. Angell jr. Historical Analysis oft the 14-15 February 1945 Bombings od Dresden, Washington D.C. 1953

Schwierigkeiten hatte, die ausgefallenen Maschinen zu ersetzen. Erst im Frühjahr 1942, nachdem
am 23. Februar Luftmarshall Arthur Harris zum Chef des Bomber Commands ernannt wurde,
begannen technische und taktische Verbesserungen. Harris war in den 30er Jahren zum Befürworter
von Bombardierungen geworden und war davon überzeugt, daß »das Kriegspotential des Feindes
zu zerstören« die sicherste Methode sei, einen Krieg zu gewinnen. Nach dem Krieg wurde Harris
unberechtigt beschuldigt, für die Flächenbombardierungen persönlich verantwortlich zu sein und
dabei um einer strategische Chimäre willen, der Brechung der Kriegsmoral der Bevölkerung, einen
Terrorbombenkrieg geführt zu haben. Diese Anschuldigung ist aber keineswegs triftig, die Strategie
der Flächenbombardierung hatte sich schon weit früher als notwendige Konsequenz durchgesetzt:

  »Die Strategie der Flächenbombardierung hatte sich schon Monate vor Harris´ Übernahme des
  Bomberkommandos als operative Notwendigkeit durchgesetzt. Die Ungenauigkeit der Angriffe auf einzelne Fabriken oder Eisenbahnknotenpunkte zwang das Bomberkommando dazu, andere Wege zu gehen, um eine allgemeine Unterbrechung der Kriegsanstrengungen und Demoralisierung der Fabrikarbeiter zu erreichen. Im Mai 1941 sandte Lord Trenchard, bis 1930 Chef des Luftstabs, ein Memorandum zur Luftkriegsführung an Churchill, das schon angestaubtes Diktum von der niederschmetternden moralischen Wirkung der Bombardierung wiederholte und mit der These verband, die Deutschen seien besonders anfällig für ,Hysterie und Panik´. Der Bericht wurde von den Oberbefehlshabern der Streitkräfte mit Zustimmung gelesen. (…) Im Februar 1942, eine Woche vor Harris´ Ernennung, wies man das Bomberkommando förmlich an, alle Anstrengungen ,auf die Moral der feindlichen Zivilbevölkerung´ zu konzentrieren. Die Konzeption der Flächenbombardierung war also längst festgelegt, als Harris sein Amt antrat, und ist nicht erst von ihm erfunden worden. Harris hegte nicht den geringsten Zweifel daran, daß ,die Moral´ ein äußerst problematisches Zielobjekt
  darstellte und einem ,aus der Verzweiflung geborene(m) Rat´ entsprang. Er ging davon aus, daß die Deutschen nicht so schnell zu demoralisieren waren, wie seine Kollegen hofften, und bezweifelte sogar den strategischen Nutzen der Zerstörung der Moral, angesichts einer Alltagswirklichkeit, zu der das ,Konzentrationslager um die Ecke´ gehörte. Harris hielt vielmehr an seiner Überzeugung fest, daß es darauf ankomme, die materielle Kriegsfähigkeit Deutschlands zu zerstören, und dieses Ziel war seiner Ansicht nach nur mit massiver und fortgesetzter Bombardierung zu erreichen. Dazu gehörten für ihn Fabriken, Transportwesen und Dienstleistungsbereiche ebenso wie die Arbeiterviertel selbst. Die Demoralisierung der Bevölkerung konnte für Harris nur ein Nebenprodukt des Abnutzungskrieges gegen die deutsche Wirtschaft sein.
Diese von Harris verfochtene Konzeption nahm zwangsläufig Tote in der Zivilbevölkerung in Kauf, was 1942 eine bedeutend breitere Zustimmung fand, als es das liberale Gewissen heute wahrnehmen möchte. Die Auswahl  der Zielobjekte und die 1942 zur Verfügung stehende neuste Technik machten ein hohes Maß an zivilen Opfern – im heutigen Militärjargon Kollateralschäden genannt – unvermeidlich.«  
Die Sunday Times vom 15. Februar 1998 berichtet, daß Sebastian Cox, der offizielle Historiker
der RAF, neue historische Beweise präsentierte, die zeigen, daß Air Marshall Sir Arthur Harris das
Opfer innerer Kämpfe der RAF war und beweisen, daß seine Politik des Flächenbombardements
höchst effektiv war, um Deutschland niederzuringen. Cox legte dar, daß Harris den Makel des
Befehls Churchills, den Vormarsch der Sowjets zu unterstützen, indem östliche deutsche Städte wie
Dresden bombardiert wurden, auf sich nahm. Nach dem Krieg wurde ihm zufolge Harris zum
Sündenbock für die massive Zerstörung, die resultierte.
Denn nach dem Krieg leitete ausgerechnet Zuckerman, ein Zoologe, der früher in Konflikt mit
Harris in der hitzigen Debatte über die Ziele der Bomber Command geraten war, den offiziellen
Untersuchungsausschuß hinsichtlich der Effektivität der Operationen. Damals vertrat er die
Auffassung, daß das Bomber Command sich darauf konzentrieren sollte, das deutsche Schienennetz
zu bombardieren, während andere argumentierten, daß die Ölversorgung der Nazis das Ziel sein
sollten, Forderungen, die sich aus technischen Gründen als illusorisch erwiesen hatten. Das
Ressentiment aber blieb und lange blieb der Ruf von Harris geschädigt.
Harris konnte ein weiteren Vorteil nutzen, daß sein Bomber Command nicht länger allein
kämpfen mußte, nachdem die USA 1942 begannen ihre Luftwaffe für den Kampf gegen
Deutschland zu organisieren. Die 8. US-Luftflotte stellte eine militärische Bereicherung dar,
sowohl personell – junge selbstbewußte und unerschrockene Luftwaffensoldaten – als auch
technisch. Die schon 1935 entwickelte Boeing B-17 »Fyling Fortress« wurde zum Mittelpunkt der

2 Richard Overy, Die Wurzeln des Sieges. Warum die Allierten den zweiten Weltkrieg gewannen. Reinbek bei Hamburg 2002, S. 150f

amerikanischen Bombengeschwader, da sie eine große Flughöhe und Reichweite erlaubte, eine
starke Panzerung aufwies und eine spezielle Bewaffnung, gegen Angriffe sich zu verteidigen. Dies
erlaubte auch Tagesflüge und somit eine bessere Sichtung der Zielobjekte. Das Norden-Bomben-
Zielgerät, das der RAF nicht zur Verfügung gestellt wurde, steigerte die Trefferquote beträchtlich.
So ergab sich die Arbeitsteilung, daß die RAF Industriegebiete bei Nacht, die 8. US-Luftflotte
ausgewählte Fabriken, Bahnhöfe oder Treibstofflager bei Tage angriff.
Die Auseinandersetzungen in der Nachkriegszeit, die suggerierten, daß ein ungleicher, brutaler
Kampf zwischen Bombern und Zivilbevölkerung stattgefunden habe, übersahen, daß die Bomber
gegen feindliche Verteidigungskräfte, Jagdflugzeuge und Flak-Batterien und nicht gegen die
Einwohner antraten. Der Weg zu den Zielobjekten mußte hart erkämpft werden, die Piloten saßen
frierend und beengt in unbequemen, lauten, leicht verwundbaren Flugzeugen, die sie durch einen
dichten Sperrriegel von über 50.000 über das Land verteilten Flugabwehrgeschützen lenken
mußten. Auf den Rückflügen bereiteten Wetterbedingungen, Treibstoffknappheit und
Beschädigungen durch Flak-Treffer immense Probleme. Jeder Einsatz war eine militärische
Konfrontation, die das Todesrisiko der Besatzungen deutlich erhöhte. Daß die Bomberoffensive
dann letztlich doch erfolgreich war, lag auch an den falschen Prioritäten und Rachsucht Hitlers.
Statt zusätzliche Flugzeuge für die Bomberabwehr zur Verfügung zu stellen, drängte er Göring,
statt dessen zu terroristischen Vergeltungsschlägen:
  »aufhören wird der Engländer nur, wenn seine Städte kaputtgehen, durch sonst nichts.«  
Eines steht fest, wie Richard Overy betont:

»Die Bomberoffensive war ein entscheidendes Element für den Sieg der Alliierten.«  
Befragungen gleich nach dem Krieg bestätigten das, sowohl in Japan wie in Deutschland. Die
Wachsende Kriegsmüdigkeit wurde von 36 % der Befragten in Deutschland auf die Bombardierung
zurückgeführt und auf die Frage »Was war das Schlimmste für die Zivilbevölkerung während des
Krieges?« antworteten 91 %: die Bombardierung. Zwar hatte Harris recht, daß die Bombardierung
keine Welle der Panik und Enttäuschung zeitigen würde, die die Kriegsbereitschaft hinwegspülen
würde, aber dennoch war sie ein demoralisierendes Kollektiverlebnis. Vice-Marshal Tony Mason
wird in dem schon erwähnten Artikel der »Sunday Times« zitiert:

  »Erst jetzt sind wir in der Lage, die Wirkung der Flächenbombardierung richtig einzuschätzen. Es ist klar, daß die deutsche Kriegswirtschaft sehr empfindlich getroffen wurde beim Versuch gegen  das Bomber Command sich zu verteidigen. Insbesondere die Luftwaffe war unfähig die Ostfront zu verstärken, wegen derNotwendigkeit den Luftraum zu verteidigen. Dies hatte eine sehr schwerwiegende Wirkung auf den ganzen  russischen Feldzug.«  
Arthur Harris´ Rufschädigung durch Zuckerman, konnte Cox zufolge nicht verhindert werden
konnte, weil er einige Jahre vor diesem verstarb, als die Beweise noch nicht auf dem Tisch lagen.

  » Erst jetzt sind wir überhaupt in der Lage aufzuzeigen, daß die Bomber Offensive wesentliche effektiver gewesen ist als früher geschildert wurde.«  
Sir Arthur Harris hatte folgendermaßen in seinem Memorandum vom 28. Juni 1942 die Aufgaben
und Leistungen des Bomber Commands geschildert.

3 cit. Bei Overy, a.a.O. S. 157
4 A.a.O. S. 174
5 »Only now are we able to measure precisely the effect of the carpet bombing of Germany. It’s clear that the German war economy was very seriously affected by the effort of defending against Bomber Command. Specifically, the  Luftwaffe was unable to reinforce the eastern front because of the need to defend Third Reich airspace. This had a  very serious effect on the whole Russian campaign.« Sunday Times 15. Februar 1998
»We have only now been able to show that the bombing offensive was actually far more effective than has previously been portrayed.« Sunday Times 15. Februar 1998

 »Es ist unmöglich, in einer Denkschrift auch nur einen Teil der ungeheuren Zerstörungen zu nennen, die wir in Deutschland verursacht haben. Während etwa 7000 Flugstunden benötigt werden, um ein U-Boot auf See zu versenken, konnte mit der gleichen Zahl von Flugstunden ein Drittel der Stadt Köln zerstört werden…
Die rein defensive Verwendung von Luftstreitkräften ist eine erhebliche Verschwendung. Der Einsatz von Flugzeugen im Seekrieg bedeutet ein bloßes Picken am Rande der feindlichen Stärke, ein Warten auf Gelegenheiten, die vielleicht niemals kommen… Dieser Einsatz gleicht dem Suchen einer Stecknadel im Heuhaufen. Man versucht dabei, ein kleines Äderchen nach dem anderen zu durchschneiden, anstatt die Hauptader zu durchtrennen. Das Bomberkommando greift die Basis der gesamten Seemacht an…
Zusammenfassend muß gesagt werden, daß das Bomberkommando die einzigen offensiven Kampfhandlungen durchführt, die gegen Deutschland unternommen werden…. Das Bomberkommando gibt uns die einzige Möglichkeit, Rußland rechtzeitig zu unterstützen. Die einzige Möglichkeit, Deutschland so weit physisch zu schwächen und nervlich zu erschöpfen, daß eine Invasion aussichtsreich erscheinen könnte, liegt daher bei der Art der Gewaltanwendung, die unseren Feind jetzt schädigen und später den Sieg sicherstellen kann. Das ist auch die einzige Gewaltanwendung, die wir direkt gegen Japan ins Feld führen können…«  
Dies wird durch die Forschung der letzten Jahre bestätigt. Im Kalten Krieg änderten sich
allerdings die Interessen der Sowjets. Die Sowjetpropaganda begann mit der Diffamierung der
Kriegsführung ihrer ehemaligen Koalitionäre. Zum 10. Jahrestag im Jahre 1955 erklärte der DDR-
Ministerpräsident Otto Grotewohl die Bombardierung Dresdens wie folgt:

   »Dieses unsinnige Verbrechen diente ebenso wie die Zerstörung von Brücken, Talsperren und anderen lebenswichtigen Einrichtungen durch die SS dem Zweck, eine Trümmerzone zu schaffen, die den siegreichen Sowjetarmeen das weitere Vordringen unmöglich machen sollte.«
Das verdreht die Tatsachen gänzlich, drangen doch im Gegenteil die Sowjets auf eine Forcierung
des Krieges. Am 6. Oktober 1942, als in Stalingrad die Kämpfe einen Höhepunkt hatten, verspottete
gar noch die Pravda die Briten mit einer Karikatur, die Briten geißelte, sie würden versäumen, mit
einem Angriff auf die rückwärtige Front der Deutschen den verzweifelt kämpfenden Roten Armee
zur Hilfe zu kommen. Deutschland hatte 1941 den Krieg gegen die Sowjetunion fast gewonnen und
stand 1942 im Begriff, den entscheidenden Sieg zu erringen. Im August hatten Stalin und Churchill
sich getroffen. Churchill versuchte zu erklären, weshalb eine militärische Unterstützung noch nicht
möglich sei. Stalin sah zwar ein, daß er den Westen nicht gegen seinen Willen zum Kämpfen
animieren konnte, reagierte aber mürrisch und gereizt bis Churchill das Angebot der Westmächte
auf den Tisch legte, nämlich die Bombardierung Deutschlands und eine anglo-amerikanische
Landung in Nordafrika im Spätjahr 1942 (die Operation Torch). Overy schildert die Begeisterung
Stalins:

   »Stalin gefiel das Vorhaben einer Landung in Nordafrika, da diese seiner Ansicht nach die Niederlage Rommels besiegeln und den Kriegsaustritt Italiens beschleunigen würde. Noch besser gefiel ihm die Idee der Bombardierung. Hierin ,stimmten die beiden Männer zum ersten Mal überein´, telegrafierte Harriman am nächsten Tag dem amerikanischen Präsidenten. Stalin regte an, neben Fabriken auch Wohnhäuser zu bombardieren, und machte Churchill Vorschläge, welche Städte sich am besten als Ziele eigneten. ,Bald hatten die beiden – jedenfalls auf dem Papier – die bedeutendsten Industriestädte Deutschlands zerstört´, berichtete Harriman nach Washington. Die gespannte Atmosphäre hatte sich gelockert. Stalin akzeptierte, daß die Briten ihren ,Beitrag nur durch die Bombardierung Deutschlands zahlen´ konnten, wie Churchill es formulierte, und der britische Premier versicherte seinem Gastgeber, daß diese Bombardierung ,gnadenlos´ sein werde, um die Moral der deutschen Bevölkerung zu brechen.«  

Stalin drängte also den Westen ihre Anstrengung zu forcieren und blieben bis zum Schluß in Kontakt, wie der Briefwechsel zeigt, den Jürgen Elsässer erwähnt:

»Überliefert ist ein reger Briefwechsel zwischen Winston Churchill und Josef Stalin; Churchill erstattete detailliert Bericht über die Erfolge der Städtebombardements, legte oft sogar Luftaufnahmen und Dias bei. So erhielt Stalin am 12. Januar 1944 von Churchill eine Geheimbotschaft mit dem launigen Text: ,Teilen Sie mir bitte rechtzeitig mit, wann wir aufhören sollen, Berlin zu zerstören, damit genügend Unterkünfte für die Sowjetarmee stehen bleiben.´ Stalin antwortete todernst: ,Unsere Armeen haben in der letzten Zeit wirklich

7 Götz Bergander, Dresden im Luftkrieg, Würzburg 1998, S. 327
8 Richard Overy, Die Wurzeln des Sieges. Warum die Allierten den zweiten Weltkrieg gewannen. Reinbek bei
Hamburg 2002, S. 137f

   Erfolge erzielt, aber bis nach Berlin ist es für uns noch sehr weit… Folglich brauchen Sie die Bombardierung Berlins nicht abzuschwächen, sondern sollten Sie möglichst mit allen Mitteln verstärken.´ Der Angriff auf Dresden wurde den Sowjets durch die US-Militärmission in Moskau vorab mitgeteilt; sie erhoben keine Einwände. Der in Moskau lebende KPD-Führungskader Anton Ackermann äußerte sich im Februar 1945, in Kenntnis der schweren Luftangriffe und eventuell auch in Kenntnis des Angriffes auf Dresden, anerkennend darüber, wie ,die amerikanischen und englischen Luftflotten täglich stärker auf das rückwärtige Gebiet jener deutschen Armeen wirken, die der Roten Armee gegenüberstehen und dieser somit vom Westen her helfen.´«  
Schließlich kommen wir auf die Toten und Verletzten. Götz Bergander zitiert die Schlußmeldung über die vier Luftangriffe auf den LS-Ort Dresden am 13., 14. und 15. Februar des Höheren SS- und  Polizeiführers Elbe« vom 15. März 1945, in Eilenburg angefertigt, deren entscheidende Sätze lauten:

   »Bis 10.3. 1945 früh festgestellt: 18375 Gefallene, 2212 Schwerverwundete, 13718 Leichtverwundete. 350 000 Obdachlose und langfristig umquartierte (…) Die Gesamtzahl der Gefallenen einschließlich Ausländer wird auf Grund der bisherigen Erfahrungen und Feststellungen bei der Bergung nunmehr auf etwa 25000 geschätzt.«  
Um 3. April 1945 erschien der Lagebericht Nr. 1414 des Berliner Polizeichefs. Darin hieß es:
»BdO. Dresden – Nachtrag. 13. /14.2 Dresden. Die Zahl der geborgenen Gefallenen beträgt nach
dem Stand von 31.3. 45: 22 096 Personen.«  
1993 wurden im Stadtarchiv Dresden bislang nicht beachtete Nachträge des Marstall- und
Bestattungsamtens entdeckt. Es stellte sich heraus, daß zwar die oberen Behörden bei Kriegsende
ihre Akten vernichtet hatten, aber Unterlagen aus einigen Ämtern wie Baupolizei, Ernährungs-,
Fürsorge und Bestattungsamtes davon ausgenommen waren, die Friedrich Reichert zufolge, die
Zahlen bestätigen.
Wenn man noch nicht geborgene Tote schätzt, wird man nicht auf mehr als 35000 Luftkriegstote
kommen. Einzig Walter Weidauer1965 und Götz Bergander 1977 zogen die Schlußmeldung heran,
während andere Autoren nicht belegte Augenzeugenberichte und Vermutungen zur Grundlage
nahmen. Weitere Luftangriffe sollten nicht vergessen werden. Es gab bereits am 7. Oktober 1944
und 16. Januar 1945 amerikanische Bombardements und hinterher am 2. März und 17. April. Die
Zahl der Opfer ergaben sich auch daraus, daß man Luftschutzmaßnahmen für die Menschen
vernachlässigte, während die kriegswichtigen Betriebe, wie das Goehle-Werk und die Firma
Ernemann (Zeiß-Ikon-Kameras) äußerlich Bunkern glichen,

   »über seinen Fenstern waren schräge Flächen zum Abweisen von Brandbomben vorgezogen. Bei Ernemann war eine Treppenhausschutzanlage gebaut worden, wie u.a. auch bei den Wanderer-Werken in Chemnitz und in Chemnitz-Schönau, das heißt, die Treppenhäuser selbst oder von ihnen abgetrennte Geschoßpodeste wurden stabil genug errichtet, um den Zerknall von 500 kg Bomben auszuhalten.
Wenn in Dresdner Wohnhäuser irgendwo sichere Luftschutzräume eingebaut wurden, entstanden sie allein dank privater Initiative.«  
Und Gauleiter Martin Mutschmann baute sich einen privaten Bunker. Bei der Vernehmung durch
die Rote Armee bedauerte er die Zerstörung von Kunstschätzen und anderen Dingen der Stadt, auf
die Frage, ob er an Menschenopfer nicht denke, sagte er:

   »Menschen sind natürlich auch viele umgekommen. Aber ich meine nur, die Kunstschätze kann man nicht mehr ersetzen.«  
Und auf den mangelnden Luftschutz angesprochen:

9 Jürgen Elsässer, Drei Dresdenlügen in: aus: J.Elsässer, Wenn das der Führer hätten erleben dürfen. 29.
Glückwünsche zum deutsche Sieg über die Alliierten.
10  Cit. bei Götz Bergander, Dresden im Luftkrieg, 1998 Würzburg S. 224f
11  a.a.O. 226
12 Friedrich Reichert, Verbrannt bis zur Unkennlichkeit, in: Verbrannt bis zur Unkenntlichkeit. Die Zerstörung Dresdens
1945,. Begleitbuch zur Austellung im Stadtmuseum Dresden Februar bis Juni 1995, Dresden 1994, S. 40ff
13  Götz Bergander, a.a.O. S. 95
14  Cit. bei Bergander a.a.O. S. 110

  »Nach den Luftangriffen warf man mir vor, ich hätte in Berlin energischer auftreten müssen und einfach bei einer weiteren Verweigerung von Luftschutzbauten die Verantwortung ablehnen sollen. Da hätte ich jedoch dem Führer meinen Posten als Gauleiter zur Verfügung stellen müssen, und das tut man doch wegen so etwas nicht.«  

Memoria rerum gestarum
Hätten sich nicht allerlei Mythen und Legenden um die Wirklichkeit des Luftkrieges über
Dresden gesponnen, wäre darüber gar nichts mehr zu sagen oder gar zu beklagen. Es war Krieg –
genauso schlecht und gut – wie in anderen Städten auch und die Menschenverluste waren solcher
»Menschenliebe« wie des eben zitierten Gauleiters zu verdanken, die sich um Sachen und den
Endsieg mehr sorgen machen als um Menschen.
Die Mythen betreffen mehrere Gesichtspunkte, einmal die Zahl der Toten, die bis über 300.000
übertrieben wurden. Dann die Kriegswichtigkeit und der Erfolg der Angriffe, der schon gezeigt
wurde und dann die Erfindung oder auch nur Einbildung von Tiefflieger-Angriffen. Der Mythos,
der Produkt des Kalten Krieges war, die Behauptung der Sowjetkommunisten, die Zerstörung
Dresdens sei ein Kalkül der Westalliierten gewesen, den Vormarsch der Roten Armee zu behindern
und eine prospektive sowjetische Besatzung zu hintertreiben, ist schon bei der Behandlung der
Tatsachen widerlegt worden.
Wenn historische Vorgänge derart verzerrt dargestellt werden, ist es angebracht die Frage nach
den konstitutiven Bedingungen des Gegenstandes zu stellen, nach Gedächtnis und Erinnerung, nach
der Geschichtskultur, dem »Inbegriff der Deutungen von Zeit durch historische Erinnerung, die für eine Gesellschaft notwendig ist, um ihre Lebensformen und -vollzüge im aktuellen Prozeß des zeitlichen Wandels sinnhaft zu organisieren« .
Der Fortschritt von einem Geschichts- und Zeitbegriff, der von Erinnerung abstrahiert zu einem
durch Erinnerung konstituierten Begriff von Geschichte wird in Walter Benjamins Passagenwerk
als kopernikanische Wende der geschichtlichen Anschauung aufgefaßt:

  »Die kopernikanische Wendung in der geschichtlichen Anschauung ist dies: man hielt für den fixen Punkt das ,Gewesene` und sah die Gegenwart bemüht an dieses Feste die Erkenntnis tastend heranzuführen. Nun soll sich dieses Verhältnis umkehren und das Gewesene seine dialektische Fixierung von der Synthesis erhalten, die das Erwachen mit den gegensätzlichen Traumbildern vollzieht. Politik erhält den Primat über die Geschichte. Und zwar werden die historischen »Fakten« zu einem uns soeben Zugestoßenen: sie festzustellen ist die Sache der Erinnerung. Und Erwachen ist der exemplarische Fall des Erinnerns. Jener Fall, in dem es uns gelingt, des Nächsten, Naheliegendsten (des Ich) uns zu erinnern. Was Proust mit dem experimentierenden Umstellen der
Möbel meint, Bloch als das Dunkel des gelebten Augenblicks erkennt, ist nichts anderes als was hier in der Ebene des Geschichtlichen und kollektiv gesichert wird. Es gibt ,noch nicht bewußtes Wissen´ vom Gewesenen, dessen Förderung die Struktur des Erwachens hat.«  
  »In der Erinnerung erkennt sich die Gegenwart nicht nur als durch die Vergangenheit bedingt,
sondern die Gegenwart wird in den Mittelpunkt gerückt. Es gibt zwei Varianten  dieses Textes,
die verschieden nuancieren, in der späteren – hier nicht zitierten – Fassung überwiegt das
unwillkürliche Moment in den historischen Fakten, das dem politischen Willen und der Aktion
zugrunde liegt, während in der früheren das Moment der Synthesis mehr betont wird, auf das es mir
vorrangig ankommt. Das Erwachen aus einem Traum, das den Bildspender abgibt, bedeutet das
Wahrnehmen von Geschichte als eigener. Im Traum gibt es keine Erinnerung an das Ich, diese
entsteht im Erwachen, in Blochs »Schlafkammer des gelebten Augenblicks«.  
Der Dresden-Mythos ist gekennzeichnet durch ein Ausfall von Synthesis-Leistungen, die ähnlich

15  ebenda
16  Jörn Rüsen, Geschichtskultur als Forschungsproblem, in: Jahrbuch für Geschichtsdidaktik Bd. 3, Pfaffenweiler
1991/92, S. 39-50, hier S. 40
17  Walter Benjamin, Das Passagen-Werk, Gesammelte Schriften Bd. 5, S. 1057f
18  Die andere Variante findet sich auf den Seiten 490f.
19  Ernst Bloch, Prinzip Hoffnung, S. 353

wie der manifeste Trauminhalt der Deutung bedarf: Walter Benjamin analogisiert:

  »Die Verwertung der Trauminhalte beim Aufwachen ist der Kanon der Dialektik. Sie ist vorbildlich für den Denker und verbindlich für den Historiker.«  
Freuds Traumdeutung analysiert die psychischen Mechanismen, die den manifesten Trauminhalt
selegieren, die Mechanismen, die eine Zensur bewirken.
In analoger Weise ist auch die Erinnerung an Dresden zensiert, was Schuldgefühle weckt wird
ausgeblendet. Die unmittelbaren – wie auch immer traumatisch verzerrt – erlebten Ereignisse in der
Nacht vom 13. zum 14. Februar werden immer wieder herbeizitiert, aber nicht auf ihren
historischen Kontext bezogen. Der Konkretismus dabei könnte mit Adorno Konkretinismus genannt
werden. Es ist so wie mit dem armen, verlassenen Waisen, der seine Eltern ermordet hat und das
ausblendend um Mitleid fleht, er sei doch ein armer Waiser und man möge ihn nicht auch noch mit
Schuldvorwürfen quälen. Ist sein elendes Dasein als Waise nicht Strafe genug? Die
traumatisierenden Ereignisse werden aus ihrem historischen Kontext gerissen, sie verlieren ihre
historische Sinnhaftigkeit und die Bombenangriffe werden nur noch als sinnloser Terror gewertet,
das Bewußtsein verharrt in einer mythischen Bewußtseinslage, die nur durch historische Erfahrung
zu sprengen wäre, an der gar kein Interesse besteht, außer dasjenige, nichts an sich heranzulassen,
das Schuldgefühle wecken könnte. Die reale Möglichkeit des Erinnerungsverlust ergibt sich aus der
spezifischen Konstitution kapitalistischer Produktionsweise, als einer, in der die Tradition in den
Mitteln stattfinde, während die Geschichtserinnerung polemisch mit der bürgerlichen Überwindung
traditionaler Herrschaft ausgelöscht wurde.
Benjamin verwendet ein Bild aus dem trojanischen Krieg:

»Das kommende Erwachen steht wie das Holzpferd der Griechen im Troja des Traums.«
Mit dem Kapitalismus – so Benjamin – sei ein »neuer Traumschlaf über Europa« gekommen und
damit »eine Reaktivierung der mythischen Kräfte« . Mit der Konstitution bürgerlichen
Gesellschaft etablierte sich also eine prinzipielle Verdrängung von Geschichte, wie sie bereits von
dem französischen Revolutionär Sieyes ganz bewußt propagiert wurde:

  »Dürfte man die Dinge beim Namen nennen, könnte man fragen, was der Unterschied zwischen einem Bürger (Bourgeois) und einem richtigen Privilegierten ist. Nun, dieser blickt unablässig zurück in die edle Vergangenheit; dort sieht er seine Stärke, er lebt seinen Vorfahren. Der Bürger dagegen blickt unverwandt auf die allgemeine Gegenwart und die gleichgültige Zukunft, mit seinem Fleiß ernährt er jene und bereitet die andre vor. Er ist, statt gewesen zu sein; ihn trifft die Strafe … und die Schande, all seinen Verstand, all seine Kraft für unseren jetzigen Dienst einzusetzen und von seiner Arbeit zu leben, auf die alle angewiesen sind. Ach, warum geht der Privilegierte nicht in die Vergangenheit, genießt das seine Titel und Würden und überläßt der dummen
  Nation die Gegenwart und die Unfeinheit!«  
Tradition wird in der Gesellschaft negiert, wo sie irreflexiv in den Produktivkräften bzw.
Produktionsmitteln bewahrt wird. Kontinuität ist somit nicht gegeben, sondern kann nur konstruiert
werden. Erinnerung ist anders als in traditionaler Vergesellschaftung nicht konstitutiv für die
Aufrechterhaltung der Herrschaft und wird somit fungibel und somit zum Objekt von
Geschichtspolitik. Sie kann durch nationalistische Indoktrination, die in Deutschland stets den
Juden als Antagonisten hatte, ersetzt werden. Und dabei stört Erinnerung nur, insbesondere, sofern
sie Schuldgefühle weckt.
Diesen Sachverhalt berührt Walter Benjamin:

  »Das träumende Kollektiv kennt keine Geschichte. Ihm fließt der Verlauf des Geschehens als immer nämlicher und immer neuester dahin. Die Sensation des Neusten, Modernsten ist nämlich ebenso Traumform des

20  Walter Benjamin, Das Passagen-Werk, Gesammelte Schriften Bd. 5, S. 580
21  A.a.O. S. 495
22  A.a.O S. 494
23  Emmanuel Joseph Sieyes, Politische Schriften 1788-1790, übersetzt und herausgegeben von Eberhard Schmitt und   Rolf Reichardt, Darmstadt und Neuwied 1975 S. 102

   Geschehens wie die ewige Wiederkehr alles gleichen. Die Raumwahrnehmung, die dieser Zeitwahrnehmung entspricht, ist die Superposition. Wie sich nun diese Formen auflösen im erhellten Bewußtsein, treten an ihrer statt politisch-theologische Kategorien zu tage. Und erst unter diesen Kategorien, die den Fluß des Geschehens erstarren lassen, bildet sich in dessen Innern als kristallinische Konstellation Geschichte. – Die ökonomischen Bedingungen, unter denen eine Gesellschaft existiert, bestimmen sei nicht nur im materiellen Dasein und im ideologischen Überbau: sie kommen auch zum Ausdruck. Genauso wie ein Schläfer ein übervoller Magen im Trauminhalt nicht seinen ideologischen Überbau findet, genau so mit den ökonomischen Lebensbedingungen das Kollektiv. Es deutet sie, es legt sie aus, sie finden im Traum ihren Ausdruck und im Erwachen ihre
Deutung.« 
Welcher latente Inhalt sich im manifesten ausdrückt, gilt es zu fragen. Was ist bei der
Konstitution des Dresden-Mythos der latente Inhalt, der die Verzerrung von Geschichte bewirkt? Es
ist dasselbe Motiv, das heute auch bei der Beurteilung der Politik Israels eine Rolle spielt und
dasselbe, das auch in Japan dazu führte, daß die Täter nicht zu mehr in der Lage waren als zu einer
erzwungenen Reue, erzwungen durch die internationale Öffentlichkeit. Die Verdrängung der
Kriegsschuld erfolgt in Japan ähnlich wie im Falle Dresden mit Hiroshima und Nagasaki.
Die heimliche Logik, die sich in den Mythen verbirgt, ist simpel. Es denkt in den Deutschen:
Wenn ich schon die Schuld des deutschen Kollektivs, mit dem ich identifiziert sein und bleiben
will, nicht leugnen kann, dann sollen doch wenigstens die anderen auch nicht besser sein. Und so
tendieren Darstellungen des Bombenkriegs nicht zufällig dahin, in Formulierung und Gestus
gängiger Darstellungen der Taten der Deutschen sich anzuähneln. Projektion als »typisch
bürgerliche Pathologie«(H.J. Krahl) ersetzt die historisch-kritische Konstitution, die synthetischen
Leistungen des Verstandes und die Rekognition im Begriffe werden – sei´s pathologisch affiziert,
sei´s propagandamäßig genudelt – korrumpiert. Die Medien dominieren der Einsicht Günther
Anders zufolge die Wirklichkeit.
   »Wenn das Phantom wirklich wird, wird das Wirkliche phantomhaft.«   
Ich zitiere aus einer Webseite, die Dresden gedenkt, die offenkundig das ausspricht, worum es
geht, nämlich, die Bombardierung Dresdens so herzurichten, daß sie zur Entlastung des Gewissens
hinsichtlich der Verbrechen der Deutschen in der NS-Zeit instrumentalisierbar wird. Dieser Bezug
ist nicht von außen an die Sache geführt, sondern wird von den Legendenbildnern selber hergestellt,
was ich daher an einem Beispiel ausführlich dokumentiere,das aus dem letzten Jahr stammt:

   »Dürfen wir um Dresden trauern?
Trauer und Gedenken stehen in Deutschland 56 Jahre nach dem Ende des Krieges hoch im Kurs. Religiöse und ethnische Minderheiten haben schreckliche Verfolgungen erlitten, dies ist gewiß ein Grund zum Gedenken. Gewiß. Aber es wurden auch Millionen von deutschen Menschen getötet,  Menschen, die genauso unschuldig waren wie die heute herausgehobenen Opfer. Auch sie hatten nichts anderes getan, als zu einem unterlegenen Volk zu gehören.
  Genauso unschuldig…
Das deutsche Volk war ahnungslos. Es war durch die Massenmedien der Zeit im Sinne des Zeitgeistes
indoktriniert, im Unwissen gehalten, betrogen und getäuscht über das, was im Hintergrund ablief. Daß sich so viele Menschen täuschen lassen konnten, ist den Nachgeborenen heute kaum noch vorstellbar. Es sollte uns gerade heute eine Warnung sein. Auch heute ist das Wissen durch ein System von Schlagworten ersetzt, die die allgemeine Ahnungslosigkeit mit Phrasen verhüllt. Besonders gering ist das Wissen um die historische Situation und die vielen Gründe, die in einen Krieg führten, in dem Millionen von Deutschen bis zum äußersten gekämpft haben.
   …für Deutschland gekämpft
  Sie haben für Deutschland gekämpft, nicht weil sie für Hitler waren, sondern weil sie ihr Vaterland retten wollten, das in eine schier ausweglose Situation geraten war. Unsere Großväter und Väter waren keine Verbrecher – bis auf wenige Ausnahmen wie in anderen Völkern auch -, sondern sie haben gekämpft, ,weil sie ihr Land liebten´, – so hat es Francois Mitterand noch am 8. Mai 1995 unseren Politikern ins Stammbuch geschrieben.

24  A.a.O. S. 1023
25  Günther Anders, Die Antiquiertheit des Menschen Bd. 1, 1987 , S. 105

 Und jeder, der von Verbrechen redet, möge zuerst in seiner eigenen Familie nach Tätern und Opfern suchen, bevor er sich mit Pauschalurteilen gegen die Generation seiner Väter stellt.
Eine kollektive Schuld der Deutschen hat es nie gegeben, alle Kinder und Greise, alle Frauen und Mädchen, die Opfer des Bombenterrors, der Vertreibung und der Hungerjahre wurden, hatten keine Schuld. Sie waren Opfer, auch Opfer einer kollektiven Verleumdung.
In der Sowjetzone wurde diese Schuld-Propaganda besonders gerne von jenen aufgenommen, die unter dem Mantel der Freundschaft mit einer fremden Macht den Kampf gegen Deutschland von innen weiterführten.
  Wer das eigene Volk beschuldigte, der war sich der Gunst der Siegermächte sicher, und so ist es nicht erstaunlich, wie groß mit den Jahren das Heer derjenigen wurde, die sich vor Selbstbezichtigung geradezu überschlugen.
   Die von der östlichen Siegermacht installierten Zeitungen und Rundfunkanstalten machten sich an die Bearbeitung der Volksseele; anstelle der natürlichen Zuneigung zum eigenen Land konnte sich ein nationaler Selbsthaß zum Mittelpunkt eines neuen Nationalbewußtseins entwickeln, der bis heute seine Blüten treibt.
   Den Massenmedien mit ihren feinen Methoden des selektiven Erinnerns und des selektiven Vergessens ist eine Bearbeitung des Bewußtseins der Nation gelungen, die heute ein Gedenken daran, daß auch Millionen Deutsche Opfer waren, zu einem öffentlichen ungeliebten Unterfangen machen.
   Dies ist ein unnatürlicher Zustand, der in kaum einem anderen Lande möglich wäre. Welche deutsche Familie hat keine Toten in diesem Krieg zu beklagen?
   Es ist unnatürlich, wenn die Menschen nicht um ihre nächsten Angehörigen trauern, nicht derer gedenken, mit denen sie durch die Gemeinschaft der Liebe und des Schicksals unzertrennbar verbunden sind.
   Es ist menschenverachtend, würdelos, ja niederträchtig, wenn ein Volk nicht seiner eigenen Toten gedenkt. So wie die Toten verschwiegen, geleugnet, als ,selber schuld gewesen´ verhöhnt werden, so werden auch die Zahlen heruntergerechnet. Meist sind offizielle Zahlen unter Verschluß.
   Dies gilt für Dresden, wo ARD und ZDF sich auf ,über 15.000´ geeinigt haben, genauso wie für die Gesamtzahl der getöteten Deutschen, die bei mindestens 9 Millionen – nach anderen Untersuchungen sogar bei über 13 Millionen Toten – liegt.  
   Nur weil sie Deutsche waren
   Für diese Toten, die auch Opfer eines kollektiven  Schicksals wurden, die allein deshalb starben, weil sie Deutsche waren, gibt es in diesem Land keine angemessene Ehrung.
   Für diese nationale Katastrophe gibt es kein zentrales Museum, keine Gedenkstätte, keinen Gedenktag, kaum feierliche Reden der ,Großen dieses Staates´. Wo sollte man ihrer gedenken?
   Sie liegen verstreut in den zerbombten Städten zwischen Köln und Königsberg, sie liegen verscharrt an den Wegrändern in Ostpreußen und Schlesien, in den Rheinwiesen und in Sibirien, und sie liegen auf allen Friedhöfen der Hungerjahre, an die sich heute keiner mehr erinnern will.
   Nur an einem Ort ist der massenhafte Tod unschuldiger deutscher Menschen und die Zerstörung deutscher Kultur wie keinem an anderen versammelt:   In Dresden
   Hier sollten wir des Schicksals jener Millionen von Deutschen gedenken, für die das Kriegsende keine Befreiung war.«  
Die Deutschen waren demgemäß so unschuldig wie ihre Opfer, vor allem Juden, gehörten ebenso
einem unterlegenen Volk an, ahnungslos und indoktriniert hätten sie gekämpft für das Vaterland,
Pauschalurteile – wer wollte dem schon widersprechen – seien nicht angebracht und dann läuft es
darauf hinaus, eine Kollektivschuld-Vorwürfe abzuwehren, die niemand erhebt, ein famoses
Verfahren, das Günther Anders schon als eines erkannt hatte, das darauf abzielt die
Kollektivunschuld unter dem Strich herauskommen zu lassen. Behauptungen wie die, die offiziellen
Zahlen – ich hatte einige davon zitiert – seien unter Verschluß, sind leicht zu widerlegen, indem man
sie zitiert. Daß die ach so unschuldigen Deutschen gestorben sind, weil sie Deutsche sind, so wie
die Juden, weil sie Juden sind, ist dann wohl die dreisteste der Projektionen. Ähnlich wie Täter und
Opfer in Bitburg geehrt werden sollten, so werden die Opfer der Deutschen mit den Toten der
Luftangriffe gleichgesetzt. Da das nicht so ohne Weiteres geht, wenn man sich an die Wirklichkeit

26  Die Homepage ist zu finden unter der Adresse http://home.broadpark.no/~aduus/Dresden1/dresden1.html
hält, müssen an der Realität einige quantitative und qualitative Veränderungen vollzogen werden.
Wirklichkeit und Bild sind im Folgenden an zwei Punkten zu konfrontieren.

Überhöhte Zahlen
Von den zahlreichen Autoren, die über die Zerstörung Dresdens schrieben, war es ausgerechnet
Geschichtsfälscher David Irving, der in einem Prozeß unterlag, den er gegen Deborah Lipstadt
anstrengte, derjenige, der die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog. Genauer als in diesem Fall ist
wohl noch nie jemand das Geschichtsfälschen nachgewiesen worden. Das Problem ist, daß das
Buch schon längst seine Wirkung gehabt und dessen Inhalt wie ein Gerücht sich fortpflanzt und in
den Köpfen festgesetzt hat. Hier finden wir alle Legenden bereits vorgearbeitet, so daß darauf
genauer einzugehen lohnt. Mittlerweile hat sich Irving als Anhänger Hitlers demaskiert, der ein
Interesse hat die Taten klein zu reden, wie die Maßnahmen der Alliierten zu übertreiben. Und so
kommt er dem, was in den Deutschen denkt, entgegen und wurde so durch seine Arbeiten äußerst
wirksam. Daß er Engländer ist, wäre ja nur durch einen Juden zu toppen.
Die der Wirklichkeit am nächsten kommende Opferzahl von höchsten 35.000 hat Irving eine eins
vorgesetzt und log dreist:

  »Die Deutschen haben einfach die erste Ziffer weggelassen, um die Zahl für die Russen annehmbarer zu machen, die behauptet hatten, das Bomberkommando sei keine besonders wirksame Waffe.«  
Richard J. Evans erwiderte richtig, daß im Gegenteil die Russen eher ein Grund gehabt hätten, die
Zahl im kalten Krieg aufzubauschen und daß es keine Beweise gäbe, daß die erste Stelle
weggestrichen wurde. Aber das reichte ja Irving noch nicht. Gegenüber dem »Stern« äußerte er, es
sei

  »interessant zu sehen, wie die Zahl der Luftkriegstoten stetig wuchs, wie man es erwarten konnte.« »Ist das nicht imponierend?«  
Da waren bei ihm nun die Zahlen schon auf 200.000 angewachsen. Besondere Bedeutung hatte
ein Dokument, von dem Irving eine Kopie besaß mit dem Titel »Der höhere SS und Polizeiführer
Dresden: Tagesbefehl Nr. 47«, das einem Oberst Grosse zugeschrieben wurde, das sich als Auszug
aus der Schlußmeldung des Dresdener Polizeipräsidenten ausgab. Allerdings hatte schon 1955 Max
Seydewitz, früherer Bürgermeister von Dresden das Dokument als Fälschung abqualifiziert und
Irving hatte selber die Einschätzung 1963 akzeptiert und als raffinierte Propaganda bezeichnet.
Da Irving wegen des Prozesses gezwungen war, den Anwälten des Prozeßgegners die
Privatkorrespondenz und die Notizen für seine Forschung zugänglich zu machen, hatte der
Gutachter Evans einen guten Einblick in dessen Arbeitsweise. Seine indirekte Quelle war ein Dr.
Max Funfack, der Irving allerdings einen entrüsteten Brief schrieb, in dem er betonte, er hätte
Zahlen nur von dritter Hand erfahren und diese differierten erheblich, er sei auch gar keine
Standortsarzt gewesen, sondern nur Urologe im Lazarett und er betont:

  »Ich kann also keinerlei verbindliche Aussagen über die Zahl der Toten machen, sondern nur das wiedergeben, was mir berichtet wurde.«  
Irving hatte das Dokument von Walter Hahn bekommen, der mit Funfack befreundet war und
ohne dessen Wissen eine Abschrift angefertigte hatte. Irving log gegenüber dem RAF-Historiker
Noble Frankland, er habe das Dokument von Funfack erhalten, der während des Krieges
Standortarzt gewesen sei. Das wirkliche »Original« war selber eine Fälschung und enthielt ganz
einfach Zahlen, mit den Goebbels die Korrespondenten der Auslandspresse in Berlin fütterte und
die in Auslandssendungen der Nazis auftauchten. Irving war also einer Abschrift eines Dokuments

27  Dok. 142: Zeitungsausschnitt aus dem Daily Sketch, 29. April 1963 cit. bei: Richard J. Evans, Der
Geschichtsfälscher. Holocaust und historische Wahrheit im David-Irving-Prozeß, Frankfurt a.M. 2001, S. 196
28  a.a.O. S. 200
29  DJ 35. Max Funfack an Irving 19. Januar 1965 cit. bei Evans a.a.O. S. 201

aufgesessen, das Aktivitäten des Goebbelschen Propagandaministerium entsprang. Die Zahlen sind
absurd. Die Bergung von 200.000 bis 250.000 Leichen in einem Monat hätte mehr Personal und
Transporter gekostet als vorhanden waren. Und Irving wurde von Theo Miller, der dem
Räumungsstab angehörte, mitgeteilt, daß
  »alle aufgefundenen Leichen entweder bestattet oder auf dem Altmark verbrannt wurden«
Und er zeigte auf, daß so große Mengen in der Zeit zu bergen, wie Irving behauptete, technisch
nicht möglich wäre.
Irving mußte, nachdem der – von mir schon zitierte – Schlußbericht auftauchte einen
demütigenden Rückzieher machen, der entsprechende Leserbrief erschien in der »Times«. Aber der
Mythos hatte sich schon genügend verbreitet. Evans zitiert L.A. Jackson, Chefhistoriker des
britischen Luftministeriums nach dem Erscheinen des Leserbriefes von Irving:

   »Es ist praktisch unmöglich, einen Mythos dieser Art zu zerstören, wenn er sich erst einmal ausgebreitet hat und vielleicht in anderen Büchern auf der ganzen Welt gedruckt worden ist.«  
Aber Irvings Widerrufung war so vorbehaltlos nicht. Er bestritt weiterhin, daß die Polizei eine so
große Anzahl wie 18 375 Leichen gezählt haben könne, allerdings daß sie 202 040 Tote zählen
könne, daran hatte er seltsamerweise keinen Zweifel gehabt. In der deutschen Neuauflage 1967
spielte der »Tagesbefehl 47« immer noch eine herausragende Rolle wie in der englischen Ausgabe
1966 und die überhöhte Zahl von 135.000 war auch nicht revidiert. In der englischen Ausgabe von
1971 wurden die erbetenen Änderungen  nicht gemacht, die Zahl wurde lediglich auf 100.000
reduziert und der gefälschte »Tagesbefehl 47« war immer noch im Anhang enthalten. Nun fiel Götz
Bergander eine Abschrift des wirklichen Dokuments in die Hände, die Werner Ehlich hatte. Dort
betrug die Zahl der Todesopfer 20204, die Zahl der erwarteten Opfer 25000 und die der kremierten
Leichen 6865. Offenbar hatte jemand, vermutlich aus Goebbels Propagandaministerium hinter jede
der Zahlen eine Null angehängt. Erst 1977 rang sich Irving durch, die Fälschung als Fälschung
zuzugestehen. Nur hielt er weiterhin an höheren Zahlen fest. Er vergrößerte sogar die eigenen
Zahlen. Aus einer ständigen Bevölkerung Dresdens von 650.000 Einwohnern und hundertausenden
von Flüchtlingen wurden dann eine bis zwei Millionen Flüchtlinge. Den Zuwachs bezeichnet Evans
zurecht als Produkt der Phantasie. Bergander ermittelte eine Zahl von rund 200.000 Flüchtlingen.
Friedrich Reichert, ein Dresdner Historiker, wies nach, daß die Einwohnerzahl wegen der
abwesenden Frontsoldaten nicht 650.000, sondern 567.000 betragen hatte und addierte 100.000
Flüchtlinge dazu, was ja schon eine beträchtliche Zahl ist, aber weit von 2 Millionen entfernt.
So viel zu den Totenzahlen. Überhöhte Zahlen kursieren eh und je, teilweise finden sich in ein
und derselben Tageszeitung gleich drei abweichende Zahlen.

Die Legende von den Tieffliegern
Waren die Zahlen, mit der man hantierte, übertrieben, so kommen wir jetzt zu den reinen
Phantasieprodukten, die Erzählungen und Augenzeugenberichte von Tieffliegerangriffen auf
Dresden und Umgebung.
Einen ersten schriftlichen Beleg solcher Legenden zitiert Helmut Schnatz, dessen gründliche
Arbeit ich zur Grundlage meiner Argumentation genommen habe. Es handelt sich um einen Brief,
den der Leiter der Quäker-Hilfe Carl J. Welty in Koblenz am 10. 2. 1947 an seine Frau schrieb.

«Es gab drei schwere Luftangriffe in einer Nacht (sic)… Diejenigen, die in die wenigen Parks flohen, um den Flammen zu entkommen, wurden von Tieffliegern mit Maschinengewehren beschossen (machineguned by low-flying airplanes). Harry sagt, er wolle versuchen, zutreffende Zahlen und Fakten über Dresden zu erhalten, weil

 

30  Cit bei Evans a.a.O. S. 214
31  Cit. bei Evans a.a.O.

 

dies das schrecklichste Beispiel eines Massenmords aus der Luft ist neben Hiroshima und dieser anderen japanischen Stadt, was im Krieg vorkam.«  
Dies bezeugt, daß Gerüchte über ungewöhnliche Umstände bei den Angriffen schon kurz danach
kursierten.
Im Merian-Heft Dresden vom Juni 1949 findet sich schon gedruckt gelogen eine frühe Erzählung.

   »… Auf den Strom der Flüchtlinge, der sich in den Großen Garten ergoß, wohin sich auch die Tiere aus dem benachbarten Zoologischen Garten flüchteten, machten englische und amerikanische Flieger ebenso wie auf den Elbwiesen in Tiefangriffen mit Maschinengewehren Jagd.«  
Hier sind schon die Elemente der Legende versammelt, die alsbald immer wieder auftauchen, die
Lokalisierung, die Vorstellung von Menschenjagden mit Flugzeugen und Bordwaffen und die
Verwerflichkeit solcher Kriegshandlungen wird schon angedeutet. Übertroffen wird diese
Darstellung in dem zuerst im »Grünen Blatt« erschienen vermeintlichen Tatsachenbericht »Der Tod
von Dresden« von Axel Rodenberger, der dann als Buch herauskam. Der Ullsteinverlag war sich
nicht zu blöd, das von massenhaften sachlichen Unrichtigkeiten nur so strotzende Buch doch
tatsächlich 1995 wieder aufzulegen, immerhin aber mit einer distanzierenden Bemerkung im
Nachwort, was die historische Richtigkeit der Tieffliegerangriffe angeht. Die Anschaulichkeit der
Darstellung steigert sich in der Legendenbildung immer mehr, die Fülle von Details suggerieren
Authentizität:

   »Eine Steigerung des Entsetzlichen war kaum noch denkbar. Und doch stieg noch das Grauen. Im Tiefflug brausten Jagdbomber das Elbtal entlang, über die Elbwiesen hinweg. Ihre Bordkanonen und Maschinengewehre sprühten feurige Garben in diese dunklen Flächen hinein. Wie Perlenschnüre glitzerten die langen Reihen der Leuchtspurmunition, bis sie im Dunkel verschwanden… Die noch Lebenden bewegten sich nicht … Und die Bordkanonen bellten. Die Maschinengewehre ratterten. Wieder – wieder – wieder! In steiler Kurve wendeten die huschenden Schatten. Erneut sprühte das Feuerwerk der Vernichtung. Durch die feuerspeienden Schatten fielen die Bomben neuer Verbände. Kein Zufallstreffer wischte einen der huschenden Schatten hinweg. Sie flogenunbeirrt und kehrten zurück. Wieder – wieder – wieder!«
Noch dreister ist die Darstellung von Karl Bartz:

   »Drei Stunden später (nach dem ersten Nachtangriff, d. Vf.) schlug das Verhängnis wieder zu. Wieder erschienen 1000 Bomber, diesmal im Tiefflug (Hervorhebung des Verfassers) und warfen in die Menschenmenge Spreng- und Splitterbomben, und dann schlossen sie mit Bordwaffen in die sich windende Menschheit!«  
Die Bomber flogen nämlich in Höhen zwischen 6930 und 2310 Metern. Und wären sie tiefer
geflogen, dann hätten die Bombenschützen nicht gleichzeitig in den MG-Türmen sich befunden
haben können, um schnell mal ein paar Leute abzuknallen.
In der DDR war die Literatur auch nicht besser, Max Seydewitz umfangreiches Werk
kommentierte den zweiten Angriff:

   »Dieselben Herren, die dem Rundfunksprecher in London den Auftrag gegeben hatten, den Menschen in dem brennenden Dresden zu empfehlen in den Großen Garten zu gehen, dieselben Menschen beauftragten ihre Bombengeschwader, über den Großen Garten zu fliegen und dort auf die hilf- und schutzlosen Männer und Frauen, Kinder und Greise ihre Bomben abzuwerfen, über sie glühenden Phosphor auszugießen und schließlich die trotz Bomben und Phosphorbränden noch nicht Umgekommenen mit Bordwaffen abzuschießen.«
Und in Bezug auf den dritten Angriff:

 

32  cit..bei Helmut Schnatz, Tiefflieger über Dresden? Legenden und Wirklichkeit,  Köln, Weimar, Wien 2000, S. 7, der
erwähnte Harry ist sein Mitarbeiter Harry Pfund.
33  Fritz Löffler, Das heutige Stadtbild. In: Heinrich Leippe (Hrsg.), Merian Dresden, Hamburg 1949 S. 59 cit. bei
Schnatz a.a.O. S. 7
34  Axel Rodenberger, Der Tod von Dresden, berlin 1952, S. 128 cit. bei Schnatz a.a.O.S. 8
35  Hans Rumpf, Der hochrote Hahn, Darmstadt 1952, S 349 cit. bei Schnatz S. 9

 

»Und wieder gab es Tote und Verwundete, brennende und zusammenstürzende Häuser, Entsetzen und Verzweiflung. Dann folgen die Flieger über die Elbwiesen, die schwarz von Menschen waren, die sich aus der brennenden Stadt gerettet hatten, und schossen dort im Tiefflug am hellichten Tag in die Menschen hinein«  
So aufbereitet drang die Legende 1959 auch in die wissenschaftliche Literatur ein, in Maximilian
Czsesanys Dissertation »Der Luftkrieg 1939-1945«. Die Formulierungen deckten sich im Wortlaut
und Darstellung mit den schon zitierten. Und Anfang der 60er Jahre übernahm David Irving, den
wir schon als Geschichtsfälscher kennengelernt haben, die Sache publizistisch. In der »Neuen
Illustrierten« erschien ein Bericht von 35 Folgen, der so erfolgreich war, daß er 1964 als Buch
herauskam. So war die Tieffliegerlegende so sehr in den Köpfen, daß man mit Tatsachen und
Beweisen sie nur noch schwer erreicht. Irving wiederholte allerdings nicht die Legenden über
nächtliche Tieffliegerangriffe, wohl weil er gewissen Kenntnisse in die technischen Möglichkeiten
der geflogenen Flugzeuge hatte, sondern bezog sich auf die angeblichen amerikanischen
Tiefangriffe:

  »Aber es sind nicht die Bomber, die diesen Angriff so schrecklich machten, … Es sind die Begleitjäger vom Typ Mustang. Sie haben den Befehl (Hervorhebung des Verfassers), die Verwirrung auf den Ausfallsstraßen bis zur Panik zu steigern. …«  
  »In den Krankenwagen, die mit großen, weithin sichtbaren roten Kreuzen versehen sind, liegen zahlreiche Schwerverwundete. Als die Tiefflieger angreifen, halten sie es in dem Wagen nicht mehr aus …. Vor uns steht ein offener Lastwagen. Auf seine Ladefläche liegen schwerverwundete Soldaten. Die Fliegen schießen aus allen Rohren mit Bordwaffen. …. Und immer wieder kehren die Maschinen zurück, nehmen alle Wagen auf den Elbwiesen unter Feuer … Wie auf den Elbwiesen, so ist es auch im Großen Garten, so ist es vor allem auch in den Außenbezirken der brennenden Stadt an der Elbe, wo sich die endlosen Kolonnen der Treckfahrzeuge vorwärtschieben. Das sind die , Truppenverbände´ und , Marschkolonnen´, die nach den Berichten der Piloten angegriffen werden sollen.«  
Irvings Darstellung suggerierte Wissenschaftlichkeit, indem er auf angebliche Befehle, beteiligte
Einheiten, genaue Uhrzeiten, technische, fliegerische und organisatorische Details abhob. Und
selbst nachdem bereits 1977 Götz Berganders seriöse Arbeit über den Luftkrieg über Dresden
Zweifel an der Existenz von Tiefangriffen erhoben hatte, wurde die Erstauflage 1990 und 1995
unverändert nachgedruckt. Die Legenden wurden immer wieder zitiert, gingen in
Nachschlagewerke ein, wurden zu den Jahrestagen in den Tageszeitungen und in Fernsehserien
wiederholt. Es könnten unzählige Belege gebracht werden, ich verweise auf die detaillierte
Darstellung von Helmut Schnatz.
Eines haben dies Darstellungen gemeinsam, sie zeigen, daß die »Zeugen« gar keine klaren
Vorstellungen hatten, was Tiefflieger und Tiefangriffe sind. Die Bilder, die über die Wirklichkeit
dominieren, stammen aus Propagadafilmen wie »Kampfgeschwader Ätzow«. Dort werden die
deutschen Bordschützen glorifiziert, sie würden Polen mit Bordwaffenbeschuß verjagen und so
genau treffen, daß keine Volksdeutschen in Gefahr geraten. Das ist allerdings schier unmöglich, wie
soll man mit einem mit 200-300 km/h fliegenden Flugzeug einzelne Personen ausmachen. Die
deutschen Wochenschauen zeigen Bilder, wie aus Bugkanzeln von Bombern (He 111 oder Ju 88)
aus niedriger Höhe auf gegnerische Fahrzeugkolonnen mit Maschinengewehren gefeuert wurde
Solche Tiefangriffe waren selten, zumal die niedrig fliegenden Flugzeuge ein schönes Ziel für die
Flak-Verteidigung boten. Schnatz beschreibt die am häufigsten und erfolgreichsten Tiefangriffe
folgendermaßen, es greifen

  »ein- oder zweimotorige Jäger oder Jagdbomber, also kleine, sehr schnelle und wendige Flugzeuge« mit »Bordwaffen, also schweren Maschinengewehren oder Maschinenkanonen« an. Unter Jagdbomber sind zu verstehen: »Jagdflugzeuge, die speziell dafür ausgerüstet sind, auch Raketen oder ein oder zwei Bomben kleinen Kalibers (insgesamt 100 lb. = 453 Kg) mitführen zu können und die in Frontnähe gegen Ziele am Boden eingesetzt werden. Haben sie Bomben abgeworfen, können sie mit Flugeigenschaften wie Jagdflugzeuge gegnerische Flugzeuge angreifen oder sich gegen sie verteidigen. Solche Flugzeuge waren nicht an den

36  Max Seydewitz, Zerstörung und Wiederaufbau von Dresden, Berlin (Ost), 1955, S. 79
37  David Irving, und Deutschlands Städte sterben nicht, Zürich 1964
  Luftangriffen auf Dresden am 13. und 14. Februar beteiligt, obwohl das in den zahlreichen Aussagen immer wieder gesagt wird.«  
Die Maschinengewehre oder leichten Kanonen von Jägern und Jagdbombern waren starr im
Rumpf oder den Tragflächen eingebaut, so daß das Ziel mit dem gesamten Flugzeug anvisiert
werden mußte, so daß sie in gerader Linie genau auf das Ziel zuflogen und das hatte in einer
Mindesthöhe von 200 bis 300 Metern zu erfolgen, wenn man sich nicht in einen Kamikazeflieger
verwandeln wollte. Und aus so einer Höhe muß ein Ziel überhaupt erst einmal erkannt werden.
Tiefangriffe, die dicht über den Dächern oder in Häuserhöhe erfolgen, sind technisch mit
Bordwaffen gar nicht möglich. Ein Ziel von 2×2 m wirkt im Visierkreis des Zielgeräts wie eine
Briefmarke. Überhaupt etwas zu treffen ist selbst für geübte Piloten schwer. Man hat etwa 1,5
Sekunden Zeit zum Zielen und treffen, so daß allerhöchstens ein Ziel getroffen werden kann. Die
Schilderungen von rauschhaften, frischfröhlichen, übermutigen, waghalsigen Aktionen, »Germans
in Rudeln zu jagen« sind nicht einmal denkbar, da es sich um gefährliche Flugmanöver handelt, die
Beherrschung des Flugzeugs, Selbstkontrolle, höchste Konzentration erfordern. Das Stereotyp: »Sie
schossen auf alles was sich bewegte« entsprach überhaupt nicht der Wirklichkeit von Tiefangriffen.
Wenn Tiefflieger auftauchten, erstarrte alles oder man, sah zu Züge oder Fahrzeuge zu verlassen.
Geschossen wurde höchstens auf alles, was man überraschen konnte. Aber nun mal nicht in
Dresden.
Helmut Schnatz weist detailliert nach, welche Rahmenbedingungen notwendig gewesen wären,
damit Tiefangriffe hätten möglich gewesen sein können. Jede einzelne fehlende Bedingung macht
für sich genommen solche Angriffe technisch unmöglich. Zu den angebliche Tiefangriffen bei
Nacht ist zu sagen: Die Lancaster Bomber scheiden für die Annahme von Tiefangriffen von
vornherein aus. Der Mosquito dagegen war ein kleines und wendiges Flugzeug, käme also
grundsätzlich in Betracht. Der Typus, der als Markierungsflugzeug eingesetzt wurde besaß keine
Bordwaffen und kam dafür insofern nicht in Frage. Andere Typen wären für die Fernnachtjagd im
Prinzip möglich. Diese erschienen ab Winter 1943/44, um die Einflüge der Bomber abzuschirmen.
Man wußte, daß durch die Benzinknappheit, Treibstoff bei den Deutschen sparsam eingesetzt
werden mußte, so daß es keine zwei größere Nachtjagdeinsätze der Deutschen hätte geben können.
Der Schwerpunkt des Einsatzes lag also in der ersten Operation. Allerdings waren die meisten
Einsätze dieser Flugzeuge nicht im Ostbereich, sondern in der Westhälfte des Reiches. Schnatz geht
einige Möglichkeiten durch, eine Gruppe von Squardronen ließ sich leicht ausschließen:

  »Scheidet man … alle die Mosquitos aus, die aus Gründen des Einsatzraumes für Tiefangriffe in Dresden nicht in Betracht zu ziehen sind, so zeigt sich, daß sie gleichzeitig auch aus Gründen der Flugzeitangaben hierfür nicht in Betracht kommen. Aus dem Flugzeitendiagramm für die Nacht des 13. /14. Februar 1945 (…) geht klar hervor, daß fast alle Mosquioto- Nachtjäger so frühzeitig in England landeten, daß für sie die Zeitspanne zwischen dem zweiten Angriff auf Dresden (nach dem ja dann die Tiefangriffe stattgefunden haben sollen) und der Landezeit in England für den Rückflug viel zu kurz gewesen wäre  – mit anderen Worten, diese Flugzeuge scheiden in jedem Fall für Tief aus.«  
Für andere Typen stellt Schnatz komplizierte Berechnungen der Flugzeiten an, am Maßstab der
Flugzeiten der Markierungsflieger und gemäß der erzielbaren Geschwindigkeiten. Die Mosquitos
waren allesamt auf dem Rückflug, als der erste Angriff schon lief. Fazit:

  »Aus den britischen Einsatzaufträgen, Flugdaten und -strecken wie aus den deutschen Luftlagemeldungen ergibt sich damit, daß es keine britischen Tiefangriffe mit Bordwaffen gegeben hat. Auch die Markierer kommen nicht in Frage, da die von ihnen geflogenen Bomberversionen, wie schon erwähnt, keine Maschinengewehre und – kanonen besaßen.«  
Schnatz geht aber noch weiter und nimmt hypothetisch Tiefangriffe an, die durch Piloten
erfolgten, die von ihrem eigentlichen Auftrag abwichen, wie das ein Leserbrief in der FAZ meinte
behaupten zu dürfen. Die 6 Flieger, die nichts zu tun gehabt haben sollen, hätten dann dieser

38  Schnatz, a.a. O. S. 39
39  Schnatz a.a.O. S. 54
40  a.a.O. S. 61

Argumentation zufolge im »Rausche des Mordens« ihre eigenen Ziele gesucht. Dann aber bleiben
immer noch die atmosphärischen Bedingungen und ihre Auswirkungen auf die Flugzeuge. Vor
allem die Feuerstürme und Flächenbrände machten Tiefangriffe dort generell unmöglich:

   »Selbst wenn also einzelne Nachtjäger unmittelbar über Dresden geflogen wären, so wären sie schlichtweg lebensmüde gewesen, sich mit ihren leichten Maschinen hinunter in die Hölle zu stürzen,die am Boden und natürlich auch in Bodennähe in den Höhelagen der Tiefflieger raste.«  
Es sei also die Zusammenfassung der Argumentation zitiert:

  »Wie sich aus der Untersuchung ergibt, sind die behaupteten Tiefangriffe in der Nacht Phantasmagorien, geboren aus dem Schrecken einer urplötzlich hereingebrochenen unerwarteten Katastrophe gigantischen Ausmaßes. Von den Hunderten von Flugzeugen, die die britische Luftwaffe in der Nacht des 13. /14. Februar 1945 gegen Deutschland fliegen ließ, war nur ein sehr kleiner Teil, nämlich Maschinen des Typus Mosquito, in der Lage, Tiefangriffe der Art, wie Literaten und Augenzeugen sie behaupten, zu fliegen.
  Von den Mosquitos wiederum war

= der weitaus überwiegende Teil nicht gegen Dresden selbst, sondern räumlich weit davon entfernt eingesetzt und
= ist auch nicht dorthin geflogen;
= von denjenigen, deren Auftrag der Schutz der Bomberverbände auf ihrem Weg nach und von Dresden war,
scheitet ein weiterer Teil
= aus Zeitgründen aus;
= diejenigen, die danach noch verbleiben könnten, kommen nicht in Frage, weil ihre Flugstrecke in dieser Nacht
nicht weit genug oder
= ihre Flughöhe zu hoch und
= ihre Tätigkeit, wie einwandfrei dokumentiert, eine andere war als Tiefangriffe.
= Selbst wenn die wenigen – insgesamt drei – Piloten, die in Frage kämen, es gewollt hätten, die Auswirkungen des
Feuerorkans, der in und um Dresden tobte, hätten ihnen eine Ausschau nach Zielen in Gestalt von Personen am
Boden und ein Fliegen, wie es die Taktik des Tiefangriffs erfordert, schlichtweg unmöglich gemacht.«  
Amerikanische Tiefangriffe erscheinen prima facie plausibler, allerdings richteten diese – wo sie
tatsächlich stattfanden – gegen andere Ziele. Auf Züge, die wegen Treibstoffmangel das wichtigste
Transportmittel der Wehrmacht waren. Daher wurden zusätzlich Wagen mit Flak-Geschützen
angehängt und die ersten Wagen blieben als Schutzwagen leer. Weitere Ziele waren
Schiffstransporte und seltener der militärische und zivile Straßenverkehr. Dies betraf allerdings
mehr das offene Land, wo mit leichter Flak gerechnet wurde, große Städte wurden gemieden,
wegen der Flak-Konzentration. Des weiteren hätten auch die Auswirkungen der britischen und
amerikanischen Luftangriffe und die Wetterbedingungen ein Tiefangriff entgegengestanden. Die
Sicht war nicht nur in großer Höhe, sondern auch am Boden so schlecht, daß Tiefangriffe
Kamikaze-Flüge gewesen wären. Tiefangriffe über Dresden wären unverantwortlich, leichtsinnig
gegenüber den eigenen Leuten gewesen. Schnatz vergleicht das, was die Piloten hätten leisten
sollen mit den Kunstflügen 1988 über der US-Air Base in Ramstein, bei der neun Flugzeuge im
Tiefflug kollidierten. Und das aber waren Piloten, die ihr Programm immer wieder eingeübt hatten.
Zusammenfassend zu den angeblichen Tiefangriffen bei Tage schreibt Schnatz:

= »Entgegen Seydewitz, Irving und anderen ist festzuhalten, daß es keine Befehle gegeben hat, mit Tiefangriffen die Dresdner Bevölkerung zu terrorisieren, sondern daß nur auf dem weiteren Rückweg und nur unter der Bedingung Tiefangriffe erlaubt waren, daß keine Jäger erschienen waren oder erwartet wurden,
= daß diese Bedingung im Fall Dresden nicht gegeben war, sondern daß dort und in der weiteren Umgebung vor,
während und nach dem Angriff Luftkämpfe im Gang waren,
= daß demnach der Operationsrahmen, aber auch Operationsverlauf für Tiefangriffe am Ziel keinen zeitlichen
Spielraum ließen,

41  a.a.O. S. 67
42  a.a.O. S. 69

= daß die schnelle Entwarnung ohne Vorentwarnung in Dresden nach den letzten Bombenwürfen beweist, daß der Luftraum Dresden nach der Bombardierung tatsächlich zügig geräumt wurde,
= daß dieser Umstand auch von der Luftlagereportage des deutschen Flugmeldedienstes bestätigt wird,
= daß die Treibstoffsituation wegen der Wetterlage und der Operation in der Nähe der Reichweitengrenze Tiefangriffe auf Dresden riskant machte,
= daß Tiefangriffe zwar tatsächlich, aber erst dann geflogen wurden, als die Abwehrlage für die US-Jäger geklärt und die amerikanische Streitmacht mitsamt ihren Begleitjägern schon weit von Dresden entfernt war,
= daß es wegen der Koinzidenzen der deutschen und amerikanischen Überlieferungen keinen Grund zur Behauptung gibt, die amerikanischen Piloten hätten ihre Tiefangriffe auf Dresden in ihren Berichten verschwiegen
und
= daß es die behaupteten Menschenjagden in den Straßen und auf den Grünflächen Dresdens am 14. Februar nicht gegeben hat.«  
Nun darf man sich den Vorwurf der Projektion nicht so einfach machen, zur Projektion bedarf
es immer eines epistemischen Korrelats, das Projektion ermöglicht und Bedingungen, die die
Neigung zur Projektion bedingen. Die SD-Berichte der SS sprechen des öfteren von Gerüchten,
die auf mangelnder Information und bewußter Desinformation beruhen. Ein Beispiel:
Karl-Heinz Mistele zeigte in einem Aufsatz  anhand von ähnlichen Kriegsgerüchten, die in
verschiedenen Städten Deutschlands auftauchten, daß sie allesamt strukturell der Geschichte
von »Hildebrand und Hadubrand« nachgebildet sind, der Sage vom Sohn der Stadt, der auf
feindlicher Seite kämpft. In einem Fall soll es ein jüdischer Emigrant namens Walter gewesen
sein, der nachts über Bamberg fliegend der Versuchung widersteht Bomben auf die Stadt
abzuwerfen; die selbe Geschichte soll dann in Heilbronn ähnlich sich zugetragen haben, mit
dem emigierten Juden Oppenheimer, der sich durch Mosquito-Störangriffe an den Heilbronnern
rächte und die gleiche Geschichte findet sich dann in Oberlahnstein, anders variiert in Fulda und
sicher an vielen anderen Orten. Alles nach dem literarischen Vorbild, das in der deutschen
Literatur im 9. Jahrhundert beginnt und tradiert wurde. Es ist – auch antisemtischen – Wahn,
aber hat System.
Wehrmachtsberichte im Winter 1944/45 suggerieren, daß Tiefangriffe sich hauptsächlich gegen
die Zivilbevölkerung richteten. Entsprechend waren die Erwartungen, das Moment der
Projektion steckt ja bereits in einem nicht-pathologischen Sinne in jeder Wahrnehmung. Unter
extremen Bedingungen vermengen sich die Wahrnehmungen, die zeitlich verschoben
stattfinden. Schnatz weist darauf hin, daß die Tiefflieger-Legende auch mit der Intensität und
Modulierung der Motorengeräusche zusammenhängen könnte., die Motorengeräusche hörten
sich ungewöhnlich an, so daß wirklich der Schein von Tiefangriffen entsteht. Dazu kommt, daß
die Dresdner mit Luftkriegshandlungen gar keine eigene Erfahrung hatten und schwer psychisch
traumatisiert waren. So war so schon die Wahrscheinlichkeit groß, daß äußere Vorgänge anders
aufgefaßt und erlebt wurden als sie objektiv beschaffen waren. Eine Vielzahl von Geräuschen
affizierte die Menschen. Die Feuerstürme gehen mit einem Prasseln und Knattern einher, aus
den überreizte Nerven leicht das von der Propaganda suggerierte und somit erwartete
Bordwaffenfeuer machen, Explosionen, wie die eines Munitionszuges im Bahnhof Neustadt
könnten auch ähnliche Eindrücke erzeugen. Die Luftkämpfe am Tage im Elbtal taten ein
Übriges. Und die Kommandobehörden der Wehrmacht richteten ja an ihre Flugzeugführer das
Verbot

  »durch zu starkes Drücken der Maschinen den Eindruck eines Sturzangriffes entstehen zu lassen. Sie müssen bei Flügen unter 500m alles vermeiden, was zur Verwechslung mit einem Tiefangriff führen könnte.« 
43  a.a.O. S. 123
44  Karl-Heinz Mistle, Kriegsgerüchte. In: Lebendige Volkskultur, Festgabe für Elisabeth Roth zum Geburtstag,
Bamberg 1980, S. 151
45  Stellvertretendes Generalkommando XII. A.K. (Wehrkreiskommando XII), Schutz deutscher Flugzeuge gegen Beschuß durch eigene Truppen über deutschen Hoheisgebiet, 1. 9. 1941, Barch-MArch RW 17/63 cit. Schnatz S.

Dies sollte dem Schutz gegen Beschuß durch eigene Truppen dienen, etwa daß Flak-Kanoniere
die eigenen Flugzeuge abschießen und wenn schon Fachleute keine Tiefflieger erkennen können,
wie Otto Normalvergaser.
Ein Stück weit erklären solche Phänomene die häufigen gleichlautenden Zeugenaussagen. Nur
gibt es wiederum auch gegenteilige realitätstüchtige Zeugenaussagen, die ich nicht
verschweigen möchte:
Werner Ehlich berichtet folgendes:

   »Dem Abschießen von Menschen durch Bordwaffen steh ich mit Skepsis gegenüber. Ich habe den
   Mittagsangriff im Gr. Garten mit selbst erlebt, an der Hauptallee unter einem Baum liegend; da zuckelten freilich Bündel von Stabbrandbomben auf uns nieder, aber keine eigentlichen Geschosse. Wie ein Wunder wurde ich nicht getroffen von einer Stabbrandbombe, die für mich greifbar wie ein Zauberbuquet niederging und sich ausbreitete. … Auch von Tieffliegerangriffen die Menschen – angeblich bergeweise – hinwegrafft (sic) ist mir polizeilich nichts bekannt geworden. Jedenfalls gehörte ich dem II. Polizeirevier (nebst Präsidialwache) an, das sich erstreckte zwischen Elbe – Güntzstr,. Pirnaische Str. und Schiessgasse. Meine Kameraden hätten sonst etwas davon erzählt.«  
Christian Just wirkt als ein sehr genauer Beobachter:

»Den 2. Nachangriff erlebte ich im Freien, an der Südostecke der Kreuzung Albrechtstraße / Hans-Schemm-Allee (heue Blüherstraße) und Johann-Georgen-Allee (heute: Lingnerallee). Es war Ödland, auf dem man 1939 mit dem Bau eines ,Gauforums´ begonnen hatte. An jener Stelle hatte man mehrere Reihen von Sandsteinblöcken gelagert, zwischen denen meine Mutter und ich uns zunächst gesetzt, nach Ertönen der Alarmsirenen (weit weg, im Süden) hingelegt haben. Bei diesem Angriff registrierte ich einen Zusammenhang zwischen dem Geräusch der fallenden Bomben und deren Detonation: wenn der Ton hoch ansetzte, kam das Explosionsgeräusch aus ,weiter Ferne´; hörte man nur – ganz kurz – einen tiefen Ton, erfolgte die Explosion unmittelbar darauf und in nächster Nähe. Einmal prasselte dann danach die ausgeworfene Erde auf meinen Rücken; der dazugehörige Bombenkrater befand sich, wie ich am nächsten Morgen sah, in etwa 50-60 m Entfernung. Nach dem Bericht von Kreuzkantor Mauersberger sollen auf eben dieser Johann-Georgen-Allee bei diesem Angriff Tiefflieger auf die Menschen dort geschossen haben (Mauersberger war allerdings nicht selbst dabei und berichtete nur, was er von anderen gehört hat) (Einf. i. Orginal). Ich habe nichts dergleichen wahrgenommen. Viele Tote und Verwundete lagen am nächsten Morgen in diesem Gelände, aber es waren Bombenopfer (auch Bekannte von uns). Wann ich auf die Elbwiesen kam, kann ich nicht sagen, wir hatten keine Uhr dabei. … (Wir) waren … nach Überquerung der Albertbrücke auf der Neustädter Seite zu den Elbwiesen hinuntergegangen, Richtung Waldschlößchen. Dort waren auch einige Gruppen Soldaten mit Schaufeln u. ä. Angetreten. Auf einmal spritzten diese auseinander und warfen sich zu Boden (einer begann sogar, sich einzugraben). Wir taten es ihnen nach. Gesehen habe ich nichts, gehört nur die Bomber, das
Geräusch der fallenden Bomben und die Detonationen. Es schien mir aber alles weiter entfernt zu sein. Meine Mutter sagte mir allerdings, sie haben einen Bomben-Reihenwurf – etwa 120 m seitlich von uns – in die Elbe gehen sehen. Als die Soldaten aufstanden, taten wir es ihnen gleich. Eine Veränderung der Umgebung habe ich nicht festgestellt. Als wir dann vor dem Waldschlösschen den Hang hinaufgingen, fiel mir eine Reihe nicht zu tiefer Bombenkrater auf. Ich meinte damals, sie wären ganz frisch – also ein Ergebnis dieses Tagesangriffs-, ich war mir aber nicht sicher.«  
Solche vorsichtigen Berichte sind überzeugender als diejenigen, die schon vorgeformt nur so
heraussprudeln und von Mal zu Mal gesteigert werden, wie manche es aus Lanzergeschichten
ihrer Eltern oder Großeltern kennen. Wenn nun Autoren wie Irving Mythen weiterhin
aufrechterhalten, die sie selber als »gefährliche Legende« der überhöhten Zahl der Opfer
bezeichnete, dann wissen sie was sie tun und das tun sie mit Stolz:

   »Mir wurde klar, dass es in dem, was ich [über Dresden] erfuhr, um etwas ging, das wir heute wahrscheinlich als einen Holocaust bezeichnen würden, von dem wir Engländer damals, 1961, absolut nichts wussten. Natürlich spricht heute jedermann über Dresden im gleichen Atemzug wie über Auschwitz und Hiroshima. Das ist mein Verdienst, meine Damen und Herren. Ich bin ein wenig stolz, wenn ich jedes Jahr am 13. oder 14. Februar, am Jahrestag [der Luftangriffe], die Zeitungen lese, und dort steht etwas über Dresden, denn bevor mein Buch zu diesem Thema erschien, hatte die Außenwelt noch nie etwas über Dresden gehört, wo gegen Kriegsende bei

46  Brief von Werner Ehlich, Dresden, an Bergander vom 2.3. 1985 cit. Schnatz S. 33f
47 Brief von Christian Just, Freiburg i. Br. an Ver., 20.3. 1995 cit. Bei Schnatz a.a.O. S. 34

   einem Luftangriff durch amerikansiche und RAF-Bomber auf eine unverteidigte Stadt in einer einzigen Nacht 100000 Menschen getötet wurden.«  
Diejenigen Deutschen, die ein Interesse an der Unwahrheit haben, werden solche Botschaften in
sich aufsaugen. Und sie werden auch gern die Botschaft entgegennehmen, daß zwischen der
Bombardierung Dresdens und Auschwitz kein Unterschied bestünde, wie er explizit in einem
Interview sagte.

   »INTERVIEWER: Juden an Gruben aufzustellen und mit Maschinengewehren niederzuschießen war also ebensoschlecht wie die Bombardierung Dresdens?

IRVING: Ich sehe da kaum ein Unterschiede«   
Damit kann man Leuten helfen, ihre Lebenslügen aufrechtzuerhalten. Nun haben aber die
Deutschen das Morden nicht selber beendet und ohne den Krieg der Alliierten würden wir heute
noch in einem geistig umnebelten Zustand, mit gebeugten Rückrat arische Urlaute brüllen oder
schon längst in der Gaskammer gelandet sein. Das das nicht – nicht mehr, nie mehr oder noch nicht
– der Fall ist, dafür danke ich den Alliierten. Die Ressentiments, die heute nicht nur den ehemaligen
Kriegsgegner, sondern auch den Opfern oder deren Nachkommen entgegenschlagen, sprechen nicht
dafür, daß die Erinnerung an die NS-Vergangenheit bei den Nachkommen der Täter und denen der
Opfer konvergieren könnte. Und in diesem Sinne zitiere Jean Améry zum Schluß:

   »Hält unser Ressentiment im Schweigen der Welt den Finger aufgerichtet, dann würde Deutschland
   vollumfänglich und auch in seinen künftigen Geschlechtern das Wissen bewahren, daß es nicht Deutsche waren, die die Herrschaft der Niedertracht beseitigten. Es würde dann, so hoffe ich manchmal, sein vergangenes Einverständnis mit dem Dritten Reich als die totale Verneinung nicht nur der mit Krieg und Tod bedrängten Welt, sondern auch das eigene Herkommen begreifen lernen, würde die zwölf Jahre, die für uns andere wirklich tausend waren, nicht mehr verdrängen, vertuschen, sondern als seine verwirklichte Welt- und Selbstverneinung, als sein negatives Eigentum in Anspruch nehmen. Auf geschichtlichem Felde würde sich das ereignen, was ich vorhin hypothetisch für den engen individuellen Kreis beschrieb: Zwei Menschengruppen, Überwältiger und Überwältigte, würden einander begegnen am Treffpunkt des Wunsches nach Zeitumkehrung und damit nach Moralisierung der Geschichte. Die Forderung, erhoben vom deutschen, dem eigentlich siegreichen und von der Zeit schon wieder rehabilitierten Volke, hätte ein ungeheueres Gewicht, schwer genug, daß sie damit auch schon erfüllt wäre. Die deutsche Revolution wäre nachgeholt, Hitler zurückgekommen. Und am Ende wäre wirklich für Deutschland das erreicht, wozu das Volk einst nicht die Kraft oder nicht den Willen hatte und was später im politischen Mächtespiel als nicht mehr bestandsnötig hat erscheinen müssen: die Auslöschung der Schande.«  

 

48  Videokassette 175: Irving im Elangani Hotel, Durban, Südafrika, 5. März 1986 cit. bei Evans, a.a.O. S.234
49  Videokassette 226: unredigiertes Material der Sendung »This Week«, 29. November 1991, cit. bei Evans a.a.O. S.  235
50  Jean Améry, Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten. Stuttgart 1980 S. 124f

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Nazismus als Erkenntnisfalle

Warum Geschichtswissenschaft die denkbar ungeeignetste Methode ist, Auschwitz  zu verstehen

Joachim Bruhn

„Die Diskussion ist absurderweise jetzt so: Waren die deutschen Judenmörder der Nazizeit a) untertänige autoritäre Opportunisten oder b) sadistische brutale antisemitische Mörder (oder beides?)? Es fällt mir auf, daß niemand darauf gekommen ist, daß sie wahrscheinlich untertänige autoritätshörige opportunistische sadistische brutale antisemitische Mörder waren. Die Fakten sprechen dafür. Und insofern Goldhagen einem noch die Wahl zwischen den beiden Möglichkeiten bietet, ist sein Buch inkomplett.“

Peter Zadek, Leserbrief, in: Die Zeit vom 23. 8. 1996

Vier Beweise und ein Schluß

„Keine Deutschen, kein Holocaust“: So klar und einleuchtend, so überaus evident

und plausibel ist Daniel Jonah Goldhagens These wie die zwar allemal beweisbare,

aber nicht sehr abseitige oder beweispflichtige Behauptung, ohne Henne kein Ei

und ohne Wolke keinen Regen, so sehr, daß, sollte überhaupt Diskussionsbedarf

bestehen, eher die hollywoodreife Titulierung der Massenvernichtung als

„Holocaust“, d.h. als sinnträchtiges Brandopfer, statt als „Shoah“ (Claude

Lanzmann) oder „Churban“ (Manès Sperber), zur Debatte stünde. Wer nicht von

den Deutschen sprechen mag, der soll von Auschwitz schweigen – das ist so wahr

wie der unter Historikern längst in Karteikästen begrabene Satz Max Horkheimers,

wonach, wer sich weigere, vom Kapitalismus zu reden, über den Faschismus sich

auszuschweigen habe. Das Problem mit den Deutschen besteht eben darin, daß sie

das Selbstverständliche leugnen, es zum Geheimnis und zum Gegenstand der

Wissenschaft machen. Eine pluralistische Gesellschaft verlangt nach vielen guten

Gründen für ihren Faschismus; einer allein wäre zu armselig, geradezu beleidigend

eindimensional, monokausal, deterministisch. Weil in Deutschland jedes Gefühl für

Logik und für die Einsicht in den Zusammenhang von Ursache und Wirkung

verloren ging, weil schon die Behauptung, ein derartiger Zusammenhang bestehe

nicht nur beim freien Fall des Apfels, sondern auch beim tendenziellen der

Profitrate, irgendwie exotisch erscheint und als höhere Philosophie, weil schon der

Versuch, wenn nicht strafbar, so doch verdächtig ist, sich einen strikten Begriff

vom Faschismus zu bilden, der den „Schein der Tatsachen“  durchdringt und nicht

nur eine so bienenfleißige wie krude Meinung über allerhand Daten und Fakten,

deren Konstitution Geheimnis bleibt, weil die deutsche Geschichtswissenschaft

daher vorgeben kann, sie betreibe Aufklärung über Geschichte statt Verklärung der

Nation, weil schließlich deutsche Historiker wie Götz Aly, denen noch niemand

vorgeworfen hat, sie seien hervorragende Dialektiker, gegen Goldhagen

einwenden, er vertrete einen „bewußt eindimensionalen, extrem deterministischen

Ansatz“ , weil sie das, was der Anfang aller Erkenntnis ist: die Suche nach dem

einen und identischen Grund, nach dem Wesen der Sache, als Determinismus

denunzieren – kurz und gut: weil die Deutschen, ihre Historiker in vorderster

Reihe, die elementaren Gebote der Logik verleugnen, um deutsch sein und bleiben

zu können, gerät die Aufklärung in eben die schiefe Lage und unglückliche

Konstellation, das Einmaleins noch einmal zu beweisen, d.h. Goldhagens

Argumentation zu legitimieren. Daß das Ganze mehr ist als die Summe seiner

Teile, obwohl es aus nichts anderem als eben diesen Teilen besteht, war ein

Lehrsatz der Philosophie, bevor sie durch den Positivismus guillotiniert wurde.

Daß „die Deutschen“ mehr und schlimmeres sind, als die Summe aller einzelnen

Deutschen, obwohl Deutschland aus nichts anderem als aus lauter Deutschen

besteht, ist die unbezweifelbare Konsequenz. Wo soll da ein Problem sein? Hans-

Ulrich Wehler etwa bezichtigt Goldhagen des „monokausalen Erklärungsversuchs

auf der Grundlage des dezisionistischen Aktes, einen Teil der Menschheit aufgrund

der ethnischen, rassistischen, naturalistischen, essentialistischen Zuschreibung des

permanent Bösen zu stigmatisieren“ . Schlimmeres als Stigmatisierung war, was

die Deutschen an den Juden verübten. Und darüber sollten sie nicht wirklich selbst

Die Seitenangaben in Klammern beziehen sich auf Daniel Jonah Goldhagen, Hitlers willige
Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust, Berlin 1996
1 Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Bd. 3, Berlin 1973 (MEW 25), S. 95
2 Götz Aly, D. J. Goldhagen. Hitlers willige Vollstrecker. Rezension, in: Mittelweg 36. Zeitschrift
des Hamburger Instituts für Sozialforschung 6/1996, S. 48

zum Volk geworden sein, d h. sich nicht selbst aus der Menschheit ausgeschlossen haben?

Goldhagen sagt, der Antisemitismus sei erstens „die Normalwährung der deutschen

Gesellschaft“ (522) gewesen, er leitet daraus zweitens „das nationale Projekt der

Verfolgung und Ausrottung der Juden“ (513) ab, folgert drittens, „daß sich jeder

Deutsche zum Massenmörder eigne“ (543), und schließt viertens, die

Massenvernichtung sei in nichts anderem begründet als in dem „Willen zu töten“.

Alles in allem: „Die Deutschen konnten zum Massenmord nein sagen. Sie haben

sich dazu entschieden, ja zu sagen“ (446). Vier beweisbare Behauptungen und ein

logischer Schluß, an dem nichts zu deuteln ist. Wo ist das Problem?

Die erste beweisbare Behauptung, Deutschland sei eine durch und durch

antisemitische Gesellschaft (gewesen), ist evident. Man muß nur das Interview zur

Goldhagendebatte lesen, das der Erfinder der „Männerphantasien“, Klaus

Theweleit, der Badischen Zeitung (15.10.96) gab. Theweleit reißt die unter

Antisemiten aller Fraktionen so beliebten Namenswitze, nennt Goldhagen erst

einen „Goldjungen“, dann einen „guten Hagen, eben ein Goldhagen“, der nicht von

hinten, sondern „von vorne kommt, offen, sympathisch“. Außerdem hält Theweleit

die studentenbewegte Mischung aus Marxismus, Psychoanalyse und Kritischer

Theorie für ein ausgemacht „jüdisch-intellektuelles Rotwelsch“ . Wenn aber schon

jemand, der, wie unbegründet auch immer, so doch zur Fraktion der

Irgendwielinken gerechnet wird, derart ressentimentgeladen ist, wie muß es dann

erst um den Rest der Gesellschaft bestellt sein? – So und nicht anders argumentiert

Goldhagen, nämlich im korrekten Umkehrschluß von dem, was sich in Deutschland

für die Aufklärung und den Fortschritt hält, auf den Rest. So geht ihm gerade an

den Liberalen des 19. Jahrhunderts, an den Philosemiten auf, wie total der

Antisemitismus war; es waren „antisemitische Wölfe im Schafspelz“ (505). Die

Juden, die solche Freunde hatten, brauchten keine Feinde mehr.

Die zweite Behauptung, der Massenmord sei ein „nationales Projekt“ gewesen,

kann ebenfalls nicht strittig sein. Denn der Massenmord als Option von Herrschaft

3  Hans-Ulrich Wehler, Wie ein Stachel im Fleisch, in: Schoeps, a.a.O., S. 203 f. (zuerst in: Die
Zeit v. 14. 5. 96)
4  Klaus Theweleit, Das Land, das Ausland heißt. Essays, Reden Interviews zu Politik und Kunst,
München 1995, S. 150

ist ja nichts als der praktische Ausdruck dessen, daß der Staat als politischer

Souverän in letzter Instanz über das absolute Recht auf Leben und Tod verfügt.

Der Antisemitismus ist eine Ideologie, die diesen Tatbestand reflektiert und die die

Ausübung dieses Rechts durch den Souverän antizipiert. Und was soll der

Faschismus anderes gewesen sein als das amtliche Endergebnis der aus ihrer

eigenen Logik wie Konstitution entspringenden Transformation der bürgerlichen

Gesellschaft in ein „Volksgemeinschaft“ genanntes und arbeitsteilig am gleichen

Vernichtungsprojekt arbeitendes Mordkollektiv? „Es gibt zwei Dinge“, so wußte

Hitler schon 1923, „die die Menschen vereinigen können: gemeinsame Ideale und

gemeinsame Kriminalität“ . Das kollektive Ideal war die im Antisemitismus

reflektierte negative Utopie einer bürgerlichen Gesellschaft ohne kapitalistische

Krise, einer Gesellschaft bürgerlicher Subjekte ohne Markt, ohne Konkurrenz. Das

bürgerliche Subjekt – aber das „bürgerliche“ dieses Subjekts ist schon Tautologie,

denn die Rede ist vom juristischen Subjekt, vulgo: Charaktermaske – spaltet das

Bedrohliche an der Konkurrenz und an der Akkumulation, die sein Leben ist, ab,

spaltet die Krise ab und rechnet sie der Willkür eines Anti-Subjekts, eines „Gegen-

Volks“ zu. Gegen dies Anti-Subjekt mobilisiert es das Selbstbewußtsein und den

Aktionsausschuß der bürgerlichen Gesellschaft, den Souverän, der, alles andere

denn ephemerer, gar: ohnmächtiger „Überbau“ oder haltloses Luftschloß, vielmehr

das Kapitalverhältnis selbst als selbstbewußte Subjektivität ist, nämlich: die

notwendig falsche und daher jenseits allen Zufalls so praktisch richtige wie

handlungsmächtige Denkform der negativen Vergesellschaftung. – Der

Massenmord also war Ausdruck eines „nationalen Projekts“, nämlich der resoluten

Entschlossenheit der Deutschen, inmitten und trotz der Zusammenbruchskrise des

Kapitals um jeden Preis Subjekte zu bleiben. Unklar an Goldhagens Darstellung ist

nur, daß er das kollektive Verbrechen nicht in voller Konsequenz würdigt: Nach

der gewaltsamen Beendigung des Mordens durch die Alliierten waren die

Deutschen (und sind es bis heute geblieben) noch deutscher als zuvor.

Spätestens durch den Nazismus wurden die Deutschen zu den Deutschen, wurde

also das Ganze zu etwas, das mehr und anderes darstellt als die Summe seiner

Teile. Die Bedingung der Möglichkeit dieser Transformation liegt in Begriff und

5  Zitiert nach David Bankier, Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die ‘Endlösung’ und die
Deutschen: Eine Berichtigung, Berlin 1995, S. 224

Sache des Subjekts beschlossen. Daher ist auch Goldhagens dritte Behauptung,

jeder Deutsche eigne sich zum Massenmörder, über jede empirische Widerlegung

erhaben, denn das in die Subjektform gepreßte Individuum kann die Gewalt, die es

sich selbst zufügen muß, um seiner Funktion als Charaktermaske gerecht zu

werden, nur aushalten, wenn es sie gegen den ob nun zufällig realen oder

notwendig imaginierten Feind und Antagonisten der Kapitalvergesellschaftung

wendet , den es nicht als rechtsfähigen Gegner anerkennt. Das Gegenteil von

Goldhagens These kann nicht durch irgendwelches Wechselreiten zwischen einer

nominalistischen und einer realistischen Definition der und des Deutschen bewiesen

werden, sondern nur durch die praktische Emanzipation der Deutschen zu

Menschen, d.h. durch die revolutionäre Entnationalisierung. Johann Georg Elser

war kein Deutscher, sondern dessen Gegenteil: ein Mensch, der durch das Attentat

auf die Inkarnation des Deutschtums schlechthin sein eigenes durchstrich.

Die vierte Behauptung Goldhagens schließlich, Antisemitismus sei in letzter Instanz

„der Wille zu töten“ ist ebenso banal wie evident. Ist es nicht eben die

Willensfreiheit, die das Subjekt ausmacht, d. h. sind es nicht der praktizierende

Idealismus und die wirklichkeitsmächtige Realabstraktion des sich selbst

verwertenden Werts, als dessen Agent das unter der Form des Subjekts verfaßte

Individuum agiert, auf dessen Rechnung es handelt, in dessen historischer Mission

es unterwegs ist? Der freie Wille ist die Form, in der nur der Systemzwang

erscheinen kann, die subjektive Willkür die Darstellungsweise der objektiven

Gesetzlichkeit, in der sie sich wie in ihrem wirklichen Widerspruch, aber tatsächlich

bloß formellen Gegensatz verhüllt. Als mit dem Recht des freien Willens

begnadetes ist das Subjekt die Miniaturausgabe des kapitalen Souveräns, dessen

Urbild und Stellvertreter. Es verfügt über eine Welt, die ihm nichts als Material

darstellt, d.h. in der Warenform gegebener Gebrauchswert und daher in der

Preisform verfügbare Ware, deren Aneignung kein qualitatives Problem, sondern

eine quantitative Schwierigkeit bedeutet. Das Subjekt ist Gott, das inaugurierende

Zentrum der Vergesellschaftung, ist der Zirkelschluß, der selber sich im Akt seiner

logischen Begründung als gesellschaftlichen Grund setzt. Freiheit ist diesem

Subjekt widerspruchslos ihr gerades Gegenteil: Einsicht in die Notwendigkeit. Wie

6  Vgl. Detlev Claussen, Grenzen der Aufklärung. Zur gesellschaftlichen Geschichte des
modernen Antisemitismus, Frankfurt 1987, insbesondere S. 113 ff.

der Schöpfergott, so verfügt auch der politische Souverän über das unbedingte

Recht auf Leben und Tod, ein Recht, das in der fundamentalen Krise von

Akkumulation und Integration an die Subjekte zurückfällt. Antisemitismus ist die

Form, unter der diese Aneignung sich vollzieht. Der „Wille zu töten“, von dem

Goldhagen als der Quintessenz spricht, ist nichts anderes als die Spitze des

praktizierenden Idealismus; Riefenstahls Propagandafilm heißt eben „Triumph des

Willens“, und das System der Vernichtung war der Ausdruck dieses Willens, war

der Idealismus in Aktion. Im Antisemitismus behandelt die Gattung sich selbst als

Material der Akkumulation, aber die Sortierung und Selektion der Gattung

geschieht nach Maßgabe der Integration, die die Akkumulation in anderer, in

politischer Potenz darstellt.

Vier Beweise also, die nur einen Schluß zulassen: „Die Deutschen“ hatten sich

entschieden, ja zum Massenmord zu sagen, ein Ja, dessen Implikationen zwar

vielfältig waren und von der widerstandslosen Hinnahme über die sympathisierende

Unterstützung bis zum tatkräftigen Vollzug reichten, aber ein Ja, dessen mehr oder

weniger geheime, dessen mehr oder minder erklärte Absicht die Austilgung selbst

war, vollzogen von allen, die das System in den Genuß brachte, jeden Auftrag und

welche Arbeit auch immer im gesellschaftsübergreifenden Plan der Vernichtung

auszuüben. „Der Staat sind wir“: Dies Credo der Sozialdemokratie Ferdinand

Lassalles war die Wahrheit der Volksgemeinschaft, und der Nazismus war die

vermittlungslose Basisdemokratie der Deutschen, d.h. die Unmittelbarkeit des

Souveräns als Subjekt in den Subjekten. „Die Deutschen“ hatten sich entschieden,

sowohl in ihrer Summe wie auch als Ganzes, d. h. als zum Staat legal inkarniertes

und vom Führer legitim repräsentiertes Subjekt dieser Summe, die eben dies,

Summe zu sein, nur sein konnte, indem sie mehr und anderes wurde als die Summe

ihrer Teile, indem sie sich qua innerer Logik überschritt und ein integrales Ganzes,

ein völkischer Organismus wurde. Wer dem sich verweigerte, gar widersetzte,

konnte kein Deutscher mehr sein, sondern wurde, wie widerwillig auch immer,

Mensch, war nicht mehr Subjekt, sondern Individuum, der trug keine

Charaktermaske mehr, sondern hatte einen. Der Nazismus war eine

Gesellschaftsformation, die nicht nur bewies – was jeder Logiker weiß –, daß das

Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile, sondern überdies demonstrierte – was

jeder Dialektiker befürchtet –, daß die Teile sich alle Mühe geben, das Bewußtsein

ihrer selbst als einer Summe zu erreichen und ganzheitlich zu überbieten.

Dieser traurige Sachverhalt rechtfertigt es, über „die Deutschen“ als kollektiven

Singular zu sprechen, und er erzwingt es um so mehr, weil diese Deutschen von

sich selbst immer als „wir Deutsche“ reden und darunter offensichtlich einen

pluralis majestis verstanden wissen wollen. Aber es ist eben Goldhagens

begriffliche Verallgemeinerung der Deutschen zu den Deutschen (die nicht begreift,

warum sie an sich schon verallgemeinertes unter sich begreift), die den Historikern

und den Feuilletonisten sauer aufstieß. Sie wollen die Verallgemeinerung auf

Popper & Feyerabend komm’ ‘raus als Subsumtion mißverstehen, d.h. nicht als

Reflektion des Einzelnen in seinem konstitutiven Begriff, sondern als seine

Denunziation im Zuge äußerlicher Wertung, nicht als Vermittlung des Einzelnen

mit sich selbst zum Ganzen, sondern als Ableitung aus einem ganz Anderen und

gänzlich Fremden, nicht als Rekonstruktion der gesellschaftlichen Synthesis,

sondern als absurde Deduktion aus der Willkür fast schon totalitär gesetzter

Totalität. Zu verallgemeinern – das soll plötzlich in einem Deutschland verboten

sein, das „den Juden“ trotz aller Juden zum Inbegriff des Generalfeindes erhob und

das dem Mechanismus dieser mörderischen Verallgemeinerung bislang so wenig

auf die Spur kommen wollte, daß es ernsthaft glaubt, dem Antisemitismus durch

interkulturelle Beschnupperungsrituale an Juden abzuhelfen. Verallgemeinern – das

heißt vom Verhalten auch noch so vieler Deutscher, daß es mutmaßlich hundert

Prozent der Deutschen sind, auf das Wesen der Deutschen zu folgern –, das, sagen

die Historiker unisono, darf man nicht, denn das bedeutet, in den Worten des

Linksliberalen Hans Mommsen, „Kollektivschuld“, „Quasi-Rassismus“ und

„umgedrehten Antisemitismus“. Derlei Verallgemeinerung macht den Historiker,

der sonst kein Problem hat, die aktenstaubtrockene Sprache der

Verwaltungswissenschaft mit dem Slang der soap opera zu quirlen und etwa von

der „Implementierung des Holocaust“ zu sprechen, ganz fuchsig, denn so

„erscheint das deutsche Volk als das antisemitische Urvolk schlechthin“ . Nur

 Hans Mommsen, Die dünne Patina der Zivilisation. Der Antisemitismus war eine notwendige,
aber keineswegs hinreichende Bedingung für den Holocaust, in: Die Zeit vom 30.8.96. Von
Ideologie hat der Strukturalist so wenig Ahnung, daß er damit eines der fundamentalen
antisemitischen Stereotypen bedient. Weiteres Material in Julius. H. Schoeps (Hrsg.), Ein Volk
von Mördern? Die Dokumentation zur Goldhagen-Kontroverse um die Rolle der Deutschen im
Holocaust, Hamburg 1996

einen Schritt weiter, und die Deutschen sind die Juden der Welt, die Parias, die für

ihren Platz an der Sonne kämpfen müssen.

Ideologie als Methode

Max Horkheimer hatte der heiligen Entrüstung über den Vorwurf der

„Kollektivschuld“, den leider nie jemand ernsthaft erhoben hat, das camouflierte

Interesse abgemerkt, das nationale Wir zu wahren, zu hegen und zu pflegen, d.h.

die Volksgemeinschaft über die Nazipleite zu retten. Im nahezu einhelligen Affekt

der deutschen Historiker gegen Goldhagen entlarvt sich die deutsche

Geschichtswissenschaft als Verlängerung der klassischen

Nationalgeschichtsschreibung mit anderen, nämlich sei’s strukturalistischen, sei’s

intentionalistischen Mitteln. Es ist dies eine Art und Weise, die Historie zu

schreiben, die ihrer eigenen Methodik und Vorgehensweise trotz aller Akribie und

vielmehr wegen allen Fleißes derart unbewußt ist, daß sie Ideologie absondert wie

die Raupe den Faden. Die Geschichtswissenschaft überhaupt, die deutsche vor

allem, ist der denkbar ungeeignetste Ort, um Aufschluß und Aufklärung über die

Geschichte im allgemeinen, und insbesondere über den Nazismus, zu gewinnen.

Denn die wissenschaftlich organisierte Vergangenheitsbetrachtung ist, die

Goldhagen-Diskussion zeigt es exemplarisch, Ideologie im starken und

eigentlichen, im materialistischen Sinne, das notwendig falsche Bewußtsein des

nationalen Kollektivs von sich selbst, ist nichts als systematisierter gesunder

Deutschenverstand, nur in Façon gebrachte und mit einer ans Aberwitzige

grenzenden Unmasse sogenannter Fakten und Quellen garnierte Selbstreflexion

und also Selbstlegitimation einer Akkumulationsgesellschaft, die sich in der Form

der Nation und unter der fürsorglichen Aufsicht ihres Souveräns so außerordentlich

wohl fühlt, daß sie vor keinem Geschichtsverbrechen zurückschreckt. Die

Geschichtswissenschaft begreift buchstäblich nichts; weil sich die kapitale

Gesellschaft in ihr begreift, kann sie nicht einmal sich selbst begreifen.

Begriffsstutzig, wie diese Wissenschaft ihrer Natur nach ist, denunziert sie im

Namen des Besonderen alle Verallgemeinerungen. Außer ihren eigenen.

8  Vgl. Ulrich Enderwitz, Kritik der Geschichtswissenschaft. Der historische Relativismus, die
Kategorie der Quelle und das Problem der Zukunft in der Geschichte, Berlin 1988

Indem die Geschichtswissenschaft derart vehement gegen Verallgemeinerungen

überhaupt plädiert, indem sie insbesondere gegen die Verallgemeinerung der

Deutschen zu den Deutschen polemisiert, offenbart sie nicht etwa, daß ihr

jedweder Maßstab historischen Urteilens abginge, sondern vielmehr, wie sehr ihr

notorischer Relativismus ein ausgewachsener Dogmatismus ist, und weiter, wie

durchgängig sich ihr chronischer Antifaschismus einem überaus staatstragenden

Pluralismus verdankt. Den Nazismus zum Gegenstand einer

geschichtswissenschaftlichen Betrachtung zu machen, das bedeutet in Deutschland,

Hitler dafür kritisieren, daß er nicht Bismarck redivivus war. Das Kriterium, nach

dem der Nazismus sortiert wird, entspringt ebenso umstandslos wie rückhaltlos

dem demokratischen Ich-Ideal, in dem die kapitalisierte Gesellschaft ihren

ausbeuterischen Triebgrund so projektiv wie sublimativ aufhebt und verklärt. Der

Pluralismus, vulgo: die postmoderne Zivilgesellschaft, ist die Gesellschaftstheorie

dessen, was der Geschichtswissenschaft als rabiater Nominalismus, als Kult des

Besonderen und Einzelnen, als Fetischismus der „Quellen“ und der „Tatsachen“ zur

allerdings dogmatisch gehandhabten Methode taugt.

„Heute gegen den Faschismus auf die liberalistische Denkart sich berufen“, hatte

Horkheimer 1939 festgestellt, das „heißt, an die Instanz zu appellieren, durch die er

gesiegt hat.“  Die Nazi-Diktatur im Auftrag des Pluralismus und mit den Mitteln

des Nominalismus geschichtswissenschaftlich zu untersuchen, kann nur – ganz

unabhängig von der je eingeschlagenen, sei’s „funktionalistischen“, sei’s

„intentionalistischen“ Strategie und wie contre coœur auch immer, bedeuten, die

methodologische wie soziale Notwendigkeit des Dezisionismus nachzuweisen. Das

Elend des Nominalismus liegt in seinem immanenten Umschlag in sein gerades

Gegenteil, den Realismus als unvermittelte Allgemeinheit, beschlossen, ein

Gegenteil, der doch seine so unabweisbare wie unbewußte Ergänzung darstellt.

Gegen den Nazismus, wie es die Bielefelder Historikerin Ingrid Gilcher-Holthey

will, auf „das Gegenmodell einer Bürgergesellschaft auf der Basis der

Menschenrechte“  sich zu berufen, impliziert schon die Rechtfertigung genau des

politischen Souveräns, der den praktischen Inbegriff der Geltung dieser Rechte

9  Max Horkheimer, Die Juden und Europa (1939), in: Ders, Autoritärer Staat. Aufsätze 1939-
141, Amsterdam 1967, S. 34
10   Ingrid Gilcher-Holthey, Die Mentalität der Täter, in: Schoeps, a.a.O., S. 213 (zuerst in: Die
Zeit vom 7.6.1996)

darstellt. Die Menschenrechte sind keinesfalls das Antidot, sie sind die objektive

Ideologie der Staatsgewalt  ; sie gleichwohl zum „Gegenmodell“ zu erklären, ist

irrational, ist bloß Dezision wie ihre Begründung Rationalisierung, d.h.: Ideologie.

Die Demokratie der Bürger ist die interessierte Demutsadresse an den autoritären

Staat; die philosophische Position, in der sich die Demokratie zu anthropologischen

Würden aufschwingt, ist so irrational wie die ihres vermeintlichen Gegners und gar

vorgeblichen Todfeindes. Sir Karl Popper, dessen Bürgerbibel „Die offene

Gesellschaft und ihre Feinde“ die demokratische Ideologie zur Philosophie des

„kritischen Rationalismus“ systematisiert hat, muß denn auch einbekennen, „daß

die rationalistische Einstellung auf einem irrationalen Entschluß oder auf dem

Glauben an die Vernunft beruht“ . Der Glaube an die Vernunft jedoch ist an sich

selbst so nichtig wie jeder Glaube, d.h. sein eigenes Gegenteil und damit seine

Vernichtung. Darin bekennt die bürgerliche Philosophie, daß ihr die Alternative

von Faschismus und Demokratie den gleichen Rang besitzt wie die Wahl zwischen

Rhabarberjoghurt und Lakritze: Über Geschmacksfragen läßt sich nicht streiten.

Der diskrete Dogmatismus der Geschichtswissenschaft, d.h. das relativistische

Auftragsdenken, dessen Geherda die Aversion gegen Verallgemeinerungen ist,

offenbart sich nicht zuletzt daran, wie fein säuberlich zwischen Nation und

Nationalismus unterschieden wird. Man dürfe, wendet Hans Mommsen gegen

Goldhagen ein, den deutschen Nationalismus „nicht pauschal“  verdammen, man

müsse doch differenzieren. Die Unfähigkeit zum Begriff der Nation, d.h. zum

Urteil über die deutsche, geriert sich als freundliche Einladung zur undogmatischen

Einzelfallbetrachtung. Geschichtswissenschaft, die derart der juristischen Methode

sich anbequemt, maßt sich an, das je Besondere zu würdigen und leistet doch nur

die Affirmation des Ganzen. Die Form Nation liegt so im Jenseits des Begriffs wie

nur die Form Staat, die Nation inauguriert; aus diesem Jenseits der fraglos je schon

existenten Verallgemeinerung von Menschen zu Deutschen agiert sie als

transzendentale Form, die das Material organisiert, als das unbedingte Apriori jeder

historischen Erfahrung, das darüber entscheidet, was als Empirie soll gelten

11   Vgl. Joachim Bruhn, Das Menschenrecht des Bürgers, in: Ders., Was deutsch ist. Zur
kritischen Theorie der Nation, Freiburg 1994, S. 121 ff.
12   Karl R. Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Band 2: Falsche Propheten: Hegel,
Marx und die Folgen (engl. 1944), 6. Auflage, München 1980, S. 285
13   Mommsen, a.a.O.

können. Die deutsche Nation ist das Apriori dieser seltsamen Wissenschaft, die

vorgibt, nichts zu kennen als Quellen, Quellen und nochmals Quellen, nichts als das

lautere Plätschern der Tatsachen und das ungetrübte Sprudeln der Empirie. Die

Quelle aber ist der Historie, was der Jurisprudenz das Indiz: Spielmaterial, bloße

Illustration des Systemzwangs zum Rechtsfrieden, d.h. empirische Legitimation der

vorab existenten letzten Instanz, an der jede Berufung aufhört und jede Revision

endet. Egal, wer Recht hat, solange nur Recht ist; was immer die Quellen sagen,

ein Beweis gegen die Nation wird sich daraus nie und nimmer folgern lassen.

Hans Mommsen sagt: „Der Versuch Goldhagens, von der Zahl der aktiven

Vollstrecker auf die Gesamtnation zu schließen (…), ist methodisch wenig hilfreich

und empirisch nicht abgesichert.“  Historische Wahrheit wird nach dem Modell

von Meinungsumfragen vorgestellt; kein Sample jedoch wird je repräsentativ

genug sein, um der deutschen Nation als solcher die Taten der Nazis zuzurechnen.

Die juristische Methode dieser seltsamen Wissenschaft, die sich die Behandlung der

Geschichte anmaßt, weiß so überaus sorgfältig zwischen Intention und Resultat zu

scheiden, daß der einzig noch mögliche Weg historischer Wahrheitsgewinnung, der

allerdings leider ausgeschlossen ist, Psychoanalyse wäre.

Da die Psychoanalye heute auch nur noch ein korruptes Racket der machtkummulierenden Psychokratie

ist, würde sie nicht helfen.

 

Erst dann wäre zu wissen, ob die „aktiven Vollstrecker“ tatsächlich aktiv vollstrecken wollten,

erst dann wäre klar, was der Führer wirklich wollte. Der Historiker verschanzt sich im

Besonderen, macht das je Einzelne zur Barrikade gegen dessen Begriff und plädiert

im Namen des Konkreten gegen die Abstraktion. Aus dem Verbot jedoch, von

Deutschen auf die Deutschen zu schließen und von Einzelnen aufs Mordkollektiv,

spricht die Entscheidung, das Geschichtsverbrechen nicht sich zurechnen zu lassen,

es entschlossen abzuspalten. Nicht anders ist zu deuten, daß die

Massenvernichtung den Historikern längst zum Sinn, d.h. zum demokratischen

Auftrag der Deutschen gerann, daß selbst der freiburger Historiker Ulrich Herbert,

der Goldhagen noch am verständnisvollsten kritisierte, von „uns, den Deutschen“

als von einem mit sich identischen Subjekt spricht: Nichts anderes sagt Goldhagen.

Was ein Faktum ist, darüber entscheidet, wenn es mit rechten Dingen, d.h.

materialistisch zugeht, die Theorie; was eine historische Quelle ist, darüber befindet

14   Mommsen, ebd.,
15   Ulrich Herbert, Die richtige Frage, in: Schoeps, a.a.O., S. 224 (zuerst in: Die Zeit vom
14.6.1996)

die deutsche Ideologie, als deren Schreibautomat der Historiker die Vergangenheit

seiner Nation zu Protokoll nimmt. Niemand glaubt weniger als der Historiker, daß

sich aus den Akten jemals Aufschluß über den wirklichen Verlauf und irgendwann

Aufklärung über die tatsächliche Logik der Geschichte ergeben könne, aber

niemand unterwirft sich anstrengenderen Exerzitien und gibt sich mehr Mühe, den

Anschein des geraden Gegenteils zu erwecken. Seine Fakten dienen der

Illustration, sie sind fact fiction. Die Forschungsfrage, die vor dem Gang in die

Archive pro forma gestellt wird, ist schon die Antwort selbst; kein Fund wird

jemals die Frage kritisieren können. Hans Mommsen etwa fragt, „warum in einem

fortgeschrittenen und hochzivilisierten Land wie Deutschland der Rückfall in die

Barbarei möglich geworden ist.“  Daß Deutschland vor 1933 „zivilisiert“ war und

nicht vielmehr kapitalistisch, ist schon die Antwort in der Frage; und es bleibt nur,

darüber zu spekulieren, mittels welcher „empirisch abgestützter“, anhand welcher

„methodisch hilfreicher“ Verfahren Mommsen aus dem empirischen Material hat

schließen können, daß der Nazismus der „Rückfall“ war, nicht die Konsequenz,

daß die „Barbarei“ nicht das Anti der Zivilisation war, sondern das historische

Telos des Kapitals. So wird die demokratische Historie zum da capo des Nazismus.

Georg Friedrich Wilhelm Hegel, dessen Geschichtsphilosophie unter Historikern

aus gutem Grund einen schlechten Leumund genießt, hat dazu bemerkt: „Das

besondere Interesse der Leidenschaft ist also unzertrennlich von der Betätigung des

Allgemeinen … Es ist das Besondere, das sich aneinander abkämpft und wovon ein

Teil zugrunde gerichtet wird. Nicht die allgemeine Idee ist es, welche sich in

Gegensatz und Kampf, welche sich in Gefahr begibt; sie hält sich unangegriffen

und unbeschädigt im Hintergrund.“  Keine Empirie vermag das Allgemeine je zu

widerlegen; bei Hegel allerdings bezeichnete dies die „List der Vernunft“, d.h. den

Progreß der bürgerlichen Revolution gegen alle feudale Reaktion, während das

Allgemeine des postfaschistischen Historikers nur die Penetranz der deutschen

Revolution von 1933 gegen alle Evidenz der materialistischen Vernunft verkörpert.

Der Nationalhistoriker polemisiert gegen das Verallgemeinern, denn er selbst

besitzt nicht den Schimmer eines Bewußtseins davon, wie die bürgerliche, wie die

kapitalisierte Gesellschaft das Besondere und das Allgemeine synthetisiert, wie der

16   Mommsen, ebd.,

transzendentale Schematismus a priori sich konstituiert, der das Besondere zum

Ganzen sich fügen läßt, wie es daher, materialistisch gesprochen, um den Nexus

von Warenform und Denkform bestellt ist. Er schmiert seinen Faktenbrei auf das

dürre Gerüst der Ideologie, die darüber zur bunten Kulisse werden soll, vor der

nichts als immer nur Menschen endlose Reprisen des Allzumenschlichen aufführen:

die Nation als Lindenstraße, wo viel geschieht und nichts passiert. Die

Erkenntnisfalle, in die er sich so verstrickt, ist, weit entfernt, ihm irgend

Kopfschmerzen zu bereiten, vielmehr sein Lebenselixier: indem er notorisch

zwischen haltlosem Empirismus, also der sprichwörtlichen Fliegenbeinzählerei,

einerseits und ebenso leerer Metaphysik, d.h. den unverständigen, nämlich

ideologischen Abstraktionen seiner Kategorien, andrerseits schwankt, erfüllt er

genau seinen gesellschaftlichen Auftrag. Darin besteht diese Mission, als Vermittler

zwischen den traurigen Tatsachen und ihrem höheren Sinn aufzutreten, darin, die

Vermittlung der Gesellschaft durch das Kapital zum humanen Sinn der Geschichte

zu verdoppeln.

Die Geschichte ist die Beute des Historikers. Die Methode, sie unter den Nagel

sich zu reißen, hat, abermals, Hegel denunziert: „Die Grundtäuschung im

wissenschaftlichen Empirismus ist immer diese, daß er die metaphysischen

Kategorien von … Einem, Vielen, Allgemeinheit … gebraucht, ferner am Faden

solcher Kategorien weiter fortschließt, dabei die Formen des Schließens

voraussetzt und anwendet und bei allem nicht weiß, daß er so selbst Metaphysik

enthält und treibt und jene Kategorien und deren Verbindungen auf eine völlig

unkritische und bewußtlose Weise gebraucht“.   In den „Formen des Schließens“

ist die komplette Gesellschaft, ist die Quintessenz ihrer Totalität enthalten. Wer im

Gegensatz von Besonderem und Allgemeinem vermitteln will, statt auf die

Konstitution dieses Gegensatzes und also des Vermittlungsproblems selbst zu

reflektieren, der hat in dieser Denkform nichts anderes gedacht als das Kapital

selbst, d.h. das Kapital mit anderen, mit intellektuellen Mitteln fortgesetzt; eben das

meinen Begriff und Sache der Ideologie. Der Empirismus ist, Hegel zufolge, „eine

17   G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte (Werke Bd. 12), Frankfurt
1970, S. 49
18   G.W.F. Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil:
Die Wissenschaft der Logik (Werke Bd. 8), Frankfurt 1970, S. 109

Lehre der Unfreiheit“ , die Geschichtswissenschaft als die vergangenheitsselige

Version dieses Empirismus daher eine Doktrin der bedingungslosen Persistenz der

Nation und ihres Staates, die sich durch kein Auschwitz je wird beirren lassen.

All dies reflektiert sich, vielmehr, da von Reflektion allseits keine Rede sein kann:

dies alles spiegelt sich wider in der Weise, in der deutsche Historiker Goldhagen

entweder unkontrollierte Induktion oder hemmungslose Deduktion vorhalten,

drückt sich aus in der wildwuchernden Rede von vielfältigen „Bedingungen“,

komplexen „Faktoren“ und hochdiffizilen „Umständen“, die ein wohltemperiertes

historisches Urteil im Interesse seiner Konsensfähigkeit zu berücksichtigen habe,

und schlägt sich schließlich nieder im Vorwurf, aus Goldhagen spräche in Wahrheit

gar „kein Historiker, sondern ein Informatiker, der historische Prozesse und

Dokumente wie Bestandteile einer gewaltigen Software liest“, der einem

monokausalen, eindimensionalen und also monomanen Determinismus huldige:

Und dies sei, befindet die Frankfurter Allgemeine und sagt Frank Schirrmacher,

nichts anders als: „Geschichtsmetaphysik“ , die, sekundiert Die Welt und schreibt

Jost Nolte, einzig auf einer „Technik der Vereinfachung und Verallgemeinerung“

gründen könne.

Die Kritik an Goldhagen manifestiert, wie gewaltig der Abgrund zwischen der

deutschen Geschichtswissenschaft und der historischen Wahrheit klafft. Der

Historiker scheut den synthetischen Begriff der Geschichte, weil dieser nicht anders

sich aussprechen kann denn als kategorisches Urteil über die Zukunft, d.h. als

kommunistisches Programm der Abschaffungen. „Geschichtsmetaphysik“: Der

schlimmste Vorwurf, den Historiker überhaupt erheben können, enthüllt zugleich

den ideologischen Charakter dieser obskuren Wissenschaft, deren Anhänger das im

Kapitalverhältnis gesellschaftsmächtig gewordene Phänomen der Realabstraktion,

d.h. der praktischen Metaphysik und ihrer „gesellschaftlich gültigen, also

objektiven Gedankenformen“ , in einen historischen Prozeß auflösen, der auf der

Flucht vor seinem Begriff beständig um die Pole von Interaktion und Struktur, von

Geschichte als Handlung und Kommunikation einerseits, als Funktion und System

19   Hegel, a.a.O., S. 111
20   Frank Schirrmacher, Hitlers Code, in: Schoeps, a.a.O., S. 104 (zuerst in: Frankfurter
Allgemeine Zeitung v. 15.4.1996)
21   Jost Nolte, Sisyphos ist Deutscher, in: Schoeps, a.a.O., S. 111 (zuerst in: Die Welt v.
16.4.1996)

andrerseits oszilliert. Diese Bewegung allerdings vermöchte der Informatiker

adäquater zu fassen als der Historiker, weil er, wenn er auch sonst nichts weiß,

doch immerhin das eine weiß, daß der Prozeß durch die Form determiniert wird.

Die Festplatte der Weltgeschichte ist auf das Betriebssystem Kapital formatiert,

und die deutsche Geschichte insbesondere gehorcht einer antisemitischen Software.

Das Verhältnis von Induktion und Deduktion, dessen mangelhafte methodische

Beherrschung die deutschen Historiker Goldhagen ankreiden, impliziert das

Problem der gesellschaftlichen Synthesis, die Frage, wie es möglich sein soll, daß

das sinnlich so Verschiedene und schlechthin Inkommensurrable doch in einem

Begriff sich fassen soll, in einem synthetischen Begriff, der, weit davon entfernt,

von außen oktroyiert, abgehoben oder „abstrakt“ zu sein, vielmehr von innen

emergiert, wie also Äpfel und Birnen sich zu Obst addieren lassen, wie die

differenten Gebrauchsdinge, nur als Waren produziert, in einem quantifizierten

Tauschwert sich summieren. Kann in diesem Verhältnis vom Einzelnen aufs Ganze

gefolgert werden? Und aus wieviel Einzelnem besteht das Ganze? Oder hat man

vom Ganzen auf das Einzelne zu schließen? Und was ist sodann das Ganze?

Schließt man, induktiv, von der subjektiven Erfahrung etwa Viktor Klemperers auf

das Ganze, d.h. auf ganz Deutschland, dann kann an der Wahrheit der Thesen D. J.

Goldhagens so wenig Zweifel aufkommen wie im umgekehrten, deduktiven Schluß

von der nazistischen Regierungsprogrammatik auf die Gesellschaft. Klemperers

„Forschungsprozeß“ führte ihn vom ungläubigen Staunen darüber, „daß Hitler

wirklich die deutsche Volksseele verkörpert, daß er wirklich ‘Deutschland’

bedeutet“, über die fortschreitende Gewißheit, „daß Hitler wahrhaftig der Sprecher

so ziemlich aller Deutschen ist“ auf die furchtbare Wahrheit, daß „die Seuche in

allen wütet, vielleicht ist es nicht Seuche, sondern deutsche Grundnatur“. Am Ende

schließlich die Erkenntnis: „So bedeutet die Judenfrage für den Nationalsozialismus

das Zentrum der ‘Wesensmitte’ und seine Quintessenz“.   Viktor Klemperer

verallgemeinert ‘from the bottom up’, während Hitler, wie nicht nur seine Rede

zum Jahrestag der NSDAP-Gründung 1942 belegt, mit allen Kräften und in aller

Öffentlichkeit entschlossen war, ‘from the top down’ zu besondern: „Dieser Kampf

22   Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Bd. 1 (MEW 23), Berlin 1973, S. 90
23   Viktor Klemperer, Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933 – 1945, Berlin
1995, Eintragungen vom 17. 8. 1937, 20. 9. 1937, 25. 10. 1941 und 5. 9. 1944

wird nicht mit der Vernichtung der arischen Menschheit, sondern mit der

Ausrottung des Judentums in Europa sein Ende finden“ .

Josef Joffe und die Logik

Der einzige unter Goldhagens Kritikern, der die Frage nach dem

erkenntnistheoretischen Status der geschichtswissenschaftlichen Begriffe überhaupt

aufgerollt hat, war bezeichnenderweise kein Fachhistoriker, sondern Josef Joffe,

Leitartikler der Süddeutschen Zeitung. Er schreibt: „Schon der Talmud sagt ganz

knapp: ‘Zum Beispiel ist kein Beweis’. Die Fallstudie, die Zitate (und seien sie

auch noch so massenhaft aufgetürmt) summieren sich nicht per se zum

Richtspruch. (…) Noch problematischer wird es bei der Logik. Der Satz A, ‘Die

Killer waren normale Deutsche’. enthält nicht den Beweis, den Goldhagen zu

liefern wünscht, also den Umkehrschluß B, ‘Die normalen Deutschen waren Killer’

(…). Zwischen Satz und Umkehrschluß tut sich die älteste logische Falle überhaupt

auf; A ergibt nicht B, es sei denn, daß die A-Menge identisch mit der B-Menge

wäre, was sie aber per definitionem nicht ist. Anders ausgedrückt: (Soziologische)

Korrelation ist keine Kausation. (…) Mithin kommt Goldhagen das klassische

Problem von der Vermischung verschiedener Analyse-Ebenen in die Quere,

zwischen denen kein zwingender Konnex herrscht, in diesem Fall zwischen

Individuum, Gruppe und Nation. Formal ausgedrückt: Die Eigenschaften einer

Gruppe sind nicht identisch mit den Eigenschaften ihrer Mitglieder, und beide

unterscheiden sich wiederum von denen des gesamten Volkes. (…) Oder: ‘Das

Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile’. (…) (Auf Goldhagens) Weise von

‘unten nach oben’, von der Stichprobe zur Gesamtkultur räsonieren, geht nicht.

Aber man kann auch nicht von ‘oben nach unten’, von der präsumtiven Kultur auf

das mörderische Verhalten schließen, wie Goldhagen es ebenfalls tut.“ Joffe

folgert, es bedürfe einer „intervenierenden Variable“, also eines Dritten der

Vermittlung, das er „das ‘System“ nennt  , etwas, das die Einheit von Induktion

und Deduktion stiftet. Wer oder was jedoch ist „das System“? Offenkundig kann es

24   Zitiert nach Max Domarus, Hitler. Reden und Proklamationen 1932-1945, Wiesbaden 1973, S.
1992
25   Josef Joffe, „Die Killer waren normale Deutsche, also waren die normalen Deutschen Killer“,
in: Schoeps, a.a.O., S. 164 f. (zuerst in: Süddeutsche Zeitung v. 13./14. 4. 1996 und Time v. 29.
4. 1996)

nur gedacht werden als Identität von Identität und Nicht-Identität, d.h. als

Übergreifendes über sich selbst und sein eigenes Gegenteil, d. h. als Einheit der

Logik mit der Bedingung der Möglichkeit ihrer eigenen Geltung. Die Logik gilt, da

hat Joffe gegen Goldhagen ganz recht, aber sie vermag ihre eigene Geltung nicht

logisch zu begründen, und deshalb hat Joffe gegen Goldhagen ganz und gar

unrecht. Die Geltung der Logik selbst beruht nicht auf Logik, sondern auf einem

dialektischen Paradox dergestalt, wie das klassische vom Kreter es demonstriert.

Satz A: Alle Kreter lügen; dann Satz B: Der dies sagt, ist selbst ein Kreter. Was

nun? Wahrheit oder Lüge? Die Bedingungen der Geltung von Satz A sind die

Kriterien der Unwahrheit von Satz B; und umgekehrt. In diesem Beispiel ist der

Kreter die Teilmenge seiner selbst, das Übergreifende über sich und sein Gegenteil.

Daraus wiederum folgt: Der Satz C „Alle Kreter sind Lügner“ läßt sich in den Satz

D „Alle Lügner sind Kreter“ umkehren, oder anders: Der von Joffe inkriminierte

Schluß Goldhagens kann nie und nimmer von einem Deutschen bestritten werden.

Das Paradox allerdings, aus dem die Logik praktisch Geltung gewinnt, ist an sich

selbst alles andere als ein Denkproblem, sondern das im Kapitalverhältnis durch die

Selbstkonstitution des Werts zum „automatischen Subjekt“  negativ gelöste

Problem der Vergesellschaftung, d.h. die Identität des Werts als Identität seiner

prozessierenden Identität im Geld mit seiner Nichtidentität als Produktion von

Gebrauchswert, d.h. die praktische Identität von Mommsen und Nolte im

Historiker als ihrem immanenten Allgemeinbegriff. Der kapitale Wert, der im

Prozeß seiner Verwertung seine eigenen Voraussetzungen produziert und

reproduziert, ist so die Bedingung der Geltung von Logik schlechthin. „Das

System“ daher, von dem Joffe, wie er freundlicherweise selbst sagt, im

„Soziologen-Jargon“ spricht und das er eine „intervenierende Variable“ nennt, ist

weder eine Variable noch interveniert es; es ist die Form der kapitalen

Vergesellschaftung selbst, die sich als ihren eigenen Inhalt setzt und reproduziert.

Goldhagens Folgerung, daß, weil die Killer normale Deutsche waren, alle normalen

Deutschen potentielle Killer waren, ist daher mit den Mitteln der Logik ebenso

angreifbar (nur nicht von Deutschen, die von sich selbst als „wir Deutsche“

sprechen) wie sie, dialektisch betrachtet, über jeden Zweifel erhaben ist. Auch nur

Historiker, fühlt Goldhagen sich, im eklatanten Unterschied zu seinen deutschen

26   Marx, a.a.O., S. 169

Kritikern, nicht genötigt, den fraglosen Positivismus der historischen Methode

nationalistisch zu verbiegen, ein fröhlicher Positivist, der sich Induktion und

Deduktion nicht gegeneinander ausspielen läßt, der sich vielmehr gewiß ist, seinen

Gegenstand im Gleichklang der Verallgemeinerung der Quellen wie der

Konkretisierung der Allgemeindiagnose gewaltlos in den Begriff zu zwingen. Was

„deutsch“ ist, wird so mentalitäts- wie ideengeschichtlich zugleich bestimmt, von

unten erschlossen wie von oben gefolgert. Seine Ergebnisse sind um so

zwingender, als er den Gesellschaftsbegriff seiner deutschen Kritiker teilt,

demonstrieren sie doch, wozu selbst Positivisten fähig sein können, wenn ihnen der

Poppersche „Glaube an die Vernunft“ mehr ist als Lippenbekenntnis.

Goldhagens Wissenschaft

Denn Goldhagen ist ein Positivist, den es mit Macht zum Begriff drängt, ein

Positivist, der weiß, daß die Theorie darüber entscheidet, was ein Faktum ist, ein

Positivist, der sich vom Kraut und den Rüben der Empirie nicht den Blick

verstellen läßt, der überdies, allem Manko eines ideologiekritischen

Wahrheitsbegriffs zum Trotz, ganz genau weiß, daß, wenn es schon so sein soll,

wie es der Positivismus will, die innere Stimmigkeit einer Theorie das Indiz ihrer

objektiven Richtigkeit abzugeben hat, daß diese Theorie dann ökonomisch zu sein

hat und elegant, daß sie mit einem Mindestmaß an Argumenten auszukommen hat,

daß sie Ockhams Messer ansetzen muß, um rational zu sein. „Der Ruf nach

Komplexität ist häufig die letzte Rettung jener, die bestimmte Folgerungen

unerträglich finden“, doziert er gegen seine Kritiker, und weiter: „Die Vorstellung,

daß eine einfache Erklärung eine vereinfachende Untersuchung zur

Voraussetzung“ haben muß, ist irrig, „viele schreckliche und komplexe Resultate

haben einfache Ursachen“.

27   D. J. Goldhagen, Das Versagen der Kritiker, in: Die Zeit v. 2. 8. 1996. – Hier liegt der Grund,
warum Christopher R. Brownings Studie Ganz normale Männer. Das Reserve-Polizeibataillon
und die „Endlösung“ in Polen (Reinbek 1993) so überaus gut ankommt: Es wimmelt hierin von
„psychologischen und situativen (sozialen, kulturellen und institutionellen) Faktoren“ (S. 217),
die alle „eine Rolle spielen – allerdings in unterschiedlichem Maße und keineswegs
uneingeschränkt“ (S. 208). Die Faktoren schwirren umher wie ein Bienenschwarm, nichts, was
sie zusammenhält; der ins Äußerste getriebene Empirismus kapituliert: „Das Verhalten eines
jeden menschlichen Wesens ist natürlich eine sehr komplexe Angelegenheit, und wer es als
Historiker zu ‘erklären’ versucht, befleißigt sich automatisch einer gewissen Arroganz. Wenn es
nun um fast 500 Männer geht, ist es noch gewagter, den Versuch einer allgemeingültigen Erklärung ihres kollektiven Verhaltens zu unternehmen“ (246). Aber er kapituliert nur pro
forma: „Die Verantwortung für das eigene Tun liegt letztlich bei jedem einzelnen“ (ebd.). Diesem
ultraliberalen Credo, daß Erklären Verstehen heißt und letztlich jeder Nazi sein eigener
Nürnberger Gerichtshof zu sein habe, folgt der Umschlag in den krudesten Objektivismus.
Plötzlich, auf der letzten Seite, tritt sie auf, „die Gesellschaft“, „die ihre Mitglieder dazu erzieht,
sich der Autorität respektvoll zu fügen“, die Gesellschaft, „die ohne diese Form der
Konditionierung wohl auch kaum funktionieren“ würde, und sie erweist sich in vollendeter
Begriffslosigkeit als quasi-anthropologisches Existential, nämlich als Auswuchs der
„Komplexität des Lebens“ (ebd.).
Der vermeintliche Gegensatz von Erklären und Verstehen (ein Derivat nur der Max Weberschen
Scheidung von Tatsachenfeststellung und Werturteil), mit dem sich die Historiker, ob nun als
Strukturalisten oder als Intentionalisten, bis heute plagen, hebt sich zur Apologie. Dächte er
wirklich radikal subjektivistisch, hätte der Historiker als Psychoanalytiker zu arbeiten, aber dort,
im Innersten des Verstehens, käme ihm in Gestalt der Libido doch nur und wiederum das Kapital
entgegen, vor dem er aus guten Gründen schon in den Empirismus geflohen ist. Die Historie ist
eine unmögliche Wissenschaft, die, gleichwohl betrieben, nur zur Ideologieproduktion taugt, d.h.
zur Abwehr jedes kategorischen Urteils über die Nation: Mommsen (Die dünne Patina …) sagt in
diesem Sinne, „daß Goldhagens vorurteilsgeprägtes Herangehen eine differenzierte Analyse, die
die unterschiedlichen handlungsleitenden Faktoren gegeneinander abwägt, weitgehend
ausschließt, zumal er weniger auf eine Erklärung des Handelns der Individuen als vielmehr den
Nachweis ihres schuldhaften Verhaltens abhebt.“ – Die „Komplexität dieser Vorgänge“ (ebd.) ist eben eine so hochkomplexe, daß man nicht Universitäten, sondern Rechenzentren mit dem Nazismus befassen müßte. 

Seine Entschiedenheit nimmt um so mehr wunder, als Goldhagen den liberalen

Gesellschaftsbegriff mit allen Konsequenzen vertritt und verteidigt. So überaus

resolut outet er sich als Parteigänger der „offenen Gesellschaft“, daß sich das

vernünftige Resultat geradezu im vollendeten Widerspruch zu seinen theoretischen

Grundannahmen ergibt. Daß der deutsche Antisemitismus im Kern „der Wille zu

töten“ ist, daß er in letzter Instanz auf Vernichtung geht, daß alle seine noch so

differenzierten Spielarten und wie immer komplexen Ausdrucksformen vom linken

Antizionismus über den liberalen Philosemitismus bis hin zum altgermanischen

Neuheidentum in einem übergreifenden Horizont, in einem logischen Kontinuum

stehen, dessen inneres Telos die Liquidation ist – dieser Nachweis ist so stupend,

daß man sich fragt, wie er überhaupt mit den Mitteln des Positivismus zu

begründen sein sollte, ist so frappant, daß man den Positivismus nachgerade vor

lauter Hochachtung vor Goldhagen für die in Deutschland allein noch mögliche

Form der Aufklärung selbst halten möchte. Es ist aber nur die Logik der Sache

selbst, die sich hierin ausspricht, die als „kognitives Modell“, „Mentalität“ und

„politische Kultur“ definiert, was tatsächlich Begriff und Sache der Ideologie

zukommen würde. Unter dem anthropologisch anmutenden Titel der „Mentalität“

reflektiert Goldhagen jedenfalls den Tatbestand, daß die deutsche Ideologie den

Deutschen so rigoros zur zweiten Natur geworden ist, daß sie darin wohler sich

fühlen als in ihrer ersten Haut, was schon ihre massenhafte Bereitschaft bewies, sie

ist für Führer, Volk und Vaterland zu Markte zu tragen. Goldhagen geht „im

Gegensatz zu Marx’ bekanntem Diktum davon aus, daß das Bewußtsein das Sein

bestimmt“ (533), eine zwar billige, aber jedenfalls legitime Polemik gegen den

unter Marxisten gängigen Ideologiebegriff, denn vom Zusammenhang von

Warenform und Denkform wissen die Marxisten ebenfalls weniger als nichts. Wie

ist es nun in Goldhagens Perspektive um den Zusammenhang von Sein und

Bewußtsein, von deutschem Sein und antisemitischem Bewußtsein bestellt?

Goldhagen ist, was seine Erkenntnistheorie angeht, radikaler Kostruktivist. Man

müsse sich, sagt er, „das kognitive, kulturelle und teils sogar das politische Leben

einer Gesellschaft wie ein ‘Gespräch’ vorstellen. Alles, was wir über die

gesellschaftliche Wirklichkeit wissen, ist dem Strom dieser ununterbrochenen

‘Gespräche’ entnommen, die diese Realität konstituieren“ (51 f.). Das

gesellschaftliche Sein ist eine an sich selbst deutungsfreie Tatsache, die pure

Faktizität; was das Sein bedeuten soll, bestimmt das Bewußtsein, indem es die

Realität mittels „axiomatischer Themen“ (52) als sinnhaft konstruiert und daraus

„kognitive Modelle“ ableitet, die wohl in etwa dem entsprechen, was Immanuel

Kant als transzendentalen, d. h. erfahrungs- und empirieunabhängigen

Schematismus der Verstandesbegriffe definierte. Der Antisemitismus sei solch ein

Schematismus und kognitives Modell. Über seinen Ursprung schweigt Goldhagen

sich aus, seine Fortzeugung und Reproduktion „von Generation zu Generation“

soll dem „Gespräch“ zuzuschreiben sein, durch das Gesellschaft sich synthetisiert.

Kognitive Modelle jedenfalls sind überall, „sie bestimmen die Sichtweise, die

Menschen von allen Aspekten des Lebens und der Welt entwickeln, ebenso wie

ihre Handlungsweisen“ (52); und ein solches Modell ist der Warentausch: „Das

kulturelle Modell des Kaufs eines Gegenstandes“, so zitiert Goldhagen einen

amerikanischen Konstruktivisten, „umfaßt den Verkäufer, den Käufer, die Ware,

den Preis, den Verkauf und das Geld. Zwischen diesen Teilen bestehen

verschiedene Beziehungen; da ist einmal die Interaktion zwischen dem Abnehmer

und dem Verkäufer, die die Mitteilung des Preises an den Käufer umfaßt,

möglicherweise kommt es dabei zu Preisverhandlungen, zu dem Angebot, zu

einem bestimmten Preis zu kaufen, zur Einigung über das Geschäft, zum Transfer

des Eigentums an der Ware und dem Geld et cetera. Dieses Modell muß man

verstehen (und praktizieren), nicht nur um kaufen, sondern auch um sich an

solchen kulturellen Aktivitäten wie Leihen, Mieten, Leasen, Beschwindeln,

Verkaufen, Profitmachen, Läden, Werbung et cetera beteiligen zu können“ (564 f.)

Das Geld soll das eine sein, seine Wahrnehmung aber das ganz andere:

Unvorstellbar, daß, wie die marxsche Wertformanalyse nachweist – d.h. die

berüchtigten ersten hundert Seiten des „Kapital“, die schon August Bebel sich

rühmte, nicht gelesen zu haben –, das Geld an sich selbst so beschaffen ist, daß es,

als sinnliche Inkarnation und handgreiflich empirische Darstellung des kompletten

gesellschaftlichen Verhältnisses, seine eigene Interpretation und Sinngebung immer

schon enthält, daß es nichts anderes darstellt als die Identität von Sein und Sinn.

Denn indem der Wert doppelt sich darstellt, indem er als Preis der Ware neben der

Ware erscheint, verdoppelt er sich zugleich in materiellen und ideellen Wert, in

wirkliches Geld und nur gedachtes Geld. Derart enthält die Ware ihre eigene

Sinngebung, sie interpretiert sich selbst und ist ihr autonomer Philosoph. Ihr

Wahrheitsbegriff meint die praktisch gelingende Identifikation des sinnlich

Verschiedenen. Im Austausch werden Sein und Sinn der Ware zur Deckung

gebracht; die Ware denkt sich soi disant zu ihrem logischen Ende, indem sie ihren

Wert praktisch in Geld übersetzt, sich aus dem Gedanken in die Wirklichkeit

begibt, d.h. indem sie sich, wie es die liberale Gesellschaftstheorie und ihr

ökonomischer Troß, die nominalistische Geldtheorie, sagen, im Geld als einem

„Medium“ reflektiert.   Als Identität von Sein und Sinn, d.h. unter der Warenform,

die nur sein kann, indem sie unmittelbar zugleich als Denkform erscheint, stiftet der

Wert in Gestalt des Geldes und als „bare Münze des Apriori“ eben die

Verstandesbegriffe, aus denen sich das Vermittlungsproblem der Historiker erst

ergibt. Die unendlichen Streitereien zwischen sog. „Intentionalisten“ und sog.

Zuletzt hat Jochen Hörisch, Kopf oder Zahl. Die Poesie des Geldes (Frankfurt 1996) diesen
Gedanken ausgeführt. Vgl. jedoch vor allem: Alfred Sohn-Rethel, Geistige und körperliche
Arbeit. Zur Epistemologie der abandländischen Geschichte. Revidierte und ergänzte Neuauflage,
Weinheim 1989. – Geldtheorie ist der Kern von Gesellschaftstheorie nur überhaupt. Nicht nur
hängen nominalistische Geldtheorie und pluralistische Gesellschaftstheorie untrennbar
zusammen (Hans-Georg Backhaus, Zur Dialektik der Wertform, in: Alfred Schmidt, Beiträge zur
materialistischen Erkenntnistheorie, Frankfurt 1969), sondern die Rekonstruktion dieses Nexus
ist es, was einen materialistischen Begriff von Wahrheit erst stiftet. Andernfalls „gibt es soviel
prinzipiell verschiedene Wahrheiten, wie es prinzipiell verschiedene … Lebensanforderungen
gibt“ (Georg Simmel, Philosophie des Geldes, 7. Auflage Berlin 1977, S. 70), also kein einziges
Argument mehr gegen den Antisemitismus.

„Funktionalisten“ unter den Historikern verweisen in letzter Instanz auf ihr

Unvermögen, das Geld zu denken. Goldhagen wählt die nominalistische Strategie,

um nachzuweisen, daß Antisemitismus Projektion ist und in nichts gründet, was

irgend den Juden – die in genau diesem Sinne deutungsfreies Sein darstellen –

zuzuschreiben wäre, aber indem er diesen Satz der beweisfreien Vernunft nur

nominalistisch zu begründen weiß, torpediert er sein eigenes Interesse: „Unser

Konzept der persönlichen Autonomie“ (52), das Goldhagen dem Antisemitismus

entgegenstellen möchte, der das konkrete Individuum unter abstrakte, völkische

Kategorien subsumiert, ist ebensowenig in fundamentum humanun verankert wie

sein genaues Gegenteil. Wenn „das Wissen eine soziale Konstruktion“ (87) ist,

wenn nichts existiert, was in sich, wie tatsächlich negativ auch immer, die Einheit

von Sein und Sinn stiftet und reproduziert, wenn daher keine Wahrheit denkbar ist,

die so unabhängig von Konsens und so wenig irgendeiner Zustimmung bedürftig

wäre wie der Satz, daß Juden Menschen sind, mögen auch drei Milliarden das

Gegenteil behaupten, dann ist über den Antisemitismus kein kategorisches Urteil

möglich, dann ist der Kampf gegen den Antisemitismus nur Ausdruck eines

anderen „kognitiven Modells“, d.h. einer anderen Meinung.

Die Kritik der deutschen Historiker an Goldhagen hat folgerichtig alles mögliche

benörgelt, aber nirgends hat sie die erkenntnistheoretische Konstruktion des

Antisemitismusbegriffs ihm angekreidet: Es ist ihr eigener, Ausdruck eines liberalen

Antifaschismus, der in Deutschland das verkappte Bündnisangebot an den

Faschismus enthält. Insbesondere hat die Kritik jenen Punkt bemängelt, an dem

nichts anderes aus Goldhagen spricht als das Bedürfnis der Vernunft, das

Bewußtsein nicht von „Faktoren“ und „Bedingungen“ sich zerstäuben zu lassen,

sondern nach einem Grund zu suchen, nach einer intelligiblen Ursache. „Denn

beweisen“, sagt Hegel, „heißt in der Philosophie soviel als aufzeigen, wie der

29
Gegenstand durch und aus sich selbst sich zu dem macht, was er ist.“  Daß

Goldhagen etwas beweisen wollte, d.h. er eine Interpretation vorlegen wollte, die

genau einen Schluß zuläßt, diese Impertinenz hat die geschichtswirtschaftenden

Faktorenverwalter vielleicht noch mehr erschüttert als der Schluß selbst. Im vollen

Elan ihrer Empörung haben sie übersehen, daß Goldhagen ihren eigenen

Positivismus gegen sie wendet, daß er mit der haargenau gleichen Methode –

positivistische Logik, d.h.: „Wenn es eine einzige Tatsache gäbe, und zwar eine,

die das gemeinsame Motiv erkennen und sich auf die meisten der zu

untersuchenden Phänomene anwenden ließe, dann wäre diese jedem mühsam

zusammengebauten Erklärungsmosaik vorzuziehen“ (668) – , und mit dem selben

historischen Material ihre Trial-and-error-Methode im Umgang mit dem Nazismus

als typisch deutsch entlarvt, d.h. als Geschichtsschreibung, die nicht der Wahrheit,

sondern deren Gegenteil, der Nation, verpflichtet ist.

Weil Goldhagen das Geld für eine deutungsfreie soziale Tatsache hält und also das

„Profitmachen“ für eine von vielen „kulturellen Aktivitäten“, verfehlt er den Begriff

des Antisemitismus. Im Unterschied allerdings zu den Historikern zielte er

wenigstens auf einen Begriff, und seine Methode, die vorfindlichen

Antisemitismusbegriffe daraufhin zu untersuchen, unter welcher Voraussetzung

eigentlich und überhaupt einander widersprechende Definitionen ein und

desselben Gegenstandes möglich sein können, führt ihn so nahe wie nur irgend

möglich an die Antwort heran, daß es einen Gegenstand geben muß, der, ganz und

gar nicht deutungsfrei, an sich selbst die objektive Eigenschaft haben muß, nur

unter sich einander wechselseitig ausschließenden Denkbestimmungen und

Definitionen gedacht werden zu können. Die Bedingung der Möglichkeit der

einander widerlegenden Vorstellungen vom Antisemitismus ist, so folgert

Goldhagen ganz logisch, der „Wille zu töten“: Nur unter dieser Prämisse ordnet

sich der Faktorenstaub, nur mit dieser Annahme hebt sich der Komplexitätsnebel,

nur am Leitfaden dieser These wird das „Feld sehr unterschiedlicher Formen des

Antisemitismus“ und werden die „Vielzahl von Motiven“, von denen pars pro toto

Ulrich Herbert schwatzt, intelligibel und taugt das Bewußtsein zu mehr als zur

Büroklammer. Und zwar verständlich als Camouflage eines Willens, der sich selbst

sucht, d.h. einer Intention, die objektiv und an sich immer schon das ist, was sie

durch alle Irrungen und Wirrungen der Geschichte hindurch, heißen sie nun

christlicher Antijudaismus oder liberaler Philosemitismus, auch für sich sein zu

streben sucht. Nur das kann verstanden werden, sagt Goldhagen, was über die

Phänomene hinaus und durch die Erscheinungen hindurch seiner eigenen Logik

folgt. Eine solche Konstruktion nennt man gemeinhin eine idealistische; und wie

wenig Goldhagen zu ihr als Positivist eigentlich befugt ist, zeigt sich daran, daß er

29   Hegel, a.a.O., § 83

kein Kriterium anzugeben vermag, nach dem, was als Gebot des Denkens und was

als Schluß aller Logik sein muß, auch tatsächlich existiert. Es muß etwas geben,

das die Identität von Sollen und Sein real darstellt, und dieses Etwas muß die

Einheit von Genesis und Geltung sein; d .h. es muß seiner Konstitution gemäß in

der Lage sein, sich selbst zu konstituieren, sein eigener Ursprung zu sein und sich

selbst in allgemeine Geltung zu setzen. Goldhagen nennt dies Etwas das „kognitive

Modell“, aber dessen Reproduktion durch das intergenerative „Gespräch“ bleibt

kaum weniger mysteriös als seine historische Abkunft. Was Goldhagen unter dem

Titel des kognitiven Modells verfehlt, spricht die Wahrheit des Kapitals als

automatisches Subjekt aus, und die Formen des logischen Schließens enthalten und

offenbaren so die Gesellschaft in ihrer dialektischen Quintessenz tatsächlich.

So nahe Goldhagen der „Logik des Antisemitismus“ daher kommt, so sehr verfehlt
er sie doch.  . Seiner logischen Notwendigkeit ermangelt die gesellschaftliche

Wirklichkeit. Was der Geldbegriff Goldhagens, der alles andere als ein Begriff war,

schon durchscheinen ließ, das macht sein Kapitalbegriff unabweisbar: Hier denkt

und arbeitet jemand, den nur Zufall und höhere Fügung davor bewahrt haben, das

Drehbuch zu „Schindlers Liste“ zu schreiben. Da ist die Rede davon, die

„subjektive Vorstellung der Deutschen von den Juden“ hätte sie dazu veranlaßt,

„Arbeit – also eine instrumentelle Tätigkeit, die normalerweise der effizienten und

rationalen Produktion dient – in ein Mittel der Zerstörung zu verwandeln“ (377),

da spricht Goldhagen von einem „Sieg von Politik und Ideologie über das

ökonomische Eigeninteresse“ (382) und davon, „daß der eliminatorische

Antisemitismus selbst dann das Handeln der Akteure bestimmte, wenn ihnen die

normalerweise machtvolle Logik ökonomischer Rationalität gegenüberstand, die

doch das deutsche Wirtschaftsleben im großen und ganzen bestimmte“ (471),

schließlich noch davon, daß „die Macht des Antisemitismus die ökonomische und

für eine moderne industrielle Produktionsweise erforderliche Rationalität außer

Kraft gesetzt“ (499) hätten: Reinhard Kühnl, Ernst Nolte und die deutsche

Reichsbahn lassen grüßen. Von der Vorstellung, Geld und Kapital seien an sich

  Vgl. Moishe Postone, Nationalsozialismus und Antisemitismus. Ein theoretischer Versuch,
zuletzt in: Michael Werz (Hg.), Antisemitismus und Gesellschaft. Zur Diskussion um Auschwitz,
Kulturindustrie und Gewalt, Frankfurt 1995, S. 29 ff. Vgl. auch Stefan Vogt/Andreas Benl, „No
Germans, no Holocaust“. Zur Kritik von D. J. Goldhagens „Hitlers willing Executioners“, in:
Bahamas Nr. 20 (Sommer 1996), S. 42 ff.

selbst antisemitisch, erzeugten gar aus eigenem Wesen und eigener Dynamik die

objektive Ideologie eben jenes abstrakten und unproduktiven, jenes wurzellosen

und kosmopolitischen Un- und Antiwesens, als das die Nazis dann die Juden

mörderisch identifizierten, ist Goldhagen so weit entfernt wie nur die deutschen

Historiker vom Grundkurs ‘Marx für Anfänger’. „Die konsequenten Vertreter der

Illusion, daß der Mehrwert aus einem nominellen Preisaufschlag entspringt“,

notierte Marx für alle, die den Warentausch für ein kognitives Modell halten, „oder

aus dem Privilegium des Verkäufers, die Ware teurer zu verkaufen, unterstellen

daher eine Klasse, die nur kauft, ohne zu verkaufen, also auch nur konsumiert ohne

zu produzieren. Die Existenz einer solchen Klasse ist … unerklärlich. (…) Das

Geld, womit eine solche Klasse beständig kauft, muß ihr beständig, ohne

Austausch, umsonst, auf beliebige Rechts- und Gewalttitel hin, von den

Warenbesitzern selbst zufließen.“  Darin nimmt die Logik des Antisemitismus

ihren Anfang, die durch die Irrungen und Wirrungen der Geschichte hindurch nach

ihrer Selbstverwirklichung trachtet, d.h. danach, ihres eigenen objektiven Zwecks

auch subjektiv und praktisch inne zu werden, d. h. den nazistischen Aufstand des

Konkreten gegen das Abstrakte, die deutsche Revolution des Gebrauchswerts

gegen den Tauschwert ins Werk zu setzen, d.h. die Liquidation des monetären

Parasiten und „Gegen-Volks“ (Rosenberg).   Die historische Gelegenheit dazu

ergab sich aus dem Zusammenbruch des deutschen Kapitals im Zuge der großen

31   Marx, Kapital, Bd. 1, S. 176
32   Was Goldhagen die Theorie des „ökonomischen Antisemitismus“ (60 f.) nennt, verfällt zu
Recht seiner Kritik: Denn ökonomische Interessen erklären nichts, ihre Verwissenschaftlichung
zur linksparteilichen Soziologie auch nichts. Von den Marxisten kann man tatsächlich nicht
lernen, wie Antisemitismus materialistisch zu deuten wäre: Man lese nur fk., D. J. Goldhagens
„Hitlers willing executioners“. Wer waren die Täter? (in: Linksruck. Jung – sozialistisch – aktiv,
Nr. 30 (März 1996), S. 22), der Goldhagen vorwirft, „die eigentlich Schuldigen im Brei der
Allgemeinschuld ungeschoren“ zu lassen, oder Reinhard Kühnl, der der Rede von „den
Deutschen“ eine „Nähe zum völkischen Antisemitismus“ ankreidet (Kampf ums Geschichtsbild,
in: junge Welt v. 24. 6. 1996).
Überhaupt kann einer wie Goldhagen von den Linken in Sachen Gesellschaft bemerkenswert
wenig lernen, nämlich weniger als gar nichts. Ein Beispiel ist die „Geld ist genug da“-
Kampagne, die an ein gleichnamiges Buch des Distel-Verlages anknüpft. In einer freiburger
Kongreßzeitung schreibt Stefan Vey in einem Artikel Über das Geld, daß es „wider seine Natur
zur Eigentumsbildung und damit zur Machtbildung mißbraucht“ werde, daß es daher darum zu
tun sein müsse, „die Krebsgeschwüre der Welt (das … Geldkapital), die überall auf Kosten des
Ganzen wuchern“, zu bekämpfen, um so das Geld auf „das Ganze des sozialen Organismus“ zu
verpflichten (in: Allerdings. Hrsg. von der Linken Liste/Friedensliste Freiburg, Nr. 3 (Dezember
1996), S. 2). – Wenn schon mutmaßlich Linke der „Arbeitsgruppe Buchenwald“ die
protonazistische Geldtheorie so entschieden vertreten, daß nur noch Name und Anschrift des
Parasiten fehlen, braucht man sich um die zukünftige, wenn nicht: Wahrheit, so doch:
Richtigkeit der Thesen Goldhagens keine Sorgen zu machen.

Krise von 1929. Diese Krise, die nur aus dem allgemeinen Begriff des Kapitals zu

erklären ist, setzte das totalitäre politische Potential frei, das in der deutschen

Nation und ihrem Staat aufgespeichert war und das sich im Antisemitismus

niederschlug. Was folgte, war so „typisch deutsch“, wie das Kapital es nicht ist,

denn es gehorchte einer derart zwanghaften, in Barbarei als bis dato unbekannte

Gesellschaftsform überschnappenden Logik, daß das Kapital ihrer nirgendwo

anders denn eben in Deutschland hätte fähig sein können.

„Die Täter“, sagt Goldhagen, „waren keine Automaten und keine Puppen“ , und

sie waren erst recht nicht Marionetten des Kapitals. Sie waren ganz gewöhnliche

Deutsche, die es definitiv satt hatten, vom Kapital geschurigelt und determiniert zu

werden, die sich mit Haut und Haaren dafür entschieden hatten, es in wahnhaftem

Elan zu überbieten, um selbst Kapital zu sein, um endlich dem Geheimnis der

Verwertung des Werts auf die Spur zu kommen.

Auschwitz, Begriff der deutschen Geschichte

Es ist diese überaus negative Dialektik, die es macht, daß Auschwitz mit den

geistigen Mitteln des bürgerlichen Verstandes, so wie er sich in der

Geschichtswissenschaft ausdrückt, weder zu verstehen noch zu erklären ist. Der

Massenmord ist das synthetische Produkt der Geschichte der bürgerlichen

Gesellschaft in Deutschland, ihr wie immer vermitteltes Resultat. Im Massenmord

ist alles enthalten und aufgehoben. Auschwitz ist die Wahrheit Deutschlands; und

eine andere Wahrheit, da können sich die deutschen Historiker mühen und quälen,

wie sie wollen, wird es niemals gegeben haben. War der Massenmord also der

logische Schlußpunkt einer Linie, die von Luther über Nietzsche zu Hitler führt?

Ja und nein. Ja: denn Luther war ein großer Antisemit vor dem Herrn, nein: denn

er war es nicht vor dem Gott, der nach ihm kam, dem Kapital, konnte es noch nicht

sein – aber die Antwort ist an sich nichtig und egal, denn der historische Prozeß

erlischt im Resultat, das Auschwitz heißt, und er verschwindet darin so, wie die

Absichten und Motive der am Warentausch Beteiligten erlöschen und gleichgültig

werden, wenn Zahltag ist. Es ist das Resultat, das ex post über den historischen

33   Goldhagen, Das Versagen der Kritiker, a.a.O.

Prozeß entscheidet, der dann ex ante zu ihm führte und auf kein anderes führen

konnte, d.h. es ist das Produkt, das die Produktion bestimmt. Man kann das

Produkt nicht vom Prozeß her denken, und daher identifiziert das Produkt das

Ausschlaggebende, das Wesentliche am Prozeß. Die Toten jedoch sind tot, kein

Sinn, der ihren Tod ungeschehen machen könnte, keine Interpretation der

Entwicklung hin zum Mord, der daran ein Jota ändern könnte.

Geschichtswissenschaft, die in „Faktoren“ und „Bedingungen“ denkt (und anders

kann sie, wenn sie überhaupt denkt, überhaupt nicht denken) arbeitet im nationalen

Interesse an der Virtualisierung der Massenvernichtung: Je mehr Argumente über

„notwendige und hinreichende Bedingungen“ sie dafür beibringt, daß alles auch

hätte ganz anders kommen können, wenn …. , desto weniger ist, ob Mommsen,

Wehler, Jäckel oder Zitelmann, von der fatalen Notwendigkeit der bürgerlichen

Gesellschaft die Rede, die es machte, daß …

Das Produkt der Geschichte des Kapitals in Deutschland ist Auschwitz. Was aber

ist Auschwitz? Was ist die Massenvernichtung im Verhältnis zu einer, wie es heißt,

von der Zweck-Mittel-Rationalität beherrschten bürgerlichen Gesellschaft, die die

Vernichtungslager hervorbrachte? Es ist die Wahrheit dieser Gesellschaft, so, wie

sie aus der an sich irrationalen Dialektik von Zweck und Mittel hervorgeht. Die

bürgerliche Gesellschaft kann den Nazismus nicht begreifen, denn dieser ist ihr

originäres und genuines Produkt, Fleisch vom Fleische. Würde sie ihn begreifen,

sie müßte gegen sich selbst revolutionieren, d.h. Selbstmord begehen. Die

Geschichtswissenschaft dieser Gesellschaft, d.h. die planmäßige Bilanzierung ihrer

verflossenen Taten und Untaten, kann den Nazismus erst recht nicht begreifen,

denn sie transformiert, Maß und Maßstab ihrer Urteile, die Zweck-Mittel-

Rationalität aus einer Ideologie zur Methode: Nie wird sie damit fertig werden,

über die „falsche“ Verwendung der knappen Güterwagons zu staunen, niemals

damit, in „Schindlers Liste“ den produktiven, d.h. recht eigentlich

antifaschistischen Gebrauch der Arbeitskraft durch das Kapital zu begaffen.

Auschwitz jedoch, das war, in stenogrammatischer Definition, die Selbstaufhebung

des Kapitals im Verfolg seiner eigenen Dynamik und auf seiner eigenen Grundlage,

d. h. eine qualitativ neue, zwar kapitalgeborene, aber doch kapitalentsprungene

Gesellschaftsformation, d.h. Barbarei in einem nicht luxemburgistischen, nicht

metaphorischen Sinne, d.h. die geoffenbarte Wahrheit der „verrückten Form“

(Marx). „Barbarei“ allerdings ist bloße Definition, alles andere als Begriff im

strengen Sinne, denn begreifen, d.h. verstehen und erklären läßt sich nur, was, wie

diskret auch immer, an Vernunft doch immerhin partizipiert. Die Toten müßten

sprechen; aber wenn sie es denn könnten, würden sie von den deutschen

Historikern mit allen Mitteln ihrer „seriösen Holocaust-Forschung“ (Mommsen)

daran gehindert, bestenfalls in die Abteilung „oral history“ deportiert.

Der Antisemitismus ist daher schuld an Auschwitz, und er ist es nicht. Ja und nein.

Ja: denn Antisemitismus ist eine Basisideologie der bürgerlichen Gesellschaft

schlechthin, und ist es insbesondere in Deutschland, einer Gesellschaft, die sich als

bürgerliche nur gegen die bürgerliche Revolution zu konstituieren vermochte, d.h.

als Produkt eines erst absolutistischen, dann bonapartistischen, in letzter Instanz

nazistischen Staates, der, so klassenübergreifend wie klassennegierend, im

Antisemitismus das politische Programm der totalen politischen Integration fand.

Der Antisemitismus ist schuld am Massenmord, weil er das notwendig falsche,

sprich: praktisch richtige Bewußtsein einer verkehrten Gesellschaft darstellt:

Goldhagen hat ganz recht. – Nein: denn der Antisemitismus ist, als objektive

Ideologie, nichts ohne die Gesellschaft, die in ihm sich reflektiert. Daher irrt

Goldhagen. Der Antisemitismus ist schuld; und er ist es nicht, weil die

Vernichtung, die auf die Juden zielte und sie traf, in wahnhafter Verschiebung der

Selbstvernichtung der bürgerlichen Gesellschaft wehren sollte. Darin liegt das

Anathema der Geschichtswissenschaft, das ihre Bemühungen im Ansatz nichtig

macht: Daß Auschwitz eine Tat war, die, nach dem Bild des Amokläufers, keine

wie immer geartete Beziehung zwischen dem Täter und seinem Opfer, die irgend in

letzterem gründete, zu ermitteln erlaubt, daß diese Tat kein Mittel gewesen ist zu

irgendeinem Zweck, sondern das Mittel als autistischer Selbstzweck, d.h. die fatale

Konsequenz aus der Todeskrise der Selbstvermittlung der bürgerlichen

Gesellschaft durch das Kapital, in deren Konsequenz das automatische Subjekt alle

in der Perspektive des Positivismus rationalitätsstiftenden Vermittlungen kassiert

und in vollendeter Raserei zum tödlichen Block erstarrt. Darin sind „die

historischen Voraussetzungen, unter denen allein das Kapital Gebrauchswert

34   Siehe Ulrich Enderwitz, Antisemitismus und Volksstaat. Zur Pathologie kapitalistischer
Krisenbewältigung, Freiburg 1991

setzt“ , ebenso vergangen wie die materiellen Bedingungen aufgehoben, unter

denen allein es erkennbar ist. Auschwitz liegt im Jenseits des Begriffs, weil sich die

kapitalisierte Gesellschaft im Zuge ihrer Selbstaufhebung in Barbarei selbst im

Jenseits ihrer menschenmöglichen Begreifbarkeit plaziert hat. Ja und nein daher,

pro und contra Goldhagen in einem: Ja, denn der Antisemitismus ist schuld an der

Massenvernichtung, weil er, funktional äquivalent, für die Nazis das darstellte, was

fdGO, Pluralismus und soziale Marktwirtschaft ihren legitimen Rechtsnachfolgern

bedeuten: praktische Geschäftsordnung der Politik und ideologisches

Selbstbewußtsein in einem. Und nein, denn Antisemitismus ist nur selbstbewußte

Ideologie, d.h. ein Denken, das nicht sich selbst denkt, das gedacht wird. Der

„Wille zu töten“, dessen Spur Goldhagen mit kriminalistischer Akribie und

juristischer Präzision verfolgt, ist in einem der unwiderstehliche und unabweisbare

Zwang zu töten.

Zwangscharakter der Freiheit: In völliger Freiheit nicht anders zu können – in

diesem Realparadox resümiert sich der Grund, der es macht, daß man niemals wird

wissen können, was Auschwitz war, und warum es war. Auschwitz läßt sich weder

erklären noch verstehen, es läßt sich weder erklären und nicht verstehen noch läßt

es sich nicht erklären und doch verstehen, weil es die gesellschaftlichen

Bedingungen der Möglichkeit dieser Unterscheidung selbst aufhebt. Die Wahrheit

der Massenvernichtung kann daher keine in sich selbst noch so schlüssige oder gar

vernünftige Theorie sein, sondern nur die praktische Herstellung der „freien

Assoziation“, d.h. der staaten- und klassenlosen Weltgesellschaft. Es kann keine

vernünftige Theorie der vollendeten Unvernunft geben, nur deren Rationalisierung.

Auschwitz macht keinen Sinn: Und das ist das Ende der Geschichtswissenschaft.

35   Siehe Wolfgang Pohrt, Theorie des Gebrauchswerts, Berlin 1995

http://www.ca-ira.net/isf/beitraege/bruhn-nazismus.erkenntnisfalle.html

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Bremer Zustände Teil 7 – Juden antreten zum Zahlappell

Der schon hinlänglich eingeführte Herr Strohmeyer lässt einmal mehr die Maske beiseite und widmet sich ganz ohne Umschweife einem Anliegen, das er wohl als „Judenkritik“ bezeichnen würde, machte er sich denn einen Begriff davon. Bekanntlich legt der ehemalige Journalist und Kultur-Redakteur des Bremer Landesverbands der Partei „Die Linke“ größten Wert auf die Feststellung, dass es einzig und allein der eine jüdische unter allen Staaten ist, den er bei jeglicher unpassenden Gelegenheit verbal attackiert. Wer dahinter Antisemitismus vermutet, liegt natürlich vollkommen richtig, schließlich ist es Arn Strohmeyer offenkundig darum zu tun, sich postum mit seinem Vater, dem NS-Journalisten Curt Strohmeyer, doch noch zu versöhnen, unter dem er immer so gelitten hat. Büßen müssen dies die Juden und ihr Staat Israel, was nach der einfachen Projektionsleistung funktioniert, Juden zu Rechtsextremisten und Israel als Unrechtsstaat abzustempeln. Wer einem wie Strohmeyer nachweist, dass er über seine Zuschreibungen an Juden und Israelis lediglich das alte antijüdische Ressentiment ausagiert, der betreibt natürlich in den Augen eines blindwütigen Judenhassers nichts als üble Nachrede und eine auf die Vernichtung der Persönlichkeit gerichtete Psychologisierung – ganz so, als wäre daran noch irgendetwas zu vernichten, wenn die Destruktivkräfte bereits dermaßen überhand genommen haben, dass einer an gar nichts anderes mehr denken kann als an seinen Vernichtungswunsch gegenüber dem jüdischen Staat.

Nun wäre Arn Strohmeyer hier nicht das Thema, wenn er seine daddy issues mit seinem Therapeuten bespräche oder wenn man ihm überall das politische Mitwirken aufgrund seiner Obsession verwehrte. In Wirklichkeit verhält es sich so, dass Arn Strohmeyer in Bremen überall mitmischt und mitmischen darf, wo es innerhalb friedensbewegter oder altlinker Kreise um das Thema Nahost, d.h. in diesen Kreisen: gegen Israel, geht. So hat er für die Bremer Linkspartei diverse Artikel und Broschüren verfasst, die problemlos über die Homepage des Landesverbands abzurufen sind. Und wenn sich in Bremen tausende zusammenrotten, um ihren Antisemitismus auszuagieren und gegen Israel zu demonstrieren, dann freuen sie sich, dass der große Agitator ihnen die Hetzrede hält, die sie alle hören wollen. Organisationen wie das Bremer Friedensforum sind zwar eifrig darauf bedacht, dass sie nicht direkt mit ihm assoziiert werden – wenn das Aktionsbündnis gegen Wutbürger über den lupenrein antisemitischen Charakter seiner Reden aufklärt, dann wird das Manuskript klammheimlich von der Homepage des Bremer Friedensforums entfernt und es wird lediglich noch angeboten, es auf Anfrage per E-Mail zuzusenden. Man hofft dort offenbar, dass einem keiner auf die Schliche kommt, dass man nicht am Ende doch noch aus der Villa Ichon und anderen Zusammenhängen herausgewiesen wird, weil man einem antisemitischen Hassprediger ein Forum bietet. Das Aktionsbündnis gegen Wutbürger lässt sich durch solche Verschleierungstaktik selbstverständlich nicht beeindrucken und beharrt darauf, dass alle widerwärtigen Äußerungen Strohmeyers auch dem Bremer Friedensforum zuzurechnen sind. Wer mit Strohmeyer und Konsorten zusammenarbeitet, leistet keine Arbeit für den Frieden, sondern steht auf der Seite der Mörder, die mit Messern und Äxten in Synagogen eindringen, um möglichst viele Juden abzuschlachten.

Nun wäre aber Arn Strohmeyer nicht der Antisemit, der er ist, wenn er seinen Judenhass nur am Staat Israel ausagierte. Auch die jüdische Gemeinde Bremen wird zur Zielscheibe seiner Attacken:

Verschiedene Religionsgemeinschaften und Vereine haben in Bremen angekündigt, dass sie mit Geldbeträgen und Hilfsgütern den Menschen beistehen wollen, die vor den Kämpfen in Syrien und dem Irak fliehen mussten.

deckt Strohmeyer auf der Seite des Nahost-Forums Bremen auf, dem Syrien und Irak sonst genauso wenig ein Thema sind wie Libanon, Saudi-Arabien oder der Iran, weil es sich in der ganzen Region sowieso nur an an dem einen Staat stört, gegen den es auch seine samstäglichen „Mahnwachen für Palästina“ vor dem Bremer Dom organisiert. Von einer Mahnwache für Syrien oder gegen das dortige Blutvergießen ist von diesem Forum Nahost schon deswegen nichts zu hören, weil die dort umgebrachten Syrer (und Palästinenser) nicht Israel in die Schuhe geschoben werden können, was sie für solche Antisemiten zu uninteressanten Kollateralschäden macht. Mit traumwandlerischer Sicherheit findet Strohmeyer unter den verschiedenen Vertretern Bremer Religionsgemeinschaften die eine, der er das humanitäre Engagement so nicht durchgehen lassen kann:

Auch die Bremer Jüdische Gemeinde beteiligt sich daran. Deren Vorsitzende Elvira Noa begründete am Donnerstag ihr Engagement für die Flüchtlinge mit der jüdischen Ethik: Es wäre doch eine Selbstverständlichkeit, diesen Menschen in großer Not zu helfen.

Nun müsste der letzte Satz, wäre er einer, der in indirekter Rede die Aussage Elvira Noas wiedergäbe, im Konjunktiv 1 formuliert sein. So wie Strohmeyer ihn aber formuliert hat, bildet er die Kurzfassung seines zum Erbrechen wiederholten Credos, dass die einzigen rechtmäßigen Besitzer einer jüdischen Ethik die handvoll Kronzeugen sind, von denen er sich in seinem Ressentiment bestätigt fühlt, anderen Juden – d.h. praktisch allen – ist Hilfe für notleidende Menschen demnach keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr seien die Juden, die sich nicht permanent von Israel distanzieren, automatisch Teil der brutalen israelischen Kriegsmaschinerie, die Palästinenser in Ghettos sperre und mit Krieg überziehe. Was er allerdings unfreiwillig noch sagt: eine Selbstverständlichkeit ist es für ihn nicht. Schließlich ist er auch noch nie dadurch in Erscheinung getreten, dass er sich über die große Not der im Verlauf der letzten drei Jahre vom Ba’ath-Regime Ausgehungerten und Ausgebombten in Rage geschrieben hätte, und beträfe es auch nur diejenigen, die in Syrien als „palästinensische Flüchtlinge“ noch in vierter Generation in Elendslagern festgehalten werden. Er hat auf ein anderes Stichwort gelauert:

Da spiele die Religionsgemeinschaft gar keine Rolle.

Für Arn Strohmeyer tut sie das aber sehr wohl. Deshalb ist der Fachmann für antijüdische Ethik auch nicht um die Idee verlegen, wie das Engagement der Jüdischen Gemeinde gegen sie – und nur gegen sie – zu verwenden wäre:

Wenn das so ist, dann ist es doch auch eine Selbstverständlichkeit, dass Frau Noa zur Hilfe für die Menschen im Gazastreifen aufruft.

Seine jüdischen Nachbarn sind es, die er gerne für die in Gaza herrschende Misere in die Pflicht nehmen will, weil für ihn ohnehin alle Juden irgendwie Israelis und damit Verbrecher sind. Nicht nur die Israelis, sondern alle Juden, so die Intention Strohmeyers, sollen gefälligst Reparationen leisten an die Urheber des Raketenkrieges, der diesmal so weit ging, dass die Menschen in Tel Aviv und Rishon LeZion genauso um ihr Leben laufen mussten wie das in Sderot und Ashkelon schon zuvor praktisch an der Tagesordnung war. Dass uns Strohmeyer diese „Selbstverständlichkeit“, Juden gesamthaft für den Terror der Antisemiten büßen zu lassen, ausgerechnet in dem Monat auftischt, in dem die Deutschen sich für die 25 Jahre feiern, die sie den Tag des Novemberpogroms von 1938 nun schon in ein neues nationales Erweckungsereignis umgedeutet haben, dürfte auch kaum zufällig sein. Papa wäre stolz.

Der große Agitator

In der Nacht vom 12. auf den 13. Juli zog eine aufgebrachte Menge junger Männer durch das Bremer Steintorviertel. Rufe wie „Zionisten sind Faschisten“ und „Kindermörder Israel“ ertönen. Es kommt zu Gewaltdrohungen gegen Passanten, ein Bremer Journalist wird attackiert. Ein Mann, der dem Journalisten zur Hilfe kommt, wird niedergeschlagen, landet mit dem Kopf auf dem Pflaster und erleidet schwere Kopfverletzungen. Er gehört der linken, antisemitismuskritischen Bremer Gruppe „Associazione delle Talpe“ an.

Man könnte erwarten, dass ein solcher Akt der Gewalt mit derart gravierenden Folgen eine Welle der Solidarität mit dem Opfer auslöste. Die Associazione delle Talpe ist in Bremen innerhalb der Linken gut vernetzt und grundsätzlich wohlgelitten. Das liegt schlicht und ergreifend am „zahme(n) Gestus, der stets »problematisieren« nicht aber »polemisieren« oder gar »diffamieren« will“ und „letztendlich zu einer ‚Appeasment’-Politik“ gegenüber der Bremer Linken geführt hat. So mischt man im Bremer Infoladen mit und lässt sich von der Linkspartei bzw. deren Rosa-Luxemburg-Stiftung finanzieren.

Warum das so ist, dafür reicht ein kurzer Blick in die Broschüre Staatsfragen – Eine Einführung in die materialistische Staatskritik, die von der Associazione delle Talpe in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Bremen herausgegeben wurde. Was dort präsentiert wird, ist ein Sammelsurium verschiedener „marxistischer Staatstheorien“, die nach Meinung der Herausgeber wohl dazu angetan sein sollen, den Verdammten dieser Erde Erkenntnis über ihren desolaten Zustand zu vermitteln. Denn zu warnen ist, so heißt es schon im Vorwort, vor spontanen Protesten, da diese „alleine noch nie die gesellschaftlichen Verhältnisse emanzipatorisch verändert haben“, weswegen eine „staatskritische Bewegung“, die nach „der Aufhebung des jetzigen Zustands“ strebt, das Ziel zu verfolgen habe, „durch Selbstorganisation und Selbstverwaltung“ einen solchen Zustand zu erkämpfen. Dabei bestehe die zentrale Aufgabe darin, „Geschichtslosigkeit, antiintellektuelle Ressentiments und Theoriefeindlichkeit“ zu überwinden. „Die kollektive Aneignung, Diskussion und Weiterentwicklung (staats-)kritischen Wissens ist daher gewissermaßen Maulwurfsarbeit, um in Zeiten fern der befreiten Gesellschaft überwintern zu können und die Waffen der Kritik für künftige Auseinandersetzungen scharf zu halten.“

Die Vorstellung, dass die „Maulwurfsarbeit“ in nichtrevolutionären Verhältnissen darin bestehe, sich ein „profundes Wissen der aufhebungswürdigen Verhältnisse anzueignen“, ist im doppelten Sinne anschlussfähig an den linken Mainstream: Einerseits lässt sich die Theoriearbeit, die von Kritik und Polemik möglichst wenig wissen will und sich nur selten ins Handgemenge begibt, wunderbar für akademische Tätigkeiten, Promotionen und dergleichen nutzen, die dann wieder durch die einschlägigen Stiftungen gefördert werden. Kein Linker, kein Antisemit, kein Staatsfetischist muss sich durch die abstrakte Staatskritik angegriffen fühlen, die nur die Klassiker repetiert und zu aktuellen politischen Auseinandersetzungen wenig zu sagen hat. Die Ausführungen der Associazione delle Talpe sind ein einziger Beleg für Pohrts These, dass auf 100 Dissertationen, die sich mit Adorno befassen, kaum eine komme, die selbst polemischen, d.h. gesellschaftskritischen Charakter habe. Andererseits kann man sich als besonders radikaler Staatskritiker deswegen gerieren, weil man sich mit der Frage, was vielleicht noch schlimmer wäre als das staatliche Gewaltmonopol und wann der Einsatz staatlicher Gewalt sogar zu begrüßen ist, nicht befassen muss, wenn man jede Bezugnahme zu aktuellen Geschehnissen vermeidet und „materialistische Staatskritik“ im luftleeren Raum betreibt. Denn sobald sich der antisemitische Mob auf den Straßen austobt, bleibt selbst diesen Staatskritikern nichts anderes übrig, als das Einsatzkonzept der Polizei zu hinterfragen und von der Staatsmacht besseren Schutz zu fordern.

Eine pauschale Kritik des Staates und der Nationen, wie sie in Bremen immer noch Mode ist und die gerade nicht ihre Aufhebung in supranationale Organisationen, Banden und Terrorgruppen ins Zentrum der Kritik stellt, sondern sich endlos in nutzlosen Turnübungen am Begriff ergeht, die Ableitungstheorie diskutiert usw. usf., scheint sich dabei bestens mit der realen Tendenz zu verstehen, an die Stelle des Staates und einer zentralen, vermittelten Staatsgewalt die unmittelbare, nackte Gewalt zu setzen. Was zum Beispiel ISIS über die Grenzen des Iraks und Syriens hinaus zu installieren trachtet, könnte man durchaus als Versuch begreifen, „durch Selbstorganisation und Selbstverwaltung“ eine andere Ordnung an die Stelle der Bestehenden zu setzen, die gerade nicht mehr staatlicher Natur ist. Die „Staatskritik“ antinationaler Prägung liefert, wie andere linke Theoreme vorher, entgegen der ursprünglichen Intention materialistischer Staatskritik lediglich den Sound zum Vollzug einer Barbarei, die noch weit schlimmer ist als das, was Linke zu überwinden antreten.

Allein: Genutzt hat diese Anbiederung an den linken Mainstream der Associazione delle Talpe freilich nichts. Die aktive Solidarität, der Verzicht auf jede Zuspitzung der Kritik der Linken oder des Antisemitismus zu einer der Antisemiten und ihrer Umtriebe hat keineswegs dazu geführt, dass es zu Solidaritätsbekundungen kam, als antisemitische Schläger einen jungen Mann ins Koma prügelten. Als repräsentativ für eine undogmatische Linke in Bremen darf das Weblog end of road gelten, das auch die Associazione delle Talpe verlinkt. In einer dort veröffentlichten Stellungnahme der Gruppe „NoLager Bremen“ heißt es zu dem brutalen Angriff auf ihren linken „Genossen“ lapidar:

Mit Blick auf ei­ni­ge der be­reits er­folg­ten Pro-​Pa­läs­ti­na-​De­mos fin­det mor­gen in Bre­men eine „Kund­ge­bung gegen An­ti­se­mi­tis­mus“ statt. Das ist durch­aus nach­voll­zieh­bar, denn na­tür­lich hat es an­ti­se­mi­ti­sche Aus­fäl­le auf den di­ver­sen Demos der jüngs­ten Zeit ge­ge­ben, auch am Wo­chen­en­de – ganz zu schwei­gen von den dra­ma­ti­schen Ver­let­zun­gen, die eine Per­son im Zuge einer nächt­li­chen Pro-​Pa­läs­ti­na-​De­mo in Bre­men er­lit­ten hat. Nicht nach­voll­zieh­bar ist in­des­sen die Selbst-​Be­schrän­kung auf „An­ti­se­mi­tis­mus“, d.h. die Nicht-​Be­reit­schaft, eine linke, mit­hin eman­zi­pa­to­ri­sche Po­si­ti­on zur Si­tua­ti­on in Is­ra­el/Pa­läs­ti­na zu be­zie­hen (nicht zu­letzt in An­leh­nung an un­dog­ma­tisch-​lin­ke Po­si­tio­nen, wie sie von ent­spre­chen­den Grup­pen und Netz­wer­ken in Is­ra­el/Pa­läs­ti­na of­fen­siv ver­tre­ten wer­den).

Nachdem der sehr konkrete Mensch, der von brutalen Antisemiten zusammengeschlagen wurde, zur „Person“ entindividuiert wurde, wird zumindest suggeriert, dass sich diese durch ihre „Selbst-Beschränkung auf den Antisemitismus“ und die „Nicht-Bereitschaft, eine linke, mithin emanzipatorische Position zur Situation in Israel/Palästina zu beziehen“ alles weitere im Grunde selbst zuzuschreiben habe. Wer solche Genossen hat, braucht keine Feinde mehr und es wäre das Mindeste, den Betreibern von „end of road“, die dieses Musterbeispiel der Entsolidarisierung veröffentlicht haben, jedwede Kooperation aufzukündigen.

Auch die Partei „Die Linke“ in Bremen, ein von antizionistischen Hardlinern durchsetzter Landesverband, sah sich gezwungen, zwar den antisemitischen Charakter der Demonstration einzuräumen. Dabei wurde aber jedes Wort der Empathie und der Solidarität mit dem schwer verletzten „Genossen“ vermieden: „In Bremen gab es in den vergangenen Tagen mehrere Spontandemonstrationen gegen Israel, die eine klar antisemitische Ausrichtung hatten. Dort kam es zu Angriffen auf mindestens einen Passanten und einen Journalisten. Menschen wurden als „Scheiß Juden“ beschimpft, eine Person wurde schwer verletzt.“ Um der Gefahr zu entrinnen, die Stellungnahme könnte als Solidaritätsadresse mit Demonstrationen gegen Antisemitismus missverstanden werden, wurde aber ausdrücklich betont: „Der gesamte Konflikt ist aktuell und in seiner Geschichte viel zu komplex, als dass einseitige Schuldzuweisungen und Demonstrationen zur Lösung und Beruhigung der Lage beitragen würden.“

Einige Tage später, nach einer antisemitischen Großkundgebung in Bremen, von der noch zu sprechen sein wird, legte der Landesvorstand eine weitere Erklärung nach. Darin heißt es:

Wir sind froh, dass die gestrige Bremer Demonstration „Für Gerechtigkeit und Frieden in Palästina“ friedlich verlaufen ist und dass es den Organisatoren gelungen ist, antisemitische Äußerungen auf der Demonstration weitgehend zurückzudrängen. Dies ist auch ein Erfolg der vorangegangenen Bremer Kundgebung „Zusammen gegen Antisemitismus“, die den Druck darauf unmissverständlich erhöht und unterstrichen hat, dass es für antisemitische Stimmungsmache in Bremen keinen Raum geben darf. Ereignisse wie in der Nacht vom 12. zum 13. Juli, als es im Viertel bei einer propalästinensischen Demo zur lebensgefährlichen Verletzung eines Passanten kam, der einen Bremer Journalisten schützen wollte, dürfen sich nicht wiederholen.

 

Der massive militärische Angriff der israelischen Armee im Gazastreifen und die jahrelangen, täglichen Raketenangriffe der Hamas auf Israel müssen gestoppt werden. Wir können all jene verstehen, die sich angesichts der Opfer, der Bedrohung und der Mobilisierung von Hass solidarisieren wollen – weil sie Angehörige und Freunde in Israel und den palästinensischen Gebieten haben, weil sie sich jeweils berechtigten Positionen und Betroffenheiten (sic!) verbunden fühlen, weil es die Notwendigkeit gibt, Stellung gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus zu beziehen. Wir verstehen aber auch diejenigen gut, die sich in diesen Tagen kaum in der Lage sehen, Solidarität zu üben, solange Empathie „für die eine Seite“ offen oder stillschweigend Ignoranz gegen „die andere Seite“ meint oder als solche (miss)verstanden wird.

Auch hier wird man vergeblich auf Solidarität oder Mitgefühl warten müssen. Kein Wort davon, dass der „Passant“ ein linker Antifaschist gewesen ist, kein Wort zur Associazione delle Talpe, die doch eng mit der Bremer Rosa-Luxemburg-Initiative verbandelt ist. In allerhöchstens pflichtschuldigem Mitleid heißt es lediglich, ein solcher Vorfall dürfe sich „nicht wiederholen“, wobei jedes konkrete Wort dazu vermieden wird, wie dies zu verhindern sei. Stattdessen wird das abgespult, was vermutlich auch die Gruppe „NoLager“ unter einer emanzipativen Position zum Nahost-Konflikt versteht: Ganz uneinseitig fordert man, Ursache und Wirkung bereits semantisch vertauschend, dass der „massive militärische Angriff der israelischen Armee“ und „die jahrelangen, täglichen Raketenangriffe der Hamas“ gestoppt werden müssten – als sei nicht etwa das Ende des Zweiten die Voraussetzung für Ersteres. Einem solchen Geschwafel über Komplexität des Konflikts, Betroffenheiten, einseitige Schuldzuweisungen, Empathie und Ignoranz gilt es entgegenzuhalten, dass die Wurzel des Konflikts dieselbe ist wie die Ursache des Gaza-Kriegs: Das Ziel aller Antisemiten und Antizionisten, den jüdischen Staat Israel zu zerstören und seine Bewohner zu massakrieren.

Dieser Vernichtungswunsch verträgt sich seit jeher problemlos mit einer emanzipativen Position zum Nahostkonflikt, wie sie der Gruppe „NoLager“, der Linkspartei und anderen linken „Israelkritikern“ vorschwebt. Zwar wird das Ziel einer Vernichtung des jüdischen Staates vehement geleugnet, wenn permanent von Besatzung, dem Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes, israelischer Siedlungspolitik, einer ultrarechten israelischen Regierung, der Mauer der Schande, den elenden Lebensbedingungen in den besetzten Gebieten und im Gazastreifen oder der Würde des palästinensischen Volkes die Rede ist. Käme Israel aber auch nur im Ansatz den Forderungen dieser emanzipativen Linken nach einem Abriss der Sperranlage, einer Aufgabe aller Gebiete jenseits der Grenzen von 1967, einem Ende der Blockade des Gazastreifens und einer Demilitarisierung entgegen, könnte es als funktionsfähiger, wehrhafter und für seine Bürger lebenswerter jüdischer Staat nicht mehr existieren.

Dass dies den Proponenten einer emanzipativen Position zum Nahostkonflikt nicht bewusst oder egal ist, wäre eine beschönigende Darstellung. Eine Linke, die es nie mit der Freiheit gehalten hat, kann bedenkenlos „Freiheit für Gaza“ fordern, auch wenn die militanten Gruppen dort nicht für, sondern gegen die Freiheit kämpfen. Denn es gibt keinen sinnvollen Begriff der Freiheit, der nicht universell wäre, der die Unterdrückung derjenigen Bewohner des Gazastreifens durch die Hamas und derjenigen Bewohner der palästinensischen Autonomiegebiete im Westjordanland durch die Fatah zum Thema hätte, die nicht islamisch, männlich, heterosexuell und israelfeindlich sind. Wenn die Hamas in Gaza Oppositionelle hinrichtet, erschießt oder an Motorrädern zu Tode schleift, fordert kein emanzipativer Linker „Freiheit für Gaza“, sondern hält die Klappe oder redet von einem Freiluftknast oder einem Lager, das Israel in Gaza errichtet hätte, weswegen es natürlich auch für diese Taten im Endeffekt verantwortlich zu machen sei.

Es ist also durchaus kein Zufall, dass diese Leute nie von Freiheit, sondern lieber von „Emanzipation“ sprechen, das sich vom lateinischen Wort „emancipatio“ herleitet, das die Entlassung des Sohnes aus der väterlichen Gewalt bezeichnet. Während Freiheit einen Akt der Befreiung voraussetzt, jedem die Verantwortung aufbürdet, mit seiner Freiheit umzugehen, lässt man die Emanzipation über sich ergehen. „Freiheit für Palästina“ kann aus emanzipativer Perspektive kaum mehr sein als die Freiheit von jüdischer Herrschaft und Säuberung von jüdischem Einfluss. Die Menschwerdung des Palästinensers, sein Übergang vom auf den Endkampf getrimmten, antisemitischen Kollektivsubjekt zum Individuum, das sein Leben in einem möglichst weiten Rahmen selbst gestalten kann, ist in dieser Perspektive von vornherein ausgeschlossen. Ein souveräner Palästinenserstaat, der unter derart falschen Voraussetzungen entstünde, könnte nie mehr sein als ein 20fach vergrößerter Gazastreifen, ein Freiluftgefängnis für alle, die mehr sein wollen als Berufspalästinenser und Vernichtungskämpfer. Ob sie es offen sagen oder nicht, ob sie es wollen oder nicht: Das ist die Perspektive, auf die alle emanzipativen Positionen zum Nahostkonflikt hinauslaufen. Sie sind aus diesem Grund nicht nur antisemitisch, sondern auch antipalästinensisch, da sie die Befreiung der Palästinenser als Akt des Ausgangs aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit systematisch hintertreiben.

Einer, der noch nie Probleme hatte, offen auszuplaudern, was er vom Judenstaat hält, ist Arn Strohmeyer, Sonderbeauftragter des Landesverbands Bremen der Partei „Die Linke“ und des Bremer Friedensforums zur Endlösung der Israelfrage (ohne Partei- und vermutlich auch ohne Vereinsmitgliedschaft). Denn wie war das nochmal mit der Großdemonstration „Für Gerechtigkeit und Frieden in Palästina“, der die Bremer Linkspartei zugute hält, „dass es den Organisatoren gelungen ist, antisemitische Äußerungen auf der Demonstration weitgehend zurückzudrängen.“? Der erste Redner der abschließenden Kundgebung auf dem Bremer Marktplatz war kein geringerer als Arn Strohmeyer, der es sich nicht nehmen ließ, vor dem Publikum, aus dessen Reihen sich die Gewalttäter rekrutieren, die einen Bremer Linken brutal zusammengeschlagen haben, eine lupenrein antisemitische Hetzrede zu halten. Dieses Zeugnis beispiellosen Israelhasses, das auf Youtube zu finden und auf der Website des Bremer Friedensforums in Textform dokumentiert ist, überführt die Bremer Linkspartei und ihre „LandessprecherInnen“ Doris Achelwilm und Dr. Christoph Spehr sowie die Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bremischen Bürgerschaft, Kristina Vogt, der glatten Lüge. Die ganze Veranstaltung war genuin antisemitisch motiviert und es wurden dort offen Positionen vertreten, die nichts anderes bezweckten als die Dämonisierung mit dem Ziel der Delegitimierung und damit letztendlich der Vernichtung Israels. Wer Strohmeyer als Hauptredner einlädt, muss wissen, was er bekommt: Jemanden, der den ehemaligen Mufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, als tragische Figur ansieht, der sich mit den Nazis verbündete und Hitlers Endlösung der Judenfrage lediglich deswegen aktiv unterstützte, um das „Hauptmotiv seiner politischen Tätigkeit“ zu verfolgen, nämlich „die weitere jüdische Einwanderung nach Palästina zu verhindern, denn er sah deutlich die Gefahr, die diesem arabischen Land durch die Immigration von immer neuen Wellen jüdischer Immigranten drohte.“ Wer an diesen Worten einen xenophoben, antisemitischen und jeder linken Politik Hohn sprechenden Hassprediger erkennt, dem ist nicht zu widersprechen.

Eine Veranstaltung, die diesen Mann als Hauptredner aufbietet, um „Gerechtigkeit und Frieden in Palästina“ zu propagieren (von Israel ist hier schon allein deswegen nicht die Rede, weil Israel nach Ansicht dieser Leute gar nicht existieren dürfte und auch nicht existierte, hätte nur der Mufti von Jerusalem das Hauptmotiv seiner politischen Tätigkeit etwas effizienter verfolgt), ist bereits von vornherein ein massiv antisemitisches Statement. Man stelle sich vor, es wären lupenreine Nazis gewesen, die unter diesem Motto demonstriert und Israel dämonisiert und delegitimiert hätten – die Linke, end of road und die Gruppe NoLager, die gegen jeden Mini-Naziaufmarsch mobilisieren, wären vermutlich vor Aufregung kollabiert. Da nun aber ein paar Linke, Friedensfreunde und Mitglieder der Linkspartei wie der Bürgerschaftsabgeordnete Peter Erlanson dabei waren, als türkische und palästinensische Gruppen ihre Großdemonstration abhielten, nahm man es mit den Hetzreden nicht mehr so genau. Neben Strohmeyer sprachen übrigens der Imam Bektas Ömer, der von „Völkermord“ daherdelirierte und die Situation in Palästina zu einem „Problem für 1,5 Milliarden Muslime in aller Welt, die hier ihre heiligen Stätten haben, die aber nicht frei zugänglich sind“, erklärte und damit bereits klarmachte, dass Israel mit seinen wenigen Millionen Juden den 1,5 Milliarden Muslimen und ihren Ansprüchen zu weichen habe, sowie Salam El-Sara, der Vorsitzende der palästinensischen Gemeinde Bremens, der von einem „kriegerischen Angriff auf unser Volk“ sprach und sich somit vollends mit der Hamas solidarisierte. Da Ömer auf Türkisch und El-Sara auf Arabisch sprach, sind wir hier auf die Übersetzungen der Veranstalter angewiesen, für die wir keine Gewähr übernehmen können. Auch den Bremer Linken-Politikern könnte man ihre mangelnden Sprachkenntnisse zugute halten, wäre da nicht die Rede Strohmeyers gewesen, die keine Fragen offen ließ. Dort hieß es unter anderem:

Liebe Freunde, es ist wieder Mal ein furchtbarer Anlass, zu dem wir uns heute hier auf dem Bremer Marktplatz versammeln – wie schon so viele Male zuvor. Hunderte von Palästinensern – darunter viele Alte, Frauen und Kinder – mussten in den vergangenen Tagen sterben, weil Israel seine Kriegsmaschinerie wieder einmal auf ein so gut wie unbewaffnetes und wehrloses Volk losgelassen hat und im Gaza-Streifen einmarschiert ist. Ich sage unbewaffnet, denn die Palästinenser – auch die im Gazastreifen – leben unter Israels Besatzung und haben nicht einen einzigen Panzer, keine Flugzeuge, Kanonen und andere Kriegsgeräte, über die Israels Armee als die viertstärkste der Welt reichlich verfügt. Es findet dort kein Krieg zwischen zwei gleich starken militärischen Gegnern statt, wie uns hier oft eingeredet wird. Was Israel dort anrichtet, ist ein Massaker schlimmsten Ausmaßes, ein anderes Wort gibt es dafür nicht – das wievielte Massaker in der Geschichte beider Völker – muss man fragen, das Israel da begeht?

Strohmeyers Auslassungen zu Israel, das ist in Bremen wohlbekannt, basieren auf einer fundamentalen Auslassung: Das Ziel palästinensischer Terrororganisationen wie der Hamas, alle Juden umzubringen, das im Zentrum ihres Handelns und ihrer Politik steht, wird nicht einmal erwähnt. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine solche Auslassung kein Versehen ist, wie Strohmeyers Umgang mit der Biographie al-Husseinis zeigt. Sie ist Ausdruck des tiefen Einverständnisses mit dem Ziel der Vernichtung, das bereits den ebenfalls als Journalisten und Autor tätigen Vater Arn Strohmeyers, Curt Strohmeyer, umtrieb. Dieser war als überzeugter Nationalsozialist Redakteur der Zeitung „Das Reich“ und wurde von Hitler kurz vor Kriegsende als Hofberichterstatter auf den Obersalzberg gerufen. Arn Strohmeyer, der unter diesem Nazi-Vater und seinen Konflikten mit ihm offenbar stark zu leiden hatte, hat mit seinem Eintreten für die Palästinenser und ihr Ziel, jüdische Staatlichkeit und Existenz in Palästina zu verunmöglichen, ein Motiv gefunden, sich postum mit seinem Vater zu versöhnen. Man wird bei Strohmeyer nirgendwo, selbst dort, wo er Gestalten wie al-Husseini oder den israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948/49 behandelt, ein Wort darüber lesen, was offizielle Politik der Araber war: Die Liquidierung der „zionistischen Präsenz“, die Vernichtung Israels und die Ermordung der Juden. Da Strohmeyer sich aber exzessiv und geradezu obsessiv mit dem Konflikt befasst, ist es unmöglich, dass ihm diese Motive gänzlich unbekannt sind. Vielmehr hat Strohmeyer diese so sehr internalisiert, dass er gar nicht mehr fähig oder willens ist, sie zu reflektieren oder ans Bewusstsein zu bringen. Sie bilden vielmehr das Herzstück seiner antisemitischen Hetze gegen den jüdischen Staat – und wer sich das Youtube-Video zur Rede ansieht, der sieht, wie sehr Strohmeyer in der Rolle des großen Agitators aufgeht. Wer einmal dieses Motiv Strohmeyers entschlüsselt hat, dem fällt es leicht, die von ihm zusammengetragenen Fakten, Behauptungen, Propagandalügen und Hasstiraden zu lesen. Zur Illustration folgen einige besonders hässliche Beispiele aus seiner Rede:

Nun wird dem von den Israel-Verteidigern und den deutschen Medien so gut wie unisono entgegengehalten, und das ist ihr erstes Gegenargument: Aber die Raketen der Hamas! Man kann ja durchaus die Frage stellen, ob die Hamas sich und der Bevölkerung des Gaza-Streifens mit dem Raketenbeschuss auf Israel einen Gefallen getan hat? Und man kann finden, dass es sich damit keinen Gefallen getan hat. Aber man muss auch anmerken: Diese Raketen sind im Gegensatz zu den israelischen selbst gebaute und unwirksame Geschosse, die vielleicht Panik hervorrufen, aber so gut wie keine Schäden in Israel angerichtet haben. Ein einziger Israeli ist durch diese Raketen getötet worden. Aber ich will zu den Raketen der Hamas auch ganz klar sagen: Man darf hier nicht Ursache und Folgen verwechseln. Die Hamas-Raketen sind nicht die Ursache des gegenwärtigen Krieges, sondern der erbärmliche Zustand, unter dem die Palästinenser seit Jahrzehnten unter der brutalen israelischen Besatzung leben müssen!

Interessanterweise sagt Strohmeyer hier, was Bremer Linkspartei und die Gruppe NoLager meinen, wenn sie von einer „Person“ oder einem „Passanten“ sprechen, wenn davon die Rede ist, es habe jemand Verletzungen erlitten oder es sei zu einem Angriff gekommen, ohne von einem Angreifer zu sprechen. Bei Strohmeyer ist es nur ein einziger Israeli (was in diesem Zusammenhang geradezu bedauernd klingt), der nicht etwa durch einen Angriff auf zivile Ziele ermordet wurde, sondern bloß getötet wurde und dies auch nicht von Mördern bzw. Terroristen, sondern durch Raketen. Mit den Raketenangriffen ist einer wie Strohmeyer, der bedauert, dass die Hamas bzw. die Palästinenser nicht über effektive Massenvernichtungswaffen verfügen, prinzipiell einverstanden. Er bezweifelt lediglich, ob die Taktik sinnvoll ist und merkt an, dass man der Bevölkerung des Gaza-Streifens damit möglicherweise „keinen Gefallen getan“ habe. So geht einer, dem vermeintlich das Wohl der Palästinenser am Herzen liegt, darüber hinweg, dass die Hamas Raketen aus Schulen, Moscheen, Kindergärten und Wohngebieten abfeuert, Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht und dadurch den Tod zahlloser Menschen zumindest und für jeden ersichtlich mitverschuldet. Es ist vollkommen klar, dass einen wie Strohmeyer das Leid, dass der Krieg über Gaza bringt, im Grunde überhaupt nicht kümmert. Er plaudert es offen aus, wenn er die Frage, ob man Raketen abfeuern und damit die Bevölkerung des Gaza-Streifens einem vermeidbaren Krieg aussetzen sollte, mit der vollkommen verniedlichenden Frage abhandelt, ob das der Bevölkerung einen „Gefallen“ getan habe. Natürlich hat es der Bevölkerung keinen Gefallen getan, sondern zu etlichen unnötigen Toten und Verletzten geführt, von denen jeder Einzelne einer zu viel war. Darum kann es aber einem faschistischen Agitator wie Strohmeyer in seiner vollständigen Unmenschlichkeit schon lange nicht mehr gehen. Er denkt im Großen und im Ganzen, in völkischen Kategorien und Kollektiven:

Liebe Freunde, ich frage Sie hier: wer gibt Israel das Recht, ein ganzes Volk hinter Mauern und Zäunen wegzusperren – und dass aus dem einzigen Grund, dass es den Israelis gut geht und sie in Sicherheit leben wollen. Wer gibt ihnen das Recht dazu?

(…)

Israel verteidigt sich nicht gegen einen äußeren Feind, sondern gegen ein Volk, dessen Land es besetzt hat und das es hinter Mauern in Gefangenschaft und in Geiselhaft hält. Da kann man doch nicht das Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch nehmen! Ganz im Gegenteil: Die Palästinenser haben nach dem Völkerrecht ein Recht auf – auch gewaltsamen – Widerstand, wenn er sich nicht gegen Zivilpersonen richtet.

(…)

Nur die Freiheit und Selbstbestimmung für die Palästinenser und eine einvernehmliche Koexistenz beider Völker können einen gerechten Frieden im Nahen Osten herbeiführen.

Strohmeyers Fortführung völkischer Vokabeln bestätigt, was Adorno bereits wusste: „Im dog­ma­ti­schen Be­griff des Volkes aber, der An­er­ken­nung des vor­geb­li­chen Schick­sals­zu­sam­men­hangs zwi­schen Men­schen als der In­stanz fürs Han­deln, ist die Idee einer vom Na­turz­wang eman­zi­pier­ten Ge­sell­schaft im­pli­zit ver­neint.“ Für Strohmeyer ist es exakt dieser Schicksalszusammenhang, dem die Menschen sich zu opfern haben, wenn er dem palästinensischen Volk ein Recht auf Selbstverteidigung zuspricht und Israels Politik die Verantwortung für Terror, Raketenangriffe und Vernichtungsfantasien zuweist. Es zeigt sich nirgendwo so sehr wie an der bedenkenlosen, unkritischen, affirmativen Verwendung des Volksbegriffs, wie wenig sich Arn von Curt gedanklich zu entfernen vermocht hat. Da wundert es auch nicht, dass er dem Vorwurf des Antisemitismus nichts entgegenzusetzen hat. Die gewalttätige Manifestation des Antisemitismus der israelfeindlichen Demonstranten in Bremen und anderswo kommentiert Strohmeyer folgendermaßen:

Und wenn es jetzt antisemitische Ausfälle bei Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg gibt, ist das schlimm! Damit haben wir hier nichts zu tun! Aber ein Eintreten für Humanität, Menschenrechte und für das Einhalten des Völkerrechts hat nichts mit Antisemitismus zu tun. Wer das behauptet, macht sich selbst der Inhumanität und eines perversen Denkens schuldig! Das sollten wir aus unserer Geschichte gelernt haben! Man muss Kritik an Israels Politik und Antisemitismus sehr sauber auseinanderhalten.

Nochmals: Strohmeyer sagt dies im Wissen um die Tatsache, dass 10 Tage vorher ein Antifaschist ins Koma geprügelt wurde, von einem, der dem Bündnis angehört, zu dem er spricht. Er erwähnt diesen Vorfall mit keinem Wort, genausowenig die übrige Gewalt gegen Juden, Synagogen und friedliche Demonstranten. Wenn er Sprechchöre, in denen zur Vernichtung der Juden aufgerufen wird, die Juden zu Schweinen entmenschen, mit Nazis gleichsetzen oder als blutdürstige Kindermörder dämonisieren, zu „Ausfällen“ verniedlicht, dann wissen wir bereits, was Sache ist: Für ihn sind alle Antisemiten, die jetzt im Zuge des Gaza-Konflikts ihren Hass herausschreien und ihrer Brutalität freien Lauf lassen, im Grunde nichts als legitime Israelkritiker, die für Humanität, Menschenrechte und das Einhalten des Völkerrechts eintreten. Strohmeyer Junior verhält sich zu dem antisemitischen Schläger auf der Bremer Demonstration wie Strohmeyer Senior zum Waffen-SS-Mann. Und selbstredend sind auch bei Strohmeyer Junior immer die Juden und ihr Staat Schuld am Judenhass. Israel verfällt deswegen der Kritik, weil es antisemitische Mordbanden davon abhält, Juden zu ermorden. Diese kranke Irrenlogik bringt auf den Begriff, was diejenigen, die von „emanzipativen Positionen“ zum Nahostkonflikt daherschwafeln und eine „Selbst-​Be­schrän­kung auf »An­ti­se­mi­tis­mus«“, natürlich in Anführungszeichen, beklagen, auf ihre verdruckste Art und Weise sagen wollen, sich aber nicht mehr so Recht trauen, da sie bereits zu oft mit der Antisemitismuskeule verdroschen worden sind. Strohmeyers Fazit würden diese Freunde einer emanzipatorischen Perspektive auf den Nahostkonflikt aber sicherlich vorbehaltlos und ohne jede Einschränkung zustimmen:

Die mörderischen Kriege, die Israel ständig führt, bringen diesem Staat weder Sicherheit noch Frieden. Ganz im Gegenteil. Israels Zukunft wird dadurch immer unsicherer. In der Geschichte hat noch kein Staat überlebt, der in völliger Feindschaft mit seiner gesamten Umwelt lebte und nur auf die Stärke seiner Waffen setzte.

 

Deshalb meine Forderung: Schluss mit dem Massaker im Gaza-Streifen. Wir fordern hier ein sofortiges Ende des Krieges, das Ende der Besatzung, das Ende der Siedlungspolitik und die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens. Wir fordern Freiheit und Gerechtigkeit für ein selbstbestimmtes Palästina neben einem friedlichen Staat Israel!

Während die Charta der Hamas sich auf den Gründer der Muslimbrüder, Hassan al-Banna, beruft und diesen mit den Worten „Israel wird entstehen und solange bestehen bleiben, bis der Islam es abschafft, so wie er das, was vor ihm war, abgeschafft hat“, zitiert, beruft sich Strohmeyer in ganz derselben Intention der Abschaffung, d.h. Vernichtung, auf die Geschichte. Dass aber gerade dann, wenn Geschichte etwas anderes sein sollte als eine verhängnisvolle Verkettung von Leid, Tod und Gemetzel, von Krieg, Genozid und Massenmord, gerade der Staat Israel gegen all seine Feinde Bestand haben müsste, ist genau das, was man all denen entgegenhalten müsste, die aller Kritik am Antizionismus und Antisemitismus zum Trotz nicht erkennen wollen, dass Kritik des Antisemitismus heute zwingend Solidarität mit Israel erfordert. Und dies gegen alle, die es im Namen des Islam, der Geschichte, der Vorsehung oder der Menschenrechte opfern wollen. Konsequenterweise soll dann auch, neben einem selbstbestimmten Palästina, was in der gegenwärtigen Lage auf ein Selbstbestimmungsrecht von Mördern, Terroristen und Antisemiten hinausläuft sowie auf eine Infiltration durch den weltweiten sunnitischen Djihadismus, ein „friedlicher Staat Israel“ existieren – wohlwissend, was einem friedlichen Staat in dieser Umgebung blüht, wie man an den wehrlosen, über keine moderne Armee verfügenden Christen und Yeziden im Nordirak und in Syrien sehen kann.

Aus diesen ungeheuerlichen Vorgängen in Bremen, aus einer antisemitischen Massenzusammenrottung in der Bremer Innenstadt, an der nach Angaben der Veranstalter ca. 5.000 Menschen teilnahmen, müssen die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Adorno schreibt in seinem Essay „Erziehung nach Auschwitz“:

Da die Möglichkeit, die objektiven, nämlich gesellschaftlichen und politischen Voraussetzungen, die solche Ereignisse ausbrüten, zu verändern, heute aufs äußerste beschränkt ist, sind Versuche, der Wiederholung entgegenzuarbeiten, notwendig auf die subjektive Seite abgedrängt. Damit meine ich wesentlich auch die Psychologie des Menschen, die so etwas tut. Ich glaube nicht, dass es viel hülfe, an ewige Werte zu appellieren, über die gerade jene, die für solche Untaten anfällig sind, nur die Achseln zucken würden; glaube auch nicht, Aufklärung darüber, welche positiven Qualitäten die verfolgten Minderheiten besitzen, könnte viel nutzen. Die Wurzeln sind in den Verfolgern zu suchen, nicht in den Opfern, die man unter den armseligsten Vorwänden hat ermorden lassen. Nötig ist, was ich unter diesem Aspekt einmal die Wendung aufs Subjekt genannt habe. Man muss die Mechanismen erkennen, die die Menschen so machen, dass sie solcher Taten fähig werden, muss ihnen selbst diese Mechanismen aufzeigen und zu verhindern trachten, dass sie abermals so werden, indem man ein allgemeines Bewusstsein solcher Mechanismen erweckt.

Zunächst einmal hieße die Wendung auf die subjektive Seite, die Antisemiten, die in Bremen und nicht nur in Bremen ihr Unwesen treiben, beim Namen zu nennen. Wenn es gegen Nazis geht, käme niemand auf die schwachsinnige Idee, ein Plakat mit der Aufschrift „Gegen jeden Nationalsozialismus“ hochzuhalten, sondern die Parole lautet schlicht: „Gegen Nazis“. Gegen den grassierenden Antisemitismus in Bremen ist zunächst einmal solide antifaschistische Arbeit gefragt, das Benennen antisemitischer Organisationen und Zirkel, die Denunzierung und Isolierung ihrer Lautsprecher und Scharfmacher. Es ist in diesem Zusammenhang keineswegs einzusehen, warum beispielsweise Arn Strohmeyer, Bektas Ömer und Salem Al-Sara sowie alle, die mit ihnen kooperieren, anders zu behandeln sind als die Nazis von Standarte und Kategorie C. Das würde zunächst einmal bedeuten, dass der Trägerverein der Villa Ichon Strohmeyer und seinen Kameraden vom Bremer Friedensforum endlich Hausverbot erteilt. Wer gegen Antisemitismus demonstriert, kann das Gesindel nicht in seinen Räumlichkeiten ein- und ausgehen lassen, das diesen in Bremen permanent verbreitet und sich damit mitschuldig am tätlichen Angriff auf einen Bremer Antifaschisten gemacht hat.

Sogar in Bremen ist mit dem Vorfall vom 12./13. Juli und den ausgebliebenen Reaktionen endgültig klar geworden, dass der Versuch, eine sinnvolle Kritik des Antisemitismus mit einer „emanzipativen Position“ zum Nahostkonflikt unvereinbar und folglich mit der Bremer Linken nicht zu haben ist, sondern sich primär explizit gegen diese zu richten hat. Die wenigen Gruppen und Einzelpersonen, die bereit sind, sich nicht nur gegen Antisemitismus auszusprechen, sondern Antisemiten zu bekämpfen und sich aus diesem Grund mit dem Staat Israel als antifaschistischer Gewalt solidarisch erklären, müssen sich endlich und ohne Wenn und Aber von einer Bremer Linken verabschieden, an der nichts zu retten ist und auf die sie selbst dann nicht zählen können, wenn einer der ihren brutal zusammengeschlagen wird.

 

Israelsolidarität in Bremen – ein Ding der Unmöglichkeit?

Zur Kritik des Aufruftextes zur „Kundgebung gegen Antisemitismus“ auf dem Bremer Marktplatz am 22.07.2014 um 17h.

Hamas und israelkritische Weltöffentlichkeit haben ein Bündnis geschlossen, das auf folgender Arbeitsteilung basiert: Die einen liefern den anderen tote palästinensische Zivilisten, vorzugsweise Kinder. Dafür erhalten sie von den anderen Geld, Hilfsgüter und Waffen. Immer dann, wenn den einen das Geld oder den anderen die verbale Munition gegen den „Kindermörder Israel“ auszugehen droht, wird die Zahl der Raketen, die Hamas aus dem Gazastreifen auf israelische Zivilisten abfeuert, erhöht. Gleichzeitig hetzt die israelkritische Weltöffentlichkeit gegen jede Maßnahme, die Israel zur Verteidigung seiner Bürger ergreift, präsentiert jeden toten Palästinenser als Opfer jüdischer Rachsucht oder Ritualmorde. Wenn man so will, dann ist dies die „Spirale der Gewalt“, von der in Bezug auf den Nahen Osten so gern gesprochen wird. Israelkritik und Israelhass peitschen sich gegenseitig auf, mit jedem Terrorakt gegen Israel nimmt die Israelkritik zu, was wiederum die Unterstützung der Terrorgruppen und deren Bereitschaft zu Terrorakten erhöht. Am Ende dieser Spirale steht die Vernichtung Israels – sei es durch das iranische Atomprogramm, die Etablierung eines Terrorstaats in der Westbank oder durch den internationalen sunnitischen Djihadismus, der in Syrien und im Irak gerade massiv auf dem Vormarsch ist. Es muss also gelingen, diese Spirale zu unterbrechen, um das Schlimmste zu verhindern.

Nicht weil diese Erkenntnis neu wäre oder weil es eine große Denkanstrengung erforderte, sie nachzuvollziehen, sondern weil sie so banal ist, muss sie offenbar immer wieder neu gegen jene durchbuchstabiert werden, denen es primär gar nicht um Israel geht. Israel als Staat und der Zionismus als Projekt stehen im besten Sinne dafür, was Leute wie Moshe Zuckermann, der beliebteste israelische Stichwortgeber einer deutschen Linken von Sarah Wagenknecht und Inge Höger bis zu Gremliza und Ditfurth, ihnen vorwerfen: Für eine partikuläre Antwort auf die Universalität nicht nur der Shoah, sondern des Antisemitismus. Was der Vorwurf meint, ist klar: Die Zionisten instrumentalisierten Auschwitz, um ihre Verbrechen und die Existenz des Staates Israel zu rechtfertigen. Nie wird jedoch auch nur mit einer Silbe erwähnt, dass es keine universelle Antwort auf den Antisemitismus gegeben hat, dass es keinen Staat gab, der den Juden Schutz bot und niemand bereit war, gegen den Antisemitismus zu intervenieren. Die Gründung des Staates Israel als partikularer Staat der Juden sichert insofern heute die Möglichkeit, dass ein Universalismus überhaupt noch möglich ist. Israel ist zwar, was seine Institutionen, seine Armee, die Fehlbarkeit seiner Politiker und Bewohner betrifft, ein Staat wie jeder andere. Er kann jedoch als Versuch der revolutionären Abschaffung antisemitischer Verfolgung und der Überwindung eines Zustands, in dem man sich fürchten muss, sich als Jude erkennen zu geben, kein Staat wie jeder andere sein. Aus diesem Grund muss jede Bewegung und jede Einzelperson, die es mit Aufklärung, Fortschritt und einer besseren Gesellschaft hält, aus Prinzip mit Israel solidarisch sein.

Der Mord an drei israelischen Jugendlichen und der Raketenterror aus Gaza durch die Hamas (Im Aufruf ist, als handele es sich um ein Naturschicksal, für das niemand die Verantwortung trägt, von einer „erneuten Eskalation des Nahost-Konflikts“ die Rede) führt derzeit zu einer antisemitischen Eskalation auf den Straßen, die ohne einen ideologischen Geleitschutz aus der israelkritischen Öffentlichkeit dieses Landes unmöglich gewesen wäre. Wenn Demonstranten in Berlin vor einer Synagoge „Jude, Jude feiges Schwein – komm‘ heraus und kämpf allein!“ brüllen, dann fordern sie nichts substantiell anderes als Günter Grass, Jakob Augstein, Arn Strohmeyer, Michael Lüders, Jürgen Todenhöfer und Nahost-Korrespondenten wie Inge Günther, Susanne Knaul und Peter Münch.

Sie alle werfen Israel vor, gegen diejenigen, die es vernichten wollen, sich in einer relativen Position der Stärke zu befinden und sich weder abschlachten zu lassen noch den heroischen Kampf Mann gegen Mann zu suchen. Wenn Israel Angriffe auf seine Bürger unterbindet, dann ist ihnen dies maßlos, unverhältnismäßig, folgt einem Gesetz der Rache und so weiter. Die derzeitigen Querfront-Demonstrationen, die Linke, Rechte, Islamisten und Bürger mit Migrationshintergrund vereinen, werden von einer gesellschaftlichen Mitte angefeuert, der jede israelische Selbstverteidigung eine Gefährdung des Weltfriedens ist, der das Schlachten in Syrien und im Irak aber kaum Anlass zu Empörung und mitnichten Motivation zu gemeinsamen Solidemos bietet, denen also Krieg und Leid immer genau so lange am Arsch vorbei gehen, wie sie nicht den Juden angelastet werden können.

Es gibt zwei falsche Deutungsmuster der derzeitigen antisemitischen Manifestationen, die sich inzwischen offen und eindeutig gegen Juden und jüdische Einrichtungen richten und diese umstandslos mit Israel identifizieren. Beide Deutungsmuster sind im Grundsatz rassistisch, da sie den Migranten, die sich an solchen Demonstrationen beteiligen und die antisemitische Parolen grölen, jede Verantwortung absprechen. Das rechte, islamfeindliche Muster lautet: „Diese Menschen können und wollen sich hier nicht integrieren und gehören abgeschoben!“ Das linke, menschenfeindliche Muster geht davon aus, dass Migranten als Opfer der Verhältnisse und der rassistischen Mehrheitsgesellschaft entschuldigt seien und damit quasi eine Art Freifahrtschein für Hassparolen hätten, die ihrem „Zorn“ entsprängen. Dass es vielmehr ein Zeichen gelungener Integration sein könnte, wenn junge Migranten das Geschreibsel älterer Deutscher in die „Sprache der Straße“ übersetzen, ist als Gedanke offenbar ebenso verpönt wie der, jeden Nazi gleich zu behandeln, egal welcher Abstammung.

Der Grund, aus dem sich die Staatsmacht aber so nachsichtig gegenüber diesen antisemitischen Demonstrationen und sogar den dort regelmäßig zu beobachtenden Gewaltausbrüchen zeigt, ist derselbe, aus dem die Antifa keinen substantiellen Protest organisiert bekommt: Es gibt zur staatsoffiziellen Israelkritik keine nennenswerte Opposition, die sich die Solidarität mit Israel auf die Fahne schreibt. Es ist daher mehr als befremdlich, wenn in Zeiten, in denen Menschen Angst haben müssen, sich als Juden und Israelis erkennen zu geben, in denen das Bündnis aus antisemitischem Mob und israelkritischen Eliten fröhliche Urstände feiert, in einem Demonstrationsaufruf darum gebeten wird, ausgerechnet das Tragen von „Nationalfahnen“, womit natürlich die Israelfahne gemeint ist, zu unterlassen.

[Der Aufruf kursiert in zwei Versionen: „Wir bitten auf das Tragen von Nationalfahnen zu verzichten“ wurde geändert zu „Wir bitten zu beachten, dass es im Bündnis keinen Konsens gibt, was das Zeigen von Nationalfahnen bei der Kundgebung betrifft.“]

Die Israelfahne ist das Symbol, mit dem man beide Seiten des Bündnisses gegen Israel am klarsten konfrontiert. Man macht damit dem Mob deutlich, dass es durchaus noch Menschen gibt, die bereit sind, sich ihm entgegenzustellen und für die Gegenseite Partei zu ergreifen, die für Israels Recht auf militärische Selbstverteidigung, auf Terror-Schutzzäune und für das Recht auf jüdisches Leben eintreten, ob in Hebron, Jerusalem, Tel Aviv oder Bremen.

Gleichzeitig wird den ideologischen Scharfmachern, den hauptamtlichen Israelkritikern, eindeutig signalisiert, dass ihr Gift nicht bei allen verfängt, dass es durchaus noch Menschen gibt, die bereit sind, sie mit der „Antisemitismuskeule“ zu verdreschen, wenn sie aus ihrer Mördergrube kein Herz machen.

Der Verzicht auf das Tragen von Israelfahnen zeigt, dass man offenbar bereit ist, der Kritik des Antisemitismus jeden Schwung zu nehmen. Bereits Horkheimer/Adorno hatten festgestellt, dass es keinen mehr gibt, der sich als Antisemiten bezeichnet. Heute ist man lieber mit gutem Gewissen Antizionist, Israelkritiker oder ganz grundsätzlich Antinationalist, ohne beim Staat Israel eine Ausnahme formulieren zu können. Für Deutschland gilt aber, nachweislich der Schriften und Reden von Alfred Rosenberg und Adolf Hitler, dass jeder Antisemit auch Antizionist sein muss und umgekehrt, dass zwischen Antisemitismus und Antizionismus nicht sinnvoll unterschieden werden kann. Deswegen ist eine Kritik des Antisemitismus unmöglich, die sich nicht auch und zugleich mit Israel solidarisch erklärt.

Dass das Bremer Bündnis gegen Antisemitismus in dieser Frage „keinen Konsens“ herzustellen vermag, stellt den Sinn dieser Kundgebung und die Berechtigung des Bündnisses grundlegend in Frage, muss dies doch als Warnung an alle verstanden werden, die sich offen zu Israel bekennen. Wenn man also aus Prinzip nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, ein demonstratives und kollektives Zeichen der Solidarität mit Israel zu setzen, das angesichts der momentanen Kräfteverhältnisse bereits darin bestehen könnte, sich zumindest gemeinsam vorzunehmen, vor dem Mob nicht zurück zu weichen, sondern entschlossen „zusammen“ zu stehen, dann sollte man es lieber lassen, die Kundgebung absagen, das Bündnis einstampfen.

Wir wollen aber wohlwollend annehmen, dass die nachträgliche Veränderung des Aufrufs, in der die Bitte, auf Nationalfahnen zu verzichten, zurückgezogen wurde (und nun ärgerlicherweise auf den nicht vorhandenen Konsens verwiesen wird) in die richtige Richtung geht. Den Banalitäten der Israelsolidarität gerecht zu werden, hieße sich über jede Israelfahne auf der Kundgebung zu freuen und diese lächerliche Debatte um „Nationalfahnen“, die die Linke seit 10 Jahren beschäftigt, endlich zu beenden. Mit wem eine israelsolidarische Demo mit Israelflaggen nicht zu machen ist, der möge eben zuhause bleiben.

Die Unverträglichkeit des Wutbürgers

Zeit Online weiß über die Bewohner dieses Landes folgendes zu berichten:

Die Sorge, sich falsch zu ernähren, greift um sich: Viele Deutsche glauben, Gluten, Laktose oder Fruktose mache sie krank. Tatsächlich leiden nur wenige wirklich an einer Lebensmittelunverträglichkeit.

So dürfte jeder Linke zumindest eine Person kennen, die ihre Essstörung offensiv propagiert und unter Labeln wie Vegetarier, Pescetarier, Straight Edge, Fruktarier, Veganer segelt oder die zumindest felsenfest davon überzeugt ist, mit einer speziellen Diät oder dem Verzicht auf bestimmte Nahrungsmitteln ihrer Gesundheit zu dienen. Zeit Online resümiert:

Noch vor zehn Jahren waren Verdauungsvorgänge ein Tabuthema bei Tisch, heute breitet sich beim gemeinsamen Essen die neue Innerlichkeit aus. Jedes Grummeln im Magen, jedes Ziehen im Bauch wird diskutiert und mit ernster Miene kategorisiert. Wer alles klaglos hinunterschluckt und verdaut, sitzt dazwischen wie ein Klotz: unsensibel, unreflektiert – kurz: von gestern.

Das Gefühl, nicht richtig zu ticken, weil man Fleisch, Laktose, Histamin, Gluten und alles andere verzehrt, was auf den Tisch kommt, kann einem in der falschen Gesellschaft schon einmal kommen.

So ist der Markt für laktosefreie Produkte in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Kauften 2007 nur 6,5 Prozent der Haushalte derartige Milchprodukte, waren es 2012 schon knapp 18 Prozent. Das ergab die jährliche Befragung von 30.000 Haushalten durch die Gesellschaft für Konsumforschung. Viele, die angegeben hatten, laktosefreie Milchprodukte zu kaufen, verneinten gleichzeitig die Frage der Marktforscher nach einer Laktoseintoleranz. Wie viele Konsumenten glutenfreie Produkte kaufen, ist in Deutschland nicht bekannt. In den USA zeichnet sich jedoch ein deutlicher Trend ab: 28 Prozent der Erwachsenen gaben 2012 bei einer Befragung des Marktforschers NPD Group an, kaum oder gar kein Gluten mehr zu verzehren. Dabei leidet weniger als ein Prozent der Bevölkerung tatsächlich an Glutenunverträglichkeit.

Auf die Frage, was dieser Ernährungsunsinn bedeuten soll, weiß Zeit Online, neben der üblichen Schuldzuweisung an die Werbeindustrie, drei verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen zu benennen:

Erstens: Gesundsein ist Bürgerpflicht. Und es gehört zum guten Ton, die Bewusstwerdung des eigenen Körpers öffentlich zu machen. Wer per Jogging-App seine wöchentliche Laufleistung über die Sozialen Netze jedem noch so entfernten Bekannten triumphierend aufs Mobiltelefon schickt, entwickelt auch beim Wettlauf um die gesündeste Ernährung einigen Ehrgeiz – und spricht darüber.
Zweitens: Unterstützt wird der Hang zur Selbstdarstellung durch einen wachsenden Boom der Innerlichkeit. Yoga ist zum Volkssport geworden. “Achtsamkeit” ist der neue Trend des Innehaltens und In-sich-Hineinlauschens. Da wird so manches kaum vernehmliche Verdauungsgeräusch zum warnenden Fingerzeig.
Drittens: Die nicht abreißende Kette von Lebensmittelskandalen hat die Verbraucher tief verunsichert, was zu der fälschlichen Annahme führt, dass da weniger Gefahren lauern, wo weniger drin ist. War früher “cholesterinfrei” oder “fettfrei” ein Qualitätssiegel, so haben die Hersteller das Marketing des Weglassens inzwischen auf die Spitze getrieben: laktosefrei, glutenfrei, fruktosefrei. All das gibt es jetzt auch.

Während Zeit Online im Folgenden das „Sensibelchen“, die „Prinzessin auf der Erbse“ und den „picky eater“ nicht besonders ernst nimmt, sondern vor allem als Resultat von Marketingstrategien erscheinen lässt und dies vermutlich für „Gesellschaftskritik“ hält, lohnt es sich, bei diesen drei Punkten zu bleiben und die zugrundeliegenden Bedürfnisse zu beleuchten. Werbung, und das eint sie mit Ideologie, muss den Menschen schließlich etwas versprechen, ihnen also etwas anzubieten haben, wovon sie sich etwas erhoffen können. Nun zeichnet sich der wutbürgerliche Wahn, der von Zeit Online hier als „Innerlichkeit“ charakterisiert wird, dadurch aus, dass innerleibliche Zustände nach demselben Schema beurteilt werden wie die äußerliche, der Erfahrung kaum mehr zugängliche Realität. Der Wutbürger hält nicht nur die Welt, sondern vor allem eben auch sich selbst für krank, er fühlt sich durch den Schmutz, die moralische Verkommenheit und nicht zuletzt durch die Nahrung schleichend vergiftet. Zeit Online missversteht diese Tendenz systematisch, wenn dieses permanente „In-sich-Hineinlauschen“ als Ausdruck eines „hochgezüchteten“ Individualismus betrachtet wird. Denn das permanente Kreisen um die eigene Person und Befindlichkeit besitzt natürlich keine individuelle Komponente, sondern ist Ausdruck einer massenhaften Vereinzelung, des zunehmenden Verlusts des Kontakts zur Außenwelt.

Mit Fitnesstraining, Yoga und Gesundheitswahn versucht das Subjekt verzweifelt, dem Tempo der Kapitalakkumulation schrittzuhalten, den an es gestellten Anforderungen, die in erster Linie als Herausforderungen oder Bedrohungen wahrgenommen werden, gerecht zu werden. Wird aber Gesellschaft zuallererst als ein Konzept verstanden, in dem es permanent Prüfungen zu meistern gilt, in dem diejenigen sich durchsetzen, die sich unermüdlich nach oben kämpfen, so wird dieses Schema zwangsläufig auch auf die Innenwelt der Subjekte übertragen, so wird das tägliche Training und die tägliche Ernährung zur Kampfhandlung, der es sich mit größtmöglicher Beharrlichkeit zu widmen gilt. Das trifft selbst dort zu, wo über Entschleunigung, Entspannung und Innehalten gesprochen wird, denn dies meint im Kern dasselbe, nur in umgedrehter Form. Wer in der täglichen Produktionsschlacht seinen Mann stehen sollte, der brauchte Kraft durch Freude, und wer jeden Tag kreative Höchstleistungen in einer Werbeagentur vollbringt und nebenbei für den Marathon trainiert, muss sich auf der Yoga-Matte entspannen oder sich mit einem Soy Caffè Latte belohnen.

Bereits der Führer persönlich betonte als einen der Vorzüge vegetarischer Ernährung das größere Durchhaltevermögen, die größere Beharrlichkeit von Pflanzen- gegenüber Fleischfressern. Es wird berichtet, er habe bei Tisch ausschweifende Vorträge darüber gehalten, dass das Pferd zu stärkeren Leistungen in der Lage sei als der Hund, dass das Kamel länger laufen könne als der Löwe. Was der Führer noch wusste, ist heute unter den Apologeten vermeintlich besserer Ernährung Gemeingut. So dürfte es vermutlich kaum einen Veganer geben, der keinen minutenlangen Monolog über die Vorzüge seiner Lebensführung zu halten wüsste. Abgesehen davon, ob die Fakten stimmen oder nicht, ist ganz offenkundig der Placebo-Effekt solcher Selbstüberredungen der entscheidende Punkt, ist der unumstößliche Glaube an die Richtigkeit des eigenen Tuns der Motor, der solche Menschen besonders geeignet für Arbeit in der Dienstleistungsgesellschaft macht.

War Übergewicht früher ein Statussymbol, so gilt es heute als Unterschichtphänomen, als Zeichen dafür, zum Prekariat zu gehören und nicht zu den nimmermüden Leistungsträgern. Die permanenten Diäten sind ebenso wie die zahllosen eingebildeten Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten Ausdruck einer Unfähigkeit des Bürgers zum Genuss, der nach der Kunst auch die Ernährung längst erreicht. Bereits das Wort der Unverträglichkeit drückt aus, in welchem Zustand der heutige Wutbürger zu seiner Außenwelt steht. Seine Unverträglichkeit funktioniert wie die tatsächliche Lebensmittelunverträglichkeit: Stößt der Wutbürger auf gesellschaftliche Prozesse, die ihm unverständlich bleiben, schlägt er aus. Es ist insofern nur konsequent, dass er dies konsequent auf sein Innenleben überträgt, indem er sich zahllose tatsächliche oder eingebildete Lebensmittelunverträglichkeiten zuzieht.

Bremer Zustände Teil 6 – Arn Strohmeyer und die Tragik des Mohammed Amin al-Husseini

Dass linke Palästina-Freunde nicht gern vom arabischen Antisemitismus sprechen, ist ein bekanntes Phänomen. Die Motive derer, für die sie sich so selbstlos einzusetzen vorgeben, spielen schon deswegen keine Rolle, weil sie bloße Projektionsfläche für die eigenen, auf Vernichtung der Juden und ihren Staat gerichteten Mordphantasien sind. Wird dann doch mal ein Wort darüber verloren, dann nur, um vor „Scharfmachern“ oder „Extremisten“ auf beiden Seiten zu warnen oder im arabischen Antisemitismus eine Art Notwehr gegen zionistische Aggression, eine einigermaßen verständliche Reaktion auf zionistischen „Landraub“ erkennen zu wollen. Antizionismus halluziniert also wie jeder andere Antisemitismus eine Notwehr-Situation herbei, die es erlaubt, zur mörderischen Tat zu schreiten.

Einen entscheidenden Schritt weiter ist man bekanntlich in Bremen, wo Arn Strohmeyer, der parteilose Sonderbeauftragte des Landesverbandes Bremen der Partei „Die Linke“ für die Endlösung der Israelfrage, sein wüstes antisemitisches Unwesen treibt. In seiner im „Palästina-Portal“ erschienenen Rezension des Buches „Die Araber und der Holocaust“ von Gilbert Achcar kommt er zunächst zu dem erwartbaren und insofern klassisch linken Fazit, das bereits die Überschrift „Ohne den Zionismus gäbe es keinen arabischen Antisemitismus“ verrät. Aber Strohmeyer wäre nicht Strohmeyer, wenn er es dabei bewenden ließe. Denn nach allerlei unerheblichen Gerede kommt er unvermittelt auf die zentrale Figur des palästinensischen Antisemitismus zu sprechen, nämlich auf Amin al-Husseini, den Mufti von Jerusalem. Wie üblich macht Strohmeyer aus seiner Mördergrube kein Herz, wenn er über die üblen Zionisten und den berechtigten Hass auf sie schreibt:

Wenn der aus Deutschland kommende Judenhass und Antisemitismus im arabischen Raum Verbreitung fand, dann muss dies als Folge des sich zuspitzenden Konflikts zwischen Arabern und Zionisten in Palästina gesehen werden.

Die Legende, der Judenhass sei aus Deutschland quasi in die arabische Welt eingeführt worden, muss sogleich die Behauptung an die Seite gestellt werden, es habe sich um eine Folge eines sich zuspitzenden Konfliktes zwischen Arabern und zu Zionisten entmenschten Juden gehandelt. So suggeriert Strohmeyer, der arabische Mob, der z.B. im August 1929 in Hebron ein Pogrom abhielt, habe fein säuberlich in Zionisten und Nichtzionisten selektiert und nicht etwa ausnahmslos jeden Juden massakriert, den er finden konnte.

Ohne diese Auseinandersetzung und die gewaltsame Eroberung Palästinas durch die Zionisten hätten antisemitische Stereotypen und Ideologeme wohl kaum eine Chance zur Entfaltung im arabischen Raum gehabt.

Nun könnte man natürlich fragen, ob Strohmeyer nicht weiß, dass antisemitische Pogrome und das Bündnis des Muftis mit dem Führer der Gründung des Judenstaates vorausgegangen waren, was aber vollkommen sinnlos wäre. Denn für Strohmeyer ist bereits die Idee des Zionismus verbrecherisch, der aus den Nationalbewegungen und dem sich zuspitzenden Antisemitismus im 19. Jahrhundert die Konsequenz zog, dass auch die Juden ihren Staat benötigten. Genau hier ist Strohmeyers Konstruktion dieselbe wie die der Nazis und des Muftis: Den Juden wird es schlicht nicht zugestanden, als Konsequenz aus dem immer virulenter werdenden Antisemitismus einen eigenen Staat zu gründen, sie ist also lupenrein antisemitisch und folgt dem Argumentationsmuster führender Nazis.

Lange Passagen seines Buches widmet Achcar der Hauptfigur auf palästinensischer Seite in diesen für den Nahen Osten so wichtigen 1930er und 40er Jahren: dem Mufti von Jerusalem Amin al-Husseini. Das Hauptmotiv seiner politischen Tätigkeit war es zweifellos, die weitere jüdische Einwanderung nach Palästina zu verhindern, denn er sah deutlich die Gefahr, die diesem arabischen Land durch die Immigration von immer neuen Wellen jüdischer Immigranten drohte. Dass er sich, um dieses Ziel zu erreichen, mit dem „Teufel“ verbündete, also zum Komplizen und Kollaborateur der Nazis wurde und auch über den Völkermord an den Juden informiert war und ihn ganz offensichtlich auch billigte, macht die Tragik und Schande dieses palästinensischen Führers aus. Der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, hatte ihn im Sommer 1943 zum Mitwisser gemacht. Der Mufti hoffte darauf, dass Hitler nach dem deutschen Sieg im Krieg die sogenannte jüdische nationale Heimstätte in Palästina vernichten werde und berief sich dabei auf deutsche Zusagen.

Man merke: Einer, der die nach Palästina eingewanderten Juden allesamt massakrieren wollte, war im Grunde nur ein fehlgeleiteter Widerstandskämpfer, der deutlich die Gefahr für dieses Land mit Arabernachweis sah, die von jüdischen Einwanderungswellen ausging. Wer das schreibt, der muss ohne wenn und aber als Nazi, als eliminatorischer Antisemit ersten Ranges bezeichnet werden. Denn die Juden, die da einreisten, das waren diejenigen, die durch ihre Einreise Strohmeyer senior und seinen Mordkomplizen noch einmal entkommen konnten. Wer sie als Gefahr begreift und die Abwehr dieser Gefahr mit allen Mitteln, der Verhinderung der Einreise von Juden auf der Flucht vor ihren Mördern, des Massakers bis hin zur Unterstützung der Nazis aus voller Überzeugung als „politische Tätigkeit“ bezeichnet, der ist Schreibtischtäter und Komplize der Mörder. Die Hoffnung des Muftis, die Strohmeyer teilt, war die, dass nicht nur die „Heimstätte“, sondern ganz konkret die Juden, die im palästinensischen Mandatsgebiet lebten, vernichtet werden sollten. Dass dieser Mufti, der sein ehrenwertes Ziel eines judenreinen Palästinas nicht erreicht hat, in Strohmeyers Augen eine tragische Figur ist, leuchtet ein – man fragt sich lediglich, worin die Schande dieses Mannes bestanden haben soll, der sich doch nur in einem legitimen Abwehrkampf gegen jüdische Einwandererhorden befunden hat?

Man kann es drehen und wenden wie man will: Gegen die Einwanderung keiner Gruppe in kein Land dürfte einer, der bei der Linkspartei wohlgelitten ist, sich derart xenophobe Vernichtungsphantasien erlauben. Die Linkspartei in Bremen aber hält sich diesen Antisemiten und auch das Bremer Friedensforum, das so großen Wert darauf legt, zu einer Veranstaltung von Strohmeyer nicht aufgerufen zu haben, wirft diesen Mordhetzer und Nazisympathisanten keinesfalls hochkant raus. In Bremen kann sich so einer alles erlauben und die linke Gemeinde feiert ihn dafür.

Die Rolle des Mufti war verhängnisvoll und nicht entschuldbar, daran lässt Achcar gar keinen Zweifel. Eine ganz andere Frage aber ist, wie groß sein politischer Einfluss wirklich war und ob sein politisches Wirken sich dafür eignet, den Palästinensern eine Mitschuld an der Ermordung der europäischen Juden zu geben, wie es zionistische und neokonservative Ideologen bis heute tun und noch die Gleichung anhängen: Die Palästinenser sind die neuen Nazis, die Israel vernichten wollen.

Dass al-Husseinis Wirken und seine bis heute ungebrochene Verehrung unter palästinensischen Arabern selbstredend sowohl für eine Mittäterschaft am Holocaust als auch die Kontinuität des palästinensischen Antisemitismus sinnbildlich ist, muss einer wie Strohmeyer nur deshalb leugnen, weil seine publizistischen die Fortsetzung der politischen Tätigkeiten des Muftis sind.

Verfolgende Unschuld

Bremen, 1. Mai 2013. Die Sonne scheint und das Viertel ist voller Zombies der radikalen und gemäßigten Linken, von Linksjugend bis SAV, von MLPD bis verdi: Alle sind sie da. Am GEW-Stand stehen überwiegend ältere, graubärtige Männer, einer von ihnen spielt auf der Klampfe: „Und diese Blume, so sagen alle, o bella ciao bella ciao bella ciao ciao ciao, ist die Blume, des Partisanen, der für unsere Freiheit starb!“ Und die ergrauten Alt- und Post-68er, Ex-K-Grüppler, Linksgrüne, Gegenstandpunkt- und Junge Welt Abonnenten verdrücken eine Träne. Ach, war das schön damals, als man sich im todesmutigen Kampf für die Freiheit wähnen durfte.

Selbstkritik hat nicht stattgefunden, die alten Männer flüchten sich in bierselige Nostalgie. Menschen, die sich einen Restbestand von Empathie bewahrt haben, müssen solche Zombieaufläufe peinlich berühren. Doch während man zum Beispiel Wolfgang Pohrt anmerkt, dass das Scheitern des Revolutionsversuchs von 1967ff Spuren hinterlassen hat, so muss man wohl im Übrigen konstatieren: Seine Erfahrung des Scheiterns ist die Ausnahme in einer Welt (und, so müsste man hinzufügen, erst Recht in einer Stadt) der Erfahrungslosigkeit. Man geht weiterhin hinaus zum ersten Mai und malt weiterhin steindumme (Eine mittelalte Mutter: „Meine Arbeit ist Mehrwert!“) oder unlustige (Linksjugend solid: „Für eine Welt ohne Sparschweine!“) Parolen auf Transparente, ganz so als stünde die Revolution bevor.

Dieses bizarre Schauspiel, das sich „Revolutionärer erster Mai“ nennt, wird Jahr für Jahr in deutschen Großstädten und Bremen aufgeführt. Später, wenn die Opas von verdi und GEW im Bierkoma liegen, darf der schwarze Block schon einmal an der Sielwallkreuzung den kommenden Aufstand proben , der garantiert von jedem menschenfreundlichen Gehalt befreit wurde und sich von der puren Lust an der Gewalt, wie sie ordinäre Hooligans praktizieren, nicht mehr unterscheidet. Die jährliche Wiederholung der immergleichen Farce, deren einzig variable Größe das die Teilnehmerzahl und Laune bestimmende Wetter ist, ist die logische Konsequenz der Erfahrungs- und damit Geschichtslosigkeit der Linken.

Bekanntlich ist Bremen auch die Stadt, in der Linke besonders ausgiebig gegen die Juden und ihren Staat Israel hetzen. Bereits die Textverfälschung des italienischen Partisanenlieds, in dem der Partisan für die Freiheit starb und nicht, wie in der Version des Bremer Lehrers, für unsere, gibt den entscheidenden Hinweis: Als die wahren Opfer des Nationalsozialismus sahen sich schon immer die nach 1945 geborenen Linken, obwohl (oder weil?) die überwältigende Mehrheit ihrer Eltern zu denen gehörten, gegen die die Freiheit verteidigt werden musste. Wird aber die Freiheit, die universell, unteilbar ist, in unsere verkehrt, dann ist klar: Der Partisan kämpfte nicht etwa auch dafür, Vernichtungskrieg und Massenvernichtung zu beenden, sondern dafür, dass alte Lehrer am ersten Mai am GEW-Stand Gitarre spielen, Partisanenlieder singen und Bier trinken können.

Denn dort, wo es eben nur um unsere statt um die Freiheit geht, da war der Krieg gegen die Nazis nur insofern gerechtfertigt, als er uns Deutschen Wirtschaftswunder, Wohlstand, Demokratie und Linkspartei gebracht hat. Keineswegs kann es ein legitimes Kriegsziel gewesen sein, den Holocaust zu beenden, weswegen auch immer betont werden muss, dass es den Amerikanern darum schon gleich gar nicht ging. Und erst Recht ist dort, wo der Partisan besungen wird, kein Platz für die namenlosen IDF-Soldaten, die für die Freiheit kämpfen und sterben, dass sich dergleichen nie wiederholen dürfe.

Mit großer Sicherheit sind sie heute auf der Straße: Arn Strohmeyer, das Bremer Friedensforum, sämtliche Israelhasser der Bremer Linkspartei, die Antikapitalistische Linke, der Gesprächskreis Nahost und all die anderen Bremer Gruppen, die nichts schlechteres zu tun haben, als permanent gegen Israel zu hetzen und sich noch als verfolgte Unschuld aufzuführen. Dass der Nationalsozialismus, die Nürnberger Gesetze, die Reichspogromnacht, der zweite Weltkrieg, die Wannsee-Konferenz und der Holocaust einschneidende historische Ereignisse waren, die ein zurück zu alten linken Bezugnahmen auf Völker verbieten und ein Anschlag auf die Freiheit waren, werden sie nie begreifen. Für sie geht es um die Freiheit der Juden, nicht um unsere, und dieser kann ganz simpel die der Palästinenser entgegengestellt werden, da gibt es halt verschiedene Narrative und Diskurse und wie der ganze Schwachsinn noch so weitergeht.

Da aber, wo es um die Freiheit geht, muss man vielmehr feststellen, dass der Kampf, den GI, Rotarmist und Partisan gegen die Nazis geführt haben, heute nicht weniger notwendig ist, um einer erneuten Judenvernichtung vorzubeugen. All die Aussagen des iranischen Regimes, palästinensischer Terroristen und anderer Islamisten stehen in ihrer Deutlichkeit den Aussagen der Nazis in nichts nach und die IDF ist heute, in Zeiten eines US-Präsidenten, der gegen die Massaker in Syrien nichts unternimmt, vielleicht die letzte Gruppe, die sich positiv auf den Partisanen berufen könnte, der für die Freiheit starb. Nicht zufällig ist es das zentrale Motiv aller Israelfeinde hierzulande, den eliminatorischen Antisemitismus seiner islamistischen Gegner zu verleugnen, wegzulügen oder zumindest zu rationalisieren.

Der unumstrittene Großmeister dieser Disziplin ist, zumindest im Mikrokosmos Bremen, der Sonderbeauftragte des Landesverbands der Partei Die Linke für die Endlösung der Israelfrage (ohne Parteibuch), Arn Strohmeyer. Im Nachklang zu seiner antisemitischen Veranstaltung am 9. April, zu der Juden keinen Zutritt hatten und die von palästinensischen Schlägern gesichert wurde, beschwert er sich ausgiebig unter Erwähnung einiger Kritiker über die massive Verfolgung, der er ausgesetzt sei. Lediglich das Aktionsbündnis gegen Wutbürger, das sich ausführlich mit seiner Israel-Obsession auseinandergesetzt hat, spart er aus, was insofern nur konsequent ist, als er versucht, die Kritik seiner Umtriebe auf juristischem Wege unschädlich zu machen. Es ist also nicht verwunderlich, dass er die Kritik ignorieren muss, um die Lüge verbreiten zu können, es gebe keine inhaltliche Auseinandersetzung mit seinem Israelhass. Bereits aus seiner Darstellung der Vorfälle wird deutlich, wie verfolgt sich die Unschuld aus Woltmershausen fühlen muss:

Aufregung im Blätterwald von BILD bis zur taz und der Jüdischen Allgemeinen: In Bremen soll ein israelisches Paar von einer Vortragveranstaltung über Antisemitismus ausgeschlossen worden sein. Was war passiert? Am Anfang des Bremer „antisemitischen“ Skandals stand eine Buchrezension. Der angesehene Bremer Sozialwissenschaftler Professor Rudolph Bauer hatte eine Rezension über das Buch „Wer rettet Israel? Ein Staat am Scheideweg“ geschrieben, das vom Verfasser dieser Zeilen stammt. Die Rezension durfte einige Tage auf der Webseite der Bremer Linkspartei stehen, dann kam aus der Berlin Parteizentrale die Anweisung: runternehmen! Was einer der Redakteure auch brav befolgte, obwohl er das gar nicht musste, denn die Landesverbände sind in dieser Hinsicht autonom.

Dann folgte ein übler Hetzartikel im „Stürmer“-Stil in der BILD-Zeitung, die deren Mitarbeiter Jan Philipp Hein verfasst hatte, der zugleich „Kopf“ und Antreiber der neokonservativen Bremer „Antideutschen“ ist. Die Schlagzeile lautete: „Wie viel Nazi-Sympathie steckt in den Bremer Linken? Zwei Israel-Hasser bekommen immer wieder ein Forum auf der Parteihomepage“. In dem Artikel wurden Bauer und der Verfasser dieser Zeilen als „Israel-Hasser“ und „Judenfeinde“ abgekanzelt. Der wohl gezielte Angriff richtete sich neben den beiden parteilosen Autoren natürlich vor allem gegen die Linkspartei. Nach der „antideutschen“ Weltanschauung sind Linke die schlimmsten Antisemiten, denn wer den Kapitalismus kritisiert muss natürlich auch etwas gegen Juden haben, so die „antideutsche“ Logik. (Dass in dieser Behauptung schon selbst ein antisemitisches Ressentiment steckt, merken diese Leute offenbar gar nicht.) Die Linkspartei verhielt sich gegenüber den beiden Autoren aber wenig solidarisch, sie stellte sich nicht hinter sie und distanzierte sich erst nach Wochen von den BILD-Angriffen – bis heute aber nicht öffentlich.

 Ich selbst habe mir sofort einen Rechtsanwalt genommen, der gegen den BILD-Artikel beim Hamburger Mediengericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken versuchte, was aber scheiterte, weil die Hamburger Richter der Ansicht waren, dass die Hetzworte „Israel-Hasser“ und „Judenfeinde“ (welch schlimmere Beleidigung kann es nach dem Holocaust für einen Deutschen geben!) durch die Meinungsfreiheit gedeckt seien.

Man ist es von Leuten gewohnt, die keinen Begriff von Antisemitismus und Nationalsozialismus haben, die BILD mit dem Stürmer gleichzusetzen. Lustigerweise ist ihm aber bereits hier ein Fauxpas unterlaufen, der deutlich macht, dass ihm die Kritik des Aktionsbündnisses gegen Wutbürger, die er so tapfer zu ignorieren trachtet, auf den Magen geschlagen ist. Denn in einer Polemik gegen eine Protestaktion, die von Strohmeyer und Konsorten anlässlich eines Israel-Informationstag in Bremer Schulen durchgeführt wurde, hieß es an dieser Stelle, Strohmeyer und Co. hätten Hetze “im sogenannten Stürmer-Stil” betrieben. Bei Strohmeyer, der zu Polemik gänzlich unfähig ist und der sich über diesen Satz ausführlich in einem offenen Brief an Ralf Giordano ausgeweint hatte, handelt es sich um ungefilterte Wut darüber, dass es tatsächlich Menschen gibt, die seinen heroischen Kampf für den gerechten Frieden als antisemitische Hetze benennen. Einspruch duldet er nicht, und so schlägt er um sich: Mit juristischen Mitteln oder mit Nazi-Vergleichen. Man muss von Psychoanalyse nichts verstehen, um sich auszumalen, wozu so einer fähig wäre, wenn er tatsächlich über Macht verfügte.

Um sich selbst als verfolgt darzustellen und gleichzeitig weiter gegen Israel hetzen zu können, muss zunächst die Wahrheit geopfert werden. Dass es im Nahen Osten tatsächlich, seit der Staatsgründung und dem folgenden Krieg, darum geht, ob Israel als jüdischer Staat existieren kann, kommt als Argument der Gegner nicht vor. Es wird so getan, als wollten die Kritiker des Antisemitismus den Linken ihr Spielzeug wegnehmen. Die Lüge, es habe keinerlei innerlinke Auseinandersetzung über die linke Basis der faschistischen Massenmobilisierung, linken Antisemitismus und daraus folgende Konsequenzen für die Kritik der politischen Ökonomie gegeben, ist notwendig, um jede Kritik des linken Antisemitismus für rechtsradikal zu erklären. Bei Strohmeyer geht das so:

Es ist äußerst aufschlussreich, dass keine(r) der Autoren/innen, die verbal über die Veranstaltung hergefallen sind und mit dem Antisemitismus-Vorwurf so schnell bei der Hand waren, sich im geringsten dafür interessiert hat, was Susann Witt- Stahl in ihrem Vortrag eigentlich gesagt hat. Es reicht für diese Art von Journalismus, aus dem kleinen Gerangel an der Tür einen „antisemitischen“ Skandal zu machen. Dabei lieferte die Referentin – ausgehend von den jüdischen Philosophen der Frankfurter Schule – eine brillante Analyse des Antisemitismus als eine Spielart des Rassismus bis in die Gegenwart und der Tatsache, wie der Antisemitismus-Vorwurf heute politisch-ideologisch instrumentalisiert wird. Was nun ja keineswegs heißt – um es zu wiederholen!   , dass es keinen Antisemitismus mehr gibt! Natürlich gibt es ihn und die Referentin rief ausdrücklich dazu auf, ihn zu bekämpfen.

Sie schrieb den Neokonservativen und „Antideutschen“ aber auch ins Stammbuch: „In den gegenwärtigen ideologischen Schlachten um Israel und den Antisemitismus geht es nur sekundär um den Nahostkonflikt und das Judentum, sondern beide werden vorwiegend als Instrumente und Joker benutzt, um die antikapitalistische linke Opposition zu zerschlagen Antisemitismus-Vorwürfe werden in großer Zahl und Dichte gegen antikapitalistische Linke formuliert, es werden aber kaum noch Antisemitismus-Vorwürfe gegen Nazis und andere Gruppen im rechtsradikalen Spektrum – also genuine Antisemiten – erhoben. Die können sich beruhigt zurücklehnen und weiter antisemitisch sein. Das stört kaum jemanden. Gegen linke emanzipative Bewegungen werden Antisemitismus-Vorwürfe fast schon als Universal-Waffe in Stellung gebracht. Die Urheber dieser Vorwürfe stammen zumeist aus dem neokonservativen Spektrum und der Neuen Rechten.“

Enttäuschenderweise wird die “brillante Analyse des Antisemitismus als Spielart des Rassismus” im weiteren Text ausgespart. Die totale geistige Verwahrlosung, die nötig wäre, diesen Quatsch mit Adornos und Horkheimers „Elementen des Antisemitismus“ in Einklang zu bringen, bleibt uns erspart. Besonders widerwärtig ist aber, dass eine solche komplette Verdrehung ihrer Arbeiten, wie auch bei Strohmeyers Stichwortgeber Moshe Zuckermann, als Alibi gegen die Antisemitismusvorwürfe herhalten soll. Weil Witt-Stahl sich auf die Frankfurter Schule und Moshe Zuckermann beruft, kann sie nicht Antisemitin sein. Perfider ist Adorno selten instrumentalisiert worden. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass die Kritik, die die Arbeiten der Frankfurter Schule an der Linken üben, gar nicht vorkommt. Vermutlich sind diese nur dort zu gebrauchen, wo sich ein Zitat anbringen lässt, im Übrigen sind sie aber Neokonservative und Neue Rechte. Der Verfolgungswahn marginalisierter Gestalten der Linken scheint keine Grenzen zu kennen, wenn sie ernsthaft glauben, dass man extra Antisemitismusvorwürfe habe erfinden müssen, um sie zu zerschlagen. Die Selektion jüdischer Passagiere in Entebbe durch deutsche Linksterroristen und der Bombenanschlag auf das jüdische Gemeindehaus durch Kunzelmann und Co. haben nie stattgefunden.

Um Antisemitismus-Vorwürfe als ideologische Waffe einsetzen zu können, muss man natürlich einige Taschenspielertricks anwenden. Witt-Stahl nannte drei: Erstens: Die Erweiterung. Dabei geht es darum, die Kriterien, die für die Definition und Kritik des Antisemitismus verwendet werden, erheblich auszuweiten und auf der anderen Seite natürlich darum, die Abgrenzungskriterien zu vermindern und die Grenzen zwischen Antisemitismus und Kritik zu verwischen. Ein Beispiel: Die Aussage, israelische Regierungen unterhalten seit 46 Jahren ein völkerrechtswidriges brutales Besatzungsregime ist nur dann antisemitisch, wenn man zugleich die israelische Regierung mit den Israelis und diese dann mit den Juden gleichsetzt und identifiziert.

Hier zeigt sich, wie wenig die Kritik des linken Antisemitismus in den Hirnen von Strohmeyer, Witt-Stahl und ihren Genossen zu bewirken imstande ist. Denn die Pauschalaussage ist und bleibt natürlich antisemitisch, wenn überhaupt nicht hinterfragt wird, wie es zur Besatzung kam und wie es vorher aussah. Dass zwischen 1948/49 und 1967 Judäa und Samaria inklusive Ostjerusalem und Tempelberg judenrein waren, ist ebenso wenig ein Skandal wie die fortgesetzte arabische Aggression gegen Israel zwischen 1948 und 1967, die überhaupt erst zum Sechs-Tage-Krieg und der Besatzung führten. De facto machen Antisemiten den Juden mit dem Adjektiv „brutal“ zum Vorwurf, dass sie sich äußerst effizient gegen ihre Vernichtung zur Wehr setzen. Und dies betrifft zunächst einmal alle Israelis, ob sie nun Netanjahu oder Zuckermann heißen, und im zweiten Schritt, wie z.B. Hassan Nasrallah betont, alle Juden, da macht der arabische Antisemit in seinem Vernichtungswahn keinen Unterschied.

Der unverschämte Vorwurf Witt-Stahls, es gehe den Gegnern ihrer antiisraelischen Umtriebe nicht um den Nahostkonflikt, sei der kategorische Imperativ „Es geht um Israel!” entgegengehalten. Nicht um den Nahostkonflikt, sondern um die Abarbeitung der historischen Belastung und das Ausagieren antisemitischer Ressentiments geht es denen, die sich permanent an Israel abreagieren, obsessiv von allen gewaltförmigen, also „brutalen“ Staaten ausgerechnet und zielsicher den einen sich herauspicken, der als einziger ein jüdischer ist, worin der vorrangige Unterschied zu anderen Staaten besteht. Diesen zu skandalisieren, ist nicht nur Ausdruck einer antisemitischen Obsession, sondern eben auch einer wahnhaften Staatskritik, die als Ideal den organischen, aus Blut und Boden gewachsenen Volksstaat gegen das „Gebilde“ und „Besatzungsregime“ Israel in Stellung bringt.

Beim zweiten Taschenspielertrick geht es um Verknüpfungen. Antisemitismus wird an Weltanschauungen, politische Kollektive und Bewegungen rückgebunden, die man diskreditieren will. Umgekehrt wird das Judentum mit Weltanschauungen, politischen Kollektiven und Bewegungen in Verbindung gebracht, die man vor jeglicher Kritik schützen will. Das hat z.B. der neokonservative Historiker Michael Wolffsohn gemacht, indem er Juden mit Kapitalismus und Antisemitismus mit Antikapitalismus gleichgesetzt hat. Er sagte, „nur im liberalen kapitalistischen System konnten und können sich  Juden frei entfalten.“ Kommunistische Juden gibt es in Wolffsohns Vorstellungswelt offenbar nicht. Seiner Ansicht nach „sahen und sehen sich die Juden als Teil der Bourgeoisie.“ Sie würden von der Linken gehasst, weil sie der „Klassenfeind“ seien. Sein Fazit: Die Linke (inklusive die Linkspartei) ist antisemitisch. Sie muss es sein, wenn sie links sein will.“ [An dieser Stelle des Vortrags gab es lautes Gelächter.]
[…]
Der dritte Taschenspielertrick besteht aus Übertreibung und Verallgemeinerung. Er hat wie alle Ideologien die Verstellung und Verzerrung der Realität zum Ziel. Das funktioniert so, dass man Ausnahmen und marginale Erscheinungen von tatsächlich vorhandenem Antisemitismus in einem Kollektiv oder in einer politischen Bewegung als die Regel darstellt und so tut, als sei das in diesem Kollektiv oder der Bewegung vorherrschend. So schreibt etwa der „Welt“-Autor Richard Herzinger: „Judenfeindlichkeit ist strukturell in der sozialistischen Ideologiegeschichte angelegt.“ Herzingers hetzerische Botschaft lautet: Der Sozialismus ist schon antisemitisch auf die Welt gekommen.

Besonders interessant ist an dieser Stelle, wie Strohmeyer mit Adjektiven arbeitet. Wenn er die Frankfurter Schule oder Moshe Zuckermann für sich vereinnahmen will, sind sie „jüdisch“.  Der nicht minder jüdische Historiker Michael Wolffsohn, den Strohmeyer ablehnt, firmiert unter dem Adjektiv „neokonservativ“. Sein ganzes Gerede über Hetze und Diskreditierung des politischen Gegners lässt sich bereits an diesem simplen Beispiel leicht als Projektion durchschauen. Zur Frage, wieso Judentum und Kapitalismus in der Vorstellungswelt vieler Antisemiten untrennbar verknüpft sind und warum Antisemitismus mit einer personalisierten, regressiven Kapitalismuskritik zusammenfällt, haben Strohmeyer und Witt-Stahl außer schlechten Witzen nichts anzubieten, für sie existiert das Problem schon deswegen nicht, weil ihnen vulgärer Antikapitalismus mindestens so sehr am Herzen liegt wie Hetze gegen Israel.

Worin besteht nun die Verfolgung, über die Strohmeyer sich so sehr aufregt? Darin:

Die Referentin und die Veranstalter können sich durch die höchst unsachlichen und emotionalen Attacken in ihrer Sicht der Dinge nur bestätigt fühlen. Es geht der neokonservativen und „antideutschen“ Seite nicht um eine Debatte über das so wichtige Thema, sondern um die Verhinderung der Diskussion und das Aufbauen neuer Tabus, indem man droht, denunziert und Skandälchen inszeniert und so die Aufmerksamkeit vom Eigentlichen ablenkt. So gesehen – das muss man diesen Leuten zugestehen –  waren sie sehr erfolgreich, denn die völlig unkritische Mainstream-Presse ist auf ihrer Seite. Die Frau des früheren Bremer Bürgermeisters, Louise Scherf, die im Vorstand der Villa Ichon ist, hat inzwischen, wie BILD berichtet, den Veranstaltern mit Hausverbot gedroht! Genau das wollten die Antideutschen um Jan Philipp Hein erreichen. Glückwunsch!

Die schlimmste Verfolgung, die einer, der gegen Israel hetzt und mit seiner Verleugnung der vernichtungsantisemitischen Motive Israels Gegner eine Art Holocaustleugnung zweiten Grades betreibt, sich vorstellen kann, besteht darin, dass man ihm, dem aufrechten Kämpfer für Frieden und Falafel, mit Hausverbot droht!

Es wird deutlich, dass Bremen viel zu lange ein Biotop für die Antisemiten dieser Stadt war, dass man sie gern in die Linke eingemeindet und gerade an Tagen wie dem ersten Mai als Schwungmasse verwendet. Die jahrelange Friedhofsruhe, die in der Bremer Linken herrscht, muss beendet werden. Wie sonst ist zu erklären, dass der Sprecher des Bremer Landesverbandes der Partei Die Linke, Christoph Spehr, angesichts der antisemitischen Veranstaltung Dinge sagt, für die man anderswo bereits vor 20 Jahren zurücktreten hätte müssen: “Man muss über das Thema Antisemitismus in der Linken diskutieren, das fordern vor allem die jüngeren Parteimitglieder. Aber eine solche Veranstaltung ist einseitig und verharmlost das Problem.”

Herr Spehr, über Antisemitismus muss man nicht diskutieren, man muss ihn bekämpfen! Wenn Sie aber darüber diskutieren möchten, wie das zu geschehen hat, steht Ihnen das Aktionsbündnis gegen Wutbürger zur Verfügung.

Gegendarstellung

Das Bremer Friedensforum möchte folgenden Sachhverhalt richtiggestellt sehen:

Die Veranstaltung “Antisemitismusvorwurf als ideologische Waffe” am 9. April 2013 in der Villa Ichon wurde ausweislich der als link angebotenen Veranstaltungsankündigung vom Gesprächskreis Nahost, den Nordbremer Bürgern gegen den Krieg und der Antikapitalistischen Linken (AKL) und nicht vom Bremer Friedensforum veranstaltet.

Wir haben den Fehler im entsprechenden Text korrigiert.

Auf sein eigenes Volk

Laut tagesthemen macht sich Bashar al-Assad derzeit einer Kardinalsünde schuldig: Er lässt schießen, aber nicht wie die EU nur auf sogenannte illegale Einwanderer, also Ausländer ohne besondere Qualifikationen, was sie zu überflüssigem Menschenmaterial macht, was zwar schade, aber nicht zu ändern ist, sondern „auf sein eigenes Volk“. Dies macht nach landläufiger Meinung den entscheidenden Unterschied zwischen DDR-Mauerschützen und EU-Grenzpatrouillen aus, wenn sie auf unbewaffnete Grenzgänger schießen.

Bemerkenswerter an dieser Aussage ist aber etwas anderes: Die Rede von „seinem“ Volk impliziert, dass das syrische Volk Eigentum des Herrschers sei, Assad, der große Führer des syrischen Volkes als Inkarnation des Souveräns – dieses Prinzip hat man offenbar internalisiert. Insofern kann es auch nicht verwundern, dass deutsche Politiker und Journalisten nicht zur gewaltsamen Entmachtung Assads aufrufen. Schlimm genug, dass sie bereits ihren Führer verloren haben – dieses traurige Schicksal wollen sie dem syrischen Volk ersparen.

Der Grieche, der Wutbürger und die Ratingagentur

Der Wutbürger ist wütend, er weiß nur nicht auf wen: So könnte man den angeregten Diskurs charakterisieren, der angesichts der Griechenpleite derzeit stattfindet. Nach der Bankenrettung kommt die Griechenrettung und bald kommt auch noch die Portugiesenrettung. So viel Solidarität findet der gemeine Wutbürger allemal übertrieben, weil schließlich „der Steuerzahler“ (Rainer Brüderle und alle anderen Sabbelköpfe), also alle Wut- und sonstigen Bürger, dafür „aufkommen“ müsse. Und beim Geld hört die Freundschaft auf. Und also ist man wütend.

Wenn es ein Problem gibt, dann fragt man heutzutage nur noch selten den Astrologen oder Priester, dafür aber umso häufiger eine andere Spezies, die seit jeher okkulte Praktiken betreibt und einfordert, um die höheren Mächte gnädig zu stimmen: Den Ökonomen. Und die höhere Macht, die der Ökonom anbeten lässt, man ahnt es bereits, ist das Kapital (oder wie er es nennt: Der Markt oder die Finanzmärkte).

Der Ökonom verfügt über eine ganze Reihe wohlerprobter Riten, die er Ländern durchzuführen empfiehlt, die die Märkte ungnädig gestimmt haben. Zur Läuterung wird empfohlen, die Ausgaben drastisch zu kürzen, Staatseigentum zu verschenken (Pardon: zu privatisieren) und natürlich alle Löhne und Renten zu reduzieren. Ein wenig mehr Armut, ein wenig mehr Obdachlose, Hungernde, Tote und möglicherweise marodierende Krawallmacher in den Innenstädten – nach dieser Phase der Askese werden sich die Finanzmärkte den gereinigten Länderseelen schon gnädig zeigen.

Einem Teil der Wutbürger gefällt das sehr gut. Schließlich habe der Grieche den ganzen Sommer nur nutzlos herum gezirpt, während der Deutsche Vorräte gesammelt habe. Diese nun mit dem faulen Griechen zu teilen, kommt ihm gar nicht in die Tüte, und so reagiert er verärgert und wütend, wenn die Ameisenkönigin Angela seine mühselig zusammengetragenen Früchte den nutzlosen Griechen hinterherschmeißt.

Nur wäre Ideologie nicht Ideologie, wenn solcherlei Geschwätz nicht automatisch die Gegenmeinung provozieren würde. Schließlich bildet man sich hierzulande allerhand ein auf seine Moralität und Friedfertigkeit. Keineswegs will man es klaglos hinnehmen, dass ein Massenmörder abgeknallt wird oder ein Grieche verhungern muss. So menschlich ist man auf der linken Seite des politischen Spektrums allemal.

Da aber der Wutbürger nun einmal wütend ist und seine Früchte nicht gern mit dem Griechen teilt, muss ein alternativer Schuldiger ausgemacht werden. Und hier kommt nun die Ratingagentur ins Spiel. Die Ratingagentur sagt, dass der Grieche im Sommer nicht genug gesammelt habe, weil sie es sage, fiele es anderen auf. Und deswegen seien die Ameisen und andere fleißige Bienchen nicht bereit, den faulen Griechen etwas von ihren Früchten zu leihen. Kurz gesagt: Die Ratingagentur ist schuld, dass der Grieche im Sommer nichts gesammelt und der Wutbürger ihm nichts abgeben will. So geht linke Kritik der politischen Ökonomie heute.

Und hier bietet sich doch eine phantastische Perspektive für eine alternative Auflösung der Fabel von dem Griechen und dem Wutbürger: Warum tun sie sich nicht zusammen und hauen der blöden Ratingagentur eins auf Maul? Dann sind genug Früchte für alle da.

Der Wutfan

Nicht nur Bürger, sondern auch Fans sind in Wut. Darum geht eine kleine Leseempfehlung raus:

http://blog.worum.org/?p=3049

Aktionsbündnis gegen Wutbürger – Sektion Bremen gegründet

Nicht nur in Stuttgart tobt der Mob – auch Bremen hat seine “pissed-off-residents-party”, die sich selbst “Bürger in Wut” nennt. Warum Wut neuerdings wieder zu Ehren gekommen ist und als wünschenswert angesehen wird, weiß der Himmel – aber wir sind dagegen. Und wir versuchen, uns durch intensives Denken (oder durch Bewusstseinserweiterung, je nachdem) diesem Phänomen zu nähern. Wer mitmachen, mitdenken oder einfach nur seiner Wut über die nutzlosen Traktate hier loswerden will, der schicke eine email an abgwbb@googlemail.com.

https://abgwb.wordpress.com/page/5/?blogsub=confirming

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Eigentlich ist zu Jakob Augstein schon alles gesagt. Der liberale Kolumnist Hannes Stein hatte Anfang 2013, nachdem das in Los Angeles ansässige Simon Wiesenthal Center den Mitinhaber des Spiegel-Verlags auf Platz neun der »2012 Top Ten antisemitischer/antiisraelischer Verunglimpfungen« gesetzt hatte, ebenso lapidar wie richtig festgehalten: »Man kann Jakob Augstein nicht kritisieren, denn er ist unter aller Kritik.« Rainer Trampert fasste in der Jungle World (2/2013) treffend zusammen: Der »smarte Dauerhetzer aus Deutschlands Top-Medien« sei »weder harmlos, noch geht es ihm um Kritik an der israelischen Politik. Er erfüllt alle geläufigen Kriterien des Antisemitismus.« Stefan Gärtner brachte mit der Überschrift »Wer Juden hasst, bestimme ich« in der Titanic treffend Augsteins anmaßenden Autoritarismus und seine Abwehr jeglicher Kritik auf den Punkt.

Auffallend ist dabei, dass die großen deutschen Zeitungen Augstein nicht kritisieren. Mit Matthias Küntzel und Samuel Salzborn gab es zwar in Springers Welt vereinzelte kritische Stimmen zu Augstein, und Deniz Yücel ließ in der Taz mit einer scharf formulierten Polemik aufhorchen. Aber das waren Ausnahmen, die Abwehrfront hielt. Fast die gesamte deutsche Journaille schwang sich zu einer Verteidigung des Publizisten auf.

Der Grund dürfte darin liegen, dass viele Autoren sich selbst ertappt gefühlt haben. Augstein hatte mit seinen Ausführungen zu Israel als »Gefahr für den Weltfrieden«, mit seinen Falschdarstellungen und Verharmlosungen der Vernichtungsabsichten des iranischen Antisemitenregimes, durch seine Gleichsetzung von ultraorthodoxen israelischen Juden mit jihadistischen Mördern und durch sein verschwörungstheoretisches Geraune, hinter was und wem Israel nicht alles stecke, die antisemitische Schlagseite des deutsch-österreichischen Volkssports der »Israelkritik« nur noch deutlicher werden lassen, als sie ohnehin schon ist.

Vertreter der deutschen Linkspartei verteidigten Augstein ebenso wie Vorstandsmitglieder der CDU. In der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau sprang man dem Herausgeber von Der Freitag ebenso zur Seite wie in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Berliner Zeitung. Eine der wenigen rühmlichen Ausnahme im Konzert der etablierten Medien war Josef Joffe, Mitherausgeber der Zeit, der angesichts der Augstein-Debatte konstatierte, es gelte heute als verwerflicher, »jemanden einen Antisemiten zu nennen, als einer zu sein«.

Allein schon deswegen ist es von großem Nutzen, wenn nun eine akademische Studie nochmals Punkt für Punkt erklärt, inwiefern sich antisemitische Ressentiments »in den Kolumnen Augsteins auf lexikalischer, semantischer, syntaktischer und argumentativ-konzeptueller Ebene manifestieren«. Der Soziologe Lukas Betzler und der Politikwissenschaftler Manuel Glittenberg wollen am Beispiel der Augstein-Debatte die häufig konstatierte »sich vollziehende ›Normalisierung‹ antisemitischer Artikulationen in der Öffentlichkeit empirisch nachweisen«. Sie zeigen, wie Augstein »gesetzte Tabuisierungen subtil umgeht« und es ihm dadurch gelingt, »Sprechstrukturen hervorzubringen, die das tendenziös Gemeinte im Gesagten aufblitzen lassen, ohne dass das Gesagte in den Bereich des Unsagbaren fiele«. In ihrer umfassenden Textanalyse kommen sie zu dem Schluss, »dass sich in Augsteins Kolumnen auf allen sprachlichen Ebenen Verbal-Antisemitismus finden lässt«.

Zahlreiche seiner Aussagen über Israel seien zudem schlicht »faktisch falsch«, was ihn aber nicht daran hindere, sich als großer Kenner des Nahen Ostens zu inszenieren. Mit fast schon ermüdender Akribie arbeiten die Autoren heraus, inwiefern sich die antisemitischen Motive in Augsteins Texten aus einem großen Fundus bedienen: Von »alten christlichen Stereotypen über tradierte Stereotype des modernen Antisemitismus bis hin zu Ideologiefragmenten aus dem antiimperialistischen Weltbild« reichten die Versatzstücke Augsteins. Detailliert weisen Betzler und Glittenberg ihm die Delegitimierung und Dämonisierung Israels sowie die Anwendung zweierlei Maßstäbe bei der Beurteilung des Agierens des jüdischen Staates nach.

Augsteins Invektiven gegen die USA haben in der Debatte Anfang 2013 kaum eine Rolle gespielt. Umso erfreulicher ist es, dass Betzler und Glittenberg nun eine luzide Analyse von Augsteins Antiamerikanismus vorlegen und ihm dabei auch ein Abgleiten in expliziten Geschichtsrevisionismus nachweisen können. Sie spüren dem Zusammenhang von antiamerikanischen Ressentiments und Antisemitismus nach, verwischen dabei aber nie die mitunter gravierenden Unterschiede, die zwischen Antiamerikanismus und Antisemitismus bestehen. Trotz dieser Unterschiede charakterisieren sie beide als »Ausdrucksformen einer konformistischen Rebellion«; und kaum jemand passt besser in die Rolle des Protagonisten einer ebensolchen als Jakob Augstein mit seiner nonkonformistischen Attitüde und seinen affirmativen Inhalten – einer Kombination, die schon immer die linksdeutsche Ideologie gekennzeichnet hat.

In Augsteins Texten finden Glittenberg und Betzler »zwar zahlreiche Stereotype des modernen Antisemitismus«, aber der Antisemitismus erfülle in seinem Denken nicht jene Funktion einer Welterklärung, mit der auf unverstandene Entwicklungen und Bedrohungen in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft im modernen Antisemitismus reagiert wird. Diese Funktion übernehme bei Augstein vielmehr ein ausgeprägter Antiamerikanismus: »Widersprüche (soziale Ungleichheit oder Demokratiedefizite) und negativ bewertete Merkmale (Gier, Profitdenken, Materialismus und Egoismus) der eigenen Gesellschaft werden auf Amerika projiziert.« Anstatt eine Kritik am Kapitalverwertungsprozess zu formulieren, wettert der Spiegel-Kolumnist lieber gegen »Wallstreet-Täter«.

Neben ihrer Textanalyse zu Augsteins Kolumnen liefern Glittenberg und Betzler eine Diskursanalyse jener Debatte über den Spiegel-Autor, in der die seit Martin Walsers Paulskirchenrede gerne herbeizitierte »Auschwitz-Keule« von den Verteidigern Augsteins durch die »Antisemitismus-Schrotflinte« ergänzt wurde, mit der wahllos auf jede Form der »Israelkritik« geschossen werde. Als entscheidende Abwehrstrategie in der Augstein-Debatte machen sie die Umdeutung antisemitischer und israelfeindlicher Aussagen zur »legitimen Israelkritik« aus, wohingegen die Kritik an diesen Aussagen als »Akte der Diffamierung, Denunziation oder Stigmatisierung der Person Augsteins gedeutet« werde.

Die Autoren erinnern daran, dass die Debatte über Augsteins Invektiven gegen den jüdischen Staat dem Mitinhaber des Spiegel keineswegs geschadet hat: 2014 war er einer der am häufigsten eingeladene Gäste in Polit-Talkshows, seine Kolumne erscheint mittlerweile nicht nur online, sondern auch in der Print-Ausgabe des Spiegel und seine Wochenzeitung Der Freitag konnte die Auflage steigern. Insofern ist es auch gar kein Wunder, dass Augstein seine Attacken auf Israel bis zum heutigen Tag fortsetzt und nach der Lausanner Vereinbarung mit dem iranischen Regime ganz unverhohlen seine Freunde darüber kundtat, dass mit einer demnächst nuklear bewaffneten Ayatollah-Diktatur endlich die »Jahrzehnte alte Anomalie« beendet werde, »dass Israel die einzige Atommacht in Nahost ist«.

Ganz so wie in anderen Bände der Reihe »Interdisziplinäre Antisemitismusforschung«, die vom Politikwissenschaftler Samuel Salzborn herausgegeben wird, beziehen sich auch Betzler und Glittenberg auf die Kritische Theorie. Sie erklären die Abwehr des Antisemitismusvorwurfs in der Augstein-Debatte mit einem »auf den nationalsozialistischen Judenhass verengten Antisemitismusbegriff«, wodurch ein »antiisraelischer Antisemitismus mit gutem Gewissen« ermöglicht werde. Dieser halte sich für »besonders kritisch und antiantisemitisch«, projiziere aber lediglich »in Form einer fetischisierten Staatskritik die negativen Anteile von Staatlichkeit auf Israel«. Dass die »Fokussierung auf Israel es ermöglicht, den eigenen Staat als gerechte und gute Herrschaft zu imaginieren«, können sie anhand von Augstein ebenso exemplarisch zeigen wie bei seinen zahlreichen Verteidigern.

Lukas Betzler/Manuel Glittenberg: Antisemitismus im deutschen Mediendiskurs. Eine Analyse des Falls Jakob Augstein. Interdisziplinäre Antisemitismusforschung, Bd. 5. Nomos-Verlag, Baden-Baden 2015, 320 Seiten, 59 Euro

http://jungle-world.com/artikel/2015/26/52219.html

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70 Jahre Ende des Zwei­ten Welt­kriegs, 70 Jahre be­din­gungs­lo­se Ka­pi­tu­la­ti­on Deutsch­lands – die Mo­na­te bis zum 8. Mai brach­ten den zu er­war­ten­den Ge­denk­ma­ra­thon. Die Fei­er­stun­den, Reden, Spie­gel-Son­der­aus­ga­ben und viel­sei­ti­gen Feuille­ton­bei­la­gen (15 Sei­ten in der Taz, zehn Sei­ten in der SZ bei­spiels­wei­se) reih­ten sich zu einer me­dia­len Dau­er­schlei­fe, die von Ge­denk­ak­ten zur Be­frei­ung der KZ über die Jah­res­ta­ge der Ein­nah­me Wiens und Ber­lins durch die Rote Armee bis zur of­fi­zi­el­len Fei­er­stun­de im Bun­des­tag durch­lief.Und alle Red­ner und Schrei­ber va­ri­ier­ten nur einen ein­zi­gen Topos: den der „Be­frei­ung“ Deutsch­lands durch die Al­li­ier­ten – und zwar genau im Sinne des­sen, was Eike Gei­sel vor 20 Jah­ren spitz­zün­gig be­merk­te, dass näm­lich „Ausch­witz doch noch gut aus­ge­gan­gen“ (1) sei. Die mitt­ler­wei­le of­fi­zi­el­le Staats­ver­si­on, die vor 20 Jah­ren sogar noch von Hel­mut Kohl nach dem fünf­zigs­ten Jah­res­tag des Kriegs­en­des mit den Wor­ten „Nie­mand hat das Recht, fest­zu­le­gen, was die Men­schen in ihrer Er­in­ne­rung zu den­ken haben“ be­mä­kelt wor­den war, trug der Vor­zei­ge­his­to­ri­ker Hein­rich Au­gust Wink­ler am 8. Mai dem Bun­des­tag vor: „(Es) wuchs eine an­de­re Er­kennt­nis: Der von den al­li­ier­ten Sol­da­ten, und nicht zu­letzt denen der Roten Armee, unter schwers­ten Op­fern er­kämpf­te Sieg über Deutsch­land hatte die Deut­schen in ge­wis­ser Weise von sich selbst be­freit – be­freit im Sinne der Chan­ce, sich von po­li­ti­schen Ver­blen­dun­gen und von Tra­di­tio­nen zu lösen, die Deutsch­land von den west­li­chen De­mo­kra­ti­en trenn­ten.“ (2)Das Es­ta­blish­ment Deutsch­lands hat den po­li­ti­schen Mehr­wert des Schuld­be­kennt­nis­ses längst end­gül­tig er­kannt und weiß, wem es die­ses Ge­schenk zu dan­ken hat, dem Ex-Bun­des­prä­si­den­ten Ri­chard von Weiz­sä­cker. Er war es, der vor drei­ßig Jah­ren die heute gül­ti­ge For­mel von der men­ta­len Be­frei­ung erst­mals staats­amt­lich vor­trug, als er vor dem Bun­des­tag for­der­te, „das Ende eines Irr­wegs der deut­schen Ge­schich­te zu er­ken­nen, das den Keim der Hoff­nung auf eine bes­se­re Zu­kunft barg“. Wor­auf er hin­aus­woll­te, zeig­te sich im Lauf der fol­gen­den Jahr­zehn­te immer of­fen­sicht­li­cher, wäh­rend die Ge­gen­wehr der Kohls, Walsers, Schön­hu­bers und Wehr­macht-Opas jeg­li­chen Al­ters immer schwä­cher wurde: Je of­fe­ner die Gräu­el ein­ge­räumt wer­den – ins­be­son­de­re „das schreck­lichs­te aller Mensch­heits­ver­bre­chen des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, die Er­mor­dung von etwa 6 Mil­lio­nen eu­ro­päi­schen Juden“ (Wink­ler) –, desto strah­len­der die Läu­te­rung, die po­li­ti­sche Ka­thar­sis. Das Land heimst so einen qua­si-re­li­giö­sen Bonus ein, der tra­di­tio­nell dem reui­gen Sün­der, dem zur Um­kehr Be­weg­ten zu­kommt. Al­lein in die­sem Ges­tus liegt schon eine ab­sto­ßen­de Fehl­wahr­neh­mung. Man tut dabei näm­lich so, als ob es etwas zu Ler­nen­des sei, dass man auf to­ta­le Ver­nich­tungs­krie­ge zu ver­zich­ten hat, dass es nicht statt­haft ist, das „Welt­ju­den­tum“ aus­rot­ten zu wol­len, als ob man Lob al­lein schon dafür ver­dien­te, was ei­gent­lich selbst­ver­ständ­lich sein soll­te: die Welt nicht in ein Schlacht­haus zu ver­wan­deln.Die of­fi­zi­ell ver­bind­lich ge­wor­de­ne Ver­si­on der Wie­der­ge­burt des sün­di­gen Deutsch­lands als mün­di­ges Deutsch­land bringt der the­ma­ti­sche Drei­klang der Aus­stel­lung 1945 – Nie­der­la­ge. Be­frei­ung. Neu­an­fang im Deut­schen His­to­ri­schen Mu­se­um genau auf den Punkt. Und ge­ra­de­zu den Ex­trakt die­ser „Wie­der­gut­wer­dung“ (Gei­sel) der Deut­schen prä­sen­tier­te Bun­des­au­ßen­mi­nis­ter Frank-Wal­ter Stein­mei­er denn auch in sei­ner Er­öff­nungs­re­de am 22. April. „‚Wir ver­nei­gen uns vor ihnen allen‘, sagte er an die an­we­sen­den Zeit­zeu­gen ge­wandt. ‚Wir dan­ken Ihnen, dass Sie heute nach Ber­lin ge­kom­men sind, in die Haupt­stadt jenes Lan­des, in des­sen na­tio­na­lis­ti­scher Über­stei­ge­rung und Ras­sen­wahn all die­ses un­er­mess­li­che Lei­den sei­nen Aus­gang hatte‘. Deutsch­land, der eins­ti­ge An­stif­ter von Un­ord­nung, so der Au­ßen­mi­nis­ter, müsse heute in be­son­de­rem Maße Ord­nungs­stif­ter sein und mehr als an­de­re, en­ga­giert sein für po­li­ti­sche Lö­sun­gen in Kon­flik­ten und den Er­halt von frie­dens­si­chern­den Struk­tu­ren“, fass­te die Deut­sche Welle seine Über­le­gun­gen zu­sam­men, die pseu­do­an­ti­fa­schis­tisch genau das be­grün­den, was ei­gent­lich das Ge­gen­teil jeg­li­cher denk­ba­ren Lehre aus dem Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ist: das be­sorgt-tu­en­de Her­um­nör­geln an Is­ra­el und das Ap­peas­e­ment mit jedem nur denk­ba­ren au­to­ri­tä­ren Re­gime auf dem Erd­ball.

Befreiung zur Heimat

Doch darin er­schöpft sich die un­mit­tel­ba­re po­li­ti­sche Nutz­bar­ma­chung der of­fi­zi­el­len Be­frei­ungs­er­zäh­lung denn auch zu­meist. Be­fürch­tun­gen, dass das „Ge­ra­de-wir-als-Deut­sche“-Ti­cket als Le­gi­ti­ma­ti­on eines ag­gres­siv-krie­ge­ri­schen Kur­ses des neuen An­ti­fa-Deutsch­land die­nen würde, wie sie zu Zei­ten Schar­pings, Fi­schers und des Ju­go­sla­wi­en­kriegs na­he­lie­gend schie­nen, haben sich nicht be­wahr­hei­tet. Was diese po­li­tisch-rhe­to­ri­schen Übun­gen zum Thema „Be­frei­ung“ zum Aus­druck brin­gen, ist viel we­ni­ger eine raf­fi­nier­te, von ma­te­ri­el­len In­ter­es­sen ge­lei­te­te Ca­mou­fla­ge-Übung der po­li­ti­schen und pu­bli­zis­ti­schen Klas­se, son­dern in­di­ziert viel­mehr einen ver­än­der­ten Zu­stand des ge­sell­schaft­li­chen Be­wusst­seins: den in den letz­ten Kri­sen-Jahr­zehn­ten immer po­si­ti­ver wie pa­ni­scher wer­den­den Bezug des Ein­zel­nen auf die schüt­zen­den Kol­lek­ti­ve, die Re­ar­chai­sie­rung des Be­wusst­seins im Zei­chen von Hei­mat und Fa­mi­lie. Beide näm­lich sal­viert das ge­läu­ter­te Deutsch­land, be­rei­nigt sie vom Makel der Ver­gan­gen­heit, nicht, indem es sie ver­schweigt, son­dern indem es in ihr schwelgt, nar­ra­ti­viert und per­so­na­li­siert.

Die ge­sell­schaft­li­che Sub­stanz der „men­ta­len Be­frei­ung“ gibt des­halb am ehes­ten die po­pu­lä­re Kul­tur preis, zu­vör­derst im neuen Hei­mat- und Ge­ne­ra­tio­nen­film. Der dürf­te wohl auf Edgar Reitz’ TV-Fa­mi­li­en­sa­ga Hei­mat aus dem Jahr 1981/82 zu­rück­rei­chen, die die deut­sche Ge­schich­te als Ge­schich­te ein­fa­cher Leute, die ihrer Schol­le emo­tio­nal nicht ent­rin­nen kön­nen, rea­lis­tisch zeigt und zu­gleich kit­schig ver­klärt. Der Trick: Die Le­bens­ge­schich­te einer im­mo­bi­len Huns­rücke­rin ver­bürgt in eben ihrer Im­mo­bi­li­tät eine Kon­ti­nui­tät, die den Bruch des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus es­ka­mo­tiert, nicht indem sie seine Exis­tenz leug­net, son­dern indem er zur Epi­so­de eines immer im sel­ben Bett blei­ben­den ge­ne­ra­tio­nel­len Flus­ses de­gra­diert wird. Dass eine auf­wen­dig re­mas­ter­te Ver­si­on mit gro­ßem Tam­tam aus­ge­rech­net im Früh­jahr 2015 als wo­chen­end­fül­len­der Zwei-Ta­ges-Film in die Kinos und DVD-Stores kam, zeigt den ge­sell­schaft­li­chen Mehr­wert der „Be­frei­ung“ eher an, als es die Reden Wink­lers oder Stein­mei­ers her­ge­ben wür­den. Und der Hei­mat-Rum­mel ist bei­lei­be kein Ein­zelphä­no­men, son­dern nur Teil einer Welle, die seit Jahr­zehn­ten über deut­sche Lein­wän­de und Matt­schei­ben rollt. Um nur ei­ni­ge be­son­ders prä­gnan­te Bei­spie­le zu nen­nen, in denen trotz un­mensch­li­cher Um­stän­de die guten, vor allem ­– und das ist wich­tig ­– jun­gen Deut­schen ihr mensch­li­ches, zur Iden­ti­fi­ka­ti­on ein­la­den­des Ge­sicht zei­gen: Der no­to­ri­sche Jo­seph Vils­mai­er mit Sta­lin­grad (1993), Leo und Clai­re (2001), Co­me­di­an Har­mo­nists (1997) und Die Gust­loff (2008), Xaver Schwar­zen­ber­gers Annas Heim­kehr (2003) oder der schon unter einem wahr­haft pro­gram­ma­ti­schen Titel lau­fen­de Strei­fen Nicht alle waren Mör­der nach einer Er­zäh­lung von Mi­cha­el Degen unter der Regie von Jo Baier (2006). Wohl am wirk­mäch­tigs­ten er­wies sich dabei die Füh­rer­bun­ker-Schmon­zet­te Der Un­ter­gang von Oli­ver Hirsch­bie­gel aus dem Jahr 2004; die dreis­te Ge­gen­über­stel­lung von deutsch-ju­gend­li­cher Un­schuld und der ver­dor­be­nen, alten Na­zi-Eli­te er­hielt durch die­sen Strei­fen ein na­he­zu iko­ni­sches Ge­sicht, das sich ein­ge­prägt hat, das paus­bä­cki­ge Fräu­lein­wun­der Alex­an­dra Maria Lara als Hit­lers Se­kre­tä­rin Traudl Junge – al­lein schon der Name: das Ver­klei­ne­rungs-l plus „Junge“ löst be­reits die pas­sen­den As­so­zia­tio­nen aus. Wie sie so ver­lo­ren süß und fas­sungs­los das Böse be­glotzt und spä­ter ku­h­äu­gig-ver­stört, unter einem zu gro­ßen Stahl­helm nai­ves Un­ver­ständ­nis ver­strö­mend, durch ein zer­schos­se­nes Ber­lin stol­pert, fan­ta­siert sie sich und die Zu­schau­er in die ei­ge­ne Groß­mut­ter. Die „Wie­der­gut­ma­chung der Deut­schen“ funk­tio­niert ima­gi­na­tiv als Wie­der­gut­ma­chung der Vor­fah­ren.

Die Film­pro­duk­ti­on flan­kiert dabei eine bel­le­tris­ti­sche Dau­er­mo­de. Un­zäh­li­ge Best­sel­ler, die es mitt­ler­wei­le auch in den Kanon der Schul­li­te­ra­tur ge­schafft haben, the­ma­ti­sie­ren in sel­ber Weise die Ju­gend im Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, wobei man er­fährt, dass es Freund­schaft, Som­mer und Ba­de­se­en auch im Drit­ten Reich gab. Zu den­ken wäre auch an Ge­fühls­schin­ken wie den von Tho­mas Me­di­cus, der In den Augen mei­nes Groß­va­ters (2004) des­sen Kriegs­per­spek­ti­ve er­kun­det und damit die Re-Iden­ti­fi­ka­ti­on auf die Spit­ze treibt; kurz­um, man geht nicht fehl, von einer re­gel­rech­ten „So­phie-Schol­li­sie­rung“ (Heinz) der Me­di­en­pro­duk­ti­on zu spre­chen.

Mit die­sem ma­nisch an­mu­ten­den In­ter­es­se liegt also mit­nich­ten ein Indiz für grund­le­gen­de Bes­se­rung (die unter dem Schlag­wort „Aus­ein­an­der­set­zung mit der Ver­gan­gen­heit“ fir­miert) vor, son­dern eher für ein, wenn man so will, sanf­tes Schei­tern der re-edu­ca­ti­on, die sich pa­ra­do­xer­wei­se als deren Er­folg ver­steht. Wenn man den hef­ti­gen Ge­ne­ra­tio­nen­kon­flikt, der Deutsch­land wie kein an­de­res Land der west­li­chen He­mi­sphä­re in den Sech­zi­gern kenn­zeich­ne­te, zu­min­dest als sich auf­tu­en­de Be­din­gung der Mög­lich­keit einer sol­chen re-edu­ca­ti­on be­trach­tet, so ist hin­ge­gen das Ende die­ses Kon­flikts, das un­er­sätt­li­che bio­gra­phi­sche In­ter­es­se und der in­ter­ge­ne­ra­tio­nel­le Brü­cken­schlag der „Be­frei­ten“, als Neu­er­fin­dung der Volks­ge­mein­schaft zu lesen: eine ima­gi­nä­re Wie­der­her­stel­lung, die sich ­– viel mehr noch als es po­li­ti­schen Reden ab­zu­hö­ren ist – in der po­pu­lär­kul­tu­rel­len My­then­pro­duk­ti­on spie­gelt, die die Ge­ne­ra­tio­nen­ei­nig­keit wie­der­her­stellt, und damit die Wie­der­in­be­schlag­nah­me der Ver­gan­gen­heit durch die Neu­in­sze­nie­rung der Ver­gan­gen­heit. Indem der Enkel den guten Opa wie­der­fin­det, fin­det er sich so auch wie­der ans my­thisch und ge­ne­ra­tio­nell re­kon­stru­ier­te Kol­lek­tiv ge­bun­den.

Dass Deutsch­land im letz­ten Jahr­zehnt end­gül­tig zu einem Pop-Phä­no­men wurde, zum Sich-selbst-Fei­er­welt­meis­ter ist der ei­gent­li­che Skan­dal und Aus­druck eines ver­här­te­ten Be­wusst­seins zwei­ter Ord­nung. Es muss die Ver­gan­gen­heit nicht mehr pa­nisch-miss­ver­gnügt ab­weh­ren, son­dern kann sich un­be­ein­druckt an ihr nach­ge­ra­de de­lek­tie­ren, weil es ihr durch Fa­mi­li­a­ri­sie­rung den Sta­chel ge­nom­men hat. Nicht zu­letzt sind es die In­sze­nie­rung des na­tio­na­len Fuß­balls und das neue Selbst­be­wusst­sein deutsch­spra­chi­ger Pop­mu­sik, die min­des­tens eben­so tief rei­chen wie die bio­gra­phi­sier­te Film- und Buch­schwem­me. Frank Apunkt Schnei­der hat kürz­lich in die­sem Zu­sam­men­hang auf die Ver­än­de­rung der deut­schen Pop­mu­sik deut­lich hin­ge­wie­sen (Jung­le World 22/2015), die nicht mehr ein, viel­leicht sogar das Ve­hi­kel einer in­ne­ren Emi­gra­ti­on nach Wes­ten mehr sein will und darf, son­dern die heil­sa­me Wunde, die das Eng­li­sche in den Er­in­ne­rungs­kör­per einst schlug, un­ge­sche­hen ma­chen möch­te. (3) Das – na­tür­lich un­er­träg­lich schlech­te – Album Mut­ter­spra­che der Deutsch-Di­va Sarah Con­nor schließ­lich, das die deut­sche Po­p­indus­trie der­zeit pro­mo­tet wie sonst nichts, bringt das Junk­tim von Sprach­be­har­ren und Fa­mi­li­en­re­kon­struk­ti­on auf den Punkt. Die De-An­gli­sie­rung ist in die­sem Titel über­deut­lich ver­bun­den mit der end­gül­ti­gen Rück­bin­dung an die na­tio­na­le Fa­mi­li­en­ge­schich­te.

„Schlussstrich“ durch Rückprojektion

So er­klärt sich auch, dass nicht man­gels Auf­klä­rung, son­dern durch die Art der Auf­klä­rung, die Zahl der Schluss­strich-Zie­her ein­fach nicht sin­ken will. Der His­to­ri­ker Nor­bert Frei re­fe­rier­te in der Taz (8.5.2015) die ent­spre­chen­den Zah­len: „Be­reits im Früh­jahr 1994, in einer ers­ten grö­ße­ren de­mo­sko­pi­schen Stu­die nach der deut­schen Ver­ei­ni­gung, hatte sich mehr als die Hälf­te der Be­frag­ten (53 Pro­zent) zu einem all­ge­mei­nen ‚Schluss­strich‘ unter die Ver­gan­gen­heit be­kannt. 20 Jahre spä­ter misst Forsa 42 Pro­zent Schluss­strich-Be­für­wor­ter, wäh­rend die Ber­tels­mann-Stif­tung auf 58 Pro­zent kommt – und von 81 Pro­zent aller Deut­schen sagt, sie woll­ten die Ge­schich­te des Ho­lo­caust ir­gend­wie ‚hin­ter sich las­sen‘. Man muss sol­che Um­fra­ge­er­geb­nis­se nicht erns­ter neh­men als die Worte, in denen dar­über be­rich­tet wird; oft genug bleibt un­klar, was genau ge­mes­sen wurde. Trotz­dem ver­fes­tigt sich der Ein­druck, dass es in­zwi­schen viel­fach ge­ra­de Ju­gend­li­che und junge Er­wach­se­ne sind, die sich von der Ge­schich­te der NS-Zeit be­läs­tigt füh­len; eher ge­nervt als in schar­fem Ton ver­su­chen sie sich ihr zu ent­zie­hen. Die Vor­stel­lung, dass es kol­lek­ti­ve Zu­ge­hö­rig­kei­ten geben könn­te – und damit trans­ge­ne­ra­tio­nel­le his­to­ri­sche Ver­ant­wor­tung jen­seits per­sön­li­cher Schuld –, scheint mehr und mehr aus dem Blick­feld zu ge­ra­ten, ja für ana­chro­nis­tisch ge­hal­ten zu wer­den.“

Eine fa­ta­le Fehl­in­ter­pre­ta­ti­on der Zah­len: Nicht das Sich-Frei­spre­chen der Jun­gen ist das Pro­blem, denn tat­säch­lich haben sie an den Ver­bre­chen kei­nen An­teil, son­dern es ist ge­ra­de jene „trans­ge­ne­ra­tio­nel­le“ Ver­bun­den­heit, die Frei als feh­lend be­klagt, die die freund­li­che „Ge­nerv­t­heit“ her­vor­ruft. Denn alle diese jun­gen Be­frag­ten haben eben durch die nar­ra­tiv-bio­gra­phi­sche Be­schäf­ti­gung mit dem Na­tio­nal­so­zia­lis­mus zwar ge­lernt, dass es eine mo­ra­lisch dunk­le Zeit war, aber eben auch, dass man an­stän­dig blei­ben konn­te, auch wenn man ver­ständ­li­che Feh­ler mach­te. Nicht mehr die Leug­nung des Un­leug­ba­ren, wie noch vor 40 Jah­ren, als wirk­li­che Täter (und ihre ent­spre­chend par­en­ti­fi­zier­ten Nach­kom­men) das öf­fent­li­che Klima be­stimm­ten, macht das Ver­stock­te aus, son­dern die Rück­pro­jek­ti­on der ei­ge­nen Un­schuld in die Fa­mi­li­en­ge­schich­te des Kol­lek­tivs. Der „Schluss­strich“, der jetzt ge­zo­gen wird, gleicht dem, mit dem man ge­mein­hin Fa­mi­li­en­krä­che zu be­en­den pflegt, dem Schwamm-drü­ber, mit denen lang­an­hal­ten­de Feh­den – ohne dass die Sache selbst ge­klärt wor­den wäre – für die Zu­kunft als ir­re­le­vant er­klärt wer­den. Es ist die Sti­li­sie­rung ge­ne­ra­tio­nel­ler Ein­heit in der mo­der­nen My­then­pro­duk­ti­on, die den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus zur un­lieb­sa­men Fa­mi­li­en­epi­so­de macht, die man kennt und an­er­kennt, auf deren Fort­wir­ken man aber gern ver­zich­tet; statt, dass es heißt, „Ich will nicht wer­den, was mein Alter ist“, wie die Scher­ben noch 1970 zu kra­chen­dem Blues­rock rotz­ten, lau­tet das po­pu­lä­re Motto nun sinn­ge­mäß: „Mein Ur-Al­ter war doch auch nicht an­ders als ich.“

Woher aber nun diese Über­macht des Fa­mi­liä­ren in einer Ge­sell­schaft, in der die Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­fa­mi­lie als So­zia­li­sa­ti­ons­in­stanz längst zer­fal­len ist? Ein schein­ba­res Pa­ra­dox, das wohl nur da­durch er­klärt wer­den kann, dass der eins­ti­ge Ge­gen­pol zum tra­di­tio­nel­len So­zi­al­ver­band min­des­tens eben­so be­schä­digt ist wie die­ser: die Öf­fent­lich­keit des frei­en Tauschs, ihre of­fe­nen Räume der In­di­vi­du­ie­rung, die ein Sich-Ge­sel­len wie­der­um er­mög­lich­ten, in dem die Be­zie­hun­gen der Ein­zel­nen zu­ein­an­der frei ge­wählt und ge­wech­selt wer­den konn­ten. Das kön­nen sie aber nur da, wo der Ein­zel­ne einen zu­rei­chen­den Le­bens­un­ter­halt ohne Sur­p­lus an Loya­li­tät, ohne In­ter­na­li­sie­rung des Grup­pen­ko­dex be­strei­ten konn­te. Das sieht in der post­in­dus­tri­el­len Ge­sell­schaft, aus der die un­mit­tel­ba­re Pro­duk­ti­on in die eins­ti­ge Pe­ri­phe­rie aus­ge­wan­dert ist, an­ders aus. Hier ent­schei­det sich früh, wer in den Dum­ping-Sek­tor ab­wan­dert und wer in die Ver­wal­tungs­ap­pa­ra­te der glo­ba­len Pro­duk­ti­on ein­wan­dern darf. Und die Wei­chen wer­den nicht nur früh ge­stellt – mit der Kon­se­quenz, dass sich der Le­bens­ab­schnitt „Ju­gend“ ra­di­kal wan­delt, ja, ganz zu ver­schwin­den droht –, son­dern auch durch eben früh ge­lern­te Loya­li­tät ge­gen­über den Äl­te­ren, die in die­sen Ap­pa­ra­ten sit­zen und das Aus­wahl­ver­fah­ren über­wa­chen, we­sent­lich be­stimmt. An­ders als noch vor Jahr­zehn­ten ist eine län­ge­re Phase der Un­bot­mä­ßig­keit, des Aus­sche­rens aus den vor­ge­bahn­ten Le­bens­we­gen, mit hohem Ri­si­ko ver­bun­den, ohne Wie­der­kehr statt im Pent­house im Pre­ka­ri­at zu lan­den. Eine Ge­sell­schaft, die der­ge­stalt in Bande und Ban­den zer­fällt, in ab­ge­grenz­te Ter­ri­to­ri­en und ge­schlos­se­ne Sub­ge­sell­schaf­ten, bringt den Ein­zel­nen in eine Si­tua­ti­on, in der er auf Ver­ein­ze­lung ver­zich­ten muss, be­dingt also die un­to­te Wie­der­kehr des Ge­bun­de­nen, des Fa­mi­liä­ren. Die Fa­mi­lie gibt so das Leit­bild des mo­der­nen Un­ter­neh­mens, in dem emo­tio­na­le Bin­dung an­stän­di­ge Be­zah­lung für die Jun­gen er­setzt und in dem der so­ge­nann­te „Team­ge­dan­ke“ jede Re­gung, Ar­beit als tat­säch­lich ent­frem­de­ten Dienst nach Vor­schrift an­se­hen zu dür­fen, schier aus­treibt. Und auch ganz le­bens­prak­tisch ist es eben die Fa­mi­lie, die denen, die sich über­haupt ein­bil­den kön­nen, dahin zu kom­men, wo die El­tern waren, al­lent­hal­ben unter die Arme greift und gleich­zei­tig in den Hin­tern tritt. Diese Re­fa­mi­li­a­ri­sie­rung von Er­fah­rung und Le­bens­welt, an­ders ge­sagt: der in­ne­re Lie­bes­zwang zu den Nicht-Lie­bens­wer­ten, greift na­tür­lich auch da, wo die bio­lo­gi­schen Fa­mi­li­en so­zi­al ver­sa­gen, denn die Pos­ses, Ra­ckets und Gangs­ter­ban­den sind der Fa­mi­lie als Motor von Auf­stieg, als Weg zu Reich­tum oder we­nigs­tens Be­rühmt­heit di­rekt nach­ge­bil­det, und dabei noch au­to­ri­tä­rer als das Vor­bild. Kurz ge­sagt: Die Aus­söh­nung durch Iden­ti­fi­ka­ti­on mit den Tä­tern der vor­ver­gan­ge­nen Ge­ne­ra­ti­on er­folgt aus der Not, sich nicht mehr in den of­fe­nen Räu­men des Tauschs be­we­gen zu kön­nen, son­dern sich in den ge­schlos­se­nen Ge­sell­schaf­ten, die durch be­to­nier­te Stra­ti­fi­zie­rung des­sen, was einst Ge­sell­schaft hieß, ent­stan­den, „po­si­tio­nie­ren“ zu müs­sen – also auf Ge­deih und Ver­derb nicht mehr aus der Ge­mein­schaft fal­len zu dür­fen.

Der gute Vater

Sol­che Re­fa­mi­li­a­ri­sie­rung von ge­sell­schaft­li­cher Wahr­neh­mung gibt schließ­lich auch einen Blick in die Tie­fen­di­men­si­on des Weiz­sä­cker-Rum­mels frei. Wie kein an­de­rer eig­net sich der Ende Ja­nu­ar ge­stor­be­ne „Be­frei­ungs“-Red­ner als guter Vater, bes­ser ge­sagt: Groß- oder Ur­va­ter eines be­rei­nig­ten Deutsch­lands. So wie der rück­pro­ji­zier­te Groß­va­ter den ech­ten er­setzt, be­setzt Weiz­sä­cker my­tho­lo­gisch die Stel­le, die durch den Sieg der Al­li­ier­ten 40 Jahre schmerz­lich va­kant blieb, denn Mit­scher­lichs „va­ter­lo­se“ Ge­sell­schaft war nicht zu­letzt das füh­rer­lo­se Deutsch­land. Die „Be­frei­ung“, die Weiz­sä­cker 1985 ver­sprach, war tat­säch­lich nicht eine von der Kon­ti­nui­tät deut­scher Ge­schich­te, son­dern von eben die­ser Va­kanz.

Hit­ler, der sich qua Nie­der­la­ge und „Un­ter­gang“ als Usur­pa­tor und fal­scher Adres­sat des au­to­ri­tä­ren Be­dürf­nis­ses her­aus­ge­stellt hatte, wird durch einen wie Weiz­sä­cker, der eine mo­ra­lisch ein­wand­freie Brü­cke über die 12 Jahre Na­tio­nal­so­zia­lis­mus schlug, er­setzt. Schon al­lein bio­gra­phisch ist er bes­tens ge­eig­net, diese Funk­ti­on zu er­fül­len, ist er so­zu­sa­gen die späte Re­inkar­na­ti­on des 20. Juli, die, an­ders als die­ser, aris­to­kra­ti­sche Kon­ti­nui­tät mit ech­ter Macht ver­knüpft. Ver­strickt und ge­läu­tert, du­bi­os und doch an­stän­dig gibt er den idea­len, ge­samt­bio­gra­phi­schen Hor­den­füh­rer ab, denn schließ­lich war er Wehr­machts­of­fi­zier an der Ost­front und ver­tei­dig­te höchst­per­sön­lich noch sei­nen Vater [!], einen der rang­höchs­ten NS-Di­plo­ma­ten, in den Nürn­ber­ger Kriegs­ver­bre­cher­pro­zes­sen.

So ver­kör­per­te er im wahrs­ten Sinne des Wor­tes das, was ihm die Re­pu­blik zu­schreibt. Sel­ten dürf­te die ver­öf­fent­lich­te Mei­nung so sehr mit der öf­fent­li­chen über­ein­ge­stimmt haben, wie in den Pres­se-Elo­gen auf den da­hin­ge­schie­de­nen Alt-Bun­des­prä­si­den­ten und Ex-Re­gie­ren­den Bür­ger­meis­ter von Ber­lin. Er war der „große Ver­söh­ner“ (ZDF-Spe­zi­al, 31.1.2015; gleich­lau­tend: Faz, SZ, 1.2.2015, Spie­gel, 11.2.2015), die „geis­ti­ge und mo­ra­li­sche Au­to­ri­tät“ (FR, 1.2.2015), das „deut­sche Ge­wis­sen“ (Bild, 1.2.2015) und – am tref­fends­ten – „der Bun­des­kö­nig“ (SZ, 11.2.2015).

Ge­ra­de da­durch, dass der Aris­to­krat Weiz­sä­cker als nur dem Gro­ßen und Gan­zen ver­pflich­te­te, dem Ge­zänk ent­ho­be­ne Au­to­ri­tät sich immer wie­der über die „Macht­ver­ses­sen­heit der Par­tei­en“ (Bild er­in­ner­te ge­nüss­lich daran am 31.1.2015) stell­te, stif­te­te er den Fa­mi­li­en­frie­den, ließ die Deut­schen wie­der bei sich sein und das mit gutem Ge­wis­sen. Im Kult um seine Per­son ent­hüllt sich am deut­lichs­ten, dass die Be­frei­ung eben doch nur die Fort­set­zung des deut­schen Elends, mit einem König an­stel­le des Füh­rers, be­deu­tet und zeigt, dass der 8.​Mai end­gül­tig eine Fa­mi­li­en­fei­er im deut­schen „Fa­mi­li­en­ro­man der Neu­ro­ti­ker“ ge­wor­den ist. Freud schrieb in die­ser Stu­die, dass „um die an­ge­ge­be­ne Zeit sich nun die Phan­ta­sie des Kin­des mit der Auf­ga­be (be­schäf­tigt), die ge­ring­ge­schätz­ten El­tern los­zu­wer­den und durch in der Regel so­zi­al höher ste­hen­de zu er­set­zen. Dabei wird das zu­fäl­li­ge Zusammen­treffen mit wirk­li­chen Er­leb­nis­sen (die Be­kannt­schaft des Schloss­herrn oder Guts­be­sit­zers auf dem Lande, der Fürst­lich­keit in der Stadt) aus­ge­nützt“. (4) Genau die­sen Mo­ment be­schreibt der 8.​Mai 1985, der sich in die­sem Früh­jahr zum 30. Mal jähr­te. Der gute Ri­chard hat den bösen Adolf end­gül­tig aus­ge­trie­ben und nicht trotz­dem, son­dern des­we­gen den­ken die Deut­schen wei­ter in ihrer gro­ßen Mehr­heit über Par­tei­en­gezänk, Volks­kör­per, Ame­ri­ka­ner und Juden so wie immer schon zuvor.

Anmerkungen:
  1. Eike Gei­sel: Op­fer­sehn­sucht und Ju­denneid. Be­mer­kun­gen zur Na­tio­na­li­sie­rung der Er­in­ne­rung, in: Ders.: Tri­umph des guten Wil­lens, hg. von Klaus Bit­ter­mann, Ber­lin 1998, 58. Die Edi­ti­on Ti­amat hat in die­sem Jahr in einem über 400 Sei­ten star­ken Sam­mel­band Es­says und Po­le­mi­ken Gei­sels mit dem Titel Die Wie­der­gut­wer­dung der Deut­schen wie­der­ver­öf­fent­licht.
  2. Zi­tiert aus dem On­line-Ar­chiv des Bun­des­tags (Hrvb. v. mir): http://www.​bundestag.​de/​dokumente/​textarchiv/​2015/​kw19_​ged​enks​tund​e_​ wkii_​rede_​winkler/​373858
  3. Schnei­der schreibt hier zu­tref­fend: „Von Kino- und Büh­nen­kör­pern lern­ten junge Deut­sche, dass es etwas Bes­se­res gab, als Flak­hel­fer der deut­schen Schuld­ab­wehr zu sein. Die Sprach­lo­sig­keit wurde über­wun­den durch die Her­ein­nah­me des ge­heim­nis­vol­len, wei­chen, nur in Bruch­stü­cken ver­stan­de­nen Po­p­tex­teng­lisch ins ei­ge­ne Spre­chen.“
  4. Sig­mund Freud: Ge­sam­mel­te Werke, Frank­furt/M. 1946 ff., Bd.7, 229. Sonja Witte hat die Freud­sche An­nah­me be­reits für die Ana­ly­se des post­na­zis­ti­schen Ge­ne­ra­tio­nen­bünd­nis­ses ge­nutzt. Vgl.: Sonja Witte: Das Wun­der von Bern – Ka­thar­sis der Na­ti­on, in: Kitt­kri­tik (Hg.): Deutsch­land­wun­der. Wunsch und Wahn in der post­na­zis­ti­schen Kul­tur, Mainz 2008.

http://www.redaktion-bahamas.org/auswahl/web71-1.html

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Bahamas – Die Toten kommen!
Lisa Lübars / Jus­tus Wert­mül­ler (Ba­ha­mas 71/2015)
Der Chef des Po­li­ti­k­res­sorts der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Sonn­tags­zei­tung, Vol­ker Zastrow, ging eines Tages am Gar­da­see so für sich hin. Da fand er „neben den Zy­pres­sen“ und „über der herr­li­chen Bucht“, nicht nur den „spie­geln­den See und die blau­en Berge“, son­dern auch das be­schei­de­ne Blü­melein Erika, das wie­der­um auf einem Sol­da­ten­fried­hof wächst. Und siehe, er fand noch mehr: „Ich sah eine Frau am Grab ihres Groß­va­ters wei­nen. Ich frag­te, warum, denn sie hatte ihn nie ge­kannt. Sie er­zähl­te viel über Leid, das ge­lin­dert wurde, und Leid, das sich fort­pflanz­te über Ge­ne­ra­tio­nen. Aber sie konn­te nicht er­klä­ren, warum sie über all das wein­te, hier in Cos­ter­ma­no, am grau­en Stein mit dem Namen ihres Groß­va­ters.“

Wo der SS-Mann ruht

Die Frau ist Deut­sche. Ihr Groß­va­ter war ein Mör­der und Kriegs­ver­bre­cher, Mit­tä­ter bei Gei­sel­er­schie­ßun­gen, Aus­rot­tun­gen gan­zer Dorf­schaf­ten, wo­mög­lich einer von jenen SS-Scher­gen, die noch im April 1945 in Nord­ita­li­en die Go­ten­stel­lung zu hal­ten such­ten und bis zur Ka­pi­tu­la­ti­on Mas­sa­ker ver­üb­ten. Viel­leicht hatte der un­be­kann­te Groß­va­ter sogar eine ein­schlä­gi­ge Ver­gan­gen­heit, bevor er in Ita­li­en zu Tode kam. Auf dem deut­schen Sol­da­ten­fried­hof von Cos­ter­ma­no wur­den schließ­lich auch die Ver­nich­tungs­la­ger-Kom­man­dan­ten Chris­ti­an Wirth, Franz Reich­leit­ner und Gott­fried Schwarz be­gra­ben. Aber man soll nie­man­den vor­schnell ver­ur­tei­len! Kann­ten wir denn den toten Groß­va­ter? Oder die an­de­ren Jungs aus Wehr­macht und selbst SS, aus denen schließ­lich auch No­bel­preis­trä­ger hät­ten wer­den kön­nen? Soll­ten wir uns am grau­en Stein der Kriegs­ver­bre­cher nicht lie­ber aufs vor­be­halt­lo­se Fra­gen be­schrän­ken und die Ant­wort schul­dig blei­ben, wir, die wir nicht dabei waren? Etwa so: „Was hat sie be­wegt? Ras­sen­hass, Sa­dis­mus, Zorn, Angst, Ver­zweif­lung, Ver­blen­dung, Heim­weh, Sehn­sucht, Liebe?“ So genau weiß man es ja nicht. Das ist aber auch nicht nötig, wenn man nur weiß: „Beim Mar­schie­ren haben sie ge­sun­gen: ‚auf der Heide blüht ein klei­nes Blü­melein. Und das heißt Erika.‘ Na­zi­kitsch. Jetzt blüht das Blü­melein über ihren Ge­bei­nen, über Guten und Bösen, Tä­tern und Op­fern.“ Das ist zum Heu­len und wirk­lich: „Viele wei­nen dort. Es platzt etwas; das Herz öff­net sich. Es ist ein Ort der Wahr­heit oder der Ort einer Wahr­heit.“ (FAS, 21.6.2015)

Mit dem Her­um­heu­len hat es eine ei­ge­ne Be­wandt­nis in Deutsch­land. Zu­nächst war es näm­lich ver­bo­ten, da ist man sich si­cher. Man durf­te nicht um die Bom­ben­to­ten trau­ern, nicht um die auf der Flucht zu Tode ge­kom­me­nen Volks­ge­nos­sen und über die Wehr­machts­sol­da­ten schon gar nicht, weil man den Krieg ver­lo­ren hatte. Dabei hat doch keine Kom­mu­ne es ver­säumt, bald nach 1945 aufs Krie­ger­denk­mal für die Hel­den von Welt­krieg Eins zügig die Liste der Hel­den von Welt­krieg Zwei ein­zu­mei­ßeln. Ganz West­deutsch­land ist von Ver­trie­be­nen­denk­mä­lern – gern mit Kreuz – über­zo­gen, und die Bom­ben­to­ten, denen z.B. schon 1952 in Ham­burg-Ohls­dorf ein mons­trö­ses Denk­mal ge­stif­tet wurde, waren bis spät in die 70er Jahre hin­ein der Stoff, auf den sich die aus­ge­tausch­ten Kriegs­er­in­ne­run­gen re­du­zier­ten. Aber man durf­te eben nicht ein­fach los­heu­len, glaubt man zu wis­sen. Jetzt, wo es nicht mehr nur die Wahr­heit der Sie­ger gibt, son­dern eben auch die der Mas­sen­mör­der, wo Deutsch­land wahl­wei­se in schlum­mern­de Pro­vin­zen zer­fällt, in denen der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus eine der Hei­mat frem­de Zutat war, oder die Hei­mat über die Lan­des­gren­zen dringt und einem aus ei­ge­ner leid­vol­ler Er­fah­rung nichts mehr fremd ist, platzt man schier vor trä­nen­rei­chem Mit­tei­lungs­drang und öff­net wahl­wei­se dem ita­lie­ni­schen Fried­hofs­gärt­ner in Cos­ter­ma­no oder dem Grie­chen sein Herz. „Man kann und soll und will aber die Grie­chen, die sich immer wei­ter iso­liert haben, nicht zu ihrem Glück zwin­gen.“ Da sei Gott vor, aber sie ein biss­chen vor deut­scher Ver­stri­ckung war­nen, das kön­nen wir leicht und aus vol­lem Her­zen: „Dort sind, nach­dem die Eli­ten ab­ge­wirt­schaf­tet haben, die Ex­tre­mis­ten von links und rechts an der Macht. Auch das ken­nen wir Deut­sche aus ei­ge­ner Ge­schich­te – und kön­nen nur hof­fen, dass die Grie­chen den Weg in den Wahn­sinn nicht wei­ter­ge­hen wie einst un­se­re Vor­vä­ter.“ (Zastrow, a.a.O.)

ERIKA stand in gro­ßen Let­tern über Zastrows Post-Na­zi-Kitsch, mit dem er seine Lo­sung: „Eu­ro­päi­sche In­te­gra­ti­on be­deu­tet Frie­den“ be­grün­den woll­te. Links neben die­sem Ar­ti­kel des Res­sort­lei­ters Po­li­tik – den eine Rede von exis­ten­ti­el­ler Tiefe des Bun­des­prä­si­den­ten tags zuvor of­fen­sicht­lich be­feu­ert hatte – stand unter der­sel­ben Über­schrift der Zwei­spal­ter „Neu­an­fang mit den Ver­trie­be­nen“ des min­der pro­mi­nen­ten Re­dak­teurs Peter Cars­tens. Darin geht es we­ni­ger ums To­ten-Blü­melein als um die Apo­theo­se von Stein­bachs Erika, die ein Ver­bands­le­ben lang dafür ge­kämpft hatte, dass Deutsch­land in Sa­chen Flucht und Ver­trei­bung ganz vorne und un­über­hör­bar beim Heu­len den Ton an­ge­ben darf.

Was existenziell zusammengehört

Gauck hatte ge­sagt: „Zum ers­ten Mal ge­denkt nun Deutsch­land an einem of­fi­zi­el­len bun­des­wei­ten Ge­denk­tag jener Mil­lio­nen von Deut­schen, die am Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges zwangs­wei­se ihre Hei­mat ver­lo­ren. Zum ers­ten Mal be­geht Deutsch­land damit auch re­gie­rungs­amt­lich den in­ter­na­tio­na­len Welt­flücht­lings­tag, wie er vor fünf­zehn Jah­ren von der Ge­ne­ral­ver­samm­lung der Ver­ein­ten Na­tio­nen be­schlos­sen wurde. Auf eine ganz exis­ten­zi­el­le Weise ge­hö­ren sie näm­lich zu­sam­men – die Schick­sa­le von da­mals und die Schick­sa­le von heute, die Trau­er und die Er­war­tun­gen von da­mals und die Ängs­te und die Zu­kunfts­hoff­nun­gen von heute.“ Wie diese exis­ten­zi­el­le Zu­sam­men­ge­hö­rig­keit der deut­schen und der an­de­ren Flücht­lin­ge kon­kret zu ver­ste­hen wäre, hat Gauck zur In­ter­pre­ta­ti­on of­fen­ge­las­sen und Peter Cars­tens von der FAS half, die Lü­cken zu fül­len. Der Tag der Opfer von Flucht und Ver­trei­bung wurde erst 2014 als eine Art staats­of­fi­zi­el­ler Tag der Hei­mat ein­ge­führt und am 30.8.2014 mit einer Rede der Kanz­le­rin fei­er­lich be­gan­gen. Doch das war ein zu ver­rä­te­ri­sches Datum für welt­um­span­nen­des Flücht­lings­ge­den­ken, schließ­lich geht es auf die Char­ta der Ver­trie­be­nen vom Au­gust 1950 zu­rück, die sich mög­lichst nah am Jah­res­tag der Be­schlüs­se der Pots­da­mer Kon­fe­renz vom 2.8.1945 in Szene set­zen woll­ten. „Aber in der Char­ta stand nichts von Kriegs­schuld und Ho­lo­caust. Statt­des­sen nann­ten sich die Ver­trie­be­nen die‚ vom Leid die­ser Zeit am schwers­ten Be­trof­fe­nen.‘“ (Cars­tens, FAS) Des­halb kam es schon im Fol­ge­jahr zur Ok­ku­pa­ti­on des von der UN 2001 aus­ge­ru­fe­nen Welt­flücht­lings­tags, der auf einen Afri­ka-Flücht­lings­tag zu­rück­geht und auf den 20. Juni fällt. Ab jetzt wird zu­sam­men ge­heult und kei­ner redet mehr re­la­ti­vie­rend von „den am schwers­ten Be­trof­fe­nen“ Deut­schen. In der FAS al­ler­dings liest sich das so: „Das UNHCR un­ter­stütz­te da­mals“ – 1950, im Jahr sei­ner Grün­dung – „rund 250.000 Men­schen, die etwa als aus­län­di­sche Zwangs­ar­bei­ter in der deut­schen Rüs­tungs­in­dus­trie ge­schuf­tet hat­ten und da­nach nicht mehr nach Hause konn­ten.“ Eine große An­zahl, soll­te man den­ken, aber ge­mes­sen an den deut­schen Zah­len Pea­nuts: „Sie waren Opfer des Krie­ges, wie die mehr als zwölf Mil­lio­nen deut­schen Ver­trie­be­nen und Flücht­lin­ge.“ Diese Deut­schen ohne Zu­hau­se topp­ten die Dis­pla­ced Per­sons in Deutsch­land folg­lich um den Fak­tor 48 – das nicht zu ver­ges­sen, ge­hört eben auch zum Ge­den­ken. Dass ihr Blü­melein, des­sen Blüte sie im er­zwun­ge­nen Ru­he­stand er­le­ben muss, von sol­cher Strahl­kraft sein würde, kann sich Erika Stein­bach auch in ihren über­mü­tigs­ten Stun­den nicht vor­ge­stellt haben. Ein Kerl, der der­ar­ti­ge Re­chen­kunst­stü­cke ver­an­stal­tet und von „bar­ba­ri­schen Ge­met­zeln und Ver­ge­wal­ti­gun­gen“ an deut­schen Flücht­lin­gen und Ver­trie­be­nen schreibt, die es un­be­streit­bar ge­ge­ben hat, tut es nur, um Ur­sa­che und Wir­kung zu ver­wi­schen, die Guten und die Bösen sich gleich zu ma­chen, mit­hin hin­ter all den ver­schie­de­nen Wahr­hei­ten die ein­zi­ge als deut­sche auf­tau­chen zu las­sen. Die Ver­bin­dung von Peter Cars­tens zu Vol­ker Zastrow reicht vom Ver­trie­be­nen­kreuz zum deut­schen Sol­da­ten­fried­hof, der gar nichts an­de­res als ein Kriegs­ver­bre­cher­fried­hof sein kann, selbst wenn, an­ders als in Cos­ter­ma­no oder Bit­burg, ein­mal keine Ka­me­ra­den von der SS unter dem grau­en Stein lie­gen soll­ten.

Das aus­ge­power­te Groß­bri­tan­ni­en, aber auch die USA, wuss­ten im Som­mer 1945 in Pots­dam sehr wohl, dass die Ver­schie­bung der pol­ni­schen Gren­zen und die damit ver­bun­de­ne Aus­sied­lung der Schle­si­er ein häss­li­cher im­pe­ria­lis­ti­scher Akt der Land­nah­me durch die UdSSR war, die sich damit Ost­po­len als Beute si­cher­te. Aber aus­ge­rech­net wegen der Deut­schen, deren kol­lek­ti­ven Jubel zum Bei­spiel bei den Sie­ges­fei­ern nach Frank­reichs Ka­pi­tu­la­ti­on 1940 sie noch in den Ohren hat­ten, auch nur ein wei­te­res Sol­da­ten­le­ben zu ris­kie­ren, wäre ihnen nicht in den Sinn ge­kom­men. Dass in Schle­si­en auch vor 1945 schon Polen ge­lebt hat­ten und zwar unter der Fuch­tel von preu­ßisch deut­schen Her­ren­men­schen, die ab 1939 sich end­gül­tig wie Bar­ba­ren auf­ge­führt haben, war Trum­an, Chur­chill und Att­lee durch­aus be­kannt. Auch war die zwangs­wei­se und von al­ler­dings in ihrem Um­fang maß­los über­trie­be­nen Mor­den be­glei­te­te Aus­sied­lung der Su­de­ten­deut­schen aus der zwei­ten tsche­chisch-slo­wa­ki­schen Re­pu­blik in ihrer Ri­go­ro­si­tät, die auch vor nach­weis­lich tsche­chen­freund­li­chen deut­schen An­ti­fa­schis­ten nicht Halt mach­te, ein häss­li­cher Akt. Dass Tsche­chen nach den Er­fah­run­gen in der ers­ten Re­pu­blik ab 1918 und weit schlim­mer noch denen der Ok­ku­pa­ti­ons­zeit, nicht nur die 90 Pro­zent Hen­lein-Deut­schen, son­dern über­haupt keine Deut­schen mehr unter sich dul­den woll­ten, ist eben trotz­dem ver­ständ­lich und nicht eine Wahr­heit unter ver­schie­de­nen.

Sol­che Au­gen­wi­sche­rei mit Zah­len und Ur­sa­chen zu dem ein­zi­gen Zweck, deut­sches Leid gegen das von den Deut­schen über Eu­ro­pa ge­brach­te als min­des­tens eben­bür­tig auf­zu­rech­nen, war schon seit der Nie­der­la­ge deut­scher Re­gie­rungs­auf­trag, aber es dau­er­te doch eine Weile, bis man sich end­lich selbst­ge­recht und im Ton der An­kla­ge vor aller Welt kol­lek­tiv die Augen wi­schen durf­te im An­ge­den­ken an all die Groß­vä­ter und -müt­ter. Am 20.6.2015 mel­de­te Joa­chim Gauck Voll­zug, als er in sei­ner Rede be­frie­digt ver­merk­te, dass nach 1990 unter an­de­ren die Slo­wa­kei, Polen, Un­garn, Ru­mä­ni­en und Tsche­chi­en um Ver­ge­bung für die Ver­trei­bung von Deut­schen ge­be­ten haben. In den Wor­ten von Peter Cars­tens aus der FAS vom 21.6.2015, der sei­nen Prä­si­den­ten gut ver­stan­den hat, ist es des­halb jetzt an der Zeit für eine Nutz­an­wen­dung: „Die Ver­bin­dung des Ge­den­kens schafft ein neues Ver­ständ­nis für das, was ge­schah und was heute ge­schieht: da­mals den Deut­schen, heute Sy­rern und Ye­zi­den. Sie ist für die Ver­trie­be­nen­ver­bän­de au­ßer­dem eine Ge­le­gen­heit, sich und ihre An­lie­gen in an­de­rem Licht zu prä­sen­tie­ren, her­aus­zu­kom­men aus der Ecke des Gest­ri­gen“. Als gest­rig an den Ver­trie­be­nen­ver­bän­den wurde ab den 1970er Jah­ren ihr ob­sti­na­tes Fest­hal­ten an den deut­schen Gren­zen von 1937 emp­fun­den und nicht ihr An­lie­gen der An­er­ken­nung als der am meis­ten ge­schä­dig­ten Op­fer­grup­pe des Zwei­ten Welt­kriegs. Die neue Ost­po­li­tik war zwar auf Ver­söh­nung mit Polen und der Tsche­cho­slo­wa­kei an­ge­legt, aber Knie­fäl­le deut­scher Bun­des­kanz­ler soll­te es nicht zum Null­ta­rif geben. Willy Brandts War­schau­er Per­for­mance war viel­mehr eine In­ves­ti­ti­on in die Zu­kunft, die sich ab 1990 präch­tig aus­zah­len soll­te. Punkt­ge­nau zur Wie­der­ver­ei­ni­gung wurde ge­ne­ra­tio­nen­über­grei­fend zu­meist per Bus die Reise in die alte Hei­mat an­ge­tre­ten, ganz im Zei­chen der Ver­ge­bung der Sün­den der pol­ni­schen, tsche­chi­schen etc. Täter von ges­tern. Die Nach­fol­ge­ge­ne­ra­ti­on, die sich mit den span­nen­den his­to­ri­schen Er­leb­nis­sen in ihrer Frei­zeit be­schäf­tigt und Ah­nen­for­schung be­treibt, wird sich kaum als Ver­trie­be­ne be­trach­ten; sie ist nur noch deutsch und ge­füh­lig. „Aber noch heute füh­len Kin­der und Enkel eine ide­el­le Ver­bin­dung zum his­to­ri­schen Raum ihrer Vor­fah­ren, gehen auf Spu­ren­su­che und fin­den einen Teil ihrer Selbst.“ (Cars­tens)

Graue Steine – Bauten des Friedens

Der his­to­ri­sche Raum muss sich auch kei­nes­wegs auf die ver­lo­re­nen Ost­ge­bie­te be­schrän­ken. Wo immer Deut­sche ihrer Mis­si­on fol­gend graue Stei­ne hin­ter­las­sen haben, schla­gen Spu­ren­su­cher Mehr­wert für ihr Selbst her­aus. Dass dabei den Leu­ten erst der Mund über­läuft, dann etwas in ihnen platzt und sich schließ­lich ihr Herz so sehr öff­net, dass über das Leid von Ge­ne­ra­tio­nen ge­weint wer­den muss, wie Vol­ker Zastrow meint, ver­steht sich von selbst. Zastrow hat wohl auch mit sei­ner Be­ob­ach­tung recht, dass diese Deut­schen nie so recht sagen kön­nen, warum sie sich so gerne ob­ses­siv und ag­gres­siv und vor allem öf­fent­lich, am liebs­ten ge­gen­über aus­län­di­schen Be­ob­ach­tern, als Ge­fühls­men­schen prä­sen­tie­ren und los­heu­len, sich plär­rend in die Arme fal­len, tau­send Lich­ter an­zün­den – und dabei immer dem Tod ins Auge se­hend. Die Selbst­in­sze­nie­rung ist immer die glei­che: Mal ist es die völ­lig ver­blö­de­te En­ke­lin am grau­en Stein am Gar­da­see, mal die ganze Stadt Er­furt nach einem Schul­mas­sa­ker, dann wie­der an­ge­jahr­te Über­le­ben­de samt ihren un­ver­meid­li­chen En­keln, die in deut­schen Städ­ten den 70s­ten Jah­res­tag der Bom­bar­die­rung be­ge­hen und schließ­lich deut­sche Schul­klas­sen samt päd­ago­gi­schem Per­so­nal, die nach er­folg­rei­chem An­le­gen eines Ge­denk­wegs für die Opfer der To­des­mär­sche aus den deut­schen KZs vor sich hin schluch­zen. Die­ses Volk hat ge­ne­ra­tio­nen­über­grei­fend keine Scham, keine der Re­flek­ti­on Raum ge­ben­de Dis­tanz zu den wirk­li­chen oder his­to­ri­schen Schreck­nis­sen, am we­nigs­tens zu den von den be­rühm­ten Groß­vä­tern an­ge­rich­te­ten. Hat man noch bis in die 1970er Jahre zum Ho­lo­caust ver­stockt ge­schwie­gen, so lässt man seit der da­ma­li­gen Aus­strah­lung eines kit­schi­gen Vier­tei­lers glei­chen Na­mens im Fern­se­hen end­lich auch Ausch­witz an sich heran, wie den Bom­ben­krieg und die Ver­trie­be­nen­schick­sa­le schon immer. Die Deut­schen sind zwang­haft damit be­schäf­tigt, alles un­mit­tel­bar auf sich zu be­zie­hen und sich in frem­der Leute Trau­er, und sei es in die von deut­schen Fa­mi­li­en in Hal­tern nach dem Ab­sturz einer Luft­han­sa­ma­schi­ne im Früh­jahr 2015 ein­zu­mi­schen, mit blö­den Ge­sich­tern zu­sam­men­zu­ste­hen, um in ob­szö­ner Weise den Ernst­fall Tod zu ge­nie­ßen. Exis­ten­zi­ell ihrem Ge­fühl ge­hor­chend, das dem Jar­gon der Ei­gent­lich­keit ab­ge­lauscht ist, den ihnen die dafür zu­stän­di­gen Vol­ker Zastrows oder, weit er­folg­rei­cher noch, die Bern­hard Schlinks ver­ab­rei­chen, schlie­ßen sie sich ver­lo­gen und hart­her­zig von der Welt ab, die ihnen so tot er­schei­nen muss wie ihr Land, das auf grau­en Stei­nen ge­grün­det ist.

Der skan­da­lö­se Ta­schen­spie­ler­trick, das in­ter­na­tio­na­le Flücht­lings­elend seit un­ge­fähr 1950 mit den von Flucht und Ver­trei­bung be­trof­fe­nen Deut­schen gleich zu set­zen und einen mons­trö­sen Tag der Hei­mat zu in­sze­nie­ren, führt nicht ein­fach nur zu Na­zi-Kitsch in den Mei­nungs­sei­ten der Qua­li­täts­pres­se, son­dern ist sei­ner ideo­lo­gi­schen Her­kunft nach ein ech­tes Erbe der Nazis. Ab 1942 wurde den un­wil­li­gen Be­woh­nern der ok­ku­pier­ten west­eu­ro­päi­schen Län­der durch Kul­tur­mis­sio­nen und schö­ne Kon­fe­ren­zen von den auf die Fes­tung Eu­ro­pa zu­rück­ge­wor­fe­nen Nazis ver­stärkt das deut­sche Eu­ro­pa als eu­ro­päi­sche Schick­sals­ge­mein­schaft ein­ge­trich­tert. Daran wird an­ge­knüpft, ohne Waf­fen, ohne öko­no­mi­sche oder po­li­ti­sche Er­pres­sung – ein nö­ti­gen­der Frie­dens­dienst so­zu­sa­gen. Auf die Grie­chen be­zo­gen, die man da­mals noch in Mas­sen als Par­ti­sa­nen hin­met­zel­te, heißt das heute: „Wir wer­den so oder so hel­fen müs­sen. Weil wir Eu­ro­pä­er un­auf­lös­lich mit­ein­an­der ver­bun­den sind“ (Zastrow, a.a.O.). Diese Schick­sals­ge­mein­schaft, die aus­ge­rech­net auf dem hö­he­ren Sinn deut­scher Un­ta­ten auf­ru­hen soll, die als „eu­ro­päi­sche Ka­ta­stro­phe“ neu ge­dacht wer­den müs­sen, ist der ver­söh­nen­de End­zweck, der ir­gend­wie auch flüch­ten­den Sy­rern und Ye­zi­den zu Gute kom­men soll: „Wenn das Ster­ben nicht völ­lig sinn­los blei­ben soll­te, muss­te man in Eu­ro­pa mit den Mil­lio­nen Toten auch die Feind­schaf­ten be­gra­ben und Bau­ten des Frie­dens er­rich­ten“ (Zastrow a.a.O.).

Zwei re­le­van­te Bau­ten des Frie­dens sind be­reits seit Jah­ren in der Haupt­stadt zu be­sich­ti­gen. In der Neuen Wache in Ber­lin steht auf be­son­de­ren Wunsch Hel­mut Kohls seit 1993 ein häss­li­cher Kloß, der sich erst bei nä­he­rem Hin­se­hen als eine Schmer­zens­mut­ter er­weist, die ihr Kind schüt­zend hält. Vor die­ser durch seine Ver­grö­ße­rung auf 1,6 Meter Höhe noch un­för­mi­ger wir­ken­den Du­plik einer schwa­chen Skulp­tur von Käthe Koll­witz ist der Schrift­zug „Den Op­fern von Krieg und Ge­walt­herr­schaft“ in den Boden ein­ge­las­sen. Die Urnen mit den sterb­li­chen Über­res­ten des un­be­kann­ten Wi­der­stands­kämp­fers und des un­be­kann­ten Sol­da­ten sowie die mit Erde ge­füll­ten Ge­fä­ße be­fin­den sich seit­her unter der Ge­denk­plat­te aus schwar­zem Gra­nit. Na­tür­lich hätte man auch al­ter­na­tiv schrei­ben kön­nen: „den un­be­kann­ten Op­fern von Ge­walt­herr­schaft, Bom­ben­krieg und Ver­trei­bung“, denn genau an die ent­spre­chen­den Denk­mä­ler für die deut­schen Opfer ge­mahnt die „Pietà“. Diese neue Neue Wache war die Vor­aus­set­zung für den Bau von Deutsch­lands größ­tem Denk­mal an die Opfer von Krieg und Ge­walt­herr­schaft, das be­zeich­nen­der­wei­se ein sti­li­sier­tes Grä­ber­feld ist und 2005 als „Denk­mal für die er­mor­de­ten Juden Eu­ro­pas“ ein­ge­weiht wurde.

Die aus deut­scher Lei­den­s­er­fah­rung ge­reif­te Er­in­ne­rungs­kul­tur, die da­zu­ge­hö­ri­ge Äs­the­tik und die um Ei­gent­lich­keit rin­gen­den Be­gleit­tex­te im Marsch­ge­päck, ap­pel­lier­te der Bun­des­prä­si­dent an die Lands­leu­te, die ak­tu­ell aus Afri­ka und dem Nahen Osten ein­rei­sen­den Flücht­lin­ge will­kom­men zu hei­ßen. Gauck meint das wahr­schein­lich sogar ernst und glaubt an den Er­folg der staats­of­fi­zi­el­len Über­zeu­gungs­ar­beit. Dabei ist es völ­lig un­mög­lich, mit ganz le­ben­di­gen Men­schen freund­lich um­zu­ge­hen, wenn man sel­ber nur re­tro­spek­tiv die ei­ge­nen Opfer bzw. die ihnen groß­zü­gig und vor allem fol­gen­los an die Seite ge­stell­ten er­mor­de­ten Juden im Blick hat. Auch rou­ti­niert Trau­er­ar­beit leis­ten­de deut­sche Trä­nen­tie­re kön­nen über die Neu­an­kömm­lin­ge aus Sy­ri­en, Li­by­en, Mau­re­ta­ni­en etc. nicht freu­dig aus­ru­fen: Sieh da, „die Toten kom­men!“ Das soll­te man den­ken, aber sie kön­nen es doch.

Wir bauen einen Friedhof

Einen Tag nach dem ers­ten zu­sam­men­ge­leg­ten Ver­trie­be­nen- und Flücht­lings­tag, ein Tag nach des Prä­si­den­ten Rede und pünkt­lich zum Er­schei­nen der FAS mit dem ERI­KA-Mo­tiv, zog eine 5.000 Teil­neh­mer star­ke To­ten­grä­ber­bri­ga­de durch Ber­lin, die von sich be­haup­te­te, Flücht­lin­ge ret­ten zu wol­len. Mit die­sem ne­kro­phi­len Umzug, der mit einem mas­sen­haf­ten Grä­ber­schau­feln vor dem Reichs­tag en­de­te, wurde alles, was Gauck, Cars­tens und selbst Zastrow da­her­re­de­ten, in kon­ge­nia­ler Weise als öf­fent­li­che Pro­pa­gan­da­show deut­schen We­sens in­sze­niert und über­trof­fen. Die da allen Erns­tes unter dem Motto „Die Toten kom­men!“ durch Ber­lin mar­schiert sind, waren ge­wiss keine Nazis oder Aus­län­der­fein­de. Sie haben nur den To­des­kult der Nazis af­fir­miert und statt le­ben­di­ger Flücht­lin­ge tote Aus­län­der will­kom­men ge­hei­ßen. An­ge­stif­tet von einer Ber­li­ner Künst­ler­grup­pe mit dem glei­cher­ma­ßen auf­trump­fen­den wie hoch­i­ro­nisch zu­rück­ge­nom­me­nen Namen „Zen­trum für po­li­ti­sche Schön­heit“ hat­ten sich die An­ge­hö­ri­gen jener Ge­sin­nungs­ge­mein­schaft, die als das noch bes­se­re Deutsch­land die Gauck- und FAS-Ge­mein­de in ihrer ur­ei­ge­nen Dis­zi­plin über­tref­fen wol­len, zu einem „Marsch der Ent­schlos­se­nen“ zu­sam­men­ge­fun­den und selbst­ge­bas­tel­te Särge und reich­lich Holz­kreu­ze, auf denen Lo­sun­gen gegen das eu­ro­päi­sche Grenz­re­gime zu lesen waren, durch die Ge­gend ge­tra­gen. Das un­ter­schied sich vom tra­di­tio­nel­len deut­schen Pro­test-Sarg-Tra­gen ein­drucks­voll schon da­durch, dass es nicht nur der eine Sarg war, auf dem das abs­trak­te Ob­jekt der Trau­er, das mal „Stu­di­um für alle“ mal „Mei­nungs­frei­heit“ heißt, ge­schrie­ben steht. Am 21.6. in Ber­lin stand dar­über hin­aus jeder Papp­s­arg für eine echte Lei­che im Mit­tel­meer oder auf an­de­ren Flucht­we­gen. Na­tür­lich waren sie leer, aber dass auch echte Lei­chen darin sein könn­ten, hat der woh­lig schau­dern­den Ge­mein­de die glei­che Künst­ler­grup­pe be­reits am 16.6.2015 vor­ex­er­ziert, als sie die von ihr in Ita­li­en ex­hu­mier­ten und in Zinks­är­gen nach Deutsch­land trans­por­tier­ten Über­res­te von auf der Flucht Ge­stor­be­nen unter gro­ßer Me­di­en­an­teil­nah­me nach dem Ri­tu­al der Re­li­gi­on, die für die Bür­ger­krie­ge und die Elends­ver­wal­tung maß­geb­lich ver­ant­wort­lich ist, die immer mehr Men­schen zu Flücht­lin­gen macht, „wür­de­voll“ auf dem mos­le­mi­schen Teil des Fried­hofs von Ber­lin-Gatow be­gra­ben. Ein Blick auf die im Netz ver­füg­ba­ren Bil­der of­fen­bart eine von deut­schen Künst­lern auf den Weg ge­brach­te Pro­pa­gan­da­show des Islam. Die unter die Haut ge­hen­de At­mo­sphä­re der wür­di­gen Be­gräb­nis­se von Gatow konn­te somit am 21.6. zwar nicht mehr in Ge­stalt von Lei­chen ber­gen­den Sär­gen über­bo­ten wer­den, wohl aber durch das Kunst­stück, Spon­ta­ni­tät zu in­sze­nie­ren und ein Volk von To­ten­grä­bern zu em­si­gem Wüh­len in der Reichs­tags­wie­se zu ver­an­las­sen. Und so ging es los: „Plötz­lich wurde es ruhig zwi­schen den De­mons­tran­ten, ein Trom­pe­ter spielt eine Trau­er­me­lo­die, die Menge ver­stummt in einer Schwei­ge­mi­nu­te. Ein­zel­ne zün­den Ker­zen an. Es gibt keine An­zei­chen ge­walt­tä­ti­ger Ak­tio­nen“ (Ta­ges­spie­gel, 21.6.2015). Der klei­ne Trom­pe­ter, der von der Welt­krieg-Eins-To­ten­ver­herr­li­chung zum Rot-Front-Kämp­fer­lied, ein wenig ab­ge­än­dert auch als Horst-Wes­sel-Lied, dann wie­der als DDR-Auf­bau­lied, nicht feh­len darf, wenn sich Deut­sche ihrer nicht um­sonst Ge­fal­le­nen er­in­nern, die­ser klei­ne Trom­pe­ter spiel­te beim „Marsch der Ent­schlos­se­nen“ seine ein­fühl­sa­men Me­lo­di­en, trau­rig, ein­sam und auf­wüh­lend. Die Ker­zen waren selbst­ver­ständ­lich so­fort zur Hand, dar­un­ter auch die ty­pi­schen roten Fried­hofs­lich­ter in statt­li­cher Zahl. Man schwieg be­trof­fen genau eine Mi­nu­te lang, bevor es spon­tan, aus­ge­las­sen und vor allem ent­schlos­sen wei­ter­ging. „Die ent­schlos­se­ne Zi­vil­ge­sell­schaft mach­te sich un­mit­tel­bar nach der An­kün­di­gung des Fried­hofs an des­sen Um­set­zung. Ent­schlos­se­ne ris­sen die Zäune zur Bun­des­tags­wie­se ein und hoben spon­tan hun­der­te Grä­ber in der Haupt­stadt aus“ (1), schrei­ben die Re­gis­seu­re vom Zen­trum für po­li­ti­sche Schön­heit. „Die Stim­mung ist fast aus­ge­las­sen“, ver­merk­te der Ta­ges­spie­gel, und dem Kol­le­gen von der Zeit klang alles nach einem fröh­li­chen an­ti­au­to­ri­tä­ren Fa­mi­li­en­fest: „Am Rande springt ein klei­nes Kind auf einem der um­ge­wor­fe­nen Zäune herum, und als eine Po­li­zis­tin den Vater bit­tet, das Kind möge doch damit auf­hö­ren, guckt es sie nur an und sagt: ‚Ey, ich mag keine Cops!‘ Alles wie immer also“ (Hu­ma­nis­ti­scher Pres­se­dienst, 22.6.2015). Er­wach­se­ne Teil­neh­mer wuss­ten den Spaß beim Grä­ber­bud­deln ge­gen­über dem Re­por­ter in mah­nen­de und na­tür­lich ent­schlos­se­ne Worte zu gie­ßen: „,Ein ex­trem er­grei­fen­der Mo­ment‘, sagt die Teil­neh­me­rin Sven­ja Bra­ckel. Das sei zi­vi­ler Un­ge­hor­sam, wie er sein soll­te, fährt die 29-jäh­ri­ge Er­zie­he­rin fort: ‚Ich glau­be, sogar die Po­li­zei ist auf un­se­rer Seite‘“ (Ta­ges­spie­gel, a. a. O.). Dass dem tat­säch­lich so war, zeig­te sich daran, dass die gut 5.000 Teil­neh­mer von der Po­li­zei größ­ten­teils un­ge­hin­dert ihren Gra­bun­gen nach­ge­hen durf­ten. Bis auf we­ni­ge Ra­bau­ken gin­gen dann alle brav bis 19h nach Hause. (Ta­ges­spie­gel, a. a. O.) Tat­säch­lich war der Po­li­zei aus den Ver­laut­ba­run­gen des Ver­an­stal­ters be­kannt ge­we­sen, dass sym­bo­li­sches Grä­ber­schau­feln Teil des Ab­schluss­pro­gramms war, wes­halb sie die Reichs­tags­wei­se ab­sperr­te und ei­ni­ge der De­mons­tran­ten nach Gra­bungs­ge­rät durch­such­te. Das Zen­trum für po­li­ti­sche Schön­heit be­rich­tet: „Die De­mons­tran­ten [des ZPS] rie­fen die Teil­neh­mer dar­auf­hin zu­tiefst zy­nisch dazu auf, weder Särge noch Holz­kreu­ze mit­zu­brin­gen, nicht krea­tiv zu sein, sich nicht selbst zu or­ga­ni­sie­ren. Zu­gleich ver­ur­teil­ten sie die Ent­schei­dung, die Wiese zu sper­ren als ‚Akt gro­ber Staats­ge­walt gegen die Kunst­frei­heit‘“. (Ta­ges­spie­gel, a. a. O.) Im Er­geb­nis hatte sich die Kunst­frei­heit gegen eine un­tä­ti­ge Po­li­zei durch­ge­setzt, deren Füh­rung wuss­te, dass der­glei­chen Tun im Grun­de Re­gie­rungs­li­nie ist, und es waren dut­zen­de Grab­stel­len mit or­dent­li­chen Grab­kreu­zen samt Auf­schrif­ten wie „Gren­zen töten“ oder „Fron­tex Mör­der“, in einem Fall sogar „Deutsch­land wir weben dein Lei­chen­tuch“ zu be­wun­dern, ge­schmückt mit Blu­men und Fried­hofs­lich­tern und er­gänzt um hun­der­te Erd­lö­cher.

Was da wirk­lich ge­spielt wurde und wie es dazu kam, dass jeder in sei­ner ihm vorab zu­ge­dach­ten Rolle so ein­wand­frei spon­tan funk­tio­nier­te, dass aus einer Volks­ge­mein­schafts­übung „po­li­ti­sche Poe­sie“ wurde, mach­te die Hein­rich Böll Stif­tung deut­lich: „Alle wur­den Teil des gro­ßen ‚als ob‘, pures Ver­wand­lungs­schau­spiel, zart iro­nisch ge­bro­chen durch einen Mi­nia­tur­bag­ger, der wür­de­voll an einer Leine hin­ter dem Lei­chen­wa­gen her­ge­zo­gen wurde. Und un­frei­wil­lig kom­plet­tiert von den zahl­rei­chen Me­di­en­ver­tre­tern, die ihre Rolle be­son­ders auf­op­fe­rungs­voll in­ter­pre­tier­ten. Die ge­wünsch­te Bild­pro­duk­ti­on fand statt, jeder film­te jeden, schon wäh­rend die Ak­ti­on lief wurde sie viral. Die De­mons­tra­ti­ons­teil­neh­mer er­le­dig­ten die Do­ku­men­ta­ti­on des Er­eig­nis­ses gleich selbst und wur­den so zu Co-Re­gis­seu­ren der Er­zäh­lung im Netz. […] Als künst­le­ri­sche Im­pro­vi­sa­ti­ons­an­ord­nung ging der ‚Marsch der Ent­schlos­se­nen‘ des­halb auf, weil das Zen­trum erst star­ke Be­haup­tun­gen und In­spi­ra­tio­nen setz­te, aber im ent­schei­den­den Mo­ment die Kon­trol­le über das Dreh­buch an die Teil­neh­men­den abgab und auf die Magie der Im­pro­vi­sa­ti­on ver­trau­te. Dem­nächst ist die erste Thea­ter­in­sze­nie­rung des Zen­trums für po­li­ti­sche Schön­heit am Schau­spiel Dort­mund zu sehen. Man darf ge­spannt sein“ (Chris­ti­an Römer auf dem Blog der Hein­rich Böll Stif­tung, 24.6.2015). So span­nend wird es dann doch nicht. Bevor für die Ver­an­stal­ter am Schau­spiel Dort­mund erste Ho­no­ra­re und spä­ter staat­li­che Pro­jekt­gel­der für sinn­stif­ten­de Fol­ge­pro­jek­te unter ak­ti­ver Ein­be­zie­hung des Pu­bli­kums ab­fal­len und für den einen oder an­de­ren viel­leicht sogar eine Pro­fes­sur, gab es die un­ver­meid­li­chen Nach­ah­mungs­ak­tio­nen, zum Bei­spiel in Han­no­ver, wo über Nacht im Stadt­zen­trum ei­ni­ge die­ser Pseu­do­grä­ber an­ge­legt wur­den; eines davon mit der Auf­schrift: „Die Toten kom­men!“ (Han­no­ver­sche All­ge­mei­ne, 3.7.2015).

Moralische Meisterstücke des Christian Schwarz-Schilling

Das Zen­trum für po­li­ti­sche Schön­heit zählt sich im Ton auf­trump­fen­der Selbst­ver­mark­tung (dem na­tür­lich ein Schuss ge­bro­che­ner Iro­nie nie feh­len darf) „zu den in­no­va­tivs­ten In­ku­ba­to­ren po­li­ti­scher Ak­ti­ons­kunst“. Es hält sich sogar „für eine er­wei­ter­te Form von Thea­ter: Kunst muss weh tun, rei­zen, Wi­der­stand leis­ten. In eine Be­griffs­al­li­anz ge­bracht: ag­gres­si­ver Hu­ma­nis­mus.“ Die­ser An­prei­sung von Sau­er­bier aus den frü­hen 1970er Jah­ren (2) folgt der Le­bens­lauf für spä­te­re Ver­wen­dung: „In­sze­nie­run­gen und Werke am Gorki Thea­ter, 7. Ber­lin Bi­en­na­le, Thea­ter Dort­mund, Stei­ri­scher Herbst, NGBK, ZKM Karls­ru­he u.v.a.“ (Web­site des ZPS). Doch mutig vor­ge­tra­ge­ner ag­gres­si­ver Hu­ma­nis­mus for­dert dem Künst­ler vor allem ei­ni­ges ab: Mut, Wi­der­stand, Ver­zicht, Lei­den und mo­ra­li­sche Meis­ter­stü­cke. Denn „po­li­ti­sche Schön­heit ist mo­ra­li­sche Schön­heit (καλὸς καὶ ἀγαθός). Kein Thema macht Er­schüt­te­rung, po­li­ti­sche In­te­gri­tät und Ver­letz­lich­keit me­tho­disch der­art sicht­bar wie die Frage, wer gegen ge­no­zi­da­le Ver­bre­chen auf­be­gehrt und Wi­der­stand ge­leis­tet hat – not­falls gegen die ei­ge­ne Kar­rie­re, die ei­ge­nen Freun­de, die ei­ge­nen Ge­füh­le.

Das Zen­trum formt Hand­lun­gen zu strah­len­der po­li­ti­scher Schön­heit. Es geht um mo­ra­li­sche Licht­in­ten­si­tät. Ge­ra­de in der Fins­ter­nis hu­ma­ni­tä­rer Ka­ta­stro­phen und ge­no­zi­da­ler Kriegs­füh­rung, in­mit­ten schwär­zes­ter An­thro­po­lo­gie, wird die Er­kennt­nis mo­ra­li­scher Schön­heit mög­lich. Mo­ra­li­sches Ver­sa­gen und mo­ra­li­sche Meis­ter­stü­cke wer­den im An­ge­sicht von Völ­ker­mord am bes­ten er­kenn­bar.

Diese Men­schen um­rei­ßen Akte von po­li­ti­scher Schön­heit: Va­ri­an Fry, Peter Berg­son, Edu­ard Schul­te, Simon Wie­sen­thal, So­g­ho­mon Teh­li­ri­an, Beate Klars­feld, Raoul Wal­len­berg, Jean Mou­lin, Ge­or­ge Man­tel­lo, Shahan Na­ta­lie, Roméo Dal­lai­re, Ra­pha­el Lem­kin, Georg Elser, Kurt Schrimm, Chris­ti­an Schwarz-Schil­ling, Ru­pert Neu­deck, Paul Grü­nin­ger, Wil­lem Aron­de­us oder das World Food Pro­gram­me.“ (Web­site des ZPS) Die Hel­den­lis­te prä­sen­tiert eine so ab­ge­feimt aus­ge­wo­ge­ne Mi­schung, dass weder das Bun­des­prä­si­di­al­amt noch die Re­dak­ti­on der FAS sie bes­ser hätte zu­sam­men­stel­len kön­nen. Be­son­ders be­mer­kens­wert sind die bei­den deut­schen Licht­ge­stal­ten Chris­ti­an Schwarz-Schil­ling und Ru­pert Neu­deck, von denen man ja weiß, dass sie bei ihren Be­mü­hun­gen um Flücht­lin­ge Kar­rie­re und Freun­de auf­ge­op­fert und ir­gend­wie be­stimmt auch gegen die ei­ge­nen Ge­füh­le ge­han­delt haben. Dazu ein Schind­ler­deut­scher ers­ten Ran­ges: Edu­ard Schul­te und ein Staats­an­walt, der jetzt, wo es zu spät ist, enorm mutig das Erbe Fritz Bau­ers an­tritt und halb­to­te SS-Män­ner vor Ge­richt bringt: Kurt Schrimm. Das reicht fast schon, um eine laut Selbst­dar­stel­lung „Sturm­trup­pe zur Er­rich­tung mo­ra­li­scher Schön­heit, po­li­ti­scher Poe­sie und mensch­li­cher Groß­ge­sinnt­heit – zum Schutz der Mensch­heit“ zu qua­li­fi­zie­ren. Sol­chen Leu­ten glaubt man aufs Wort, was ihr Spre­cher ge­gen­über der BZ an­ge­kün­digt hat: „Eine Sen­sa­ti­on ist per­fekt, da kommt noch mal was. Wir wer­den wei­ter be­er­di­gen, bis die deut­sche Po­li­tik sich dem Pro­blem mit aller Ent­schlos­sen­heit an­nimmt. Min­des­tens mit der En­er­gie, mit wel­cher der Ver­kehrs­mi­nis­ter ver­sucht, die Au­to­bahn­maut durch­zu­drü­cken.“ Es sage kei­ner, es lie­ßen sich öde For­de­run­gen an die Po­li­tik „in der Fins­ter­nis hu­ma­ni­tä­rer Ka­ta­stro­phen und ge­no­zi­da­ler Kriegs­füh­rung“ nicht auch im Ti­ta­nic-Sprech rü­ber­brin­gen.

Volkswiderstand und Protestpotenzial

Die Ber­li­ner Zei­tung end­lich hat den Punkt be­nannt, von dem deut­sches Flücht­lings­ge­den­ken un­be­dingt aus­ge­hen muss: Den Lei­chen­ber­gen. „Wir wer­den mit den Fol­gen des­sen, was wir tun oder las­sen kon­fron­tiert. Das ist das eine. Das an­de­re ist: Die Ak­ti­on ver­wan­delt Lei­chen­ber­ge in zu Tode ge­brach­te Ein­zel­ne. Sie ver­wan­delt Flücht­lin­ge in Men­schen“. (Ber­li­ner Zei­tung, 19.6.2015) Wie immer die Mensch­wer­dung von an­ony­men Toten von­stat­ten­ge­hen soll – das ist schon egal. Wor­auf es ankam, war die An­eig­nung, wie man heute zu sagen pflegt, jener an­kla­gen­den Do­ku­men­tar­fil­me aus dem Jahr 1945, auf denen man ame­ri­ka­ni­sche Bag­ger die zu Ber­gen ge­schich­te­ten Lei­chen vor­wie­gend jü­di­scher KZ-In­sas­sen wegen der er­heb­li­chen Seu­chen­ge­fahr in die Gru­ben schie­ben sah, zu ganz an­de­ren Zwe­cken. Man schreit „ge­no­zi­dal“, ver­ein­nahmt Georg Elser und an­de­re, nur zu dem Zweck, sich be­trof­fen­heits­satt und to­des­ver­fal­len an die Re­la­ti­vie­rung der deut­schen Ver­gan­gen­heit zu ma­chen. Aber noch diese Ge­mein­heit hat einen tie­fe­ren Sinn, der bis in den Sprach­duk­tus an jene Zei­ten an­knüpft, in denen Deut­sche Lei­chen­ber­ge pro­du­zier­ten. Die vom Zen­trum für po­li­ti­sche Schön­heit, die sich wie pro­fes­sio­nel­le Kla­ge­wei­ber bei öf­fent­li­chen Auf­trit­ten immer Asche ins Ge­sicht schmie­ren, sind so er­füllt von der Er­ha­ben­heit ihres Tuns, dass ihr Sprech in die hohe Spra­che der Ei­gent­lich­keit kippt, von der die des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus alles hat. In Bezug auf ihre Be­gräb­nis­ak­ti­on auf dem Fried­hof von Gatow sag­ten sie allen Erns­tes: „Das Wun­der des eu­ro­päi­schen Den­kens, das hier und jetzt von Deutsch­land aus­geht, ver­brei­tet sich wie ein Lauf­feu­er in der Welt.“ Ge­münzt auf die große Ver­söh­nung am end­lich deut­schen Welt­flücht­lings­tag wäre es das rech­te Wort ge­we­sen. Dem Vol­ker Zastrow hätte es ge­fal­len, aber der Bun­des­prä­si­dent, der an­ders als Ber­li­ner Künst­ler noch mit Emp­find­lich­kei­ten aus dem Aus­land rech­nen muss, hat es sich dann doch nicht zu sagen ge­traut. Dazu be­darf es deut­scher Wi­der­stand­kämp­fer in der Tra­di­ti­on Chris­ti­an Schwarz-Schil­lings, die Kopf und Kra­gen ris­kie­ren. Wer da etwa mä­kelt wird an­ge­herrscht: „Wir ver­bit­ten uns, die­ses Wun­der klein zu ma­chen und uns in der Rolle von Pro­tes­tie­ren­den zu sehen. Die Be­er­di­gung von Men­schen kann und wird nie­mals ‚Pro­test‘ sein.“ Nein, Wi­der­stand ist Be­ru­fung, die den gan­zen ag­gres­si­ven Hu­ma­nis­ten er­for­dert: „Wir leben den Ver­ant­wort­li­chen vor, wie sie mit den Op­fern ihrer Ab­schot­tungs­po­li­tik um­ge­hen müs­sen.“ (Zen­trum für po­li­ti­sche Schön­heit auf Face­book, 20.6.2015)

In Deutsch­land, wo man weiß, dass selbst in stumpf­sin­nig „Wir sind das Volk!“ kra­kee­len­den Leip­zi­gern nicht ag­gres­si­ve Aus­län­der­fein­de, son­dern ag­gres­si­ve Hu­ma­nis­ten ste­cken, deren Tun man nicht etwa als schnö­den Pro­test, son­dern als uns an­de­ren vor­ge­leb­te mo­ra­li­sche Meis­ter­stü­cke der deut­schen Re­vo­lu­ti­on zu be­wun­dern ge­lernt hat, wird jede Tafel, jeder Lap­pen so­fort nach Ge­brauch ein­ge­sam­melt, ar­chi­viert und ins Mu­se­um für po­li­ti­sche Schön­heit ver­frach­tet. Ru­pert Neu­deck ist über das Ver­hält­nis von Kunst und Volks­wi­der­stand an­läss­lich der Ak­ti­on „die Toten kom­men“ die schö­ne Ein­sicht zu dan­ken, dass „die Ge­sell­schaft froh dar­über sein soll­te, dass sie noch sol­che Pro­test­po­ten­tia­le in sich birgt, mit denen die Künst­ler ihre Kunst sicht­bar ma­chen kön­nen“ (Qantara.​de, 3.7.2015). Daran knüpf­te be­reits am 22.6.2015 die Bun­des­tags­frak­ti­on der Lin­ken an und for­der­te den Er­halt der Grä­ber auf der Reichs­tags­wie­se als Mahn­mal (ad-​hoc-​news.​de, 22.6.2015). Die Ab­ge­ord­ne­te Ulla Jelp­ke, die dann, wenn einer im Bun­des­tag spricht, der dem Ho­lo­caust ent­ron­nen ist, aber Is­ra­el mit­be­grün­det hat, sit­zen bleibt, wahr­schein­lich des­halb, weil sie über „Mas­sen­ster­ben“ be­son­ders gut Be­scheid weiß, er­klär­te, warum nach Neuer Wache und Ho­lo­caust­denk­mal ein drit­tes und end­gül­ti­ges deut­sches Mahn­mal drin­gend ge­braucht wird: „Jetzt im wahrs­ten Sinne des Wor­tes wie­der Gras über die sym­bo­li­schen Grä­ber wach­sen zu las­sen, ist an­ge­sichts des an­dau­ern­den Mas­sen­ster­bens an Eu­ro­pas Gren­zen die fal­sche Re­ak­ti­on“.

Anmerkungen:
  1. http://www.​pol​itic​albe​auty.​de/​toten.​html
  2. „Klaus Sta­eck sieht hier his­to­ri­sche Be­zü­ge bis heute: ‚Ich habe 1986 mein ers­tes Pla­kat zu die­sem Thema ge­macht, mit dem Titel Stell dir vor, Du musst flüch­ten und liest über­all: Aus­län­der raus.‘“ (Qantara.​de., 3.7.2015)
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Ausgabe #14 vom 01.11.2010

Zur Aktualität des Antirassismus

Auf dem größten der antisemitischen Massenaufmärsche, die in Wien anlässlich der Aufbringung der Friedensflotte genannten antiisraelischen Armada abgehalten wurden, wurde neben Fahnen der Hisbollah, der Hamas, der Islamischen Republik Iran sowie Flaggen des militanten Jihad auch ein Transparent mitgeführt, auf dem zu lesen war: „Der Kampf gegen Israel ist nicht Antisemitismus, sondern Antirassismus.“ [1] Angesichts solch einer Ausführung, die vielleicht in ihrer Eindeutigkeit, nicht aber in der in ihnen sich reflektierenden Argumentation hervorsticht, sondern vielmehr von den Israelkritikern unterschiedlichster Couleur geteilt, ja sogar als Ausweis für Reflektiertheit sowie Menschen- und Friedensfreundlichkeit angeführt wird, stellt sich die Frage, was für ein Begriff von Rassismus dem Antirassismus als Weltanschauung zugrunde liegt und warum dieser geradezu notwendig auf so geartete Feststellungen hinauslaufen muss.

Den Vorwurf, selbst antisemitisch zu sein, weisen Antirassisten, wie man nicht zuletzt an dem angesprochenen Transparent sehen kann, weit von sich; eine zum antirassistischen Ticket gehörige Sensibilität, die sich auf Völkerverständigung und Minderheitenschutz beruft, gilt als Beweis, dass man kein Antisemit sein könne, weil man kein Rassist sei. Schon in dieser Argumentation wird deutlich, dass ein bestenfalls diffuses Verständnis des Antisemitismus vorherrscht: Er wird lediglich als eine Spielart des Rassismus betrachtet, als einer von vielen „Rassismen“ [2], der sich in diesem konkreten Fall eben gegen Juden richtet, wie andererseits die Islamophobie sich Moslems als Ziel suche. Dieses interessierte Unverständnis ist es, das dem Gerede von „strukturelle[n] Ähnlichkeiten zwischen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit“ zugrunde liegt, wobei es mittlerweile zum kritisch sich gebenden Repertoire der solcherart Argumentierenden gehört, gleichermaßen reflexartig wie gehaltlos darauf hinzuweisen, diese Konstatierung von Parallelen geschehe, „ohne billige Gleichsetzungen anstellen zu wollen.“ [3]

Der Rassismus im Allgemeinen entspränge dem Hass auf das Fremde und der Furcht vor dem Unbekannten, sei also ein Vorurteil im strengen Sinne des Wortes. Der Antisemitismus im Besonderen sei demgemäß eine solche Fremdenfeindlichkeit gegen und Diskriminierung von Juden. Der Hass auf den Zionismus, der in antirassistischen Kampfparolen gegen Israel wie den eingangs zitierten sich ausdrückt, kann in diesem Verständnis nicht als Antisemitismus begriffen werden – dies nicht zuletzt deswegen, weil die vernunft- und zivilisationsfeindliche Ranküne geradezu naturwüchsig zur Grundausstattung der Warner vor Islamophobie, ihrer Vorstellung von Rassismus und der darüber vermittelten eigenen Israelkritik gehört. [4] Unter dem Kampfbegriff Islamophobie wird mittlerweile so gut wie jede Kritik am Islam und dessen politischer Praxis subsumiert – auch wenn seine Propagandisten treuherzig versichern, gegen „Kritik an einzelnen Phänomenen des Islam überhaupt nichts [zu] haben“ [5] –, und er wird in einem weiteren Schritt als ein den „judeophobe[n] Aspekten“ des „Diskurses“ [6] gleichwertiges, wenn nicht aktuelleres und damit brennenderes Phänomen verstanden. Neben den bereits aufgeführten geben etwa die Veröffentlichungen des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung und seines Leiters Wolfgang Benz oder die des konkret-Autors Kay Sokolowsky [7] – um nur zwei weitere relativ beliebige Beispiele zu nennen – beredtes Zeugnis von dieser Tatsache. [8]

Zum Verhältnis von Rassismus und Antisemitismus
  Materialistische Kritik dagegen hat kenntlich zu machen, dass der Rassismus historisch die Biologisierung von Produktivitätsgefällen darstellt. Als gesellschaftlich notwendiger Schein kolonialer Praxis entsprang er daraus, dass die Wertbestimmung kolonialer Arbeitskraft in Natur aufgelöst wurde – dass die kolonialen Arbeitskräfte auf Natur, auf quasi tierisches Dasein reduziert wurden. Sie wurden als „Minderwertige“ projiziert und ihre gesellschaftliche Stellung naturalisiert. Ihre Erscheinung als koloniale Arbeitskraft wurde also für das Wesen genommen, sodass es an der Oberfläche erschien, als ob die minderwertige Behandlung einer „natürlichen Minderwertigkeit“ entspreche, wie auf der anderen Seite die Kolonialisierung der „natürlichen Überlegenheit“ der Europäer entspringe. [9] Zu Zeiten des Kolonialismus und der Sklaverei, zu Zeiten der Durchsetzung des Weltmarkts also, heftete sich diese die Unterdrückung rationalisierende Verkehrung an einen realen gesellschaftlichen Unterschied, den zwischen kapitalistischer und vorkapitalistischer Subjektivität. [10] Dieser Unterschied existiert jedoch nicht mehr – was allerdings nicht bedeutet, dass sich die verkehrende Projektion aufgelöst hat und verschwunden ist. Vielmehr hat sie eine Transformation und Verallgemeinerung erfahren und befriedigt nun ein allumfassendes psychisches Bedürfnis der krisenhaft konstituierten kapitalen Subjekte.

Der Rassismus ist demgemäß zu verstehen als eine objektive Verkehrung, durch den die Einzelnen sich ihre Tauglichkeit zur Verwertung bzw. ihre Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft als Naturmerkmal halluzinieren. Sie spalten die in der nachbürgerlichen Gesellschaft allumfassend gewordene Angst ab, der eigenen gesellschaftlich produzierten Überflüssigkeit überführt zu werden, und projizieren diese in die Außenwelt. Der identitäre Wahn ist solcherart eine Ideologie der Konkurrenz, eine Abgrenzung gegen und – letzten Endes – Feinderklärung an den nicht zum eigenen Kollektiv Gehörigen. In diesem wird, wie verkehrt und wahnhaft auch immer, der Konkurrent, die Arbeitskraft und damit der Gleiche erkannt, als der er gleichzeitig gebannt werden soll, was durch seine Reduzierung auf Natur, die zur Verwertung nicht tauglich ist, bewerkstelligt wird. Dadurch wird er überhaupt erst zu jenem Ungleichwertigen erklärt, der er in der Realität des global durchgesetzten Weltmarkts und seiner Subjektivität eben per se nicht ist. Wie sehr in dieser Denkform der Konkurrent immer noch aufscheint, und wie wenig die Projektion von eigener Verwertbarkeit aufgrund „natürlicher“ oder „kultureller“ Zugehörigkeit selbst von denen ganz geglaubt wird, die solche Vorstellungen hegen, das zeigt schon das zwangsläufig gleichzeitige, aber entgegen gesetzte Szenario, demgemäß dieselben Zuwanderer, die doch als bloße Natur zu Wert schöpfender Arbeit gar nicht in der Lage sein sollen, nur deswegen „zu uns“ kämen, um „uns die Arbeitsplätze wegzunehmen“. Gegen den vorherrschenden Rassismusbegriff wäre also kritisch einzuwenden, dass der Rassist und Fremdenhasser am Ausländer gerade nicht das Fremde und Andersartige – die Differenz, wie es im postmodernen Jargon heißt – hasst, sondern vielmehr die Gleichartigkeit. Was der Ausländerfeind also verabscheut, und wogegen er verzweifelt seine nationale Besonderheit stellt, ist die Gleichheit und Ununterscheidbarkeit der als Subjekte konstituierten Individuen im Prozess der kapitalen Verwertung – und darüber vermittelt seine eigene Austausch- und Ersetzbarkeit.

Doch in Zeiten des durchgesetzten Weltmarktes und seiner massenhaften Produktion von für den Fortgang der Verwertung Überflüssigen gibt es kein natürlich scheinendes Kriterium – wie etwa die Hautfarbe –, das den Einzelnen ihre produktive Indienstnahme und damit ihre Zugehörigkeit zum Kollektiv der Überlegenen sichert. Gerade diese Tatsache aber nötigt diese Einzelnen umso mehr zum Beharren auf der eigenen Unverwechselbarkeit und der Attributierung der Konkurrenten als Fremde oder Nicht-Dazugehörige. Genau in dieser Tatsache ist denn auch die in den letzten Jahren immer verstärkter zu beobachtende Fahndung nach kollektiven Identitäten zu verstehen: die Suche nach unhintergehbarer Identität, deren Anerkennung den Individuen ihren „Platz an der Sonne“ – d.h. an der Werkbank – garantieren soll. Der arbeitsgerichtliche Streit etwa darum, ob Ossis eine eigene Ethnie sind und deswegen dem Antidiskriminierungsgesetz unterliegen, [11] ist nur eine, lediglich auf den ersten Blick belanglos und absurd wirkende Erscheinung dieses gesamtgesellschaftlichen Trends. Die Ununterscheidbarkeit der auf Kapitalproduktivität und Staatsloyalität festgelegten Monaden treibt diese zur Behauptung der Differenz. Sie treibt sie zur Forschung nach Merkmalen, die die Zugehörigkeit zu einem Kollektiv unhintergehbar begründen und entweder die als fremd Attributierten draußen halten, oder den Sich-selbst-Ethnifizierenden einen Zugang zu den Futtertrögen garantieren sollen, indem sie sich als unter Schutz zu stellende „Andere“ gerieren.

Statt nun aber die Willkürlichkeit der kollektiven und identitären Zuschreibungen als Ergebnis der negativen Vergleichung durch Staat und Kapital zu kritisieren, beteiligt sich der Antirassismus an der Verschleierung eben dieses Mechanismus. Die Projektion der kollektiven Verschiedenheit wird nicht als dem Wunsch des kapitalen Subjekts entsprungen kritisiert und nicht als wahnhafter Versuch denunziert, der Gleichheit der Konkurrenz zu entgehen, sondern wird vielmehr in der Anerkennung der „Verschiedenartigkeit der Kulturen“ affirmiert und bloß positiv gewendet. Dieser Antirassismus nimmt den rassistischen Impuls auf, der die Verschiedenheit der Menschen nicht als je individuelle Qualität, sondern als Ausdruck eines unentrinnbaren Kollektivs behauptet. So schreibt etwa Iman Attia in ihrem Buch Die westliche Kultur’“ und ihr Anderes: „In gesellschaftskritischer Perspektive und von soziologischen Begriffen, Fragestellungen und Aufgaben ausgehend, ergänzt die poststrukturalistische Sozialwissenschaft mit der Kategorie ‚Kultur’ die bislang zentralen Kategorien der Struktur und des Subjekts. Als Bindeglied zwischen Struktur und Subjekt ist Kultur der Bereich, in dem Subjekte in den Strukturen handeln, sie sich aneignen, sie hervorbringen und transformieren. […] Dieser Prozess, in dem Subjekte und Strukturen sich aufeinander beziehen, findet seinen Rahmen und seinen Ausdruck in der Kultur.“ [12]

Was sich hier gesellschaftskritisch gibt, ist das genaue Gegenteil davon, nämlich die begriffliche Verdopplung der gesellschaftlichen Realität, statt ihrer kritischen Durchdringung: Die Annerkennung der Menschen findet nicht als Anerkennung dieser als besondere Individuen statt, sondern als Exemplare kultureller Kollektivsubjekte. Die Einzelnen werden entindividualisiert und zu klar abgegrenzten Repräsentanten fremder Kulturen gemacht, deren Kritik als eurozentristische Anmaßung aufgefasst wird. Um auch hier nur ein Beispiel unter vielen zu nennen, sei ein Aufsatz von Sawitri Saharso zitiert, in dem sie ausführt, dass es rassistisch sei, die Entfernung der Klitoris als Verstümmelung (Mutilation) zu bezeichnen und zu verbieten: „Das Problem eines solchen Verbots ist aber, dass viele Lebensweisen mit Praktiken der Geschlechterdiskriminierung verbunden sind. Obwohl ich begrüßen würde, wenn wir uns alle feministischen Überzeugungen anschließen würden, haben wir in unserem Privatleben das Recht, geschlechterdiskriminierende Praktiken zu wählen. Eine Praktik aufgrund von Geschlechterdiskriminierung zu untersagen, würde bedeuten, dass all diese Praktiken nicht mehr länger rechtens wären. Dies würde aber unzulässigerweise persönliche Freiheiten einschränken.“ [13] Solcher Antirassismus, der sich allen Ernstes als emanzipatorischer Sprecher für die Unterdrückten begreift, baut auf einer positiv verstandenen kulturellen Identität der Menschen und Völker auf, und schreckt dabei zwangsläufig nicht davor zurück, auch noch die schlimmsten Verbrechen als „persönliche Freiheit“ innerhalb der kulturellen Vielfalt unter Naturschutz und damit unter Kritikverbot zu stellen.

Der Rassismus wie der Antirassismus sind objektive Denkformen der warenproduzierenden Vergesellschaftung und als solche Ausdruck des Wahns mittels dessen die kapitalen Subjekte sich einer als natürlich imaginierten, unaufkündbaren Zugehörigkeit zum Kollektiv, zur Gemeinschaft der Unabkömmlichen versichern möchten. Die allumfassende Nötigung, die eigene Nützlichkeit und Vernutzbarkeit im Gange der Verwertung, welche stets nur verlangt, niemals aber garantiert ist, zu beweisen, ist solcherart aber nicht aus der Welt zu schaffen. Die harmonisch halluzinierte Gemeinschaft entpuppt sich stets wieder als Zwangszusammenhang von Konkurrenten, die ihrem Verwiesensein an den kapitalen Prozess, den doch nur sie selbst in Gang halten, nicht entgehen können. Sie befinden sich in einer objektiven Situation, in der sie der negativen Vergleichung in der Konkurrenz ausgesetzt sind, welche einerseits ihre Subjektivität permanent setzt, diese aber ebenso permanent bedroht und hintertreibt. Dies bringt den Hass auf das gleichmachende Prinzip und alles, was damit identifiziert wird hervor. Das „automatische Subjekt“ (Marx), das die Einzelnen durch ihr gesellschaftliches Handeln produzieren und reproduzieren, wird von ihnen in einem Akt der Veräußerlichung als über ihnen stehende Macht konkretisiert und soll als Aggressor dingfest gemacht werden: als Finanzkapital und Spekulantentum [14], als Globalisierung, als Arroganz und Maßlosigkeit des Westens u. ä. „Die Feindschaft der Völker gegen die Globalisierung von außen entspricht der Feindschaft der Kollektivsubjekte gegen den Zersetzer im Inneren. In multipler Form entsteht so das ‚ewig jüdische Prinzip’ neu, jenes das stets verneint.“ [15]

Die kapitalen Subjekte halluzinieren sich ein personifiziertes negatives Prinzip, auf das sie alle krisenhaften Phänomene der Moderne projizieren, ihm Allmacht und Allgegenwärtigkeit unterschieben, und es für alle empfundenen Übel und Ungerechtigkeiten verantwortlich machen. Insofern schwingt im Antisemitismus notwendig und immer ein sozialrevolutionäres Moment mit – die Schreckgestalt eines verneinenden Prinzips, das die Menschen, die Völker und Kulturen ins Übel stürzt, das ihre Identität unterwandert und zu zersetzen droht; diesem Prinzip soll es an den Kragen gehen, um so Identität endgültig und definitiv fest- und stillzustellen. In genau diesem Zusammenhang ist auch das eingangs zitierte Transparent zu verstehen: Der jüdische Staat wird als jener rassistische Aggressor projiziert, der die schützens- und erhaltenswerten Kulturen, Differenzen und „Praktiken“ (Saharso) der Welt bekämpft und zerstört, um sie unterjochen und ausbeuten zu können und den an diesem Unterfangen zu hindern als antirassistische Pflicht erscheint.

Es existiert ein fundamentaler Unterschied zwischen Rassismus und Antisemitismus: Ersterer „ereignet sich […] im Rahmen von Vergleichung und Konkurrenz, während der Antisemitismus sich gegen die durch den Tausch gestiftete Vergleichung der Individuen als kapitale Subjekte wendet.“ Letzterer rationalisiert also die Vergleichung als Verschwörung und projiziert sie auf empirische Personen, die er ohne Rücksicht auf ihre Besonderheiten aus der Welt schaffen möchte. „Antisemitismus ist der barbarische Aufstand aller Ressentimentgeladenen und Opferwütigen, egal, wie sehr sie mit welch ‚rassistischen’ Vorwänden auch immer sich untereinander selbst ans Leder wollen.“ [16] Dies ist auch der Grund, warum sich unter jenem antiisraelischen Transparent eine auf den ersten Blick derart heterogene Masse versammeln kann, wie auf der Demonstration in Wien am 4. Juni 2010: Internationalistische Trotzkisten, arabische Islamisten, kurdische Nationalisten, türkische Faschisten der Grauen Wölfe und „Feministischer Widerstand gegen imperialistischen Krieg“ [17] – der Bezug auf den gemeinsamen Feind, der gemeinsame Hass auf das Abstrakte und die Sehnsucht nach unhintergehbarer Gemeinschaft schafft die Einheit der antisemitischen Internationale; diese ungenießbare Melange ermöglicht die Konstituierung jener Hetzmasse von einander spinnefeindlich gesinnten Rackets.

Es ist allein der Antisemitismus, der als allumfassende Welterklärung auftritt und eine existentielle Feinderklärung vornimmt, die ohne Rücksicht auf alle individuellen und sozialen Eigenschaften vorgeht und alle von ihm Betroffenen auf bloße Opfer, auf zu vernichtendes Material reduziert. Er ist die autoritäre Rebellion gegen die widersprüchliche und krisenhafte Konstitution der als kapitale Subjekte gesetzten Individuen und als solche gleichzeitig die bewusste Exekutierung der barbarischen Züge, die die kapitalvermittelte Vergesellschaftung in ihrem Verlauf aus sich selbst heraus produziert. Der Antisemitismus ist somit zu charakterisieren als fetischistische Revolte gegen das Kapital auf der Grundlage des Kapitals, und genau darin, eine konformistische Rebellion gegen das Kapital auf dessen eigener Grundlage exekutieren zu wollen, gleicht sich der gesinnungsethische Antikapitalismus der Antiglobalisierer und der Panarabisten, der Islamisten und der Antiimperialisten, was auch erklärt, warum der Antisemitismus ein notwendiges Moment all dieser Weltanschauungen ist; und zwar genau jenes verbindende Moment, das ihre jeweilige Avantgarde auf der Mavi Marmara hat zusammenfinden lassen.

Antirassismus als Antikapitalismus

Der spontane Antikapitalismus, für den in Deutschland paradetypisch „Die Linke“ steht, erklärt Ausbeutung und Verelendung als Ausfluss egoistischer und raffgieriger Absichten, fasst diese in weiterer Folge als rassistische Diskriminierung und Ausplünderung der Völker der Dritten Welt und ist bestrebt, darüber die Zusammenrottung der Verelendeten zum Kollektiv der sich Wehrenden und Zurückschlagenden zu betreiben, wie man nicht zuletzt an den Geschehnissen rund um die antisemitische Piratenfahrt gen Gaza beobachten konnte. Es entspricht genau der antirassistischen Weltanschauung, wenn Anette Groth von einer „unglaublich gute[n] Atmosphäre“ inklusive Gesang auf der Mavi Marmara schwärmt und Norman Paech erklärt, sich in diesem „bunte[n] Treiben“ wie auf einem „Bazar“ gefühlt zu haben. [18] Es entspricht genau dieser Disposition, dass beide nichts als harmonische und friedliche Vielfalt der Kulturen erkannt haben wollen, bis die israelische Soldateska diesem fröhlichen und bunten Treiben ein gewaltsames Ende bereitet habe und dafür zurecht mit Gewalt konfrontiert wurde, die nichts als Gegenwehr und Selbstverteidigung gewesen sei. Der an dieser Stelle als repräsentatives Beispiel einer sich selbst als oppositionell halluzinierenden Organisation herangezogene BAK Shalom gibt zu dieser Irrenlogik dann das Feigenblatt ab, indem er in seiner Stellungnahme zur „Unterstützung der ‚Friedensflotille’“ den Parteigenossen Höger, Paech und Groth erst Respekt ob der „widrigen Umstände, die sie durchmachen mussten“, ausspricht und ihnen danach ins Stammbuch schreibt, dass sie es bei der grundsätzlich nicht verwerflichen „Infragestellung der israelischen Blockadepolitik“ ein wenig übertrieben hätten, um schließlich ebenfalls die Souveränität des jüdischen Staates zu untergraben, indem er ihm kluge Ratschläge gibt und eine internationale Untersuchungskommission fordert. [19]

Es ist der Antirassismus selbst, der den Rassismus nicht als eine objektive Gedankenform der globalen kapitalistischen Vergesellschaftung begreifen kann. Er macht ihn stattdessen zu einer Chiffre für Unrecht und Ungerechtigkeit schlechthin und schwingt sich so zum ressentimentgeladenen Deutungsmuster für gesellschaftliche Prozesse aller Art auf. Um auch hier wieder nur ein Beispiel zu nennen: Im Vorfeld der berüchtigten Durban Review-Konferenz letztes Jahr in Genf hielt das Forum für Menschenrechte in Israel/Palästina, dem etwa Amnesty International Schweiz und die Schweizer Caritas angehören, am 19. April 2009 eine Israel Review-Konferenz ab. Auf dieser wurden allen Ernstes israelische Swimming Pools zu rassistischen Unterdrückungsmaßnahmen erklärt, die den in der palästinensischen Scholle wurzelnden Olivenhainen das Wasser abgraben würden. [20] Wie Leo Löwenthal bereits in den 1940er Jahren festgestellt hat, dient diese Art der Agitation nichts anderem als dem Schüren von „Ressentiments gegenüber den Exzessen des Luxus.“ In seiner Studie Falsche Propheten führt er aus: „Der Agitator entwirft ein bizarres Bild überdimensionierter luxuriöser Besitztümer, […] wo es von Schwimmbassins nur so wimmelt.“ [21]

Der so argumentierende Antirassismus ist eine antikapitalistische Bewegung, die sich die Verallgemeinerung des Elends auf ihre Fahnen geschrieben hat und die, die sich unter dieser Fahne sammeln, erwarten nur eine Form der Belohnung: Sie dürfen ihr Mütchen an den im Luxus verkommenen Sündern kühlen, wenn ihnen diese als Beuteopfer in die Hände fallen. Seine Agitation zielt darauf, die Gesellschaft in identitäre, gemeinschaftliche Elendsselbstverwaltung zu überführen. Die zu schützenden Völker und Kollektive sind charakterisiert dadurch, dass sie durch rigide Verzichtsmoral und das aggressive Einklagen eines Opferstatus zusammengehalten werden und dieses Einklagen ermöglicht es, sich als jene „verfolgende Unschuld“ (Karl Kraus) zu präsentieren, die aus den Ausführungen Groths und Paechs spricht. Dieses Einklagen ermöglicht es, sich als Opfer zu fühlen und aufzutreten, das in der Verfolgung des imaginierten Verursachers der als Übel und Ungerechtigkeit empfundenen gesellschaftlichen Verhältnisse immer nur in Notwehr auf einen äußeren Aggressor zu reagieren beansprucht. So charakterisiert auch Jürgen Habermas die Selbstmordanschläge islamistischer und panarabistischer Rackets als psychologisch nachvollziehbare Reaktion, mit der eine durch „gewaltsame Entwurzelung“ „aus ihren kulturellen Traditionen herausgerissene Bevölkerung“ auf die „aufreizend banalisierende[…] Unwiderstehlichkeit einer materialistisch einebnenden Konsumgüterkultur“ reagiert. [22] Es gelte dementsprechend – so Habermas in einem anderen, gemeinsam mit Jacques Derrida verfassten Aufsatz –, den jihadistischen Terror als eine Bewegung zu sehen, welche den Westen „für die Gewalt einer oktroyierten und entwurzelnden Moderne zur Rechenschaft“ zieht. [23]

Nicht die Jihadisten mit ihrem Hass auf den Westen sollen die Urheber der Selbstmordanschläge sein, sondern der arrogante und überhebliche Westen, der seine Kultur dem gesamten Erdball aufzwinge, fordere solch antirassistische Gegenwehr geradezu heraus. Diese wird folglich auch nicht als Krieg, sondern geradezu als – wenn auch manchmal überzogen gewaltsame – kulturbewahrende Notwendigkeit verstanden, womit die antiwestliche Enthemmung zugleich gegen jede Kritik immunisiert wird. Durch die Selbstentmündigung mittels der Reklamierung des Status als bloßes Opfer verbitten sich die Kollektive und ihre Fürsprecher nicht nur jede Einmischung, sondern auch jede Kritik von vornherein als ethno- oder eurozentristische Arroganz und als Rassismus. So schreibt etwa Judith Butler in ihrem Aufsatz Unbegrenzte Haft in Hinblick auf jihadistische Kämpfer: „Wenn wir annehmen, dass jeder Mensch so Krieg führt, wie wir das tun, und daß dies ein Teil dessen ist, was ihn erkennbar menschlich macht, […] dann verwenden wir einen begrenzten und begrenzenden kulturellen Rahmen für unser Verständnis dessen, was es heißt, menschlich zu sein.“ [24] Und sie fährt fort: „Wenn diese Gewalt Terrorismus ist anstatt Gewalt wird sie als ein Handeln ohne politische Zielsetzung aufgefasst, oder sie kann politisch nicht gedeutet werden. […] Daß es ein islamischer Extremismus oder Terrorismus ist, bedeutet einfach, daß die bereits vom Orientalismus bewirkte Entmenschlichung auf die Spitze getrieben wird, so daß diese Art von Krieg aufgrund ihrer Einzigartigkeit und Außergewöhnlichkeit von den Annahmen der Universalität und vom Schutz der Zivilisation ausgenommen wird.“ [25] Auch hier sind es wiederum nicht die Jihadisten, die, wie man in jeder ihrer Verlautbarungen nachlesen könnte, ganz selbstbewusst einen Kampf gegen die Zivilisation führen und diese vernichten möchten, die an der Barbarisierung der Verhältnisse arbeiten, sondern der rassistische Westen mit seinen universalistischen Vorstellungen etwa vom Kriegsrecht. Während der Kampf gegen Rassismus, wie ihn etwa die amerikanische Bürgerrechtsbewegung in den 1960ern geführt hat, den Ausschluss bestimmter Bevölkerungsgruppen von universalistischen Rechtsansprüchen kritisierte und dagegen vorging, dreht der Antirassismus den Spieß um: Er behauptet, vernunftgeleitete Maßstäbe seien rassistisch, weil westlich. Er denunziert und verwirft so den Universalismus als Partikularismus – solange dieser nicht auch noch das grausamste Verbrechen im Namen der Kultur mit einbezieht. Der Universalismus, der Butler vorschwebt, ist der der vollendeten kulturell-konkreten Parzellierung im Kampf gegen die abstrakten Allgemeinbegriffe.

Der friedenssehnsüchtige Kampf gegen Israel

Dieser Antirassismus ist – wie bereits erwähnt – Ausdruck einer konformistischen Revolte gegen das Kapital. Er entspringt nicht dem Wunsch nach Emanzipation, sondern ist vielmehr das genaue Gegenteil von emanzipatorischer Umwälzung auf dem höchsten Niveau bestehender Vergesellschaftung. Stattdessen will er in einem einseitigen Angriff auf die als abstrakt abgespaltenen Seiten der Warenproduktion das Konkret-Natürliche retten und entspricht darin genau der antisemitischen Denkform. Die wertförmige, über das Geld vermittelten Vergesellschaftung wird nicht deswegen kritisiert, weil sie irrational und die von ihr gesetzte Individualität als Anhängsel der Wertverwertung eine ideologische und krisenhafte ist. Die Gesellschaft und der über sie vermittelte Individualismus werden vielmehr denunziert, weil längst schon keine Gesellschaft von Individuen mehr gedacht, geschweige denn verwirklicht werden soll, sondern lediglich ein weltweiter Ethnienzoo verschiedener Kulturen und anderer kollektiver Identitäten. „In mir“, formuliert Butler in ihrer Kritik der ethischen Gewalt, ist „eine andere Geschichte am Werk und es ist unmöglich zwischen dem ‚Ich’ […] und dem ‚Du’ – der Menge der ‚Dus’ –, das mein Begehren von Anfang an bewohnt und enteignet, zu unterscheiden.“ [26]. In allen von uns ist eine Geschichte, eine Struktur, ein Sein Heideggerscher Provenienz am Werk, das bedingt, dass wir „alle nicht genau umgrenzt, nicht wirklich abgesondert, sondern einander körperlich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind, einer in der Hand des anderen.“ [27]

Dass der als Menschenliebe und Verantwortungsethik auftretende Antirassismus sich aus trüben Quellen speist, aus genau jenem Hass auf den Konkurrenten, der im unmittelbar rassistischen Stereotyp offen zutage tritt und im antirassistischen nur positiv gewendet ist, sprechen die Vertreter dieser Weltanschauung offen aus. So hadert Judith Butler damit, dass der Westen in seiner arroganten Zentrierung auf Vernunft und Gesundheit, die „Gefährdetheit des Lebens“ [28] nicht als das unhintergehbare menschliche Existenzial affirmiere, sondern stattdessen versuche, diese in seiner Verdrängung des Todes und des Wahnsinns zu derealisieren und zu übertünchen. Es ist lediglich eine dünne Patina der Rationalisierung die sich über ihren todessehnsüchtigen Voyeurismus gelegt hat, wenn sie auf das Gefühl der Reue und Trauer hinweist, dass „die Bilder mit Napalm verbrannter Kinder“ im Vietnamkrieg ausgelöst haben. So bedauert sie, dass die „Medien solche Bilder nicht mehr zeigen“ und uns deswegen die Menschenleben „nicht in ihrer Gefährdetheit und Vernichtung erscheinen […].“ „Unter den derzeitigen Bedingungen der Darstellung“ so fährt sie fort, „können wir weder den gequälten Schrei hören noch durch das Gesicht gezwungen oder genötigt werden. […] [W]elche Medien werden uns diese Zerbrechlichkeit wissen und fühlen lassen und damit an die Grenzen der Darstellung gehen, so wie diese zur Zeit kultiviert und unterhalten wird?“ [29]

Butlers gesamte Ethik ist eine Apotheose des Leids als menschliches Existenzial. Den Anspruch auf Versöhnung wird man bei ihr vergeblich suchen, vielmehr denunziert sie ihn als anmaßende Hybris des modernen Subjekts und insofern spielt auch der Begriff des Glücks in ihrer Philosophie keine Rolle: Das Menschliche, das es zu schützen gelte, ist ihr vielmehr der „Schrei menschlichen Leidens, der keine direkte Darstellung zuläßt“ [30] – eine uns in Geiselhaft nehmende „Vokalisierung der Qual“. [31] Dies nicht etwa zu kritisieren und abzuschaffen, sondern anzuerkennen und zum Programm einer Ethik zu machen, ist das Anliegen von Butlers Schriften, in denen sie dezidiert die Bejahung der „Unfreiheit im Herzen unserer Beziehungen“ [32] propagiert. Diese Unfreiheit und damit Todesverfallenheit menschlichen Lebens nicht anzuerkennen, darin besteht für Butler die Kardinalsünde des Westens und seiner Subjektivität, die ihr eine einzige Veranstaltung ist, der unhintergehbaren Verletzbarkeit allen menschlichen Lebens zu entrinnen. Es gehe dem westlichen Denken darum, einen „‚moralischen Narzissmus’ (zu nähren), dessen Lustgewinn in seiner Fähigkeit liegt, die konkrete Welt zu transzendieren“ [33] – also Qual, Leid und dem Tode Ausgesetztsein abschaffen zu wollen, was laut Butler eine arrogante Halluzination ist.

Indem sie jedes über Immanenz hinausgehende Denken als Ausfluss moderner Subjektherrschaft und Selbstzurichtung denunziert, gerät ihr – wen wundert es noch – der Zionismus ins Blickfeld, jene politische Bewegung, die sich mit der Opferrolle der Juden nicht abfinden, sondern diese durch die Schaffung eines verteidigungsfähigen Staates beenden oder zumindest eindämmen will. Die Einfühlung ins Leid und die Denunziation jedes Versuches, das Unmenschliche aus der Welt zu schaffen [34], charakterisiert Judith Butlers Denken und bricht sich in den altbekannten Ressentiments Bahn. So kritisiert sie etwa Emmanuel Lévinas’ Versuch, über die Bedeutung des Holocaust für seine Verantwortungsethik nachzudenken, als eine alternative Version des Auserwähltheits-Anspruchs des Judentums. [35] Lévinas’ Überlegungen seien eine „skandalöse Darstellung des jüdischen Volkes“, eine zionistische Legitimationsstrategie, die „zu einem schrankenlosen Rückgriff auf Aggression im Namen der ‚Selbstverteidigung’“ ermächtige. [36] Während sie den Zionismus im Allgemeinen als „mörderische Aggression“ begreift, gesteht sie Lévinas gönnerhaft zu, dass sein Denken „hier wirklich durch Verletzungen und Beleidigungen geprägt “ [37] ist, die er erlitten habe. Dazu muss man wissen, dass Lévinas’ Eltern und Brüder in Litauen der nationalsozialistischen Vernichtung zum Opfer gefallen sind, welche für Butler gemäß ihrer Theorie diskursiver Einschreibung [38] kaum mehr als die Verwundung durch performative Sprechakte und diskriminierende Adressierungen ist: Offener als an dieser Stelle kann die poststrukturalistische Trivialisierung und Wegarbeitung von Auschwitz kaum ausfallen.

Dass Butler nur pars pro toto für das antirassistische Weltbild ist, wird deutlich, wenn man einen weiteren Blick in das bereits zitierte Buch Die ‚westliche Kultur’ und ihr Anderes wirft. Darin schreibt Iman Attia, dass es „eine deutsche Mitschuld an der Lage von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten“ gibt, und zwar „durch die nationalsozialistische Ermordung und Exilierung von Juden und Jüdinnen, die den politischen Zionismus und damit die Landnahme und Vertreibung von PalästinenserInnen forcierten.“ [39] Der „deutsche Beitrag zur Kolonialisierung des ‚Orients’ bereits vor dem Nationalsozialismus“ so führt sie weiter aus, sei beschränkt gewesen, da das Deutsche mit dem Osmanischen Reich verbündet war und dessen Interessen nicht in die Quere kommen wollte. „Im Zuge des Nationalsozialismus freilich zeigte das Deutsche Reich kein Interesse an der Unterstützung von Jüdinnen und Juden. [sic!] In diesem Kontext ist der deutsche Beitrag zur Kolonisierung Palästinas im Zusammenhang mit der eliminatorischen Politik (Holocaust) und dem zunehmenden Antisemitismus zu sehen, in dessen Folge die Gründung eines eigenen Staates als Ausweg eingeleitet wurde.“ [40]

Während Attia die Vernichtung des europäischen Judentums also rationalisiert, indem sie die Palästinenser zu deren eigentlichen Opfern erklärt, so tut Butler dies, indem die Shoa bei ihr, wenn überhaupt, dann nur als Verwundung vorkommt, aufgrund derer Levinas zum Zionisten wurde und so die „mörderische Aggression“ Israels gerechtfertigt habe. In ihrer in dem Text Sprache, Politik, Zugehörigkeit geführtenAuseinandersetzung mit Hannah Arendts Elementen und Ursprüngen totaler Herrschaft etwa ist mit keinem Wort von Antisemitismus und Vernichtung die Rede. Der Nationalsozialismus firmiert hier als jene „Zeiten“, in „denen Menschen deportiert wurden, ihre Rechte verloren, aus ihren Häusern vertrieben oder als Menschen zweiter Klasse geführt wurden.“ [41] Anders darf er auch nicht vorkommen, geht es Butler doch darum, Israel und die USA als die Erben dieser Politik darzustellen; als Erben, die diese Politik sogar noch übertreffen, da die „außergesetzliche Ausübung von Souveränität“ [42] zwar „nicht neu“ sei, der „Mechanismus“ aber, mit dem die USA und Israel sich dieses Instruments bedienten, um ihre Ziele zu erreichen, eine „Einmaligkeit“ darstelle. [43] Die Anschläge von 9/11 betrachtet Butler dagegen als tätige „Dezentrierung“, mittels derer Al-Qaida den USA die konstitutive Verwundbarkeit des Lebens vor Augen geführt habe. Der Jihadismus ist ihr also quasi eine Schickung des Seins, die die hybrishafte Seinsvergessenheit souveräner Subjekte anklagt, um so zum „Verlust der Überheblichkeit der Ersten Welt“ [44] beizutragen. Die USA aber hätten diese „Erfahrung der Demütigung“ [45] nicht genutzt und stattdessen zum Zwecke der Wiederherstellung ihres Subjektstatus’ den War on Terror als einen „Kreislauf der Gewalt im Namen der Gerechtigkeit“ [46] gestartet. Indem die Vereinigten Staaten sich so gegen das Sein abdichteten, indem sie Ordnung stifteten kraft der Verteufelung und Vernichtung der im Islam dingfest gemachten Differenz, machten sie „die Gewalt im Namen ihrer Verleugnung zum Dauerzustand“ [47], eine Gewalt, die sich nicht nur im offenen Krieg äußere, sondern auch in der universalistischen Kultur, welche die USA der Menschheit aufzwängen. In diesem Zusammenhang spricht Butler der Burka „wichtige kulturelle Bedeutungen“ als Notwehrmaßnahme gegen die rassistische Oktroyierung westlicher Werte zu: Diese stehe „für die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft und Religion, zu einer Familie“, sie sei „eine Übung in Bescheidenheit und Stolz“ und diene „als Schleier […], hinter dem und durch den die weibliche Handlungsfähigkeit wirken kann.“ [48] Demgemäß fasst sie Kritik an der Burka als „kulturimperialistische Ausbeutung des Feminismus“ [49], als Teil eines Programms der „Dezimierung islamischer Kultur“, das zur „Ausbreitung von US-amerikanischen kulturellen Annahmen führt, wie Sexualität und Handlungsfähigkeit zu organisieren und darzustellen seien.“ [50]

Diese Gewalt wird für Butler wohl nur noch von der Israels übertroffen: Der jüdische Staat ist für sie der Inbegriff des National-Staates im Gegensatz zum post-souveränen Staat, dem Staat der Selbstbestimmung, den Butler sowohl durch den Internationalen Strafgerichtshof [51] als auch in Palästina heraufdräuen sieht, dem Staat der Selbstbestimmung, der das Territorium denationalisiert und so die Souveränität deformiert. [52] Israel dagegen als Nationalstaat par excellence gewinne seine Souveränität durch Vertreibung, Entrechtung und der Einrichtung von Gaza als „Open-Air-Gefängnis“ [53]; allesamt „Permutationen der Staatsmacht“ [54], mit denen es nationale Ordnung in die von Differenz geprägten Menschen einschreibt. Mittels dieser Einschreibung – in Bezug auf Israel kennt Butler plötzlich Einschreibungen, die nicht rein diskursiv sind, die mehr sind als die „Verletzungen und Beleidigungen“, die Lévinas durch den Nationalsozialismus erlitten habe – realisiert Israel seine Souveränität als „spezifische Anordnung von Macht und Zwangsmitteln, die eigens dazu bestimmt ist, die Lage und den Zustand des Enteigneten zu schaffen und zu erhalten“ [55] und ist so für Butlers Weltanschauung der Inbegriff eines rassistischen Apartheidsystems schlechthin. Dementsprechend bezeichnet sie Gaza auch als Ghetto und solidarisiert sich mit der Hisbollah [56], die sie als Widerstandsgruppe für die „Selbstbestimmung des libanesischen Volkes“ apostrophiert [57] und mit der Hamas, die sie gemeinsam mit der Hisbollah, den „progressiven sozialen Bewegungen“ und der „globalen Linken“ zurechnet, in der Butler auch sich selbst verortet [58] – auch wenn sie diese Solidarität als kritische verstanden wissen will, weil sie, wie schon Habermas und Derrida, die Gewaltfrage im Kampf gegen „Kolonialismus und Imperialismus“ etwas anders beantwortet sehen möchte. [59] Womit sich der Kreis geschlossen hat und wir wieder bei dem eingangs zitierten Transparentslogan angelangt wären: Der Kampf gegen vernünftige Universalität und damit der Kampf gegen allgemeinmenschliche Emanzipation, als welcher sich der Antirassismus heute darstellt, fällt notwendig mit dem Kampf gegen Israel zusammen – was man sowohl an dessen Theorie aufzeigen kann, als auch an der Praxis, etwa der Demonstrationen rund um die Verteidigung israelischer Souveränität gegen die Blockadebrecher von der Mavi Marmara.

Anmerkungen:

[1] Bilder dieses Aufmarschs sind zu finden unter:
http://www.flickr.com/photos/49643818@N03/sets/72157624078673959/.  [2] Gudrun Harrer, Die Angst vor dem „Muselblut“, in: Der Standard, Album vom 28.08.2010, S. A11.

[3] Ebd.

[4] Als partes pro toto seien hier zwei jener Bücher genannt, welche Gudrun Harrer in dem erwähnten Standard-Artikel der geneigten Leserschaft als Werke von „Spezialisten“ empfiehlt: Zwischen Antisemitismus und Islamophobie. Vorurteile und Projektionen in Europa und Nahost, hrsg. v. J. Bunzl u. A. Senfft, Hamburg 2008 und Islamophobie in Österreich, hrsg. v. J. Bunzl u. F. Hafez, Innsbruck – Wien – Bozen 2009.

Die in diesen beiden Bänden versammelten Aufsätze bieten mehr als genug Anschauungsmaterial für den hier konstatierten Zusammenhang. Der Aufsatz Zwischen Antisemitismus und Islamophobie. Überlegungen zum neuen Europa von Matti Bunzl dürfte den Herausgebern gleich dermaßen gefallen haben, dass sie in wortidentisch in beiden Sammelbänden veröffentlichten. In diesem erklärt Bunzl die Beschäftigung mit dem Antisemitismus für unerheblich, da er „sich ausgelebt“ habe, in die „Bedeutungslosigkeit“ versunken, „irrelevant“ und „obsolet“ geworden sei (S. 61 bzw. 39f.) und damit lediglich eine Kategorie der Vergangenheit darstelle: „Europa muss sich dem Problem des Antisemitismus stellen, und zwar unter Anerkennung seiner besonderen Geschichte. Dringlicher ist jedoch die Frage der Islamophobie, sowohl hinsichtlich der Zukunft Europas wie auch der geopolitischen Gesamtlage“, da sonst „eine weitere Zunahme des Antisemitismus […] unser geringstes Problem“ wäre. (S. 73f. bzw. 48)

[5] Harrer, Die Angst vor dem „Muselblut“, a. a. O., S. A11.

[6] John Bunzl, Einleitung, in: Zwischen Antisemitismus und Islamophobie, a. a. O., S. 15.

[7] Kay Sokolowsky, Feindbild Moslem, Berlin 2009.

[8] So stellte etwa Wolfgang Benz am 26. 05. 2010 in der Sendung kulturzeit auf 3sat in Bezug auf die vom dänischen Künstlerduo „Surrend“ vorgenommene Bezeichnung des Deutschland-Korrespondenten der Jerusalem Post als Stürmer-Journalisten und als Teil der „jüdischen[n] Lobby in Deutschland“ fest, mit Antisemitismus habe dies nichts zu tun.

[9] Vgl. dazu: Peter Schmitt-Egner, Rassismus und Wertgesetz. Zur begrifflichen Genese kolonialer und faschistischer Bewusstseinsformen, in: Gesellschaft. Beiträge zur Marxschen Theorie, hrsg. v. H.-G. Backhaus, Nr. 8/9, Frankfurt/M. 1976.

[10] Vgl. dazu und zu den Widersprüchen, die dem Rassismus daraus erwachsen: Clemens Nachtmann, Rasse und Individuum. Plädoyer für eine vollendet künstliche Amoral, in: Bahamas, Nr. 58/2009, S. 53ff.

[11] Vgl. dazu etwa: Christian Fahrenbach: „Ossi“-Vermerk beschäftigt Arbeitsgericht, unter: www.morgenweb.de/service/archiv/artikel/687146685.html: „Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG), vereinfacht Antidiskriminierungsgesetz genannt, verbiete eine Absage mit dem Argument ‚Ossi’. Das Gesetz wolle schließlich Benachteiligungen aufgrund der ‚Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft’ ausschließen. ‚Die beiden Teile Deutschlands haben sich während der Trennung auseinandergelebt’, erklärt Nau [der Rechtsanwalt der ostdeutschen Klägerin; AG]. ‚Die Ostdeutschen hatten teilweise Wortbildungen und Sitten, die wir nicht kannten’, führt er aus. Die Richter müssen also entscheiden, ob der ‚Ossi’ eine eigene Ethnie ist. ‚Der Begriff >ethnische Herkunft< ist weder in der ursprünglichen europäischen Richtlinie noch im daraus abgeleiteten deutschen Gesetz genau definiert’, erklärt Heiko Habbe, Rechtsanwalt und Fachmann für Antidiskriminierungsrecht.“

[12] Iman Attia, Die „westliche Kultur“ und ihr Anderes. Zur Dekonstruktion von Orientalismus und antimuslimischem Rassismus, Bielefeld 2009, S. 18f.

[13] Sawitri Saharso, Gibt es einen multikulturellen Feminismus? Ansätze zwischen Universalismus und Anti-Essenzialismus, in: Zwangsfreiheiten. Multikulturalität und Feminismus, hrsg. v. B. Sauer u. S. Strasser, Wien 2008, S. 19.

[14] So macht etwa der sozialdemokratische österreichische Bundeskanzler Werner Faymann vaterlandslose Spekulanten für die ausbleibende Bildungsreform in Österreich und andere Angriffe auf die Gerechtigkeit verantwortlich: „Wir sind für eine gemeinsame Schule, für ganztägige Schulformen. Da betrachte ich solche Initiativen und schon gar nicht Sie persönlich als Gegner, sondern als Unterstützung. Es ist legitim, zu sagen, ich hätte gerne von allem das Doppelte und das gleich. Aber das funktioniert nicht. Nicht durch die Schuld eines Landes allein, sondern durch eine internationale Entwicklung haben Spekulationen der Realwirtschaft so viel Geld weggenommen, dass die Staaten jetzt einfach zu wenig haben. […] Auf der anderen Seite liefert die Spekulation der Finanzmärkte nichts an die öffentliche Hand ab. Für öffentliche Aufgaben, für das, was wir eine soziale und gerechte Welt nennen, ist dann weniger da.“ (Der Standard, 28./29.08.2010, S. 8)

[15] Uli Krug, Pazifistische Bruderschaft. Antirassisten und Nationalrevolutionäre gemeinsam gegen Zionismus und Globalisierung, in: Bahamas, Nr. 37/2002, S. 16.

[16] Clemens Nachtmann, Drittes Reich, Dritte Welt, Dritter Weg. Über Rassismus und Antirassismus, in: Bahamas, Nr. 43, 2003/04, S.58.

[17] Siehe unter: http://www.flickr.com/photos/49643818@N03/4669495160/in/set-72157624078673959/.

[18] Vgl. dazu den Report Mainz der ARD vom 07.06.2010. (http://www.youtube.com/watch?v=zm8-32abifM&feature=player_embedded)

[19] Vgl. http://bak-shalom.de/index.php/2010/06/06/stellungnahme-des-bak-shalom-zu-den-reaktionen-auf-den-stopp-der-free-gaza-flottille/.

[20] Vgl. http://www.jpost.com/servlet/Satellite?cid=1239710727591&pagename=JPost%2FJPArticle%2FShowFull.

[21] Leo Löwenthal, Falsche Propheten. Studien zur faschistischen Agitation, in: Ders., Falsche Propheten. Studien zum Autoritarismus, Frankfurt/M. 1990, S. 42.

[22] Jürgen Habermas, Fundamentalismus und Terror, in: Ders., Der gespaltene Westen, Frankfurt/M. 2004, S. 19.

[23] Jürgen Habermas/Jacques Derrida, Der 15. Februar – oder: Was die Europäer verbindet, in: Habermas, Der gespaltene Westen, a. a. O., S. 51.

[24] Judith Butler, Unbegrenzte Haft, in: Dies., Gefährdetes Leben. Politische Essays, Frankfurt/M. 2005, S. 109.

[25] Ebd., S. 108.

[26] Judith Butler, Kritik der ethischen Gewalt. Adorno-Vorlesungen 2002, Frankfurt/M. 2007, S. 102.

[27] Ebd., S. 136.

[28] Judith Butler, Gefährdetes Leben, in: Dies., Gefährdetes Leben, a. a. O., S. 170.

[29] Ebd., S. 177.

[30] Ebd., S. 170.

[31] Ebd., S. 165.

[32] Butler, Kritik der ethischen Gewalt, a. a. O., S. 124.

[33] Ebd., S. 141.

[34] Ebd. S. 142f.

[35] Vgl. ebd., S. 125ff.

[36] Ebd., S. 128f.

[37] Ebd. S. 128.

[38] Vgl. dazu: Judith Butler, Hass spricht. Zur Politik des Performativen, Frankfurt/M. 2006.

[39] Attia, Die „westliche Kultur“ und ihr Anderes, a. a. O., S. 82.

[40] Ebd., S. 83.

[41] Judith Butler/Gayatri Chakravorty Spivak, Sprache, Politik, Zugehörigkeit, Zürich – Berlin 2007, S. 33 f.

[42] Judith Butler, Unbegrenzte Haft, in: Dies., Gefährdetes Leben, a. a. O., S. 119.

[43] Ebd., S. 112.

[44] Judith Butler, Gewalt, Trauer, Politik, in: Dies., Gefährdetes Leben, a. a. O., S. 57.

[45] Ebd., S. 43.

[46] Judith Butler, Erklärung und Entlastung oder: Was wir hören können, in: Dies., Gefährdetes Leben, a. a. O., S. 34.

[47] Ebd., S. 35.

[48] Butler, Gefährdetes Leben, a. a. O., S. 168.

[49] Butler, Gewalt, Trauer, Politik,  a. a. O., S. 59.

[50] Butler, Gefährdetes Leben,  a. a. O., S. 168.

[51] „Ich glaube nicht, daß der Internationale Strafgerichtshof Souveränität kriminalisiert hat, aber es ist schon der Fall, daß er eine Reihe internationaler Schutzmechanismen entwickeln will, die nicht auf Basis der National-Staaten formuliert sind, wie es die Genfer Konvention tat. Das Versprechen ist also, daß ein postnationales Verständnis dessen entwickelt werden soll, was Menschenrechte sein könnten.“ (Butler/Spivak, Sprache, Politik, Zugehörigkeit, a. a. O., S. 68)

[52] Vgl. ebd., S. 70.

[53] Ebd., S. 10.

[54] Ebd., S. 12.

[55] Ebd., S. 9.

[56] Judith Butler u.a., Solidaritätserklärung mit den Menschen in Libanon und Palästina, unter: http://www.islinke.de/sol_libanon.htm.

[57] Butler, Unbegrenzte Haft, a. a. O., S. 119.

[58] Vgl. Judith Butler on Hamas, Hezbollah & the Israel Lobby, unter: http://radicalarchives.org/2010/03/28/jbutler-on-hamas-hezbollah-israel-lobby/.

[59] Judith Butler, In diesem Kampf gibt es keinen Platz für Rassismus,  in: Jungle World Nr. 30/2010. (http://jungle-world.com/artikel/2010/30/41420.html)

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Das evangelische Hilfswerk Heks hat die Basler Zeitung verklagt, weil diese ihm in einem Gastkommentar antisemitisch motivierte Aktionen vorwarf. Die vom Staat grosszügig mitfinanzierte Organisation versucht sich verzweifelt vom Sumpf loszusagen, in dem sie knietief drinsteckt.

Von Rico Bandle

Heks-Partnerorganisation Eappi in Jerusalem.Bild: zVg

Am 14. Juni trafen sich in Murten rund siebzig Abgeordnete des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes zur jährlichen Versammlung. Um die Freundschaft zwischen den Religionen zu betonen, war auch Herbert Winter geladen, der Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), des Dachverbandes der Juden in der Schweiz. In einer «Grussbotschaft» an die Abgeordneten lobte er ausgiebig die «guten Beziehungen», die «gegenseitige Wertschätzung» – bis er plötzlich auf das Heks zu reden kam, das Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz. Dem Heks nahestehende Personen verbreiteten im Internet Hetzschriften gegen Israel und Juden – und das Heks würde das sogar billigen, sagte er.

Die heftigen Vorwürfe fussen auf den Vorkommnissen rund um die Zürcher Demonstration gegen die Gaza-Intervention Israels im Sommer 2014. Die Emotionen schlugen in Hass um, in Internetforen wurde in einer Art gegen Juden Stimmung gemacht, wie das in der Schweiz schon lange nicht mehr vorgekommen ist. Von «vergasen» war da die Rede; man werde ins Zürcher Judenviertel gehen, um Zionisten zu verprügeln. Und das waren noch eher die harmloseren Kommentare.

Als der SIG das Heks diskret darauf aufmerksam machte, dass auf der Facebook-Seite einer Palästina-Aktivistin, die zweimal an dem vom Heks mitfinanzierten «Friedensprogramm» Eappi mitmachte, Mordaufrufe und andere strafrechtlich relevante Kommentare veröffentlicht worden seien, wurde er von Heks-Mitarbeitern schroff zurückgewiesen.

Politisch gefärbte Evangelische

Dass ausgerechnet im Umfeld des Heks solche antisemitischen Tiraden vorkommen, ist kein Zufall. Die Hilfsorganisation ist mit mehreren Programmen in den besetzten Gebieten tätig und leistet dort nicht bloss Hilfe für Bedürftige, wie man das von einem Hilfswerk erwartet, sondern ist auch an politisch gefärbten Aktionen beteiligt. Insbesondere die enge Zusammenarbeit mit dem angeblichen Friedensprogramm Eappi (Heks-Beitrag 2015: 262 000 Franken), aus dem immer wieder äusserst ­radikale Anti-Israel-Aktivisten entspringen, und die Unterstützung der israelischen Organisation Zochrot, die sich die Rückkehr der ­palästinensischen Flüchtlinge zum Ziel gesetzt hat, führten in letzter Zeit zunehmend zu Kritik, nicht nur von jüdischer Seite. Die Verantwortlichen des Heks sorgen sich deswegen mittlerweile um ihren Ruf. Doch statt dass sie die politischen Aktivitäten einstellen und sich auf humanitäre Hilfe konzentrieren, gehen sie mit juristischen Mitteln gegen Kritiker vor. Im März hatte der Basler Musiker David Klein – in der Israel-Frage nicht minder ob­sessiv wie seine Gegner – in der Basler Zeitung (BaZ) die Aktivitäten des Heks mit deutlichen Worten angeprangert.

Der damalige Heks-­Direktor Ueli Locher veröffentlichte wenige Tage später eine Replik, in der er die Projekte zur «Friedensförderung» verteidigte und Klein «diffamierende und verleumderische Züge» vorhielt. In einem nächsten Bericht warf Klein dem Heks vor, mit dem Einsatz von Mitteln für politische Gruppierungen gegen das eigene Stiftungsstatut zu verstossen, was eine Veruntreuung von Spendengeldern bedeute. «Der Hass auf Israel ist grösser als der Wunsch, Gutes zu tun.»

Das Heks nahm dies als Grund für eine ­Klage. Mit dem Vorwurf der Veruntreuung ­habe David Klein dem Heks eine Straftat unterstellt, was eine Persönlichkeitsverletzung darstelle, schreibt die Organisation in einer Stellungnahme. Man habe von der BaZ gefordert, den Artikel von der Website zu entfernen, «den Tatbestand der Persönlichkeitsverletzung auf aussergerichtlichem Wege anzuerkennen und eine entsprechende publizistische Wiedergutmachung zu leisten». Da die Zeitung den Forderungen nicht nachgekommen sei, habe man eine Anzeige beim basel-städtischen Zivilgericht eingereicht. Die BaZ wollte sich wegen des laufenden Verfahrens nicht dazu äussern.

Acht Millionen von der öffentlichen Hand

Ob der Vorwurf der «Veruntreuung» in diesem Fall erlaubt ist oder nicht, müssen die ­Gerichte entscheiden. Doch diese Detailfrage lenkt vom eigentlichen Gegenstand ab: dass das Heks einseitig Partei nimmt in einem internationalen Konflikt. Und damit selbst ­politisch aktiv ist. Zum Beispiel, wenn es von Grossverteilern fordert, Produkte aus den ­besetzten Gebieten speziell zu kennzeichnen oder besser «ganz auf den Verkauf zu verzichten». Stöbert man auf den Internet-Seiten von Heks-Partnerorganisationen wie Eappi, so wird dort unverblümt das Bild vermittelt: Israelis sind böswillige Aggressoren, die sogar mutwillig Kinder töten, Palästinenser hingegen sind unschuldige Opfer. Dass sich mehrere Schweizer Teilnehmer am Eappi-Programm auf Facebook als radikale Israel-Hasser in Szene setzen, trägt auch nicht zur Glaubwürdigkeit solcher Heks-finanzierter Programme bei.

Besonders stossend ist dieser politische Aktivismus, da sich das Hilfswerk zu einem beträchtlichen Teil mit öffentlichen Geldern finanziert. Rund 14 Millionen Franken erhält das Heks jährlich von Bund, Kantonen und Gemeinden, was 22 Prozent des Gesamtbudgets ausmacht. Zusätzlich kommen etwa 7 Millionen von den Kirchen, also aus Kirchensteuern. Allein die Beiträge des Bundes haben sich in den letzten fünf Jahren von 4,45 Millionen (2010) auf 8 Millionen (2015) fast verdoppelt. Beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sieht man in den Anti-Israel-Aktivitäten des Heks kein Problem – oder man schaut bewusst weg. «Dem Bundesrat sind keine Fälle bekannt, in denen im Zusammenhang mit dem Heks Probleme bezüglich der korrekten Verwendung von Spendengeldern aufgefallen wären», heisst es auf Anfrage. Und auch das Heks gibt weiterhin vor, allein vom humanitären Gedanken getragen zu sein. Alles andere wäre ein Eingeständnis, gegen ­eigene Vorgaben zu verstossen. Im Heks-­Strategiepapier heisst es nämlich, dass man sich «nicht von ideologischen, politischen, ­religiösen oder kulturellen Strömungen ­vereinnahmen» lasse.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-33/mit-bundesgeldern-gegen-israel-die-weltwoche-ausgabe-332015.html

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Die steigende Präsenz der Salafisten hat das Stadtbild von Bonn nachhaltig verändert. Gefahren soll man ­offenbar erst ansprechen, wenn das Schlimmste eingetreten ist.

Von Thilo Sarrazin

Die ehemalige Bundeshaupt- stadt Bonn ist zu ­einer Hochburg der radikalen Salafisten geworden. Etwa zehn Prozent der aus Deutschland nach Syrien aus­gereisten radikalen Islamisten kommen aus Bonn, wo sie sich im Stadtteil Bad ­Godesberg konzentrieren. Mittlerweile ist ­Arabisch in Bonn die am zweithäufigsten ­gesprochene Sprache. Anknüpfungspunkt ist die König-Fahd-Akademie, eine saudi-arabische Auslandsschule, die über Jahrzehnte stark religiös ausgerichtete Familien aus ganz Deutschland anzog. 2003 hatte es ­einen ­Skandal um ihre radikalislamischen Schul­bücher gegeben. Seitdem handhabt die Schulbehörde die Befreiung der Schüler von der deutschen Schulpflicht restriktiver. Aber die demografische Ballung islamistischer ­Araber in Bonn Bad Godesberg ist nicht mehr umkehrbar und hat das Stadtbild nachhaltig verändert.

Drohung gegen Kirche

Die Stadt Bonn leugnet die Probleme nicht, aber sie spricht auch nicht gern darüber. Die Integrationsbeauftragte Coletta Manemann macht sich Sorgen über eine drohende Islamfeindlichkeit.

Die grösste evangelische Gemeinde in Bonn Bad Godesberg ist die Erlösergemeinde. Am 11. Dezember 2014 fand sich in ihrer Post ein anonymer Drohbrief mit Briefkopf und Unterschrift in arabischen Schriftzeichen. Er hatte folgenden Text:

«An den Vorbeter der Versammlung von ­Ungläubigen, die ihr evangelische Gemeinde nennt: Islam ist die einzig wahre Religion. Ihr bekommt die Gelegenheit zum Annehmen des Islam in den nächsten drei Monaten von jetzt an. Lest Al-Q’ran und nehmt den Islam an! Macht von eurem Haus eine Moschee, die nur den Muslimen offen steht! Ihr müsst in den nächsten drei Monaten erklären, dass ihr Islam freiwillig angenommen und von eurem Versammlungshaus eine Moschee gemacht habt. Das müsst ihr im TV und Internet machen, so dass alle Menschen davon hören und sehen. Wenn ihr euch aber Islam verweigert: Wir werden zuerst dich finden. Wir werden dich strafen im Namen von Allah, welchen du verleugnest! Wir werden deine Brut finden und strafen! Wir werden das Haus für eine Moschee einfach nehmen und alle strafen, die Islam nicht freiwillig angenommen haben!»

Das Presbyterium der Gemeinde entschied nach einer Beratung mehrheitlich, den Brief nicht zu veröffentlichen und die Gemeinde­mitglieder nicht zu informieren. Man fürchtete offenbar einerseits Repressalien, andererseits den Ruf der Islamfeindlichkeit. Nur durch eine Indiskretion kam es zu einer ­Weitergabe des Briefes, und nur auf Umwegen geriet er von da in meine Hände.

Verrückte Fanatiker

Offenbar wurde der Brief von einem verrückten Fanatiker geschrieben. Inhaltlich ernst zu nehmen ist er natürlich nicht. Aber verrückte Fanatiker steuerten vor vierzehn Jahren zwei Flugzeuge ins World Trade Center. Und verrückte Fanatiker, die in Europa aufgewachsen sind, kämpfen heute zu Tausenden beim IS. Nur: Wie geht man mit der Verrücktheit um? Ihre Gefahren soll man offenbar erst ansprechen, wenn das Schlimmste eingetreten ist. Und einen ideologischen oder religiösen ­Zusammenhang mit dem Islam soll man möglichst gar nicht herstellen, denn spätestens seitdem Bundespräsident und Bundeskanzlerin es sagten, wissen doch ­alle: «Der Islam gehört zu Deutschland.»

Aufschlussreich ist der Vergleich der Ereignisse im äussersten Osten und im äussersten Westen Deutschlands.

— Als der Drohbrief der Salafisten in den Briefkasten der Godesberger Erlösergemeinde wanderte, warnte Pegida gerade in Dresden vor der Islamisierung Deutschlands. Das wurde den demonstrierenden Bürgern sehr übel genommen, mindestens fand man ihre Befürchtungen lächerlich, weil es doch praktisch keine Muslime in Dresden gebe.

— Von Bonn kann man das wahrhaftig nicht mehr sagen. Dort, wo radikale Islamisten Drohungen aufs Papier bringen (oder nach ­Syrien ausreisen, wenn sie mehr tun wollen), schweigen die Bedrohten konsequent, vielleicht in der Hoffnung, so die Gefährdung abzuwenden, vielleicht aber auch beherrscht von der noch grösseren Angst, sie könnten als islamfeindlich gelten.

Islamfeindlichkeit wird in der veröffentlichten Meinung gleich neben Ausländerfeindlichkeit angesiedelt, von da ist es zum Rechts­populismus und gar zu rechtsradikalen Umtrieben nicht weit. Der gute Deutsche, der nicht in diese Ecke möchte, hält lieber den Mund, um nicht anzuecken, egal ob er in Bonn oder Dresden wohnt. Ganz unaussprechlich ist da die Befürchtung, unter den grossenteils muslimischen Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten und aus Afrika könne es Nachschub für radikale Ausprägungen des ­Islam in Deutschland und Europa geben. Wer soll sich auch schon äussern, wenn die Politiker es nicht tun, die Medien jeden bestrafen, der es tut, und die Kirchen sich so wegducken wie die Erlösergemeinde in Bad Godesberg.

Welches ist das nächste Tabu?

Auf dem Höhepunkt der Achtundsechziger Bewegung war das Schimpfwort Kommunistenfeind inhaltsgleich mit der Abstempelung als rechts und reaktionär. Mit dem Untergang des kommunistischen Ostblocks ist das Feindbild Kommunistenfeind zwangsläufig mit verschwunden. Natürlich zerbrach das System nicht an den Kommunistenfeinden, sondern an seinen eigenen Widersprüchen. Genau so wird der Islamismus nicht an den Islamfeinden, sondern an seinen eigenen Widersprüchen zugrunde ­gehen. Man kann nur hoffen, dass bis dahin weniger Blut geflossen sein wird als im Falle des Kommunismus. Neugierig darf man sein, welches neue Tabu dann die ­Islamfeindlichkeit ablösen wird.

Thilo Sarrazin ist ehemaliger deutscher Bundesbanker und Bestsellerautor. Er schreibt einmal pro Monat exklusiv für die Weltwoche über die deutsche Politik.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-33/brief-aus-berlin-mund-halten-wegducken-die-weltwoche-ausgabe-332015.html

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Wann fällt es unter die Presse- und Meinungsfreiheit, jemanden als Antisemiten zu bezeichnen, und wann verletzt dies das Persönlichkeitsrecht von Leuten, die nicht Antisemit genannt werden wollen? Mit dieser Frage muss sich neuerdings immer öfter die deutsche Justiz befassen.

Im jüngsten Fall geht es um Xavier Naidoo, der die Amadeu-Antonio-Stiftung vor Gericht brachte (Jungle World 35/2015), weil er auf dem von der Stiftung betriebenen Portal »Netz gegen Nazis« indirekt als Antisemit bezeichnet worden war. Naidoo, der auch bei Demonstrationen auftrat, die aus dem Umfeld der »Reichsbürger« organisiert wurden, singt in einem seiner Lieder, »Baron Totschild« gebe den Ton an. Vor dem Landgericht Mannheim kam es schließlich zu einem Vergleich: Die Amadeu-Antonio-Stiftung wird den Popstar nicht mehr einen Antisemiten nennen, darf aber weiterhin bestimmte Liedzeilen als antisemitisch interpretierbar bezeichnen. Die Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane sagte in einer Stellungnahme, dass es kein Interesse an einer langwierigen juristischen Auseinandersetzung mit dem Sänger gegeben habe. Dieser muss sich deutlich weniger vor den Prozesskosten fürchten als die Stiftung.

»Freiheit für Deutschland«: Xavier Naidoo spricht am Tag der Deutschen Einheit 2014 bei einer Kundgebung vor dem Kanzleramt in Berlin

»Freiheit für Deutschland«: Xavier Naidoo spricht am Tag der Deutschen Einheit 2014 bei einer Kundgebung vor dem Kanzleramt in Berlin (Foto: Action Press / Future Image / Michaela Ellguth )

Jutta Ditfurth hat kein Interesse an einem Vergleich. Die Publizistin bezeichnete Jürgen Elsässer, den Herausgeber des Querfrontmagazins Compact, in einem Interview mit der Fernsehsendung »Kulturzeit« auf 3Sat als »glühenden Antisemiten« (Jungle World 42/2014). Elsässer war zuvor im Rahmen einer »Montagsmahnwache für den Frieden« aufgetreten, wo er der johlenden Menge zurief: »Internationale Finanzoligarchie klingt vielleicht ein bisschen abstrakt. Deswegen möchte ich mit Bertolt Brecht sagen: Das Verbrechen hat Name und Anschrift und Telefonnummer. Und man kann doch durchaus einige Namen nennen: (…) die Herren Rockefeller, Rothschild, Soros, Chodorkowski«. Elsässer verklagte Ditfurth auf Unterlassung, denn ein Antisemit – und gar ein glühender – wollte er ganz gewiss nicht sein. Es kam zur mündlichen Verhandlung, in der Elsässer sich von Michael Hubertus von Sprenger, dem ehemaligen Anwalt des Holocaust-Leugners David Irving, vertreten ließ. Die vorsitzende Richterin erklärte im Rahmen des Verfahrens, dass »ein glühender Antisemit in Deutschland« jemand sei, »der mit Überzeugung sich antisemitisch äußert, mit einer Überzeugung, die das Dritte Reich nicht verurteilt«. Antisemitismus, führte sie aus, sei ein Totschlagargument. Ditfurth verlor in erster Instanz und darf Jürgen Elsässer bis auf weiteres nicht als glühenden Antisemiten bezeichnen. Sie geht in Berufung, einen Termin für die zweite Verhandlung gibt es bislang nicht. Anders als die Amadeu-Antonio-Stiftung kündigte sie an, ihren Prozess »bis zum Ende« durchzufechten. Die Prozesskosten versucht sie über Spenden zu finanzieren, zu denen auch in großen Medien aufgerufen wurde. Jüngst erklärte Ditfurth, man »muss, gerade in Deutschland, einen Antisemiten einen Antisemiten nennen dürfen. Das geht uns wirklich alle an und ist von öffentlichem Interesse.«

Zu Spenden für Ditfurth hat auch Deniz Yücel aufgerufen. Er ist einer der Herausgeber der Jungle World und war bis vor kurzem Kolumnist der Taz. Die hat ebenfalls schon Erfahrungen gemacht mit Antisemitismusvorwürfen, die vor Gericht landen: Die Taz schrieb, dass die Band Die Bandbreite für ihre »antisemitischen Texte bekannt« sei. Die Bandbreite verbreitete etwa mit ihrem Lied »Selbst gemacht« Verschwörungstheorien zu den Anschlägen des 11. September 2001 und trat unter anderem bei einer Gegenveranstaltung zu einem Bilderberger-Treffen auf. Mit Hilfe des Anwalts Dominik Storr, der sich in seiner Freizeit mit der »Bürgerinitiative Sauberer Himmel« gegen sogenannte Chemtrails einsetzte, klagte die Band gegen die Taz erfolgreich auf Unterlassung. Die Taz ging in Berufung und verlor erneut. Einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Rechtsanwalt der Taz wegen der von ihm vertretenen Meinung, der Sänger der Band leugne den Holocaust, wenn er George W. Bush und Adolf Hitler gleichsetze, sah das Gericht hingegen nicht. In aktuellen Texten der Taz über Die Bandbreite sucht man das Wort Antisemitismus vergebens.

Ähnlich erging es dem Journalisten Stefan Laurin, der das Blog Ruhrbarone presserechtlich verantwortet. Ihm wurde gerichtlich verboten, der Band, ihrem Sänger oder ihren Liedern wörtlich oder sinngemäß zu unterstellen, Antisemitismus zu propagieren. In der Realität heißt das: Laurin darf sich zur Band nicht äußern, sofern auch nur anhand einer Textzeile möglicher Antisemitismus diskutiert wird, nicht einmal Links teilen, die ansatzweise eine solche Deutung zulassen. Täte er es trotzdem, hätte er mit hohen Geldstrafen zu rechnen. Ein umfassender Maulkorb, verkündet »im Namen des Volkes«.

Was wäre, wenn die Überschrift dieses Textes »Antisemiten vor Gericht« lauten würde? Dann würde es wohl Abmahnungen hageln. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, gibt es in Deutschland keine Antisemiten mehr. Zumindest kann man jene, die man dafür hält, nicht mehr ohne weiteres so nennen. Man kann komplexe Analysen von Text und Subtext, Sprachcodes und Bildsprache, Gesagtem und Gemeintem anstellen. Man kann Antisemitismus an konkreten Stellen belegen. Doch wenn man den Urheber einer antisemitischen Aussage als Antisemiten bezeichnet, hat man vor Gericht schlechte Karten. Die Grundrechte auf Meinungs- und Pressefreiheit stoßen in Deutschland schnell an Grenzen, wenn man von Antisemiten spricht – zumindest wenn man damit lebende Personen in Deutschland meint, die sich selbst nicht so nennen. Diese Grenzen begründen sich aus dem Persönlichkeitsrecht: »Antisemit« ist für viele Richter in Deutschland offenbar eine Beleidigung, eine Diffamierung, böswillige Unterstellung, aber nichts, was sich belegen ließe, solange die gemeinte Person sich nicht selbst zum Antisemitismus bekennt. Sozialwissenschaftliche Studien weisen immer wieder auf große Anteile an Antisemiten in der Gesellschaft hin. Doch konkrete Beispiele zu benennen, ist vor der deutschen Justiz gefährlich und teuer geworden. Presse- und Meinungsfreiheit sind in Gefahr, wenn es um die Kritik des Antisemitismus geht. Wo anders als vor deutschen Gerichten sollte ein Antisemitismusvorwurf schwerer wiegen als die Reproduktion antisemitischer Ideologie?

Anders sieht es offenbar aus, wenn es nicht nur um die Meinungsfreiheit, sondern im besonderen um die Freiheit der Kunst geht. Der Rapper Koljah der HipHop-Gruppe Antilopen Gang rappt im Song »Beate Zschäpe hört U2« die Zeilen »Sie können sagen, was sie wollen / sie sind schlicht Antisemiten / All die Pseudo-Gesellschaftskritiker / Die Elsässer, KenFM-Weltverbesserer«.

Ken Jebsen, der Gründer von KenFM, der bezogen auf Israel etwa von den »Irren mit dem Davidstern« spricht, versuchte vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen die Band zu erwirken. Das Gericht sah diesen Anspruch kritisch im Hinblick auf die »Äußerungen des Antragstellers in der Vergangenheit und unter besonderer Berücksichtigung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 3 GG«. Jebsen nahm seinen Antrag zurück und musste folglich für die Gerichtskosten sowie die Kosten des Anwalts der Antilopen Gang aufkommen. Die Rapper kommentierten das Ergebnis gewohnt süffisant: »Wie zu erwarten war, hat sich Ken Jebsen blamiert. Für die kostenlose Promokampagne sind wir ihm dankbar. Falls Jebsen nach diesem Eigentor in Erwägung ziehen sollte, eine Vernunftehe mit Barbra Streisand einzugehen, würden wir uns als Trauzeugen anbieten.« Die HipHopper spielten damit auf den nach der Sängerin benannten »Streisand-Effekt« an, mit das mediale Phänomen beschrieben wird, »dass der Versuch der Unterdrückung einer Information diese einem größeren Publikum erst bekanntmacht«, wie es auf Wikipedia heißt.

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Remember: Do X! Don´t do Y!

Protect innocent, respect life, defend art, preserve creativity!

What´s Left? Antisemitism!

http://www.jsbielicki.com/jsb-79.htm

Psychoanalytische Arbeitsstation

refuse-service

DJ Psycho Diver Sant – too small to fail
Tonttu Korvatunturilta Kuunsilta JSB
Tip tap tip tap tipetipe tip tap heija!
http://www.psychosputnik.com
http://www.saatchionline.com/jsbielicki
https://psychosputnik.wordpress.com/

They want 1984, we want 1776

They are on the run, we are on the march!

Be patient, work hard, follow your passions, take chances and don’t be afraid to fail.
I think for food

molon labe

Von oben hat man bessere Aussicht. Psychoanalyse ist eine Erhebung über die Situation.

„Kritische Theorien, wie die Freudsche, artikulieren eine Erfahrung, die mit den jeweils herrschenden Denk- und Wahrnehmungsweisen unvereinbar ist. Gerade in dem, was der Konvention als unbrauchbar, als Abfall gilt und wovon in Wissenschaft und Lebenspraxis methodisch abgesehen wird, entdecken die Revolutionäre der Denkart das Neue, das ei¬ne bestehende Einrichtung des Lebens in Frage stellt. Indem sie an das Ausgegrenzte und erfolgreich Vergessene erinnern, markieren sie den Mangel der Ordnung, die über dem Grab der verworfenen Alternativen triumphierend sich erhebt. Und das dem Status quo verschworene Kollektiv stempelt solche Alchimisten, die aus Dreck Gold zu machen schei¬nen, stets zu Außenseitern6 . Aus der Erfahrung dessen, was den vorherrschenden, institutionalisierten Zwecken widerstrebt, erschüttern die Neuerer deren fraglose Geltung.“ – Helmut Dahmer

Die Umwälzung nach 1945  führte nicht zur Überwindung des Nationalsozialismus  als Ideologie der deutschen Volksgemeinschaft, sondern rief lediglich die eitle Illusion hervor, daß mit der Kritik am Nationalsozialismus das nationalsozialistische Dünken selbst und seine innere Konflikthaftigkeit mit dem Judentum überwunden sei.

„Wie es Tatbestände gibt, die die Sinne in die Irre führen, wie im Fall der optischen Täuschung, so gibt es welche, die die unangenehme Eigenschaft haben, dem Intellekt Schlüsse zu suggerieren, die gleichwohl falsch sind.“ – Christoph Türcke

Das Geschlecht ist ein sozialer Konstrukt? Berg, Tal, See und das Meer auch!

Bereits Marx diagnostizierte den Deutschen das Umkippen von Ideologie in Wahn und Lüge. Wie gegenwärtig der Fall ist, neigen die Deutschen zu Ausbrüchen des kollektiven Wahns, der Massenpsychose mit zunehmendem Realitätsverlust.
Der Wahn ist kurz, die Reue lang, pflegte meine Großmutter zu sagen.

Nach dem I. Psychosputnik-Gesetz verwandelt sich der frei florierende Zynismus ab gewissem Verdichtungsgrad seiner Intensität in hochprozentige Heuchelei, analog zu einer atomaren Kernschmelzereaktion. Diesen Prozess der zunehmenden Zynismuskonzentration mit anschliessender Explosion der Heuchelei kann man sehr deutlich gegenwärtig in Deutschland beobachten. Das Denken ist weggeblasen, pulverisiert, das (Hoch)Gefühl ist voll an seine Stelle getreten.

»Indem (der gesunde Menschenverstand) sich auf das Gefühl, sein inwendiges Orakel, beruft, ist er gegen den, der nicht übereinstimmt, fertig; er muß erklären, daß er dem weiter nichts zu sagen habe, der nicht dasselbe in sich finde und fühle; – mit anderen Worten, er tritt die Wurzel der Humanität mit Füßen. Denn die Natur dieser ist, auf die Übereinkunft mit anderen zu dringen, und ihre Existenz nur in der zustande gebrachten Einheit der Bewußtseine. Das Widermenschliche, das Tierische besteht darin, im Gefühle stehenzubleiben und nur durch dieses sich mitteilen zu können.« – G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes

„Die Verschleierung eigener Positionen durch Zitate und Zitatselektion dient dazu, eigene Positionen unkenntlich zu machen.“ – Ursula Kreuzer-Haustein

„Die Neurose ist das Wappen der Kultur.“ – Dr. Rudolf Urbantschitsch, Seelenarzt; „Sehr schön, aber es laufen derzeit schon weit mehr Heraldiker als Adelige herum.“ – Karl Kraus, Schriftsteller

„Zuerst verlieren die Menschen die Scham, dann den Verstand, hernach die Ruhe, hierauf die Haltung, an der vorletzten Station das Geld und zum Schluß die Freiheit.“ – Karl Kraus

„Ausbeutung heißt Beute machen, sich etwas durch Gewalt aneignen, was nicht durch eigene Arbeit geschaffen wurde, sich etwas nehmen, ohne Gleichwertiges zurückzugeben – Maria Mies

»Die Psychoanalyse ist eine Panne für die Hierarchie des Denksystems« – Pierre Legendre

Psychoanalyse entwickelt sich nicht weiter, weil sie nicht angewandt wird, es wird nur über sie gesprochen.

»Sie wissen, daß der Kampf des wissenschaftlichen Geistes gegen die religiöse Weltan­schauung nicht zu Ende gekommen ist, er spielt sich noch in der Gegenwart unter unseren Augen ab … Die erste Einwendung, die man hört, lautet, … die Wissenschaft ist zur Be­urteilung der Religion nicht zuständig. Sie sei sonst ganz brauchbar und schätzenswert, solange sie sich auf ihr Gebiet beschränkt, aber die Religion sei nicht ihr Gebiet, da habe sie nichts zu suchen … Die Religion darf nicht kritisch geprüft werden, weil sie das Höch­ste, Wertvollste, Erhabenste ist, was der menschliche Geist hervorgebracht hat, weil sie den tiefsten Gefühlen Ausdruck gibt, allein die Welt erträglich und das Leben lebenswür­dig macht … Darauf braucht man nicht zu antworten, indem man die Einschätzung der Religion bestreitet, sondern indem man die Aufmerksamkeit auf einen anderen Sachver­halt richtet. Man betont, daß es sich gar nicht um einen Übergriff des wissenschaftlichen Geistes auf das Gebiet der Religion handelt, sondern um einen Übergriff der Religion auf die Sphäre des wissenschaftlichen Denkens. Was immer Wert und Bedeutung der Religion sein mögen, sie hat kein Recht, das Denken irgendwie zu beschränken, also auch nicht das Recht, sich selbst von der Anwendung des Denkens auszunehmen … Eine auf die Wissen­schaft aufgebaute Weltanschauung hat außer der Betonung der realen Außenwelt wesent­lich negative Züge, wie die Bescheidung zur Wahrheit, die Ablehnung der Illusionen« (Freud, 1933, S. 182 ff. und S. 197).

„Freuds »Religions«-Kritik galt den »Neurosen« genannten Privatreligionen (Heiraten, romantische Liebe, Gier, Ethik und Moral, etc. Anm. JSB) ebenso wie den kollektiven (Nation, Gutmenschen, Sport, etc. Anm. JSB);“ – Helmut Dahmer

Freud prognostizierte, die bestehende Gesellschaft werde an einem Übermaß nicht absorbierba­rer Destruktivität zugrundegehen. (sofern nicht »Eros« interveniere (Eros ist nicht Ficken, sondern Caritas. Anm. JSB)).

„Wer dem Kult der »Werte« frönt, kann unsanft erwachen, wenn im Kampf der Klassen und Parteien, von dem er sich fernhält, Gruppen obsiegen, auf deren Pro­gramm eine »Umwertung der Werte«, z. B. die Aufwertung von »Un­werten« steht.“ – Helmut Dahmer

»Hinsichtlich der allgemeinen nervlichen Belastung wirkte die Lage im Dritten Reich auf den psychischen Zustand des Volkes ziemlich ambivalent. Es unterliegt kaum einem Zwei­fel, daß die Machtergreifung zu einer weitverbreiteten Verbesserung der emotionalen Ge­sundheit führte. Das war nicht nur ein Ergebnis des Wirtschaftsaufschwungs, sondern auch der Tatsache, daß sich viele Deutsche in erhöhtem Maße mit den nationalen Zielen identifizierten. Diese Wirkung ähnelte der, die Kriege normalerweise auf das Auftreten von Selbstmorden und Depressionen haben. (Das Deutschland der Nazizeit verzeichnete diese Erscheinung zweimal: nämlich 1933 und 1939.) Aber gleichzeitig führte das intensi­vere Lebensgefühl, das von der ständigen Stimulierung der Massenemotionen herrührte, auch zu einer größeren Schwäche gegenüber dem Trinken, Rauchen und Vergnügungen« – Richard Grunberger

Von Anfang an hat­te Hitlers Regime auch den Anstrich der Rechtmäßigkeit

„Die psychiatrischen Truppen der »kaiserlichen deutschen Psychiatrie« (Alexander und Selesnick, 1966, S. 214) jedoch, die 1914 ins Feld zogen, bekriegten immer noch die Krankheit, den äußeren Eindringling in ein gesundes System, und nicht die Neurose, das innere Ungleichgewicht zwischen Psychodynamik, Umwelt und Geschichte.“ – Geoffrey C. Cocks (Diese Einstellung herrscht bis heute in der deutschen Psychotherapie und findet explosionsartige Vermehrung im KOnzept der sog. „Traumatisierung“. Anm- JSB)

Der Plural hat kein Geschlecht.

„Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.“ -Albert Einstein

„Der psychoanalytische Bei­trag zur Sozialpsychologie der jüngsten Vergangenheit (und Gegenwart Anm.JSB) und ihrer Verar­beitung ist heute ebenso unerwünscht wie die Libidotheorie zu Anfang des Jahrhunderts.“ – I.Kaminer

»Ein böses und nur durch Unkenntnis gerechtfertigtes Mißverständnis ist es, wenn man meint, die Psychoanalyse erwarte die Heilung neurotischer Beschwerden vom >freien Ausleben< der Sexualität. Das Bewußtmachen der verdrängten Sexualgelüste in der Analyse ermöglicht vielmehr eine Beherrschung derselben, die durch die vorgängige Verdrängung nicht zu erreichen war. Man kann mit mehr Recht sagen, daß die Analyse den Neurotiker von den Fesseln seiner Sexualität befreit.« – Sigmund Feud, Gesammelte Schriften«, Band XI, S. 201 ff.)

Dummheit ist, wenn jemand nicht weiß, was er wissen könnte.

Dummheit äußert sich heute als empörter Moralismus.

Liebe: nur bestenfalls eine Mutter akzeptiert ihr Kind, so wie es ist, ansonsten muß man Erwartungen anderer erfüllen, um akzeptiert zu werden.

Früher galt als mutig, wer ein Revolutionär war, heute reicht es schon, wenn einer seine Meinung behält.

“Jeder fünfte Bewohner des Westjordanlandes ist ein israelischer Siedler”, greint die Generaldelegation Palästinas heute auf ihrer Homepage.
Und jeder fünfte Bewohner Israels ist ein palästinensischer Araber.
So what?

Werte ohne Einfühlungsvermögen sind nichts wert.

Manche Menschen fühlen physischen Schmerz, wenn sie ihre gewohnten Vorstellungen zugunsten der Realität korrigieren sollen, sie wenden ihre gesamte Intelligenz mit Unterstützung ihrer Agressivität auf, um die Realität nicht zu erkennen und ihr Selbstbild unverändert beizubehalten.

Immer mehr fühlen, immer weniger denken – Der Mensch unterscheidet sich vom Tier nicht durch Gefühle, denn Säugetiere haben die gleichen Gefühle, wie der Mensch: Trauer, Angst, Wut, Liebe, sondern durch sein Denken. Wenn er denkt, falls er denkt.

Political correctness ist, wenn man aus Feigheit lügt, um Dumme nicht zu verärgern, die die Wahrheit nicht hören wollen.

„Sagen Sie meiner Mutter nicht, daß ich in der Werbung arbeite. Sie denkt, ich bin Pianist in einem Bordell.“ – Jacques Seguela

BILD: FAZ für Hauptschüler

Wer „ich will frei sein“ sagt, und es sagen viele, der ist ein Idiot. Denn das höchste was der Mensch als Freiheit haben kann, ist die Freiheit, seine Pflicht frei zu wählen.

“Im Streit um moralische Probleme, ist der Relativismus die erste Zuflucht der Schurken.“ Roger Scruton

Nonkonformistische Attitüde und affirmative Inhalte – einer Kombination, die schon immer die linksdeutsche Ideologie gekennzeichnet hat. – Stephan Grigat

Es sind dieselben, die behaupten, das Geschlecht wäre nicht biologisch angeboren, sondern nur ein soziales Konstrukt, und zugleich daß die Homosexualität kein soziales Konstrukt wäre, sondern biologisch angeboren.

Antisemitismus ist, wenn man Juden, Israel übelnimmt, was man anderen nicht übelnimmt.

„Es gibt zwei Dinge“, so wußte Hitler schon 1923, „die die Menschen vereinigen können: gemeinsame Ideale und gemeinsame Kriminalität“ .

Nach der gewaltsamen Beendigung des Mordens durch die Alliierten waren die Deutschen (und sind es bis heute geblieben) noch deutscher als zuvor.

„Der Staat sind wir“: Dies Credo der Sozialdemokratie Ferdinand Lassalles war die Wahrheit der Volksgemeinschaft, und der Nazismus war die vermittlungslose Basisdemokratie der Deutschen.

Die Demokratie der Bürger ist die interessierte Demutsadresse an den autoritären Staat.

„Die deutsche Nation ist das Apriori dieser seltsamen Wissenschaft, die

vorgibt, nichts zu kennen als Quellen, Quellen und nochmals Quellen, nichts als das

lautere Plätschern der Tatsachen und das ungetrübte Sprudeln der Empirie. Die

Quelle aber ist der Historie, was der Jurisprudenz das Indiz: Spielmaterial, bloße

Illustration des Systemzwangs zum Rechtsfrieden, d.h. empirische Legitimation der

vorab existenten letzten Instanz, an der jede Berufung aufhört und jede Revision

endet. Egal, wer Recht hat, solange nur Recht ist; was immer die Quellen sagen,

ein Beweis gegen die Nation wird sich daraus nie und nimmer folgern lassen.“ (…)

„Historische Wahrheit wird nach dem Modell von Meinungsumfragen vorgestellt;

kein Sample jedoch wird je repräsentativ genug sein,

um der deutschen Nation als solcher die Taten der Nazis zuzurechnen.

Die juristische Methode dieser seltsamen Wissenschaft, die sich die Behandlung der

Geschichte anmaßt, weiß so überaus sorgfältig zwischen Intention und Resultat zu

scheiden, daß der einzig noch mögliche Weg historischer Wahrheitsgewinnung, der

allerdings leider ausgeschlossen ist, Psychoanalyse wäre.“ – Joachim Bruhn

Da die Psychoanalyse heute auch nur noch ein korruptes Racket ist, würde sie nicht helfen.

 Der Himmel, wenn er sich schon öffnet, zitiert sich am liebsten selbst. 

Je verkommener eine menschliche Kreatur, desto eher fühlt sie sich beleidigt, respektlos behandelt, in ihrer Ehre verletzt.

Der Nicht-Antisemit ist ein Antisemit, der nach der derzeitigen deutschen Rechtsprechung, Israel, Juden diffamiert, diskriminiert, delegitimiert, jedoch nicht expressis verbis das Ziel der dritten Reichs, den Holocaust, die Judenvernichtung, befürwortet.

Aus Deutschland erreicht mich „tiefe Sorge um den Friedensprozess“. Vorsicht: Wo ist es im Nahen und Mittleren Osten derzeit so friedlich und vergleichsweise gewaltarm wie in Israel? Wo leben Araber derzeit sicherer als in Israel? Wo haben sie besseren Zugang zu Bildung, Arbeit, Konsum und medizinischer Versorgung? – Götz Aly

Islam ist weniger eine Religion und mehr eine totalitäre Gesellschaftsordnung, eine Ideologie, die absoluten Gehorsam verlangt und keinen Widerspruch, keinerlei Kritik duldet und das Denken und Erkenntnis verbietet. Der wahre Islam ist ganz anders, wer ihn findet wird eine hohe Belohnung erhalten.

Der religiöse Rassismus der Islamisten, der den völkischen Rassismus der Nazis ersetzt hat, erklärt Allah zum Führer und die Jihadisten zu seiner privilegierten Kampftruppe: Wenn man so will, zu Allahs SS. Der Zusammenhalt dieser Kampftruppe wird über die Jenseitserwartung von Hölle und Paradies, also über das Instrument der religiösen Angst, sichergestellt. Diese Selbstbildfantasie der Islamisten ist mit ihrer (zumeist antijüdischen) Feindbildfantasie untrennbar verknüpft. – Matthias Küntzel

Wahnsinn bedeute, immer wieder das gleiche zu tun, aber dabei stets ein anderes Resultat zu erwarten.

Gutmenschen sind Menschen, die gut erscheinen wollen, die gewissenlos das Gewissen anderer Menschen zu eigenen Zwecken mit Hilfe selbst inszenierter Empörungen instrumentalisieren.

Irritationen verhelfen zu weiteren Erkenntnissen, Selbstzufriedenheit führt zur Verblödung,

Wenn ein Affe denkt, „ich bin ein Affe“, dann ist es bereits ein Mensch.

Ein Mensch mit Wurzeln soll zur Pediküre gehen.

Wenn jemand etwas zu sagen hat, der kann es immer sehr einfach sagen. Wenn jemand nichts zu sagen hat, der sagt es dann sehr kompliziert.

Sucht ist, wenn jemand etwas macht, was er machen will und sucht jemand, der es macht, daß er es nicht macht und es nicht machen will.

Sollen die Klugen immer nachgeben, dann wird die Welt von Dummen regiert. Zu viel „Klugheit“ macht dumm.

Wenn man nur das Schlechte bekämpft, um das Leben zu schützen, bringt man gar nichts Gutes hervor und ein solches Leben ist dann nicht mehr lebenswert und braucht nicht beschützt zu werden, denn es ist dann durch ein solches totales Beschützen sowieso schon tot. Man kann so viel Geld für Versicherungen ausgeben, daß man gar nichts mehr zum Versichern hat. Mit Sicherheit ist es eben so.

Zufriedene Sklaven sind die schlimmsten Feinde der Freiheit.

Kreativität ist eine Intelligenz, die Spaß hat.

Wen die Arbeit krank macht, der soll kündigen!

Wenn Deutsche über Moral reden, meinen sie das Geld.

Ein Mensch ohne Erkenntnis ist dann  lediglich ein ängstlicher, aggressiver, unglücklicher Affe.

Denken ist immer grenzüberschreitend.

Der Mob, der sich das Volk nennt, diskutiert nicht, sondern diffamiert.

Legal ist nicht immer legitim.

Wer nicht verzichten kann, lebt unglücklich.

Sogenannte Sozial-, Kultur-, Geisteswissenschaften, Soziologie, Psychologie, Psychotherapie, Psychoanalyse, sind keine Wissenschaften mehr, sondern immanent religiöse Kultpropheten, organisiert wie Sekten. Es sind Sozio-, Pädago- und Psychokratien, Rackets, die Erkenntnis nicht fördern, sondern verhindern.

Ohne eine starke Opposition atrophiert jede scheinbare Demokratie zur Tyrannei, und ebenso eine Wissenschaft, zur Gesinnung einer Sekte.

Man kann alles nur aus gewisser Distanz erkennen, wer sich ereifert, empört, wer mit seiner Nase an etwas klebt, der hat die Perspektive verloren, der erkennt nichts mehr, der hat nur noch seine Phantasie von der Welt im Kopf. So entsteht Paranoia, die sich Religion, und Religion als Politik, sogar als Wissenschaft nennt.

Islamisten sind eine Gefahr, deswegen werden sie als solche nicht gesehen. Juden sind keine Gefahr, deswegen werden sie als solche gesehen. So funktioniert die Wahrnehmung von  Feiglingen.

Humorlose Menschen könner nur fürchten oder hassen und werden Mönche oder Terroristen.

Menschen sind nicht gleich, jeder einzelne Mensch ist ein Unikat.

Erkenntnis gilt für alle, auch für Muslime, Albaner, Frauen und Homosexuelle.

Islam gehört zu Deutschland, Judentum gehört zu Israel.

Der Konsensterror (Totalitarismus) ist in Deutschland allgegenwärtig.

Es wird nicht mehr diskutiert, sondern nur noch diffamiert.

Es ist eine Kultur des Mobs. Wie es bereits gewesen ist.

Harmonie ist nur, wenn man nicht kommuniziert.

Man soll niemals mit jemand ins Bett gehen, der mehr Probleme hat, als man selbst.

>>Evelyn Waugh, sicherlich der witzigste Erzähler des vergangenen Jahrhunderts, im Zweiten Weltkrieg, herauskommend aus einem Bunker während einer deutschen Bombardierung Jugoslawiens, blickte zum Himmel, von dem es feindliche Bomben regnete und bemerkte: “Wie alles Deutsche, stark übertrieben.“<< Joseph Epstein

Man muß Mut haben, um witzig zu sein.

Dumm und blöd geht meistens zusammen.

Charlie Hebdo: solche Morde an Juden sind euch egal, mal sehen wie”angemessen”  ihr reagiert, wenn (wenn, nicht falls) eure Städte von Islamisten mit Kasam-Raketen beschossen werden.

Christopher Hitchens großartig: „In einer freien Gesellschaft hat niemand das Recht, nicht beleidigt zu werden.“

Je mehr sich jemand narzisstisch aufbläht, desto mehr fühlt er sich beleidigt und provoziert.

“Das Problem mit der Welt ist, daß die Dummen felsenfest überzeugt sind und die Klugen voller Zweifel.” – Bertrand Russel

Das Problem mit den Islamisten in Europa soll man genauso lösen, wie es Europa für den Nahen Osten verlangt: jeweils eine Zweistaatenlösung, die Hälfte für Muslime, die andere Hälfte für Nicht-Muslime, mit einer gemeinsamen Hauptstadt.

Was darf Satire? Alles! Nur nicht vom Dummkopf verstanden werden, weil es dann keine Satire war.

Islamimus ist Islam, der Gewalt predigt.

Islam ist eine Religion der Liebe,und wer es anzweifelt, ist tot.

Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke. Der Islam ist die friedliche Religion der Liebe George Orwell 2015

Islam ist verantwortlich für gar nichts, Juden sind schuld an allem.

Islamisten sind Satanisten. Islamismus ist eine Religion von Idioten.

Leute fühlen sich immer furchtbar beleidigt, wenn man ihre Lügen nicht glaubt.

Jeder ist selbst verantwortlich für seine Gefühle.

Die Psychoanalyse geht niemanden außer den Psychoanalytiker und seinen Patienten etwas an, und alle anderen sollen sich verpissen.

“Zeit ist das Echo einer Axt
im Wald.
Philip Larkin, Gesammelte Gedichte

Wenn jemand wie Islamisten sein Ego endlos aufbläht, dann verletzt er seine eigenen Gefühle schon morgens beim Scheißen.

„Die sieben Todsünden der modernen Gesellschaft: Reichtum ohne Arbeit Genuß ohne Gewissen Wissen ohne Charakter Geschäft ohne Moral Wissenschaft ohne Menschlichkeit Religion ohne Opfer Politik ohne Prinzipien.“
―Mahatma Gandhi

„Wo man nur die Wahl hat zwischen Feigheit und Gewalt, würde ich zur Gewalt raten.“
―Mahatma Gandhi

Warum zeigt sich Allah nicht? Weil er mit solchen Arschlöchern nichts zu tun haben will.

„Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus’. Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus’.”  – Ignazio Silone

Politische Korrektheit verlangt eine Sprache für ein Poesiealbum.

Psychoanalyse ist frivol, oder es ist keine Psychoanalyse.

Bunte Vielfalt, früher: Scheiße

Was der Mensch nicht mehr verändern, nicht mehr reformieren kann, ist nicht mehr lebendig, sondern sehr tot. Was tot ist, das soll man, das muß man begraben: Religion, Ehe, Romantizismus, etc.

Romantik ist scheiße.

Die Realität ist immer stärker als Illusionen.

Deutschland gestern: der Wille zur Macht.
Deutschland heute: der Wille zur Verblendung.
Deutschland morgen: 德國

Deutsche Psychoanalyse? Großartig, wie deutscher Charme, deutscher Humor und deutscher Esprit.

Der Widerstand fängt mit einer eigenen, anderen Sprache als die der Diktatur.

Smart phones for stupid people.

Ein Linker kann, muß aber nicht dumm sein.

Wenn man ganzen Staaten nicht übel nimmt, wenn sie mit Millionen Opfern Selbstmord begehen, warum dann einem Co-Piloten mit 149 Toten?

Nur die Reinheit der Mittel heiligt den Zweck.

Ein extremer Narzißt ist ein potentieller Terrorist, und jeder Terrorist ist ein extremer Narzißt.

Islamisierung bedeutet Verblödung.

…der hiesige Autoritarismus (ist) einer ohne Autorität und der hiesige Konventionalismus einer ohne Konventionen. Schon bei den Nazis war nicht das Wort des Führers Befehl, sondern sein Wille, den der kongeniale Volksgenosse erahnte. Nie hätte der Nationalsozialismus funktioniert, hätte den Deutschen jede ihrer Missetaten bei Strafandrohung befohlen werden müssen. Anders, als es das Wort vom „Befehlsnotstand“, von der „Gleichschaltung“ oder vom „Führer“ selber glauben machen will, herrschte das NS-System durch Gehorsam ohne Befehl. (W. Pohrt, Der Weg zur inneren Einheit)

Der faschistische Sozialpakt existiert im bundesdeutschen Postfaschismus weiter als eine im Resultat aufgehobene Voraussetzung, die unmittelbar keine Spur ihrer gewaltförmigen Durchsetzung mehr an sich trägt: umso besser kann diese Tatsache verleugnet und der Nationalsozialismus als das Verbrechen einiger Irrer, als „Unrechtsstaat“, als „das Schlimmste, das Menschen einander je angetan haben“ exorziert werden. Diese Lebenslüge der BRD ist das Fundament aller demokratischen „Vergangenheitsbewältigung“, jenes kollektiven Beschweigens des Nationalsozialismus, das durchaus auch die Form enervierender Redseligkeit annehmen kann. Weil das postfaschistische Deutschland in institutioneller wie personeller Hinsicht in Kontinuität zu seinem Vorgänger steht, muß ausnahmslos jeder Versuch einer Vergangenheitsbewältigung innerhalb des sich weiterschleppenden Systems zur symbolischen Distanzierung, zum substanzlosen Gestus geraten. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Deutschen einen schier unerschöpflichen Vorrat an größeren und kleineren Entlastungslügen angelegt, aus dem sie sich je nach Gelegenheit und Bedarf bedienen. Danach war das nationalsozialistische System wahlweise das Werk von Hitler höchstpersönlich, einer kleinen Verbrecherclique und ein paar Helfershelfern oder des Monopolkapitals und seiner Schergen. Otto Normalvergaser jedenfalls hat „von alledem nichts gewußt“, war „im Grunde auch dagegen“ oder „konnte gar nicht anders handeln“, weil „Befehlsnotstand“ herrschte und man im Falle des Zuwiderhandelns sofort „ins KZ gekommen“ wäre. “ (…) „Heute haben die Verbreitung des Gerüchts und die Verbreitung der Neidbeißerei neue, technische Möglichkeiten. Sie können sich über das Internet und diverse Subnetzwerke und Blogs rasend verbreiten und auch auf die Politik einen Druck erzeugen, sich ihnen zu beugen. Die gesellschaftliche Mobilmachung wirkt so wieder auf die Politik zurück. Sie muss sich den entsprechenden Stimmungen beugen, weil sonst die Wiederwahl gefährdet würde. Die Devise »Ich bin ihr Führer, also muss ich ihnen folgen«, bleibt auch im zerfallenen Postnazismus das prinzipienlose Grundprinzip von Herrschaft.“ (…) Spezialisierung und Diversifikation sind die zeitgemäße Erscheinungsform von Vermassung und Uniformität. (…) 1 x 1 materialistischer Kritik: es  muss darum gehen, Erscheinungen in eine Konstellation zu bringen, in der sie lesbar werden. (…) Je antirassistischer und weltoffener sich die Deutschen aufführen, desto mehr ähneln sie wieder einer gegen ihre Todfeinde verschworenen Horde, die nicht mehr auf Exklusivität pocht, sondern die Anforderungen zum Mitmachen wieder flexibilisiert hat und sich ihr Jagdrevier mit anderen teilt, sofern sie sich bewähren. Und weil gerade die Entfernung vom Nazismus die Nähe zu ihm verbürgt, waren und sind das diejenigen, die in Personensache am wenigstens mit Nazifaschistischem in Verbindung zu bringen sind, die Linksradikalen, die Linksliberalen, die Linken, die Antifaschisten, die entschiedensten Schrittmacher dafür, dass der anfangs noch gar nicht wirklich übergreifende postnazistische Fundamentalkonsens tatsächlich totalisiert und auf die Höhe der Zeit gebracht werden konnte. Die Nazis und die Rechten hingegen waren für diesen Vorgang nur von unterordnetem Belang. Sie standen immer schon für eine in ihrer konkreten Ausprägung gestrige Gesellschaftsformation und deshalb ging von ihnen auch nie eine ernsthafte Gefahr eines neuen Faschismus aus. Diese Totalisierung der Gemeinschaft der Demokraten, die hauptsächlich die Linke mit herbeigeführt hat, ist allerdings identisch und das zeigt sich heute mit ihrem Zerfall. Dieser wiederum ist im Selbstwiderspruch der postnazistischen Vergesellschaftung angelegt, in der der bereits erwähnte nazistische Kurzschluss von Staaten Subjekt im Modus permanenter Mobilmachung in den politökonomischen Formen im Doppelsinne aufgehoben ist. Seiner Substanz nach anerkannt und aufbewahrt, wie vorerst suspendiert und seiner Verlaufsform nachgezügelt. Also statt den Blockwarten gab es Aktenzeichen XY, da durfte sich jeder dann auch telefonisch dran beteiligen, aber richtige Jagdszenen gab es in der alten Bundesrepublik nicht oder nur in Ausnahmefällen. Taxiert selbst zu Zeiten der Prosperität jeder insgeheim seinen Erwerb als verkappte Arbeitslosenunterstützung, so mobilisiert die Krise der postnazistischen Vergesellschaftung erst Recht die Sehnsucht nach der alten Staatsunmittelbarkeit. Johannes Agnoli schrieb dazu schon in der Transformation der Demokratie 1966: „Der präfaschistisch liberale Ruf nach dem starken Staat wiederholt sich postfaschistisch neoliberal“. Und damit gerät das ganze System des autoritären Etatismus und geraten letzten Endes die politökonomischen Vermittlungen als solche wieder ins Visier des Volkszorns und es war wiederum die Linke, die noch zu Zeiten, wo keine Krise in Sicht war, im sinistren Tram nach Liquidation der Vermittlungen die Zunge gelöst und ihm neue fantasievolle und kreative, wie es so schön heißt, Äußerungsformen zur Verfügung gestellt hat. Sie war das Laboratorium, in dem die allgemeine Mobilmachung eingeübt und jener darauf zugeschnittenen neue und zugleich sehr alte Sozialcharakter herangebildet wurde, indem sich mittlerweile eine Mehrheit spontan wieder erkennt. Derjenige Sozialcharakter, der nach dem Motto „Ich leide, also bin ich“ sich einerseits unter Berufung auf die höchst unverwechselbare Diskriminierung, die ihm angeblich wiederfährt, zur kleinsten existierenden Minderheit erklärt, sich gleichsam nach dem Muster verfolgter und in ihrer Kultur bedrohter Völker begreift und andererseits als Gegensouverän seine private, warnhafte Feinderklärung allen anderen oktroyieren möchte und diesem Zweck entweder vorhandene gesellschaftliche Organisationen zu Rackets umfunktioniert, neue Rackets gründet oder andere Rackets mit ins Boot holt. Der einstige demokratische Fundamentalkonsens wird dadurch einerseits ins einzelne Subjekt zurückverlagert und andererseits vermittlungslos verallgemeinert. Aus der formell kollektiven Feinderklärung der Mitte gegen die Extreme, das war der Normalfall in der Bundesrepublik bis weit in die 80er Jahre, Terroristenhasse, einige werden sich noch daran erinnern. Aus dieser kollektiven Feinderklärung der gesellschaftlichen Mitte gegen die Extreme wird also die pluralisierte Feinderklärung alle gegen alle, die getrennt vereint sich zusammenrotten und auf diese Weise zerfällt die Gemeinschaft der wehrhaften Demokraten und reorganisiert sich zugleich hin zu zerfallen. Ein Zitat von Wolfgang Port in einem anderen Zusammenhang macht es sehr schön deutlich: „Wie durch höhere Gewalt sondern sich die Langen von den Kurzen, die Weiblichen von den Männlichen, die Alten von den Jungen, die Dicken von den Dünnen ab“ und das Resultat ist eine Segregation und Ghettoisierung durch welche die Metropolen, einem riesigen Freiluftgefängnis mit seinen Unterabteilungen für Männer und Frauen, Jugendliche, Kranke, Alte, Port schreibt etc., man könnte noch Schwule und Lesben und Migranten und was weiß ich noch alles ergänzen, Protestanten, Katholiken, Ossis, Wessis, immer ähnlicher werden. Neu ist, dass dieses Freiluftgefängnis als eine kulturelle Einrichtung und seine Insassen als Kulturbotschafter begriffen werden und es ist diese nahezu flächendeckende Selbstkulturalisierung der gesellschaftlichen Mehrheit und der einzelnen Individuen in ihr, die in der Postmoderne ihr bewusstloses Selbstbewusstsein und ihre Legitimation erfährt und im antirassistischen PC-Sprech sich ihren Ehrenkodex schafft, ihre Omertà, die sich an ihresgleichen und die verbliebenen Kritiker draußen richtet, Islamophobie ist ihr derzeit aktuellstes Schlagwort. Dieser Vorgang, diese Selbstkulturalisierung der gesellschaftlichen Mitte und ihr Zerfall ist also die Bedingung der neuen Haltung Ausländern und Migranten gegenüber, an denen die Deutschen projektiv ihre ersehnte Regression auf den Stamm illustrieren. Was ihnen umso leichter gelingt, als manch ihrer Repräsentanten und Lobbyisten sich anschicken, genau dem Bilde zu gleichen, das die Deutschen sich seit jeher von ihnen machten und wofür sie von ihnen jetzt nach kollektiv und offiziell ins Herz geschlossen werden. Der mittlerweile zur Dauereinrichtung erklärte Karneval der Kulturen ist nichts anderes als ein Zerfallsprodukt der postfaschistischen Demokratie, mehr noch, er ist diese Gemeinschaft in einer zugleich flexibilisierten und pluralisierten und kollektivierten Gestalt. In dieser Völkerfamilie, die die Deutschen gerne auf der ganzen Welt hätten, wären da nicht Israel und die USA als Störenfriede und die sie aus Mangel an Realisierungschancen deshalb erstmal bei sich zuhause einrichten, geht es dabei zu, wie in jeder guten Familie: Die einzelnen Mitglieder sind einander spinnefeind und die Widersprüche und Konflikte, die daraus resultieren, gehören auch voll und ganz dieser Vergesellschaftung an, sind von ihr konstituiert und dazu gehört ein fein dosiertes Spiel mit Fremdheit und Nähe, das von allen Beteiligten auch weiterhin gepflegt wird, weil damit ein moralisches Plus bei der Gefolgschaft eingefahren werden kann. (…) Der zweite Weltkrieg war ein kulturindustrielles Massenevent. (…) Eine neue Barbarei sei stets zu befürchten, wird sich nicht aus dem Geist Nationalsozialismus unmittelbar speisen, sondern im Gewande von demokratischem Antifaschismus von Lernen aus der Geschichte und political correctness daher kommen.(…) Abwehr des offenen Faschismus durch dessen demokratische Entnazifizierung und Eingemeindung. (…) Je antirassistischer und weltoffener sich die Deutschen aufführen, desto mehr ähneln sie wieder einer gegen ihre Todfeinde verschworenen Horde, die nicht mehr auf Exklusivität pocht, sondern die Anforderungen zum Mitmachen wieder flexibilisiert hat und sich ihr Jagdrevier mit anderen teilt, sofern sie sich bewähren. (…) Die postnazistische Demokratie hat  die nationalsozialistische Mobilmachung des „gesunden Volksempfindens“ zwar nicht abgeschafft, sondern nur sistiert – sie hat es aber andererseits auch in die Latenz abgedrängt und damit gebremst, indem sie es in die mediatisierende Form des bürgerlichen Repräsentationsprinzips zwängte.  (…) „Rassismus“ ist ein ideologisches Stichwort eines anti-rassistischen Rackets, das jeden Realitätsbezugs entbehrt, das seine Mitglieder vielmehr nur als Ausweis von Gesinnungsfestigkeit und Ehrbarkeit vor sich hertragen und das ihnen als probates Mittel dient, um nach Willkür und freiem Ermessen festzulegen, wer gerade als „Rassist“ zu gelten hat. Und dieses „anti-rassistische“ Racket, das sind heutzutage fast alle: längst ist die Gegnerschaft zum Rassismus keine Domäne der Linken mehr, sondern offizielle Staatsraison und common sense aller Ehrbaren und Wohlmeinenden, und das ist die erdrückende Mehrheit.  (…) Von der moralisierenden Aufdringlichkeit und der enervierenden Verlogenheit einmal abgesehen, ist die Ehrfurcht, die „anderen Kulturen“ entgegengebracht wird und die Unterwürfigkeit, mit der ihre Träger geradezu als Heilsbringer verehrt werden, keine Gegenposition zum Rassismus, sondern dessen logische wie historische Voraussetzung, die im Rassismus und allen naturalisierenden Ideologien als ein Moment überlebt: deren Grundmuster ist die projektive Bekämpfung dessen, was man selbst gern möchte, aber nicht erreichen kann, und deshalb gehört zur Diskriminierung der Neger wegen ihrer „Faulheit“ die Bewunderung für den „Rhythmus, den sie im Blut haben“ und die Achtung vor ihrer „sagenhaften Potenz“; somit ist der „Anti-Rassismus“ nichts weiter als die notwendige Kehrseite des Rassismus selbst, die sich von diesem abgespalten hat und gegen ihre eigene Grundlage wendet. Historisch jedenfalls geht die Wertschätzung fremder Kulturen ihrer späteren, „rassisch“ legitimierten Abqualifizierung voran und sie ist auch logisch deren Voraussetzung: Christoph Columbus etwa beschreibt in seinen Tagebüchern die Eingeborenen, die er 1492 auf den Bahamas, Cuba und schliesslich Haiti angetroffen hat, folgendermaßen: sie sind „ängstlich und feige“, „sehr sanftmütig und kennen das Böse nicht, sie können sich nicht gegenseitig umbringen“, „sie begehren die Güter anderer nicht,“ und er resümiert: „Ich glaube nicht, dass es auf dieser Welt bessere Menschen oder ein besseres Land gibt.“ (7)  (…) Protestantische Innerlichkeit: gemäß der Devise, dass vor der schlechten Tat der schlechte Gedanke und das schlechte Wort kommen, die man demzufolge austreiben muss, damit alles besser wird. (…) So kommt es, dass es heute der Anti-Rassismus ist, der, unter dem Vorwand, heldenhaft gegen einen in Wahrheit nicht existenten „Rassismus“ zu kämpfen, Respekt und Toleranz noch für die rückständigsten und unmenschlichsten Sitten und Gebräuche einfordert und damit selbst als Protagonist und Fürsprecher einer Verrassung der restbürgerlichen Gesellschaft fungiert.  (..) Die unterschiedliche Pigmentierung der menschlichen Haut ist eine objektive Gegebenheit, keine bloße Erfindung. (…) Rasse heute ist die Selbstbehauptung des bürgerlichen Individuums, integriert im barbarischen Kollektiv. (…) Der nervige Sozialcharakter des Gutmenschen ist offenbar eine fast zeitlose Erscheinung und in den verschiedensten Lebensbereichen anzutreffen, die Wahrscheinlichkeit, ihm in fortschrittlichen sogenannten „politischen Zusammenhängen“ zu begegnen, ist besonders hoch: werden doch hier traditionell die altruistischen Tugenden – das Mitgefühl, die Solidarität, Selbstlosigkeit etc. – besonders hoch angeschrieben und deshalb sind sie das geeignete Betätigungsfeld für Sozialcharaktere, die sich als Ersatz für ihr eigenes ungelebtes Leben vorzugsweise mit dem Leiden anderer als Fetisch verbinden. (…) Es sind aber gerade die höchsten Tugenden, die die niedersten Instinkte decken, wie schon Marx wusste: „Bis jetzt hat der Mensch sein Mitgefühl noch kaum ausgeprägt. Er empfindet es bloß mit dem Leiden, und dies ist gewiss nicht die höchste Form des Mitgefühls. Jedes Mitgefühl ist edel, aber das Mitgefühl mit dem Leiden ist die am wenigsten edle Form. Es ist mit Egoismus gemischt. Es neigt zum Morbiden […] Außerdem ist das Mitgefühl seltsam beschränkt […] Jeder kann für die Leiden eines Freundes Mitgefühl empfinden, aber es erfordert […] das Wesen eines wahren Individualisten, um auch am Erfolg eines Freundes teilhaben zu können. (…) Und da jeder demonstrative Altruismus nicht nur einen kleinlichen Egoismus bemäntelt, sondern auch mit dem Anspruch des Idealisten einhergeht, erzieherisch auf das Objekt seiner Zuwendung einzuwirken, ist er die adäquate Ideologie von Rackets, und auch das ist Wilde nicht entgangen: Barmherzigkeit, so schreibt er, sei die „lächerlich unzulängliche Art der teilweisen Rückerstattung oder ein sentimentales Almosen, gewöhnlich verknüpft mit dem skandalösen Versuch des rührseligen Spenders, auf (das) Privatleben (der Armen) Einfluss zu nehmen. (…) Im totalisierten Zugriff auf die ihr Unterworfenen ist die sozialistische Bewegung bis auf den heutigen Tag ebenfalls als ein Racket des Tugendterrors anzusprechen, betrachtet sie es doch als ihre Aufgabe, das Proletariat oder das gerade angesagte Subjekt seiner „wahren Bestimmung“ zuzuführen und d.h. es im Sinne der von ihm zu realisierenden Ideale zu erziehen – und das bedeutet stets noch: ihm die Untugenden und Laster auszutreiben, die der Vorhut als Male der individualistischen Bürgerwelt erscheinen: etwa Alkoholabusus, Faulenzerei, „zerrüttete“, „unsittliche“ Verhältnisse zwischen den Geschlechtern etc. Und um dieser Aufgabe gerecht zu werden, müssen die selbsternannten Vertreter der Klasse die von ihnen verfochtenen Tugenden in eigener Person glaubwürdig verkörpern und deshalb in einer noch rigideren Weise als der gemeine Bürger sich als Subjekte zurichten, d.h. ihre Individualität dem Allgemeinen (dem Kollektiv, der Klasse, dem Frieden etc.) opfern, um totale Identität mit ihm zu erlangen. Wenn Identität letzten Endes den Tod bedeutet, dann hat die Bemühung um sie vorzeitige Erstarrung und prämortale Leblosigkeit zur Folge – von daher die bis in die Gegenwart zu beobachtenden verhockten, verkniffenen und lauernden Mienen aller professionellen Menschheitsbeglücker, ihre rigide Zwangsmoral und durchgängige Humorresistenz, die immergleichen offiziösen Phrasen, die sie dreschen, die tödliche Langeweile, die von ihnen und ihrem penetranten Sendungsbewusstsein ausgeht, und ihr chronisches Beleidigtsein, wenn sie beim Gegenüber auch nur den Hauch eines Zweifels an ihrer aufgetragenen Gutartigkeit zu erspüren glauben. Und zu alldem glauben diese Leute sich auch noch ermächtigt, diese ihre trostlose Existenz zur verbindlichen Richtschnur für alle anderen zu erklären.“ – Clemens Nachtmann

„Die rebellische Haltung, vor einem Jahrzehnt noch das Privileg von Einzelgängern, ist heute Ausdruck des Konformismus. Man will dazugehören, nicht als Schlappschwanz gelten“ – Horkheimer

„Die Demokratie ist nichts weiter als die Herrschaft des Knüppels über das Volk durch das Volk für das Volk. (…) Es gibt drei Arten von Despoten: den Despoten, der den Leib knechtet, den Despoten, der die Seele knechtet und den Despoten, der Leib und Seele zugleich knechtet. Der erste heißt Fürst. Der zweite heißt Papst. Der dritte heißt das Volk. (..) Wer das Volk führen will, ist gezwungen, dem Pöbel zu folgen“ (…) „Man hört immer wieder, der Schulmeister sterbe aus. Ich wünschte beileibe, dem wäre so. Aber der Menschentypus, von dem er nur ein und gewiss noch der harmloseste Vertreter ist, scheint mir wahrhaftig unser Leben zu beherrschen; und wie auf ethischem Gebiet der Philanthrop die größte Plage ist, so ist es im Bereich des Geistes derjenige, der so sehr damit beschäftigt ist, andere zu erziehen, dass er nie Zeit gehabt hat, an seine eigene Erziehung zu denken […] Wie schlimm aber, Ernest, ist es, neben einem Menschen zu sitzen, der sein Leben lang versucht hat, andere zu erziehen! Welch eine grausame Tortur! Was für eine entsetzliche Borniertheit, die unvermeidlich aus der fatalen Gewohnheit resultiert, anderen seine persönlichen Überzeugungen mitteilen zu wollen! Wie sehr dieser Mensch durch seine geistige Beschränktheit auffällt! Wie sehr er uns und fraglos auch sich selbst anödet mit seinen endlosen Wiederholungen und seiner krankhaften Besserwisserei! Wie sehr er jedes Anzeichen geistigen Wachstums vermissen lässt! Wie verhängnisvoll ist der Kreis, in dem er sich unablässig bewegt.“ – Oscar Wilde
„Was die Menschheitsbeglücker in Wahrheit bewirken, ist ihr eigener moralischer Selbstgenuss in der angemaßten oder tatsächlichen Herrschaft über andere, aber gerade nicht die praktische Lösung der Dinge, um die es ihnen vorgeblich so selbstlos zu tun ist: „In den Augen des Denkers allerdings liegt der wahre Schaden, den das moralische Mitgefühl anrichtet, darin, dass es unser Wissen begrenzt und so verhindert, dass wir auch nur eines unserer sozialen Probleme lösen.“ (Wilde) Das Selbstopfer fürs Kollektiv erweist sich nicht nur als die wahre Selbstsucht, sondern auch als gegen die Gattung gerichtet: „Denn die Entwicklung der Gattung hängt von der Entwicklung des Individuums ab, und wo die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit als Ideal abgedankt hat, ist das Absinken des intellektuellen Niveaus, wenn nicht gar dessen gänzliches Verschwinden die unmittelbare Folge.“ (Wilde) Und das vorgeblich so praktische und zielorientierte Tun erweist sich als in Wahrheit konfus und unpraktisch: denn es verlässt den Bannkreis des Notwendigen und Zwanghaften nicht, ja, es bestärkt dessen Macht umso mehr, je auftrumpfender und verblendeter es sich in seiner moralischen Selbstgerechtigkeit verhärtet und alle Selbstaufklärung abwehrt. Solange die Gesellschaft den Individuen als fremde äußere Macht entgegentritt, verkehrt sich die gute Intention regelmäßig in ihr Gegenteil und ist menschliches Handeln „nur blindes Tun, abhängig von äußeren Einflüssen und angetrieben von einem dunklen Impuls, von dem es selbst nichts weiß. Es ist seinem Wesen nach unvollkommen, weil es vom Zufall begrenzt wird, und unwissend über seine eigentliche Richtung, befindet es sich zu seinem Ziel stets im Widerspruch […] Jede unserer Taten speist die große Maschine des Lebens, die unsere Tugenden zu wertlosem Staub zermahlen oder aber unsere Sünden in Bausteine einer neuen Kultur verwandeln kann.“ (…) Die Misere des Sozialismus von seinen Anfängen bis heute war und ist stets zuverlässig abzulesen an seiner Verachtung aller autonomen, zweckfreien, in sich begründeten und eben darin gesellschaftlich bestimmten Kunst, weil sie die – prekäre und unvollständige – Emanzipation des Individuums von Blut, Scholle, Rasse, Kollektiv vorausträumt und ihr Ausdruck verleiht. Die Kunst, die sozialistische Bewegungen oder Regimes dann hervorbringen und fördern, eine Kunst, die „Partei ergreifen“, „Stellung beziehen“ und „gesellschaftliche Verantwortung“ dokumentieren soll, zerstört jedoch sich selbst und ihre Voraussetzungen. (…) „Kunst ist Individualismus und der Individualismus ist eine verstörende und zersetzende Kraft. Gerade darin liegt sein unermesslicher Wert. Denn was er aufzubrechen versucht, ist die Einförmigkeit des Typischen, die Sklaverei der Konvention, die Tyrannei der Gewohnheit und die Erniedrigung des Menschen auf das Niveau einer Maschine. (…) alle Künste sind amoralisch, ausgenommen die niederen Formen der sinnlichen oder belehrenden Kunst, die uns zu guten oder schlechten Taten anstiften wollen“ (…) Selbstsucht strebt immer danach, der gesamten Umwelt ein Einheitsmaß aufzuzwingen“ „Selbstlosigkeit bedeutet, andere Leute in Ruhe zu lassen, sich nicht in ihr Leben einzumischen […] Die Selbstlosigkeit weiß die unendliche Vielfalt als etwas Kostbares zu schätzen, sie akzeptiert sie, lässt sie gewähren und erfreut sich an ihr.“ (…) „Die erste Pflicht im Leben ist, so künstlich wie möglich zu sein. Die zweite Pflicht ist noch unbekannt.“(Wilde)
Antizionismus und Antiamerikanismus, ihr Philo-Islamismus nichts anderes sind als moderne Varianten des urdeutschen Antisemitismus.  (…) Massen laufen zur Deutschen Ideologie über, wenn Politik und Staat ihnen diesen Weg nicht versperren (…) Der Vernünftige braucht keinen Dialog mit Leuten zu führen, die sich nicht von Grund auf von denjenigen distanzieren, die Juden oder, was dasselbe ist, den Zionismus für ihr und anderer Leute Unglück verantwortlich machen. Er denunziert desgleichen jede Verhandlungsbereitschaft denen gegenüber, die, bevor sie sich als Staatsbürger und Marktsubjekte definiert haben, als Angehörige einer Religions- oder Volksgemeinschaft anerkannt werden wollen. (…) Antizionismus und Antiamerikanismus, ihr Philo-Islamismus nichts anderes sind als moderne Varianten des urdeutschen Antisemitismus. (…) Antideutsch denken und handeln heißt demzufolge, die politischen Vermittlungs- und Repräsentationsformen in Gesellschaft und Staat, die auf der Trennung von freien und gleichen Warenbesitzern einerseits und am Allgemeinwohl orientierten Staatsbürgern andererseits beruht, gegen die zu verteidigen, die diese Teilung zugunsten eines autoritären Volksstaates überwinden wollen, dessen Subjekte von nichts anderem als von seinen Wohlfahrtsleistungen abhängig sind. Wer in diesem Sinne das Etikett „antideutsch“ nicht auch auf sich bezieht, mißachtet zumindest die Gefährlichkeit der – selbstredend nicht auf Deutschland und deutsche Staatsbürger beschränkte, sondern immer schon weltweit grassierende – Deutschen Ideologie, deren historischer Kern darin besteht, daß auf ihr Konto nicht nur „normale“ kapitalbedingte Ausbeutung und Herrschaft, nicht nur die dem Kapital aus Prinzip immanenten Kriege und nicht nur der ihm in seinen Grund eingeschriebene Antisemitismus gehen, sondern fördert das Überleben einer Ideologie, der zudem noch die historisch und empirisch nicht zu leugnende Tatsache eingeschrieben ist, daß die deutsche Fassung der Beziehung von Staat und Gesellschaft die Auslöschung der Menschheit in zwei Weltkriegen im allgemeinen und den eliminatorischen Antisemitismus im besonderen beinahe total verwirklicht hätte. In der Existenz des Staates Israel manifestiert sich der Einspruch gegen den historisch bewiesenen Vernichtungswahn Deutscher Ideologie praktisch und empirisch. – Manfred Dahlmann

„Wird Freiheit mit Zügellosigkeit verwechselt, entsteht Rücksichtslosigkeit.
Am Schluss Gleichmacherei.
Ihr seid aber nicht alle gleich.
Noch nie wart ihr alle gleich.
Ihr lasst es euch aber einreden.
So werdet ihr immer respektloser, ungenießbarer gegeneinander.
Vergeudet in Kleinkriegen eure Zeit, als hättet ihr ein zweites Leben.
Weil ihr tatsächlich alles verwechselt.
Behauptungen mit Beweisen.
Gerechtigkeit mit Maß.
Religion mit Moral.
Desinteresse mit Toleranz.
Satire mit Häme.
Reform mit Veränderung.
Nachrichten mit Wirklichkeit.
Kulturunterschiede haltet ihr für Softwarefragen und ihre Analyse ersetzt ihr mit Anpassung.
Ihr habt die Maßstäbe verloren.
Der Gordische Knoten ist ein Keks gegen eure selbstverschuldete Wirrsal.

Man geht immer fehl, sucht man den Ursprung menschlicher Handlungen außerhalb der Leidenschaft des menschlichen Herzens …

Der Separatismus gendert sich in die Köpfe, sitzt in Regierungen.
Männer sind keine Männer mehr. Frauen keine Frauen, sondern ‚Menschen mit Menstruationshintergrund’, Quote ist Trumpf.
Auf gar keinen Fall sollen Mann und Frau sich noch als zwei Teile eines Ganzen begreifen. Damit die Geschlechter noch mehr aneinander verzweifeln.
Bis alle in destruktiver Selbstbezogenheit stecken.
Am Ende: Mann ohne Eier. Frau ohne Welt.

Auf die Erschöpfung des Mannes wird aber nur die Erschöpfung der Frau folgen, das sage ich euch.
Auf die Verstörung der Kinder folgt die Zerstörung der menschlichen Schöpfung.“– Hans Dieter Hüsch

Es gibt zweierlei Ethik: die moralische, der die Realität egal ist und die der Verantwortung, die reale Folgen der ethischen Forderungen berücksichtigt. Die erste ist gut gemeint, die zweite ist gut gemacht.

Was dem einen seine Souveränität, ist dem anderen seine Eigenmächtigkeit.

Das Schöne am Euro war, dass die Gewinner immerzu gewinnen konnten, ohne dass ihnen gleich die Quittung präsentiert wurde. Denn sie verdienen ja am Ausland, was heißt, eigentlich ein im Maße des Verdienens zunehmend schlechtes Geld – das ist durch den Euro aufgehoben worden: Man konnte ständig an einer anderen Nation verdienen, ohne dass das Geld dieser Nation darunter gelitten hat, weil sie gar kein eigenes hat. Der Wert dieses Geldes repräsentiert nicht die Leistungsfähigkeit dieser Nation. So hat der Euro von dem innereuropäischen Verdienen aneinander sogar noch gelebt; er hat vor der Krise absurderweise nur den Konkurrenzerfolg der Gewinner repräsentiert.

— Das ist ja mit der Idylle charakterisiert. Dass zunächst mal alle Seiten Gewinner des neu eingeführten Euro waren. Auch die, die ihre vergleichsweise Weichwährung gegen den Euro getauscht haben und damit auf einen Schlag Kredit zu ganz anderen Konditionen und Möglichkeiten hatten. Insofern waren die späteren Verlierer erst mal auch Gewinner.

Kein Nazifaschist hat je wirklich geglaubt, er bezöge die Ermächtigung seiner Ansprüche aus dem Teutoburger Wald; keiner seiner demokratischen Erben hat jemals tatsächlich gedacht, ihnen erwüchse Legitimität im Resultat des “Lernens aus der Geschichte”; niemals war ein Sozialist der Ansicht, es sei die famose “Befreiung der Arbeit” und nicht vielmehr das Recht auf Beute, was seine Politik im Interesse der Arbeiterklasse motivierte. Und keinesfalls erwächst den Palästinensern irgendein Recht aus der Tatsache, daß sie zuerst da waren. Einer Gesellschaft, der Hunger kein Grund ist zur Produktion, kann auch das Leiden kein Grund sein zur Solidarität. Es ist die Ideologie, die mit der Unmittelbarkeit des Leidens agitiert, die aus dessen fragloser Evidenz Sinn zu schlagen sucht, sei es im Sinne von Caritas oder Amnesty International, sei es im Sinne der Freunde des palästinensischen Volkes für den Israelhaß der Antisemiten wie für den Islamfaschismus dieses Volkes. Ariel Scharon jedenfalls, der Zionist und praktische Antifaschist, ist dem aufgelösten Rätsel der Geschichte näher als die deutsche Linke, deren “Antifaschismus” sich als Aufstand der Anständigen à la Gerhard Schröder oder als Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausagiert. (…) Im Wesen Israels als des ungleichzeitigen Staates der Juden liegt es aber nicht nur, Reaktion auf den Verrat an Aufklärung und Weltrevolution, nicht nur, Notwehrversuch gegen den Nazifaschismus und Asyl zu sein. Sondern eben auch, daß die üblichen Muster der bürgerlichen Rollenverteilung – hier das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates im allgemeinen und dort die Personen, die die Regierungsausübung im besondern besorgen – für den israelischen Staates aufgrund seiner Konstitutionsbedingungen keine Geltung mehr hat. Was sich unter anderem darin zeigt, daß diese “Kritiker” der israelischen Regierungspolitik für den faschistischen Mob und die Behörden, die Selbstmordattentäter belohnen, Verständnis aufbringen (Folge von Besatzung und Ausbeutung), dagegen für den Versuch, die militärische Infrastruktur der Gegner Israels zu zerschlagen, am liebsten die Begriffe Auslöschung oder Ausrottung der palästinensischen Bevölkerung im Munde führen. Wie hinter der treudoofen Frage, ob es nicht möglich sein müsse, Spekulanten als das zu bezeichnen, was sie sind, ohne gleich als antisemitisch zu gelten, so verbirgt sich hinter der treulinken Frage, ob nicht auch in Israel, weil es sich auch dort um eine bürgerliche Gesellschaft handele, Faschismus möglich sei, die Erkenntnis dieser Fusion in verquerer und verschrobener Gestalt. Verquer, weil ja gerade erklärt werden sollte, wie Israel, dieser Fusion zum Trotz, eine parlamentarische Demokratie ist und bleibt; verschroben, weil diese Einheit von Staat und Regierung im Übergang von einem unerträglichen Alten (die Vernichtungsdrohung) zum noch nicht erreichten Neuen (die herrschaftslose Gesellschaft) ja doch den Inbegriff dessen ausmacht, was einmal als “Diktatur des Proletariats”, als Emanzipationsgewalt und organisierte politische Macht der Revolution, auch und gerade auf den roten Fahnen stand. In Anbetracht der Grundidee des Staates Israel, vor dem Hintergrund der linken Staatsmythen, betreffend die “Diktatur des Proletariats”, muß jede Beurteilung der Handlungen der Regierungsvertreter auch die völlig andere Qualität dieses Staates, verglichen mit allen anderen, deutlich werden lassen. (…)

Wenn diese Linke über Israel schwadroniert, dann hört sich das nicht minder grausig an. Dabei liegt der Zusammenhang zwischen dem Antisemitismus und dem Vernichtungswillen gegen die zum Staat gewordene bürgerliche Gesellschaft der Juden, gegen Israel, eigentlich auf der Hand: Der sogenannte Antizionismus stellt nichts anderes dar als die geopolitische, globalisierte Reproduktion des Antisemitismus, das heißt die Erscheinungsform, die er in Weltmarkt und Weltpolitik nach Auschwitz annehmen muß. Der Antizionismus ist der aus den kapitalisierten Gesellschaften in die Welt herausgekehrte Antisemitismus. So ist Israel der Jude unter den Staaten; die Verdammung des Zionismus als eines “Rassismus” durch die UNO gibt es zu Protokoll. Das macht: die moralische Verurteilung der menschlichen Unkosten der Konstitution bürgerlicher Staatlichkeit allein am Beispiel Israels führt vor Augen, was die Welt der Volksstaaten vergessen machen will – daß die Zentralisation der politischen Gewalt über Leben und Tod keineswegs die natürliche Organisationsform der Gattung Mensch darstellt, sondern Ausdruck eben von Herrschaft und Ausbeutung. Dabei ist Israel – und das macht die Kritik an diesem Staat so perfide und muß deshalb immer wieder gesagt werden – der einzige Staat dieser Welt, der für sich eine nicht zu bezweifelnde Legitimität beanspruchen kann. Israel, das ist der ungleichzeitige Staat, der entstanden ist sowohl als Reaktion auf das Dementi aller Versprechungen der bürgerlichen Nationalrevolution, sowohl als Antwort auf den stalinistischen Verrat an der kommunistischen Weltrevolution als auch als zu spät gekommene Notwehr gegen den Massenmord an den europäischen Juden. (…) Israel ist das Schibboleth jener doch so naheliegenden Revolution; es ist der unbegriffene Schatten ihres Scheiterns. Israel ist das Menetekel, das zum einen (und ganz unfreiwillig) die kategorischen Minimalbedingungen des Kommunismus illustriert, und das zum anderen sämtliche Bestialitäten zu demonstrieren scheint, zu denen der bürgerlich-kapitalistische Nationalstaat fähig ist. Wer Israel nicht begriffen hat, wer den Haß auf diesen Staat, den Antizionismus, und wer den Antisemitismus, das heißt den Vernichtungswillen sowohl gegen die in diesem Staat lebenden als auch gegen die kosmopolitisch verstreuten Juden, nicht begriffen hat als das, was Antisemitismus wesentlich darstellt: den bedingungslosen Haß auf die Idee einer in freier Assoziation lebenden Gattung, der hat den Kommunismus nicht als das “aufgelöste Rätsel der Geschichte” begriffen. –

 Der ostentative Muslimeifer aber, der sich im Alltag mancher ‚Allahu-Akbar‘-Brüller vielleicht doch sehr in Grenzen hält, findet im blanken Judenhass unverhoffte Nahrung, wo ihnen unter unendlich öden Koranrezitationen und geistlosen, absurden Vorschriften längst das bisschen ungeglaubten Glaubens zwischen den Fingern zerrann und ihr Muslimsein kaum je mehr ist als das typisch dauerbeleidigte, immer schon jeder Verantwortung ledige Gruppengefühl. Überhaupt will jeder Eifer – insbesondere der aktuelle, rasende Eifer des weltweit angreifenden Islam – den Stachel eines weniger drohenden als hinterrücks längst geschehenen Glaubensverlustes kompensieren.“ Mit anderen Worten: Muslime wurden nicht für ihr abstraktes Muslimsein kritisiert, sondern dafür, was – global betrachtet – die Mehrheit konkret darunter versteht: Die von Gott gegebene Ermächtigung zu Terror, Entrechtung, Antisemitismus. Wer differenziert, sollte nicht unerwähnt lassen, dass Osama bin Laden, Hassan Nasrallah und wie all die schrecklichen Figuren so heißen, in der muslimischen Welt als Helden gefeiert werden – und zwar nicht von einer minoritären Sekte, sondern von Millionen Muslimen, auch in Deutschland. (,,) Der unfreiwillige und verborgene Essentialismus der Postmoderne macht das Begreifen unmöglich, weil er die Beziehung zwischen Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem nicht mehr zu thematisieren vermag. Wenn nur noch Vielfalt herrscht und Einzelnes und Allgemeines gewaltsam auseinandergerissen werden, bleibt die Verstandesleistung des begreifenden Subjekts auf der Strecke und die scheinbar ursprüngliche Differenz wird zum Mythos. Nicht nur dem Begriff des Allgemeinen, das ja ein noch einzulösendes ist, wird Gewalt angetan, auch dem Besonderen, dessen Unglück darin besteht, nur ein Besonderes zu sein, und das sich, weil es kein versöhnendes Ganzes gibt, dem schlecht-Allgemeinen, dem Racket nämlich, anschließen muss. – JAN HUISKENS

„Vernunft und Rationalität sind in dieser durchmedialisierten Welt chancenloser denn je. Ein unangenehmer Typ „Heckenschütze“ terrorisiert die Gesellschaft. Seine aktuelle Waffe: Der Phobienvorwurf.“ – Bettina Röhl

„Man wähnt, wenn man nach wissenschaftlichen Regeln sich richtet, dem wissenschaftlichen Ritual gehorcht, mit Wissenschaft sich umgibt, gerettet zu sein. Wissenschaftliche Approbation wird zum Ersatz der geistigen Reflexion des Tatsächlichen, in der Wissenschaft erst bestünde. […] Je tiefer man ahnt, daß man das Beste vergessen hat, desto mehr tröstet man sich damit, daß man über die Apparatur verfügt.“ (Theodor W. Adorno, Philosophie und Lehrer, AGS 10.2, 491)

„Vieles, was im Sinne von Foucaults »Mikrophysik der Macht« populär werden sollte; also die Erkenntnis, daß Macht nicht pyramidal hierarchisch, sondern durch sämtliche gesellschaftliche Bereiche hindurch wirkt, findet sich bereits in der Medizinkritik der Kritischen Theorie. Daß diese Thesen häufig übersehen wurden, mag daran liegen, daß sich Horkheimers entscheidende Äußerungen über Medizin und Psychiatrie nicht in den breit rezipierten Hauptwerken finden, sondern über die Gesamtausgabe verstreut sind. Wiemer suchte sie zusammen und zeigt, wie Horkheimer anhand der Medizin einen wesentlichen Charakterzug des modernen Kapitalismus ausmachte. Mediziner funktionieren laut Horkheimer wie fast jede wirtschaftliche Gruppe im Sinne eines Rackets. »Ein Racket«, erklärt er, »ist eine unter sich verschworene Gruppe, die ihre kollektiven Interessen zum Nachteil des Ganzen durchsetzt.« Allgemein betrachtet heißt das, daß sich die Klassengesellschaft in eine »neofeudale« Struktur verwandelt hat, innerhalb der Interessenverbände »nach dem Prinzip der Selbsterhaltung und der Machtakkumulation« funktionieren. Diesen Wandel macht Horkheimer an den Medizinern fest; und alles, was Horkheimer in seiner Kritik aussparte, von den Krankenversicherungen bis zum Pfusch in Krankenhäusern, wird von Carl Wiemer polemisch auf den neuesten Stand gebracht“  – Max Horkheimer

 

„Ein Shitstorm hat auch seine positive Seite. Da politisch korrekte Gülle meist in Richtung Originalität, Kreativität und Intelligenz geworfen wird, fliegt sie oft genug auf Leute, die zu lesen wirklich lohnt.“ – Evidenz-basierte Ansichten

Eine Frau wird als Frau geboren. ein Mann muß erst ein Mann werden.
Keine Paternalisierung, sondern fortschreitende Maternalisierung. Die Feminisierung und Genderisierug marginalisiert und zerstört die Vaterposition in den modernen »Gesellschaften«, die Vaterrolle erlitt allgemeine Degradierung, die Kanonisierung der Homosexulität im Speziellen und der sexuellen Diversität im Allgemeinen tilgt die noch übriggebliebenen Spuren einer Männlichkeit restlos aus, die nur noch als Schimpfwort der angeblichen „Paternalisierung“ im Jargon der Medien herumgeistert.

„Es kommt in der Psychotherapie darauf an – mit temporärer Unterstützung – sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Wer mit einem Selbstbild lebt, für das die temporär klärende Rolle des Therapeuten eine unerträgliche Kränkung ist, der muß eben versuchen, alleine zurechtzukommen.“ – Hans Ulrich Gumbrecht

Post-Pop-Epoche: der Sieg der Mode über die Sitten.

„Wir brauchen schadhafte Gebäude, durch deren geborstene Wände man hindurch­ sehen kann, um wenigstens einen Anfang zum Denken zu gewinnen.“ – Victor Tausk

„Was man in römischer Zeit das »Abendland« und später »Europa« nennen wird, ist die politische Konsequenz des individualistischen Martyriums, das ein gesprächsfreudiger Stadtstreicher auf sich nahm, um die Legitimität des im universalistischen Dialekt vorgebrachten Neuen gegen die entkräfteten lokalen Sitten zu demonstrieren.“ – Peter Sloterdijk

„Was nützt einem die Gesundheit wenn man ansonsten ein Idiot ist.“ – Theodor Adorno

„Ich bin eine Feministin. Das bedeutet, daß ich extrem stark behaart bin und daß und ich alle Männer haße, sowohl einzelne als auch alle zusammen, ohne Ausnahmen.“Bridget Christie

„Die Tragödie isolierter persönlicher Leidenschaften ist für unsere Zeit zu fade. Aber weshalb? Weil wir in einer Epoche der sozialen Leidenschaften leben. Die Tragödie unserer Epoche ist der Zusammenstoß der Persönlichkeit mit dem Kollektiv.“ –  LeoTrotzki 1923

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Stupidity is demonstrated by people lacking the knowledge they could achieve

Stupidity manifests itself as outraged moralism

Love: only, and not always, a mother loves her child, just as it is, otherwise you have to meet the expectations of others, to be accepted.

Values without empathy are worth nothing

Some people feel physical pain when they should correct their accustomed ideas in favor of reality, they turn all their intelligence with the support of their aggression, for not to recognize the reality and maintain their self-image

More and more feel, think less and less Man does not differ from animals by feelings, because mammals have the same feelings, like man, sadness, fear, anger, love, but by his thought. When he thinks, if he thinks.

Political correctness can be defined as the telling of a lie out of the cowardice in an attempt to avoid upsetting fools not willing to face up to the truth

“In arguments about moral problems, relativism is the first refuge of the scoundrel.” Roger Scruton

They are the same who claim the sex/gender would not be biologically innate, but only a social construct, and at the same time that homosexuality was not a social construct, but biologically innate.

Antisemitism is when one blames the Jews or Israel for issues, he does not blame others

„There are two things,“ said Hitler in 1923, „which can unite people: common ideals and common crime“

After the violent termination of Murder by the Allies were the German (and have remained so to this day) more german than before.

The depraved human creature, the more she feels insulted, disrespected, offended in their honor.

Islam is less a religion and more a totalitarian society, an ideology that demands absolute obedience and tolerates no dissent, no criticism, and prohibits the thinking, knowledge and recognition. True Islam is totally different, the one who will find it will receive a very high reward.

Craziness is, when one always does the same but expects a different outcome

If a monkey thinks “I am a monkey”, then it is already a human

A man with roots should go for a pedicure

Self smugness leads to idiocy, being pissed off leads to enlightenment

If someone has something to say, he can tell it always very easily. If someone has nothing to say, he says it in a very complicated way

Addiction is, when somebody does something he wants to do, yet seeks someone who can make it so he won’t do it and doesn’t want to, either.

If the clever people always gave in, the world would be reigned by idiots. Too much “cleverness” makes you stupid.

If one only fights evil to protect life, one produces nothing good at all and such a life then becomes no longer worth living and thus requires no protection, for it is already unlived due to such a total protection. One can spend so much money on insurance, that one has nothing left to insure. Safety works in the same way.

Happy slaves are the worst enemies of freedom.

Creativity is an intelligence having fun.

If working makes you sick, fuck off, leave the work!

If Germans talk about morality, they mean money.

A man without an insight is just an anxious, aggressive, unhappy monkey.

Thinking is always trespassing.

The mob, who calls himself the people, does not discuss, just defames.

Legal is not always legitimate.

Who can not do without, lives unhappy.

So called social, culture sciences, sociology, psychology psychotherapy, psychoanalysis, are not anymore scientific, but immanent religious cult-prophets, organized as sects.

Without a strong opposition any apparent democracy atrophies to a tyranny, and as well a science , to an attitude of a religious sect.

You can recognize everything from a certain distance only, who is zealous, outraged, who sticks his nose in something, this one has lost the perspective, he recognizes anything more, he has only his imagination of the world in his head. This creates paranoia, which is called religion, and a religion as politics, even as a science.

Islamists are a real danger, therefore they will not be seen as such. Jews are not a danger, therefore they are seen as such. It is how the perception by cowards functions.

People without a sense of humor are able only to fear or to hate and become monks or terrorists.

People are not equal, each single person is unique.

Insight applies to everyone, including Muslims, Albanians, women and homosexuals.

Islam belongs to Germany, Judaism belongs to Israel.

The totalitarian Terror of consensus is ubiquitous in Germany.
There are no discussions anymore, but defamations only.
It is a culture of the mob. As it has already been.
Harmony is only if you do not communicate.

One should never go to bed with someone who has more problems than you already have.

>>Evelyn Waugh, surely the wittiest novelist of the past century, in World War II, coming out of a bunker during a German bombing of Yugoslavia, looked up at the sky raining enemy bombs and remarked, “Like everything German, vastly overdone.”<< Joseph Epstein

One has to be brave, to have a wit.

Stupid and dull belong mostly together.

Charlie Hebdo: you don´t care if such murders are comitted to Jews, we will see how “adequate” you will react when (when, not if), Islamists will begin to bombard your cities with Kasam missiles.

Christopher Hitchens: In a free society, no one has the right not to be offended.

The more someone narcissistic inflates , the more he feels insulted and provoked.

“The trouble with the world is that the stupid are cocksure and the intelligent are full of doubt.” – Bertrand Russell

 The problem with the Islamists in Europe should be solved exactly as Europe requires to the Middle East: a two-state solution, a half for muslims and the another half for not-muslims , with a common capital.

What may satire? Everything! Except be understood by the fool, because then it was not a satire.

Islamimus is Islam preaching violence.

Islam is a religion of love, and he who doubts is dead.

War is peace. Freedom is slavery. Ignorance is strength. Islam is a peaceful religion of love – George Orwell 2015

Islam is not responsible for anything, Jews are guilty of everything.

Islamists are satanists. Islamism is a religion of idiots.

If someone inflates endless his ego, as Islamists do, then he hurts his own feelings already in his morning own shit.

The seven deadly sins of modern society. Wealth without work pleasure without conscience, knowledge without character business without morality Science without humanity, worship without sacrifice Politics without principles
-Mahatma Gandhi

“Where there is only a choice between cowardice and violence, I would advise violence.”
-Mahatma Gandhi

Heroes of today know nothing, can not and do not want anything. They just look like heroes, that’s all.

It may be that early fathers ate their children. Today, the mothers will eat anything, fathers, children and the rest. Everything Mommy, anyway!

Germany yesterday: the will to power.
Germany today: the will to blindness.
Germany tomorrow:

German psychoanalysis? Great, like German charm, German humor and German wit.

The resistance starts with its own language other than that of the dictatorship.

Smart phones for stupid people.

A leftist can, but do not have to be stupid.

If you do not blame states, when they commit suicide with millions victims , so why to blame a co-pilot with 149 dead?

Only the purity of the means justify the end.

A German is a person who can speak no lie, without actually believe Adorno

„Reason and rationality are chance-less than ever in this totally mediatised world. An unpleasant type Sniperterrorized society. His current weapon: The phobia accusation.“ – Bettina Röhl
„A Shitstorm has also its positive side. As politically correct manure it is usually thrown in the direction of originality, creativity and intelligence, she flies often to people who are really worth to read.“ Evidenz-basierte Ansichten
A woman is born as a woman. a man has to become a man.
No paternalization but advancing maternalization. The feminization and genderization marginalized and destroyed the father position in the modern „societies,“ the father role suffered general degradation, the canonization of homosexuality in particular and the sexual diversity generally wipes out the still remaining traces of masculinity completely out,  only as an insult haunts the alleged „paternalization“ in the jargon of mass media.
PostPop era: the triumph of fashion over the morals.
„We need damaged buildings, so you can see through their cracked walls to win at least one viewpoint to start to begin to think. Victor Tausk
„What good is health if you are an idiot then?“ – Theodor Adorno
„What one must be judged by, scholar or no, is not particularised knowledge but one’s total harvest of thinking, feeling, living and observing human beings.“ (…) „While the practice of poetry need not in itself confer wisdom or accumulate knowledge, it ought at least to train the mind in one habit of universal value: that of analysing the meanings of words: of those that one employs oneself, as well as the words of others. (…) what we have is not democracy, but financial oligarchy. (…) Mr. Christopher Dawson considers that “what the non-dictatorial States stand for today is not Liberalism but Democracy,” and goes on to foretell the advent in these States of a kind of totalitarian democracy. I agree with his prediction. (…) That Liberalism is something which tends to release energy rather than accumulate it, to relax, rather than to fortify. (…) A good prose cannot be written by a people without convictions. (..) The fundamental objection to fascist doctrine, the one which we conceal from ourselves because it might condemn ourselves as well, is that it is pagan. (..) The tendency of unlimited industrialism is to create bodies of men and women—of all classes—detached from tradition, alienated from religion and susceptible to mass suggestion: in other words, a mob. And a mob will be no less a mob if it is well fed, well clothed, well housed, and well disciplined. (…) The rulers and would-be rulers of modern states may be divided into three kinds, in a classification which cuts across the division of fascism, communism and democracy. (…) Our preoccupation with foreign politics during the last few years has induced a surface complacency rather than a consistent attempt at self-examination of conscience. (…) What is more depressing still is the thought that only fear or jealousy of foreign success can alarm us about the health of our own nation; that only through this anxiety can we see such things as depopulation, malnutrition, moral deterioration, the decay of agriculture, as evils at all. And what is worst of all is to advocate Christianity, not because it is true, but because it might be beneficial. (…) To justify Christianity because it provides a foundation of morality, instead of showing the necessity of Christian morality from the truth of Christianity, is a very dangerous inversion; and we may reflect, that a good deal of the attention of totalitarian states has been devoted, with a steadiness of purpose not always found in democracies, to providing their national life with a foundation of morality—the wrong kind perhaps, but a good deal more of it. It is not enthusiasm, but dogma, that differentiates a Christian from a pagan society.“ (…)  It would perhaps be more natural, as well as in better conformity with the Will of God, if there were more celibates and if those who were married had larger families. (…) We are being made aware that the organisation of society on the principle of private profit, as well as public destruction, is leading both to the deformation of humanity by unregulated industrialism, and to the exhaustion of natural resources, and that a good deal of our material progress is a progress for which succeeding generations may have to pay dearly. I need only mention, as an instance now very much before the public eye, the results of “soil-erosion”—the exploitation of the earth, on a vast scale for two generations, for commercial profit: immediate benefits leading to dearth and desert. I would not have it thought that I condemn a society because of its material ruin, for that would be to make its material success a sufficient test of its excellence; I mean only that a wrong attitude towards nature implies, somewhere, a wrong attitude towards God, and that the consequence is an inevitable doom. For a long enough time we have believed in nothing but the values arising in a mechanised, commercialised, urbanised way of life: it would be as well for us to face the permanent conditions upon which God allows us to live upon this planet. And without sentimentalising the life of the savage, we might practise the humility to observe, in some of the societies upon which we look down as primitive or backward, the operation of a social-religious-artistic complex which we should emulate upon a higher plane. We have been accustomed to regard “progress” as always integral; and have yet to learn that it is only by an effort and a discipline, greater than society has yet seen the need of imposing upon itself, that material knowledge and power is gained without loss of spiritual knowledge and power. “ – T.S.Eliot
“I am a feminist. All this means is that I am extremely hairy and hate all men, both as individuals and collectively, with noexceptions.” – Bridget Christie


Altermann, a Spaniel, and a walnut tree, the more you beat them the better they be! (An old english proverb)

Manchmal hauen Dich Dinge um, die unfassbar, aber wahr sind. Mein gestriger Beitrag über den Hobby-Bildforensiker Eliot Higgins und dessen Unsinn war kaum geschrieben, da ruderten SPIEGEL und n-tv schon zurück. Chapeau, dass dies überhaupt geschehen ist. Ein Armutszeugnis aber dafür, dass mir als Hobby-Nichtbildforensiker sofort aufgefallen ist, dass da einer einen ganz großen Mist verzapft. Meine Beschwerde bei der ARD wurde  einen Tag später schon beantwortet, aber da hatten die noch immer den Schuss nicht gehört. Bereits im August letzten Jahres schrieb Ralf Sotscheck in der taz:

Brown Moses ist Eliot Higgins, ein arbeitsloser Engländer aus Leicester ohne Fremdsprachenkenntnisse. Der 34-Jährige hat ein abgebrochenes Medienstudium hinter sich, seinen Job bei einer Wohltätigkeitsorganisation für obdachlose Asylbewerber hat er vor zwei Jahren verloren. So kümmert er sich zu Hause um die knapp dreijährige Tochter, während seine türkische Frau in einem Postamt arbeitet. Nebenbei surft er im Internet.

Dieser Lebenslauf klingt bei der ARD so:

Bellingcat ist eine investigative Gruppe um den früheren Finanz- und Verwaltungsfachmann Eliot Higgins. Die Gruppe betreibt eine gleichnamige Internet-Plattform, auf der sie die Ergebnisse ihrer Analysen veröffentlicht. … Ihre Analysen gelten unter Experten als zuverlässig und präzise.

Wirklich, es handelt sich um den selben Mann! So schnell geht Karriere, wenn man auf der richtigen Seite steht. Ein weiterer “Experte”  ist Timmi Allen, den die junge Welt so beschreibt:

Als Verfasser der »forensischen Analyse« wird in dem Papier selbst ein Timmi Allen genannt, der am Montag nicht nur in der »Aktuellen Stunde« des WDR-Fernsehens ausführlich zu Wort kam, sondern auch für die ZDF-Nachrichtensendung »Heute« am heimischen Arbeitsplatz interviewt wurde. Hinter dem als »investigativer Journalist« (WDR) bzw. »Internetaktivist« (ZDF) Eingeführten verbirgt sich Olaf Neitsch – ein Mann mit vielfachen Begabungen und einer bewegten Vergangenheit, wie jW-Recherchen ergaben. (Hier dazu mehr)

Man ist ja im Netz einiges gewohnt, aber dass das Niveau der Berichterstattung unserer Qualitätsmedien so schlimm im freien Fall ist, nee! Ein Lichtblick war Florian Harms vom SPIEGEL. Sein Was wir aus der Berichterstattung über den Bellingcat-Report lernen lässt hoffen. Da schreibt er u.a. Selbstkritisch müssen wir festhalten: Diese professionelle Skepsis im Umgang mit der Quellenlage, das Hinterfragen der Quelle hätten wir bereits in den vorherigen Artikeln stärker zum Ausdruck bringen sollen. Wir lernen daraus und nehmen uns vor, dies in künftigen Fällen zu beherzigen. Denn wir wollen Sie, liebe Leserinnen und Lesern, so aufrichtig und transparent wie möglich über die Weltgeschehnisse informieren. Jegliche Hoffnung habe ich verloren, als im o.g. ARD-Bericht das las: In diesem Jahr erhalten Higgins und Bellingcat den Sonderpreis des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises, einer der renommiertesten deutschen Auszeichnungen für Journalisten. Ihr habt Euch nicht verlesen! Die Couch-Potato wurde am 15. April  mit dem Sonderpreis des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises geehrt. Die Laudatio liest sich lustig:

„Ihre Methode der weltweiten Vernetzung öffentlich zugänglicher Quellen und ihre kompetente und verantwortungsvolle Auswertung ist beste journalistische Aufklärung auf dem Schlachtfeld moderner Propaganda- und Verunsicherungskriege.”

Nein, die Jury des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises hat fürwahr kein glückliches Händchen, wenn man die Preisträger der letzten Jahre so betrachtet (mich wundert nur, wie der Oliver Welke da reingerutscht ist): Jörg Armbruster,   Marcel Mettelsiefen,    Golineh Attai,    Marietta Slomka Wenn man aber diese “Galerie” so sieht, dann fällt auf: Der Eliot passt da hundertprozentig rein. Das einzige was da nicht passt, ist der Name des Preises. Der Hanns-Joachim würde sich im Grab rumdrehen, wenn er wüsste, wie mit seinem Namen Schindluder getrieben wird und was man heute Journalismus nennt. Vielleicht sollte man den Preis in Jo-Goe-Preis umtaufen? Mein bescheidener Vorschlag: Der o.g. Olaf Neitsch, alias Timmi Allen, wäre auch ein würdiger Preisträger. Zum Abschluss noch ein Karrieretipp für junge Leser: Macht was ihr wollt, haltet Euch aber auf der richtigen Seite. Ihr könnt jeden Mist schreiben, Hauptsache es verletzt nicht die Interessen der NATO oder andere westliche Werte. Macht was abstruses. Gründet mit ein paar Anderen (darunter unbedingt auch Frauen mit Migrationshintergrund und verschiedenen Hautfarben) ein internationales Komitee für Humanität und Gerechtigkeit, das sich auch für Homoehe und was weiß ich noch alles einsetzt, verfasst Schriften gegen den bösen Putin, lobt die Pussy Riots, macht in Weißrussland mal ein Happening und kassiert anschließend bei NSA, BND und anderen Medien ab. Ihr werdet sehen: Der Werner Schulz schlägt Euch für den Lutherpreis oder den Sacharowpreis vor und auch der Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis rückt dann bald in greifbare Nähe. Nur eines dürft ihr nicht: Unser schönes kapitalistisches System nicht ganz so toll finden und darüber vielleicht auch noch investigativ berichten. Dafür gibt’s leider — nichts. Nebenbei: Journalistisch saubere Arbeit ist eher hinderlich! Von Vorteil ist eine gefakte Entführung. Man sollte aber aufpassen, dass es nicht rauskommt. http://www.altermannblog.de/hanns-joachim-friedrichs-sonderpreis-fuer-couch-potato/#comment-5404

 

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Remember: Do X! Don´t do Y!

Protect innocent, respect life, defend art, preserve creativity!

What´s Left? Antisemitism!

http://www.jsbielicki.com/jsb-79.htm

DJ Psycho Diver Sant – too small to fail
Tonttu Korvatunturilta Kuunsilta JSB
Tip tap tip tap tipetipe tip tap heija!
http://www.psychosputnik.com
http://www.saatchionline.com/jsbielicki
https://psychosputnik.wordpress.com/

They want 1984, we want 1776

They are on the run, we are on the march!
I think for food

molon labe

Dummheit ist, wenn jemand nicht weiß, was er wissen könnte.

Dummheit äußert sich heute als empörter Moralismus.

Werte ohne Einfühlungsvermögen sind nichts wert.

Manche Menschen fühlen physischen Schmerz, wenn sie ihre gewohnten Vorstellungen zugunsten der Realität korrigieren sollen, sie wenden ihre gesamte Intelligenz mit Unterstützung ihrer Agressivität auf, um die Realität nicht zu erkennen und ihr Selbstbild unverändert beizubehalten.

Immer mehr fühlen, immer weniger denken – Der Mensch unterscheidet sich vom Tier nicht durch Gefühle, denn Säugetiere haben die gleichen Gefühle, wie der Mensch: Trauer, Angst, Wut, Liebe, sondern durch sein Denken. Wenn er denkt, falls er denkt.

Political correctness ist, wenn man aus Feigheit lügt, um Dumme nicht zu verärgern, die die Wahrheit nicht hören wollen.

Wer „ich will frei sein“ sagt, und es sagen viele, der ist ein Idiot. Denn das höchste was der Mensch als Freiheit haben kann, ist die Freiheit, seine Pflicht frei zu wählen.

“Im Streit um moralische Probleme, ist der Relativismus die erste Zuflucht der Schurken.“ Roger Scruton

Es sind dieselben, die behaupten, das Geschlecht wäre nicht biologisch angeboren, sondern nur ein sozialer Konstrukt, und zugleich daß die Homosexualität kein sozialer Konstrukt wäre, sondern biologisch angeboren.

Antisemitismus ist, wenn man Juden, Israel übelnimmt, was man anderen nicht übelnimmt.

Der Nicht-Antisemit ist ein Antisemit, der nach der derzeitigen deutschen Rechtsprechung, Israel, Juden diffamiert, diskriminiert, delegitimiert, jedoch nicht expressis verbis das Ziel der dritten Reichs, den Holocaust, die Judenvernichtung, befürwortet.

Aus Deutschland erreicht mich „tiefe Sorge um den Friedensprozess“. Vorsicht: Wo ist es im Nahen und Mittleren Osten derzeit so friedlich und vergleichsweise gewaltarm wie in Israel? Wo leben Araber derzeit sicherer als in Israel? Wo haben sie besseren Zugang zu Bildung, Arbeit, Konsum und medizinischer Versorgung? – Götz Aly

Islam ist weniger eine Religion und mehr eine totalitäre Gesellschaftsordnung, eine Ideologie, die absoluten Gehorsam verlangt und keinen Widerspruch, keinerlei Kritik duldet und das Denken und Erkenntnis verbietet. Der wahre Islam ist ganz anders, wer ihn findet wird eine hohe Belohnung erhalten.

Wahnsinn bedeute, immer wieder das gleiche zu tun, aber dabei stets ein anderes Resultat zu erwarten.

Gutmenschen sind Menschen, die gut erscheinen wollen, die gewissenlos das Gewissen anderer Menschen zu eigenen Zwecken mit Hilfe selbst inszenierter Empörungen instrumentalisieren.

Irritationen verhelfen zu weiteren Erkenntnissen, Selbstzufriedenheit führt zur Verblödung,

Wenn ein Affe denkt, „ich bin ein Affe“, dann ist es bereits ein Mensch.

Ein Mensch mit Wurzeln soll zur Pediküre gehen.

Wenn jemand etwas zu sagen hat, der kann es immer sehr einfach sagen. Wenn jemand nichts zu sagen hat, der sagt es dann sehr kompliziert.

Sucht ist, wenn jemand etwas macht, was er machen will und sucht jemand, der es macht, daß er es nicht macht und es nicht machen will.

Sollen die Klugen immer nachgeben, dann wird die Welt von Dummen regiert. Zu viel „Klugheit“ macht dumm.

Wenn man nur das Schlechte bekämpft, um das Leben zu schützen, bringt man gar nichts Gutes hervor und ein solches Leben ist dann nicht mehr lebenswert und braucht nicht beschützt zu werden, denn es ist dann durch ein solches totales Beschützen sowieso schon tot. Man kann so viel Geld für Versicherungen ausgeben, daß man gar nichts mehr zum Versichern hat. Mit Sicherheit ist es eben so.

Zufriedene Sklaven sind die schlimmsten Feinde der Freiheit.

Kreativität ist eine Intelligenz, die Spaß hat.

Wen die Arbeit krank macht, der soll kündigen!

Wenn Deutsche über Moral reden, meinen sie das Geld.

Ein Mensch ohne Erkenntnis ist dann  lediglich ein ängstlicher, aggressiver, unglücklicher Affe.

Denken ist immer grenzüberschreitend.

Der Mob, der sich das Volk nennt, diskutiert nicht, sondern diffamiert.

Legal ist nicht immer legitim.

Wer nicht verzichten kann, lebt unglücklich.

Sogenannte Sozial-, Kultur-, Geisteswissenschaften, Soziologie, Psychologie, Psychotherapie, Psychoanalyse, sind keine Wissenschaften mehr, sondern immanent religiöse Kultpropheten, organisiert wie Sekten. Es sind Sozio-, Pädago- und Psychokratien, die Erkenntnis nicht fördern, sondern verhindern.

Ohne eine starke Opposition atrophiert jede scheinbare Demokratie zur Tyrannei, und ebenso eine Wissenschaft, zur Gesinnung einer Sekte.

Man kann alles nur aus gewisser Distanz erkennen, wer sich ereifert, empört, wer mit seiner Nase an etwas klebt, der hat die Perspektive verloren, der erkennt nichts mehr, der hat nur noch seine Phantasie von der Welt im Kopf. So entsteht Paranoia, die sich Religion, und Religion als Politik, sogar als Wissenschaft nennt.

Islamisten sind eine Gefahr, deswegen werden sie als solche nicht gesehen. Juden sind keine Gefahr, deswegen werden sie als solche gesehen. So funktioniert die Wahrnehmung von  Feiglingen.

Humorlose Menschen könner nur fürchten oder hassen und werden Mönche oder Terroristen.

Menschen sind nicht gleich, jeder einzelne Mensch ist ein Unikat.

Erkenntnis gilt für alle, auch für Muslime, Albaner, Frauen und Homosexuelle.

Islam gehört zu Deutschland, Judentum gehört zu Israel.

Der Konsensterror (Totalitarismus) ist in Deutschland allgegenwärtig.

Es wird nicht mehr diskutiert, sondern nur noch diffamiert.

Es ist eine Kultur des Mobs. Wie es bereits gewesen ist.

Harmonie ist nur, wenn man nicht kommuniziert.

Man soll niemals mit jemand ins Bett gehen, der mehr Probleme hat, als man selbst.

>>Evelyn Waugh, sicherlich der witzigste Erzähler des vergangenen Jahrhunderts, im Zweiten Weltkrieg, herauskommend aus einem Bunker während einer deutschen Bombardierung Jugoslawiens, blickte zum Himmel, von dem es feindliche Bomben regnete und bemerkte: “Wie alles Deutsche, stark übertrieben.“<< Joseph Epstein

Man muß Mut haben, um witzig zu sein.

Dumm und blöd geht meistens zusammen.

Charlie Hebdo: solche Morde an Juden sind euch egal, mal sehen wie”angemessen”  ihr reagiert, wenn (wenn, nicht falls) eure Städte von Islamisten mit Kasam-Raketen beschossen werden.

Christopher Hitchens großartig: „In einer freien Gesellschaft hat niemand das Recht, nicht beleidigt zu werden.“

Je mehr sich jemand narzisstisch aufbläht, desto mehr fühlt er sich beleidigt und provoziert.

“Das Problem mit der Welt ist, daß die Dummen felsenfest überzeugt sind und die Klugen voller Zweifel.” – Bertrand Russel

Das Problem mit den Islamisten in Europa soll man genauso lösen, wie es Europa für den Nahen Osten verlangt: jeweils eine Zweistaatenlösung, die Hälfte für Muslime, die andere Hälfte für Nicht-Muslime, mit einer gemeinsamen Hauptstadt.

Was darf Satire? Alles! Nur nicht vom Dummkopf verstanden werden, weil es dann keine Satire war.

Islamimus ist Islam, der Gewalt predigt.

Islam ist eine Religion der Liebe,und wer es anzweifelt, ist tot.

Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke. Der Islam ist die friedliche Religion der Liebe George Orwell 2015

Islam ist verantwortlich für gar nichts, Juden sind schuld an allem.

Islamisten sind Satanisten. Islamismus ist eine Religion von Idioten.

Leute fühlen sich immer furchtbar beleidigt, wenn man ihre Lügen nicht glaubt.

Jeder ist selbst verantwortlich für seine Gefühle.

Die Psychoanalyse geht niemanden außer den Psychoanalytiker und seinen Patienten etwas an, und alle anderen sollen sich verpissen.

“Zeit ist das Echo einer Axt
im Wald.
Philip Larkin, Gesammelte Gedichte

Wenn jemand wie Islamisten sein Ego endlos aufbläht, dann verletzt er seine eigenen Gefühle schon morgens beim Scheißen.

„Die sieben Todsünden der modernen Gesellschaft: Reichtum ohne Arbeit Genuß ohne Gewissen Wissen ohne Charakter Geschäft ohne Moral Wissenschaft ohne Menschlichkeit Religion ohne Opfer Politik ohne Prinzipien.“
―Mahatma Gandhi

„Wo man nur die Wahl hat zwischen Feigheit und Gewalt, würde ich zur Gewalt raten.“
―Mahatma Gandhi

Warum zeigt sich Allah nicht? Weil er mit solchen Arschlöchern nichts zu tun haben will.

„Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus’. Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus’.”  – Ignazio Silone

Politische Korrektheit verlangt eine Sprache für ein Poesiealbum.

Psychoanalyse ist frivol, oder es ist keine Psychoanalyse.

Bunte Vielfalt, früher: Scheiße

Was der Mensch nicht mehr verändern, nicht mehr reformieren kann, ist nicht mehr lebendig, sondern sehr tot. Was tot ist, das soll man, das muß man begraben: Religion, Ehe, Romantizismus, etc.

Romantik ist scheiße.

Die Realität ist immer stärker als Illusionen.

Deutschland gestern: der Wille zur Macht.
Deutschland heute: der Wille zur Verblendung.
Deutschland morgen: 德國

Deutsche Psychoanalyse? Großartig, wie deutscher Charme, deutscher Humor und deutscher Esprit.

Der Widerstand fängt mit einer eigenen, anderen Sprache als die der Diktatur.

Smart phones for stupid people.

Ein Linker kann, muß aber nicht dumm sein.

Wenn man ganzen Staaten nicht übel nimmt, wenn sie mit Millionen Opfern Selbstmord begehen, warum dann einem Co-Piloten mit 149 Toten?

Nur die Reinheit der Mittel heiligt den Zweck.

Ein extremer Narzißt ist ein potentieller Terrorist, und jeder Terrorist ist ein extremer Narzißt.

Islamisierung bedeutet Verblödung.

…der hiesige Autoritarismus (ist) einer ohne Autorität und der hiesige Konventionalismus einer ohne Konventionen. Schon bei den Nazis war nicht das Wort des Führers Befehl, sondern sein Wille, den der kongeniale Volksgenosse erahnte. Nie hätte der Nationalsozialismus funktioniert, hätte den Deutschen jede ihrer Missetaten bei Strafandrohung befohlen werden müssen. Anders, als es das Wort vom „Befehlsnotstand“, von der „Gleichschaltung“ oder vom „Führer“ selber glauben machen will, herrschte das NS-System durch Gehorsam ohne Befehl. (W. Pohrt, Der Weg zur inneren Einheit)

Der faschistische Sozialpakt existiert im bundesdeutschen Postfaschismus weiter als eine im Resultat aufgehobene Voraussetzung, die unmittelbar keine Spur ihrer gewaltförmigen Durchsetzung mehr an sich trägt: umso besser kann diese Tatsache verleugnet und der Nationalsozialismus als das Verbrechen einiger Irrer, als „Unrechtsstaat“, als „das Schlimmste, das Menschen einander je angetan haben“ exorziert werden. Diese Lebenslüge der BRD ist das Fundament aller demokratischen „Vergangenheitsbewältigung“, jenes kollektiven Beschweigens des Nationalsozialismus, das durchaus auch die Form enervierender Redseligkeit annehmen kann. Weil das postfaschistische Deutschland in institutioneller wie personeller Hinsicht in Kontinuität zu seinem Vorgänger steht, muß ausnahmslos jeder Versuch einer Vergangenheitsbewältigung innerhalb des sich weiterschleppenden Systems zur symbolischen Distanzierung, zum substanzlosen Gestus geraten. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Deutschen einen schier unerschöpflichen Vorrat an größeren und kleineren Entlastungslügen angelegt, aus dem sie sich je nach Gelegenheit und Bedarf bedienen. Danach war das nationalsozialistische System wahlweise das Werk von Hitler höchstpersönlich, einer kleinen Verbrecherclique und ein paar Helfershelfern oder des Monopolkapitals und seiner Schergen. Otto Normalvergaser jedenfalls hat „von alledem nichts gewußt“, war „im Grunde auch dagegen“ oder „konnte gar nicht anders handeln“, weil „Befehlsnotstand“ herrschte und man im Falle des Zuwiderhandelns sofort „ins KZ gekommen“ wäre. “ (…) „Heute haben die Verbreitung des Gerüchts und die Verbreitung der Neidbeißerei neue, technische Möglichkeiten. Sie können sich über das Internet und diverse Subnetzwerke und Blogs rasend verbreiten und auch auf die Politik einen Druck erzeugen, sich ihnen zu beugen. Die gesellschaftliche Mobilmachung wirkt so wieder auf die Politik zurück. Sie muss sich den entsprechenden Stimmungen beugen, weil sonst die Wiederwahl gefährdet würde. Die Devise »Ich bin ihr Führer, also muss ich ihnen folgen«, bleibt auch im zerfallenen Postnazismus das prinzipienlose Grundprinzip von Herrschaft.“ (…) Spezialisierung und Diversifikation sind die zeitgemäße Erscheinungsform von Vermassung und Uniformität. (…) 1 x 1 materialistischer Kritik: es  muss darum gehen, Erscheinungen in eine Konstellation zu bringen, in der sie lesbar werden. (…) Je antirassistischer und weltoffener sich die Deutschen aufführen, desto mehr ähneln sie wieder einer gegen ihre Todfeinde verschworenen Horde, die nicht mehr auf Exklusivität pocht, sondern die Anforderungen zum Mitmachen wieder flexibilisiert hat und sich ihr Jagdrevier mit anderen teilt, sofern sie sich bewähren. Und weil gerade die Entfernung vom Nazismus die Nähe zu ihm verbürgt, waren und sind das diejenigen, die in Personensache am wenigstens mit Nazifaschistischem in Verbindung zu bringen sind, die Linksradikalen, die Linksliberalen, die Linken, die Antifaschisten, die entschiedensten Schrittmacher dafür, dass der anfangs noch gar nicht wirklich übergreifende postnazistische Fundamentalkonsens tatsächlich totalisiert und auf die Höhe der Zeit gebracht werden konnte. Die Nazis und die Rechten hingegen waren für diesen Vorgang nur von unterordnetem Belang. Sie standen immer schon für eine in ihrer konkreten Ausprägung gestrige Gesellschaftsformation und deshalb ging von ihnen auch nie eine ernsthafte Gefahr eines neuen Faschismus aus. Diese Totalisierung der Gemeinschaft der Demokraten, die hauptsächlich die Linke mit herbeigeführt hat, ist allerdings identisch und das zeigt sich heute mit ihrem Zerfall. Dieser wiederum ist im Selbstwiderspruch der postnazistischen Vergesellschaftung angelegt, in der der bereits erwähnte nazistische Kurzschluss von Staaten Subjekt im Modus permanenter Mobilmachung in den politökonomischen Formen im Doppelsinne aufgehoben ist. Seiner Substanz nach anerkannt und aufbewahrt, wie vorerst suspendiert und seiner Verlaufsform nachgezügelt. Also statt den Blockwarten gab es Aktenzeichen XY, da durfte sich jeder dann auch telefonisch dran beteiligen, aber richtige Jagdszenen gab es in der alten Bundesrepublik nicht oder nur in Ausnahmefällen. Taxiert selbst zu Zeiten der Prosperität jeder insgeheim seinen Erwerb als verkappte Arbeitslosenunterstützung, so mobilisiert die Krise der postnazistischen Vergesellschaftung erst Recht die Sehnsucht nach der alten Staatsunmittelbarkeit. Johannes Agnoli schrieb dazu schon in der Transformation der Demokratie 1966: „Der präfaschistisch liberale Ruf nach dem starken Staat wiederholt sich postfaschistisch neoliberal“. Und damit gerät das ganze System des autoritären Etatismus und geraten letzten Endes die politökonomischen Vermittlungen als solche wieder ins Visier des Volkszorns und es war wiederum die Linke, die noch zu Zeiten, wo keine Krise in Sicht war, im sinistren Tram nach Liquidation der Vermittlungen die Zunge gelöst und ihm neue fantasievolle und kreative, wie es so schön heißt, Äußerungsformen zur Verfügung gestellt hat. Sie war das Laboratorium, in dem die allgemeine Mobilmachung eingeübt und jener darauf zugeschnittenen neue und zugleich sehr alte Sozialcharakter herangebildet wurde, indem sich mittlerweile eine Mehrheit spontan wieder erkennt. Derjenige Sozialcharakter, der nach dem Motto „Ich leide, also bin ich“ sich einerseits unter Berufung auf die höchst unverwechselbare Diskriminierung, die ihm angeblich wiederfährt, zur kleinsten existierenden Minderheit erklärt, sich gleichsam nach dem Muster verfolgter und in ihrer Kultur bedrohter Völker begreift und andererseits als Gegensouverän seine private, warnhafte Feinderklärung allen anderen oktroyieren möchte und diesem Zweck entweder vorhandene gesellschaftliche Organisationen zu Rackets umfunktioniert, neue Rackets gründet oder andere Rackets mit ins Boot holt. Der einstige demokratische Fundamentalkonsens wird dadurch einerseits ins einzelne Subjekt zurückverlagert und andererseits vermittlungslos verallgemeinert. Aus der formell kollektiven Feinderklärung der Mitte gegen die Extreme, das war der Normalfall in der Bundesrepublik bis weit in die 80er Jahre, Terroristenhasse, einige werden sich noch daran erinnern. Aus dieser kollektiven Feinderklärung der gesellschaftlichen Mitte gegen die Extreme wird also die pluralisierte Feinderklärung alle gegen alle, die getrennt vereint sich zusammenrotten und auf diese Weise zerfällt die Gemeinschaft der wehrhaften Demokraten und reorganisiert sich zugleich hin zu zerfallen. Ein Zitat von Wolfgang Port in einem anderen Zusammenhang macht es sehr schön deutlich: „Wie durch höhere Gewalt sondern sich die Langen von den Kurzen, die Weiblichen von den Männlichen, die Alten von den Jungen, die Dicken von den Dünnen ab“ und das Resultat ist eine Segregation und Ghettoisierung durch welche die Metropolen, einem riesigen Freiluftgefängnis mit seinen Unterabteilungen für Männer und Frauen, Jugendliche, Kranke, Alte, Port schreibt etc., man könnte noch Schwule und Lesben und Migranten und was weiß ich noch alles ergänzen, Protestanten, Katholiken, Ossis, Wessis, immer ähnlicher werden. Neu ist, dass dieses Freiluftgefängnis als eine kulturelle Einrichtung und seine Insassen als Kulturbotschafter begriffen werden und es ist diese nahezu flächendeckende Selbstkulturalisierung der gesellschaftlichen Mehrheit und der einzelnen Individuen in ihr, die in der Postmoderne ihr bewusstloses Selbstbewusstsein und ihre Legitimation erfährt und im antirassistischen PC-Sprech sich ihren Ehrenkodex schafft, ihre Omertà, die sich an ihresgleichen und die verbliebenen Kritiker draußen richtet, Islamophobie ist ihr derzeit aktuellstes Schlagwort. Dieser Vorgang, diese Selbstkulturalisierung der gesellschaftlichen Mitte und ihr Zerfall ist also die Bedingung der neuen Haltung Ausländern und Migranten gegenüber, an denen die Deutschen projektiv ihre ersehnte Regression auf den Stamm illustrieren. Was ihnen umso leichter gelingt, als manch ihrer Repräsentanten und Lobbyisten sich anschicken, genau dem Bilde zu gleichen, das die Deutschen sich seit jeher von ihnen machten und wofür sie von ihnen jetzt nach kollektiv und offiziell ins Herz geschlossen werden. Der mittlerweile zur Dauereinrichtung erklärte Karneval der Kulturen ist nichts anderes als ein Zerfallsprodukt der postfaschistischen Demokratie, mehr noch, er ist diese Gemeinschaft in einer zugleich flexibilisierten und pluralisierten und kollektivierten Gestalt. In dieser Völkerfamilie, die die Deutschen gerne auf der ganzen Welt hätten, wären da nicht Israel und die USA als Störenfriede und die sie aus Mangel an Realisierungschancen deshalb erstmal bei sich zuhause einrichten, geht es dabei zu, wie in jeder guten Familie: Die einzelnen Mitglieder sind einander spinnefeind und die Widersprüche und Konflikte, die daraus resultieren, gehören auch voll und ganz dieser Vergesellschaftung an, sind von ihr konstituiert und dazu gehört ein fein dosiertes Spiel mit Fremdheit und Nähe, das von allen Beteiligten auch weiterhin gepflegt wird, weil damit ein moralisches Plus bei der Gefolgschaft eingefahren werden kann. (…) Der zweite Weltkrieg war ein kulturindustrielles Massenevent. (…) Eine neue Barbarei sei stets zu befürchten, wird sich nicht aus dem Geist Nationalsozialismus unmittelbar speisen, sondern im Gewande von demokratischem Antifaschismus von Lernen aus der Geschichte und political correctness daher kommen.(…) Abwehr des offenen Faschismus durch dessen demokratische Entnazifizierung und Eingemeindung. (…) Je antirassistischer und weltoffener sich die Deutschen aufführen, desto mehr ähneln sie wieder einer gegen ihre Todfeinde verschworenen Horde, die nicht mehr auf Exklusivität pocht, sondern die Anforderungen zum Mitmachen wieder flexibilisiert hat und sich ihr Jagdrevier mit anderen teilt, sofern sie sich bewähren. (…) Die postnazistische Demokratie hat  die nationalsozialistische Mobilmachung des „gesunden Volksempfindens“ zwar nicht abgeschafft, sondern nur sistiert – sie hat es aber andererseits auch in die Latenz abgedrängt und damit gebremst, indem sie es in die mediatisierende Form des bürgerlichen Repräsentationsprinzips zwängte.  (…) „Rassismus“ ist ein ideologisches Stichwort eines anti-rassistischen Rackets, das jeden Realitätsbezugs entbehrt, das seine Mitglieder vielmehr nur als Ausweis von Gesinnungsfestigkeit und Ehrbarkeit vor sich hertragen und das ihnen als probates Mittel dient, um nach Willkür und freiem Ermessen festzulegen, wer gerade als „Rassist“ zu gelten hat. Und dieses „anti-rassistische“ Racket, das sind heutzutage fast alle: längst ist die Gegnerschaft zum Rassismus keine Domäne der Linken mehr, sondern offizielle Staatsraison und common sense aller Ehrbaren und Wohlmeinenden, und das ist die erdrückende Mehrheit.  (…) Von der moralisierenden Aufdringlichkeit und der enervierenden Verlogenheit einmal abgesehen, ist die Ehrfurcht, die „anderen Kulturen“ entgegengebracht wird und die Unterwürfigkeit, mit der ihre Träger geradezu als Heilsbringer verehrt werden, keine Gegenposition zum Rassismus, sondern dessen logische wie historische Voraussetzung, die im Rassismus und allen naturalisierenden Ideologien als ein Moment überlebt: deren Grundmuster ist die projektive Bekämpfung dessen, was man selbst gern möchte, aber nicht erreichen kann, und deshalb gehört zur Diskriminierung der Neger wegen ihrer „Faulheit“ die Bewunderung für den „Rhythmus, den sie im Blut haben“ und die Achtung vor ihrer „sagenhaften Potenz“; somit ist der „Anti-Rassismus“ nichts weiter als die notwendige Kehrseite des Rassismus selbst, die sich von diesem abgespalten hat und gegen ihre eigene Grundlage wendet. Historisch jedenfalls geht die Wertschätzung fremder Kulturen ihrer späteren, „rassisch“ legitimierten Abqualifizierung voran und sie ist auch logisch deren Voraussetzung: Christoph Columbus etwa beschreibt in seinen Tagebüchern die Eingeborenen, die er 1492 auf den Bahamas, Cuba und schliesslich Haiti angetroffen hat, folgendermaßen: sie sind „ängstlich und feige“, „sehr sanftmütig und kennen das Böse nicht, sie können sich nicht gegenseitig umbringen“, „sie begehren die Güter anderer nicht,“ und er resümiert: „Ich glaube nicht, dass es auf dieser Welt bessere Menschen oder ein besseres Land gibt.“ (7)  (…) Protestantische Innerlichkeit: gemäß der Devise, dass vor der schlechten Tat der schlechte Gedanke und das schlechte Wort kommen, die man demzufolge austreiben muss, damit alles besser wird. (…) So kommt es, dass es heute der Anti-Rassismus ist, der, unter dem Vorwand, heldenhaft gegen einen in Wahrheit nicht existenten „Rassismus“ zu kämpfen, Respekt und Toleranz noch für die rückständigsten und unmenschlichsten Sitten und Gebräuche einfordert und damit selbst als Protagonist und Fürsprecher einer Verrassung der restbürgerlichen Gesellschaft fungiert.  (..) Die unterschiedliche Pigmentierung der menschlichen Haut ist eine objektive Gegebenheit, keine bloße Erfindung. (…) Rasse heute ist die Selbstbehauptung des bürgerlichen Individuums, integriert im barbarischen Kollektiv. (…) Der nervige Sozialcharakter des Gutmenschen ist offenbar eine fast zeitlose Erscheinung und in den verschiedensten Lebensbereichen anzutreffen, die Wahrscheinlichkeit, ihm in fortschrittlichen sogenannten „politischen Zusammenhängen“ zu begegnen, ist besonders hoch: werden doch hier traditionell die altruistischen Tugenden – das Mitgefühl, die Solidarität, Selbstlosigkeit etc. – besonders hoch angeschrieben und deshalb sind sie das geeignete Betätigungsfeld für Sozialcharaktere, die sich als Ersatz für ihr eigenes ungelebtes Leben vorzugsweise mit dem Leiden anderer als Fetisch verbinden. (…) Es sind aber gerade die höchsten Tugenden, die die niedersten Instinkte decken, wie schon Marx wusste: „Bis jetzt hat der Mensch sein Mitgefühl noch kaum ausgeprägt. Er empfindet es bloß mit dem Leiden, und dies ist gewiss nicht die höchste Form des Mitgefühls. Jedes Mitgefühl ist edel, aber das Mitgefühl mit dem Leiden ist die am wenigsten edle Form. Es ist mit Egoismus gemischt. Es neigt zum Morbiden […] Außerdem ist das Mitgefühl seltsam beschränkt […] Jeder kann für die Leiden eines Freundes Mitgefühl empfinden, aber es erfordert […] das Wesen eines wahren Individualisten, um auch am Erfolg eines Freundes teilhaben zu können. (…) Und da jeder demonstrative Altruismus nicht nur einen kleinlichen Egoismus bemäntelt, sondern auch mit dem Anspruch des Idealisten einhergeht, erzieherisch auf das Objekt seiner Zuwendung einzuwirken, ist er die adäquate Ideologie von Rackets, und auch das ist Wilde nicht entgangen: Barmherzigkeit, so schreibt er, sei die „lächerlich unzulängliche Art der teilweisen Rückerstattung oder ein sentimentales Almosen, gewöhnlich verknüpft mit dem skandalösen Versuch des rührseligen Spenders, auf (das) Privatleben (der Armen) Einfluss zu nehmen. (…) Im totalisierten Zugriff auf die ihr Unterworfenen ist die sozialistische Bewegung bis auf den heutigen Tag ebenfalls als ein Racket des Tugendterrors anzusprechen, betrachtet sie es doch als ihre Aufgabe, das Proletariat oder das gerade angesagte Subjekt seiner „wahren Bestimmung“ zuzuführen und d.h. es im Sinne der von ihm zu realisierenden Ideale zu erziehen – und das bedeutet stets noch: ihm die Untugenden und Laster auszutreiben, die der Vorhut als Male der individualistischen Bürgerwelt erscheinen: etwa Alkoholabusus, Faulenzerei, „zerrüttete“, „unsittliche“ Verhältnisse zwischen den Geschlechtern etc. Und um dieser Aufgabe gerecht zu werden, müssen die selbsternannten Vertreter der Klasse die von ihnen verfochtenen Tugenden in eigener Person glaubwürdig verkörpern und deshalb in einer noch rigideren Weise als der gemeine Bürger sich als Subjekte zurichten, d.h. ihre Individualität dem Allgemeinen (dem Kollektiv, der Klasse, dem Frieden etc.) opfern, um totale Identität mit ihm zu erlangen. Wenn Identität letzten Endes den Tod bedeutet, dann hat die Bemühung um sie vorzeitige Erstarrung und prämortale Leblosigkeit zur Folge – von daher die bis in die Gegenwart zu beobachtenden verhockten, verkniffenen und lauernden Mienen aller professionellen Menschheitsbeglücker, ihre rigide Zwangsmoral und durchgängige Humorresistenz, die immergleichen offiziösen Phrasen, die sie dreschen, die tödliche Langeweile, die von ihnen und ihrem penetranten Sendungsbewusstsein ausgeht, und ihr chronisches Beleidigtsein, wenn sie beim Gegenüber auch nur den Hauch eines Zweifels an ihrer aufgetragenen Gutartigkeit zu erspüren glauben. Und zu alldem glauben diese Leute sich auch noch ermächtigt, diese ihre trostlose Existenz zur verbindlichen Richtschnur für alle anderen zu erklären.“ – Clemens Nachtmann

„Die rebellische Haltung, vor einem Jahrzehnt noch das Privileg von Einzelgängern, ist heute Ausdruck des Konformismus. Man will dazugehören, nicht als Schlappschwanz gelten“ – Horkheimer

„Die Demokratie ist nichts weiter als die Herrschaft des Knüppels über das Volk durch das Volk für das Volk. (…) Es gibt drei Arten von Despoten: den Despoten, der den Leib knechtet, den Despoten, der die Seele knechtet und den Despoten, der Leib und Seele zugleich knechtet. Der erste heißt Fürst. Der zweite heißt Papst. Der dritte heißt das Volk. (..) Wer das Volk führen will, ist gezwungen, dem Pöbel zu folgen“ (…) „Man hört immer wieder, der Schulmeister sterbe aus. Ich wünschte beileibe, dem wäre so. Aber der Menschentypus, von dem er nur ein und gewiss noch der harmloseste Vertreter ist, scheint mir wahrhaftig unser Leben zu beherrschen; und wie auf ethischem Gebiet der Philanthrop die größte Plage ist, so ist es im Bereich des Geistes derjenige, der so sehr damit beschäftigt ist, andere zu erziehen, dass er nie Zeit gehabt hat, an seine eigene Erziehung zu denken […] Wie schlimm aber, Ernest, ist es, neben einem Menschen zu sitzen, der sein Leben lang versucht hat, andere zu erziehen! Welch eine grausame Tortur! Was für eine entsetzliche Borniertheit, die unvermeidlich aus der fatalen Gewohnheit resultiert, anderen seine persönlichen Überzeugungen mitteilen zu wollen! Wie sehr dieser Mensch durch seine geistige Beschränktheit auffällt! Wie sehr er uns und fraglos auch sich selbst anödet mit seinen endlosen Wiederholungen und seiner krankhaften Besserwisserei! Wie sehr er jedes Anzeichen geistigen Wachstums vermissen lässt! Wie verhängnisvoll ist der Kreis, in dem er sich unablässig bewegt.“ – Oscar Wilde
„Was die Menschheitsbeglücker in Wahrheit bewirken, ist ihr eigener moralischer Selbstgenuss in der angemaßten oder tatsächlichen Herrschaft über andere, aber gerade nicht die praktische Lösung der Dinge, um die es ihnen vorgeblich so selbstlos zu tun ist: „In den Augen des Denkers allerdings liegt der wahre Schaden, den das moralische Mitgefühl anrichtet, darin, dass es unser Wissen begrenzt und so verhindert, dass wir auch nur eines unserer sozialen Probleme lösen.“ (Wilde) Das Selbstopfer fürs Kollektiv erweist sich nicht nur als die wahre Selbstsucht, sondern auch als gegen die Gattung gerichtet: „Denn die Entwicklung der Gattung hängt von der Entwicklung des Individuums ab, und wo die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit als Ideal abgedankt hat, ist das Absinken des intellektuellen Niveaus, wenn nicht gar dessen gänzliches Verschwinden die unmittelbare Folge.“ (Wilde) Und das vorgeblich so praktische und zielorientierte Tun erweist sich als in Wahrheit konfus und unpraktisch: denn es verlässt den Bannkreis des Notwendigen und Zwanghaften nicht, ja, es bestärkt dessen Macht umso mehr, je auftrumpfender und verblendeter es sich in seiner moralischen Selbstgerechtigkeit verhärtet und alle Selbstaufklärung abwehrt. Solange die Gesellschaft den Individuen als fremde äußere Macht entgegentritt, verkehrt sich die gute Intention regelmäßig in ihr Gegenteil und ist menschliches Handeln „nur blindes Tun, abhängig von äußeren Einflüssen und angetrieben von einem dunklen Impuls, von dem es selbst nichts weiß. Es ist seinem Wesen nach unvollkommen, weil es vom Zufall begrenzt wird, und unwissend über seine eigentliche Richtung, befindet es sich zu seinem Ziel stets im Widerspruch […] Jede unserer Taten speist die große Maschine des Lebens, die unsere Tugenden zu wertlosem Staub zermahlen oder aber unsere Sünden in Bausteine einer neuen Kultur verwandeln kann.“ (…) Die Misere des Sozialismus von seinen Anfängen bis heute war und ist stets zuverlässig abzulesen an seiner Verachtung aller autonomen, zweckfreien, in sich begründeten und eben darin gesellschaftlich bestimmten Kunst, weil sie die – prekäre und unvollständige – Emanzipation des Individuums von Blut, Scholle, Rasse, Kollektiv vorausträumt und ihr Ausdruck verleiht. Die Kunst, die sozialistische Bewegungen oder Regimes dann hervorbringen und fördern, eine Kunst, die „Partei ergreifen“, „Stellung beziehen“ und „gesellschaftliche Verantwortung“ dokumentieren soll, zerstört jedoch sich selbst und ihre Voraussetzungen. (…) „Kunst ist Individualismus und der Individualismus ist eine verstörende und zersetzende Kraft. Gerade darin liegt sein unermesslicher Wert. Denn was er aufzubrechen versucht, ist die Einförmigkeit des Typischen, die Sklaverei der Konvention, die Tyrannei der Gewohnheit und die Erniedrigung des Menschen auf das Niveau einer Maschine. (…) alle Künste sind amoralisch, ausgenommen die niederen Formen der sinnlichen oder belehrenden Kunst, die uns zu guten oder schlechten Taten anstiften wollen“ (…) Selbstsucht strebt immer danach, der gesamten Umwelt ein Einheitsmaß aufzuzwingen“ „Selbstlosigkeit bedeutet, andere Leute in Ruhe zu lassen, sich nicht in ihr Leben einzumischen […] Die Selbstlosigkeit weiß die unendliche Vielfalt als etwas Kostbares zu schätzen, sie akzeptiert sie, lässt sie gewähren und erfreut sich an ihr.“ (…) „Die erste Pflicht im Leben ist, so künstlich wie möglich zu sein. Die zweite Pflicht ist noch unbekannt.“(Wilde)
Antizionismus und Antiamerikanismus, ihr Philo-Islamismus nichts anderes sind als moderne Varianten des urdeutschen Antisemitismus.  (…) Massen laufen zur Deutschen Ideologie über, wenn Politik und Staat ihnen diesen Weg nicht versperren (…) Der Vernünftige braucht keinen Dialog mit Leuten zu führen, die sich nicht von Grund auf von denjenigen distanzieren, die Juden oder, was dasselbe ist, den Zionismus für ihr und anderer Leute Unglück verantwortlich machen. Er denunziert desgleichen jede Verhandlungsbereitschaft denen gegenüber, die, bevor sie sich als Staatsbürger und Marktsubjekte definiert haben, als Angehörige einer Religions- oder Volksgemeinschaft anerkannt werden wollen. (…) Antizionismus und Antiamerikanismus, ihr Philo-Islamismus nichts anderes sind als moderne Varianten des urdeutschen Antisemitismus. (…) Antideutsch denken und handeln heißt demzufolge, die politischen Vermittlungs- und Repräsentationsformen in Gesellschaft und Staat, die auf der Trennung von freien und gleichen Warenbesitzern einerseits und am Allgemeinwohl orientierten Staatsbürgern andererseits beruht, gegen die zu verteidigen, die diese Teilung zugunsten eines autoritären Volksstaates überwinden wollen, dessen Subjekte von nichts anderem als von seinen Wohlfahrtsleistungen abhängig sind. Wer in diesem Sinne das Etikett „antideutsch“ nicht auch auf sich bezieht, mißachtet zumindest die Gefährlichkeit der – selbstredend nicht auf Deutschland und deutsche Staatsbürger beschränkte, sondern immer schon weltweit grassierende – Deutschen Ideologie, deren historischer Kern darin besteht, daß auf ihr Konto nicht nur „normale“ kapitalbedingte Ausbeutung und Herrschaft, nicht nur die dem Kapital aus Prinzip immanenten Kriege und nicht nur der ihm in seinen Grund eingeschriebene Antisemitismus gehen, sondern fördert das Überleben einer Ideologie, der zudem noch die historisch und empirisch nicht zu leugnende Tatsache eingeschrieben ist, daß die deutsche Fassung der Beziehung von Staat und Gesellschaft die Auslöschung der Menschheit in zwei Weltkriegen im allgemeinen und den eliminatorischen Antisemitismus im besonderen beinahe total verwirklicht hätte. In der Existenz des Staates Israel manifestiert sich der Einspruch gegen den historisch bewiesenen Vernichtungswahn Deutscher Ideologie praktisch und empirisch. – Manfred Dahlmann

„Wird Freiheit mit Zügellosigkeit verwechselt, entsteht Rücksichtslosigkeit.
Am Schluss Gleichmacherei.
Ihr seid aber nicht alle gleich.
Noch nie wart ihr alle gleich.
Ihr lasst es euch aber einreden.
So werdet ihr immer respektloser, ungenießbarer gegeneinander.
Vergeudet in Kleinkriegen eure Zeit, als hättet ihr ein zweites Leben.
Weil ihr tatsächlich alles verwechselt.
Behauptungen mit Beweisen.
Gerechtigkeit mit Maß.
Religion mit Moral.
Desinteresse mit Toleranz.
Satire mit Häme.
Reform mit Veränderung.
Nachrichten mit Wirklichkeit.
Kulturunterschiede haltet ihr für Softwarefragen und ihre Analyse ersetzt ihr mit Anpassung.
Ihr habt die Maßstäbe verloren.
Der Gordische Knoten ist ein Keks gegen eure selbstverschuldete Wirrsal.

Man geht immer fehl, sucht man den Ursprung menschlicher Handlungen außerhalb der Leidenschaft des menschlichen Herzens …

Der Separatismus gendert sich in die Köpfe, sitzt in Regierungen.
Männer sind keine Männer mehr. Frauen keine Frauen, sondern ‚Menschen mit Menstruationshintergrund’, Quote ist Trumpf.
Auf gar keinen Fall sollen Mann und Frau sich noch als zwei Teile eines Ganzen begreifen. Damit die Geschlechter noch mehr aneinander verzweifeln.
Bis alle in destruktiver Selbstbezogenheit stecken.
Am Ende: Mann ohne Eier. Frau ohne Welt.

Auf die Erschöpfung des Mannes wird aber nur die Erschöpfung der Frau folgen, das sage ich euch.
Auf die Verstörung der Kinder folgt die Zerstörung der menschlichen Schöpfung.“– Hans Dieter Hüsch

Es gibt zweierlei Ethik: die moralische, der die Realität egal ist und die der Verantwortung, die reale Folgen der ethischen Forderungen berücksichtigt. Die erste ist gut gemeint, die zweite ist gut gemacht.

Was dem einen seine Souveränität, ist dem anderen seine Eigenmächtigkeit.

Das Schöne am Euro war, dass die Gewinner immerzu gewinnen konnten, ohne dass ihnen gleich die Quittung präsentiert wurde. Denn sie verdienen ja am Ausland, was heißt, eigentlich ein im Maße des Verdienens zunehmend schlechtes Geld – das ist durch den Euro aufgehoben worden: Man konnte ständig an einer anderen Nation verdienen, ohne dass das Geld dieser Nation darunter gelitten hat, weil sie gar kein eigenes hat. Der Wert dieses Geldes repräsentiert nicht die Leistungsfähigkeit dieser Nation. So hat der Euro von dem innereuropäischen Verdienen aneinander sogar noch gelebt; er hat vor der Krise absurderweise nur den Konkurrenzerfolg der Gewinner repräsentiert.

— Das ist ja mit der Idylle charakterisiert. Dass zunächst mal alle Seiten Gewinner des neu eingeführten Euro waren. Auch die, die ihre vergleichsweise Weichwährung gegen den Euro getauscht haben und damit auf einen Schlag Kredit zu ganz anderen Konditionen und Möglichkeiten hatten. Insofern waren die späteren Verlierer erst mal auch Gewinner.

„Vernunft und Rationalität sind in dieser durchmedialisierten Welt chancenloser denn je. Ein unangenehmer Typ „Heckenschütze“ terrorisiert die Gesellschaft. Seine aktuelle Waffe: Der Phobienvorwurf.“ – Bettina Röhl

„Ein Shitstorm hat auch seine positive Seite. Da politisch korrekte Gülle meist in Richtung Originalität, Kreativität und Intelligenz geworfen wird, fliegt sie oft genug auf Leute, die zu lesen wirklich lohnt.“ – Evidenz-basierte Ansichten:

„Es kommt in der Psychotherapie darauf an – mit temporärer Unterstützung – sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Wer mit einem Selbstbild lebt, für das die temporär klärende Rolle des Therapeuten eine unerträgliche Kränkung ist, der muß eben versuchen, alleine zurechtzukommen.“ – Hans Ulrich Gumbrecht

line-wordpress

Stupidity is demonstrated by people lacking the knowledge they could achieve

Stupidity manifests itself as outraged moralism

Values without empathy are worth nothing

Some people feel physical pain when they should correct their accustomed ideas in favor of reality, they turn all their intelligence with the support of their aggression, for not to recognize the reality and maintain their self-image

More and more feel, think less and less Man does not differ from animals by feelings, because mammals have the same feelings, like man, sadness, fear, anger, love, but by his thought. When he thinks, if he thinks.

Political correctness can be defined as the telling of a lie out of the cowardice in an attempt to avoid upsetting fools not willing to face up to the truth

“In arguments about moral problems, relativism is the first refuge of the scoundrel.” Roger Scruton

They are the same who claim the sex/gender would not be biologically innate, but only a social construct, and at the same time that homosexuality was not a social construct, but biologically innate.

Antisemitism is when one blames the Jews or Israel for issues, he does not blame others

Islam is less a religion and more a totalitarian society, an ideology that demands absolute obedience and tolerates no dissent, no criticism, and prohibits the thinking, knowledge and recognition. True Islam is totally different, the one who will find it will receive a very high reward.

Craziness is, when one always does the same but expects a different outcome

If a monkey thinks “I am a monkey”, then it is already a human

A man with roots should go for a pedicure

Self smugness leads to idiocy, being pissed off leads to enlightenment

If someone has something to say, he can tell it always very easily. If someone has nothing to say, he says it in a very complicated way

Addiction is, when somebody does something he wants to do, yet seeks someone who can make it so he won’t do it and doesn’t want to, either.

If the clever people always gave in, the world would be reigned by idiots. Too much “cleverness” makes you stupid.

If one only fights evil to protect life, one produces nothing good at all and such a life then becomes no longer worth living and thus requires no protection, for it is already unlived due to such a total protection. One can spend so much money on insurance, that one has nothing left to insure. Safety works in the same way.

Happy slaves are the worst enemies of freedom.

Creativity is an intelligence having fun.

If working makes you sick, fuck off, leave the work!

If Germans talk about morality, they mean money.

A man without an insight is just an anxious, aggressive, unhappy monkey.

Thinking is always trespassing.

The mob, who calls himself the people, does not discuss, just defames.

Legal is not always legitimate.

Who can not do without, lives unhappy.

So called social, culture sciences, sociology, psychology psychotherapy, psychoanalysis, are not anymore scientific, but immanent religious cult-prophets, organized as sects.

Without a strong opposition any apparent democracy atrophies to a tyranny, and as well a science , to an attitude of a religious sect.

You can recognize everything from a certain distance only, who is zealous, outraged, who sticks his nose in something, this one has lost the perspective, he recognizes anything more, he has only his imagination of the world in his head. This creates paranoia, which is called religion, and a religion as politics, even as a science.

Islamists are a real danger, therefore they will not be seen as such. Jews are not a danger, therefore they are seen as such. It is how the perception by cowards functions.

People without a sense of humor are able only to fear or to hate and become monks or terrorists.

People are not equal, each single person is unique.

Insight applies to everyone, including Muslims, Albanians, women and homosexuals.

Islam belongs to Germany, Judaism belongs to Israel.

The totalitarian Terror of consensus is ubiquitous in Germany.
There are no discussions anymore, but defamations only.
It is a culture of the mob. As it has already been.
Harmony is only if you do not communicate.

One should never go to bed with someone who has more problems than you already have.

>>Evelyn Waugh, surely the wittiest novelist of the past century, in World War II, coming out of a bunker during a German bombing of Yugoslavia, looked up at the sky raining enemy bombs and remarked, “Like everything German, vastly overdone.”<< Joseph Epstein

One has to be brave, to have a wit.

Stupid and dull belong mostly together.

Charlie Hebdo: you don´t care if such murders are comitted to Jews, we will see how “adequate” you will react when (when, not if), Islamists will begin to bombard your cities with Kasam missiles.

Christopher Hitchens: In a free society, no one has the right not to be offended.

The more someone narcissistic inflates , the more he feels insulted and provoked.

“The trouble with the world is that the stupid are cocksure and the intelligent are full of doubt.” – Bertrand Russell

 The problem with the Islamists in Europe should be solved exactly as Europe requires to the Middle East: a two-state solution, a half for muslims and the another half for not-muslims , with a common capital.

What may satire? Everything! Except be understood by the fool, because then it was not a satire.

Islamimus is Islam preaching violence.

Islam is a religion of love, and he who doubts is dead.

War is peace. Freedom is slavery. Ignorance is strength. Islam is a peaceful religion of love – George Orwell 2015

Islam is not responsible for anything, Jews are guilty of everything.

Islamists are satanists. Islamism is a religion of idiots.

If someone inflates endless his ego, as Islamists do, then he hurts his own feelings already in his morning own shit.

The seven deadly sins of modern society. Wealth without work pleasure without conscience, knowledge without character business without morality Science without humanity, worship without sacrifice Politics without principles
-Mahatma Gandhi

“Where there is only a choice between cowardice and violence, I would advise violence.”
-Mahatma Gandhi

Heroes of today know nothing, can not and do not want anything. They just look like heroes, that’s all.

It may be that early fathers ate their children. Today, the mothers will eat anything, fathers, children and the rest. Everything Mommy, anyway!

Germany yesterday: the will to power.
Germany today: the will to blindness.
Germany tomorrow:

German psychoanalysis? Great, like German charm, German humor and German wit.

The resistance starts with its own language other than that of the dictatorship.

Smart phones for stupid people.

A leftist can, but do not have to be stupid.

If you do not blame states, when they commit suicide with millions victims , so why to blame a co-pilot with 149 dead?

Only the purity of the means justify the end.

A German is a person who can speak no lie, without actually believe Adorno

„Reason and rationality are chance-less than ever in this totally mediatised world. An unpleasant type Sniperterrorized society. His current weapon: The phobia accusation.“ – Bettina Röhl
„A Shitstorm has also its positive side. As politically correct manure it is usually thrown in the direction of originality, creativity and intelligence, she flies often to people who are really worth to read.“ – Evidenz-basierte Ansichten:

„Wir sind der Schwarm!“

schwarm-baikalenten

Der zweite Weltkrieg war ein kulturindustrielles Massenevent. (…) Eine neue Barbarei sei stets zu befürchten, wird sich nicht aus dem Geist Nationalsozialismus unmittelbar speisen, sondern im Gewande von demokratischem Antifaschismus von Lernen aus der Geschichte und political correctness daher kommen. (…) Abwehr des offenen Faschismus durch dessen demokratische Entnazifizierung und Eingemeindung. (…) Je antirassistischer und weltoffener sich die Deutschen aufführen, desto mehr ähneln sie wieder einer gegen ihre Todfeinde verschworenen Horde, die nicht mehr auf Exklusivität pocht, sondern die Anforderungen zum Mitmachen wieder flexibilisiert hat und sich ihr Jagdrevier mit anderen teilt, sofern sie sich bewähren. (…) Die postnazistische Demokratie hat  die nationalsozialistische Mobilmachung des „gesunden Volksempfindens“ zwar nicht abgeschafft, sondern nur sistiert – sie hat es aber andererseits auch in die Latenz abgedrängt und damit gebremst, indem sie es in die mediatisierende Form des bürgerlichen Repräsentationsprinzips zwängte.   – (Clemens Nachtmann)

„Die rebellische Haltung, vor einigen Jahrzehnten noch das Privileg von Einzelgängern, ist heute Ausdruck des Konformismus. Man will dazugehören, nicht als Schlappschwanz gelten“ – (Max Horkheimer)

 „…der hiesige Autoritarismus (ist) einer ohne Autorität und der hiesige Konventionalismus einer ohne Konventionen. Schon bei den Nazis war nicht das Wort des Führers Befehl, sondern sein Wille, den der kongeniale Volksgenosse erahnte. Nie hätte der Nationalsozialismus funktioniert, hätte den Deutschen jede ihrer Missetaten bei Strafandrohung befohlen werden müssen. Anders, als es das Wort vom „Befehlsnotstand“, von der „Gleichschaltung“ oder vom „Führer“ selber glauben machen will, herrschte das NS-System durch Gehorsam ohne Befehl.“ (Wolfgang Pohrt)
Wer ein Volk führen will, muß dem Mob folgen
Siehe auch:

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Von Matthias Heitmann, 26.09.2015

Deutschlands politische Kultur droht nach 25 Jahren Einheit in einem Einheitsbrei aus Verunsicherung, Verängstigung und Vertrauensverlust zu versinken.

„Unser Land wir überschwemmt. Die Dämme werden brechen, und wir werden sie nicht stabilisieren können. Auch der Einsatz von Soldaten wird nicht helfen. Und das alles, weil wir so ignorant und so untätig waren. Das musste sich ja rächen!“

Geht es hier um die Klimaerwärmung, um eine neue Oderflut oder um die Flüchtlingsströme? Alles ist vorstellbar. Das ist das Schöne an emotionalen Untergangsszenarien: Sie sind in völlig unterschiedlichen Zusammenhängen verwendbar. Und sie können von Menschen wortgleich genutzt werden, die ansonsten so gar nicht einer Meinung sind.

Was für das ökologische und sich irgendwie als „links“ und „progressiv“ verstehende politische Spektrum die Klimaerwärmung und das Steigen des Meeresspiegels ist, ist für Konservative, Rechtsliberale und selbsterklärte Patrioten das Anschwellen der Flüchtlingsströme. Auf beides wird ähnlich reagiert: Panik und Angst fressen nicht nur die Seele, sondern auch den Verstand. Der heute dominante Ismus beginnt weder mit Sozial- noch mit Konservat-, sondern schmückt sich mit der antipolitischen und alternativlosen Vorsilbe: Alarm.

Im Alarmismus werden alte politische Lagergrenzen überrannt. Egal, um welches Thema es geht, er findet überall Anknüpfungspunkte: Es ist mittlerweile üblich, generell vom Schlimmsten auszugehen. Wer das nicht tut, läuft Gefahr, als naiver Beschwichtiger und verantwortungsloser Leugner verschrien zu werden. In nahezu allen halbwegs kontroversen Themenbereichen werden heute Andersdenkende als „Leugner“ bezeichnet – egal, ob es um Asyl, Artensterben, Biotechnologie, Holocaust, Islamisierung, Kernkraft, Klima, Krieg der Kulturen, Kriminalität, Umweltzerstörung, Rassismus oder um die Wirtschaftskrise geht.

In dieser Kultur des permanent lauernden Shitstorms sind ernsthafte „Debatten“ und „Auseinandersetzungen“ nur Rituale weltvergessener Zeitverschwendung. Als Obergrenze realistischen Handelns ist das Verhindern von Dammbrüchen festgelegt. Und das geht per definitionem nur über „Nulltoleranz“. In diesem Bestreben finden ehemalige politische Gegner einen gemeinsamen Stil sowie einen gemeinsamen Ort: „die politische Mitte“. Hier laufen die Überbleibsel alter und gescheiterter Ideologien zusammen; sie machen diese „Mitte“ zu einem Ort des menschlichen Scheiterns, zum Friedhof der Politik.

Diese Friedhofsstimmung ist der Kern des modernen misanthropischen Dogmas, dem auch die Opferkultur und die Misstrauenskultur entspringen. In diesem Denken gilt der Mensch als Problem und nicht als die Lösung. Daher können Ziele nur über das Regulieren, über das Begrenzen von Spiel- und Bewegungsräumen sowie über das Beschneiden von Freiheit und von Mündigkeit erreicht werden.

Der Hauptfeind des Alarmismus ist derjenige, der Besonnenheit walten lässt und sich nicht in den Panikchor der Schwarz-Weiß-Denker einreiht. Besonnenheit ist keineswegs ein Synonym für Langsamkeit und Nichtstun, und auch nicht für Ideenlosigkeit und Führungsschwäche. All diese Makel können wir heute bei denjenigen beobachten, die sich Verantwortungs- und Entscheidungsträger nennen: Weder tragen sie das eine noch das andere, denn dazu wären tatsächliche Standpunkte und Haltungen vonnöten. Über deren Fehlen können auch virtuose Versuche des Themenverschnürens nicht hinwegtäuschen, auch nicht der jüngst Kanzlerin Angela Merkel zugesprochene, die allen Ernstes den Klimaschutz als „Schlüssel zur langfristigen Vermeidung von Fluchtursachen“ ins Spiel zu bringen versucht haben soll.

Dabei wäre wirkliche Besonnenheit bei allen Themen und Fragestellungen gleichermaßen und separat angebracht: Wer die Aufnahme von Flüchtlingen (zu Recht!) gutheißt und diese nicht per se als Bedrohung sieht, sollte auch bei anderen Themen Vertrauen in Robustheit, Kreativität und Veränderungsfähigkeit der Gesellschaft setzen. Willkommenskultur und das gleichzeitige Predigen des durch die destruktive Menschheit verursachten ökologischen Weltuntergangs passen einfach nicht zusammen. Wer hingegen den Alarmismus der Umwelt- und Klimapolitik (zu Recht!) geißelt, sollte ihm nicht bei der Flüchtlingsthematik auf den Leim gehen und hysterisch von Flüchtlingsflut, Überfremdung, gesellschaftlicher Überforderung und der durch die Armee der Gutmenschen unterstützte Islamisierung Europas palavern.

Um die Werte der Aufklärung muss an allen Fronten gerungen werden, und sie müssen auch an allen Fronten gleichermaßen verteidigt werden – und zwar sowohl gegenüber Angreifern als auch gegenüber Feiglingen. Das ist die tatsächliche Bedeutung der Idee der Toleranz, sie ist das Gegenteil von blinder Akzeptanz und ängstlicher Unterwerfung. Aus dieser Haltung heraus kann auch der Angstkultur entgegengetreten werden, die zu unreflektierten Opfer-, überzogenen Abwehr- und unbegründeten Zurückhaltungen führt. So verstanden, kann die Herausforderung, vor der Europa heute steht, tatsächlich der Ausgangspunkt für positive Veränderungen sein.

Matthias Heitmann ist freier Journalist und Autor des kürzlich erschienenen Buches „Zeitgeisterjagd. Safari durch das Dickicht des modernen politischen Denkens“. Seine Website findet sich unter http://www.zeitgeisterjagd.de

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  30.04.2015   auf Achgut.com

Politik ohne Staat

 

Ende August 2014 machte das Kanzleramt mit einer Stellenausschreibung Schlagzeilen: Gesucht wurden Psychologen, Anthropologen und Verhaltensökonomen. Dabei ging es nicht um irgendein Projekt, sondern um Stellen in Stab „Politische Planung“. Es geht also durchaus um das, was man die „Richtlinien der Politik“ nennt, deren Bestimmung die Aufgabe des Bundeskanzlers bzw. der Bundeskanzlerin ist. Vielleicht ist sogar mehr im Spiel – eine schleichende Umdefinition dessen, was unter Politik überhaupt zu verstehen ist. Wenn hier Wissenschaftler Einzug halten, die sich mit „der Gesellschaft“ oder „dem Menschen“ beschäftigen, bedeutet das etwas. Mitnichten geht es darum, die Entwicklung der öffentlichen Meinung zu studieren und sich damit dem Volkssouverän zuzuwenden. Denn Psychologie, Anthropologie und Verhaltensökonomie interessieren sich nicht für das Souveräne der Menschen, sondern für die Faktoren, die ihr Verhalten beeinflussen (und mit denen man ihr Verhalten beeinflussen kann). Sie interessieren sich sozusagen für das Unsouveräne – für die Bedürfnisse und Ängste, die unauffällig und untergründig vorhanden sind und die das Verhalten prägen, ohne dass die Menschen sich dessen bewusst sind. Eine Politik, die auf diesem Register zu spielen weiß, hat eine außerordentliche Macht. Sie entzieht sich dem Verhältnis von Volkssouveränität und rechtsstaatlich begrenzter Macht auf Zeit. Sie ist der Versuch einer Gesellschaftssteuerung.

Wenn man in diesen Tagen hört, dass die Bundesregierung einen Dialog „Gut leben in Deutschland“ veranstaltet, sollte man an die Psychologen, Anthropologen und Verhaltensökonomen im Kanzleramt denken. Und wenn Frau Merkel dabei ein „Wir sind neugierig“ bekundet, dann richtet sich die Neugier nicht so sehr auf das, was die Gesprächsteilnehmern ausdrücklich formulieren, sondern auf das, was ihre Empfindlichkeiten verrät. Es geht auch nicht einfach um Verbesserungen für das Land (zum Beispiel um eine Reformagenda 2020), sondern um die subtilere Botschaft „Sie sind wichtig“, „Wir kümmern uns um sie“. Dabei ist die Ausmalung des guten Lebens nur die rosige Seite der Verhaltenssteuerung. Zum Arsenal der Steuerung, deren sich die Kanzlerin häufig bedient, gehört auch die tiefdunkle Drohung. Ein Satz wie „Scheitert der Euro, scheitert Europa“ (zu dem auch der Nachsatz gehört: „Nur die europäische Einigung hat einen neuen Krieg verhindert“) arbeitet mit Angstgefühlen der Menschen. Wie man hört, kann Frau Merkel ganze Auditorien gestandener Unternehmensführer allein dadurch beeindrucken, dass sie leise das Szenario antippt, dass die Deutschen wieder die Bösen in Europa würden („Das kann niemand wollen“).

Bei vielen Kritikern des Merkelismus gibt es die Vorstellung, es handele sich um eine Form absolutistischer Selbstherrlichkeit. Die Kanzlerin wäre demnach so etwas wie Katharina die Große oder Ludwig XIV. Aber dies Bild einer besonders hoch über der Gesellschaft thronenden Position – das Feindbild linker Staatskritik – trifft nicht das, was hier geschieht. Die Politikform, die mit dem Merkelismus zur Macht gelangt, steht der Gesellschaft viel näher. Sie steht den Menschen viel enger auf den Füßen. Sie ist Gesellschaftsbegleitung – und damit ist sie im Grunde staatsfern. Sie ist eine Politik ohne Staat. Bei Ausbruch der Finanzkrise traten zwei Personen vor ein Mikrofon – Frau Merkel und Herr Steinbrück – und erklärten „Wir garantieren die Sicherheit der Spareinlagen der Bürger“. Mit was denn bitte? Bei jeder ernsthaften Garantie müsste sofort die Frage beantwortet werden, mit welchen staatlichen Mitteln hier etwas garantiert werden kann. Fehlanzeige. Es ging um „Psychologie“. Oder die handstreichartige Durchsetzung der Energiewende: Das Fukushima-Ereignis genügte, um das Energieprogramm, mit dem Merkel die Wahlen gewonnen hatte, auf den Kopf zu stellen. Sie berief sich dabei auf die damalige – demoskopisch festgestellte – Stimmung der Bevölkerung. Die Kanzlerin setzte sich über das Votum des Volkssouveräns hinweg, im Namen einer sozialpsychologischen Befindlichkeit der Bevölkerung. Auch die Außen- und Europapolitik, die eher Befindlichkeiten beschwört, als auf Verträgen zu bestehen, gehört dazu. Insofern sind die neuen Bürger-Dialoge und der Einzug von Verhaltensforschern ins Kanzleramt konsequent. Sie gehören zu der neuen Politik ohne Staat.

Für die Führung eines modernen Landes ist diese Gesellschaftsbegleitung freilich zu wenig. Sie hat ein ähnliches Problem wie die Nachfrage-Stimulation in der Marktwirtschaft, die bekanntlich eine unternehmensschädigende Ökonomie ist. In der politischen Sphäre ist die Frage nach dem „guten Leben“ auch so ein Appell an die „Nachfrage“. Sie fragt nicht nach den Leistungen, die ein Staatswesen vernünftigerweise erbringen kann, und nach den Gemeingütern, mit denen es den Bürgern eine Stütze und Entlastung geben kann. Sie neigt zur pauschalen Förderung – man denke an die hilflosen Ansätze zur Förderung der Geburtenrate oder zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums durch billiges Geld. Sie löst keine Strukturprobleme, führt aber zur Überschuldung. Schlimmer noch: Sie führt, mit ihrer kurzatmigen Allgegenwart, zur allmählichen Erlahmung.

Die nachfrageorientierte Politik des guten Lebens bedeutet auch einen Abschied von der vielbeschworenen „wertorientierten“ Politik. Es geht um Zufriedenheit, dafür braucht man keine Werte. Es reichen Bedürfnisse. Man kann dann auch keine Aufgabe „für das Land“ finden – sondern nur etwas für das Leben „im“ Land in Aussicht stellen. Insofern spricht die Bezeichnung des Bürgerdialogs (Gut leben in Deutschland) für sich: Von einer Weiterentwicklung Deutschlands ist nicht mehr die Rede. Eine solche größere Perspektive wird den Deutschen nicht mehr zugetraut. Sie sollen eine selbstbezogene Herde sein, die sich nur noch fragt, was „gut für sie“ ist – und nicht mehr, was „gut für das Land“ ist. Die Frage nach dem Land muss in der neuen Glücks- und Angstpolitik fremd klingen. Ja, sie muss als ein geradezu unmenschliches Ansinnen erscheinen. Der Stolz der Bürger auf ihr Land und die Lust, daran mitzubauen, hat in der Optimierung des Lebens keinen Platz.

An dieser Stelle wird deutlich, wie weit die neue Politikform sich von der parlamentarischen Demokratie entfernt hat. Eine repräsentative Demokratie braucht den Maßstab des Landes, an diesem Maßstab muss es seine Gesetzgebung orientieren. Eigentlich käme es darauf an, den Bürger in die Entscheidungsprobleme des Regierens einzuführen. Sonst bleibt ihm nur die Rolle des wünschenden (und furchtsamen) Deppen. Der mündige Citoyen beginnt erst dort, wo er gelernt hat, in den Spielräumen eines gegebenen Staatswesens seine eigenen Urteile zu fällen. Das ist in der Unmittelbarkeit eines Dialogs nicht möglich. Es bedarf der repräsentativen Form des Parlaments und einer gehobenen Blickhöhe und Debattenkultur.

Es bedarf auch der politischen Parteien, die Mittler zwischen Staat und Gesellschaft sind. Mit ihren Eckwerten, ihrem Stil, ihrem Personal und ihrer Tradition können sie mehr bieten als die Nachfrage der Bürger gegenüber dem Staat zu mobilisieren. Sie können regierungsfähige „Angebote“ formulieren, die auf die (begrenzten) Möglichkeiten eines Staates zugeschnitten sind. Das gilt besonders für die großen Volksparteien. Glückspolitik, Verhaltenssteuerung und Dialog-Marketing suggerieren einen Weg in die Politik, der die Synthese-Aufgabe der Volksparteien übergeht. So untergräbt der Merkelismus die Volkspartei CDU/CSU.

Genau hier findet sich aber auch – erfreulicherweise – eine Bruchstelle der Politik ohne Staat. Die Wünsch-Dir-Was-Politik entwertet die Mehrheitsbildung, doch gerade die CDU/CSU lebt von dem Nimbus, dass sie den großen Stimmenblock bildet, der für eine stabile Mehrheitsbildung unumgänglich ist. Verschwindet die Bedeutung einer geführten Mehrheit, verschwindet die Sonderrolle der CDU/CSU als Volkspartei. Gibt es nur noch ein allgemeines Sammelbecken der Wünsche und ein Stimmgewirr von Nachfrage-Parteien, wird sie besonders viel verlieren. Die Sonderstellung, die Christdemokratie in der Geschichte der Bundesrepublik hatte, wird dann verschwinden. Es ist auch fraglich, ob die christdemokratische Gestalt der mehrheitsbildenden Volkspartei überhaupt weiterleben kann. In einigen europäischen Ländern ist sie bereits verschwunden. Die meisten Versuche, wieder zu einer „Politik mit Staat“ zu kommen, setzen nicht mehr christdemokratisch an.

In Merkel-Deutschland scheint ein solches Szenario fern, doch sollte man sich nicht täuschen: Es genügt, dass 10-20% der Wähler der CDU/CSU von der Stange gehen, um ihre Fähigkeit als Mehrheitsbildner grundsätzlich zu erschüttern. Bleiben diese Wähler in ihrer Verweigerung fest, so können sie politisch „hebeln“ und eine Bedingung stellen: Eine mehrheitsführende bürgerliche Volkspartei wird es in Deutschland erst wieder geben, wenn diese Partei sich republikanischer aufstellt. Diese Hebelmöglichkeit würde anregend für die Arbeit an einer Alternative wirken. Ein definitiver Abschied von der christdemokratischen Politikform wäre nicht mehr nur eine theoretische Möglichkeit. Gewiss lässt ein solches Szenario uns, die wir gegenüber allem schnellen Verabschieden skeptisch sind, zurückschrecken. Bringt ein solcher Abschied nicht die Grundlagen der Bundesrepublik in Gefahr? Diesen Einwand kann man nicht einfach abtun. Aber er verliert sein Gewicht, wenn die Grundlagen schon beschädigt sind. Mit ihrem Abdriften in den Merkelismus hat sich die CDU/CSU von jeder Staatsräson weit entfernt. Und sie entfernt sich jeden Tag noch weiter.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/politik_ohne_staat

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  auf Achgut.com am 17.04.2015

Marktforschung statt Demokratie

Wenn es sie denn hierzulande noch gäbe, hätte die kritische Öffentlichkeit, hätten die Kommentatoren in der Presse, im Radio und im Fernsehen in dieser Woche Sturm laufen müssen. Doch nicht einmal ein Sturm im Wasserglas wollte aufkommen, statt dessen nur ein müdes Achselzucken, als die Kanzlerin und ihr Stellvertreter am Montag die neue Marketingkampagne der Bundesregierung vorstellten. Unter dem Motto „Gut leben in Deutschland – Was uns wichtig ist“ will die Große Koalition dabei herausfinden, wofür sie die Bürger gewählt haben. Kurzum, was das Volk, als dessen Vertreter die Christ- und Sozialdemokraten nun schon im zweiten Jahr an der Macht sind, denkt, wünscht oder befürchtet, wo ihm der Schuh drückt und wie es sich die Zukunft vorstellt. Zu diesem Zweck sind 150 öffentliche Veranstaltungen geplant, diverse Internet-Foren werden eingerichtet, ein eigene Behörde soll für die Organisation und die Auswertung sorgen.

Eine Schnapsidee ist das Ganze nicht; bürokratisch steht die Aktion auf festen Füßen. Beschlossen wurde sie schon nach der Konstituierung der neuen Regierung auf deren erster Klausurtagung im schönen Barockschloss Meseberg. Und niemandem scheint unterdessen aufgefallen zu sein, dass da etwas nicht stimmt. Keiner der politischen Mandatsträger und keiner ihrer kooptierten Journalisten fragt sich, wie es um die repräsentative Demokratie bestellt sein muss, wenn die Repräsentanten gezielte Marktforschung betreiben müssen, um sich ein Bild von den Vorstellungen des Volkes zu machen, das sie zu vertreten vorgeben.

Statt dass es ihr peinlich wäre, gefällt sich die politische Klasse in der bombastischen Inszenierung des Spektakels. Die Kanzlerin präsentierte es freundlich lächelnd. Sichtlich erheitert gestand sie, „neugierig“ auf die Ergebnisse der Befragung zu sein. Denn: „Wir kennen die Antwort nicht. Und wir geben uns sogar Mühe, nicht zu glauben, dass wir sie kennen.“ Wann hätte man ähnliches von einem deutschen Regierungschef gehört? Wer hätte es bisher gewagt, als gewähltes Oberhaupt einer demokratisch verfassten Gesellschaft so unumwunden einzugestehen, dass er keinen blassen Schimmer von den Vorstellungen des Souveränes, der „Menschen“ unter ihm hat?

Unwillkürlich fühlt man sich an Marie Antoinette erinnert, die dem Volk einst geraten haben soll, Kuchen zu essen, wenn es kein Brot habe. Zweifellos eine anekdotische Zuspitzung, die sich der Phantasie der Nachwelt verdanken mag, aber nichtsdestoweniger ein Gleichnis, das den Realitätsverlust einer politischen Klasse erhellt, die nur mehr um ihrer selbst willen existiert. Eingemauert im Elfenbeinturm ihrer Selbstüberschätzung, merkt sie gar nicht mehr, wie sich mit ihren Inszenierungen selbst desavouiert.

Was die Bundesregierung in den den nächsten Monaten veranstalten will – Sigmar Gabriel nennt es ein großes „Experiment“ – ist nichts weiter als eine Marktstudie. Ein weiterer Schritt hin zur postdemokratischen Gesellschaft. Die Politiker, die dahinter stehen, handeln nicht mehr als Interessenvertreter dieser oder jener Milieus oder gar als Vertreter politischer Grundüberzeugungen, sondern als Manager ihrer Unternehmen, der Parteien, die sich am Markt behaupten müssen.

Dagegen wäre prinzipiell nichts einzuwenden, vielleicht ist das sogar die politische Kultur, auf die wir uns zukünftig einstellen müssen. Mindestens entspräche das der durch und durch kommerzialisierten Konsumgesellschaft. Nur fehlen uns dafür noch die organisatorischen Voraussetzungen. Denn ersten gibt es anders als in der Wirtschaft keine Behörde, die den marktbeherrschenden Zusammenschluss verschiedener Unternehmen untersagt. Schon heute werden ja nicht nur in den Zeiten großer Koalitionen Preisabsprachen zwischen den Parteien getroffen, die dem Bürger die Möglichkeit nehmen, sich für dieses oder jenes Angebot zu entscheiden. Wo alle Parteien wie bei der letzten Bundestagswahl etwa das Gleiche anbieten, entsteht ein politisches Kartell –  alternativlos.

Und zweitens müssten wir, wenn es nur mehr um das Angebot politischer Dienstleistung geht, auch die Möglichkeit und den Mut haben, die Parteien und ihre Manager für begangene Fehler, für Betrug und die Veruntreuung des ihnen anvertrauten Volksvermögens juristisch zur Verantwortung zu ziehen. Wolfgang Schäuble dürfte dann für die Milliarden, die er für den „hoch spannenden Versuch“ (Zitat Schäuble) der Währungsunion aufs Spiel gesetzt hat, keine andere Behandlung erwarten, als sie der Bankrotteur Thomas Middelhoff eben erfährt.

Man kann sich nicht im Ernstfall auf die Vorrechte, die Immunität eines Volksvertreters berufen, der in unserem Namen handelt, und das Volk zugleich wie einen Kunden behandeln. Als solcher hat er eben auch Regressansprüche. Die Kalkulationen müssen offengelegt werden. Im konkreten Fall heißt das, dass die Kosten einer Marktforschung, wie sie die Große Koalition jetzt durchführen will, vorher bekannt sein sollten, bevor die Steuerzahler als Finanzier den Auftrag dazu erteilen.

Dazu aber ist die Bundesregierung nicht bereit, vielmehr versucht sie uns das Vorhaben als einen Ausdruck demokratischer Läuterung zu verkaufen. Dass das so unwidersprochen möglich ist, bestätig, wovon laut einer Umfrage der FU Berlin bereits sechzig Prozent der Bürger ausgehen: Deutschland ist keine Demokratie mehr, nicht im Sinne des Grundgesetzes, an das wir gern weiter glauben würden.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/marktforschung_statt_demokratie

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  26.04.2015   Achgut.com

Steinmeier: Bella figura

Wozu das alles, dieser rhetorische Qualm, mit dem uns Frank-Walter Steinmeier einnebelt, wann immer sich die Gelegenheit bietet, in schicksalsschwangere Schwermut zu versinken. Dass ihm die Rolle des weisen Bedenkenträgers liegt, wissen wir unterdessen. Rein ästhetisch betrachtet, macht er dabei eine gute Figur. Der nachdenklich geneigte Kopf, das volle Haar, der gedämpfte Tonfall, die wehenden Rockschöße auf der Gangway: alles perfekt, geradezu filmreif. Würde er von Hollywood besetzt, winkte dem Mann womöglich eine Oscar-Nominierung. Wir erlebten großes Kino und müssten uns nicht weiter fragen, was der Auftritt politisch nach sich ziehen könnte, was dahinter steckt.

Allein, der Genosse ist unser Außenminister. Keine Filmgesellschaft zahlt ihm die Gage. Er steht auf der Payroll der Steuerzahler. Sein Gehalt bekommt er dafür, dass er Deutschland in der Welt vertritt, nicht nur auf den Brettern, die angeblich die Welt bedeuten. Es gibt mithin Gründe genug, die Darstellungen des Frank-Walter Steinmeier ernst zu nehmen, die Persönlichkeit fürsorglich im Auge zu behalten. Sein seelischer Zustand kann uns ebenso wenig egal sein wie seine geistige Zurechnungsfähigkeit. Diese Anteilnahme schuldet jeder Arbeitgeber seinen Angestellten, dann zumal, wenn sich Auffälligkeiten im Verhalten abzeichnen.

Allzu leicht können fixe Ideen den Blick für die Wirklichkeit trüben. Oder wem wäre noch nicht aufgefallen, dass uns der Außenminister unentwegt ermahnt, die Dinge nicht zu einfach zu sehen, nicht beim Atomstreit mit dem Iran, nicht bei der russischen Invasion in der Ostukraine und erst recht nicht beim Gedenken an den Genozid der Armenier durch die Türken. Nie ist Frank-Walter Steinmeier in der Lage, mit klaren Worten zu benennen, was ohnehin auf der Hand liegt. Immer scheint es, als fühle er sich gedrängt, die Probleme, über deren Lösung er nachher verhandeln möchte, erst einmal so zu verfremden, dass er eingreifen muss.

Dass es ein Gebot der diplomatischen Vorsicht sei, den Völkermord an den Armeniern nicht als solchen anzuprangern, um die Türkei nicht vor dem Kopf zu stoßen, wollten ihm am Ende nicht einmal mehr die eigenen Genossen, die Kabinettskollegen und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages abnehmen. Zwar war ihnen allen klar, dass das den einen oder anderen Wutausbruch am Bosporus mit sich bringen würde, dass Recep Erdogan das Rumpelstilzchen geben könnte, doch wusste auch jeder, dass es beim Theaterdonner bleiben würde. Schließlich ist die wirtschaftlich aufstrebende Türkei auf wenige Handelspartner so angewiesen wie auf Deutschland.

So viel politische Einsicht, so viel Realitätssinn sollte man eigentlich auch von einem Diplomaten erwarten können, dessen vornehmste Aufgabe es ist, die deutschen Interessen im Ausland zu vertreten. Dazu aber scheint Frank-Walter Steinmeier nur noch eingeschränkt fähig zu sein. Geblendet von der Größe seiner eigenen Persönlichkeit, ergreift jede sich bietende Gelegenheit, um sich selbst als umsichtigen Krisenmanager in Szene zu setzen, am liebsten mit nächtelangen Verhandlungen. Nichts darf sich zu schnell erledigen. Erst die Abfolge der Gipfel garantiert ihm die eigene Existenz, besiegelt durch Verträge, die oftmals das Papier nicht wert sind, auf das sie gekritzelt wurden, wenn sie denn überhaupt existierten.

Die Vereinbarung, die Steinmeier kurz vor der Flucht Wiktor Janukowytschs zwischen ihm und den Aufständischen am Rande des Majdan zustande gebracht heben will, hat bis heute niemand gesehen. Das „Eckpunktepapier“ zur Beilegung des Atomstreits mit dem Iran hat es so, wie es der deutsche Außenminister anpries, nie gegeben. Statt seiner tauchten nachher deutlich von einander abweichende Protokolle der verschiedenen Verhandlungsteilnehmer auf.

Aber natürlich, so einfach, wie wir uns die Sache machen, ist sie nicht. Und wenn sie es wäre, wozu brauchten wir dann Frank-Walter Steinmeier, einen Außenminister wie gemalt.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/steinmeier_bella_figura#When:14:02:40Z

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  03.05.2015   Achgut.com

„Die alles gleichmachende Gerechtigkeitsgesellschaft ist eine glücklose, eine unsinnliche, unerotische, ganz und gar unfreundliche Gesellschaft.“
Hanns Dieter Hüsch bewegt uns immer noch

Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute … Hanns Dieter Hüsch lebt nicht mehr. Er würde sonst am 6. Mai seinen neunzigsten Geburtstag feiern können. Nun müssen wir ohne ihn feiern und bei der Gelegenheit können wir uns darüber freuen, dass seine Texte noch leben und darin seine Kunst und seine Eigenarten erhalten bleiben.

Eine kleine, öffentliche Geburtstagsfeier findet im Logensaal der Hamburger Kammerspiele statt. Da wird ein neues „Bühnenstück für Hanns Dieter Hüsch“ uraufgeführt, „Und sie bewegt dich noch!“, heißt es. Darin wird aus seinem Leben erzählt und es werden Lieder von ihm dargeboten. Jürgen Kessler, der Hüsch seit 1969 begleitet und eine Werkbiografie erstellt hat, hat die Revue zusammengestellt. In einem Nachwort, das sich direkt an Hüsch im Himmel wendet, versucht er – wenn schon nicht in den Worten von Hüsch selber, so doch in einem Ton, der zu ihm passt – die aktuelle Situation auf Erden zu erklären. Er hat keine guten Nachrichten, er spricht:

„Unsere Welt des poetischen, literarischen Kabaretts ist vergangen, Hanns Dieter, das Lachen und Weinen über das Leben … Man braucht Humor für das, was andere heute für Humor halten. Viele glauben ja, es sei ein Produkt, der Humor, so wie die Komik. Wir hielten ihn für eine Charaktereigenschaft.“

Man könnte auch sagen: für eine Haltung. Und die ist „Typisch Hüsch“ – so heißt eine seiner frühen LPs, die ironischerweise seine eher untypischen, nämlich seine politisch besonders deutlichen Stücke enthält. Jürgen Kessler fragt sich nun, welche typischen Worte Hüsch heute finden würde, wenn er wüsste, was hier los ist. Die aktuelle Stimmungslage fasst er so zusammen:

„Die alles gleichmachende Gerechtigkeitsgesellschaft ist eine glücklose, eine unsinnliche, unerotische, ganz und gar unfreundliche Gesellschaft.“

Das würde Hanns Dieter beunruhigen. So kenne ich ihn. Ich kann mich noch gut erinnern. Nach einem seiner Auftritte in Tübingen saßen wir noch spät im kleinen Kreis zusammen und führten – wie es selten, aber glücklicherweise manchmal eben doch vorkommt – ein ernsthaftes Gespräch, in dem es abseits von Interviewfragen oder vorbereiteten Stellungnahmen darum ging, was er dem Publikum eigentlich mitteilen will, was kurz zusammengefasst seine Botschaft ist. Seine „message“, wie man heute sagen würde.

Er wusste es. Es war ihm ernst. Wir waren überrascht. Ich habe noch deutlich den Tonfall vor Ohren, in dem er offenbarte, worum es ihm ging: um Freundlichkeit. Das war im Grunde das, was er mit seinen Programmen rüberbringen wollte: Freundlichkeit.

Hm? Nicht alle von uns waren damit zufrieden. Sollte das etwa ein neues politisches Programm sein – oder wie, oder was? Einer hatte sogleich ein Zitat von Brecht parat, das ich jetzt nicht auswendig aufsagen kann, das sinngemäß besagt, dass gerade diejenigen, die für eine freundliche Welt sorgen wollten, selber nicht freundlich sein konnten. Hüsch wollte das. Brecht hin, Brecht her.

Damit konnte eine alte Diskussion in eine neue Runde gehen. Einerseits gibt es bekanntlich die Auffassung, dass der Zweck die Mittel heiligt, andererseits gilt der Satz von Hegel, der besagt, dass die Mittel die Wahrheit über den Zweck verraten. So sieht es übrigens auch Christof Stählin, der – das kann ich jetzt auch nicht wörtlich zitieren – schon im Weg das Ziel erkennen möchte.

So einer war Hüsch: ein freundlicher Reisender auf der Suche nach einem freundlichen Land. Ein Leisetreter mit Zwischentönen, der zwischen den Stühlen saß; manchmal aber auch jemand war, dem man gerade den Stuhl unter dem Hintern weggezogen hatte. Leise Stimmen lassen sich leicht niederbrüllen. Er war besonders verletzlich. Er litt noch Jahre später darunter, dass man ihn – wie auch Reinhard Mey – auf dem Chanson-Festival auf der Burg Waldeck in Grund und Boden kritisiert und geradezu „geschlachtet“ hatte – „gegrillt“, wie man heute sagen würde -, weil er nicht links genug war. Noch in den achtziger Jahren war ein Auftritt von Hüsch vor einem studentischen Publikum ein gewisses Risiko. Es war schlecht abzuschätzen, wie das ankommen würde.

Gleichwohl hatte ich den Eindruck, dass nun eine neue Zeit angebrochen war mit neuen, womöglich sanfteren Tönen. Es gab neuerdings Aufkleber „Atomkraft – Nein Danke“. Na also. Ein saloppes „Nein Danke“ klingt doch gleich viel höflicher als „Weg mit!“, „Kampf dem …“ oder „Sieg im Volkskrieg“. Ich hatte eine kleine Sammlung solcher Aufkleber mit fröhlicher Kindersonne, die es damals in verschiedenen Sprachen gab, sogar in Gälisch oder auf Japanisch. In der ‚Alten Kunst’ in Tübingen gab es eine Pizza mit Spiegelei, die „Pizza Atomica“ hieß. Da hatte ein Witzbold mit Filzstift „Nein Danke“ an den Rand geschrieben. In Heidelberg in der ‚Santa Lucia’ gab es sogar eine Pizza mit zwei Spiegeleiern, die „Pizza Gina Lollobrigida“. Das machte alles einen guten Eindruck.

Doch die Zeiten sind vorbei (vielleicht hat es sie sowieso nie gegeben – es gab sie nur in meiner Verklärung). Der Ton ist wieder rauer geworden, der Wind schärfer (vielleicht war er immer so gewesen – es kam mir nur nicht immer so vor). Ich frage mich heute, in welcher Tonne für den Sondermüll das „Danke“ geblieben ist, das mir einst so generös und freundlich vorkam. Das „Danke“ ist weg. Heute wird einfach verboten, was gestern noch erlaubt war. Heute wird per Aufschrei Anklage erhoben und die Anklage enthält bereits die Bestrafung. Heute entscheidet ein strenger Wächterrat, ob etwas akzeptabel ist oder nicht. Es wird nicht mehr diskutiert. Keine Widerrede. Keine Alternative. Basta.

Wer die Energiewende kritisiert, umfährt Tübingen weiträumig. Zwei Spiegeleier auf einer Pizza gelten als sexistisch, in Heidelberg gibt es heute einen „Studentinnenteller“. Rauchen ist sowieso nicht mehr drin, es gilt zero tolerance für alle, die die politisch korrekte Parteilinie auch nur mit den Fußspitzen berühren. Es wird nicht etwa mit Kanonen auf Spatzen geschossen, sondern mit den modernen Waffen des shitstorms, der digitalen Variante der Steinigung in kleiner Dosis, die jemanden sozial töten und persönlich verletzen soll.

Offenbar wollte Eckard Henscheid genau das, als er ihn einst in einem ausufernden Verriss als den „Allerunausstehlichsten“ bezeichnete und im selben Text einräumte, dass er die Stücke von Hüsch gar nicht kannte und dass er sie auch nicht für würdig hielt, sich damit näher zu beschäftigen. Was waren das denn für Töne? Ein kreischender Mega-Superlativ, eine lautstark ausposaunte Beleidigung ad personam, ein vorsätzliches Wehetun-Wollen und der auftrumpfende Verzicht auf das, was man in juristischer Sprache Substantiierung nennt – das klingt nach Alice Schwarzer. Dass es in diesem Fall Töne waren von jemandem, der beanspruchte, qualifiziert zu sein, ein literarisches Urteil abzugeben, machte die Sache um so bitterer.

Hanns Dieter Hüsch hat sehr darunter gelitten und sich gedacht: Nun geht es wieder los. Die Hemmungslosen sind wieder da. Es gibt keine Schutzwälle mehr aus Redlichkeit und Anstand. Mit ihm konnte man es ja machen. Er, der selber freundlich sein, der seinerseits nicht vorschnell austeilen wollte und stets nach einem angemessenen Wort suchte, kriegte es voll ab. Voll in die Fresse. Er war wie der nette Lehrer, an dem die frechen Schüler auslassen, was sie sich sonst nicht trauen.

Sein Eintrag auf Wikipedia liest sich wie eine Erfolgsstory. George Orwell wusste aber schon, dass eine solche Geschichtsschreibung nur von außen gesehen als Abfolge von Triumphen wirkt, von innen gesehen ist es eine Reihe von Kränkungen, Demütigungen und Enttäuschungen. Das alles mit Humor auszuhalten und dabei freundlich zu bleiben, ist bewundernswert. Hier noch ein Auszug aus dem Bühnenstück:

„Wird Freiheit mit Zügellosigkeit verwechselt, entsteht Rücksichtslosigkeit.
Am Schluss Gleichmacherei.
Ihr seid aber nicht alle gleich.
Noch nie wart ihr alle gleich.
Ihr lasst es euch aber einreden.
So werdet ihr immer respektloser, ungenießbarer gegeneinander.
Vergeudet in Kleinkriegen eure Zeit, als hättet ihr ein zweites Leben.
Weil ihr tatsächlich alles verwechselt.
Behauptungen mit Beweisen.
Gerechtigkeit mit Maß.
Religion mit Moral.
Desinteresse mit Toleranz.
Satire mit Häme.
Reform mit Veränderung.
Nachrichten mit Wirklichkeit.
Kulturunterschiede haltet ihr für Softwarefragen und ihre Analyse ersetzt ihr mit Anpassung.
Ihr habt die Maßstäbe verloren.
Der Gordische Knoten ist ein Keks gegen eure selbstverschuldete Wirrsal.

Man geht immer fehl, sucht man den Ursprung menschlicher Handlungen außerhalb der Leidenschaft des menschlichen Herzens …

Der Separatismus gendert sich in die Köpfe, sitzt in Regierungen.
Männer sind keine Männer mehr. Frauen keine Frauen, sondern ‚Menschen mit Menstruationshintergrund’, Quote ist Trumpf.
Auf gar keinen Fall sollen Mann und Frau sich noch als zwei Teile eines Ganzen begreifen. Damit die Geschlechter noch mehr aneinander verzweifeln.
Bis alle in destruktiver Selbstbezogenheit stecken.
Am Ende: Mann ohne Eier. Frau ohne Welt.

Auf die Erschöpfung des Mannes wird aber nur die Erschöpfung der Frau folgen, das sage ich euch.
Auf die Verstörung der Kinder folgt die Zerstörung der menschlichen Schöpfung.“

Nun ja. Bis es soweit ist, haben wir noch Gelegenheit, im Andenken an ihn ein bisschen von der Götterspeise zu löffeln (die Hüsch-Freunde wissen, wie ich das meine) und dabei auf ihn anzustoßen. Übrigens: Auch Christian Kercher hat mit seiner Partnerin Esther Hanna Bürger eine Hommage zusammengestellt: „Hüsch im Himmel“.

Also: am 6. Mai, 20 Uhr in den Hamburger Kammerspielen. „Und sie bewegt dich noch!“ Ein Bühnenstück für Hanns Dieter Hüsch von Jürgen Kessler. Weitere Termine: hier!

Bernhard Lassahn: ‚Frau ohne Welt’, nun auch: Teil 2

Zum gleichen Thema siehe auch Henryk Broder:
Er sang für die Verrückten

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/hanns_dieter_huesch_bewegt_uns_immer_noch

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  03.06.2015   12:00   Achgut.com

Zunächst schleichend und dann schneller hat die europäische Politik immer mehr Regelungskompetenzen an sich gezogen. In permanenter Überdehnung des EU-Vertragsrechts scheren die supranationalen Institutionen Europas – die EU-Kommission, das Europäische Parlament, aber auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) – Europa über einen Leisten. Vielfalt war gestern, die Einfalt regiert. Der Ministerrat als Staatenkammer der Mitgliedstaaten und der Europäische Rat der Regierungschefs als intergouvernementale Institutionen verlieren im Gegenzug an Gewicht. Auch der Bedeutungsverlust des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts dokumentiert die Ausweitung der europäischen Rechtsetzung.

Am Rande der demokratischen Legitimität höhlen die europäischen Etatisten und Zentralisten die nationale Souveränität aus. Am augenfälligsten manifestiert sich der nationale Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten in der Euro-Krisenpolitik. Die Haftung für eine unverantwortliche Schuldenpolitik wurde längst vergemeinschaftet. Die Europäische Zentralbank (EZB) monetarisiert mit ihren gigantischen Staatsanleihekäufen ganz nebenbei die Staatsschulden der Euro-Krisenländer. Das Trauerspiel um Griechenland steht für die Machtlosigkeit Deutschlands, das zwar mit 27 Prozent in der höchsten finanziellen Mithaftung steht, aber im Zweifel überstimmt wird.

Europa braucht dringend eine gesellschaftspolitische Grundsatzdebatte über seine langfristige institutionelle Verfassungsordnung. Will Europa eine Konföderation souveräner Mitgliedstaaten bleiben, die Teilaufgaben an die europäische Ebene delegieren oder sollen Vereinigte Staaten von Europa entstehen? Wird das Subsidiaritätsgebot aus dem Lissabon-Vertrag endlich mit Leben erfüllt oder bleibt es bei Sonntagsreden und der zentralen Normierungswut der EU-Bürokratie?

Die Zeit für eine solche Debatte ist jetzt gekommen. Ich halte das bis spätestens Ende 2017 geplante Referendum über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU für einen Glücksfall für Europa. Denn die sich herauskristallisierenden Forderungen der Briten betreffen eben nicht nur ihre sehr egoistischen Beitragszahler-Interessen. Die Briten streiten für mehr Subsidiarität und gegen ein zentralstaatliches Regierungsregime der EU-Institutionen. Sie kämpfen für Souveränität und gegen Vergemeinschaftung. Sie halten Prinzipien wie Verantwortung und Haftung hoch. Das angelsächsische Gesellschaftsmodell setzt einen Kontrapunkt zum etatistischen französischen und südeuropäischen Modell. Ohne die Briten und ihre Denke würde gerade Deutschland innerhalb Europas immer stärker auf verlorenem Posten stehen. Das politische Berlin sollte im eigenen Interesse eine London-Connection aufbauen.
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/europa_braucht_das_angelsaechsische_momentum

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Vernunft und Rationalität sind in dieser durchmedialisierten Welt chancenloser denn je. Ein unangenehmer Typ „Heckenschütze“ terrorisiert die Gesellschaft. Seine aktuelle Waffe: Der Phobienvorwurf.

Das Leben ist ein großes Theater und das Theater widerspiegelte das wahre Leben. Diese selbstbeweihräuchernde Weisheit der Schauspieler und Gaukler hat in der Menschheitsgeschichte noch nie eine so deskriptive Kraft entfaltet wie in den heutigen massenmedialisierten Zeiten. Es gab noch nie so viel Informationsfreiheit, aber auch noch nie so viel Desinformation wie heute. Es gab nie so viel Meinungsfreiheit wie heute, aber auch noch nie so viel Zensur und Selbstzensur wie heute.

Früher gab es Denkschulen, die Religion und viele Denk-Ge-und Verbote. Heute gibt es den medien-und internetbasierten Mainstream, die wohl gefährlichste und gefräßigste Hydra, die auch die Menschen oder mindestens deren Seelen frisst.

Vernunft und Rationalität sind chancenloser denn je, verschwinden immer mehr und verlieren an Bedeutung. Und das hat vor allem den Grund, dass immer mehr mainstreamkonforme bloße Wahrnehmungen in den Vordergrund drängen, die irrtümlich für Fakten gehalten werden. Es hat sich in den klassischen Medien, in den neuen Medien und im Politik- und Kulturbetrieb eine Kaste von selbsternannten, zum Teil gewichtigen, aber auch vielen kleinen Beurteilern herausgebildet, die wahrscheinlich am zutreffendsten mit dem Bild von Heckenschützen beschrieben werden, die vorzugsweise im Rudel auftreten. Zu deren wichtigsten Waffengattungen gehören die sogenannten Phobien.

Die meist weder in der Sache qualifizierten noch durch irgendetwas legitimierten notorischen Urteiler reagieren auf jede Infragestellung ihrer Person oder ihres Tuns äußerst aggressiv. Schlägt jemand willentlich oder zufällig der verfressenen Hydra einen Kopf ab, wachsen sofort zwei nach. Und das Rudel beißt und bellt zurück.

Fleisch fressen und Bier saufen war rechts

Vor kurzem hieß der Hauptkampfbegriff noch „rechts“. Das wurde langweilig. Schweinefleischfressen und Biersaufen war „rechts“ und sich mit Drogen und Alkohol die Birne zuknallen, Pommes und Currywurst und Veggiefood aus Asien essen, das war „links“. Man sieht, die Unterschiede zwischen Gut und Böse lassen sich objektiv kaum manifest machen. Es kommt eben auf die Attitüde, auf die zur Schau gestellte Haltung, auf den Style, auf den Stallgeruch an.

Auch der Kampfbegriff des „Rassismus“ hat an Schlagkraft verloren. Das liegt nicht daran, dass die Heckenschützen in rassistischen Kategorien denken und Menschen diesermaßen selektieren, nämlich in gute und in böse Menschen, sondern einfach daran, dass die mediale Halbwertszeit abzulaufen droht. Der Begriff des „Antisemitismus“, der noch von alten Schlachtrössern wie Martin Walser und ähnlich im Prinzip Günter Grass, aber auch von ewig gestrigen Rechtsradikalen als omnipotente „politische Keule“ diskreditiert wurde, gehört schon seit zehn Jahren ins Kampfmittelmuseum der Heckenschützen. Die FDP, die mit der Freiheit des Gedankens, den sie so liebt, so ihr Probleme hat, beteiligte sich am Abschuss ihres einstigen Vormannes Jürgen Möllemann noch in sehr feiger Weise unter Verwendung des damals wie ein Geschoss wirkenden Begriffes des Antisemitismus. Das war 2002.

Deutlich festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass Antisemitismus eine Schande ist. Aber es ist eine Schande eigener Art, in diesen Zeiten mit dem Begriff des Antisemitismus Schindluder zu treiben und ihn für eigene Kampfzwecke zu instrumentalisieren. Heute werden Phobien, eigentlich ein Krankheitsbild, in kompletter Denaturierung des Begriffes als „Totschlagargumente“ missbraucht.

Die Islamophobie, die Homophobie und die Xenophobie

Drei Hauptphobien kennen die phoben Heckenschützen: Die Islamophobie, die Homophobie und die Xenophobie. Vor diesen Phobien sprachen die Heckenschützen eher von Islamfeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit, Schwulenfeindlichkeit und natürlich von allen anderen Feindlichkeiten, vorneweg der Frauenfeindlichkeit und der Kinderfeindlichkeit. Lasse man sich von der intellektuellen Verblödung, die in solchen Begriffsgeschossen liegt, nicht beirren. Es geht um die böse Absicht. Und die Absicht der Heckenschützen ist primitiv und durchsichtig. Bei der Heckenschießerei geht es um nichts anderes als um eine moralische Selektion und Kategorisierung – und zwar in Menschen, die drin bleiben dürfen und solche, die über den Tellerrand fliegen. Es geht also tatsächlich um eine Art „Abschießen“, nämlich darum andere Menschen in das gesellschaftliche, berufliche, existenzielle Aus zu schießen, aus der Gemeinschaft auszusperren.

Westernliebhaber kennen das. Der Richter im Film, der selber oft ein prototypisches Kind des Wilden Westens ist und sich gelegentlich auch selbst den Posten gemacht hatte, lebte regelmäßig wie die Made im Speck: der richtende Filmrichter hatte aber noch irgendeine Legitimation und schaute wenigstens noch in irgendein Buch, das nicht unbedingt das Gesetzbuch gewesen sein muss und auch mal eine Pistole enthalten konnte, hinein.

Die modernen Heckenschützen richten dagegen ausschließlich nach eigenem Gusto, sie haben keinerlei konsistentes Normensystem im Kopf und jagen morgens den einen in die eine und abends einen anderen in die andere Richtung. Bei ihnen hat sich das Erlegen der auserkorenen Opfer längst verselbstständigt. So kommt es zu absurdesten „Ergebnissen“.

Moderne Heckenschützen haben keinerlei konsistentes Normensystem im Kopf
In der irrlichtenden, der Autorin gleichwohl ans Herz gewachsenen, immer wieder in Fanatismen versinkenden kleinen, aber lautstarken taz erklärte eine Autorin den Lesern vor einiger Zeit, dass die weiße Frau, die sonst gleich dem Rest der Welt unter dem weißen Mann litte, selber zur Rassistin würde, wenn sie einem Mann, der zufällig Moslem ist, den Beischlaf verweigerte.

Ja, gut mag man denken, Verrückte gibt es und Shit happens. Solcherlei Idiotien sind indes nicht die Ausnahme bei den Instrumentalisierern des Begriffes Rassismus, sie sind die Regel.

http://www.rolandtichy.de/kolumnen/bettina-roehl-direkt/aktuelle-totschlagwoerter-islamophobie-homophobie-und-xenophobie/

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  08.06.2015   Achgut.com

Orwell 2015, ein Update

Ich glaub´, ich muss George Orwells „1984“ noch einmal lesen. Als der Roman vor dreißig Jahren in aller Munde war, und natürlich Schullektüre, fehlte mir noch die Erfahrung, um wirklich zu verstehen, was uns der Autor sagen wollte.

Aber jetzt sind wir ja auf einem entsprechenden Weg. Das vorläufig letzte öffentliche Gedankenverbrechen hat Annegret Kramp-Karrenbauer begangen, die Ministerpräsidentin des Saarlandes, als sie für das derzeit angesagte Thema „Homo-Ehe“ nicht die nötige Begeisterung an den Tag legte.

Unabhängig davon, wie man zur Sache selbst steht, ist es offenbar nicht einmal mehr statthaft, durchaus nachvollziehbare Bedenken hinsichtlich der Folgen einer „Ehe für alle“ zu hegen – ganz so, als sei vollkommen auszuschließen, dass gewisse Ethnien unter Berufung auf diese Losung irgendwann daherkommen und Ehen mit Minderjährigen und / oder näheren Verwandten oder auch die Vielehe einfordern könnten. Jedenfalls hat nun eine Berliner Anwältin die Politikerin angezeigt – wegen Beleidigung und Volksverhetzung: „Diese Äußerung ist nicht mehr nur homophob, sondern menschenverachtend und in ihrem Gehalt gleichzusetzen mit den ähnlich verachtenden Äußerungen 1933 – 1945.”

Mit anderen Worten: So schnell ist man ein Nazi, jedenfalls für jene, die konservativ gleich für reaktionär halten und eigentlich jede Meinung, die ihrer eigenen widerspricht, im braunen Sumpf verorten. Als Erster durfte Thilo Sarrazin die Erfahrung machen, für eine kühle ökonomische (und durchaus langweilige) Bestandsaufnahme der deutschen Gegenwart als Rassist, Biologist und Menschenverächter angeprangert zu werden; der rüpelhafte Umgang mit dem Ex-Banker und -Politiker vor allem in den Medien gab die Richtung vor, wie künftig mit ähnlichen Gedankenverbrechern zu verfahren sei.

Zynischerweise wird Kritik an dieser selbst ausgrenzenden und diffamierenden Praxis gern mit dem lapidaren Hinweis abgebügelt, Sarrazin habe doch sein Buch (in dem es übrigens nur nebenbei um wenig segensreiche Einwanderer ging, deutsche Prolls nerven Sarrazin genauso) schreiben dürfen und viel Geld damit verdient. Das stimmt allerdings, und damit darf er sich, wenn er ein dickes Fell hat, darüber hinwegtrösten, dass er für seine öffentlich geäußerte Meinung seinen Job verlor und zur persona non grata gemacht wurde, der jeder Schwachkopf „krude Thesen“ unterstellen darf.

Womit wir bei Bernd Lucke und Frauke Petry wären. Beide wurden kürzlich mit „Nazis raus!“-Rufen bedacht, ersterer im Bordrestaurant eines ICE, letztere in einem Lokal in Göttingen. Bislang hat noch niemand einem der beiden irgendwelche nazistischen Äußerungen nachweisen können, aber offenbar reichen Kritik an unbegrenzter und in mancherlei Hinsicht problematischer Zuwanderung oder auch nur Kritik an der Euro-Politik vollkommen aus, um von geschichtsvergessenem Pöbel mit dem Nazi-Etikett versehen zu werden. Man muss wahrlich kein AfD-Anhänger sein, um diese Entwicklung für hochgradig gefährlich zu halten.

Und der Irrsinn ist längst alltäglich. Der Kabarettist und Comedian Dieter Nuhr darf nach einer Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts von einem Salafisten „Hassprediger“ genannt werden, weil er es immer wieder wagt, echte Hassprediger zu verarschen.

Eine Ratgeberkolumnistin beim Anzeigenblättchen „OWL am Sonntag“ wird nach einem Online-Scheißesturm einen Kopf kürzer gemacht, weil der Chefredakteur es nicht schafft, ein paar lärmenden Twitterern zu bescheiden, dass eine harmlose Meinungsäußerung kein Kündigungsgrund sein darf.

Eine Flugbegleiterin der United Airlines wird (straf-)versetzt, weil die gleich in die Welt hinausposaunte Klage einer Muslimin über „diskriminierende Behandlung“ (will heißen: Weigerung, eine Cola-light-Dose ungeöffnet zu übergeben), medial verstärkt, öffentliche Empörung auslöste und die Fluggesellschaft in Rekordzeit zum Einknicken brachte.

„United Airlines versuchte die Angelegenheit zunächst als ,Missverständnis hinsichtlich eine (sic!) Dose Diätlimonade herunterzuspielen´“, meint Spiegel online, um gleich darauf zu frohlocken: „Doch ohne Erfolg.“ Dabei kann man eine Nichtigkeit gar nicht herunterspielen – wohl aber zu absurder Größe aufblasen, was Frau Ahmad hundertprozentig wusste, als sie mit ihrer Pipifax-Geschichte an die Öffentlichkeit ging.

Die Komplizen in den Redaktionen, die das Meinungsklima prägen und damit auch Druck auf die Politik ausüben, funktionieren ja auch tadellos. Der Großteil der Medienschaffenden tickt zweifellos links oder jedenfalls in die Richtung, die man heutzutage für links hält. Früher jedenfalls beschwerte sich der Linke über „Berufsverbote“, wenn Kommunisten nicht in den Staatsdienst eingestellt wurden, heute goutiert er, dass Menschen für eine nicht genehme Meinungsäußerung gefeuert werden. Und warum? Aus dem gleichen Grund, aus dem sich der Rüde an den Eiern leckt: Weil er es kann. Denn jetzt ist er am Ruder.

Wie, jemand kritisiert den politischen Islam? Rassist! Oder Putins aggressives Auftreten? Kriegstreiber! Oder die Zuwanderung Hunderttausender, die möglicherweise auch eine Belastung darstellen können? Kaltherzig, xenophob! Selbst in dem traurigen Haufen älterer Herrschaften, die in Funktionskleidung durch Dresden schlurfen, um gegen „Islamisierung“ zu demonstrieren, vermag ein linksanständiger Deutscher schon eine akute Gefahr für die demokratische Gesellschaftsordnung zu erkennen.

Monatelang warnt und mahnt er, bis sich die dumpfdeutschen Demonstranten endlich wieder in ihre mit Eichenschrankwand ausgestatteten Wohnzimmer zurückziehen. Illner, Maischberger, Plasberg & Co. sorgen derweil dafür, dass in einer Talkrunde auf einen rechtspopulistischen Gedankenverbrecher mindestens vier rechtschaffene Diskutanten kommen, die dem Abweichler tüchtig einheizen, und das Klatschvieh im Studio applaudiert wie bei Honecker selig nur politisch korrekten Aussagen.

Gefragt sind dementsprechend Typen, denen ein Proktologe als Arzt für ganzheitliche Medizin gilt (unhöfliche Zeitgenossen reden derb von Arschlöchern): Ein Uwe Steimle etwa („Wieso zetteln die Amerikaner und Israelis Kriege an und wir dürfen als Deutsche die Scheiße bezahlen?“) oder ein Jürgen Todenhöfer, der den Islamischen Staat nicht nur für total unislamisch, sondern für eine perfide Ausgeburt des Westens hält, und dem selbst in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedes erdenkliche Forum zur Verfügung gestellt wird, um Millionen Menschen mit diesem Bullshit zu belästigen.

Geht das nur mir so, dass ich mich angesichts dieses grassierenden Irrsinns frage, was hier schiefgelaufen sein könnte? In einem Land, das sich vor Atomkraft, BSE und Feinstaub fürchtet, und in dem 43.000 vom Verfassungsschutz zur Islamistenszene gezählte Typen, darunter Hunderte Hardcore-Gefährder, kaum jemanden um den Schlaf bringen?

In einem Land, in dem zuweilen durchaus begründete Sorgen der Bürger nicht ernst genommen werden, während Politiker wie Andrea „Pippi“ Nahles Verordnungen erlassen, die das Paternosterfahren regeln? In einem Land, in dem vom Geheimdienst allen Ernstes „Transparenz“ gefordert wird und das die nationale Sicherheit wohl besser bei einem Ströbele aufgehoben wähnt? In einem Land mit über 80 Millionen Einwohnern, dem ein bisschen mehr Meinungsvielfalt und, ja, auch: Streit ganz gut tun würde, in dem aber die Gesellschaft selbst den Tugendterror ausübt, den ein Robespierre noch mit dem Wohlfahrtsausschuss organisieren musste und von dem Orwell sich nicht träumen ließ, dass es dafür durchaus keines totalitären Systems bedürfen könnte?

Ich weiß: Möglicherweise errege ich, weil ich die Stirn habe, mich im Sinne Kants meines eigenen Verstandes zu bedienen und gegebenenfalls „Der Kaiser ist ja nackt!“ zu rufen, den Unmut von GedankenpolizistInnen wie Yasmin Fahimi. Aber Vorsicht, Genossen: Ich habe einen Migrationshintergrund, von dem ich jederzeit rücksichtslos Gebrauch machen kann! Zwar keinen muslimischen, also gewissermaßen nur einen Migrationshintergrund zweiter Klasse, aber dennoch: Kein leichtes Spiel für die Tugendterroristen. Das wird ein Spaß.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/orwell_2015_ein_update

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Lasst uns die Kontinente tauschen!

Heute ist der Weltflüchtlingstag. Sogar 1914 gab es diesen Tag. Damals hatte der Papst Benedikt XV. den Welttag des Migranten und Flüchtlings unter dem Eindruck des ersten Weltkrieges ausgerufen und er wurde am 19. Januar 1914 zum ersten Mal begangen.

Es ist das Geheimnis von Wikipedia oder des Papstes, dass dieser Tag dann ausgerufen wurde, als der erste Weltkrieg noch gar nicht angefangen hatte. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es das Wort „Migrant“ damals nicht gab. Das zeigt, wenn Kappes oft wiederholt wird, wird er zur Wahrheit. Wer das gugelt, bekommt den gleichen Stuss aus zig Quellen geliefert, die alle nur abgeschrieben, aber nicht nachgedacht haben. Das aber nur am Rande.

Wie gehen wir mit diesem Tag um? Da fragen wir am besten das Ministerium für Betroffenheit und Bestürzung (Idealbesetzung: Claudia Roth). Jedem muss geholfen werden, der auf dem Mittelmeer in irgendeinem Behältnis schwimmt, das nicht vorher durch Kugeln der NATO zerstört worden ist. Toll und durchdacht. Ähnlich wie die derzeitige Debatte über die Unterbringung von Flüchtlingen in meiner Heimatstadt. Jede Wortmeldung beginnt mit „Ich bin dafür, dass man den Flüchtlingen hilft und diese menschenwürdig unterbringt.“ Dann kommt je nach rhetorischer Begabung ein längeres oder kürzeres Zwischenstück und beendet wird das Statement mit: „Der von der Verwaltung vorgeschlagene Ort ist denkbar ungeeignet. Es gibt weitaus bessere (gemeint ist: weiter weg liegendere) Standorte.

Mir ist kein Fall bekannt, wo Anwohner von sich aus, Flüchtlingscontainer in ihrer Nähe aufgestellt haben wollen. Auch ist mir nicht bekannt, dass jemals in Köln Hahnwald, wo die meisten Gutmenschen der Stadt wohnen, oder in Berlin Grunewald Flüchtlinge untergebracht, Moscheen errichtet oder Windräder aufgestellt wurden. Kurzum: Die Verlogenheit bestimmt die Debatte und wenn ich mich jetzt oute, dass ich auch kein Container vor meiner Nase will (weil ich nicht im containersicheren Hahnwald wohne), dann bin ich ehrlich, aber zeitgleich auch ein empathieloser Menschenfeind. Für mich ist die Flüchtlingsdebatte, so wie sie geführt wird, von A bis Z eine Heuchelei, die nicht zielführend ist. Mein Beweis: Alle Parteien, die sich gegen den Zustrom von Flüchtlingen in Europa aussprechen, legen bei allen Wahlen zu.

So gemeckert ist genug, Jetzt unterbreite ich zwei verschiedene Vorschläge, wie mittelfristig die Lage verbessert werden kann:

1) Die NATO und ihr Hauptmitglied USA unterlassen ab sofort das Zusammenbomben von funktionierenden Staaten. Die NGOs, deren einziges Ziel es ist, prowestliche Unruhen zu organisieren und zu finanzieren (5 Mrd. für den Putsch in der Ukraine) werden vom Papst geächtet. Die Länder, die für die Zerstörungen verantwortlich sind, werden zur Wiederaufbauhilfe in gleicher Höhe verpflichtet. Die Ölgelder fließen ausschließlich dem Förderland und nicht den amerikanischen Multis zu. Flüchtlinge werden von den Ländern aufgenommen, die an der Zerstörung der Heimatländer die Verantwortung tragen. Die Konten der Warlords in den kapitalistischen Wellnessoasen (Luxembourg, Schweiz, Bahamas u.v.m.) werden konfisziert (ein Glück, dass ich vorgestern das Bargeld abgeschafft habe). Die Durchführung überwacht ein zu gründender Ethikrat unter dem Vorsitz von Jean Ziegler. Deutsche Mitglieder sind Heiner Geissler, Willy Wimmer und Jürgen Todenhöfer (von der SPD fällt mir niemand ein, der durch kritische Gedanken aufgefallen wäre). Das sind die Kernpunkte zu Befriedung der Welt.

Jetzt mein Alternativvorschlag, der dadurch notwendig wird, weil alle Gutmenschen die grenzenlose Barmherzigkeit ausrufen wollen, d.h. weil Matthäus 11, 28 das Modell zur Lösung allen Elends der Welt wird. Mein geliebter Prof. Stützel hat ökonomische Probleme oft mit dem Global- und Partialsatz betrachtet:

Partialsatz – die Betrachtung für ein einzelnes Wirtschaftssubjekt
Globalsatz – die Betrachtung für die Summe aller Wirtschaftssubjekte
Stützel gebraucht übrigens folgendes Kino-Bild:
Partialsatz – eine Person kann durch Aufstehen ihre Sicht verbessern
Globalsatzalle Personen können durch Aufstehen ihre Sicht nicht verbessern (danke)

Jeder einzelne Migrant kann (wahrscheinlich) durch Erreichen Europas seine ökonomische Lage verbessern. Kommen aber alle N-Wörter nach Europa, wird das wohl eher nicht der Fall sein, es sei denn, wir machen nochmals eine Völkerwanderung. Die Flüchtlinge übernehmen Deutschland. Da die Deutschen seit 1945 Massenmörder auf Bewährung sind, wird Deutschland von der EU als Opferland ausgewählt, d.h. die Deutschen suchen – wie einst unsere Landsleute in Deutsch-Südwest – ihr Glück in Afrika. Dann können wir verwöhnte Zootiere endlich mal in der freien Wildbahn zeigen, was wir noch so drauf haben.

Beispielsweise im Eisenbahnbau: die Eisenbahn im heutigen Namibia wurde innerhalb kürzester Zeit gebaut und heute ist dort – ähnlich wie am Berliner Flughafen – eine ewige Baustelle, die einem die Tränen ins Gesicht treibt, wenn man sieht, wie dort gearbeitet wird. Das wäre mal eine Bewährungsprobe.

Vielleicht ist der Kontinentaltausch segensreich für die Entwicklung der Welt? Ich hausiere gern mit der (gewagten, weil politisch unkorrekten) These, dass es in der Regel allen einheimischen Bewohnern besser ginge, wenn die Kolonien noch da wären. Sehen wir uns die wenigen noch verbliebenen Kolonien an. Mir ist nicht bekannt, dass dort die Bevölkerung eine Unabhängigkeit vom Mutterland wünscht. Sogar in Korsika ist es friedlich und in Schottland fehlte die Mehrheit. Von Réunion, franz. Guyana oder den niederländischen Kolonien ganz zu schweigen. Wäre der, von dem (fast) Kriegsverbrecher Leopold II. ausgebeutete Kongo heute bei Belgien, gäbe es mittlerweile dort bestimmt Straßen, Schulen und die Einheimischen könnten problemlos, als Bürger der EU, nach Brüssel reisen, ohne sich in Lampedusa wie Dreck fühlen zu müssen. Die „Befreiung Afrikas vom Kolonialismus“ ist keine Erfolgsgeschichte und wenn mir persönlich ein Schwarzer in Südafrika ohne Not erzählt hat, dass es den „normalen“ Leuten unter der Apartheit besser ging, dann machte mich das sehr nachdenklich (er hat auch erklärt warum).

Natürlich muss unser Präsident auch seinen Sermon dazu geben. Sortiert in diesem Artikel die Leserbriefe nach „Leserempfehlung“, dann erkennt man, was ich meine.

So jetzt feiern wir diesen Welttag des Migranten und Flüchtlings einfach damit, dass wir ab sofort eine ehrliche Debatte führen. Falls jemand in Düren einen guten Vorschlag zur Unterbringung von Flüchtlingen hat – am besten wäre eine Bürgerinitiative, die das sogar vehement fordert – so bin ich gerne bereit das umgehend unserem Bürgermeister mitzuteilen.

P.S. Mein Urgroßvater hat 1898 mit 5$ Startkapital sein neues Glück in Amerika gesucht (und anscheinend auch gefunden).

http://www.altermannblog.de/lasst-uns-die-kontinente-tauschen/

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Liebes Zentrum für politische Schönheit…

Von Malte Fischer 22.06.15 Achgut.com

…über Schönheit lässt sich streiten. Reden wir über Charakterzüge von Personen, Menschengruppen oder Nationen, ich erachte Bescheidenheit, Vernunft und Mut als schön. Es ist daher logisch, dass ich Eure Aktionen potthässlich finde.

Ihr verwechselt Narzissmus mit Nächstenliebe und Menschlichkeit mit moralischer Überheblichkeit. Ihr feiert Euch selbst als Vorkämpfer der Menschenwürde und diffamiert alle in der Flüchtlingspolitik entscheidenden und handelnden Menschen pauschal als Verbrecher und Mörder. Jedenfalls so lange sie Eure politischen Wahnvorstellungen nicht teilen. Die Toten, um die es Euch dabei angeblich geht, bekommen in Eurer Propagandaschlacht gegen Deutschland und die EU weder Namen, noch Gesicht, noch eine Geschichte. Wozu auch? Die Helden seid sowieso Ihr. Ein totes Kind ist nur eine Requisite in Eurer Medienshow.

Der Rigorismus Eurer Propaganda-Sprache steht in einer unheilvollen deutschen Tradition, die von den Nazis über die RAF bis in unsere Gegenwart reicht. Es ist die antimoderne und antiwestliche Tradition eines politischen Moralismus, die alles Leid der Welt bösen Mächten und sich selbst die Rolle des aufrechten und anständigen Vorkämpfers gegen diese Mächte zuschreibt. Für diese Haltung bedarf es der richtigen Mischung aus Selbstgerechtigkeit und Ahnungslosigkeit. Wer im Schlaraffenschlummerland der späten BRD aufgewachsen ist, mit Kunst und Medien zu tun hat, und sich für einen kritischen Geist hält, ist besonders anfällig.

„Europas Grenzen sind militärisch abgeriegelt. Sie sind jetzt die tödlichsten Grenzen der Welt. Jahr für Jahr sterben Tausende Menschen beim Versuch, sie zu überwinden.“ Wart Ihr in letzter Zeit mal im Grenzgebiet von Syrien und dem Irak oder von Russland und der Ukraine? Davon mal abgesehen ist die Behauptung, Deutschland oder die EU töte an ihren Außengrenzen, eine bösartige Verdrehung der Tatsachen. Schiffe der EU retten täglich etliche Menschen, die von eiskalt kalkulierenden Schlepperbanden fahrlässig in Seenot manövriert werden. Kein verantwortlich handelnder Politiker kann das Dilemma ignorieren, dass jede konzertierte Rettungsaktion dieses tödliche Geschäftsmodell befördert und damit weitere Menschenlebengefährdet. Er kann auch nicht die Augen davor verschließen, dass die Öffnung der EU-Außengrenzen samt Transfer und Versorgung aller einreisewilligen Menschen einen unkontrollierbaren Massenexodus aus Afrika, Südosteuropa und dem Nahen Ostens auslösen könnte, mit gravierenden sozialen Konsequenzen in den Aufnahme- wie in den Herkunftsländern. Wer glaubt, Humanität sei eine Frage des guten Willens und des reinen Herzens, wird hoffentlich nie politische Verantwortung in diesem Land tragen.

„Europa hat den Einwanderern den Krieg erklärt – ein Krieg, dem ausschließlich Zivilisten zum Opfer fallen“. Ganz klar, nicht die Militärdiktatur in Eritrea, nicht Assad oder der IS, nicht Bürgerkriege, Rückständigkeit, Misswirtschaft und Fundamentalismus sind verantwortlich für das Flüchtlingselend. Die Killer sind jene Länder, die jedes Jahr hunderttausende Menschen, die vor den Zuständen in ihrer Heimat fliehen, aufnehmen und versorgen. Was für ein Bullshit. Wer ernsthaft etwas gegen die Ursachen des Leids unternehmen möchte, wird nicht ohne mehr militärisches Engagement Europas in Krisensituationen auskommen, ohne das humanitäre Hilfe vielerorts schlicht nicht denkbar ist. Aber genau das wäre in Euren Augen ja nur eine Fortsetzung des „Kriegs gegen Flüchtlinge“. Wenn Ihr die im Mittelmeer Ertrunkenen mit den Mauertoten an der deutsch-deutschen Grenze vergleicht, offenbart Ihr nur die kaltschnäuzige Respektlosigkeit, mit der Ihr die Opfer von damals wie heute für Eure Propaganda instrumentalisiert. Es ist das eine wenn ein Staat seine Bürger einsperrt und erschießt, wenn sie versuchen, abzuhauen. Es ist etwas völlig anderes wenn ein Staatenbund nicht für Leben und Sicherheit aller garantieren kann, die sich auf den Weg zu ihm machen.

„Die Opfer dieses Krieges werden massenhaft im Hinterland südeuropäischer Staaten verscharrt. Sie tragen keine Namen. Ihre Angehören werden nicht ermittelt“. Ihr unterstellt den Staaten Europas einen verdeckten Genozid. Warum ruft Ihr nicht einfach gleich die hier ankommenden Flüchtlinge dazu auf, möglichst viele von den europäischen Mörderschweinen um die Ecke zu bringen? „Niemand schenkt ihnen Blumen.“ Außer euch natürlich. Ohne Worte.
„Die Toten sind jetzt auf dem Weg nach Deutschland. Die Angehörigen haben jeweils entschieden, was geschehen soll.“ Kein Angehöriger hat sich öffentlich oder irgendwie nachprüfbar geäußert. Genauer gesagt hat sich nicht mal irgendein Flüchtling in irgendeinem Zusammenhang mit Eurer Aktion geäußert. Sie haben wahrscheinlich andere Probleme undsind einfach nicht hirnverbrannt genug, um zu kapieren, was Ihr wollt. In erster Linie fahren deutsche Medien- und Kulturschaffende auf Euren Schuldporno ab. Weil sie genauso schamlos selbstverliebt sind wie Ihr.

„Ihr Tod kann nicht rückgängig gemacht werden.“ Alles knapp darunter kriegt Ihr Helden natürlich hin. „Aber ihre sterblichen Überreste können Europas Mauern zu Fall bringen. Diese Aktion wird Europa in einen Einwanderungskontinent zurückverwandeln.“ Euer Größenwahn ist wahrhaft grenzenlos. Es gebe keinen Grund, Euch überhaupt Beachtung zu schenken, wenn Eure Aktion nur hemmungslos überflüssig wäre. Das ist sie sowieso. Aber sie ist auch Gift für den gesellschaftlichen Frieden und für ein gutes Miteinander von alteingesessener Bevölkerung mit einer stetig wachsenden Zahl von Menschen aus anderen Kulturen.

Wir haben den Menschen in Afghanistan, dem Kosovo oder Somalia manches voraus. Erstklassige medizinische Versorgung, sexuelle Selbstbestimmung, eine zuverlässige Müllabfuhr. Keine Häuserkämpfe in unseren Städten. Es gibt viele gute Gründe, morgens dankbar in Aachen, Hildesheim oder Zwickau aufzuwachen. Egal, ob man dort aufgewachsen oder gestern erst gestrandet ist. Europaweit nehmen Deutschland und Schweden die meisten Flüchtlinge auf. Tausende Bürger engagieren sich mit Spendensammlungen und privaten Hilfsinitiativen. Im globalen wie im historischen Vergleich ist Deutschland heute trotz wachsender Flüchtlingszahlen ein Beispiel an Humanität und Solidarität.

Wer behauptet, wir seien mörderisch gegenüber Schutzsuchenden, fördert nicht Nächstenliebe, sondern Ressentiments auf allen Seiten. Ihr solltet Euren Drang in den Griff bekommen, Euch moralisch über andere Menschen zu stellen. Ihr erntet Trotz und Abwehrreaktionen bei Deutschen, die mit gutem Gewissen von sich behaupten, für die Militärdiktatur in Eritrea keine Verantwortung zu tragen. Ihr ermutigt Zuwanderer zur Nichtachtung unserer Gesetze und unserer Gesellschaft. Moralische Selbstanklagen und die Rhetorik der Gruppen- und Opferidentitäten bereiten in einer noch halbwegs komfortablen wirtschaftlichen Lage fahrlässig das Feld für Verteilungskonflikte und soziale Spannungen.

Wir können uns heute weder die beruflichen Qualifikation noch die Weltanschauungen der Menschen aussuchen, die zu uns kommen. Wir ziehen nicht nur Unternehmer, Ingenieure undSpitzenforscher an. Es kommen viele junge, ungelernte Männer, die nur ihre Kraft und hoffentlich ihren guten Willen mitbringen. Wir tun ihnen keinen Gefallen wenn wir sie mit Opferstatuszuweisungen und Selbstanklagen davon abhalten, ihre Energie in produktive Bahnen zu lenken. Wir bezeugen Menschen aus anderen Kulturkreisen keinen Respekt, wenn wir nicht selbstbewusst zu unseren eigenen Werte und Regeln stehen.

Es ist schwer, sich in einen Menschen zu verlieben, der sich selbst nicht ausstehen kann. Leute mit geringem Selbstwertgefühl geraten deshalb oft an dominante, manipulative, manchmal auch gewalttätige Partner, die diese Schwächen nutzen, um ihre eigene Stärke auszutesten. Oft enden solche Verhältnisse dann unschön. Soll das Zusammenleben von Menschen verschiedener Kulturen in Deutschland gedeihen, müssen wir nicht lernen, andere mehr zu lieben, sondern uns selbst mehr zu achten. Kein Mensch wird eine Gesellschaft respektieren, die sich selbst nicht respektiert. Wer unseren Rechtsstaat mit plumper Propaganda verächtlich macht, sägt an dem Ast, auf dem wir gemeinsam mit allen hierher Zugewanderten sitzen.

Malte Fischer (38) lebt in Berlin, ist seit 2000 Autor und Redakteur für RTL, Pro 7, RBB, WDR mag Bücher, Filme, Serien, Schallplatten und Spaziergänge mit seinem Hund.

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  22.06.2015   Achgut.com

Politische Leichenfledderei

Das sogenannte „Zentrum für Politische Schönheit“ konnte mit Hilfe der Medien wieder einmal aus einem Furz einen Donnerschlag machen. Dabei spielte bei unseren Qualitätsjournalisten keine Rolle, dass die „Aktion“ der „Entschlossenen“ mehr als nur ein Gschmäckle hatte. Das politische Instrumentalisieren von Toten scheint kaum einen Berichterstatter abzuschrecken. Im Gegenteil! Nur der Kollege von der taz hatte Bedenken, der unappetitlichen Show beizuwohnen. Dafür schickte der „Tagesspiegel“ sogar fünf ! Mitarbeiter, die dann online eine „Dokumentation“ ablieferten, bei der sich die Nackenhaare aufstellen.
Aber der Reihe nach: besagtes Zentrum hatte zuletzt bundesweit auf sich aufmerksam gemacht, als es Flüchtlinge aus Afrika dazu anstiftete, die Gedenkkreuze für die Mauertoten am Reichstag zu schänden, um pressewirksame Bilder zu produzieren.
Die Aktion misslang trotz eifrigsten Pressezuspruchs ziemlich gründlich, weil sie auf heftigsten Protest von Verwandten der Mauertoten, Verbänden der politisch Verfolgten und von Politikern stießen.
Diesmal haben sind die „Künstler“ lieber über Leichen gegangen, die sie aus einem Massengrab gezogen und angeblich identifiziert haben wollen.
Also wurde vorige Woche auf dem muslimischen Friedhof zu Berlin, eine Syrierin begraben, als „Opfer der Abschottung Europas“. Die Familie, der von den italienischen Behörden als „unbekannt“ klassifizierten Frau, soll sich in Deutschland aufhalten, erschein aber nicht zum Begräbnis.  Von den etwa hundert Anwesenden waren etwa 50 Journalisten, der Rest „Aktivisten“, die nur zum geringen Teil in Schwarz erschien, was bei einer Trauerfeier angemessen gewesen wäre.
Es ging aber eben nur um ein Politspektakel, egal um welchen Preis. Ein „Ehrentribüne“, die eher einem Schafott ähnelte, sollte auf die abwesenden „Verantwortlichen“ für die Toten im Mittelmeer hinweisen- die Bundesregierung.
Angeregt durch die eifrige, kritiklose Berichterstattung, die es fertig brachte, jede Verlautbarung der Pächter der „Politischen Schönheit“ unkommentiert und unhinterfragt wiederzugeben, fanden sich am letzten Sonntag um die 5000 Menschen zur Fortsetzung der Politposse ein.
Das verkündete Ziel war die Grünfläche vor dem Kanzleramt, die in eine Massengrabstätte verwandelt werden sollte. Als das nicht gestattet wurde, nahm man sich den Rasen vor der Westseite des Reichstags vor.
Angeführt von einem muslimischen Leichenwagen, zogen die willigen Vollstrecker der Ziele des Zentrums vor das Parlament. Ein Zaun, der die Grünanlage schützen sollte, wurde „friedlich“ zum Einsturz gebracht . Laut Tagesspiegel „ein extrem ergreifender Moment“. Dann wurden mit „Schaufeln, Skateboards und mit bloßen Händen“, wie der Tagesspiegel getreu dokumentiert, hunderte „Gräber“ ausgehoben, das heißt die Anlage systematisch zerstört.
Unsere kritischen Journalisten sahen darin kein Problem, schließlich ging es ja um eine gute Sache.
Die Polizei schaute dem Treiben tatenlos zu. Es scheint die politische Rückendeckung gefehlt zu haben. Erst am Abend wurde zur Räumung der Wiese aufgefordert.
Nur die Hardcore- Aktivisten, die der Aufforderung nicht folgten, wurden abgeführt. Dabei sollen auch Journalisten, die unbedingt hautnah dabei sein wollten, um die polizeiliche Willkür nicht zu verpassen, gestreift worden sein, was sie flugs auf Twitter kundtaten und die gewünschte Aufregung bei den Unterstützern erzeugten, die lieber auf dem heimischen Balkon geblieben waren, das Geschehen aber auf ihrem Handy verfolgten. #dietotenkommen war der Gefragteste an diesem Tag.
Skandal: „Kleine Gruppen behelmter Polizisten drangen schon ab 16.30 Uhr in die Menschenmenge ein, um Einzelne festzunehmen, zunächst jedoch häufig erfolglos. Einige Beamte traten bei ihren Aktionen auf frisch ausgehobene Gräber.“
Welche Gräber? Haben Journalisten, die so etwas schreiben, noch alle ihre fünf Sinne beisammen? Und warum erfolglose Versuche von Festnahmen? Weil alle Demonstranten absolut friedlich waren, wie der Tagesspiegel behauptet? Das es sich beim fröhlichen Graben um eine illegale Aktion gehandelt hat, bei der Schäden von mehreren zehntausend Euro entstanden, wird in keinem Bericht erwähnt.
Die Demontage des Rechtsstaates durch Taten, die als „ziviler Ungehorsam“ verniedlicht werden, spielt ebenfalls keine Rolle.
Schlimmer noch, die eigentlich politischen Verantwortlichen für die Toten im Mittelmeer: die afrikanischen Diktatoren und Warlords, die Terroristen des IS, die kriminellen Schleuser, werden durch solche Aktionen entlastet.
Es gibt ganz sicher jede Menge zu kritisieren an der chaotischen Flüchtlingspolitik der deutschen und europäischen Politiker. Manche politischen Entscheidungen fühlen sich an wie ein Förderprogramm für Schleuserbanden. Das wäre ein Thema.
Nicht aber die Behauptung, Europa wäre schuld am Tod von Flüchtlingen im Mittelmeer. Das wird zwar täglich wiederholt, nicht nur von den Dunkelmännern des Zentrums für Politische Schönheit, aber dadurch nicht wahrer.
Es geht auch nicht um Wahrheit, es geht nicht mal um das Schicksal der Flüchtlinge, es geht, das hat Burckhard Müller- Ulrich richtig formuliert, um Terror, Terror gegen den Rechtsstaat.
Die „Künstler“ sind die Totengräber der Demokratie und die Journalisten, die sie kritiklos besingen, ihre willigen Helfer.

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  21.06.2015   Achgut.com

Leichenspielscharen in Gräberlaune

Natürlich hat niemand im Ernst damit gerechnet, daß es einer wildgewordenen Künstlertruppe erlaubt sein werde, am Bundeskanzleramt mit Baggern vorzufahren, den Boden aufzustemmen und ein „Friedhofsfeld der Superlative“ anzulegen. Die Meldung, daß der geplante Leichenzug polizeilich verboten wurde, ist also keine. Bemerkenswert hingegen ist die Tatsache, daß 5000 Leute in Berlin ruckzuck zur Stelle sind, wenn es darum geht, auf grünen Wiesen Gräber zu errichten, und sich prima dabei finden.

Der Tod ist eben doch ein Meister aus Deutschland, und wenn gerade nicht genug Tote zur Hand sind, dann macht man sich auf und karrt sie heran, denn anderswo gibt es noch reichlich. Auch viele Journalisten sind darob ganz aus dem Totenhäuschen, stammeln was von Radikalität und Mut und gezielter Provokation und widmen der wildgewordenen Künstlertruppe Gehör, Druckzeilen und Sendezeit. Was ist da los? Offenbar hat sie alle der Titel des Theaterstücks verhext: „Die Toten kommen“. Denn das klingt nach dem Horror, den man aus unzähligen Zombie-Filmen kennt. „Die Toten kommen“ – und im Unterschied zu gewöhnlichem Theater spielt die wildgewordene Künstlertruppe mit echten Leichen.

Das ist für unsere Zivilisation im Jahr 2015 zwar etwas relativ Neues, aber historisch beispiellos ist die Inszenierung von Toten zu politischen Zwecken keineswegs. Gerade im Syrienkrieg verbreiten sämtliche Seiten Bilder von hypnotischer Gräßlichkeit, deren tatsächlichen Hintergrund niemand überprüfen kann. Auch die palästinensische Propaganda beruht immer wieder auf kamerawirksam vorgezeigten Leichen, wobei die Todesumstände bedenkenlos umgedichtet werden. Und vielleicht erinnert sich noch jemand an das während des Umsturzes in Rumänien vor einem Vierteljahrhundert vielfotografierte Massengrab im Temesvar, mit dem ein Massaker bewiesen werden sollte, das nicht stattgefunden hatte: es handelte sich bloß um gerichtsmedizinisch obduzierte Leichen.

Der morbide Schauder, den die Nähe, die Erwähnung, der Anblick von Toten auslösen, verleiht demjenigen, der das organisiert, eine im wahrsten Sinne ungeheure Autorität. Es gibt keine stärkere Selbstermächtigung im Diskurs als die Berufung auf den Tod. Nicht von ungefähr liest man Bücher von krebskranken Autoren mit außerliterarischer Aufgewühltheit: solche Texte handeln von realem Schmerz und Schrecken, und davor verblaßt jedes Argument.

Deshalb ist die als Kunstaktion geschminkte Bestattungsdemo in Berlin nicht bloß makaber und geschmacklos, sondern totalitär und terroristisch. Im Mantel der Moral – es geht ja um die jeden Bürger überfordernde Flüchtlingsproblematik – reißen ein paar künstlerische Niemande die Macht an sich, über die letzten Dinge, die Transzendenz, den Leib, der mehr ist als ein Körper, zu befinden. Darin verrät sich die gleiche zynische Selbstgefälligkeit, mit der sich Attentäter herausnehmen, andere Menschen zu beschädigen, um eigene Ideen durchzusetzen. Kein Wunder, daß der Kopf der wildgewordenen Berliner Künstlertruppe die Kaufhausbrandstifter von 1968 Andreas Baader und Gudrun Ensslin „genial“ findet.

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Anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber reisen zu Zehntausenden ins Ausland, viele davon in die alte Heimat, wo sie angeblich verfolgt sind. Merken Sie etwas?

Philipp Gut weltwochw.ch Ausgabe 26/2015

Wer in der Schweiz Asyl erhält oder hier bleiben darf, auch wenn er keine Asylgründe geltend machen kann, der ist in seiner Heimat entweder an Leib und Leben bedroht, oder es ist unzumutbar, dass er zurückkehrt. Das ist der Kern des Asylgesetzes.

Mit Erstaunen nimmt man deshalb zur Kenntnis, dass anerkannte Flüchtlinge, aber auch vorläufig Aufgenommene und Asylbewerber in Massen auf Reisen gehen – viele von ihnen bewilligt von den Schweizer Behörden. Die meisten dürften nicht an der Côte d’Azur verweilen, sondern in ihren Herkunftsländern, wo sie angeblich politisch verfolgt und bedroht sind.

Fast alle Gesuche bewilligt

Die Zahlen: Zwischen 2010 und 2014 haben im Kanton Zürich 8931 anerkannte Flüchtlinge ein Reisegesuch gestellt. Fast alle davon, nämlich 8608, wurden bewilligt. Hinzu kommen 3281 Auslandreisen von Asylbewerbern und vorläufig Aufgenommenen. In der ganzen Schweiz wurden im selben Zeitraum insgesamt 61 892 solcher Reisen bewilligt. Das entspricht der Bevölkerung der Stadt Luzern und einer Bewilligungsquote von 97 beziehungsweise 84 Prozent. Wer will, darf also praktisch ungehindert herumreisen. Zuständig dafür ist das Berner Staatssekretariat für Migration.

An der Spitze der Reisewilligen im Kanton ­Zürich liegen Somalier und Eritreer. Aber auch die Iraker, Syrer und Afghanen, in deren ­Herkunftsländern Bürgerkrieg herrscht, sind stark vertreten. Das überrascht. Der Verdacht drängt sich auf, dass viele dieser Personen in ihre ­Heimat fahren und dort Ferien verbringen oder Verwandtenbesuche absolvieren.

Heimaturlaube in Syrien und Eritrea

Recherchen zu konkreten Fällen bestätigen die Vermutung. Beispiel eins: Ein im Kanton Zürich lebender Eritreer, der schwer krank war, reiste in sein Herkunftsland, um seine Verwandten zu sehen. Die Reisekosten übernahm ein Hilfswerk. So edel das Motiv in diesem Fall sein mag, so stossend bleibt die Tat­sache, dass ein Mann Asyl erhielt, der jederzeit gefahrlos heimreisen kann. Beispiel zwei: Ein Syrer, der in einer andern Zürcher Gemeinde wohnhaft ist, reiste unbehelligt in das Bürgerkriegsland. Zurück kehrte er mit seiner Frau, so dass die Behörden eine grössere Wohnung für die beiden organisieren mussten.

Das Staatssekretariat für Migration sieht in dieser regen Reisetätigkeit kein Problem und spricht bloss von «Einzelfällen». Realitätsnäher dürfte die Annahme sein, dass die meisten dieser Personen in der Schweiz eine Bleibe ­erhielten, ohne ernsthaft verfolgt zu sein.

http://www.weltwoche.ch/index.php?id=554350

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  29.06.2015   Achgut.com

Der Professor und die Frauen, Teil zwei

Die political correctness (pc) hat in der akademischen Welt Englands nun ihren abschließenden Gipfel erreicht. Sollten wir sie „Politische Überkorrektheit“ (PÜ) nennen? Oder „Politische Beklopptheit“ (PB)? Am besten wohl „Diktatur der Intoleranten und Humorlosen (DIH).

Auf das University College of London (UCL), eine bisher hoch angesehene akademische Einrichtung, würde jede dieser Bezeichnungen passen wie maßgeschneidert. Zumal ihr Präsident, Michael Arthur, jetzt öffentlich verkündet hat, dass die Universität einen Professor, dessen man sich aus all den oben erwähnten Gründen entledigt hat, nicht wieder aufnehmen wird.

Der Fall, der seit über einer Woche die akademische Welt Großbritanniens beschäftigt, hatte damit begonnen, dass die Universität den Nobelpreisträger Professor Tim Hunt ungehört aus ihren heiligen Hallen verbannt hat, weil er auf einer Dienstreise in Südkorea angeblich bezweifelt hat, dass Frauen für die Naturwissenschaften die notwendigen charakterlichen Qualifikationen mitbringen: „Sie stören den Betrieb und neigen zu Tränen.“

Inzwischen ist die ganze Rede des geschassten Biologen bekannt geworden und nun ist völlig klar, dass Tim Hunt, wie er von Beginn an gesagt hat, seine „frauenfeindlichen“ Worte als Scherz gemeint hat. Um dann vor seinem weiblichen Publikum weiter zu sagen: „Und nun im Ernst: Ich beschwöre Sie, werden Sie Naturwissenschaftlerinnen, trotz solcher Monster wie ich es eines bin.“ Der „Frauenfeind“ beschwor also die Frauen, Wissenschaftlerinnen zu werden. Na, so was.

War das Ganze ein guter Witz? Geschmackssache. Aber wären schlechte Witze strafbar, wir säßen alle im Gefängnis. Eine frauenfeindliche Äußerung war das, was Tim Hunt gesagt hat, jedenfalls nur in den Ohren der Professoren und Professorinnen der UCL, deren Denkapparat sich da etwas verhakt haben muss. Und zwar dauerhaft. Denn sie bestehen ja immer noch auf dieser verdrehten Interpretation des geschassten Kollegen. Obwohl man es inzwischen wirklich besser wissen könnte, wenn man wollte.

Zunächst hatte die Hochschule (wie wir Journalisten) nicht die ganze Rede gesehen und sich sofort auf der Welle einer weltumrundenden Twitter-Empörung vorschnell des Mannes entledigt. Und zwar wirklich mit Überschallgeschwindigkeit: Professor Hunt war noch im Flugzeug auf der Rückreise aus Südkorea, da hat schon ein flotter Offizieller seine Frau daheim angerufen, die ebenfalls eine Professur an der UCL hat, und gedroht: „Entweder Ihr Mann tritt zurück oder wir schmeißen ihn raus.“

Das war weder die feine englische noch die feine akademische Art. Professor Hunt war am Boden zerstört. Sein Ruf schien vernichtet. Aber nur vorübergehend. Denn er erhielt Unterstützung von vielen akademischen Seiten. In der Welt der internationalen Wissenschaft war er innerhalb weniger Tage rehabilitiert und wurde als Opfer einer menschenverachtenden Diktatur der politisch Korreken bedauert.  Dutzende Nobelpreisträger, noch mehr nicht ganz so hoch ausgezeichnete Professoren und sogar ein paar mutige Feministinnen tadeln in unterschiedlich strengen Worten die abstoßende Rauswurf-Aktion der Londoner Universität.

Ein Professor war besonders streng. Er hielt dem University College vor, sich eines Professors wegen einer ungeschickten Äußerung kalt zu entledigen und gleichzeitig Millionenbeträge aus Saudi Arabien zu akzeptieren, wo „Frauen nicht Auto fahren dürfen und Blogger eingesperrt und ausgepeitscht werden“. Der Professor nannte dies nicht nur Heuchelei sondern auch Prostitution.

Man kann also sagen: Die Londoner Uni hat dieser Tage eine hundsmiserable Presse. Und sie ist in einer verteufelten Lage. Denn was kann sie tun? Hätte sie einlenken sollen? Der vielfachen Forderung folgen, den hinausgeekelten Professor wieder zurückzuholen? Dann hätte man ja zugeben müssen, dass man sich geirrt hat. Dass man zugeschlagen hat, ehe man wusste, was der Mann eigentlich verbrochen hat. Nämlich nichts. Man wäre in den Verdacht einer unwissenschaftlichen Überstürzung geraten. Und schlimmer noch: Was, wenn der Nobelpreisträger gesagt hätte: Ihr könnt mich mal. Eine solche Alma Mater kann mir gestohlen bleiben.

Nein, man blieb beim Rauswurf. Augen zu und durch. Zu einer ordentlichen politischen Überkorrektheit (PÜ) gehört schließlich nicht nur die Humorlosigkeit sondern auch die Unfehlbarkeit.

Das Erstaunlichste an dieser Geschichte: Der entsetzliche Bierernst der politisch Korrekten droht, wie es scheint, inzwischen selbst den Briten ihren weltberühmten Humor auszutreiben. Damit erweist sie sich als eine wahrhaft gefährliche Ideologie. Wenn schon die Briten keine krummen Scherze mehr machen dürfen, wer traut sich dann noch? Wie soll man in anderen Ländern, in denen der Humor nicht zum Nationalcharakter gehört, dem Druck der lachfaltenfreien Korrektheitsdiktatoren widerstehen?

Ein Lichtblick: Der Fall UCL zeigt, dass man mit humorfeindlicher Meinungszensur auch furchtbar auf dem Bauch landen kann. Die Londoner Universität ist keine glückliche Universität mehr. Sie steckt tief im Schlamm ihrer eigenen Borniertheit und hat sich selbst am meisten bestraft.

Das ist ein tröstlicher Gedanke, der hoffentlich über den Kanal zu uns aufs ebenfalls von PÜ, PB und DIH bedrohte Festland herüberschwappt.

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  21.07.2015   Achgut.com

Wenn der Mob tobt

Am 16. Juli zeigte “Galileo” auf PRO 7 einen Beitrag darüber, was Deutsche über Israelis und Israelis über Deutsche wissen: “Germany meets Israel”. Es war eine lustige, harmlose Reportage, in der niemand vorgeführt und keiner verletzt wurde. Kaum online verschwand der Beitrag wieder von der PRO7-Homepage. Ein Zuschauer wunderte sich, fragte bei der Zuschauerredaktion nach und bekam die folgende Antwort:

Auf unserer Facebookseite nahm die Diskussion in den Kommentaren leider eine sehr drastische Richtung ein. Die Kommentare wurden zunehmend rassistisch und es wurden sogar Drohungen unter den Usern ausgesprochen, so dass wir eingreifen mussten und daher den Beitrag vollständig gelöscht haben.

Ein weiteres Kapitel in der endlosen Geschichte “Wenn der Mob tobt”. Seltsam, dass er dann besonders heftig tobt, wenn es um Israel geht. Das hat natürlich nichts mit der deutschen Vergangenheit zu tun, es ist nur der Ausdruck einer besonderen Sensibilität gegenüber einem Land, zu dessen Gründung Deutschland wesentlich beigetragen hat.

Immerhin: PRO 7 hat den Beitrag wieder online gestellt. Hier.

 

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/wenn_der_mob_tobt1

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Kommentar: Die neue Masseneinwanderung | Die Weltwoche, Ausgabe 30/2015

Armutsmigration mit Folgen.Bild: TNT-Graphics

Es ist ein einsamer Rekord: Allein diesen Juni ­haben in der Schweiz 2199 Eritreer Asyl verlangt. Verglichen mit dem Mai entspricht dies beinahe einer Verdreifachung und verglichen mit dem April nahezu einer Verzehnfachung. Auch gegenüber dem Juni des letzten Jahres sind mehr als doppelt so viele eritreische ­Asylanten in die Schweiz gekommen. Dabei sind die Zahlen schon 2014 steil gestiegen.

Die Asylprobleme der Schweiz sind vor ­allem ein Eritreer-Problem. Die Zunahme aller Ge­suche im Juni um über siebzig Prozent gegenüber dem Mai ist fast ganz auf den Ansturm von Eritreern zurückzuführen. Ebenso verhält es sich bei der Zunahme der Gesuche im ganzen zweiten Quartal gegenüber den ersten drei ­Monaten im Jahr 2015: Ohne Eritrea wären die Asylgesuche fast konstant geblieben. Mittlerweile machen Eritreer unter allen Asylsuchenden 58 Prozent aus. Somit kommen aus dem kleinen Land in Ostafrika weit mehr Asylanten als aus der ganzen übrigen Welt. Insgesamt ­befanden sich Ende Juni fast 50 000 Asyl­bewerber und sogenannt vorläufig Aufge­nommene in der Schweiz – über 5000 mehr als vor einem Jahr. Ohne Eritreer wäre diese Zahl innert Jahresfrist sogar leicht gesunken.

Während die Schweiz um die Umsetzung der Zuwanderungsinitiative ringt, greift also eine Masseneinwanderung ganz anderen Kalibers um sich: eine Armutsmigration, die sich zu einer grossen Belastung entwickelt. ­Eritreer kommen aus einer völlig fremden Kultur. Die meisten von ihnen schaffen den Sprung in die Schweizer Arbeitswelt trotz aller Integrationsbemühungen nie.

Welche finanzielle Belastung dieser Ansturm für die Schweizer Volkswirtschaft bedeutet, kann nur geschätzt werden. Im ersten Halbjahr 2015 kamen im Durchschnitt pro Tag 21 eritreische Asylanten an. Erhalten wie bisher neunzig Prozent von ihnen ein Bleiberecht und landen gemäss Erfahrungszahlen von diesen wiederum rund neunzig Prozent in der Sozialhilfe, so werden von diesen 21 Eritreern 16 dauerhaft auf Kosten des Staats leben. Bei geschätzten 20 000 Franken Sozialhilfekosten pro Jahr und Person und einer angenommenen Bezugsdauer von zwanzig Jahren entstehen dem Steuerzahler somit zusätzliche Kosten von über sechs Millionen Franken – mit jedem Tag, an dem die Behörden untätig bleiben.

Gefragt wäre jetzt resolutes Handeln von ­Simonetta Sommaruga, die für das Asylwesen zuständig ist. Die Bundespräsidentin müsste mit Hochdruck darauf hinarbeiten, dass eri­treische Migranten zurück in ihr Land gebracht werden können. Mittlerweile pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass die Verhältnisse in Eritrea nicht annähernd so schlimm sind wie behauptet. Doch stattdessen beharrt Sommaruga, selber ehemalige Präsidentin des Entwicklungshilfswerks Swissaid, stur auf dem Standpunkt, alle Ankömmlinge aus Eri­trea seien schutzbedürftige Flüchtlinge.

Bundesbehörden lenken ab

Entsprechend lenkt das Staatssekretariat für Migration von den Problemen ab. Im Vergleich zu Gesamteuropa falle die Zunahme der Gesuche «moderat» aus, beschwichtigte es. «Der Anteil der Schweiz an allen Asyl­gesuchen in Europa hat sich seit 2012 mehr als halbiert.» Wenn andere Länder noch grös­sere Schwierigkeiten haben, nützt das der Schweiz aber nichts.

Bundesbern bringt immer neue Ausreden. Die Zunahme im zweiten Quartal sei überdurchschnittlich ausgefallen, «da die warme Witterung im Mittelmeer früher einsetzte als 2014 [und so die Überfahrten von Migranten begünstigte, d. Red.]». Man wartet noch auf das Argument, der Klimawandel sei schuld an den Zuständen im Asylwesen.

http://www.weltwoche.ch/index.php?id=554570

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  23.07.2015   Achgut.com

Bleib cool am Pool oder: Mit Beschweigen kommen wir nicht weiter

Heute mache ich mich unbeliebt. Ich gestehe: Ich bin ein Willkommenskulturbanause. Man wird mich aus den einschlägigen Ecken für dieses Statement einen Rassisten schimpfen (alternativ: einen Islamophoben, Fremdenfeind, Rechtspopulisten, Flüchtlingshasser, Extremist der Mitte, Nazi in Nadelstreifen, you name it), aber das ist mir langsam Wurscht. Die reflexhafte Entsorgung kritischer Anmerkungen bzw. missliebiger Ansichten zur ungebremsten Einwanderung im „braunen Sumpf“ gehört zur billigen diskursiven Masche der Dauerempörten und dient nur dazu, jede sachliche Debatte im Keim zu ersticken. Kritiker moralisch zur Sau zu machen, ist ja auch leichter, als unhaltbare Zustände argumentativ zu rechtfertigen.

Worum es geht
Ich weiß, dass es tatsächlich Leute gibt, die am liebsten jeden Ausländer rauswerfen würden, Neonazi-Gesocks etc., geschenkt. Aber, bitte: Macht dieser tatsächlich beklagenswerte Umstand die unkontrollierte Zuwanderung (und sie ist längst außer Kontrolle geraten) deshalb sakrosankt? Oder ist es nicht vielmehr so, dass wir uns gerade eine unüberschaubare Anzahl von Personen ins Land holen, die nicht weniger gruselig sein können als die Springerstiefel tragenden Glatzen aus Brandenburg? Man denke nur an die 40.000 Salafisten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Oder an ganz normale Muslime, die einen ganz normalen muslimischen Antisemitismus kultivieren.

Worum es mir hier geht: eine rationale Bewertung der Zustände und um einen ehrlichen Umgang damit. Während Theo Sommer von der ZEIT eine wohlwollende Studie aus Großbritannien (!) zitiert, in der es um Arbeitsmigranten (!!) aus EU-Ländern (!!!) geht, um uns, die er wohl für ebenso so blöd hält wie sein Finanzamt, mit Verweis auf den demographischen Wandel die „Zuwanderung“ in toto schmackhaft zu machen (als wären Polen, Niederländer oder Spanier das Problem!!!!), treiben mich, kleinlich und spießig wie ich bin, schon länger ein paar ketzerische Fragen um:

Warum wird keine Unterscheidung mehr getroffen zwischen Arbeitsmigranten, Flüchtlingen und politisch Verfolgten?

Wie viele Menschen werden in den nächsten Jahren zu uns kommen oder besser: Wie viele werden bleiben und wie viele gehen müssen?

Wie und wo werden sie behaust, wer kommt für Kost, Logis, Taschengeld und medizinische Versorgung auf?

Wer genau immigriert? Wie sieht es mit dem Familiennachzug aus?

Sind diese Menschen wirklich alle integrationswillig und -fähig?

Und nicht zuletzt: Welche Folgen könnte Einwanderung insbesondere aus islamischen Ländern für die innere Sicherheit haben?

Wenn neben Gentechnikfeinden, Atomkraftgegnern und TTIP-Kritikern noch weitere Bundesbedenkenträger zugelassen sind, dann möchte ich diese Fragen hier stellvertretend für viele aufwerfen. Da bereits 16,5 Millionen Deutsche einen Migrationshintergrund haben, also gut jeder Fünfte, von denen 10 Millionen einen deutschen Pass besitzen (ich bin einer davon), sollte der Multikulti-Bedarf längst gedeckt sein, insbesondere im Hinblick auf massive Probleme, die bereits Zugewanderte geschaffen haben. Gibt es einen Plan, wie man diese gravierenden Missstände in den Griff bekommt? Oder hoffen die gegenwärtig Regierenden, dass die Scheiße erst dann so richtig in den Ventilator gerät, wenn sie längst aus der Verantwortung entlassen sind?

Zwei Punkte, um die sich Politik und die Meinungsmacher in den Medien herumdrücken, sind schlicht nicht von der Hand zu weisen:

Erstens: Die schiere Masse der „Flüchtlinge“ wirft massive finanzielle und logistische Probleme auf, die sich in den kommenden Jahren noch verschärfen werden. Schon jetzt sind Bund, Länder und Kommunen heillos überfordert. Wenn schon Zeltlager in Parkanlagen errichtet werden, mag man sich nicht vorstellen, wie das hier 2018, 2024 oder 2030 aussehen wird..

Zweitens: Mit der massiven Zuwanderung, oft genug illegalen Einwanderung aus der islamischen Welt, importieren wir auch sozialen, religiösen, politischen und gesellschaftlichen Sprengstoff, und das dürfen wir wahrscheinlich wörtlich nehmen.

Wer sich um diese Fakten herumdrückt, handelt schlicht verantwortungslos. Die schrägen Töne bei Pegida et al. interessieren mich nicht die Bohne – die Verantwortlichen müssen hier in die Pflicht genommen werden und, wenn sie schon keine Antworten haben, zumindest eine redliche Debatte über Sinn und Zweck, Management, mögliche Folgen, Grenzen und auch Gefahren der Zuwanderung zulassen, sonst fliegt uns früher oder später vor lauter guter Absicht der ganze Laden um die Ohren.

Muss ich jeden willkommen heißen, der an meine Türe klopft?
Sagen wir es so: Wenn ich eine Party veranstalte, überlege ich, wie viele Gäste ich einlade. Wie viele finden Platz, wie viele kann ich verköstigen? 30 schaff’ ich, bei 50 wird’s verdammt eng, eher eine Stehparty. Bei 100 muss ich passen. Bin ich jetzt für Heiko Maas ein Gästehasser, für den man sich schämen muss? Wahrscheinlich, denn ich nehme mir auch noch heraus, selbst zu bestimmen, wen ich hereinbitte: Freunde, gute Bekannte, Verwandte, vielleicht noch nette Nachbarn – aber nicht jeden Honk von der Straße, schon gar nicht irgendwelche Leute, mit denen ich nichts, aber auch gar nichts gemeinsam habe.

Für die Politik gilt das nicht: Sie nimmt jeden, der es bis auf deutschen Boden schafft, und sei er durch sieben bombensichere Staaten Europas „geflüchtet“, bis er endlich einem Bundesbeamten das Zauberwort „Asyl“ vorsingen kann. Für ganz Deutschland werden in diesem Jahr 550.000 sogenannte Flüchtlinge erwartet. Warum sogenannte Flüchtlinge? Nun, nehmen wir die Balkanstaaten, woher etwa 40 Prozent der Asylbewerber stammen, wo aber bereits seit etlichen Jahren kein Krieg mehr geführt und niemand wirklich verfolgt wird – mit Ausnahme der Sinti und Roma, die es in Serbien und Mazedonien nicht leicht haben. Kein Wunder also, dass die Anerkennungsquote für Asylbewerber südosteuropäischer Herkunft gerade mal 0,2 Prozent beträgt. Das Problem liegt aber darin, dass die 99,8 Prozent, deren Asylbegehren negativ beschieden wurde, dennoch im Land bleiben.

Wobei mir die Menschen vom Balkan immer noch näher stehen als solche aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan. Die kommen zwar tatsächlich aus Kriegsgebieten, sind aber nach aller Erfahrung mit unserer Kultur und Gesellschaft meistens nicht kompatibel. Natürlich ist beileibe nicht jeder einzelne Libanese, Libyer oder Syrer ein Problemfall, in der Masse allerdings schafft insbesondere die Einwanderung von Muslimen jede Menge Konflikte, worauf wir später noch zu sprechen kommen werden.

Eines ist offensichtlich: Die Ankunft von jährlich mehr als einer halben Million Menschen (entspricht ungefähr der Einwohnerzahl Bremens oder Leipzigs), die mutmaßlich dauerhaft bleiben werden, wirft allerlei Probleme auf, die von Politik und Medien bis heute geleugnet oder verharmlost werden. Lehrer, Polizisten, Justizangestellte, Stadtkämmerer und Streetworker, ja eigentlich alle Bürger, die im Alltag damit konfrontiert werden, können ein Lied davon singen, aber auf die mag niemand hören, wenn es gilt, Humanität, Toleranz und Großzügigkeit anzumahnen.

Während es selbstverständlich viele rechtschaffene Zuwanderer gibt, die sich hier ein neues, besseres Leben aufbauen möchten, und denen wir in der Tat helfen sollten, gibt es eben auch andere, die eine gesellschaftliche, finanzielle und logistische Herausforderung und, ja, auch Belastung darstellen. Unterkünfte bauen sich nicht von allein, Arbeitsplätze müssen geschaffen werden, Integration muss von beiden Seiten gewollt und das alles auch noch von irgendjemandem finanziert werden. Um es klar zu sagen: Es kostet Milliarden, keine Peanuts. Wer darauf hinweist, wird allerdings als hartherziger, asozialer Drecksack hingestellt – oder eben gleich als dumpfdeutscher Fremdenhasser. Dass man die durchaus vorhandene Hilfsbereitschaft der Leute damit auf Dauer überstrapaziert, liegt auf der Hand.

Reden wir zuerst, kalt und menschenverachtend, vom Geld.

Wer soll das bezahlen?
Bis zum 7. Juli habe ich, wie andere arbeitende Menschen auch, nur für den Staat geackert. Ich zahle die horrenden Steuern gern, weil eben auch Menschen mit durchgezogen werden müssen, die es allein nicht schaffen. Das ist in Ordnung für mich, auch wenn ich bei dem Gedanken daran, dass ein Teil meines sauer verdienten Geldes an die Palästinensische Autonomiebehörde fließt, die damit die Familien von Terroristen alimentiert, kotzen könnte. Man kann es sich eben nicht aussuchen.

Nicht zu leugnen ist allerdings, dass Bund, Länder und die chronisch klammen Kommunen auf die aktuelle „Flüchtlings“-Welle nur noch einigermaßen kopflos mit durchaus kostspieligen ad-hoc-Maßnahmen reagieren.

Hier stellt NRW mal eben weitere 206 Millionen Euro für Flüchtlinge bereit (1), dort sagt der Bund mal eine weitere Milliarde zu (2). Wir sind schließlich, obwohl mit 2,17 Billionen Euro in der Kreide stehend, „ein reiches Land“, und Minister Schäuble, der sich offenbar eine Herde Dukaten scheißender Goldesel hält, kann nach seinem morgendlichen Bad im Geldspeicher immer wieder neue Kohle locker machen, ganz egal, ob wir die von den Griechen gepumpten 86 Milliarden Euro jemals wieder sehen oder nicht.

Mag auch manche Omi jeden Euro ihrer kargen Rente dreimal umdrehen müssen, wenn sie im Penny-Markt steht: Für Eritreer, Somalis, Syrer und Iraker ist die Staatsknete da. Der mir aus sicherer Quelle kolportierte Fall eines 11-jährigen afghanischen Jungen, der mehrmals im Monat per Taxi von seinem Wohnort in Norderstedt zum Deutschkurs in eine Schule nach Kaltenkirchen chauffiert wird, was die Kommune (also: den Steuerzahler) monatlich mal eben 400 Euro kostet, machte mich vielleicht weniger fassungslos, würde ich nicht gleichzeitig eine alte Dame kennen, die einen dementen Mann hat und demnächst aus ihrer Wohnung ausziehen muss, weil sie die 80 Euro Mieterhöhung nicht mehr stemmen kann. Beinahe jeder wird ähnliche Fälle kennen, und die lassen nur den Schluss zu, dass in diesem Staat was faul ist, ja, zum Himmel stinkt.

Hinzu kommt, dass das mit der Dankbarkeit so eine Sache ist. Eben erwähnter afghanischer Schüler tituliert seine Lehrer jedenfalls gern als „Arschlöcher“, so weit sind seine Deutschkenntnisse schon gediehen. Dann sind da die Flüchtlinge aus Senegal, Mali und Eritrea, die in ihrer Indersdorfer Notunterkunft randalierten (3), u.a. weil sie mit einer warmen Mahlzeit mittags und einer kalten Brotzeit am Abend nicht zufrieden waren, sondern zwei warme Mahlzeiten verlangten („am liebsten jeden Tag Huhn, Reis und Kartoffeln“). Man sollte meinen, dass jemand, dessen Leben anderswo bedroht sein soll, andere Sorgen hat, oder ist so eine Überlegung schon wieder empathielos?

Und da ist die Flüchtlingsfamilie aus Libyen (4), die, irgendwie im süddeutschen Burghausen gestrandet, nicht in eine Gemeinschaftsunterkunft ziehen mochte und auch die vom Ausländeramt angebotenen Wohnungen (66 qm und mehr) ablehnte: Sie forderte, Obacht!, tatsächlich „ein eigenes Haus“. Als die alternativ verlangte Unterbringung in einem Hotel abgelehnt wurde, reiste die Familie, abgestoßen von der skandalös unterentwickelten Willkommenskultur in der bayerischen Provinz, nach München weiter. Verständlich, denn politisch Verfolgte genießen Asylrecht, wie es in Artikel 16a GG heißt. Nur, wie sollen sie das genießen, wenn die ungastlichen Deutschen kein eigenes Haus und zwei warme Mahlzeiten täglich garantieren wollen?

Klinge ich zynisch? Und geizig, weil für jeden einzelnen der etwa 14.000 „minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge“ (also in der Regel: 16- oder 17-jährige Muslime) in Deutschland rund 60.000 Euro jährlich ausgegeben werden (5)? Während gleichzeitig im nahen Umfeld ihrer Unterkünfte die Kriminalitätsrate in die Höhe schiesst? Wie soll man so etwas einer hart arbeitenden Krankenschwester oder Kassiererin bei Aldi schlüssig erklären?

Ja, ich weiß, die von der Kinder- und Jugendhilfe betreuten Flüchtlinge haben mitunter tatsächlich ein schweres Los hinter sich, sind, wie es so oft heißt, „traumatisiert“. Offen bleibt trotzdem die Frage, ob wir uns mit solchen „Zuwanderern“, zumal in dieser Größenordnung, einen Gefallen tun. Mein Vater kam aus einem bitterarmen sardischen Dorf und wuchs mit sieben Geschwistern auf – in Deutschland konnte er sich zum ersten Mal sattessen und auch deshalb, fand er, hatte er Grund, dankbar zu sein, egal wie oft er sonst auf dieses Land schimpfte. Es wäre ihm, bei allen Anfeindungen im damals wirklich noch spießigen Deutschland und auch trotz mancherlei Diskriminierung, nie in den Sinn gekommen, hier als „Gastarbeiter“ kriminell zu werden. Das traf auf so gut wie jeden seiner Generation zu, egal ob aus Italien, Spanien, Portugal, Jugoslawien oder der Türkei. Heute ist das anders, und nicht zuletzt haben wir das gewissen Ethnien zu verdanken.

Wer behauptet, dass die Zuwanderung Hunderttausender bzw. Millionen Allochthoner sich unterm Strich auszahlen wird, glaubt auch, dass die Rente sicher ist oder dass sich alle elf Minuten ein Single über Parship verliebt. Es ist vielmehr so: Abermilliarden in eine in mancherlei Hinsicht fragwürdige Zuwanderung zu investieren, könnte sich als desaströses Geschäftsmodell entpuppen. „Deutschland schafft sich ab“, so formulierte es Thilo Sarrazin. Das ist natürlich hart, und unseren Politikern und Medienschaffenden wird sicher ein sedierender Begriff einfallen. „Selektiver Rückbau“ vielleicht. Hört sich doch ganz gut an.

Wohin mit den Menschen?
Schon jetzt platzen die Erstaufnahmelager aus allen Nähten. Allein in Hamburg stehen jeden Tag weitere 300 Leute auf der Matte, die irgendwo untergebracht werden müssen, und zwar sofort, unverzüglich. Bundesweit sind es viele Tausende, und notfallmäßig werden schon mal Schulen oder Turnhallen requiriert, Ex-Kasernen oder auch, wie in Osnabrück, ein ehemaliges Bundeswehrkrankenhaus. Containerdörfer und Zeltlager schießen wie Pilze aus dem Boden. Sogar der Parkplatz vorm HSV-Stadion wurde – „Erweiterung der Erstaufnahmeeinrichtung Schnackenburgallee“ – zum Campingplatz umfunktioniert, wobei mehr Fläche beschlagnahmt wurde als mit dem Verein abgesprochen. Schon werden Parkanlagen ins Visier genommen.

„Die Stadt wird sich verändern“, meinte Sozialsenator Scheele kürzlich, und das darf man getrost als Drohung auffassen, denn schon jetzt ist die Stadt, in die ich vor 25 Jahren übersiedelte, nicht mehr dieselbe. Und sie war damals schon ziemlich international, so wie das Ruhrgebiet, aus dem ich ursprünglich komme. Heute packt mich, wenn ich durch die City meiner Heimatstadt gehe, das nackte Grausen, und wenn die Hamburger Innenstadt demnächst so aussehen soll wie die Gegend um den Harburger Bahnhof, Billstedt oder Wilhelmsburg, dann gute Nacht. Genau das will uns Scheele aber zumuten. Man werde, egal wo man aus dem Haus trete, künftig keine tausend Schritte nach links oder rechts tun können, ohne auf eine Flüchtlingsunterkunft zu stoßen. Das hat er wirklich so gesagt.

Mehr als fragwürdig, auf welche Begeisterung ein solches Szenario bei den Autochthonen stoßen mag. Ich vermute mal: auf herzlich wenig (und das, obwohl man hier immer schon bereitwillig Menschen aus aller Herren Länder aufgenommen hat).

Nicht zuletzt aufgrund der großen Zahl. Manche Stadtteile sind schon jetzt mit Zuwanderern überversorgt, anderen, wie dem feinen Harvestehude, steht die Bereicherung noch bevor. Dort widersetzen sich die Villenbewohner rund um die Sophienterrasse dem Umbau des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes zum Flüchtlingswohnheim derzeit mit rechtlichen Mitteln.

Tatsächlich passen die Zugereisten aus Syrien und dem Irak in diese Gegend wie Florian Silbereisen in die „aspekte“-Redaktion. Allein: alle hätten ihren Beitrag zu leisten, da ist die Behörde unerbittlich. Und entschlossen, den Pöseldorfer Großbürgern notfalls auch gegen deren Willen endlich zur Behebung kultureller Defizite zu verhelfen.

Gern organisiert man so etwas inzwischen am Bürger vorbei – der wird dann am Ende eben vor vollendete Tatsachen gestellt. Wie in Lübeck, wo man den 1700 Bewohnern der Bornkamp-Siedlung eine Erstaufnahmestelle für 600 Flüchtlinge vor die Nase setzen wollte; dort, wo eigentlich mal ein Sportplatz vorgesehen war. Ätsch!

Es sind vor allem die Städte, die vor der Herausforderung stehen, immer mehr Migranten versorgen zu müssen, da sie, wie die neue Präsidentin des Städtetags Eva Lohse (CDU) kürzlich dem SPIEGEL erzählte, „fast nur noch alleinstehende Männer zugewiesen bekommen“; und die zieht es nicht in entvölkerte Gegenden Mecklenburg-Vorpommerns, sondern dahin, wo die Musik spielt. In den Gemeinschaftsunterkünften geht’s dann zu wie einst auf der Neuköllner Rütli-Schule, mehr als einmal wurden junge männliche Flüchtlinge von anderen jungen männlichen Flüchtlingen umgebracht, so wie ein 17-jähriger afghanischer Schüler in der Hamburger Nelson-Mandela-Schule von einem anderen afghanischen Schüler. Ja, auch so kann Zuwanderung aussehen. So wie es unter Deutschen gute Menschen und Arschlöcher gibt, ist es auch bei den Migranten. Überraschung.

Wenn man dann noch lesen muss, dass in Niederkassel eine achtköpfige Familie aus ihrem Haus geworfen wird, weil die Gemeinde dort 25 Flüchtlinge unterbringen will (6), braucht man sich über einen gewissen Unmut in der Bevölkerung nicht zu wundern. Das offiziell gern gemalte rosarote Bild von der idealtypischen Flüchtlingsfamilie aus Syrien (Vater: Arzt, Mutter: Teresa, dazu ein paar niedliche, lernbegierige Kinder) entspricht eben nicht den Alltagserfahrungen der Menschen. Die empfinden das Beschönigen und Ignorieren der offensichtlichen Probleme zunehmend als unerträgliche Verarsche. Mit Recht.

Also – wie soll das in Zukunft laufen? Wenn nächstes Jahr wieder 550.000 Menschen kommen? Oder sogar noch mehr, denn das ist der Trend? Und übernächstes Jahr? Und danach? Die Menschen würden das gerne wissen. Übrigens nicht nur in Deutschland.

Alles kein Problem, oder was?
Hier wird es richtig unangenehm. Hunderttausende Migranten mögen in Ordnung sein, und wären wir in ihrer Lage, würden wir sicher auch nicht anders handeln. Viele Menschen haben das Pech, in Kriegsgebieten oder Elendsvierteln aufzuwachsen, und wollen nur noch weg. Das ist verständlich und man sollte es ihnen nicht zum Vorwurf machen. Es ist nur die Frage, ob wir das verkraften können. Und ob wir einen signifikanten Teil dieser Zuwanderer wirklich brauchen: Jeder weiß, wovon ich spreche, denn die fleißigen und freundlichen Vietnamesen und Thailänder sind nicht das Problem, wohl aber viele der Migranten aus muslimischen Ländern. Nicht der türkische Gemüsehändler und nicht der iranische Änderungsschneider. Aber zum Beispiel der salafistenbärtige Typ mit finsterem Blick und Gewand über Pluderhosen samt vollverschleierter Begleiterin. Wenn ich eines solchen Zuwanderers gewahr werde, verliert der biodeutsche Tennissocken-in-Sandalen-Träger für mich seine Schrecken. Wäre der Salafist nur eine ästhetische Zumutung, ließe sich auch das aushalten, aber sein Charakter ist es, der eine instinktive Abwehrreaktion auslöst. Was Frauen, Schwule und Juden angeht, vertritt dieser Herr garantiert Ansichten, die denen unserer Gesellschaft diametral entgegengesetzt sind.

Er wird nicht zum Elternabend in der Schule erscheinen, wird seine Töchter vom Schwimmunterricht und der Klassenfahrt abmelden. Er wird gegen den Sexualkundeunterricht protestieren, und wenn der Geschichtslehrer das Thema Holocaust anschneidet, werden seine Kinder nichts davon hören wollen, sondern „Und was ist mit Palästina?“ fragen. Am Al-Quds-Tag wird er judenfeindliche Parolen rufen, er wird auf der „Muslim Markt“-Seite der Özoguz-Brüder surfen und möglicherweise hat er sogar Sympathien für die Kopfabschneider des Islamischen Staates. Wie das Vorstandsmitglied des Moscheevereins DITIB in Dinslaken, der gemeinsam mit einem Jugendlichen mit IS-Erkennungszeichen für ein Foto posierte (7).

Brauchen wir so einen hier? Wer hat den überhaupt hergeholt und: warum, um Himmels Willen?! Was mich angeht, so nehme ich im Zweifel lieber die in islamischen Ländern verfolgten Christen auf als Leute, von denen ich nicht weiß, ob sie vor Assad oder dem IS geflohen sind. Und die ihre christlichen Schicksalsgenossen auch mal vom Flüchtlingsboot ins Mittelmeer stoßen (8). Der Islamunterricht an Grundschulen und die Eröffnung einer islamischen Bank gehen mir – und nicht nur mir – gegen den Strich, ebenso wie das Ranwanzen des Bayerischen Rundfunks mit einem Extra-Programm zum „heiligen Monat“ Ramadan. Geht’s noch?

Immer weniger Schüler können schwimmen. „Fast jeder zweite Drittklässler im Problemkiez Neukölln kann nicht schwimmen“, schreibt die WELT (9). „Wo viele Arbeitslose wohnen und der Migrantenanteil hoch ist, sind es 80 Prozent.“ Denn: „Bei Muslimen ist Schwimmen nicht so üblich“. Und deshalb schafft eine Schule Ganzkörperschwimmanzüge für muslimische Mädchen an (10), und der Bezirk initiiert ein Pilotprojekt mit dem Titel “Neuköllner Schwimmbär”, damit Neuköllner Zweitklässler eine Intensivbetreuung genießen. Kostet bei rund vierzig Kindern dann auch mal eben 18.000 Euro, aber das nur nebenbei.

Solche Geschichten und dass weniger muslimische Schüler einen ordentlichen Schulabschluss machen, das ist das eine. Schlimmer sind Zwangsverheiratungen, Ehrenmorde und „Friedensrichter“, mit denen im Fall krimineller Handlungen unsere Justiz weiträumig umfahren wird – und dass „Du Jude!“ inzwischen eine gängige Anmache auf deutschen Schulhöfen ist. Noch schlimmer ist die Tatsache, dass 90 Prozent der jugendlichen Intensivtäter in Berlin Türken und Araber sind; wer weiß, wie viele von denen Gefallen an IS-Hinrichtungsvideos finden, Attentate wie die in London, Madrid, Paris, Toulouse oder Kopenhagen begrüßen oder gar selbst als „Heilige Krieger“ nach Syrien oder in den Irak gehen – einige Hundert sollen es bisher sein. Na, viel Freude dann mit den Rückkehrern. Berichte, dass auch IS-Kämpfer sich unter die „Flüchtlinge“ mischen, sollten eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen lassen.

Wobei die bereits real im Land existierende Gewalt das Problem Nummer eins ist. Kommt es irgendwo zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen zwei „Großfamilien“, so ist jedem, der sich seine Schnürsenkel selbst binden kann, klar, dass hier nicht die Meyers gegen die Schmidts antreten. Gibt es mal wieder eine Massenschlägerei oder auch Messerstecherei im Columbiabad in Berlin-Neukölln, muss man über die Täter nicht lange spekulieren. Das „Culle“, das „berüchtigtste Freibad Deutschlands“ (SZ), wird nicht zufällig Islamabad genannt, denn 90 Prozent der Besucher haben einen Migrationshintergrund: Araber, vor allem Libanesen, und Türken (11). „Wo ist die Ratte, isch ficke sein Leben, walla!“ – das ist der raue, aber herzliche Umgangston dort. Über das Antikonfliktteam, das T-Shirts mit der Aufschrift „Bleib cool am Pool“ trägt, lachen sich die Zielpersonen natürlich krumm und bucklig.

Sind alle so? Natürlich nicht. Ich zum Beispiel kenne gut integrierte Deutsch-Türken, überzeugte Kemalisten, die über jene (Originalton!) „Ghetto-Türken“ lästerten, als gäbe es kein Morgen mehr. Tragisch, dass sie hier von den Leuten eingeholt werden, die sie schon in der Heimat nicht ausstehen konnten. Aber die gibt es nun mal bereits hier, und wir werden sie nicht mehr los. Das sind diejenigen, die bei den letzten türkischen Wahlen zu mehr als 50 Prozent für Erdoğan gestimmt haben – in der Relation mehr, als Türken es in der Heimat taten. Ich kann nicht behaupten, dass mir das diese Leute sympathischer macht.

Müssen wir jetzt noch über die rechtsfreien Räume reden, in denen die Polizei sich schon lange nicht mehr blicken lässt? Über den Schwarzfahrer in der S-Bahn, der den Kontrolleur erst anlügt („Karte vergessen“), dann anherrscht („Fass´ misch nisch an!“) und dann seelenruhig zum Ausgang schlendert, weil die eingeschüchterte Kartoffel sich der offen zur Schau gestellten Bereitschaft zur Gewalt beugt? Über den Miri-Clan in Bremen und die zwölf mafiösen Großfamilien libanesischer, palästinensischer und ostanatolischer Herkunft in Berlin mit 50 bis 500 Mitgliedern, die unzählige Male mit Drogen- und Waffenhandel, mit Erpressung, Raub, Zuhälterei und Mord auffällig geworden sind?

Brauchen wir wirklich noch mehr Leute dieses Schlages? Müssen wir die Probleme totschweigen, nur damit das rechtsextreme Pack keine Munition erhält? Warum halten sich ausgerechnet die Linken bedeckt, wenn ihre Schützlinge auf ihre ureigensten Anliegen – Toleranz bis zum Anschlag, Minderheitenrechte, Gleichberechtigung der Geschlechter, angeblich auch der Kampf gegen den Antisemitismus – pfeifen? Ahnen die überhaupt, dass Muslime von einer „Ehe für alle“ rein gar nichts halten? Welchen Weg wird diese Gesellschaft gehen, wenn wir zulassen, dass sich zahllose Einwanderer nicht an unsere Normen und Werte gebunden fühlen?

Die stets toleranten Dänen haben inzwischen die Reißleine gezogen. Als herauskam, dass drei Viertel der muslimischen Zuwanderer von der Stütze leben, also von der arbeitenden Bevölkerung alimentiert werden, und als dann Mitte Februar ein Islamist ein Attentat auf ein Kulturzentrum verübte und am Tag darauf vor der Synagoge ein Wachmann erschossen wurde, war der Spaß irgendwann vorbei. „Ihr seid nichts Besonderes!“ rief ZEIT online den vermeintlich weit nach rechts abgedrifteten Dänen nach den letzten Wahlen zu, als hätten die Leute aus Daffke oder aus irgendwelchen finsteren nationalistischen Motiven ihre Wahlentscheidung getroffen. Dabei haben sie einfach nur die Nase voll. Ihre in aller Welt berühmte Toleranz war aufs Schäbigste ausgenutzt und missbraucht worden, und jetzt war Schluss mit unlustig, ob der Nachbar im Süden nun „Rechtspopulismus“ wittert oder nicht. Fragt sich nur, wann dem selbst mal ein Licht aufgeht.

(1)
http://www.rp-online.de/politik/nrw-zusaetzlich-206-millionen-euro-fuer-fluechtlinge-aid-1.5086906
(2)
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-11/fluechtlinge-bundesrat-kommunen-finanzierung
(3)
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/markt-indersdorf-ein-gefuehl-von-ohnmacht-1.2500137
(4)
http://mobil.wochenblatt.de/nachrichten/altoetting/regionales/Fluechtlingsfamilie-naechtigt-vor-Burghauser-Polizeidienststelle;art22,317036
(5)
http://www.welt.de/regionales/bayern/article143892728/Hohe-Kosten-fuer-unbegleitete-minderjaehrige-Fluechtlinge.html
(6)
http://www.express.de/bonn/kommunen-in-not-stadt-wirft-achtkoepfige-familie-aus-ihrem-haus,2860,30882436.html
(7)
http://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/videos-und-manuskripte/islamisten-dinslaken-100.html
(8)
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/fluechtlinge-muslime-christen-boot-mittelmeer-verbrechen
(9)
http://www.welt.de/regionales/berlin/article141919327/Bei-Muslimen-ist-Schwimmen-nicht-so-ueblich.html
(10)
http://www.spiegel.de/schulspiegel/burkini-lehrerin-ueber-ganzkoerperschwimmanzuege-fuer-muslime-a-921160.html
(11)
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/42180/Nass-und-Gewalt

 

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/bleib_cool_am_pool_oder_mit_beschweigen_kommen_wir_nicht_weiter

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  24.07.2015   Achgut.com

“Suchen Sie sich eine Frau und heiraten Sie”

In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts konnte man häufig Kontaktanzeigen mit einem Text wie diesem lesen: „Togolese, 28 J., Stud.Masch.bau, sucht deutsche Frau für zweckgeb. Eheschließung, Alter /Aussehen egal, 3000.- DM Belohnung“.

Um eines gleich vorwegzunehmen: Ich habe nichts gegen Männer anderer Herkunftsländer und Hautfarben. Es geht mir auch nicht um all die gelungenen Integrationsgeschichten und glückliche bikulturellen Ehen. Es geht darum, dass der Multikultitraum häufig ein unschönes Ende findet, wenn europäische Partner ohne ihr Wissen in eine Ehe gelockt werden, damit ihr Partner einen dauernden Aufenthaltsstatus in einem Land der europäischen Union erlangt. Inzwischen kennt man auf den Ausländerbehörden längst diese bewährte Taktik, und Paare mit dem Verdacht auf eine sogenannte Scheinehe werden inquisitorischen Interviews unterzogen.

Aber nicht überall ist man so penibel: „Suchen Sie sich eine Frau und heiraten Sie, dann können Sie bleiben.“ Das hat ein Wirtschaftsflüchtling aus dem Senegal nach eigener Aussage von einem Beamten gehört, und zwar gleich bei seinem ersten Kontakt mit einer deutschen Behörde. Das dürfte nichts sein, was der junge Mann nicht schon längst wüsste. Eine Europäerin zu heiraten und, im besten Fall, mit ihr ein Kind zu zeugen, ist die idiotensichere Methode, in einem europäischen Land dauerhaft Fuß zu fassen. In einem senegalesischen Internetforum werden zahlreiche Möglichkeiten aufgezählt, wie man am sichersten nach Europa kommt. Neben der Methode, mit einem Studentenvisum einzureisen und dann nicht mehr zurückzukehren oder in Frankreich Asyl als verfolgter Homosexueller zu beantragen, eine Vorstellung, die einem Senegalesen so abstrus vorkommen muss, dass extra betont wird, dies sei wirklich kein Witz („ce n’est pas une blague“) gilt als der sicherste Weg, sich eine alte europäische Schlampe („vieille salope“) aufzureißen und zu heiraten. Das sei kein großes Problem, denn die Naivität dieser Frauen sei krass („Leur naïveté est crasse“).

Wenn man einmal genauer das Elend unter die Lupe nimmt, in das europäische Lebenspartner durch die böse Falle einer Scheinehe geraten können, dann wirkt die Kontaktanzeige aus den Achtzigern geradezu erfrischend prägnant und ehrlich.

Enttäuschte Hoffnungen, mit den Füßen getretene Gefühle, finanzieller Ruin, psychische Zuammenbrüche, traumatisierte Kinder und jahrelange verbale und körperliche Gewalt zählen zu dem hohen Preis, den europäische Partner, mehrheitlich Frauen, im schlimmsten Fall zahlen müssen.

Die Naivität deutscher Beamter kann in diesem Zusammenhang auch nur als krass bezeichnet werden. Eine Ehe ist eine Ehe, scheint man zu glauben, die Beziehung zwischen Männern und Frauen sind überall auf der Welt gleich und die kaum wahrnehmbaren Unterschiede sind nur reizvolle kulturelle Eigenheiten, die unsere Welt so schön bunt und vielfältig machen.

Yayi Bayam Diouf, Präsidentin der Women’s Association against Illegal Migration, Senegal, sieht das allerdings wesentlich nüchterner. Ihr eigener Sohn ist bei einem illegalen Auswanderungsversuch im Mittelmeer ertrunken, und seitdem setzt sie sich besonders für die Aufklärung von Frauen ihres Landes ein, damit diesen das Elend der Armut und des Abrutschens in die Prostitution, die häufigsten Probleme von illegal eingewanderten Afrikanerinnen, erspart bleiben.

Diouf schätzt die Heirat mit einem Mann aus ihrem Land realistisch ein: Ein Senegalese kommt aus einer patriarchal geprägten Gesellschaft; die Männer haben das Sagen und treffen die Entscheidungen, sind aber ansonsten am Familienleben nicht beteiligt. Eine Paarbeziehung in Europa ist in der Regel etwas völlig anderes. Eine partnerschaftliche Beziehung auf gleicher Augenhöhe mit gleichen Rechten und Pflichten, eine Heirat aus Liebe oder gar aus einer kurzen Leidenschaft heraus ist in weiten Teilen Afrikas oder der arabischen Welt vollkommen undenkbar. Man heiratet aus äußerst pragmatischen Gründen: Männer heiraten, um eine Anlaufstelle zu haben, wo sie jederzeit Unterkunft, Verpflegung und Sex bekommen, und Frauen heiraten, um dauerhaft versorgt zu sein. Kinder gelten nach wie vor als Altersvorsorge und werden daher auch in möglichst großer Zahl produziert.

Dass man gerade in Deutschland Asylsuchenden jeden Mist abkauft, solange er nur auf der Mitleidsschiene daherkommt, hat sich längst herumgesprochen. „Ich bin durch die Wüste gegangen, ich war in Libyen, als der Krieg ausbrach, ich war auf dem Boot nach Italien, aber nirgends war es so schlimm wie hier“, behauptet ein jugendlicher Asylsuchender und meint damit allen Ernstes ein deutsches Asylantenheim. Bei Scheidungsverfahren und Sorgerechtsklagen machen Frauen in der Regel prompt die wenig überraschende Erfahrung, dass sich Behörden und Juristen komplett auf die Seite der Männer schlagen und dass diesen weit eher geglaubt wird als den deutschen Ehepartnerinnen.

So glauben eben auch viele europäische Frauen zunächst den gänzlich ungewohnten Liebesschwüren der schönen Exoten. Auch wenn viele sich wundern, dass afrikanische und arabische Männer schon nach einer absurd kurzen Kennlernphase mit Liebeserklärungen, Heiratsanträgen und Forderungen nach einem gemeinsamen Kind herausrücken, sind sie in der Regel hoch entzückt über derartigen Gefühlsüberschwang. (Wäre ich ein deutscher Mann, ich würde sofort anfangen zu üben, denn kandierte Komplimente und schwülstige Liebesbekundungen scheinen bei dem Wunsch, eine Frau möglichst schnell flachzulegen, außerordentlich zielführend zu sein).

Ein Übriges tut das schon im Kindergarten eingeimpfte schlechte Gewissen. Der arme Mann kommt schließlich aus der dritten Welt, es geht ihm schlecht, was irgendwie unsere Schuld ist, und deswegen muss man ihm unbedingt helfen. Mit allen verfügbaren Mitteln. In den meisten Fällen könnten die Frauen vermutlich nicht einmal plausibel erklären, warum seine Armut die Schuld der Europäer sein soll; es hat alles, wie jeder weiß, irgendwie mit der ehemaligen Kolonialgeschichte und mit der heutigen Globalisierung zu tun, und notfalls reicht allein die Tatsache, dass man in einem reichen Land nun mal wesentlich besser dasteht als in einem armen völlig aus.

Diese Denke verschwindet bei manchen Frauen nicht einmal, wenn der Mann schon zum zweiten Mal wegen Gewalttätigkeiten der Wohnung verwiesen wurde und der größte Teil ihres Vermögens in seiner Heimat verschwunden ist. Denn eines darf man nie vergessen: Aus diesem Grund und keinem anderen ist er hier, sofern es sich um einen reinen Wirtschaftsflüchtling handelt.

Und auch das muss an dieser Stelle festgehalten werden: Ich halte es für absolut nachvollziehbar und völlig gerechtfertigt, durch Emigration seine Lebensbedingungen verbessern zu wollen. Aber mit Sicherheit nicht auf Kosten seiner Mitmenschen, zumal in diesem Falle sogar noch außerordentlich wohlmeinender Mitmenschen. In der Internetplattform http://www.1001-geschichte.de können Frauen und Männer mit entsprechenden Problemen sich austauschen, konkrete Beratung, Vermittlung von Anwälten und schwarze Listen finden, auf denen Namen von besonders schrägen Vögeln einsehbar sind.

Es gibt mittlerweile einen feststehenden Begriff für diese Art, Lebensunterhalt und Aufenthaltsstatus über eine Paarbeziehung zu sichern: Bezness, eine Zusammenziehung der Wörter Beziehung und Business. Die Verlaufsformen dieser Scheinehen ähneln sich alle auf die eine oder andere Weise. Häufig, aber durchaus nicht immer, ist der Mann jünger als die Frau, sprüht vor Charme und lullt sie mit Komplimenten ein, bis sie nicht mehr klar denken kann. Schnell kommt in der Regel die Forderung nach Heirat, als bewährtes Druckmittel fungiert die drohende Abschiebung. Ebenso rasant wird der Kinderwunsch geäußert. Da die Männer häufig über keine Deutschkenntnisse und keine verwertbare Ausbildung verfügen, kriegen sie selten mehr als schlecht bezahlte Jobs für ungelernte Arbeitskräfte. Das Geld, das sie damit verdienen, verbrauchen sie für sich selbst oder schicken es an die Familie.

Fast alle Frauen berichten davon, dass sie während ihrer gesamten Ehe fast ausschließlich für Miete, Essen Kleidung und sonstige Anschaffungen aufkommen mussten, dem Mann komplett Sprachkurse, Führerschein und Kraftfahrzeug finanzierten und darüber hinaus immer wieder große Aufwendungen für seine Familie locker gemacht werden mussten. Skrupel scheinen die Männer dabei keine zu plagen. Eine Krankenschwester in der Ausbildung berichtet zum Beispiel, dass sie für ihren Freund aus dem Senegal nicht nur eine Wohnung bezahlt, sondern auch, dass er ausschließlich Designerkleidung trägt, die sie ihm kaufen muss.

Und auch das hat seinen guten Grund: In den Ländern, aus denen Asylbewerber kommen, ist das Konzept eines Sozialstaates eine vollkommen unbekannte Größe. Hilft man einem in Not geratenen Mitmenschen entweder aus religiösen oder persönlichen Gründen, z.B. wenn es sich um gute Freunde, enge Nachbarn und natürlich Familienmitglieder handelt. Alles andere ist so undenkbar, das es intellektuell beinahe nicht zu erfassen ist.

Als Ayaan Hirsi Ali noch als Asylbewerberin in den Niederlanden im Heim saß, konnte sie schlicht nicht begreifen – und an Intelligenz herrscht bei Hirsi Ali weiß Gott kein Mangel – warum völlig fremde Menschen, die sie nie zuvor gesehen hatte und nicht das geringste von ihr wussten, ihr ein Dach über dem Kopf, Kleidung, Verpflegung und, kaum zu glauben, sogar Taschengeld gaben. Im Herkunftsland würde man Menschen, die so etwas Irres tun, für vollkommen durchgeknallt halten.

In der Regel läuft alles irgendwie, bis ein Kind da oder nach dreijähriger Ehe der Aufenthalt gesichert ist. Von da ab, berichten viele Frauen, sei es gewesen, als hätte ihr Mann einen Schalter umgelegt: Er kam kaum noch nach Hause, redete kaum noch mit ihr, neigte zu Verbalinjurien und, im schlimmsten Fall, zu körperlicher Gewalt. In vielen Fällen entdeckten Frauen, dass sie nicht die einzigen Frauen des Mannes waren, ja, dass er sogar mit mehreren Frauen gleichzeitig verheiratet war. Etwa dreißig Prozent aller arabischstämmigen Männer sollen, in der Regel heimlich, mehrere Ehefrauen haben. Es mag eine „bestürzende Geschichte“ und offensichtlich auch eine völlig unvermutete sein, bedeutet aber seit Jahren schon bittere Realität für viele europäische Frauen.

Natürlich fragt man sich zwangsläufig, warum viele Europäer sich auf derartig ruinöse Beziehungen einlassen. Nun, Liebe macht bekanntlich blind und blöd. Das ist das Eine. Die andere Seite der Medaille aber ist die Tatsache, dass man sich häufig aus Gründen der politischen Korrektheit bockbeinig weigert, die Konsequenzen wahrzunehmen, die aus schwerwiegenden religiösen und kulturellen Differenzen die erwachsen können. Und das kann auf die Dauer fatale Folgen haben.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/suchen_sie_sich_eine_frau_und_heiraten_sie

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Die nordrhein-westfälische Polizei fürchtet die Entstehung rechtsfreier Räume in Ballungszentren. Wie aus einem vertraulichen Papier des Duisburger Präsidiums hervorgeht, droht der Staatsmacht die Kontrolle über Problembezirke der Stadt zu entgleiten. Die Pflicht der Polizei, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, sei in bestimmten Gegenden „langfristig nicht gesichert“ und „akut gefährdet“, heißt es nach SPIEGEL-Informationen in der Analyse.

Es gebe Bezirke, in denen Banden bereits ganze Straßenzüge für sich reklamierten. Anwohner und Geschäftsleute würden eingeschüchtert und schwiegen aus Angst. Straßenbahnlinien nähmen die Menschen abends und nachts „als Angsträume wahr“. Polizisten und vor allem weibliche Beamte sähen sich einer „hohen Aggressivität und Respektlosigkeit“ gegenüber.

Mittelfristig werde sich an der Lage auch nichts ändern, so der Bericht. Dem stünden unter anderem die hohe Arbeitslosigkeit, die Perspektivlosigkeit von Zuwanderern ohne Qualifikationen für den deutschen Arbeitsmarkt und ethnische Spannungen unter den Migranten entgegen. Die Duisburger Polizei will nun mehr Präsenz auf der Straße zeigen und Straftäter konsequenter verfolgen.

„40 oder 50 Mann an der Backe“

Fachleute warnen seit geraumer Zeit davor, dass sich Problemstadtteile zu No-go-Areas entwickeln könnten. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte SPIEGEL ONLINE schon vor Jahren: „In Berlin oder im Duisburger Norden gibt es Stadtteile, in denen sich die Kollegen kaum noch trauen, ein Auto anzuhalten – weil sie wissen, dass sie dann 40 oder 50 Mann an der Backe haben.“ Diese Übergriffe seien fast schon „ein gezieltes Kräftemessen mit dem Staat, in dem sich die Verachtung der Täter für unsere Gesellschaft ausdrückt“

Erst Anfang des Monats hatten Mitglieder einer Großfamilie in Duisburg-Marxloh zwei Polizisten angegriffen und verletzt. Der Attacke war die Aufnahme eines Verkehrsunfalls vorausgegangen, in deren Verlauf die Beamten schnell von Dutzenden Männern umringt wurden. Ein Sprecher des Düsseldorfer Innenministeriums sagte nach dem Vorfall, es gebe keine No-go-Areas in Nordrhein-Westfalen.

Die Banden treffen in der Praxis jedoch häufig auf eine vielfach überforderte Polizei. So beschrieb ein Duisburger Wachdienstleiter vor einiger Zeit in einem Brief an seine Polizeipräsidentin die Lage auf der Straße. Darin hieß es: „Stärke zeigen ist nicht möglich. Situationen in Bereichen mit hohem Migrantenanteil entgleiten immer mehr.“ Denn dort werde die Polizei insbesondere von den Jugendlichen nicht akzeptiert. Das Risiko für die Beamten, angegriffen zu werden, steige auch deshalb, weil wegen der „katastrophalen Personalsituation“ immer mit einem Minimum an Kräften gearbeitet werden müsse.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/nordrhein-westfalen-polizei-warnt-vor-rechtsfreien-raeumen-a-1045222.html

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  18.07.2015   Achgut.com

Vergewaltigungen und der fünfte Mann

Sind Sie für oder gegen ein Hotpants-Verbot an Schulen? Eine heiße Frage. Ein heißes Thema. Es geht um ein „gesundes Schulklima“, wie es an einer Schule hieß.

Aber mehr noch geht es darum – wie es an anderer Schule hieß, – gewisse „Diskrepanzen“ zu berücksichtigen, weil in der Turnhalle Asylbewerber, überwiegend sunnitische Muslime, untergebracht waren.

Wenn wir es richtig heiß haben wollen, müssen wir einen Blick nach Norwegen werfen: In den letzten Jahren hatten sich in Oslo Fälle von Vergewaltigungen gehäuft, bei denen nichtwestliche Ausländer als Täter identifiziert wurden. Im Jahre 2011 waren es doppelt so viele Vergewaltigungen wie im Vorjahr. Deshalb spricht man von einer regelrechten „Vergewaltigungs-Epidemie

Zu einhundert Prozent sind die Täter keine Norweger, weshalb die Taten auch „orientalische“ Vergewaltigungen genannt werden. Die jungen Frauen färben sich nun sicherheitshalber die Haare schwarz und trauen sich nur noch in Gruppen auf die Straße. Die politisch korrekte Berichterstattung steckt in einer Zwickmühle, weil sie sich entweder dem Vorwurf ausgesetzt sieht, zum Fremdenhass beizutragen oder das Leid der Frauen zu bagatellisieren.

Dass so etwas passiert, liegt nicht an der Haarfarbe, am Minirock oder an den Hotpants. Der Angriff gilt den bedauernswerten Mädchen nicht nur im Einzelfall. Sie werden zugleich als Repräsentanten des westlichen Lebensstils angegriffen. Die Verachtung der muslimischen Männer richtet sich gegen ein Gesamtbild, das sich aus vielen Mosaiksteinen zusammensetzt, zu denen Lady Gaga, Pussy Riot, die Femen und andere Heldinnen der Schamlosigkeit gehören, aber auch Feministen, die Männer hassen, Abtreibung propagieren Schlampenparaden veranstalten und sich Parolen auf die nackte Brust schreiben.

Man muss sich nicht in der Nähe eines Schulhofs aufhalten, um einen Eindruck von den Sitten der westlichen Frau zu erhaschen. Es genügt, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen oder das Fernsehen einzuschalten, in dem Stars wie Lady Bitch Ray gefeiert werden. Vom Internet ganz zu schweigen. Sex, Sex, Sex überall. Neuerdings auch im Kindergarten. Vergewaltigungen scheinen in unseren Breitengraden etwas Alltägliches zu sein. Feministen haben ausgerechnet, dass alle sieben Sekunden eine Frau vergewaltigt wird. Deshalb musste es auch unbedingt Frauenparkplätze geben, damit wenigstens in Parkhäusern die Vergewaltigungen zurückgehen.

Nein. Darum geht es nicht. Sicherheit wird auf diese Weise nicht geschaffen. Es wird die Angst vergrößert. Frauenparkplätze und andere Schutzräume, die „nur für Frauen“ eingerichtet werden, sind Hysterie-Tankstellen, die bestätigen, dass die Ängste berechtigt sind. Die Angst vor Gespenstern gilt damit als Beweis für die Existenz von Gespenstern. Es wird unwidersprochen verkündet, dass alle Männer Vergewaltiger sind, „auch die netten“, wie Alice Schwarzer extra betont hat. Von den Universitäten in Amerika hören wir, dass es da eine regelrechte „Vergewaltigungskultur“ geben soll. So ist unsere Kultur.

Was macht das für einen Eindruck? Der muslimische Zuwanderer spürt, was hier los ist; er bemerkt die Verlorenheit der hiesigen Frauen, die kein Vertrauen haben und die niemanden mehr – auch nicht sich selbst – respektieren. Vergewaltigt werden sie sowieso. Es gibt keinen anderen Zusammenhang mehr, in den ihre Sexualität eingebettet sein könnte. Sie sind Frauen ohne Welt. Sie haben keine Traditionen, die sie respektieren. Ehe und Familie sind ungültig geworden. Sie respektieren die Alten nicht. Sie haben keine Ehre. Keine Sitte. Keine Moral. Keinen Glauben. Keine Treue. Keine Verpflichtung. Keine Verantwortung. Keine Bindung. Keinen Bruder. Kein Kind. Keinen Mann. Keinen Vater.

Und damit auch keinen Schutz. Stellen wir uns den umgekehrten Fall vor: Ein norwegischer Tourist vergewaltigt eine Frau in einem islamischen Land. Vermutlich würden er noch in selbiger Nacht gelyncht werden. Wäre er in einem Land, in dem Schusswaffen frei verfügbar sind, hätte er vier Kugeln im Kopf: eine vom Vater, eine vom Bruder, eine vom Ehemann, eine vom Sohn.

Die westliche, weiße Frau dagegen hat sich von allen losgesagt: „Väter sind Täter“, lautet die feministische Parole. Auch die Brüder wurden ausgemustert. Nach den inzwischen verbindlich gemachten Sprachregelungen, die Luise Pusch vorgegeben hat, heißt es: „alle Menschen werden Schwestern“. Der Ehemann – falls es überhaupt jemals einen gab – ist entsorgt, ein mögliches Kind wurde abgetrieben.

Die Trennung ging von den Feministen aus. Männer konnten sich dagegen nicht wehren. Heute hat ein Vater keine Autorität mehr, er darf nicht einmal erfahren, ob er wirklich der Vater ist; die Frau hat heute ein – wie es heißt – Recht auf „geschützten Mehrverkehr“, womöglich darf er sich der elterlichen Wohnung nur noch bis auf fünfzig Metern nähern. Ein Ehemann hat keine Möglichkeit, eine Scheidung und den Verfall der ganzen Familie zu verhindern. Einen Bruder haben die vielen Einzelkinder sowieso nicht – Kinder auch nicht.

So bleibt einer Frau der fünfte Mann, der gefährliche (aber auch faszinierende) Fremde. Es bleibt ihr außerdem die Solidarität mit Feministen. Und es bleibt ihr die Sehnsucht nach einem starken Staat – nach einem totalitären Staat. Die westliche, weiße Frau hat sich dem „großen Bruder“ anvertraut, der tatsächlich mehr und mehr so geworden ist, wie ihn George Orwell beschrieben hat: ein Überwachungsstaat, der „doublethink“ eingeführt hat, und Männer in ihrem Sinne überwacht und zur Kasse bittet.

Der Staat ist großer Bruder und Vater zugleich. Deshalb sagt man auch, dass sich die westliche Frau „Vater Staat“ an die Brust geworfen hat. Er soll ein möglichst strenger und mächtiger Vater-Ersatz sein. Er bemüht sich ja. Er hat eine imposante Frauen-Bevorzugungs-Bürokratie aufgebaut, die sich allerdings in erster Linie darum kümmert, sich selbst zu erhalten. Vater Staat fördert alles, was die Geschlechtertrennung weiter vorantreibt und verspricht den alleinstehenden Frauen neue Karriere-Chancen, um eigenes Geld zu verdienen und auf eigenen Füßen zu stehen – bis sie im Alter merken, dass Alleinsein nicht glücklich macht und das Geld nicht reicht.

Es wird kein gutes Ende nehmen. Der Staat kann einer Frau die vier Männer, von denen sie sich losgesagt hat, nicht ersetzen. Er kann sie im Ernstfall nicht einmal schützen. Das merken die jungen Frauen – nicht nur in Norwegen: Polizei und Presse halten sich bedeckt, und im Schatten der Political Correctness können die orientalischen Vergewaltiger ungestraft agieren. Für die Frauen ist es ein weiterer Beweis dafür, dass die Männer auf der ganzen Linie versagt haben. Alle. Sie sind böse. Sie sind Verbrecher. Sie taugen auch nicht als Beschützer.

In Alexis Sorbas von Nikos Kazantzakis wird beschrieben, wie fremde Männer in ein Dorf kommen und die jungen Mädchen darauf mit Angstreflexen reagieren und weglaufen. Warum? Sie haben eine tief sitzende Panik geerbt, aus Zeiten, als Piraten die schutzlosen Inseln überfielen und Menschen raubten, entführten und versklavten. Das war nicht nur auf Kreta so, sondern auch in Irland und Island, wo man bis heute – um das Trauma zu verarbeiten – an Gedenktagen Szenen aus solchen Dramen nachspielt und die Verstecke aufsucht, in denen sich die Frauen einst in Sicherheit gebracht hatten. Die feministische Vergewaltigungs-Propaganda nutzt die alte Angst und benennt einen neuen – allerdings falschen – Feind: den Ehemann, den Vater. Damit stürzt die ängstliche Frau ins Bodenlose.

Zu einer Vergewaltigung gehören mehr als zwei. Als im Zweiten Weltkrieg Soldaten aus Russland und aus der Ukraine ins Deutsche Reich einfielen und massenhaft Frauen vergewaltigten, taten sie das nicht allein deshalb, weil sie so lüstern gewesen wären und es auf die deutsche, blonde, unschuldige Frau abgesehen hätten – so wie es die Propaganda ausgemalt hat.

Sie taten es, weil sie den deutschen Mann hassen gelernt hatten und alles vernichten wollten, was diesem lieb und teuer war. In Berichten aus früheren Kriegen kommt das noch deutlicher heraus: Ein Sieger, der die Frau des Besiegten vergewaltigt, siegt damit zum zweiten Mal. Gemeint ist bei so einem Verbrechen nicht nur die Frau allein, sondern auch ihr Mann, dem damit eine weitere Niederlage zugefügt wird. Die Attraktivität der Frau spielt eine untergeordnete Rolle.

Wichtiger als ihr Reiz ist die Verachtung, die einer Frau entgegenschlägt. Der Vergewaltiger drückt nicht etwa Zuneigung aus, sondern Ablehnung. Nicht Verehrung, sondern Geringschätzung. Was Oslo erlebt, ist nicht etwa ein Krieg des Mannes gegen die Frau, wie es uns die feministische Propaganda weismachen will, die gewohnheitsmäßig falsch verallgemeinert. So nicht. Es ist ein Krieg der Kulturen: Der orientalische Vergewaltiger vergreift sich ausschließlich an westlichen Frauen, nicht an orientalischen.

Er kann sehr wohl unterscheiden. Er vergreift sich gezielt an dem Typus Frau, der seine Werte verlacht und bedroht; ein Typus, der, wie er meint, sowohl von Männern als auch von geschützter, exklusiver Sexualität in der Ehe nichts wissen wolle. Keusche Jungfrauen dagegen wären potentielle, schützenswerte Heiratskandidatinnen. Es ist außerdem ein Krieg des orientalischen Mannes gegen den westlichen Mann, bei dem der Vergewaltiger zum Rächer und Eroberer zugleich wird.

Der weiße, westliche Mann wird für Vergewaltigungen beschuldigt, die oftmals keine sind. Und denen, die wirklich welche sind, muss er tatenlos zuschauen. Er ist in einer wahrlich tragischen und traurigen Lage. Er durchleidet das, was in dem Buch Schande beschrieben wird. Dort ist der Schauplatz Südafrika. Der Held wird beschuldigt, ein Vergewaltiger zu sein. Er verliert dadurch seine berufliche Existenz, obwohl es in Wahrheit eine unbedeutende Affäre mit Einverständnis der Frau war. Schließlich kommt es in dem Buch von John M. Coetzee doch noch zu einer richtigen Vergewaltigung: Seine Tochter fällt vor seinen Augen einem Schwarzen zum Opfer. Er selbst wird verletzt, der Vergewaltiger versengt seine Augenbrauen. Am Ende hat der schwarze Mann nicht nur die Tochter, sondern auch den Besitz des weißen Mannes erobert.

Es deutet sich an, dass wir solche Dramen auch in unseren Landen erleben werden – in anderer Besetzung, in anderen Variationen, in kleinen und in größeren Dosierungen. Mit und ohne Hotpants.

Bernhard Lassahn: Frau ohne Welt

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/vergewaltigungen_und_der_fuenfte_mann

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Skandinavische Vergewaltigungen, skandinavische Scheuklappen

 

Bruce Bawer, FrontPageMag.com, 22. August 2013

Der königliche Palast von Norwegen, mitten im Herzen von Oslo, ist von einem schönen kleinen Park umgeben, der Slottsparken heißt. Er hat Rasen, Blumenbeete und einen plätschernden Back, über den ein Steg führt. Hinter dem Palast gibt es eine kleine Hütte, in der Mitglieder der Palastwache ihre tote Zeit mit Nickerchen und Fernsehen verbringen.

Ein weniger bezauberndes Merkmal des Parks ist, dass er auch die Kulisse für verschiedene Vergewaltigungen ist – nicht weniger als fünf davon allein in der Zeit von Juni bis Oktober 2011. Es ist so schlimm geworden, dass das Radisson Hotel – das sich vom Park aus gerade mal eine Minute zu Fuß vom Palast auf der anderen Straßenseite befindet – begann seinen Gästen Vergewaltigungsalarme mitzugeben, die sie tragen sollten, wenn sie einen Spaziergang machten.

Das Zeitungsprofil eines der Slottsparken-Vergewaltiger von 2011 bietet ein ziemlich repräsentatives Bild der Art von Individuum, das die meisten dieser Verbrechen begeht. Der Täter war ein junger Iraker, der 2003 als Asylbewerber nach Norwegen kam. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, aber – wie es Standardpraxis ist – wurden ihm trotzdem erlaubt zu bleiben. Drei Jahre später vergewaltigte er brutal eine 18-jährige vor dem Rathaus von Oslo und wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. 2009, nach seiner Entlassung, wurde seine Ausweisung angeordnet; er klagte dagegen; 2010 verlor er sein Verfahren. Trotzdem wurde ihm wieder erlaubt zu bleiben. Ein Jahr später, immer noch in Oslo, vergewaltigte er eine Frau außerhalb des königlichen Palastes.

Ein muslimischer Asylbewerber; ein Vorstrafenregister; ein bedeutungsloser Ausweisungsbefehl: im heutigen Skandinavien gehören diese zu den Standard-Angaben im Lebenslauf vieler Vergewaltiger.

Ja, die skandinavische Polizeiarbeit könnte, wie ich früher feststellte – besser sein. Viel besser. Besonders in Oslo, wo die Polizei bedauerlicherweise unterbesetzt und mit zu geringen Mitteln ausgestattet ist. Sieht man die Beamten bei der Arbeit, dann kann man den Eindruck bekommen, dass sie immer noch mit einem Handbuch von vor einem halben Jahrhundert ausgebildet werden, als Oslo so verschlafen, wohlerzogen und ausländerfrei war wie Andy Griffiths Mayberry. Letzten September beschwerte sich ein Vergewaltigungsopfer öffentlich, dass die Cops sechs Monate warteten, bis sie die Zeugenaussage ihres dreizehnjährigen Sohnes aufnahmen. Solche Geschichten sind alltäglich. Und nicht nur in Oslo: Diese verträumte Herangehensweise der Gesetzeshüter ist ein gewohntes Phänomen überall in den nordischen Ländern, wo das einzige wirkliche Verbrechen – so scheint es manchmal – darin besteht, zu irgendetwas ein Gefühl von Dringlichkeit zu zeigen.

Doch die Vergewaltigungszahlen in Skandinavien sind kein Fehler der Polizei. Wie inzwischen jeder ohne Scheuklappen weiß, handelt es sich hierbei um eine Geschichte gescheiterter Einwanderungspolitik und Islam, der Verachtung von Ungläubigen lehrt – besonders unverschleierte Frauen. So wie die muslimische Bevölkerung Skandinaviens angewachsen ist, sind es auch die Vergewaltigungsstatistiken.

Als ich vor zwei Jahren über die Vergewaltigungskrise in Oslo schrieb, hatten dessen Vergewaltigungsstatistiken die von Stockholm und Kopenhagen in den Schatten gestellt und der Stadt den Titel „Skandinaviens Vergewaltigungshauptstadt“ eingetragen. Seitdem sind allerdings die Vergewaltigungsfälle in Schweden jäh angestiegen. Daniel Greenfield berichtete im Januar: „Schweden hat jetzt die zweithöchste Anzahl der Vergewaltigungen weltweit, nach Südafrika, das mit 53,2 pro 100.000 sechsmal höher liegt als die Vereinigten Staaten. Statistiken legen inzwischen nahe, dass jede vierte schwedische Frau vergewaltigt werden wird.“ (Eine weitere Studie aus jüngster Zeit setzt Schweden auch an Nummer 2, hat aber Lesotho auf dem ersten Platz.)

Im Verlauf der letzten sieben Jahre hat sich die Zahl der Vergewaltigungen in Schweden beinahe verdreifacht. Während der ersten sieben Monate diesen Jahres wurden in Stockholm eintausend Vergewaltigungen angezeigt – ein Sprung von 16 Prozent gegenüber dem letzten Jahr. In dreihundert Fällen waren die Opfer Mädchen unter 15 Jahren. Diesen Monat berichtete die dänische Zeitung Den Korte Avis, dass Vergewaltigung inzwischen in Schweden – wo die öffentliche Diskussion über Einwanderungsprobleme praktisch verboten ist – mindestens fünfmal üblicher ist als in Dänemark, wo das Thema seit Jahren offen diskutiert wird (was zu sanften Reformen führte, was die bien pensant-Schweden und -Norweger die Dänen als rassistisch kritisieren).

Es gibt überwältigende Anhaltspunkte dafür, dass Vergewaltiger in Schweden – wie die in Dänemark und Norwegen – in unverhältnismäßiger Zahl Muslime sind. Die schwedische Regierung sammelt Statistiken zu solchen Angelegenheiten, will sie aber nicht veröffentlichen. Wenn es in Schweden tabu ist die steigende Zahl der muslimischen Bevölkerung zu diskutieren, stellte Den Korte Avis fest, dann ist es noch mehr tabu, diese zur steigenden Zahl der Vergewaltigungen in Verbindung zu bringen. Eine unabhängige Studie kommt allerdings zu dem Schluss, dass 85 Prozent der Vergewaltiger in Schweden im Ausland geboren wurden – in erster Linie in Nordafrika, dem Nahen Osten und Südasien.

So wie sich die Vergewaltigungskrise Skandinaviens intensiviert hat, sind neue Merkmale entstanden. Zum einen hat sie sich aus den Städten in die Provinzen verbreitet. Es hat eine Anstieg der Arten von Vergewaltigung gegeben – beispielsweise Gruppenvergewaltigungen – die man vorher in Skandinavien so wie nicht kannte. Die heutigen Vergewaltigungen tendieren darüber hinaus dazu gewalttätiger zu sein als die der Vergangenheit.

Dann gibt es die zunehmende Zahl von Kinder-Vergewaltigungen- nicht nur Vergewaltigung von Kindern, sondern auch Vergewaltigung durch Kinder. Letzten November vergewaltigte in Malmö ein 17-jähriger afghanischer „Flüchtling“ brutal ein 14-jähriges Mädchen. (Der Staatsanwalt hätte eine Ausweisungsanordnung fordern können, entschied sich aber nur für die übliche – kurze – Gefängnisstrafe). Im Januar wurde in der selben Stadt ein 13-jähriges Mädchen von einer Gruppe aus vier Jungs vergewaltigt. Zwei der Täter wurden den Sozialdiensten übergeben, weil sie erst 13 und damit zu jung für Strafverfolgung waren; die anderen zwei, beide 15, wurden verhaftet und angeklagt, was ihren Rechtsanwalt empörte: Wie kann der Staat Kinder vor Gericht stellen!

Die Entschlossenheit, mit der die skandinavischen kulturelle Elite sich um die Wahrheit zu Vergewaltigung und Islam drückt, ist eisern. Früher in diesem Jahr veröffentlichte der norwegische Soziologe Preben Z. Møller „The Struggle over Rape“ (Der Kampf wegen Vergewaltigung), in der er „kulturelle“ Erklärungen für Vergewaltigungen zurückwies und argumentierte – als wäre das eine neue Idee! – dass Vergewaltigung ein Produkt von Armut und sozialer Ausgrenzung ist, „ein Weg für das Individuum in eine brutale Welt zu passen“. Wie sollen dann die anschwellenden Vergewaltigungszahlen in Schweden erklärt werden, das sich als Vorbild wirtschaftlicher Gleichheit und sozialer Inklusion betrachtet? Wie kann man die Korrelation zwischen den Vergewaltigungsdaten und den Einwanderungsdaten erklären? Doch der Humbug, mit dem Typen wie Møller hausieren gehen, machen sich die mächtigen Skandinavier zu eigen, die es vorziehen sich um die Wahrheit zu drücken statt sich damit zu befassen.

Und es sind nicht nur die Skandinavier. The Economist, der die Islamisierung Europas seit Jahren weißwäscht, nannte die hohen Vergewaltigungszahlen in Schweden „ein ziemliches Rätsel“; es hieß dort, „die wahrscheinlichste Erklärung“ dafür sei, dass „schwedische Frauen besonders selbstbewusst darin sind sexuelle Übergriffe anzuzeigen, während Frauen andernorts schweigen“. Natürlich wird die Tatsache, dass Schweden den zweithöchsten Prozentsatz an Muslimen hat, nicht erwähnt.

So läuft das. Derweil wurde wieder in Oslo letzten Freitag auf einer schicken Straße in der Innenstadt eine Frau vergewaltigt. Am selben Abend vergewaltigte ein Mann, der als „Afrikaner“ beschrieben wurde, eine Frau in Oslos vornehmem Viertel Grünerløkka brutal. (Nach Pakistanern sind Somalier Norwegens größte nicht westliche Einwanderergruppe.) Nach einem weiteren „afrikanischen“ Mann wird wegen der Vergewaltigung einer Frau in der idyllischen Telemark-Stadt Kongsberg gefahndet. Und, oh ja, am Wochendende davor gab es eine weitere Vergewaltigung im Slottsparken. Vielleicht ist es an der Zeit, dass die königliche Familie sich der Tatsache stellt, dass die Nachbarschaft den Bach runter geht und umzieht. Aber wohin?

https://heplev.wordpress.com/2013/08/27/skandinavische-vergewaltigungen-skandinavische-scheuklappen/

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  • Die Zahl der Kinder, die Asyl suchen, ist in den letzten zehn Jahren explodiert. Es wird angenommen, dass die Gründe dafür darin liegen, dass Kindern viel schneller Asyl gewährt wird als Erwachsenen und dass Schweden das Alter dieser „Kinder“ nicht überprüft. Flüchtlingen wird außerdem erlaubt ihre gesamte Familie nach Schweden zu holen, sobald sie die Aufenthaltsgenehmigung haben.
  • Schwedische Journalisten tun alles in ihrer Macht stehende, um dieses Bild der „Flüchtlingskinder“ aufrechtzuerhalten.
  • Ich riskiere meinen Job damit, dass ich euch das erzähle. … Viele von uns sind vom Staat dazu verpflichtet zu schweigen. Es ist z.B. berufliches Fehlverhalten die Einreisebehörden mit Informationen über jemanden zu kontaktieren, der auf seinem Asylantrag lügt. – „Isak“, ein Angestellter in einer Einrichtung für unbegleitete Kinder.
  • In den letzten Jahren haben gewalttätige Vorfälle in den Heimen, in denen die „Kinder“ leben, Überhand genommen.
  • Die unbegleiteten Flüchtlingskinder sind die nächste große Millionen-Dollar-Industrie in Schweden. Mit Durchschnittskosten von 2.000 Kronen (gut 200 Euro) pro Kind und Tag kosteten die 7.000 Flüchtlings-„Kinder“, die letztes Jahr nach Schweden kamen, 5,1 Milliarden Kronen (fast 550 Millionen Euro).

Eine der am schnellsten wachsenden Flüchtlingsgruppen in Schweden sind die sogenannten „unbegleiteten Flüchtlingskinder“. Die Zahl der Kinder, die Asyl suchen, ist in den letzten zehn Jahren explodiert. Es wird angenommen, dass die Gründe dafür darin liegen, dass Kindern viel schneller Asyl gewährt wird als Erwachsenen und dass Schweden das Alter dieser „Kinder“ nicht überprüft. Flüchtlingen wird außerdem erlaubt ihre gesamte Familie nach Schweden zu holen, sobald sie die Aufenthaltsgenehmigung haben – selbst wenn man bei der Ankunft angegeben hat allein auf der Welt zu sein.

Alleine im Juni kamen 1.500 Asyl suchende Kinder nach Schweden; die Behörden suchen händeringend nach Unterkünften für sie.

Asyl suchende Kinder sind in der schwedischen Migrantenwelt eine relativ neue Erscheinung. Die frühesten Zahlen stammen aus dem Jahr 2004, als 338 nach Schweden kamen. Zehn Jahre später war die Zahl auf 7.049 gestiegen, ein Wert, der dieses Jahr aller Wahrscheinlichkeit mach übertroffen wird.

Die Kinder kommen zumeist aus Syrien, Eritrea, Afghanistan und Somalia; da aber nur sehr wenige irgendwelche Ausweispapier haben, wissen die Behörden nicht wirklich, woher sie kommen.

Das Problem ist, dass sie weder unbegleitet, noch Flüchtlinge, noch Kinder sind. In vielen Fällen sind sie beträchtlich älter als 18 Jahre (was man auf Bildern klar sehen kann); und meistens handelt es sich um sehr aggressive junge Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren. Jeder weiß, dass ihre Chancen Asyl zu erhalten drastisch zunehmen, wenn sie behaupten jünger als 18 zu sein.

Der offizielle schwedische Begriff „unbegleitete Flüchtlingskinder“ ist verführerisch. Er lenkt die Gedanken auf 7-jährige in zerlumpter Kleidung, die einen zerschlissenen Teddybär in der Hand halten – ein barfüßiges Kind in der Welt.

Ältere Schweden denken zwangsläufig an die schwedischen Anstrengungen den nach Schweden strömenden Kindern des finnischen Winterkriegs am Anfang des Zweiten Weltkriegs zu helfen. 1939/40 wurden rund 9.000 finnische Kinder in schwedischen Pflegeheimen untergebracht, während die Finnen im Winterkrieg zwei Monate nach Beginn des Zweiten Weltkriegs gegen die einfallende Sowjetunion kämpften. Ein paar Tage nach dem Ende des Krieges im März 1940 begannen die Behörden die Kinder nach Finnland zurückzubringen. Bis Mitte Juni waren praktisch alle wieder in Finnland.

Schwedische Journalisten tun alles in ihrer Macht stehende, um dieses Bild der „Flüchtlingskinder“ aufrechtzuerhalten. Eines der groteskeren Beispiele stammt aus dem Jahr 2011, als ein Reporter der kostenlosen Tageszeitung City aus Malmö ein Wohnprojekt für junge Männer besuchte und einen Stoff-Eisbär in die Arme von Ahmad Farid aus Afghanistan legte. Ahmad sollte 16 Jahre alt sein, sah aber beträchtlich älter aus. Damit man ihn als wehrloses Kind wahrnehmen, nutzten die Journalisten das Stofftier als Requisite. Aber nicht einmal die Schweden sind derart naiv. Das Bild ist eines der Bilder, die in den alternativen Medien am häufigsten als Beweis für das genutzt wird, was als „die Fälschung der unbegleiteten Flüchtlingskinder“ genannt wird.

Warum also sollten Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren sich entscheiden als Kinder zu posieren und in Pflegeheime und Schulen für Teenager gesteckt zu werden? Die Antwort lautet: Anträge der „Kinder“ werden im Schnellverfahren erledigt und 75% erhalten in Schweden eine permanente Aufenthaltsgenehmigung.

Ein weiteres Beispiel für die Unfähigkeit schwedischer Journalisten Kinder von Erwachsenen zu unterscheiden, kommt von der Zeitung Kristianstadsbladet. 2012 erzählte die Zeitung die Geschichte vom „schnellsten 14-jährigen in Schweden“, Saad Alsaud, der den Rekord im für schwedische 14-jährige 100m-Sprint halten soll (11,82 Sekunden für 100m). Im Bild kann man den „14-jährigen“ mit tatsächlichen Kindern im Alter von etwa 10 Jahren rennen sehen – nur sieht er mehr wie ihr Vater aus als nur ein paar Jahre älter als sie.

Saad Alsaud (linkes Bild, Mitte), ein unbegleitetes „Flüchtlingskind“, im Jahr 2012, als er Schwedens schnellster „14-jähriger“ sein sollte. 2011 teilte ein Zeitungsreporter aus Malmö einen Teddybären und ein paar Lacher mit dem „16-jährigen“ Ahmad Farid (rechts Bild), einem unbegleiteten „Flüchtlingskind“ aus Afghanistan.

Es wird als für Kinder unzumutbar angesehen, dass sie länger als sechs Monate auf eine Entscheidung warten müssen, ob sie bleiben dürfen oder nicht; damit ist es, wenn man Asyl beantragt, ein riesiger Vorteil zu behaupten jünger als 18 Jahre zu sein. Da Kinder nicht in normalen Flüchtlingsunterkünften untergebracht werden können, landen sie entweder bei schwedischen Pflegefamilien oder in Einrichtungen für junge Menschen mit sozialen Problemen wie Drogenmissbrauch. Das kostet den schwedischen Steuerzahler bis zu 5.000 Kronen (ca. 530 Euro) pro Person und Tag. In einigen Fällen haben Landkreise 70.000 Kronen (7.450 Euro) pro Monate für ein Einzimmer-Apartment gezahlt.

Ein Angestellter in einer der Einrichtungen für „unbegleitete Kinder“ sprach anonym mit alternativen Medien über den Betrug. „Isak“ (ein Pseudonym) hatte dies zu sagen, als er im September mit Dispatch International sprach:

„Ich riskiere meinen Job damit, dass ich euch das erzähle. … Viele von uns sind vom Staat dazu verpflichtet zu schweigen. Es ist z.B. berufliches Fehlverhalten die Einreisebehörden mit Informationen über jemanden zu kontaktieren, der auf seinem Asylantrag lügt. Stellen Sie sich vor in dieser Lage zu sein! Fragen Sie sich, ob Sie die finanzielle Versorgung Ihrer Familie und die eigene Karriere riskieren würden, wenn gefragt wird, warum ich so lange geschwiegen habe. Das ist der Grund, dass so wenige etwas sagen. Intern aber redet die Mehrheit der Betreuer in den Asylantenheimen miteinander über die Tatsache, dass die „Kinder“ in Wirklichkeit Erwachsene sind, wie das völlig normal ist. Wenn aber jetzt das, was ich sage, irgendwie Aufmerksamkeit bekommt, können Sie sicher sein, dass eine Boulevardzeitung jemanden aus der Minderheit der Betreuer finden und mit ihm reden wird, der sich des Ausmaßes dieser Täuschung noch nicht bewusst ist – das sieht man nicht, bis man ein paar Jahre in dem Geschäft gearbeitet hat; man erkennt nur allmählich, was hier los ist. Das ist ein Prozess.“

Allein im Juni kamen 1.500 „Kinder“ in Schweden an – die höchste Zahl aller Zeiten für einen einzelnen Monat. Eilig werden mehrere neue Wohnhäuser eröffnet, während im Urlaub befindliche Mitarbeiter gezwungen werden sofort zur Arbeit zurückzukommen, um sich um die Neuankömmlinge zu kümmern. In Götheborg ist die Lage besonders drängend; die Stadt hat in diesem Jahr bisher 403 neue Kinder bekommen.

Louise Parbring, vorübergehend Integrationsdirektorin in Götheborg, sagte der Zeitung GT zur Lage: „Das ist eine extreme Zunahme, weit höher als wir uns je vorstellen konnten. Wir haben eine unglaublich drängende Situation in der Stadt, wenn wir uns nicht mit ihnen treffen und uns um sie kümmern.“ Daher hofft Parbring, dass die Einwohner Götheborgs ihre Häuser öffnen. „Wir brauchen Familien, die sich ihrer annehmen. Und Freiwillige für verschiedene Aktivitäten in den Häusern wären gut.“

Doch die Probleme betreffen nicht nur die Gelder der Steuerzahler und unterbrochene Ferien der Mitarbeiter. In den letzten Jahren haben gewalttätige Vorfälle in den Heimen, in denen die „Kinder“ leben, Überhand genommen. Im Dezember 2014 berichtete selbst das schwedische Fernsehen, das ansonsten dafür bekannt ist sein Bestes zu geben, um die Wahrheit zu verschleiern, über einen 15-jährigen aus Afghanistan, der die Mitarbeiter und Mitbewohner verprügelte und bedrohte. Er hatte unter anderem einen 14-jähigen gewürgt und dessen Kopf in eine Schüssel Eiskrem gestoßen. Zudem versuchte er die Mädchen in dem Heim zu belästigen; mehrere von ihnen hatten derart Angst vor ihm, dass sie wegliefen.

Schließlich bekam der 15-jährige in ein eigenes Apartment und ist jetzt bei der örtlichen Polizei gut bekannt.

Einige „Kinder“ verlassen die Heime freiwillig. Vor ein paar Jahren verschwanden elf Kinder aus Notgårdshemmet in Ludvika; es heißt, sie waren „mit dem Essen und den fehlenden Transport- und Freizeitmöglichkeiten“ unzufrieden. Der Vorfall veranlasste die Zeitung Dalarnas Tidning der Sache auf den Grund zu gehen und sich anzusehen, wie die Zustände für die „Kinder“ wirklich aussehen. Leben sie wirklich unter solch schlimmen Umständen, dass wegzulaufen eine logische Reaktion ist? Bo Sundqvist, Kreisleiter der Kultur- und Freizeitverwaltung und für Integrationsfragen zuständig, hatte dies zu sagen:

In Notgårdshemmet hat jeder ein eigenes Zimmer mit Bett, Tisch und Stuhl. Sie bekommen jeden Monat eine Busfahrkarte; Fahrräder und Computer stehen im Heim auf Leihbasis zur Verfügung. Aber für Dinge wie Handys müssen sie bezahlen.“

Der Reporter schrieb:

Zusätzlich zu Unterkunft und Verpflegung bekommen sie rund 1.900 Kronen (200 Euro) im Monat. Davon sind 1.050 Kronen reguläre Kinder- oder Schülerbeihilfe, die restlichen 855 Kronen sind ein Sonderzuschuss für unbegleitete Kinder, denen die Eltern fehlen.

Die Behauptung des Reporters, dass sie keine Eltern haben, ist allerdings nicht ganz richtig. Wenden wir uns wieder an Ahmad aus Afghanistan, der Burschen mit dem Stoffbären. Ahmad sagte City, dass er und seine Familie in Kabul „bedroht wurden“ und dass seine Familie sich entschied „einen Schleuser zu bezahlen, um den damals 16-jährigen Ahmad in Sicherheit zu bringen. Sicherheit hieß: nach Europa.“

Und hier hört Ahmads Erinnerung auf. City erklärt lakonisch, dass Ahmad sich nicht erinnern kann, wie lange die Reise dauerte, auch nicht an den Namen der Stadt, in der er ankam, als er den Zug im Hauptbahnhof von Malmö verließ. Er wusste aber genau, wohin er wollte: Zur Einreisebehörde von Celsiusgatan, wo er einen Asylantrag stellte. Die Zeitung drückt sich um die Frage, wie das möglich war. Andere Länder haben erfolgreich Methoden genutzt, um das Alter von Menschen festzustellen, die behaupten Kinder zu sein, aber diese Praxis wird heute in Schweden als in die Privatsphäre eingreifend und „schlecht“ betrachtet. Gerade erst zeigte eine Erhebung in Dänemark, dass 72% der Asyl suchenden „Kinder“ in Wirklichkeit Erwachsene waren. Die Tatsache, dass Dänemark diese Kontrollen durchführt, könnte erklären, warum im letzten Jahr nur 818 Kinder dort Asyl suchten; im Vergleich dazu waren es in Schweden 7.049. Finnland und Norwegen führen ebenfalls Alterstests durch und schätzen, dass 66% der Getesteten älter als 18 Jahre sind.

Im September 2014 schrieb die Gesellschaftskolumnistin Merit Wager:

„Dass es eine solch große Diskrepanz zwischen Schweden und anderen nordischen Ländern gibt, was das Alter unbegleiteter ‚Kinder‘ angeht, erscheint höchst unwahrscheinlich.“

Wager zitierte Anders Thomas, der seit acht Jahren für die Einreisebehörde arbeitet:

„Es war eine bizarre Erfahrung hier zu sitzen und ’16-jährige‘ zu recherchieren, die offensichtlich eher meinem Alter entsprachen. Damals hatte man die Möglichkeit eine Altersfeststellung durchzuführen; das ist heute nicht mehr so, wo ziemlich alle, die behaupten Kinder zu sein, hereingelassen werden. Was geschieht, wenn diese erwachsenen Männer mit 16 bis 17 Jahre alten Schülern die Sekundarschule beginnen?“

2013 schrieb Wager in ihrem Blog, dass bis zu 86% derer, die nach Schweden kommen und behaupten „Kinder“ zu sein, Erwachsene sein dürften. In dem Jahr wurden 134 Asylsuchende auf ihr Alter hin untersucht – und bei 116 stellte sich heraus, dass sie älter als 18 waren. Die anderen 1.072 „Kinder“ wurden nie getestet. Wager schrieb:

„Die Kosten für die 86 Prozent der als ‚Kinder‘ Asyl suchenden Erwachsenen ‚Unbegleiteten‘ sind riesig, rechnet man die von den Einreisebehörden gelieferten Zahlen hoch und wendet das auf alle an, die behaupten jünger als 18 zu sein. Es gibt keinen Zweifel, dass wir hier von Hunderten Millionen Kronen jährlich reden. Nicht für diese 116, aber wenn wir annehmen, dass die Zahl von 86 Prozent der angeblich Minderjährigen, die nach Schweden kommen (Stand vom September 2013, insgesamt waren es 2.558), richtig ist, dann sind die Zahlen schwindelerregend. Schwindelerregend!

Die Zahlen sind allerdings schwindelerregend. In einem Artikel vom November 2014 in der Boulevardzeitung Expressen gibt Pressesprecher Fredrik Bengtsson von der Einwanderungsbehörde zu, dass die unbegleiteten Flüchtlingskinder die nächste große Millionen-Dollar-Industrie in Schweden sind. Und die Menschen, die von diesen „Kindern“ profitieren, sind in vielen Fällen Privatunternehmer, die Wohnraum zur Verfügung stellen. Mit Durchschnittskosten von 2.000 Kronen (gut 200 Euro) pro Kind und Tag kosteten die 7.000 Flüchtlings-„Kinder“, die letztes Jahr nach Schweden kamen, 5,1 Milliarden Kronen (fast 550 Millionen Euro).

Die neueste aufrüttelnde Geschichte eines unbegleiteten Flüchtlingskindes betrifft einen 17-jährigen, der 2013 als „Anker“ nach Schweden geschickt wurde. Seine Familie soll rund $11.000 gezahlt haben, um ihn nach Schweden zu schicken; nachdem er seine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erhielt, wollten sie ihren Plan ausführen, dass der Rest der Familie nachkommt. Aber der 17-jährige war nicht damit zufrieden, dass seiner Familie nur erlaubt wurde nachzukommen. Er fand, die schwedischen Steuerzahler müssten auch für ihre Reise aufkommen. Er schickte die Rechnung für die Flugtickets ans Sozialamt, insgesamt 25.000 Kronen (2.650 Euro). Das wurde abgelehnt. Nicht entmutigt, klagte der 17-jährige gegen die Entscheidung – und gewann.

Die relativ neue Situation ist die von Kindern – tatsächlich minderjährige Kinder – aus Marokko. Doch da in Marokko kein Krieg herrscht, haben die Kinder keinen Asylgrund. Allerdings laufen sie oft, bevor ihr Antrag abgelehnt wird, aus den Flüchtlingsheimen weg, um durch die Straßen Stockholms zu streunen. Letztes Jahr suchten 381 marokkanische Kinder Asyl in Schweden. Es sind gewöhnlich Straßenkinder aus Tanger oder Casablanca, die früh anfingen Drogen zu nehmen und allesamt den Behörden misstrauen.

Die in Stockholm arbeitenden Polizisten Christian Frödén und Mikael Lins sagten dem schwedischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender SVT am 10. Mai 2015:

Eine niedrige Schätzung lautet, dass wir 200 Kinder aus Marokko haben, die abends und nachts durch die Innenstadt streifen und Verbrechen begehen. Sie sind neun Jahre oder älter. In vielen Fällen rauchen sie Haschisch und sind absolut ohne Verständnis für die schwedische Haltung zu Drogen.“

Die marokkanischen Jungen begehen Verbrechen wie Diebstahl, kleine Diebstähle, Taschendiebstähle und Raubüberfälle, aber die Behörden wissen nicht, wie sie mit diesen Kindern umgehen sollen, die die vom schwedischen Staat angebotene Hilfe ablehnen.

„Wir können sie in Einrichtungen einsperren, aber das geht nur kurzfristig, um individuelles Leben zu retten. Ich glaube, wir brauchen nationale Koordination, um dieses Problems Herr zu werden“, sagt Christian Frödén.

Die Einreisebehörde erköärt, dass sie vor hat sich mit anderen europäischen Ländern zu beraten und „vielleicht einige neue Arten Heime für diese Kinder zu schaffen“.

Wie üblich fordert Schweden, dass seine Steuerzahler ihre Geldbeutel öffnen. Den Behörden liegt es fern ein Machtwort zu sprechen und marokkanischen Straßenkindern sowie erwachsenen Männern, die sich als Kinder ausgeben, Asyl zu verweigern, was die Zahl der Asylanträge von „unbegleiteten Kindern“ auf der Stelle senken würde.

http://de.gatestoneinstitute.org/6220/fluechtlingskinder-schweden

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Alle Menschen sind gleich, nur Asylbewerber sind gleicher

Wenn zwei dasselbe tun, dann ist es in einem Fall sexistisch, im anderen aber politisch korrekt. Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach.

Fall Nummer 1: Eine Schulleiterin im Schwarzwald hat jetzt eine Kleiderordnung erlassen. Schülerinnen sollen – Hitze hin, Hitze her – keine bauchfreien Tops, keine Hotpants, keine Miniröcke tragen. Wer sich nicht daran hält, bekommt von der Schule ein T-Short in Übergröße verpasst, damit das „gesunde Schulklima“ nicht leide.

Die Reaktion: Große Empörung, vor allem im Internet, Sexismus-Vorwürfe, die Mädchen würden ihrer individuellen Rechte beraubt; weil Männer in Frauen Sexobjekte sähen, müssten die jungen Damen schwitzen. Mädchen würden diskriminiert, weil die Jungen ihre kurzen Hosen unbehelligt tragen dürften. Und so weiter und so fort. Was halt in einem Land so alles erregt diskutiert wird, das offenbar keine ernsthaften Probleme hat.

Die “Scharia-Schulregel”

Fall Nummer 2: Ein Schulleiter in Bayern bittet in einem Elternbrief, darauf zu achten, dass ihre Töchter sich „angemessen“ kleideten. Also keine „durchsichtigen Tops oder Blusen, kurze Shorts oder Miniröcke“. Die Begründung ist aber nicht das Schulklima, sondern etwas ganz anderes: In der Dreifachturnhalle sind seit kurzem rund 200 syrische Asylbewerber untergebracht. Deshalb sieht der Schulleiter hier ein Problem. Da es sich hier um viele überwiegend sunnitische Muslime handle, befürchtet der Pädagoge „Diskrepanzen“.

Die Reaktion: Betroffene Eltern regten sich über „Scharia-Schulregel“ auf, die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete mit viel Verständnis für den Schulleiter und beklagte, was der Mann sich alles anhören müsse. Ansonsten blieben die Medien ruhig. Was wiederum nicht wirklich überraschend ist. Wer das Wohl von Asylbewerbern im Auge hat, darf mit medialem Wohlwollen rechnen, ganz gleich, was er tut.

Man kann sich natürlich wundern, dass ein Rektor offenbar durchsichtige Blusen bei pubertierenden Mädchen für die angemessene Kleidung hält, solange damit keine „Diskrepanzen“ bei Asylbewerbern ausgelöst werden. Man könnte sich auch fragen, ob dieser Oberpädagoge die männlichen Turnhallen-Bewohner allesamt für Sittenstrolche hält, die beim Anblick nackter Mädchenbeine oder nur knapp bedeckter Hinterteile in einen Erregungszustand geraten, der das Schlimmste befürchten lässt. Doch das sind Nebensächlichkeiten.

Es geht um etwas anderes. Der Brief des bayerischen Schulleiters ist typisch dafür, wie deutsche Gutmenschen den Umgang mit Flüchtlingen „korrekt“ geregelt sehen wollen: Die Deutschen haben sich anzupassen, die Deutschen haben andere Sichtweisen und Gebräuche zu respektieren, die Deutschen haben zu tolerieren, was andere für richtig halten. Dann, und nur dann, sind wir Deutschen gute Gastgeber und praktizieren eine vorbildliche „Willkommenskultur“ (was immer das auch sein mag).

Wer hat sich an wen anzupassen?

Man kann die Sache auch anders sehen. Da kommen Menschen zu uns, die in ihrer alten Heimat viel durchgemacht haben: politische Verfolgung, rassistische Diskriminierung, Krieg, Flucht und Vertreibung. Ebenso kommen Menschen zu uns, die zwar „Asyl“ sagen, in Wirklichkeit aber „nur“ bessere Chancen für sich und ihre Familien suchen, (was verständlich, aber nicht im Sinne des Gesetzes ist). Sie alle erwarten, dass wir sie unterbringen, sie kleiden, sie ernähren, sie medizinisch versorgen, dass wir ihnen das Recht einräumen, bei uns zu bleiben und die Möglichkeit, mit staatlicher Unterstützung ein neues Lebens beginnen. Soweit die Erwartungen und Forderungen an uns.

Aber dürfen wir nicht auch eine Gegenleistung erwarten? Dürfen wir nicht davon ausgehen, dass die Neuankömmlinge akzeptieren und respektieren, dass sie – sehr bewusst – Zuflucht in einem anderen Kulturkreis gesucht haben, in einem Land mit anderen Sitten und Gesetzen, mit einem eigenen Verständnis von Toleranz? Und dürfen wir nicht erwarten, ja verlangen, dass diejenigen, die bei uns bleiben wollen, tolerant genug sind, um den „German way of life“ zu respektieren?

Wie immer man zu durchsichtigen Blusen und knallengen Höschen an heißen Tagen stehen mag: Asylbewerber können nicht der Grund für eine neue Kleiderordnung sein. Es sei denn, wir änderten das Grundgesetz: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, sofern er nicht gegen die Ansichten und Wünsche von Zuwanderern verstößt.“ Das wäre verrückt – aber im politisch-korrekten Sinne wenigstens konsequent.

http://www.rolandtichy.de/kolumnen/mueller-vogg-gegen-den-strom/alle-menschen-sind-gleich-nur-asylbewerber-sind-gleicher/

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Flüchtlinge: Sprachverwirrung als Mittel der Politik

 

Beide Forderungen sind legitim: die Zahl derer, die bei uns leben wollen, nach geltendem Recht zu begrenzen, oder mehr oder weniger alle willkommen zu heißen, die ihre Zukunft bei uns sehen. Aber wir sollten wissen, worüber wir reden und streiten: über Asylbewerber, Schutzsuchende nach der Genfer Konvention, Kriegsflüchtlinge, Wirtschaftsflüchtlinge oder Zuwanderer bzw. Migranten.

Diese begriffliche Klarheit fehlt. Weil man mit Begriffen Politik machen kann, haben die Befürworter einer mehr oder weniger grenzenlosen Freizügigkeit das Wort Asylbewerber durchgehend durch den Begriff Flüchtlinge ersetzt. Denn Flüchtling klingt sympathischer als Asylbewerber. Zum Asyl gehört auch der Begriff des Asylmissbrauchs. Flüchtling ist dagegen positiv besetzt: Wer fliehen muss, muss halt fliehen, ist in jedem Fall ein Opfer. Eine weitere Differenzierung ist aus der Sicht der „Lasst-alle-zu-uns-kommen“-Fraktion da nicht nötig, nein, sogar hinderlich.

Wirtschaft reitet Flüchtlings-Welle

Es sind nicht nur die rot-grünen Gutmenschen in der Politik, die so reden. In unseren Rundfunksendern und Zeitungen wird fast ausschließlich von Flüchtlingen gesprochen und geschrieben. Man ahnt, warum diese „Nachrichten“-Sprache verwendet wird. Unsere Wirtschaftsverbände stimmen ebenfalls in den „Flüchtlings“-Chor mit ein. Die Wirtschaft beschwört zwar mit guten Argumenten einen sich abzeichnenden Fachkräftemangel. Sie war aber bisher nicht willens, einen Teil ihres Bedarfs durch ein gezieltes Zuwanderungs-Marketing abzudecken. Stattdessen reiten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) oder die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) lieber auf der Flüchtlingswelle mit. Frei nach dem Motto: Uns interessiert kein Aufenthaltsrecht, uns interessieren nur Arbeitskräfte.

Bei der Differenzierung zwischen Asylbewerbern, Flüchtlingen und Zuwanderern geht es um mehr als um semantische Feinheiten. Es macht schon einen Unterschied, ob ich einen Ankömmling aus dem Westbalkan als Flüchtling oder Migrant bezeichne. Der Flüchtling ist gekommen, weil sein Heimatland ihn nicht schützen kann oder will. Migranten hingegen verlassen ihr Land aus eigenem Antrieb – meistens, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Während der Flüchtling unsere Hilfe und unseren Schutz verdient, ist der Arbeitsmigrant aus sicheren Herkunftsländern wie Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina schlichtweg ein illegaler Einwanderer. Aber illegal klingt nicht so sympathisch; also wird aus dem Illegalen ein Flüchtling.

Eigentlich ist es gar nicht so schwierig, zwischen Asylbewerbern, Flüchtlingen und arbeitsuchenden Zuwanderern zu unterscheiden. Politisch Verfolgte genießen bei uns nach Artikel 16a Grundgesetz Schutz. Das trifft aber nur auf ein bis zwei Prozent aller hier Schutzsuchenden zu. Knapp 40 Prozent sind Wirtschaftsflüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern. Deren Wunsch nach einem besseren Leben in unserem Land ist verständlich, hat aber keine rechtliche Basis. Diese Zuwanderer sagen Asyl und meinen Sozialhilfe. Sie versuchen, ein Recht zu erschleichen, das ihnen nicht zusteht.

Fast 50 Prozent derer, die ohne Visum zu uns kommen, haben nach der Genfer Konvention und dem Humanitären Völkerrecht gute Chancen, als Flüchtlinge anerkannt zu werden. Das ist dann der Fall, wenn sie befürchten müssen, wegen ihrer „Rasse“, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer politischen Überzeugung oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in ihren Heimatländern verfolgt zu werden. Zur Aufnahme und zum Schutz sind wir zudem bei Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen verpflichtet. Unstrittig ist aber auch: Weder die Genfer Konvention noch andere internationale Abkommen verpflichten Staaten, Wirtschaftsflüchtlinge aufzunehmen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wer in seiner Heimat weder verfolgt wird noch kriegerischen Auseinandersetzungen samt ihren Folgen ausgesetzt ist, ist kein Flüchtling. Asylanträge solcher Zuwanderer haben deshalb keinerlei Aussicht auf Erfolg. Diese knapp 40 Prozent illegale Zuwanderer belasten unsere Aufnahmeeinrichtungen, kosten den Steuerzahler viel Geld und verzögern die Verfahren der knapp 50 Prozent mit sehr guten Aussichten auf eine Aufenthaltsgenehmigung. Die Kapazitäten, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für unbegründete Anträge aufwenden muss, fehlen für „echte“ Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak.

Keine Kraft für echte Flüchtlinge

Vor diesem Hintergrund ist der bayerische Vorstoß, Asylbewerber ohne Aussicht auf ein Bleiberecht künftig separat unterzubringen, schnell zu überprüfen und gegebenenfalls schnell wieder abzuschieben, kein Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit, wie uns die „Lasst-alle-zu-uns-kommen“-Fraktion weismachen will. Obwohl viele rot-grüne Bundespolitiker unverzüglich Abscheu und Empörung geäußert haben, ist die Reaktion rot-grüner Landesregierungen eher positiv. In den Kommunen, die sich letztlich um Asylbewerber wie illegale Zuwanderer kümmern müssen, stößt der bayerische Vorschlag ebenfalls auf Zustimmung.

BAMF-Präsident Manfred Schmidt hat es auf den Punkt gebracht: Die hohe Zahl der aussichtslosen Fälle „bindet Kräfte, die wir brauchen, um uns um Menschen aus Krisenregionen zu kümmern.“ Ein differenzierter Umgang mit Asylbewerbern, Flüchtlingen und Arbeitsmigranten setzt indes sprachliche Klarheit voraus. Wer klare Worte scheut, scheut auch klare Entscheidungen. Oder er will sein eigentliches Ziel vernebeln: die Öffnung der Bundesrepublik für alle und jeden, die sich – aus welchen Gründen auch immer – hier ein besseres Leben versprechen.


In der ersten Fassung hatte es geheißen: „Fast 60 Prozent derer, die ohne Visum zu uns kommen, haben nach der Genfer Konvention und dem Humanitären Völkerrecht gute Chancen, als Flüchtlinge anerkannt zu werden.“ Die „bereinigte Schutzquote“ lag im ersten Halbjahr 2015 nach Angaben des BAMF bei 47 Prozent.

http://www.rolandtichy.de/kolumnen/mueller-vogg-gegen-den-strom/fluechtlinge-sprachverwirrung-als-mittel-der-politik/

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FRANCE-GB-SCIENCES-CHANNEL

afp Der Ärmelkanal trennt England (oben links) vom europäischen Kontinent – hier wurde der bulgarische Segler aufgegriffen

Beim Ansturm von Flüchtlingen auf den Tunnel unter dem Ärmelkanal ist auf der französischen Seite erneut ein Mensch ums Leben kommen. Die Behörden registrierten allein in der Nacht zum Mittwoch 1500 Versuche von Flüchtlingen, von der französischen Seite aus in den Eurotunnel zu gelangen.

Ein Flüchtling aus dem Sudan im Alter zwischen 25 und 30 Jahren sei tödlich verunglückt, als er auf einen Zug zu gelangen versuchte, von dem ihm ein Lastwagen entgegenkam. Es war der neunte derartige Todesfall am Eurotunnel seit Anfang Juni.

1500 Versuche von Flüchtlingen den Kanal zu queren

Die Behörden registrierten allein in der Nacht zum Mittwoch 1500 Versuche von Flüchtlingen, von der französischen Seite aus in den Eurotunnel zu gelangen. Dies muss nicht mit der Zahl der beteiligten Flüchtlinge übereinstimmen, weil etliche Flüchtlinge mehrmals am Tag versuchen, in den Eurotunnel – und damit letztlich nach Großbritannien – zu gelangen. Nach Schätzungen der Polizei hielten sich im Umfeld der Zufahrt zum Eurotunnel zuletzt zwischen 500 und tausend Flüchtlinge auf.

„Lage sehr beunruhigend“

Die britische Innenministerin Theresa May kündigte am Dienstag nach einem Treffen mit ihrem französischen Kollegen Bernard Cazeneuve in London an, sieben Millionen Pfund (zehn Millionen Euro) zusätzlich für die Grenzsicherung bereitzustellen. Der britische Premierminister David Cameron bezeichnete die Lage am Eurotunnel bei einem Besuch in Singapur am Mittwoch als „sehr beunruhigend“.

Die Betreibergesellschaft Eurotunnel verstärkte zuletzt die Sicherheitsmaßnahmen in dem Gebiet um den Tunneleingang auf französischer Seite. Wegen der Mehrausgaben – und wegen Zugausfällen und Verspätungen infolge des Flüchtlingsansturms – hat das Unternehmen vergangene Woche von Frankreich und Großbritannien 9,7 Millionen Euro an Entschädigungen verlangt.

Eurotunnel: Seit Januar 37.000 Flüchtlinge abgefangen

Die Betreibergesellschaft des Eurotunnels unter dem Ärmelkanal hat nach eigenen Angaben seit Jahresbeginn 37.000 Mal Flüchtlinge auf dem Weg zum Tunnel abgefangen. DieFlüchtlinge, die von Frankreich nach Großbritannien gelangen wollen, seien den französischen Behörden übergeben worden, erklärte Eurotunnel am Mittwoch. In tausenden Fällen sei Anzeige erstattet worden. Durch den Flüchtlingsansturm gerate Eurotunnel inzwischen „jede Nacht“ unter einen „Druck“, den keine Betreibergesellschaft aushalten könne. Das Unternehmen rief Großbritannien und Frankreich deswegen zu einer „angemessenen Antwort auf“.

Eurotunnel beteuerte am Mittwoch, die Sicherheitsmaßnahmen bereits drastisch verschärft und dafür allein im ersten Halbjahr 13 Millionen Euro ausgegeben zu haben. In einem am Dienstagabend bekanntgewordenen Brief an Eurotunnel-Chef Jacques Gounon hatte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve der Unternehmensleitung vorgeworfen, angesichts der „sich verschlimmernden Situation“ nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen zu haben. Unter anderem müsse mehr Sicherheitspersonal eingesetzt werden, um das riesige Gelände um den Tunneleingang zu sichern.

Video: Asylanträge werden nicht mehr bearbeitet – So rechtfertigt Österreich, dass es keine Flüchtlinge mehr aufnehmen will

 

FOCUS Online/Wochit So rechtfertigt Österreich, dass es keine Flüchtlinge mehr aufnehmen will
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  • 40 Jahre nachdem das schwedische Parlament einstimmig beschloss, das vormals homogene Schweden in ein multikulturelles Land umzuwandeln, haben Gewaltverbrechen um 300 Prozent und Vergewaltigungen um 1472 Prozent zugenommen. Schweden ist inzwischen an Nummer zwei der Länder mit der höchsten Rate an Vergewaltigungen und wird nur von dem im südlichen Afrika gelegenen Lesotho übertroffen.
  • Bezeichnenderweise erwähnen die Berichte nicht die Herkunft der Vergewaltiger. Darüber hinaus muss man wissen, dass Einwanderer der zweiten Generation als Schweden gezählt werden.
  • In erstaunlich vielen Fällen haben die schwedischen Gerichte Sympathien für die Vergewaltiger gezeigt und Verdächtige freigesprochen, die behaupteten, ein Mädchen habe Sex mit sechs, sieben oder acht Männern haben wollen.
  • Der Internetradiosender Granskning Sverige hat einmal die Mainstreamzeitungen Aftonposten und Expressen angerufen und gefragt, warum sie Täter als „schwedische Männer“ bezeichnet hatten, obwohl es sich in Wirklichkeit um Somalier ohne schwedische Staatsangehörigkeit handelte. Die Journalisten zeigten sich zutiefst beleidigt, als sie gefragt wurden, ob sie irgendeine Verantwortung fühlten, schwedische Frauen zu warnen, sich von bestimmten Männern fernzuhalten. Einer der Journalisten fragte, warum dass in seiner Verantwortung liegen solle.

1975 hat das schwedische Parlament einstimmig beschlossen, das vormals homogene Schweden in ein multikulturelles Land umzuwandeln. 40 Jahre später zeigen sich die dramatischen Folgen dieses Experiments: Die Zahl der Gewaltverbrechen ist um 300 Prozent gestiegen. Schaut man auf die Zahl der Vergewaltigungen, ist der Anstieg sogar noch gravierender. 1975 wurden bei der Polizei 421 Vergewaltigungen angezeigt, 2014 waren es 6620. Das ist eine Zunahme um 1472 Prozent.

Schweden liegt nun weltweit auf Platz zwei, was die Zahl der Vergewaltigungen in Relation zur Größe der Bevölkerung betrifft. Laut einer Studie von 2010 wird Schweden mit 53,2 Vergewaltigungen pro 100.000 Einwohner nur von dem winzigen Lesotho im südlichen Afrika mit 91,6 Vergewaltigungen pro 100.000 Einwohner übertroffen.

Zahlen zufolge, die der Schwedische Nationalrat für Verbrechensprävention (Brottsförebyggande rådet, bekannt als Brå) – eine Agentur, die dem Justizministerium untersteht – vorgelegt hat, haben im Jahr 2011 29.000 schwedische Frauen Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet (was darauf hindeutet, dass weniger als 25 Prozent der Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht werden).

Vergewaltigung im Ländervergleich, Zahl der von der Polizei registrierten Taten (Fälle auf 100.000 Einwohner) – laut UNO (2012)
Rate der Vergewaltigungen auf 100.000 Einwohner, Länder im Vergleich (ausgewählte Länder mit den höchsten und niedrigsten Werten), Statistik des United Nations Office on Drugs and Crime von 2012 (Bild: Wikimedia Commons).

Seltsame Erklärungen

Statt etwas gegen das Problem der Gewalt und der Vergewaltigungen zu unternehmen, mühen sich schwedische Politiker, Behörden und die Medien, die Fakten wegzuerklären. Hier sind einige ihrer Erklärungen:

  • Die Schweden neigen heutzutage stärker dazu, Verbrechen anzuzeigen.
  • Das Gesetz wurde geändert, so dass nun mehr Sexualdelikte als Vergewaltigung gewertet werden.
  • Schwedische Männer kommen mit dem höheren Maß an Gleichstellung der Geschlechter nicht zurecht und reagieren mit Gewalt gegen Frauen (die vielleicht phantasievollste Entschuldigung).

Ein lange genährter feministischer Mythos ist, dass der gefährlichste Ort für eine Frau ihr eigenes Zuhause sei – dass die meisten Vergewaltigungen von einem Bekannten begangen würden. Diese Behauptung wurde in dem Bericht des Brå zurückgewiesen:

„In 58 Prozent der Fälle war der Täter dem Opfer völlig unbekannt. In 29 Prozent der Fälle war der Täter ein Bekannter, und in 13 Prozent der Fälle war der Täter jemand, der dem Opfer nahe stand.“

Brå berichtet, dass es im Hinblick auf das Risiko einer Vergewaltigung keine großen Unterschiede gibt zwischen Frauen schwedischer und ausländischer Herkunft. Bezeichnenderweise erwähnen die Berichte nicht die Herkunft der Vergewaltiger.

Beispiellos

1975, in jenem Jahr, als Politiker beschlossen, dass Schweden multikulturell wird, betrug die schwedische Bevölkerung 8.208.442 Einwohner. Bis 2014 stieg sie auf 9.743.087 – ein Anstieg um 18,7 Prozent. Dieses Wachstum ist allein auf die Einwanderung zurückzuführen, denn schwedische Frauen gebären im Durchschnitt nur 1,92 Kinder, verglichen mit den 2,24 Kindern von Einwanderinnen. Man sollte jedoch im Kopf behalten, dass in den Statistiken Einwanderer der zweiten Generation als Schweden gezählt werden.

Schwedens jüngstes Bevölkerungswachstum ist beispiellos. Niemals zuvor in der Geschichte des Landes hat die Zahl der Einwohner so schnell zugenommen. Schweden ist nun das am schnellsten wachsende Land Europas.

Die Einwanderer kamen in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren vorwiegend aus muslimischen Ländern wie dem Irak, Syrien und Somalia. Könnte diese Masseneinwanderung eine Erklärung sein für den explosionsartigen Anstieg der Vergewaltigungen in Schweden? Es ist schwierig, hierauf eine präzise Antwort zu geben, weil es das schwedische Gesetz den Einwohnermeldeämtern verbietet, die Herkunft oder Religion zu erfassen. Eine mögliche Erklärung ist, dass Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten im Durchschnitt eine völlig andere Sicht auf Frauen und Sexualität haben als Skandinavier. Und trotz der Versuche des schwedischen Establishments, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass jeder, der einen Fuß auf schwedischen Boden setzt, genauso wird, wie diejenigen, die seit Dutzenden von Generationen dort leben, sprechen die Tatsachen eine andere Sprache.

Die letzte statistische Erhebung der Kriminalität von Immigranten im Vergleich mit derjenigen von Schweden wurde 2005 durchgeführt. Die Ergebnisse werden so gut wie nie erwähnt. Nicht nur dass: Jeder, der es wagt, sich auf sie zu beziehen – etwa in den sozialen Medien –, wird bösartig angegriffen.

Verunglimpfung ethnischer Gruppen

Im Zusammenhang mit den vielen Vergewaltigungen, die auf dem Kairoer Tahrir-Platz während des „arabischen Frühlings“ verübt wurden, rief Michael Hess, ein Kommunalpolitiker der Schweden-Demokratischen Partei, die schwedischen Journalisten dazu auf, sich mit der Sicht des Islams auf Frauen vertraut zu machen. Hess schrieb: „Wann werdet ihr Journalisten begreifen, dass das Vergewaltigen und Misshandeln von Frauen, die sich weigern, islamischen Lehren zu gehorchen, tief in der Kultur des Islam verwurzelt ist. Es gibt eine enge Verbindung zwischen den in Schweden verübten Vergewaltigungen und der Zahl der Einwanderer aus den MENA-Ländern [Middle East and North Africa].“

Diese Bemerkung brachte Hess eine Anklage wegen „Verunglimpfung ethnischer Gruppen“ [hets mot folkgrupp] ein, was in Schweden eine Straftat ist. Im Mai vergangenen Jahres wurde er zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt – die Strafe wurde deshalb auf Bewährung erlassen, weil er nicht vorbestraft war. Gegen das Urteil wurde vor einer höheren Instanz Berufung eingelegt.

Michael Hess hat viele Jahre lang in muslimischen Ländern gelebt und ist mit dem Islam und seiner Sicht auf Frauen sehr gut vertraut. Während des Prozesses legte er Beweise dafür vor, wie das Gesetz der Scharia mit Vergewaltigung verfährt, und Statistiken, um zu zeigen, dass Muslime bei Vergewaltigungen in Schweden unter den Tätern stark überrepräsentiert sind. Das Gericht urteilte jedoch, dass Tatsachen irrelevant seien:

„Das Gericht [Tingsrätten] merkt an, dass die Frage, ob die Behauptungen von Michael Hess wahr sind oder Michael Hess als wahr erscheinen, für diesen Fall nicht von Bedeutung sind. Michael Hess‘ Äußerungen müssen nach ihrem Zeitpunkt und ihrem Zusammenhang beurteilt werden … Zum Zeitpunkt des Vergehens bezog sich Michael Hess weder auf bekannte Forschungen noch auf islamische Quellen. Erst im Zusammenhang mit seiner Anklage versuchte Michael Hess Studien und religiöse Schriften zu finden, die ihn unterstützen. Das Gericht stellt darum fest, dass Michael Hess‘ Äußerungen offensichtlich nicht Teil einer sachlichen [saklig] oder verlässlichen [vederhäftig] Diskussion waren. Michael Hess‘ Äußerungen müssen deshalb als ein Ausdruck der Geringschätzung gegenüber Einwanderern mit islamischem Glauben betrachtet werden.“

Statistische Belege

Was kann man aus den verfügbaren Statistiken schließen?

Als Teil der Beweismittel, die Michael Hess vor Gericht präsentiert hat, machte er Gebrauch von allen Statistiken über die Kriminalität von Einwanderern in Schweden, die existierten, bevor die statistischen Ämter mit dem Zählen aufhörten. Michael Hess versuchte, Antworten auf zwei Fragen zu finden:

  1. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Vergewaltigungen und der Zahl von Menschen ausländischer Herkunft in Schweden?
  2. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Vergewaltigungen und einigen spezifischen Gruppen von Einwanderern in Schweden?

Die Antwort auf beide Fragen war ein eindeutiges Ja. 21 Forschungsberichte von den 1960er Jahren bis heute kommen einhellig zum selben Schluss: Ob nach der Zahl der rechtskräftig Verurteilten gerechnet oder nach derjenigen, die einer Vergewaltigung verdächtigt wurden, Männer ausländischer Abstammung waren sehr viel stärker repräsentiert als Schweden. Und diese stärkere Repräsentanz von Personen mit ausländischem Hintergrund nimmt weiter zu:

  • 1960-1970er – 1,2 bis 2,6-mal so häufig wie Schweden
  • 1980er – 2,1 to 4,7-mal so häufig wie Schweden
  • 1990er – 2,1 to 8,1-mal so häufig wie Schweden
  • 2000er – 2,1 to 19,5-mal so häufig wie Schweden

Selbst dann, wenn man die Zahlen um Variablen wie Alter, Geschlecht, die soziale Schicht und den Wohnort bereinigt, bleibt eine große Diskrepanz zwischen Immigranten und Schweden.

Forschungsberichte über Verbrechen sind in Schweden zu einer Seltenheit geworden, aber unter den achtzehn Studien, die in den 1990er und 2000er Jahren durchgeführt wurden, beschäftigten sich elf mit Vergewaltigung. Zwei dieser Berichte untersuchten den Zusammenhang zwischen Vergewaltigung und Immigration, und beide bestätigten, dass es eine Verbindung gibt.

Diese Zahlen liegen den Behörden, den Politikern und den Medien vor, doch diese beharren darauf, dass sie die Wirklichkeit nicht widerspiegeln.

Krasse Diskrepanz

Wie kommt es dann, dass im Jahr 2008 Schwedens Nachbarland Dänemark nur 7,3 Vergewaltigungen pro 100.000 Einwohner zu verzeichnen hatte, verglichen mit den 53,2 in Schweden?

Die dänische Gesetzgebung ist nicht sehr verschieden von der schwedischen, und es gibt keinen sichtbaren Grund, warum dänische Frauen weniger geneigt sein sollten, Vergewaltigung zur Anzeige zu bringen, als die schwedischen.

2011 wurden bei der schwedischen Polizei 6.509 Vergewaltigungen angezeigt – aber nur 392 in Dänemark. Die Bevölkerung Dänemarks ist etwa halb so groß wie die Schwedens; also selbst um diese Größe bereinigt ist der Unterschied signifikant.

In Schweden tun die Behörden alles dafür, die Herkunft der Vergewaltiger zu verbergen. In Dänemark gab das offizielle staatliche Statistikamt, Statistics Denmark, 2010 an, dass über die Hälfte der verurteilten Vergewaltiger einen Einwanderungshintergrund hatten.

Ausländer überrepräsentiert

Seit 2000 gab es in Schweden nur eine Studie über die Kriminalität von Einwanderern. Sie wurde 2006 von Ann-Christine Hjelm von der Universität Karlstads durchgeführt.

Es stellte sich heraus, dass im Jahr 2002 85 Prozent derjenigen, die vom Svea Hovrätt, einem Berufungsgericht, zu mindestens zwei Jahren Gefängnis wegen Vergewaltigung verurteilt worden waren, im Ausland geboren oder Einwanderer der zweiten Generation waren.

Ein 1996 veröffentlichter Bericht des Schwedischen Nationalrats zur Verbrechensprävention kam zu dem Schluss, dass Einwanderer aus Nordafrika (Algerien, Libyen, Marokko und Tunesien) mit einer 23-mal so hohen Wahrscheinlichkeit eine Vergewaltigung verüben wie schwedische Männer. Die Zahlen für Männer aus dem Irak, Bulgarien und Rumänien lagen bei 20, 18 und 18. Männer aus dem übrigen Afrika waren 16-mal, Männer aus dem Iran, Peru, Ecuador und Bolivien zehnmal so anfällig, Vergewaltigungen zu begehen wie Schweden.

Gruppenvergewaltigungen

In den letzten Jahrzehnten hat ein neuer Trend Schweden mit voller Wucht getroffen: Gruppenvergewaltigungen (gang rape) – bis dahin weitestgehend unbekannt in der schwedischen Kriminalhistorie. Die Zahl der Gruppenvergewaltigungen ist zwischen 1995 und 2006 sprunghaft gestiegen. Seitdem wurden keine Studien mehr durchgeführt.

Einer der schlimmsten Fälle ereignete sich 2012 in der Kleinstadt Mariannelund, als eine 30-jährige Frau in einem Wohnprojekt für Asylbewerber von acht Männern vergewaltigt wurde. Die Frau war eine Bekannte eines Mannes aus Afghanistan, der seit einigen Jahren in Schweden lebte. Er lud sie ein, mit ihm mitzukommen. Sie folgte. Der Afghane nahm sie mit zu einem Wohnprojekt für Flüchtlinge und ließ sie dort schutzlos. Während der Nacht wurde sie mehrfach von den Asylbewerbern vergewaltigt, und als ihr „Freund“ wiederkam, vergewaltigte er sie ebenfalls. Am folgenden Morgen gelang es ihr, die Polizei zu rufen. Der Staatsanwalt nannte den Fall „das schlimmste Vergewaltigungsverbrechen in der schwedischen Kriminalgeschichte“.

Sieben der Männer wurden zu Haftstrafen zwischen viereinhalb und sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Haftzeit wird üblicherweise um ein Drittel reduziert, es wird also nicht lange dauern, bis die Männer zu neuen Übergriffen bereit sein werden –aller Voraussicht nach auf ungläubige Frauen.

In Fällen von Gruppenvergewaltigungen sind die Täter und die Opfer meist jung, und in fast allen Fällen haben die Täter einen Migrationshintergrund, meist aus muslimischen Ländern. In erstaunlich vielen Fällen haben die schwedischen Gerichte Sympathien für die Vergewaltiger gezeigt und Verdächtige freigesprochen, die behaupteten, ein Mädchen habe Sex mit sechs, sieben oder acht Männern haben wollen.

Ein bemerkenswerter Fall ereignete sich 2013, im Stockholmer Außenbezirk Tensta. Ein 15-jähriges Mädchen war eingesperrt, während sechs Männer ausländischer Abstammung Sex mit ihr hatten. In erster Instanz wurden die Männer verurteilt, doch eine höhere sprach sie frei, weil keine Gewalt angewandt wurde und das Gericht entschied, dass das Mädchen „sich nicht in einer schutzlosen Lage befunden“ habe.

Diesen Monat berichteten alle schwedischen Medien über eine brutale Gruppenvergewaltigung an Bord der finnischen Fähre Amorella, die zwischen Stockholm und der Stadt Åbo in Finnland verkehrt. In großen Schlagzeilen wurde den Lesern mitgeteilt, dass die Täter Schweden gewesen seien.

  • „Etliche schwedische Männer der Vergewaltigung auf der Finnland-Fähre verdächtig“ (Dagens Nyheter).
  • „Sechs schwedische Männer vergewaltigen Frau in Kabine“ (Aftonbladet).
  • „Sechs Schweden wegen Vergewaltigung auf Fähre verhaftet“ (Expressen).
  • „Acht Schweden der Vergewaltigung auf Fähre verdächtig“ (TT – die schwedische Nachrichtenagentur)

Bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass sieben der acht Verdächtigen Somalier waren und einer ein Iraker. Keiner von ihnen hatte die schwedische Staatsangehörigkeit, sie waren also nicht einmal in diesem Sinne Schweden. Laut Zeugen war die Gruppe der Männer über die Fähre gestreift auf der Suche nach Sex. Die Polizei ließ vier von ihnen frei (sie sind aber immer noch Verdächtige), während vier (alle Somalier) in Gewahrsam bleiben.

Der Internetradiosender Granskning Sverige hat die Mainstreamzeitungen Aftonposten und Expressen angerufen und gefragt, warum sie die Täter als „schwedische Männer“ bezeichnet hatten, obwohl es sich in Wirklichkeit um Somalier ohne schwedische Staatsangehörigkeit handelte. Die Journalisten zeigten sich zutiefst beleidigt, als sie gefragt wurden, ob sie irgendeine Verantwortung fühlten, schwedische Frauen zu warnen, sich von bestimmten Männern fernzuhalten. Einer der Journalisten fragte, warum dass in seiner Verantwortung liegen solle.

„Wenn die Frauen das gewusst hätten, hätten sie sich vielleicht von diesen Männern ferngehalten und auf diese Weise vermieden, vergewaltigt zu werden, sagte der Reporter von Granskning Sverige. Woraufhin der Journalist den Hörer aufs Telefon knallte.

Ingrid Carlqvist und Lars Hedegaard sind Chefredakteure von Dispatch International.

http://de.gatestoneinstitute.org/5223/schweden-vergewaltigung

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  30.07.2015   Achgut.com

Hitze, Islam und Hormone

Armin Peter

Jeden Sommer schaffen es einige Berliner Freibäder bundesweit in die Schlagzeilen: Zwei Gruppen von „Jugendlichen und jungen Männern“ hätten sich geprügelt, heißt es dann stets etwas nebulös; das Bad sei daraufhin von der Polizei geräumt worden. In der Regel arten Streitereien zwischen Einzelpersonen in eine handfeste Massenschlägerei mit dutzenden Beteiligten aus. Als Gründe werden in Pressemeldungen gerne „zu viel Testosteron“ oder „die große Hitze“ angeführt, womit die Sache als erledigt gilt.

Seit Jahren suchen die Berliner Bäderbetriebe händeringend nach Möglichkeiten, um die angeblich testosterongetriebenen Horden von gewalttätigen Ausrastern abzuhalten. Private Sicherheitsdienste, Deeskalationsschulungen für das Aufsichtspersonal, zivile Polizeistreifen und „Konfliktlotsen“ gehören zu den bereits umgesetzten Maßnahmen, mit denen einzelne Bäder trotz knapper Kassenlage aufwändig gesichert wurden. Trotzdem kommt es immer wieder zu Gewalt, zuletzt Anfang Juli im Neuköllner Columbiabad.

Öffentliche Zusammenstöße zwischen Hooligans verfeindeter Fußballclubs oder von Rockergruppen finden in der Regel ein sehr ausführliches Presseecho. Doch beim Thema Freibadschlägereien erfährt der geneigte Leser nur selten mehr über die offenbar besonders hitzeempfindlichen „Jugendlichen“. Deshalb mag es zunächst verwundern, dass sich die Bäderbetriebe bereits im letzten Jahr zu einem Gespräch mit dem Imam der Neuköllner Şehitlik-Moschee trafen. Kann der Geistliche den Testosteronspiegel junger Männer durch Gebete senken? Oder sollte seine Gemeinde ein paar Sonnenschirme und Kaltgetränke spenden, um die Sommerhitze zu lindern?

Weit gefehlt: Da es sich bei den Schlägern hauptsächlich um junge Muslime handelt, wie in manchen Presseartikeln verschämt eingeräumt wird, erhofften sich die Bäderbetriebe von islamischen Streitschlichtern offenbar einen mäßigenden Einfluss auf ihre Badegäste. Denn bei der Klientel mit Migrationshintergrund scheint es mit dem Respekt vor Badepersonal im Allgemeinen und weiblichen Aufsichtspersonen im Besonderen gewaltig zu hapern. Potz Blitz! Der Imam gibt sich ahnungslos: “Warum die Jugendlichen nicht auf die Badeleiterin hören, weiß auch der Moscheeleiter nicht. Das Gespräch macht aber eines deutlich: es gibt interkulturelle Missverständnisse”, resümiert der Deutschlandfunk.

Wo Hitze und Hormone nicht als Feigenblatt ausreichen, muss also die mangelnde Kultursensibilität der Mehrheitsgesellschaft herhalten. Dass fast alle Freibadschläger juristisch nicht zur Verantwortung gezogen werden können, weil ihre Opfer sowie Zeugen aus Angst vor den Tätern schweigen – geschenkt. Muss wohl auch an der Hitze liegen. Oder es handelt sich um ein interkulturelles Missverständnis. Über rechtsfreie Räume und verfestigte Parallelgesellschaften spricht man jedenfalls nicht so gern. Denn eine offene Diskussion über mögliche Gründe für die ungehemmte Gewaltbereitschaft jener „jungen Männer“ könnte unschöne Erkenntnisse hervorbringen. Deshalb interessiert es ebenfalls nur am Rande, dass die Berliner Polizei in Teilen Neuköllns auch außerhalb von Freibädern nur noch mit einem Großaufgebot ihre Arbeit verrichten kann, sofern sie nicht gleich ganz kapituliert.

Massenschlägereien zwischen größeren Gruppen besagter „junger Männer“ sind beileibe kein Phänomen heißer Sommertage, und das nicht nur in Berlin. In den übrigen Jahreszeiten spielen sie sich allerdings an anderen Orten ab und erregen meist weniger öffentliche Aufmerksamkeit als im Sommerloch. Man darf dennoch gespannt sein, welche Gründe vorgeschoben werden, sobald die Bäder schließen: Im Herbst könnte vielleicht die schwere Kindheit der beteiligten „Jugendlichen“ schuld sein, im Winter liegt es an den kalten Außentemperaturen sowie der sozialen Kälte Deutschlands und im Frühjahr sind es die Frühlingsgefühle. Bis zum nächsten Sommer, wenn wieder die altbewährten Phrasen von „Testosteron und Hitze“ oder „interkulturellen Missverständnissen“ hervorgekramt werden.

Mehr Infos:
http://www.welt.de/vermischtes/article143598675/Polizei-raeumt-Berliner-Freibad-wegen-Massenschlaegerei.html
http://www.tagesspiegel.de/berlin/gewalt-in-berlin-freibadschlaeger-bleiben-haeufig-ohne-strafe/12081260.html
http://www.tagesspiegel.de/berlin/undercover-polizisten-in-berlins-freibaedern-mit-badehose-und-pfefferspray/12013480.html
http://www.deutschlandfunk.de/interkultureller-dialog-imame-als-streitschlichter-im.1769.de.html?dram:article_id=292949
http://www.welt.de/regionales/nrw/article143379384/Gewerkschaft-warnt-vor-No-go-Areas-im-Ruhrgebiet.html

 

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/hitze_und_hormone

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  31.07.2015   Achgut.com

Der IS ist Islam in Reinkultur

Im IS geschieht derzeit das, was schon zur Zeit des Propheten mit dessen Billigung Frauen und Ungläubigen angetan wurde – man lese die kanonischen Hadithe und die Geschichten, in denen Mohammed unter gewissen Voraussetzungen die Tötung und Versklavung von Frauen befahl.

Merke: Nicht allein der Koran ist rechtleitend für gläubige Muslime. Genauso wichtig: die Sunna = Traditon, darin zentral die Hadithe, die Sammlung von Geschichten, Aussprüchen und Anweisungen des Propheten.

Die Kinder- und Vielehe unter Muslimen etwa geht nicht auf den Koran, sondern direkt auf Mohammeds überliefertes Vorbild zurück. Insofern kann der häufig gehörte Satz, diese oder jene muslimische Praxis sei “unislamisch” weil “nicht durch den Koran gedeckt”, zwar formal richtig, aber dennoch eine Falschaussage sein. Oder gar eine dicke Lüge. Dann nämlich, wenn eine islamische Norm oder Glaubenspraxis sich auf eine Tat oder Gewohnheit des Propheten beziehen lässt. Der IS ist daher auch nicht grausamer, als es der Ur-Islam, die Ur-Gemeinde in Yathribb/Medina, unter der Herrschaft Mohammeds war.

Nehmen wir mal dieses Beispiel – hier sorgt Mohammed rührend dafür, dass eine nach einem Ehebruch schwanger gewordene Frau noch ihr Kind für die islamische Ummah entbinden kann, d.h., statt auf der Stelle gesteinigt zu werden, noch bis zur Entbindung weiterleben darf. Der Zynismus des Propheten erstrahlt zu vollstem Glanz, wenn er, nach der von ihm angeordneten Steinigung der Frau, dann auch noch ihr Beerdigungsgebet spricht: als besondere Gunst und als Empfehlung an Allah für eine reuige Sünderin!

Wenn wir uns den ZDF-Dok-Film anschauen, dann wissen wir nun:

Im IS geschieht, anders als es die Islamfunktionäre uns glauben machen wollen, genau das, was schon zur Zeit des Propheten mit dessen Billigung Frauen und Ungläubigen angetan wurde. Denn der IS ist Islam in Reinkultur.

 

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/der_is_ist_islam_in_reinkultur

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  31.07.2015   10:12   Leserkommentare (0)*

Das falsche Spiel mit den Flüchtlingen

 

Es ist so furchtbar typisch für unser Land. Rechte Dumpfbacken vor Asylbewerberunterkünften beherrschen die Schlagzeilen, was den stets beliebten „Kampf gegen Rechts“ befeuert, als ob es darum ginge, wieder einmal den Anfängen zu wehren. Bemerkenswert ist jedoch vielmehr die große Hilfsbereitschaft der Mehrheit der Deutschen denen gegenüber, die hierzulande ein anderes, ein besseres Leben suchen. Und es ist ein offenes Geheimnis: ohne das private Engagement vieler Bürger wäre die rasant anschwellende Zuwanderung noch weniger zu bewältigen.

Na klar: good news are no news. Doch vor allem lässt sich die Angst vor einem neuen „Rechtsruck“ prächtig funktionalisieren. Der Vorwurf, „rechts“ zu sein, ist fast so schlimm wie der, ein misogyner Sexist zu sein. Beides kann einem flugs die Karriere kosten.

Für Politiker und Volkspädagogen ist der Kollektivverdacht, es hierzulande überwiegend mit hässlichen Deutschen zu tun zu haben, bestechend: wenn es Probleme gibt, liegt es an mangelnder „Willkommenskultur“ der Einheimischen, nicht aber an den politisch Verantwortlichen. Dabei ist ein Großteil der Probleme mit der derzeitigen Einwanderungswelle hausgemacht. Denn nein: es kommen nicht überwiegend Menschen, die verfolgt sind und für die unsere Asylgesetze gelten. Um ein Drittel größer als die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan ist die der Zuziehenden aus dem Kosovo, Albanien und Serbien, also aus dem Westbalkan, die so gut wie keinen Anspruch auf Asyl haben. 

Lasset sie alle kommen? Gewiss: Wenn sie in der Lage sind, auf eigenen Beinen zu stehen und für sich selbst zu sorgen, wenn sie also jene Bereicherung sind, von denen man hierzulande gern träumt. Was vielen aus Ex-Jugoslawien einst gelang, könnte doch auch denen aus seinen Nachfolgestaaten gelingen? Doch viele von ihnen folgen einer anderen Spur. Der Großteil der „Welle“, die Politik, Verwaltung, Kommunen derzeit überrollt, wurde von einer Politik der falschen Anreize erzeugt, von Inkonsequenz bei der Anwendung eigener Gesetze – und vom Scheitern Europas.

Ach, Europa. Die Mehrheit der EU-Staaten hält wenig davon, sich auf die freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen einzulassen. Und selbst wenn Italien und Griechenland als Erstaufnahmeländer den Zuzugsstrom bewältigen könnten: dort will niemand bleiben. Die meisten Einwanderer möchten nach Deutschland, dort, wo es der Legende zufolge für jeden ein Haus gibt. Nicht jeder glaubt an solche Märchen, doch bei den meisten dürfte sich herumgesprochen haben, dass man sich in Deutschland ans eigene Asylgesetz nicht hält: abgeschoben wird selten, Politiker und Behörden trauen sich nicht, es sieht so hässlich aus.

Und allein das jedem hier Ankommenden zustehende Taschengeld ist für Einreisende aus den Balkanstaaten so attraktiv, dass sie das geringe Risiko der Ausweisung bereitwillig auf sich nehmen. Hier brauche man mehr statt weniger Europa, meint Bundesinnenminister Thomas de Maizière, sonst müsse man die Grenzen wieder schließen. Richtig. Es sieht allerdings ganz so aus, dass viele EU-Länder Europa nur dann benötigen, wenn es ihnen nützt. Man könnte es nationalen Egoismus nennen.

Doch so ist es nunmal. Menschen können rechnen, und wer ihnen Anreize gibt, muss sich darauf einstellen, dass sie mit beiden Händen zugreifen. Fallen sie weg, ändert sich die Geschäftsgrundlage: schon jetzt nimmt der Zustrom aus den Balkanländern ab, seit sich abzeichnet, dass auch Albanien, das Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden.

Doch was ist mit den Flüchtlingen aus Eritrea oder Nigeria, die meisten von ihnen junge Männer? Es ist offenbar müßig, diese Frage afrikanischen Despoten zu stellen. Pikanterweise beschwerte sich jüngst das Außenministerium Eritreas beim UNO-Sicherheitsrat darüber, dass seine Bürger nicht im Lande bleiben wollen.

Offenbar kann es sich für eine Familie lohnen, einen jungen Mann mit tausenden von Dollars auszustatten, damit er sich nach Deutschland schleusen lässt, in der Hoffnung, dass die Familie später nachziehen kann. Damit ist das Geschäftsmodell der Schleuser gesichert. Und alle Hochrechnungen, die nicht jene Vielzahl mitberücksichtigen, die hinter einem einzigen Zugereisten steht, sind heiße Luft.

Realistisch gesehen: solange Deutschland mit einem Modell lockt, das sich auf einen Nationalstaat und nicht auf ein offenes Einwanderungsland bezieht, signalisiert es paradiesische Zustände, die es auf die Dauer nicht garantieren kann. Entweder erledigt sich der Sozialstaat dank wachsenden Zuspruchs selbst – oder er beschränkt sich auf den Club der bereits hier Lebenden.

Doch so realistisch hat man es hierzulande nicht gern, vor allem nicht bei einer Lobby, die vom Leid profitiert, das andere zu uns treibt: die Interessenvertretung all jener Sozialdienstleister, die von der Ausdehnung staatlicher Fürsorge profitieren. Bereits jetzt kommt noch nicht einmal die Hälfte des größten Haushaltspostens dort an, wo er Gutes tun soll, bei den Bedürftigen nämlich. Den Löwenanteil kassieren die bestallten Fürsorger – und jede neue „Flüchtlings“welle beschert ihnen vielfältige neue Möglichkeiten, ihr Angebot auszudehnen.

Es gibt offenbar Probleme, die niemand lösen will, solange man sie verwalten kann. Aber auch dieses Geschäftsmodell könnte irgendwann an seine natürlichen Grenzen stoßen.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/das_falsche_spiel_mit_den_fluechtlingen

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  31.07.2015   Achgut.com

Zuwanderung: Der linke Sieg beim Kampf um die Worte

Von Tim Tressel

Die regierenden Parteien werfen sich beim Asyl-Thema gegenseitig Rücksichtslosigkeit oder Betroffenheitspolitik vor, und das mit Recht. Die Parteien und Kommentatoren reden viel über den Gesprächston, die Debattenkultur und die allgemeine Gefühlslage, obwohl das alles nichts zu einer Lösung des Problems beitragen wird.

Die linken Kräfte der Republik nutzen die Stimmung im Land genauso für ihre propagandistischen Zwecke wie die rechten Kräfte, die, unter dem Deckmantel der Überforderung der Behörden, Anschläge auf Unterkünfte verüben und sonstige Straftaten begehen. Grüne, Linke und SPD beschwören die Willkommenskultur und den Kampf gegen rechts, um für ihre Sache zu mobilisieren. Als ob ein Paar NPD-Futzies hier demnächst das Land übernehmen würden. Die autoritäre Gefahr von rechts geht meiner Meinung nach nie von einem Haufen Idioten aus, die Migranten für ihre Probleme verantwortlich machen, sondern immer von dem weitverbreiteten Glauben, der Staat könne und müsse alle Problem lösen und wisse immer, was gut für den Einzelnen ist.

Aber man muss es den Linken lassen, in Deutschland gewinnen sie immer den Kampf um die Worte. So redet man in der Bundesrepublik immer über die Flüchtlinge, oder die Flüchtlingspolitik, was bei jedem Zuhörer sofort sympathische Gefühle auslöst und Beschützerinstinkte weckt. Hätte die CSU oder die AfD es geschafft, das Wort illegale Einwanderer durchzusetzen, dann wäre die Debatte wohl anders verlaufen. Die Wahl der Worte hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Richtung einer öffentlichen Debatte, so war in den USA immer eine Mehrheit gegen „gay marriage“ aber für „marriage equality“. Wenn man also für dieses offensichtliche Problem eine pragmatische Lösung finden will, so sollte man unemotional einfach von Asylbewerben sprechen.

Das deutsche Asylrecht ist eins der weitreichendsten der Welt und das passt auch zur äußerst toleranten und kulturell offenen Einstellung der politischen Eliten in allen Parteien. Diese Haltung findet sich aber nicht unbedingt auch so in der Mehrheit der deutschen Bevölkerung wieder, was unter anderem auch zum Aufstieg von Pegida, AfD und anderen beigetragen hat. Hier nur über Stimmungen, Hetzte und Ressentiments zu sprechen wird auch niemanden helfen, denn das Sein bestimmt das Bewusstsein und nicht umgekehrt. Wer eine tolerantere und offenere deutsche Gesellschaft haben möchte, die den hier aufgenommen Menschen wohlmeinend gegenübersteht, der wird das nicht durch eine hetzerische oder betroffene Rhetorik erreichen, sondern durch Maßnahmen, die geeignet sind, die mit dem Asylbewerberansturm verbunden Probleme zu lösen.

Und ganz offensichtlich gibt es ein Problem mit den Kapazitäten, das wird wohl keiner bestreiten können. Wenn also nicht genug Kapazitäten vorhanden sind, um die Flüchtlingsströme zu bewältigen, dann gibt es nur wenige Optionen. Man kann die Kapazitäten erhöhen, was sicherlich notwendig ist, aber ab einem gewissen Punkt die Leistungsfähigkeit des deutschen Staates finanziell übersteigen wird. Vor allem da sich in Zukunft noch mehr Menschen auf den Weg machen werden, in Europa nach einer besseren Zukunft zu suchen. Man kann auch den Prozess beschleunigen und Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, wieder schneller aus dem System herausholen und somit auch den Aufgenommen schneller ermöglichen, sich in diese Gesellschaft zu integrieren.

Es gibt ja durchaus vernünftige Handlungs-Optionen:

– Mehr Länder müssen als sichere Herkunftsländer eingestuft werden. Das deutsche Asylrecht ist nicht dafür ersonnen worden, Menschen die Einwanderung zu ermöglichen, die ihre wirtschaftliche Position verbessern wollen. Sondern es wurde für Menschen geschaffen, die tatsächlich vor Verfolgung und Gewalt in ihren und durch ihre Staaten beschützt werden müssen. Davon gibt es aktuell sehr viele und, jeder der hierher kommt und nicht zu dieser Gruppe gehört, nimmt diesen wirklich hilfsbedürftigen Menschen wichtige Ressourcen weg. An dieser Stelle sollte man sich nichts vormachen. Außerdem müssen die Verfahren im Interesse aller Beteiligten beschleunigt werden. An dieser Stelle wären zusätzliche finanzielle Mittel wohl am besten investiert.

– Der Bund muss die Kosten für die Asylproblematik übernehmen, das wäre angesichts der gewaltigen Aufgabe der Bewältigung der aktuellen und der zukünftigen Flüchtlingsströme dringend geboten und außerdem bestimmt auch effizienter. Vor allem die Kommunen tragen in diesem Land schon genug Lasten und können nicht weiter für den Bund oder die Länder in Bresche springen.

– Der Staat sollte Straftaten immer und überall rigoros verfolgen, wenn diese im Umfeld von Unterkünften von Asylbewerbern begangen werden genauso. Wenn die Politiker sich gegenseitig beschuldigen, für diese Anschläge mitverantwortlich zu sein, dann relativiert das die Schuld der Täter und erschwert deren Ergreifung. Durch dieses Verhalten kann eine schlimme Straftat ganz schnell einer gewissen Stimmung statt eines individuellen Verbrechers zugeordnet werden.

– Man sollte den aufgenommen Menschen schneller ermöglichen, wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen und auch die legalen Zuwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte erleichtern. Man sollte vor allem den jungen Menschen aus den Kriegsgebieten nicht das Gefühl geben, hier perspektivlos gestrandet zu sein. Ein Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte unter gewissen Umständen erleichtert und auch einen Wechsel zwischen den Systemen ermöglicht, wäre hier dringend geboten. Was spricht dagegen, einen Asylsuchenden eine Ausbildung machen zu lassen, wenn er einen willigen Arbeitgeber findet? In der aktuellen Situation nimmt er ohnehin bestimmt niemandem den Job weg, und wenn er bleibt, hat Deutschland eine Fachkraft mehr und wenn er wieder gehen muss, kann er seine Fähigkeiten zu Hause einsetzten. Win-Win! Diese Menschen zum Nichtstun zu verdammen, verursacht mit Sicherheit nur Probleme.

Schlussendlich liegt es mir absolut fern, irgendeinem Menschen zu sagen, er soll nicht nach Deutschland oder irgendwohin kommen, weil es „mein“ oder „unser“ Land sei. Das halte ich für Unsinn. Jeder sollte die Freiheit haben, sein Glück dort zu suchen, wo er möchte. Aber man muss sich in Deutschland auch im Klaren darüber sein, dass man nicht gleichzeitig jeden herkommen lassen und den deutschen „Vollpension-für jeden“-Sozialstaat weiter aufrechterhalten kann. Ein so starkes sozialstaatliches Sicherungsnetz wie das deutsche zieht nun einmal eher die Schwachen als die Starken an. Ein neues Einwanderungsgesetz könnte hier einen Ausgleich schaffen.

Aber wenn man den Hass auf die hier Strandenden wirklich schüren will, dann sollte man jeden von ihnen für möglichst lange Zeit zu Empfängern von Transfergeldern machen, denn die sind in Deutschland traditionell sehr beliebt….

Siehe auch http://gunsandburgers.com/

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/zuwandserung_der_linke_sieg_beim_kampf_um_die_worte

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  02.08.2015   Achgut.com

Es duftet nach Zivilcourage – per ordre de Stegner

Der politisch initiierte „Aufstand der Anständigen“ zählt zu den bedeutendsten Instrumenten des deutschen Waffenarsenals. Er kommt immer dann zum Einsatz, wenn es für eine Ethikkommission noch zu früh ist, die gesellschaftlichen Gräben jedoch schon zu tief sind. Ausgestattet mit gezeigtem Gesicht und eingebauter Wohlfühlgarantie umhüllt er zuverlässig jede noch so lästige Problemzone mit einem rosaroten Leichentuch.

Wie gut das funktioniert, hat Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D. und Erfinder des „Aufstands der Anständigen“, bereits vor 15 Jahren vorgemacht. Anlässlich eines Brandanschlags auf die Düsseldorfer Synagoge rief er damals zu mehr Engagement gegen Rassismus auf, woraufhin sich die halbe Bundesrepublik in eine Lichterkette verwandelte.

Zwar stellte sich kurze Zeit später heraus, dass es sich bei den Tätern nicht um biodeutsche, sondern um arabische Nazis handelte – aber das tat dem angenehmen Geruch von Zivilcourage, der durch die Bundesrepublik wehte, natürlich keinen Abbruch.

Nun allerdings erfährt Gerhard Schröder harte Konkurrenz. Denn auch Ralf Stegner, Vize-Chef und amtierende Allzweckwaffe der SPD, möchte jetzt aufstehen. Vorgestern zeigte er noch Gesicht für Europa, gestern gegen das Betreuungsgeld. Heute hingegen treibt ihn die Flüchtlingsproblematik in Gestalt von Hass und Gewalt gegen selbige um. Und weil sein Gesicht allein nicht reicht, schwebt ihm nun eine Deluxe-Version des anständigen Aufstands vor, an dem sich aber nicht nur Otto-Normal-Bürger, sondern vorrangig Promis zu beteiligen haben.

„Gegen Intoleranz, Rassismus, verbale Hetze gegen Schwächere und Angriffe auf Flüchtlinge muss sich die Zivilgesellschaft zur Wehr setzen. Wenn das gerade auch die Frauen und Männer tun, die im Sport, in der Musik oder in anderen Bereichen als Idole eine Vorbildfunktion erfüllen können, dann ist das sehr zu begrüßen“, sagte Stegner dem Handelsblatt.

Zweifellos eine schöne Idee, die sogar noch schöner wäre, wenn sie auch etwas modifiziert in anderen Sphären umgesetzt würde. Niemand hätte etwas dagegen, wenn Iris Berben gegen den Iran-Deal, Mario Adorf gegen die Rente mit 63 und Cindy aus Marzahn gegen die Frauenquote Gesicht zeigen würden. Aber mit Steuergeld, Frauen oder Krieg und Frieden kann jemand wie Stegner freilich auch ohne prominente Unterstützung gut umgehen.

Die Sache mit dem Rassismus hingegen lässt sich offenbar nachhaltiger lösen, wenn wir uns einen Herbert Grönemeyer vorstellen, der per Webcam „Heal the world“ in Richtung Freital schmettert, Konstantin Wecker für die Zugabe sorgt und Til Schweiger im selben Rhythmus Facebook-Statusmeldungen tippt. Was bei Band Aid in Sachen Afrika klappt, kann in Ralf Stegners Social-Media-Kosmos schließlich nicht schiefgehen. „Macht mit!“, ruft er seinen prominenten Followern auf Twitter zu, so als ginge es darum, Rentner auf der AIDA zur morgendlichen Wassergymnastik zu motivieren.

Theoretisch könnte man Ralf Stegner nun allerlei Niederträchtiges um die Ohren hauen. Ihm ein wenig Unfähigkeit unterstellen, ihn daran erinnern, dass für rechtsradikale Gruselfiguren mit pyromanischer Ader doch die Polizei zuständig ist und es überhaupt ein bisschen hilflos aussieht, Prominente in ein Rennen zu schicken, das die Politik nur verlieren kann.

Aber das würde dem Sozialdemokraten mit Gesicht überhaupt nicht gerecht. Denn dass randalierende Glatzenträger nicht die einzige Facette der Flüchtlingscausa darstellen, hat sich auch schon in Stegners Umkreis herumgesprochen. Wenn er nicht gerade Promis gegen rechts akquiriert, trommelt er gegen eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer, für eine bessere Verteilung von Flüchtlingen sowie für mehr Geld vom Bund.

Und natürlich für ein Einwanderungsgesetz sozialdemokratischer Prägung, das in der Asylfrage nur nicht wirklich hilft, solange Kosovaren und Serben, die 2015 schon längst die Syrer und Iraker überholt haben, das tun, was ausnahmslos jeder tun würde und ihnen demnach nicht zum Vorwurf gemacht werden kann: möglichst unbürokratisch dorthin gehen, wo mehr Lebensqualität winkt. Ein Taschengeld und die Aussicht auf Gesetze, die nicht immer angewendet werden, dürften auch nicht unbedingt jeden daran hindern, die Heimat zu verlassen.

Natürlich könnten Stegner und Kollegen sich an dieser Stelle die Systemfrage stellen, die zwischen Wohlfahrtstaat, offenen Grenzen und dem dazwischen liegenden Graben oszilliert. Dann könnten sie vielleicht für einen kurzen Moment von der wahnwitzigen Illusion eines unbürokratischen Deutschlands heimgesucht werden, in dem jeder In- und Ausländer sein Glück versuchen, aber nicht dazu gezwungen werden kann, eine Versicherung für alle anderen zu finanzieren. Das würde zwar besser klappen, wäre aber nicht so gut für die politische Karriere. Die erübrigte sich dann nämlich ein wenig.

Folglich tut auch Stegner lieber das, was ein Genosse tun muss. Die Diskrepanz zwischen sozialdemokratischen Planspielen und der Realität kompensiert er dafür umso bravouröser mit improvisatorischem Geschick und herzlicher Kreativität. Wenn sich schon die Flüchtlingsproblematik nicht ordentlich verwalten lässt, der Steuerzahler jedoch unruhig wird, weil er Verteilungsungerechtigkeit wittert und nicht versteht, warum das Merkel’sche Gesetz („Wo ein Wille, ist auch ein Weg“) zwar in Griechenland, nicht aber in der Nachbarschaft funktioniert, dann muss eben die Fassade ein bisschen renoviert werden.

Insofern ist so ein prominenter „Aufstand der Anständigen“ nicht nur eine brillante, sondern auch eine konsequente Idee. Zum einen, weil sie gut und geschichtsbuchverdächtig aussieht. Zum anderen, weil sie bequem umsetzbar ist. Stegner muss nicht selbst twittern – er lässt twittern. Mit Zivilcourage hat das zwar in etwa so viel zu tun wie ein Zeltlager mit Schloss Bellevue.

Dafür verspricht die Aktion aber weniger Stress als beispielsweise ein Besuch bei Helfern, die allen Widrigkeiten zum Trotz freiwillig im örtlichen Flüchtlingsheim Deutschkurse geben. Außerdem kann es ja nicht schaden, wenn man den Bürgern nochmal klar macht, dass man derlei Unterkünfte nicht einfach so anzündet. Vielleicht verstehen sie das ja besser, wenn ein kompetenter Tatort-Kommissar es ihnen erklärt.

Das ist zwar weder der Punkt, noch die Lösung des Gesamtproblems. Es hilft auch nicht den Flüchtlingen, sondern den prominenten Gesichtern. Aber Hauptsache, es duftet nach Zivilcourage – die eben auch mal per ordre de Stegner hergestellt werden muss.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/es_duftet_nach_zivilcourage_per_ordre_de_stegner

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Von Alexander Meschnig

Der Soziologe Max Weber nannte den vorherrschenden Typus des Intellektuellen in seinem 1919 veröffentlichten Essay Politik als Beruf zu Recht in pejorativer Absicht: Gesinnungsethiker. Deutschland besitzt, insbesondere im linken Spektrum, eine schier unerschöpfliche Quelle an „edlen Seelen“ (Siegfried Kohlhammer), die in der Regel jegliche Verantwortung für ihre „reine und hehre Gesinnung“ anderen bzw. der Allgemeinheit übertragen, die dann mit den unmittelbaren Folgen leben müssen. Ihre Positionen sind im besten Sinne apolitisch, da sie in den meisten Fällen keinen Bezug zur Realität oder den Friktionen der Realpolitik zeigen. Unerfüllbare Maximalforderungen und abstrakte Ideale, wie etwa ein bedingungsloser Pazifismus Käßmannscher Prägung oder das neueste Buchelaborat aus dem prantelschen Paralleluniversum, sind typische Ausprägungen eines gesinnungsethischen Moralismus.

So mag es eine individuell erhöhende und wohlfeile Sache sein, den Anspruch eines jeden Ausländers auf Einwanderung und Versorgung durch den deutschen Sozialstaat zu fordern („Kein Mensch ist illegal“), nüchtern betrachtet stellt das aber nur eine Einladung an Millionen von Wirtschaftsflüchtlingen aus der ganzen Welt dar, gleich, ob sie politisch verfolgt werden oder nicht, die verpflichtende Grundsicherung (Unterkunft, Verpflegung, Geldleistungen) hier in Anspruch zu nehmen. Dabei spielt es objektiv nicht einmal eine Rolle ob Deutschland ein, zwei oder mehrere Millionen Armutsflüchtlinge aufnimmt. Die Bevölkerungsexplosion in Afrika oder den meisten muslimischen Ländern würde die Verluste an Auswanderern jedes Jahr einfach ausgleichen. Die Zahl der Afrikaner ist etwa seit 1950 von 250 Millionen auf über eine Milliarde gestiegen. Millionen, vor allem junger Männer, warten bereits auf die Chance ihre Heimatländer zu verlassen und nach Europa zu kommen. Dafür gehen sie alle Risiken ein, insbesondere da sich herumspricht dass, wer einmal in Europa, vor allem in Deutschland, angekommen ist, in den allerwenigsten Fällen ausgewiesen wird, selbst wenn ein Asylstatus abgelehnt wird. Ökonomische Gründe mögen für die wachsenden Flüchtlingswellen wichtig sein, letztendlich ist es aber der demographische Faktor, der den Druck im Inneren vieler Staaten erhöht. Die extremen „Youth Bulges“ in Afrika und den arabischen Ländern, also die exorbitante Zunahme junger Männer an der Bevölkerungspyramide für die keinerlei gesellschaftliche Position zur Verfügung steht und die im wahrsten Sinne des Wortes „Überflüssige“ sind, zeigt sich aktuell in der Zunahme kriegerischer Konflikte in den betroffenen Regionen. Bürgerkriege, äußere Konflikte, ethnische und religiöse Spannungen sind stets historische Begleiterscheinungen von Youth Bulges, wie Gunnar Heinsohn, ein akademischer Außenseiter, in seinem Buch Söhne und Weltmacht eindringlich zeigt.

Die letzte Konsequenz vollkommen offener Grenzen ist, neben dem schon lange sichtbaren Import unzähliger Konflikte der Einwanderer und mentaler Inkompatibilitäten, das Ende unserer Sozialsysteme, wo man über längere Zeit Beiträge einbezahlt, um danach irgendwann Leistungen zurück zu bekommen. Das Grundprinzip allen menschlichen Zusammenlebens lautet Reziprozität. Warum jemand, der hier nie einen Cent für die Allgemeinheit bezahlt hat, alle möglichen Forderungen stellen, den Staat erpressen und damit Erfolg haben kann, wie etwa in Berlin-Kreuzberg monatelang von sogenannten Refugees und ihren linksextremen „Supportern“ vorexerziert, bleibt für die meisten Menschen, nicht nur in Deutschland, wohl rätselhaft. Es gibt, zugespitzt, keinen Generationenvertrag zwischen alternden Westeuropäern und Schwarzafrikanern, rumänischen Zigeunern, Irakern oder Afghanen. Offensichtlich gibt es aber so etwas wie einen „Schuldvertrag“, zwischen dem „reichen Europa“ und dem „armen Rest“, der einfach zu instrumentalisieren ist und der jederzeit abgerufen werden kann. Der französische Soziologe Pascal Bruckner fasst dieses Verhältnis präzise zusammen:

„Europa schuldet Letzteren alles: Unterkunft, Verpflegung, Gesundheitsversorgung, Erziehung, ordentliche Löhne, prompte Erledigung ihrer Anliegen und vor allem Respektierung ihrer Identität. Bevor sie noch einen Fuß auf unseren Boden gesetzt haben, sind sie Gläubiger, die ihre Schulden einfordern.“

Über die tatsächlich Schuldigen, etwa die unsäglichen afrikanischen Regierungen, wird selten einmal berichtet. Inzwischen kommen die meisten afrikanischen Flüchtlinge die über das Mittelmeer nach Europa strömen nicht aus den Bürgerkriegsländern und sind in der Regel nicht von Hunger bedroht. Die Ärmsten haben auch gar keine Möglichkeit den Preis für die Schlepper zu bezahlen. Korruption und Vetternwirtschaft, ein mangelndes Bildungssystem, eine ineffiziente Administration, ausufernde Planwirtschaft, mangelnde Rechtssicherheit und ein Gangstertum an der Spitze vieler Staaten die für sich und ihre Clans den Reichtum verschleudern, erzeugen eine Perspektivlosigkeit für viele Afrikaner, die offensichtlich alle Risiken auf dem Weg nach Europa in Kauf nehmen. Die afrikanische Union oder einzelne afrikanische Staaten scheint dieser Massenexodus der eigenen Bevölkerung, in der Regel junge Männer, nicht zu kümmern. Hat man bis dato einmal davon gehört, dass es einen Sondergipfel oder sonstige Zusammenkünfte afrikanischer Vertreter gab, die das Problem der Massenflucht thematisieren, geschweige sich die Frage stellen: „Was ist eigentlich mit unseren Ländern los, dass Menschen ihr Leben riskieren um sie zu verlassen“? Das einzige, was wir von afrikanischen Potentaten hören sind Vorwürfe die in der Aussage gipfeln, Europa schotte sich ab. Darin gleichen sie den Claudia Roths, den Kathrin Göring-Eckhardts, Heribert Prantls und anderen Linkspopulisten in Deutschland.

Im Übrigen zeigen die steinreichen arabischen Länder wie Saudi-Arabien, Katar oder Kuwait ebenfalls keinerlei Interesse daran ihre „muslimischen Brüder“, die sich in Religions- und Stammeskriegen gegenseitig massakrieren, aufzunehmen und zu alimentieren. Seltsam, wo doch sonst bei jeder angeblichen Beleidigung der Umma (der Gemeinschaft der Gläubigen) riesige „Solidaritätswellen“, meist gewalttätig, ausgelöst werden. Den afrikanischen wie auch arabischen Herrschern fehlt etwas vollkommen, was die europäischen Gesellschaften im Überfluss besitzen: Schuldgefühle und eine Verantwortungsethik. Es interessiert weder einen afrikanischen Despoten noch einen saudischen König ob andere buchstäblich verrecken.

Es ist natürlich ein Leichtes im Namen christlicher oder moralischer Werte zu fordern, Deutschland müsse noch viel mehr Zuwanderer, unabhängig von ihrer Qualifikation, Bildung oder Mentalität aufnehmen. Was die Tugendsamen aber zu dieser Forderung legitimiert oder was sie selbst für eine Integration der Einwandernden leisten, bleibt in der Regel unbeantwortet. Die aus ihrer moralinsauren Haltung entstehenden materiellen und vor allem sozialen Kosten für die Allgemeinheit spielen für die „Guten“ eine zu vernachlässigende Rolle. Die unmittelbaren Folgen ihrer abstrakten Menschenliebe werden gerne an diejenigen delegiert, die an den Schnittpunkten sozialer Verwerfungen leben müssen und die mit den Herbeigerufenen um Arbeitsplätze und Wohnraum konkurrieren.

Jedes noch so vorsichtig vorgebrachte ökonomische Argument, etwa die Frage, was wir in Europa denn mit Millionen von unqualifizierten Einwanderern anfangen sollen, wo doch die Arbeitslosigkeit insbesondere junger Menschen in den südlichen Ländern der EU dramatische Dimensionen angenommen hat, wird mit dem inzwischen inflationären Begriff „menschenverachtend“ rasch abgebügelt. In den allermeisten Fällen betrifft die selbsternannten „edlen Seelen“ die eigene Entscheidung weder finanziell noch lebensweltlich. Wird dennoch einmal – selten genug – ein Asylantenheim oder Zigeunerlager in der unmittelbaren Nähe des meist bürgerlichen und wohlhabenden Wohnumfeldes errichtet, ist der Aufschrei jedes Mal groß. Das geht nun aber doch nicht!

Es gilt allgemein: rassistisch, das sind immer die anderen, etwa diejenigen, die auch ein Recht auf ein zivilisiertes Umfeld für sich fordern und den Preis der massenhaften und ungesteuerten Zuwanderung zahlen müssen. Dass Menschen aus korruptionsverseuchten Ländern die über keinerlei demokratische Traditionen verfügen, vielfach in tribalistischen Strukturen leben und denken, sich auf wundersame Weise und ohne größere Konflikte in unser politisches System und seine Werte integrieren, mag zwar ein frommer Wunsch sein, die Realität der letzten Jahrzehnte zeigt aber ein andere Tendenz, sieht man einmal von den Medien und den meisten Parteien ab, die alles dafür tun, das schöne Bild der bunten Republik nicht zu zerstören.

Warnungen vor einer allzu naiven Sichtweise gibt es, sie werden aber entweder ignoriert oder die Verkünder der Botschaft in die rechte, gerne auch rechtspopulistische Ecke, gestellt. Bezeichnenderweise sind es Politiker der SPD, einst traditionell die Vertreter des „kleinen Mannes“, wie Thilo Sarrazin oder der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky, die den Bezug zur Realität der normalen Bürger noch nicht ganz verloren haben, eine Tatsache, die für ihre Partei längst nicht mehr zutrifft, die sich mehr und mehr für ihre ehemaligen Stammwähler schämt. Die intellektuelle und akademische Elite schweigt in der Regel oder entspricht bei allen wichtigen Fragen rund um Zuwanderung und Integration ganz dem Typus des Weberschen Gesinnungsethikers. Eine der wenigen kritischen Stimmen, der Politikwissenschaftler Herfried Münkler, vor Kurzem selbst zur Zielscheibe linker Denunzianten geworden, skizziert die aktuelle Situation, die für die nächsten Jahre bestimmend sein wird, in nüchternen Worten:

„Die größte sicherheitspolitische Herausforderung des 21. Jahrhunderts wird nicht in der Gefährdung von Grenzen durch feindliche Militärverbände, sondern im Überschreiten dieser Grenzen durch gewaltige Flüchtlingsströme bestehen, die, wenn sie massiv auftreten, nicht der wirtschaftlichen Prosperität Europas zugutekommen, sondern die sozialen Sicherungssysteme der europäischen Staaten überfordern und damit die soziale Ordnung in Frage stellen. Gleichzeitig ist Europa infolge seiner Wertbindungen nicht in der Lage, diese Flüchtlingsströme an seinen Grenzen zu stoppen und zurückzuweisen, wie man dies bei einem militärischen Angriff versuchen würde.“

Über die Konsequenzen eines derartigen Szenarios auf längere Sicht nachzudenken mag kaum jemand. Die allgemeine Forderung, alle Flüchtlinge – und als solche werden inzwischen alle hier Eintreffenden unterschiedslos bezeichnet – unabhängig von ihren Gründen und ihrer individuellen Disposition aufzunehmen, ist da viel bequemer und gibt einem zugleich ein gutes Gewissen. In den klassischen Einwandererländern wie den USA, Kanada oder Australien sind nach einer Phase ungeregelter Einwanderung längst Immigrationsgesetze in Kraft getreten, die Zuwanderer auf ihren praktischen Nutzen für die Aufnahmegesellschaft prüfen. Was ist daran verwerflich? Einwanderer, wohlgemerkt: nicht politisch Verfolgte, die asylberechtigt sind, haben in der Regel ökonomische Gründe sich für ein Land zu entscheiden. Wieso soll das nicht umgekehrt ebenso gelten? In Deutschland ist aber allein die einfache Frage: Können wir die Leute, die zu uns wollen, brauchen? Sind sie sozial und kulturell zu integrieren?, weitgehend tabuisiert. Fragen nach dem, was Einwanderer (von politisch Verfolgten und Asylberechtigten zu unterscheiden) für uns bringen, gelten als unmenschlich.

Woher kommt diese Weigerung sich mit den konkreten Folgen des Zuzugs Hunderttausender auseinanderzusetzen? Warum soll alles eine Bereicherung sein, was von außen kommt, während das Eigene abgewertet wird? All das Gerede von der bunten Republik, von Diversitäten und kultureller Bereicherung soll uns letzten Endes suggerieren, dass wir froh sein sollen, nicht im nationalen Sumpf zu versinken, der direkt in den Faschismus führt. „Ausländer, lasst uns nicht mit den Deutschen allein“, dieser Slogan der 80er Jahre drückt die Sehnsucht nach dem Anderen und die Abwertung des Eigenen in aller Deutlichkeit aus.

Man kann in der aktuellen Situation ein allgemeines Symptom erblicken, das man mit dem Begriff der Dekadenz beschreiben kann. Diese besteht in einer feindseligen Haltung gegenüber der eigenen Gesellschaft und ihrer politischen Ordnung, bei gleichzeitiger Glorifizierung alles „Fremden“, kurz: einem Mangel an Selbstachtung und einem Hass auf das Eigene. Der Selbsthass und die eigene Bußfertigkeit, die in der Abwertung des Eigenen eine Tugend erblickt, sind so tief in den kulturellen Traditionen unserer protestantisch geprägten Schuldkultur verwurzelt, dass etwa jegliche Kritik an der selbstzerstörerischen Asylpolitik als moralisches Versagen und herzlose Haltung erscheint. Europa, der geografische und politische Raum, in dem die Menschenrechte erfunden wurden, wird so wahrscheinlich an der strikten Einhaltung seiner humanistischen Grundsätze zugrunde gehen.

Dr. Alexander Meschnig ist Psychologie, Politikwissenschafter und Publizist. Er lebt seit Anfang der 90er Jahre in Berlin.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/der_westliche_selbsthass

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  04.08.2015   Achgut.com

Die Rattenfänger pfeifen auf dem letzten Loch

 

Um den Zustrom der Flüchtlinge nach Europa nicht weiter anschwellen zu lassen, müsse man dafür sorgen, dass die Menschen in ihrer Heimat, in Afrika, auf dem Balkan und im arabischen Raum, ein menschenwürdiges Dasein führen können – ohne politische Verfolgung und in Verhältnissen, die es ihnen erlauben, von ihrer Hände Arbeit zu leben, nicht versklavt, sondern als freie Bürger. Kaum ein Tag, an dem das nicht irgendwo zu lesen oder zu hören wäre; kein Politiker, der das seinem Redenschreiber nicht in die Feder diktierte.

Das hehre Ziel steht außer Zweifel. Und dennoch ist seine Beschwörung nichts als ruchloser Zynismus, wohlfeiles Geschwafel, ein politischen Lippenbekenntnis, das nichts kostet und noch weniger bewirkt. Wer so argumentiert, erzielt einen persönlichen Imagegewinn, indem er sich verantwortungsvoll staatsmännisch gibt, ohne auf absehbare Zeit in der Sache etwas ausrichten zu müssen. Wie auch sollte das gehen?

Wer könnte das leisten von Europa oder gar von Deutschland aus, Steini oder Sigi-Pop, die immer zur Stelle sind, wenn es gilt, das Ansehen autokratischer Machthaber aufzupolieren, früher in Moskau, dann Peking und neuerlich erst wieder an der Seite der iranischen Mullahs? Wann je hätten Mutti, die Aussitzern, der Schluckspecht Junker oder Schulz, der Spesenritter, dem für jeden Tag des Jahres, auch an Weihnachten und am Karfreitag, über 300 Euro Tagegeld zufließen, steuerfrei, wann je hätten sie an irgendeinem Krisenherd dieser Welt haltbaren Frieden gestiftet?

Die Macht, die sie sich zuschreiben, müssen die Aufschneider allemal vortäuschen. Ausüben können sie sie weder politisch noch wirtschaftlich, nicht nachhaltig und schon gar nicht auf der internationalen Bühne. Da bedient man sich ihrer, da feiert man Angie als die „mächtigste Frau der Welt“ und hört gleichzeitig ihr Telefon ab, um rechtzeitig eingreifen zu können, falls sie beabsichtigen sollte, Schwierigkeiten zu machen.

Die kleinen, die mit den großen Hunden pinkeln wollen, bleiben doch immer, was sie sind: Angeber und Maulhelden. Am Ende gehen sie stets als die begossenen Pudel vom Platz. Das ist ihr Schicksal heute wie vorzeiten. Darüber wäre kein Wort weiter zu verlieren. Man könnte die armen Teufel bedauern, sich darüber amüsieren, wie sie sich aufplustern, gelänge es den Rosstäuschern nicht immer wieder Eindruck zu schinden. Das Nachsehen hat, wer ihnen glaubt. Deshalb sind sie als Verführer durchaus ernst zu nehmen. Und als solche provozieren sie eben nicht zuletzt den anschwellenden Flüchtlingsstrom nach Europa. Daran haben sie kaum weniger Anteil als die Verhältnisse in den Herkunftsländern der Flüchtlinge, die Leib und Leben riskieren, um das europäische Paradies zu erreichen.

Um sich selbst die gewünschte Bedeutung zu verleihen, vermitteln die politischen Eliten des Euro-verklammerten Kontinents der Welt eine Erfolgsgeschichte, die auf die Ärmsten der Armen in Afrika und selbst noch auf dem Balkan wie die sprichwörtliche Wurst wirken muss, die man dem Hund vor die Nase hält. Wer sich in seinem Elend an die Hoffnung klammert, kann dem schlichtweg nicht widerstehen. Warnende Stimmen verhallen zwangsläufig im Lärm der Europapropaganda. Der ausgelebte Traum von einer neuen Großmacht, einem europäischen Reich, das es mit Amerika und Asien aufnehmen soll, erzeugt einen Sog, der sich zur Völkerwanderung auswachsen könnte.

Natürlich versteht es sich für die freien Gesellschaften des Westens für selbst, politische verfolgte Menschen anderer Länder aufzunehmen, sofern es sich nicht um Terroristen handelt. Das sind wir uns selbst und den Werten, die wir hochhalten, schuldig. Und natürlich braucht jedes Land Zuwanderung. Nur muss es auch über die nötige Potenz verfügen, die Zuwanderer menschlich anständig und auskömmlich zu integrieren. Es genügt nicht, den großen Max zu markieren, um die, die dem Glauben schenken, dann wieder in Zeltlager zu pferchen, in die Notunterkünfte, denen sie entkommen wollten.  Man muss die Erwartungen, die man mit seiner Selbstdarstellung weckt, auch einlösen können.

Ein weniger protziges Auftreten, als es gerade die Deutschen im Hochgefühl ihrer Wirtschaftskraft an den Tag legen, würde den Flüchtlingen manches ersparen. Wie aber soll jemand in Afrika oder sonst wo in der Welt erkennen, dass unser demonstrierter Reichtum auf buchhalterischen Trickserein basiert, dass sich der Staatshaushalt seit Jahren im Zustand fortgesetzter Konkursverschleppung befindet, weil wir etwa die de facto längst abgeschriebenen Griechenland Hilfen weiterhin als offene Forderung, also unter den Aktiva verbuchen? Will doch selbst hierzulande die Mehrheit erst langsam akzeptieren, dass der Euro „eine der größten wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen des vergangenen Jahrhunderts“ war, eine „Wohlstandsvernichtungsmaschine“, wie „Die Zeit“ vor wenigen Tagen schrieb.

Wer solche Tatsachen außer acht lässt oder gar wissentlich vor der Welt verschweigt, um sich weiterhin in der Illusion politischer Macht und ökonomischen Reichtums zu wiegen, macht ich mitschuldig an einem Flüchtlingselend, das von Afrika sowie aus der arabischen Welt nach Europa überzuschwappen droht. In den Herkunftsländern werden wir wenig bis nichts an der Verhältnissen ändern können, die Hunderttausende und bald Millionen zur Flucht veranlassen. Viel aber wäre schon gewonnen, gelänge es, den Rattenfänger hierzulande das Handwerk zu legen. Sie haben lange genug auf dem letzten Loch gepfiffen.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_rattenfaenger_pfeifen_auf_dem_letzten_loc

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Das «angebliche Asylchaos» (NZZ) ist leider sehr real. Wann merkt es der Bundesrat?

Von Roger Köppel

Italienische Politiker in Süditalien und Sizilien klagen seit Monaten über mangelnde Unterstützung. In Ungarn bauen sie Mauern gegen die illegale Massenmigration. An Europas Südostgrenze verdoppelt sich per Juli die Zahl der illegalen Übertritte. Die Österreicher behandeln keine neuen Asylgesuche mehr, und Grossbritanniens bürgerlicher Aussenminister Philip Hammond, kein Mitglied der Zürcher SVP, erachtet es als «oberste Priorität», die «marodierenden Migranten» in ihre «Herkunftsländer» zurückzuschicken, andernfalls drohe in Europa ein «nicht verkraftbarer Wohlstandsverlust».

Während immerhin einige europäische Politiker den bitteren Realitäten ins Auge blicken, ­besänftigt uns die FDP-nahe Neue Zürcher Zeitung mit der Durchsage, es handle sich bei den aktuellen Asylproblemen lediglich um ein «angebliches Asylchaos». Wie schön. Unsere Justizministerin, Simonetta Sommaruga, kontert das längst akute Unbehagen mit schulmeisterlichen Belehrungen an die Adresse besorgter Regierungsräte, die sich weigern wollen, eritreische Wehrdienstverweigerer direkt im Schweizer ­Sozialstaat aufzunehmen. Wie beruhigend.

Wenn Bundesräte aus Unwissen falsch reden und handeln, ist es bedauerlich. Wenn sie wider besseres Wissen reden und handeln, ist es verwerflich.

Es hapert schon bei den Begriffen. Europa wird derzeit nicht von Flüchtlingen, sondern von afrikanischen Arbeits- und Sozialmigranten überschwemmt, die aus Ermangelung einer Arbeitsbewilligung den erfolgversprechenderen Asylweg wählen. Der grossräumige Missbrauch des Asylrechts findet vor allem deshalb statt, weil ihn die Behörden tolerieren beziehungsweise nicht ähnlich entschieden bekämpfen wie den Missbrauch von Steuergesetzen oder Geschwindigkeitsüberschreitungen im Strassenverkehr. Die Klage über das Schlepperwesen ist wohlfeil. Natürlich sind die Menschenbeförderer Verbrecher, aber ihr Verbrechen ist nur das Resultat der europäischen Schwächen. Würde die EU konsequent gegen die illegale Migration vorgehen, wären die Schlepper arbeitslos.

Die EU ist weder Bundesstaat noch Staatenbund. Das ist der tiefere Grund der Migrationsmisere. Die Grenzsicherung ist eine zentrale hoheitliche Aufgabe, notfalls unter Aufbietung der Streitkräfte. Die EU hat die Binnengrenzen aufgehoben, ohne ihre Aussengrenzen gegen ­illegale Übertritte wirksam zu verteidigen. Das Dubliner Flüchtlingsabkommen wurde von Italien, Griechenland und Ungarn bereits eigenmächtig ausser Kraft gesetzt, der Schengen-­Vertrag macht es möglich, dass die EU den Migrationswilligen offene Durchgangskor­ridore in den Norden bietet. Das Flüchtlingsproblem ist ein Symptom jener institutionellen Konstruktionsfehler, die der EU auch im Währungsbereich zu schaffen machen.

Die Schweiz ist vom europäischen Asylchaos, das leider kein «angebliches», sondern ein sehr reales ist, direkt betroffen. Dublin funktioniert nicht. Statt wie versprochen weniger hat die Schweiz immer mehr Asylgesuche, obschon sie von sicheren Drittstaaten umgeben ist. Die Schweiz hat gegen 50 000 Personen in laufenden Verfahren, Tendenz stark steigend, davon sind 30 000 «vorläufig Aufgenommene», also Leute, deren Gesuch abgewiesen wurde, die aber trotzdem bleiben können. Mehr als die Hälfte sind bereits länger als fünf Jahre in der Schweiz. «Angebliches Asylchaos»? Schön wär’s.

Die ersten Kantone protestieren, die Bundespräsidentin arbeitet mit irreführenden ­Angaben, und die Bleibequote aller Asylsuchenden, ob berechtigt oder nicht, steigt und steigt. 2013 konnten noch 30 Prozent aller Asyl­suchenden damit rechnen, in der Schweiz zu bleiben. 2014 waren es bereits 58 Prozent. Inzwischen sind es gegen 70 Prozent.

Bundespräsidentin Sommaruga beklagt im Fernsehen das Schicksal vom Bürgerkrieg gepeinigter Syrer. Tatsache ist, dass die Syrer in der Schweiz nur an dritter Stelle der zahlenstärksten Asylantengruppen liegen. Noch immer strömen in Rekordzahl den Wehrdienst verweigernde Eritreer herbei und können bleiben, obschon Wehrdienstverweigerung gemäss Asylgesetz längst kein Asylgrund mehr ist. Ebenfalls vor den Syrern liegen «Flüchtlinge» aus Sri Lanka, einem unter Schweizern höchst beliebten Ferienziel.

Die meisten Bundesräte, Zeitungen und ­Parteien wiegeln ab und verharmlosen. Sie finden es nicht so schlimm, wenn illegale Migranten in die Schweiz kommen. Sie sind nicht bereit, das eigene Asylrecht ernst zu nehmen. Es scheppert bei den Begriffen, auch hier. Sie reden von «Flüchtlingen», obschon wir es grossmehrheitlich mit illegalen Wirtschaftsmigranten zu tun haben. Sie sprechen von Bürgerkriegsopfern, wo doch in der Schweiz vor allem Eritreer und Sri Lanker wirtschaftlichen Aufstieg und billigen Zugang zu den Sozialsystemen suchen.

Wer das Asylrecht bewahren will, muss dessen Missbrauch bekämpfen. Die Behörden unternehmen das Gegenteil. Sie arbeiten daran, noch mehr Asylunterkünfte bereitzustellen und noch mehr Kantone und Gemeinden mit obrigkeitlich verfügten «Flüchtlings»-Zuweisungen zu zermürben. Dass aus den ­ersten Kantonen Widerspruch und Protest kommen, ist nicht, wie Finanzministerin Widmer-­Schlumpf aus den Sommerferien ­herrisch mäkelte, Wahlkampfgetöse. Es sind Alarmsignale aus der Wirklichkeit.

Wir sollten aufhören, die Situation mit naiven und weltfremden Augen zu betrachten. Das Wohlstandsgefälle zwischen Afrika und Europa ist enorm. Millionen von jungen Afrikanern werden die Chancen vereinfachter ­Mobilität nutzen, wenn man sie nicht hindert. Die Leute kommen, weil sie ein besseres Leben suchen. Dafür sind sie bereit, hohe Summen zu bezahlen und mitunter sogar ihr Leben zu riskieren. Dieses Risiko gehen sie aber nur deshalb ein, weil wir ihnen Hoffnungen machen, weil wir den Missbrauch des Asyls zulassen. Ein Rechtsstaat, der seinen Missbrauch hinnimmt, gibt sich auf.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-33/editorial-asylchaos-die-weltwoche-ausgabe-332015.html

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Simonetta Sommaruga verteidigt die liberale Asylpolitik des Bundes, vor allem punkto Bewerber aus Eritrea. Die Argumente der Bundespräsidentin sind wenig überzeugend.

Von Alex Reichmtuh

Wir haben in der Schweiz in diesem Jahr bis jetzt weniger Asylgesuche als 2012.»

Was Sommaruga hier sagt, stimmt – aber nur im Vergleich mit 2012. Die Schweiz hatte im ersten Halbjahr dieses ­Jahres jedoch mehr Asylgesuche als 2014, 2013, 2011, 2010, 2009 et cetera. Für das ganze Jahr rechnet der Bund mit 29 000 neuen Asylbewerbern – so vielen wie nie seit den 1990er Jahren, als auf dem Balkan Bürgerkriege ­tobten. Zudem erteilt die Schweiz heute viel mehr Asylbewerbern ein Bleiberecht als noch vor wenigen Jahren. Das führt zu vollen ­Unterkünften und stellt Kantone und ­Gemeinden vor grosse Probleme bei der ­Beherbergung.

Dreimal mehr als Italien

«Die Schweiz hat zurzeit den kleinsten Anteil an den europäischen Asylgesuchen seit fünfzehn Jahren.»

Einfacher gesagt: Die Probleme mit illegalen Migranten nehmen im restlichen Europa noch schneller zu als in der Schweiz. Dennoch nimmt unser Land verglichen mit der Bevölkerungszahl weiterhin mehr Asylanten auf als fast alle anderen europäischen Länder. Letztes Jahr lag die Schweiz diesbezüglich an vierter Stelle hinter Schweden, Ungarn und Österreich. Sie verzeichnete zum Beispiel fast dreimal so viele Asylgesuche pro Einwohner wie das angeblich hart geprüfte Italien.

«Die Forderung, dass Menschen aus Eritrea nicht mehr automatisch den Flüchtlingsstatus erhalten, basiert auf einer falschen Grundannahme. [. . .] Nur rund die Hälfte der schutzbedürftigen Eritreer ­erhält heute Asyl. Den anderen wird eine vorläufige Aufnahme gewährt.»

Sommaruga lenkt vom Anliegen des Luzerner Regierungsrats Guido Graf (CVP) ab. Dieser hat in einem offenen Brief gefordert, «die bisherige Praxis beim Umgang mit Eritreern zu überprüfen und als Mindestmassnahme rasch nur noch die vorläufige Aufnahme zu gewähren». Sozialvorsteher Graf weiss auch ohne Sommarugas Belehrungen, dass schon heute viele eritreische Asylbewerber nur vorläufig aufgenommen werden. Er verlangt aber diesen Status als «Regelfall». Asylgesuche von Eritreern steigen jedenfalls stark an. Schon letztes Jahr nahmen sie sprunghaft auf fast 7000 zu. Im ersten Halbjahr 2015 betrug die Steigerung nochmals über 90 Prozent. Allgemein können auch vorläufig aufgenommene Asylanten fast immer definitiv in der Schweiz bleiben. Etwa 80 Prozent von ihnen erhalten nach einigen Jahren eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung, trotz abgelehntem Asylgesuch.

«Kein Land in Europa schickt Menschen nach ­Eritrea zurück.»

Sommaruga unterschlägt, dass mehrere europäische Länder eine Rückführung eritreischer Asylbewerber prüfen – konkret Grossbritan­nien und Norwegen. Auch Dänemark hegte entsprechende Pläne, die aber sistiert sind. Grund dafür ist ein Streit darüber, wie aus­sagekräftig ein Bericht zuhanden der dänischen Regierung ist. Dieser kam zum Schluss, die Menschenrechtslage in Eritrea sei besser als behauptet und das Regime gehe human mit Rückkehrern um.

«Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das in fast allen Ländern der Welt Zugang zu den Gefängnissen bekommt, hat in Eritrea ­keinen Zutritt.»

Das ist dem eritreischen Regime tatsächlich anzukreiden. Das IKRK ist aber dennoch im Land präsent. Gemäss dem Tages-Anzeiger sehen die beiden Repräsentantinnen des Roten Kreuzes in Eritrea keine Beweise, dass dort 10 000 Menschen ohne Haftbefehl eingesperrt sind, wie der Uno-Menschenrechtsrat behauptete. Es gebe keine Anzeichen für Menschenrechtsverstösse im behaupteten Ausmass. ­Peter Maurer, Präsident des IKRK, scheint ­wenig begeistert, dass Sommaruga seine Organisa­tion ins Spiel bringt, um ihre Asyl­politik zu verteidigen. «Ich qualifiziere keine Länder», sagte er gegenüber dem Sonntagsblick, auf Eritrea angesprochen.

Friedlichere Umgebung

«Wir haben zurzeit die grösste internationale Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg.»

Die Uno zählt derzeit zwar 60 Millionen Flüchtlinge weltweit. Ob das bedeutet, dass es auch so starke Fluchtgründe wie nie seit 1945 gibt, ist fraglich. Denn während des Kalten Krieges gab es mehr bewaffnete Konflikte und blutige Diktaturen als heute. Abgesehen davon ist die Situation rund um die Schweiz im Vergleich zu früher friedlicher. In den 1990er Jahren tobten blutige Kriege in Ex-­Jugoslawien. Die Not der bis zu 40 000 Flüchtlinge pro Jahr, die damals in die Schweiz ­kamen, war offensichtlicher. Die Asylbewerber von heute stammen hingegen vor allem aus entfernten afrikanischen Staaten und sind wegen kultureller Unterschiede schwer zu integrieren.

«Was im Mittelmeer passiert, ist ein Drama.»

Auf jeden Fall. Und die lasche Flüchtlingspolitik Europas ist für die vielen Ertrunkenen massgeblich verantwortlich. Wer die gefährliche Überfahrt auf einem Boot schafft, kann auf ein Bleiberecht hoffen und in vielen Ländern mit einem vergleichsweise paradiesischen ­Lebensstandard rechnen. Solange Staaten wie die Schweiz entsprechende Anreize setzen und ­eine eigentliche Willkommenskultur für illegale Migranten pflegen, werden weiterhin Menschen im Meer sterben.

http://www.weltwoche.ch/index.php?id=554673

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Ihr ganzes Leben lang haben Daniel und Susan K. in einer bescheidenen Wohnung in Muotathal SZ gewohnt. Nun müssen die Geschwister ihr Heim räumen. Die Gemeinde will in dem Haus Asylsuchende unterbringen.

Von Alex Reichmuth

«Fussnote zur Schweizer Migrationspolitik »: Daniel K., Muotathal.Bild: Salvatore Vinci

Der Brief traf kurz vor Weihnachten letzten Jahres ein. Er kam von der ­Gemeinde Muotathal und enthielt die Kündigung der Wohnung. «Zuteilung von Asylanten / Unterbringung» führte die Gemeinde als Grund an, warum sie als Besitzerin Eigen­bedarf anmeldete. Noch heute stockt Susan K. der Atem, wenn sie sich an ­jenen Moment erinnert. Es sei für sie emotional schwierig, ausziehen zu müssen. Kein Wunder: Seit ihrer ­Geburt lebt die 57-Jährige im Ober­geschoss des Hauses in Muotathal. Ähnlich hart ist die Kündigung für ­ihren Bruder, der 1952 als Zweijähriger mit seinen Eltern eingezogen ist. Er wohnte, abgesehen von einigen Unterbrüchen, ebenfalls immer hier.

Ursprünglich hatte das Haus mit der bescheidenen Dienstwohnung den Verkehrsbetrieben Schwyz gehört, bei denen der Vater der Geschwister K. als Chauffeur arbeitete. Das Erdgeschoss des Gebäudes diente als Busdepot. Später erwarb die Gemeinde Muota­thal das Haus und richtete einen Werkhof ein. Die Familie K. blieb im Obergeschoss. Das Mietverhältnis sei immer problemlos gewesen, sagt ­Daniel K. 2012 aber teilte ihnen die ­Gemeinde mit, dass sie ihr Heim voraussichtlich bald verlassen müssten, weil Wohnraum für Asylanten gesucht sei. Während langer Zeit passierte nichts – und die Geschwister wiegten sich schon im Glauben, doch nicht ausziehen zu müssen. Bis Ende letzten Jahres.

Dringend auf Unterkünfte angewiesen

«Wir haben alles versucht, um die Gemeinde von der Kündigung noch abzubringen», so ­Daniel K. Er und seine Schwester schrieben Briefe und suchten das Gespräch mit den Gemeindevertretern. Es half nichts. Sie erreichten einzig einen Aufschub der Kündigung um zehn Monate, verfügt von der Schlichtungsstelle. «Die Zuständigen der Gemeinde entzogen sich unseren Bitten, auf die Kündigung zurück­zukommen», meint Susan K. Das habe sie angesichts des langjährigen, problemlosen Mietverhältnisses sehr enttäuscht. «Es scheint, als sei das Schweizer Asylwesen unbedingt auf unsere Wohnung angewiesen, in der wir seit über ­sechzig Jahren leben.»

Bei der Gemeinde Muotathal anerkennt man durchaus, dass die Kündigung für die Geschwister  K. schwer ist. «Es ist nicht angenehm», sagt Fürsorge-Präsidentin Maria Christen-Föhn auf Anfrage, «auch für uns nicht.» Die Gemeinde sei aber dringend darauf angewiesen, die Asylsuchenden irgendwo unterbringen zu können. Innerhalb von nur anderthalb Monaten habe der Kanton Schwyz der Gemeinde Muotathal elf zusätzliche Asylsuchende zugeteilt. «Insgesamt müssen wir heute 35 von ihnen beherbergen, während es vor drei Jahren erst 17 waren», so Christen. Die Gemeinde sei dabei mit Rücksicht auf die Steuerzahler verpflichtet, möglichst günstigen Wohnraum zu finden. Dazu zähle nun einmal die Wohnung der Geschwister  K. Rechtlich sei die Kündigung korrekt abgelaufen, betont Christen.

Muotathal steht längst nicht allein da mit der Mühe, geeignete Unterkünfte für Asylanten zu finden. Sehr viele Gemeinden und zahlreiche Kantone melden ebenfalls grosse Schwierigkeiten. Grund dafür ist, dass derzeit viele Asylbewerber in die Schweiz strömen – insbesondere aus dem ostafrikanischen Eritrea. Der Bund erteilt zudem einem weit höheren Anteil von ihnen als früher ein Bleiberecht. Deshalb werden wenig Unterkünfte frei für neu ankommende Menschen, die als Flüchtlinge aufgenommen werden wollen. Einige Kantone und Gemeinden haben deshalb Zeltstädte aufgestellt oder Zivilschutzbunker geöffnet.

«Problemlos zu bewältigen»

In Politik und Medien laufen breite Diskussionen, ob die Schweiz gegenüber Asylsuchenden restriktiver sein muss. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, die für das Flüchtlingswesen zuständig ist, verteidigt die ­liberale Asylpolitik mit Appellen an die humanitäre Tradition der Schweiz. «Unser Land ist keine ­Insel, sondern ein international vernetztes und solidarisches Land», betonte sie in ihrer 1.-August-Ansprache auf dem Rütli. Kritik an der Asyl­politik, wie sie namentlich von der SVP kommt, ist laut Sommaruga Angstmacherei. Dem stimmen die Medien mehrheitlich zu. Die vielen Eritreer im Land seien «quantitativ nichts anderes als eine ­vernachlässigbare Fussnote zur Schweizer ­Migrationspolitik», kommentierte das ­Magazin. Der Zustrom an Asylbewerbern sei «problemlos zu bewältigen».

Susan und Daniel  K. haben gewiss kein Herz aus Stein. Trotzdem fällt es ihnen schwer, Verständnis für solche Aussagen aufzubringen. «Leute wie wir haben immer rechtzeitig die Steuern bezahlt», sagt Daniel K. «Wenn wir wegen Asylanten ausziehen müssen, stimmt etwas nicht mehr.» Während sich Politiker als humanitäre Wohltäter brüsteten, ergänzt seine Schwester, müssten «die kleinen Bürger» die Folgen ihrer Entscheide ausbaden. Wohl oder übel sind die Geschwister auf der Suche nach ­einer neuen Wohnung. Sie haben noch bis ­Januar Zeit, etwas Geeignetes zu finden.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-33/raus-wegen-asylbewerbern-die-weltwoche-ausgabe-332015.html

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  14.08.2015   Achgut.com

Afrikanerpolitik: Wie wäre es mit ein paar nüchternen Zahlen und Fakten?

Von 1977 bis 1995 ist Jacques Chirac Bürgermeister von Paris und regiert dann bis 2007 Frankreich. Schon im Juni 1991 beklagt er das Schicksal seiner Nation, die – wie Nicolas Sarkozy 2007 ergänzt – die Immigration wie eine Invasion „erleide“ und deshalb auf eine „selektive Einwanderung“ (immigration choisie ) umschalten müsse:

„Nicht Ausländer sind unser Problem, sondern ihre Überdosierung. […] Es macht einfach weniger Probleme, Arbeiter aus Spanien, Polen und Portugal bei uns zu haben, als Muslime und Schwarze. […] Ein französischer Arbeiter mit seiner erwerbstätigen Frau hat 15.000 Franc […] und sieht im Treppenhaus […] eine Familie mit Vater, drei bis vier Frauen und zwanzig Sprösslingen, die zusammen 50.000 Francs als Sozialhilfe beziehen. Wenn man dann noch der Lärm und der Geruch hinzunimmt, muss der französische Arbeiter einfach ausrasten. […] Es ist keineswegs Rassismus, das anzusprechen. Wir haben einfach nicht mehr die Mittel, um die Familienzusammenführungen zu bezahlen“ .

Europaweit empören diese Sätze und Frankreich zahlt weiter. Allerdings springen von 1991 bis 2015 auch die Staatschulden von 35% auf 95% des Bruttoinlandsprodukts und viele der Sprösslinge von damals leben von Hilfe oder kämpfen gar für das Kalifat. Am 9. August 2015 liefert Großbritanniens Außenminister Philip Hammond aus Singapur ein Interview, das im Duktus eigenständig ist, in der Sache aber eng bei Chiracs Drehbuch bleibt:

„So lange zu allem entschlossene Migranten dort [in Calais] marodieren, ist der Tunnel bedroht. […] Diese Situation halten wir nicht durch. Europa kann sich nicht schützen. Es kann seinen Lebensstandard und seine sozialen Errungenschaften nicht bewahren, wenn es Millionen afrikanische Migranten absorbieren muss“ .

Vor einem Vierteljahrhundert, als der Konservative Chirac spricht, treibt Margareth Thatcher die britische Staatsverschuldung auf 32 Prozent herunter. Heute wird Frankreich sozialistisch geführt und ist moralisch zutiefst erschüttert über das einmal mehr konservativ regierte London, wo Premier David Cameron Migranten sogar mit dem Skandalwort „Schwarm“ belegt. Der schlage in Form von Meteoriten doch von oben zu und reise – wie Kommentatoren spotten – nicht aus dem Untergrund an. Als Heuschreckenwolke, die alles Lebenswichtige rastlos verzehre, sei das Wort noch widerwärtiger und ebenfalls unzutreffend, weil man doch immer noch in Saus und Braus lebe. Doch ächzt bei allem Groll zwischen den Hauptstädten jetzt auch London unter einer Staatsverschuldung von 93 Prozent.

Als schändlich gelten Camerons Sorgen auch in Deutschland, wo man allein 2015 eine halbe Million Flüchtlinge erwartet . Was seien dagegen die 24.000 Asylanten, die 2014 England erreichen? In Calais strebten lediglich 3.000 Mann in den Kanaltunnel, während man zwischen Rhein und Oder alle sieben Tage 10.000 Fremde zusätzlich aufnehme. Leicht reden habe Berlin, mögen die Verbündeten denken. Schließlich steigt die bundesdeutsche Staatsverschuldung zwischen 1990 und 2015 „nur“ von 536 Milliarden auf 2,2 Billionen €uro (48% auf 71 % BIP).

Sind die ehemaligen Kolonialherren womöglich besser informiert über den Schwarzen Kontinent als Berlin? Schnellt auch im gefürchteten Afrika etwas nach oben, während die Schulden der 500 Millionen EU-Europäer explodieren? Durchaus! So klettert die Bevölkerung von gut 600 Millionen seit Chiracs Einlassungen auf knapp 1,17 Milliarden bis zu Hammonds Interview. 2050 sollen es 2,4 Milliarden sein. Möchten heute aus dem afrikanisch-arabischen Raum rund 540 Millionen Menschen auswandern, wollen dann 950 Millionen weg, falls die für 2009 erhobenen Wanderungswünsche (Subsahara 38%; arabischer Bogen 23% ) nicht weiter ansteigen. Wahrscheinlich ist das bei Kriegsindex-Werten zwischen 3 und 7 nicht. Auf 100 Alte (55-59 Jahre) folgen dabei nicht 70 oder 80 Pazifisten (15-19 Jahre) wie in Deutschland oder Österreich, sondern 300 bis 700 wütende Jünglinge. Sowie die zur Gewalt greifen, transformieren sich ihre Mitbürger aus potentiellen Wirtschaftsflüchtlingen zu völkerrechtlich geschützten Asylberechtigten aus Kriegsgebieten.

Aufschlussreicher für die Prognose zukünftiger Wanderungen ist die Jugend unter 18 Jahren, die den Lebenskampf noch vor sich hat. Allein im Subsahara-Raum umfasst sie heute 540 Millionen (24% Weltanteil), während für 2050 eine Milliarde erwartet wird (37%). Bei den Kindern unter 5 Jahren sollen 2050 bereits zwei Fünftel der Menschheit afrikanisch sein . Das liegt nicht allein an Geburtenraten von (2015) immer noch 4,7 pro Frauenleben (D: 1,4), sondern auch an der fallenden Kindersterblichkeit. Die stetig verbesserte medizinische Versorgung soll das Durchschnittsalter von 45 Jahren (1970) über 60 (heute) auf 70 gegen 2050 heben .

2007 – Sub-Sahara-Afrika hat 790 Millionen Einwohner – will Sarkozy die Europäische Union auf einen gemeinsamen Kurs zur Abschottung ihrer Außengrenzen einschwören. Er scheitert. 2015 steht Sub-Sahara-Afrika bei 910 Millionen Einwohnern. Das sind seit 2007 sieben Niederlande zusätzlich. Die Subsahara-Staaten exportieren – zumeist mit Fremdhilfe abgebaute Rohstoffe – im Preis von 350 Milliarden Dollar (2014 ) und schaffen damit nur gut die Hälfte der 17 Millionen Niederländer (670 Mrd. Dollar ). London ahnt, dass niemals weniger, sondern immer nur mehr Afrikaner von Europa träumen und Cameron kappt die Zugänge auf die Britischen Inseln. Er will nicht scheitern, weil er die 2016er Volksabstimmung über ein Verbleiben seines Landes in der EU gewinnen möchte.

England kann aufgrund seiner Insellage Illegale durch Einsatz der Staatsgewalt zurückhalten und zugleich Gegendruck ins Leere laufen lassen. Das dürfte vor allem osteuropäische EU-Mitglieder weiter ermutigen, sich ebenfalls gegen die ihnen zugedachten Aufnahmequoten zu wehren. Für die verbleibenden Westeuropäer müssen die Quoten entsprechend hochgefahren werden. Ob dann in Angriff genommen wird, was man Sarkozy vor acht Jahren verwehrt?

Wer auf ein Einknicken Londons hofft, übersieht den dort heiß im Nacken verspürten Atem aus Übersee. Denn kein westeuropäisches Land verliert mehr Kompetenz als Großbritannien mit seinen 64 Millionen Einwohnern. Dabei geht es nicht um die gut 600.000 Pensionisten in Südeuropa. Schmerzhafter wirken die 2,3 Millionen in den ehemaligen Kronkolonien Australien, Kanada und Neuseeland. Diese Kompetenzfestungen (Grenzen offen nur für Könner und militärisch gesichert) suchen bis 2050 rund 25 Millionen Neubürger und lassen nicht nur aus Europa, sondern auch aus Afrika nur Leute herein, die mit ihrer “Kreativität, Energie und Produktivität das Wirtschaftswachstum”  vorantreiben können. Aus seiner Pigmentierung soll niemand Vorteile ziehen dürfen. Am kühnsten träumt Australien, das– bei einer ungenügenden Geburtenrate von 1,77 (2014) – von 24 auf 35 Millionen zulegen will . Kanada (1,59 Kinder pro Frauenleben) – strebt von 36 auf 50, Neuseeland (2,05) von 4,5 auf 5 Millionen.

Kann das alte Mutterland seinen Lebensstandard und den Frieden seiner Städte nicht bewahren, braucht es lediglich einen etwas längeren Umzug für das Erreichen sicherer Häfen. Hoffen können darauf allerdings nur Qualifizierte, vor deren Abwanderung London mit allem Recht zittert. Eben deshalb will es jetzt selbst Kompetenzfestung werden. Falls die Inseln ihre Attraktivität für die eigenen Leistungsträger zurückgewinnen, werden sie auch für Suchende auf dem Kontinent interessant. Dort dürfte das Auseinanderdriften der Unbeweglichen und der Zukunftsverteidiger erst richtig Fahrt aufnehmen.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/afrikanerpolitik_wie_waere_es_mit_ein_paar_nuechternen_zahlen_und_fakten

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  15.08.2015   Achgut.com

Zuwanderung: Staatsverweigerung von oben

Wie urteilen Führungskräfte über die anwachsende Migrationswelle nach Deutschland?

Am 21. Juli hat das Meinungsforschungsinstitut Allensbach die Ergebnisse einer Befragung von 500 Führungskräften aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung zum Thema „Migrationspolitik“ vorgestellt (durchgeführt im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und des Wirtschaftsmagazins „Capital“, s. FAZ vom 22.7.2015). Ein Ergebnis sticht hervor und lässt aufhorchen: Vier von fünf deutschen Top-Entscheidern halten die Aufnahme von mehr Flüchtlingen für möglich und die Grenze der Belastbarkeit nicht erreicht. Das unterscheidet sich erheblich vom Urteil der Gesamtbevölkerung: Hier befürworten nur 31% die weitere Aufnahme von Flüchtlingen. Sollte sich also die Bevölkerung ein Vorbild an den Entscheidern nehmen? Spricht aus ihnen eine besondere Weitsicht und Großzügigkeit?

Auf jeden Fall kann man nach dieser Umfrage besser verstehen, warum sich Deutschland – wie kein anderes Land in Europa – schwer tut, gegenüber der anschwellenden Migrationswelle effektive Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Es liegt nicht nur an „Frau Merkel“, sondern es handelt sich um eine Positionierung, die in den verschiedenen Führungsbereichen Deutschlands mit deutlicher Mehrheit vertreten wird. Das sogenannte „Elite-Panel“, das von den Allensbacher Sozialforscher seit 1987 regelmäßig befragt wird, umfasst 300 Vertreter aus der Wirtschaft (Geschäftsführer, Inhaber, Vorstände und Direktoren von Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten) und weiteren 200 Vertretern aus der Politik (Ministerpräsidenten, Parlamentspräsidenten, Minister, Staatssekretäre, fraktions- und Parteispitzen) und aus der Verwaltung (Leiter von bundes- und Landesbehörden, Abteilungsleiter der Ministerien).

Beim Votum der deutschen Entscheider spielt nicht nur das besondere Thema „Migration“ eine Rolle. Vielmehr wird in der Mehrheitsauffassung eine bestimmte Grundvorstellung sichtbar, wie sich Deutschland positionieren soll (beziehungsweise: in welche Position es auf keinen Fall geraten darf). Diese Grundvorstellung wird deutlich, wenn man die Ergebnisse zu den einzelnen Fragen näher betrachtet:

– Auf Frage 1 „Kann Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen?“ antworteten 78% mit „Ja“ und 20% mit „Nein“.
– Auf Frage 2 „Ist das Problem der Flüchtlingsströme aus Afrika in absehbarer Zeit lösbar?“ antworteten 77% mit „Nein“ und 22% mit „Ja“.
– Auf Frage 3 „Lassen sich durch Ausweitung legaler Einwanderung Schlepperbanden erfolgreich bekämpfen?“ antworteten 55% mit „Nein“ und 44% mit „Ja“.
– Auf Frage 4 „Soll Europa, ähnlich wie Australien, Flüchtlingsboote abfangen und zurückschicken?“ antworteten 77% mit „Nein“ und 21% mit „Ja“.

Die Kombination der jeweiligen Mehrheitsantworten ist merkwürdig inkohärent: Das „Ja“ zu mehr Einwanderung verbindet sich nicht mit der Vorstellung, dass dadurch das Problem gelöst werden könnte. An irgendeine Form von (relativer) Stabilisierung wird nicht geglaubt. Die Führungskräfte scheinen davon auszugehen, dass man sich halt mit einem hohen Migrationsdruck arrangieren müsse (und könne). Obwohl man von einem wachsendem Problemdruck ausgeht, weist man jede härtere Abwehrmaßnahme (s. Frage 4) weit von sich. Bei jenen Maßnahmen, die typischerweise einem Staatswesen zur Verfügung stehen – Verteidigung der Staatsgrenzen, begrenzte und kontrollierte Gewährung von Aufenthaltsrechten, Zugangsbegrenzung zu Sozialsystemen und zur Staatsbürgerschaft –  scheint eine instinktive Abwehrhaltung zu herrschen. Offenbar nimmt man lieber eine „zivile“ Anarchie in Kauf. Die Anarchie ist in einzelnen Stadtteilen von Großstädten schon Tatsache, auch (und weniger auffällig) in einzelnen kleineren Ortschaften. Und es ist diese Erfahrung, die bei der Mehrheitsmeinung der Gesamtbevölkerung, die eine Begrenzung fordert, den Ausschlag gibt. Doch bei den deutschen Eliten scheint diese Erfahrung nicht zu zählen.

Wie kommt es dazu? Deutlich spürbar ist bei den Führungskräften das Bemühen, einen guten Eindruck zu machen. Die Besorgnis um das Image Deutschlands in der Welt scheint bei ihnen die ausschlaggebende Rolle zu spielen. Sie zeigen sich ja durchaus realistisch bei der Beurteilung der Gutmenschen-Patentrezepte („Behebung der Ursachen Afrika“ oder „Ausschaltung der Schlepperbanden durch bessere legale Einwanderungswege“), aber sie ziehen daraus keine Konsequenz. Sie scheinen die Bilder gesperrter Grenzen, wie sie zwischen Italien und Frankreich oder Frankreich und England (am Kanaltunnel) inzwischen zum Alltag gehören, für Deutschland als Image-Katastrophe anzusehen. Solche Bilder sollen um jeden Preis verhindert werden. Weil das Staatshandeln manchmal böse Bilder produziert, verzichtet man lieber auf das Handeln.

So trennen sich an diesem Punkt eine „großzügige“ Elite und eine „kleinliche“ Bevölkerung. Doch diese Zuschreibung ist infam. Denn die Zumutbarkeit, die die Führungskräfte deklarieren, ist eine Zumutbarkeit auf fremde Kosten. Die Führungskräfte urteilen darüber, was Deutschland zumutbar ist, während sie in ihrem beruflichen und privaten Milieu die Migrationsbelastungen nur von Ferne erfahren. Sie erwägen die Zumutungen gar nicht in dem konkreten Sinn, wie die Durchschnittsbevölkerung sie vor Augen hat – in ihren Nachbarschaften im Wohnviertel, für ihre Kinder im Schulalltag, in den Gesundheitseinrichtungen, im Öffentlichen Nahverkehr, auf den Plätzen und Grünflächen. Hier gibt es Ausfälle und längere Wartezeiten bei öffentlichen Dienstleistungen, Abstriche bei Sauberkeit und Sicherheit, teilweise schon aggressive Besetzungen und Verdrängungen. Wie sehr sich etwas in Deutschland geändert hat, wird in diesen Tagen an vielen Schulen zu Beginn des neuen Schuljahres deutlich. Nur ein Bruchteil dieser neuen Realität gelangt in die Medien – die Institution der Öffentlichkeit ist in der Migrationsfrage nicht intakt. Die Wahrnehmung ist gespalten. So kann es dazu kommen, dass eine Elite ein Urteil über den Migrationsdruck in Deutschland fällt, die diesem Druck nicht mal medial ausgesetzt ist.

Selbst wenn man es nicht so krass ausdrücken will, so gilt doch zumindest: Die Lösung, die den deutschen Eliten in der Migrationsfrage vorschwebt, ist schlicht rätselhaft. Die Rechnung aus den vier Antworten geht einfach nicht auf. Es gibt keine Ordnungsidee, die den Antworten Kohärenz verleihen würde. In der Summe signalisieren sie eine merkwürdige Gleichgültigkeit. Die Eliten lassen das Land mit den Konsequenzen der Migration allein.

Die Migrationsfrage ist nicht irgendein Thema unter vielen. Das Problem berührt den Zusammenhalt des Landes und es ist in seiner heutigen Größe historisch neuartig. In anderen Ländern Europas wird das offener erörtert, auch von den Eliten. In Deutschland, so scheint es, wird seine Bedeutung noch unterschätzt. Den Führungskräften aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung ist offenbar noch nicht klar, was sie in der Migrantenfrage verspielen können. So kann die Kombination von Ratlosigkeit und Leichtsinn, die die Allensbacher Befragung in diesem Sommer 2015 dokumentiert,  der Vorbote einer bürgerlichen Elitenkrise sein. Auf dieser Basis wird es jedenfalls nicht weitergehen.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/zuwanderung_staatsverweigerung_von_oben

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  14.08.2015   Achgut.com

Das ist die Alternative zur großen Freiheit

In Norwegen enthüllt der Polizeisicherheitsdienst (PST), dass sich bei fast einem Dutzend Flüchtlingen, die aufgrund des Quotensystems der UNO nach Norwegen geschickt wurden, herausstellte, dass sie enge Verbindungen zu den Terrorgruppen Islamischer Staat und Al-Nusra-Front haben. Die Polizei fand außerdem heraus, dass einige Flüchtlinge früher für die syrische Geheimpolizei arbeiteten, andere verdächtig sind, im syrischen Bürgerkrieg Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Die Tageszeitung Dagbladet berichtet zudem, dass islamische Extremisten in Flüchtlingsempfangszentren in Norwegen versuchen, neue Rekruten für den Terrorismus zu gewinnen. Laut der Zeitung wurden zahlreiche Personen, die in Norwegen Asyl bekamen, später zu Schlüsselfiguren in der dortigen radikalen islamischen Gemeinschaft.

Derweil konvertiert eine wachsende Zahl von Norwegern zum Islam, offenbar aufgrund einer empfundenen Notwendigkeit strengerer Regeln in Norwegens liberaler Gesellschaft. “Zum Islam zu konvertieren ist vielleicht heutzutage die extremste Form der Jugendrebellion”, sagt die muslimische Konvertitin und Religionsprofessorin Anne Sofie Roald der Tageszeitung Aftenposten. Sie glaube, dass der konservative Islam klare Grenzen ziehe und für Norwegens “Anything goes”-Gesellschaft eine neue Form der Sicherheit biete, sagt sie.

Was sonst noch im Juni in Europa los war, lesen Sie hier.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/das_ist_die_alternative_zur_grossen_freiheit

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  • „Wenn die europäischen Länder eine Welle von Migranten akzeptieren, werden darunter Terroristen sein. … Indem wir die Migranten akzeptieren, machen wir dem Islamischen Staat die Expansion nach Europa sehr viel leichter“, sagt der tschechische Präsident Miloš Zeman.
  • „Wir sind dazu verpflichtet, aktive Teilnehmer in unserer Gesellschaft zu sein, aber dies muss nach den Bedingungen des Islam geschehen, ohne dass wir unsere Prinzipien und Werte in Frage stellen. Demokratie steht im Widerspruch zum Islam … Der Weg, den die Muslime in Dänemark beschreiten müssen, ist der Widerstand gegen die antiislamische Integrationspolitik und die aggressive Außenpolitik, die von allen Regierungen in diesem Land verfolgt wurden.“ — Stellungnahme von Hizb-ut-Tahrir.
  • „Redet man über Einwanderung, ist man fremdenfeindlich. Redet man über Sicherheit, ist man ein Faschist. Redet man über den Islam, ist man islamophob“, so der französische Parlamentsabgeordnete Henri Guaino.
  • „Wir können es uns nicht leisten, diesen Krieg zu verlieren, weil dieser seinem Wesen nach ein Krieg der Zivilisation ist. Es ist unsere Gesellschaft, unsere Zivilisation, die wir verteidigen“, sagt Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls.

In Österreich fährt der 26-jährige bosnische Einwanderer Alen Rizvanović mit seinem Geländewagen mit hoher Geschwindigkeit durch die Grazer Fußgängerzone und rast in eine Menschenmenge. Dann steigt er aus und fängt an, mit einem langen Messer auf Passanten einzustechen. Bei dem Anschlag vom 21. Juni werden drei Menschen getötet und 34 verletzt.

Eilig schließt die Polizei ein religiöses Motiv aus und betont, der Anschlag sei ein ungezielter Akt der Gewalt, verübt von einem verwirrten Killer. Die anschließende Ermittlung ergibt hingegen, dass Rizvanović ein strenggläubiger Muslim mit vielen Verbindungen zum radikalen Islam war.

Am 16. Juni befindet das Wiener Landesgericht zehn Muslime für schuldig, versucht zu haben, sich dem Islamischen Staat in Syrien anzuschließen. Ein Türke, gegen den Anklage erhoben wurde, weil er den Transport für die Gruppe von neun gebürtigen Tschetschenen im Alter zwischen 17 und 27 organisiert haben soll, wird zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, die anderen zu Haftstrafen zwischen 19 Monaten und drei Jahren. Die Männer wurden im August 2014 von der österreichischen Grenzpolizei festgenommen, als sie versuchten, über die Türkei nach Syrien zu reisen.

Erst wenige Wochen zuvor war ein 14-jähriger türkischer Junge, der Bombenbauanleitungen auf seine Playstation heruntergeladen hatte, zu zwei Jahren Jugendarrest verurteilt worden. Er war wegen Terrorismus angeklagt worden und hatte sich schuldig bekannt. Der Junge, der in Sankt Pölten im Nordosten Österreichs lebte, hatte auch Kontakte zu Dschihadisten mit Verbindungen zum Islamischen Staat geknüpft. Von der Strafe wurden sechzehn Monate zur Bewährung ausgesetzt. Die verbleibenden acht Monate wird der Junge in einer Jugendbesserungsanstalt verbringen.

Mehr als 200 österreichische Bürger oder in Österreich lebende Personen haben sich dschihadistischen Gruppen im Nahen Osten angeschlossen; 30 von ihnen wurden getötet, etwa 70 sind zurückgekehrt.

Die Polizei in Belgien führt am 8. Juni in Antwerpen, Bredene, Louvain, Namur und Ostende 21 koordinierte Razzien gegen mutmaßliche militante Islamisten durch, die meisten von ihnen stammen aus Tschetschenien. Einige der Verdächtigen haben nachweislich dschihadistisches Training in Afghanistan, Tschetschenien und Syrien erhalten; Beweise, die den Verdacht bestätigen, dass sie einen Anschlag planten, findet die Polizei nicht. Von den anfangs 16 Verhafteten werden später alle bis auf zwei freigelassen.

In Brüssel leitet Françoise Schepmans, die Bürgermeisterin des Distrikts Molenbeek-Saint-Jean, ein Verfahren zur Entlassung eines Polizisten ein, der als Mohamed N. identifiziert wird. Dieser hatte in einer auf Facebook geführten Diskussion geschrieben, er werde „jeden einzelnen Juden“ töten. Unter dem Pseudonym Bebeto Gladiateur schrieb der Polizist: „Schon das Wort Jude ist schmutzig. Wenn ich in Israel wäre, dann würde ich ehrlich mit den Juden machen, was sie mit den Palästinensern machen – jeden einzelnen von ihnen massakrieren.“ Schepmans sagt: „Diese Äußerungen schockieren mich. Ich habe über solche Dinge nie Unklarheit bestehen lassen. Ich kann nicht akzeptieren, dass ein Polizist der Stadt eine solche Einstellung hat.“

In Großbritannien wird ein 22-jähriger weiblicher Flüchtling aus dem Irak zu dreieinhalb Jahren Gefängnis wegen „Twitter-Terrorismus“ verurteilt. Alaa Esayed aus Kennington im Süden Londons wird im Old Bailey verurteilt, nachdem sie sich schuldig bekannt hat, zu Terrorismus anzustiften und terroristische Publikationen zu verbreiten. Zwischen Juni 2013 und Mai 2014 hat sie auf einem offenen Account mehr als 45.000 arabische Tweets zu ihren 8.240 Lesern gesandt, in vielen von ihnen rief sie zu gewaltsamem Dschihad auf. Ihr Account, der das Profilbild einer Frau in einer Burka zeigte, die eine Kalaschnikow in der Hand hält, wurde von Al-Qaeda als einer der 66 wichtigsten Dschihad-Accounts geführt.

In Manchester wird der 33 Jahre alte Iqbal Ali aus Oldham zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er vier Frauen mit Drohungen und Gewalt gezwungen hat, in einem Harem als seine Sexsklavinnen zu dienen. Ali, der sagt, er habe seit 14 Jahren einen Feldzug mit dem Ziel geführt, „mit so vielen Frauen wie möglich zu schlafen“, fügte den Frauen Schläge, körperliche Bestrafung und öffentliche Erniedrigung zu, wenn sie ihm nicht gehorchten. Er wurde überführt, als eine der Frauen im Krankenhaus wegen schwerer Verletzungen am Hals behandelt wurde, nachdem sie in einer Apotheke zusammengebrochen war.

In Lancashire wird der 34-jährige Mohammad Liaqat zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem er in die römisch-katholische Mount Carmel High School in Accrington gestürmt war und den Schulleiter im Streit um die Bärte betreffenden Schulrichtlinien angegriffen hatte. Liaqat sagt, er sei wütend über die Entscheidung der Schule gewesen, zwei 14-jährige muslimische Schüler vom Unterricht auszuschließen, weil sie sich weigerten, ihre Bärte abzurasieren. Liaqats eigene Kinder waren nicht in den Fall involviert. Später tauchte er in der Grundschule St. Oswald’s RC in Lancashire auf und attackierte auch den dortigen Rektor. Liaqat ist es mittlerweile in vier Schulen im Gebiet Accrington und Burnley verboten, mit den Schulangestellten in Kontakt zu treten.

In Zypernbestätigt Außenminister Ioannis Kasoulides, dass ein 26 Jahre alter Mann mit libanesischer und kanadischer Staatsangehörigkeit – der festgenommen wurde, nachdem die Behörden in seinem Keller fast zwei Tonnen Ammoniumnitrat gefunden hatten – zu einer Verschwörung der Hisbollah gehört, israelische und jüdische Ziele auf der Insel anzugreifen. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagt, der Fall beweise, dass der Iran, der die Hisbollah unterstützt, weiterhin den Terrorismus in der Region anfache.

In Tschechien lässt Saudi-Arabien ein geplantes tschechisch-saudisches Wirtschaftsforum platzen, um gegen angeblich antiislamische Äußerungen tschechischer Amtsträger zu protestieren. Der tschechische Präsident Miloš Zeman hatte in einer Stellungnahme den Islam mit Gewalt in Verbindung gebracht. Anlässlich des Internationalen Holocaustgedenktages im Januar sagte der siebzigjährige Präsident:

„Der Islamische Staat ist seinem Wesen nach wie Nazideutschland in den frühen 1930er Jahren. Wenn wir einen Superholocaust und großflächige Massaker verhindern wollen, brauchen wir eine konzertierte militärische Aktion … unter der Ägide des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.“

Die in Saudi-Arabien ansässige Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) wies die Anschuldigungen zurück. Sie sagt:

„Die Äußerungen des tschechischen Präsidenten über den Islam folgen der Linie früherer Äußerungen, in denen er Korangläubige mit antisemitischen und rassistischen Nazis in Verbindung gebracht hat und sagte, der Feind sei eine Anti-Zivilisation, die von Nordafrika bis Indonesien reiche, ein Gebiet, in dem zwei Milliarden Menschen leben.“

„Solche Äußerungen zeigen nicht nur Präsident Zemans Mangel an Wissen und sein fehlendes Verständnis des Islam, sondern ignorieren auch die historische Tatsache, dass Antisemitismus und Nazismus ein durch und durch europäisches Phänomen sind. Sie haben keine Wurzeln im Islam, weder als Religion noch als Geschichte oder Zivilisation. Der Holocaust hat sich nicht in dem Gebiet zwischen Nordafrika und Indonesien ereignet.“

Präsident Zeman lehnt es ab, sich für seine Äußerungen zu entschuldigen. Am 28. Juni sagt er: „Wenn die europäischen Länder eine Welle von Migranten akzeptieren, werden darunter Terroristen sein. … Indem wir die Migranten akzeptieren, machen wir dem Islamischen Staat die Expansion nach Europa sehr viel leichter.“

In Dänemark ruft die radikal-islamische Gruppe Hizb ut-Tahrir Muslime dazu auf, die Parlamentswahl am 18. Juni zu boykottieren, da Demokratie unvereinbar mit dem Islam sei. In einer Pressemitteilung der Gruppe heißt es:

„Wir sind dazu verpflichtet, aktive Teilnehmer in unserer Gesellschaft zu sein, aber dies muss nach den Bedingungen des Islam geschehen, ohne dass wir unsere Prinzipien und Werte in Frage stellen. Demokratie steht im Widerspruch zum Islam und sie ist ein sinkendes Schiff, selbst ihre Anhänger verlieren mehr und mehr das Vertrauen in dieses System und suchen nach einer Alternative.“

„Der Weg, den die Muslime in Dänemark beschreiten müssen, ist der Widerstand gegen die antiislamische Integrationspolitik und die aggressive Außenpolitik, die von allen Regierungen in diesem Land verfolgt wurden. Wir müssen unsere islamische Identität und unsere islamischen Werte schützen und gleichzeitig die Botschaft des Islam in größeren Gesellschaftskreisen um uns her durch Wort und Tat verbreiten. Darüber hinaus haben wir die Pflicht, uns für die weltweite Bestrebung zur Wiedererrichtung des Kalifats einzusetzen, der islamischen Lösung der unendlich vielen Probleme, denen wir Muslime uns überall auf der Welt gegenübersehen.“

Nach Auszählung aller Stimmen löst der von dem früheren Ministerpräsidenten Lokke Rasmussen geführte Block der Parteien rechts von der Mitte die Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt ab. Die gegen Einwanderung gerichtete Dänische Volkspartei wird zweitstärkste Kraft im Parlament. Das Wahlergebnis spiegelt die wachsende Frustration der Wähler über den Multikulturalismus, die dänische Asyl- und Flüchtlingspolitik und ausufernde Einwanderung aus muslimischen Ländern wider.

Laut neuen Zahlen des dänischen Einwanderungsdienstes wurden in diesem Jahr bislang 90 Prozent aller Asylanträge genehmigt. Das steht in starkem Kontrast zu 2004, als nur zehn Prozent der Anträge positiv beschieden wurden.

In Kopenhagen nimmt die Islamische Gesellschaft in Dänemark ab sofort Spenden für den Bau einer dritten Megamoschee in der Hauptstadt entgegen. Das Projekt soll 80 Millionen Kronen (11 Millionen Euro) kosten, der Baubeginn ist für 2017 vorgesehen.

In Frankreich hält die sich in der Opposition befindende Partei des früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy – die kürzlich in „Die Republikaner“ umbenannt wurde – ein Treffen ab zu der Frage: „Der Islam in Frankreich oder der Islam Frankreichs?“ Es ist Teil einer Diskussionsreihe über die „Krise der Werte“ in Frankreich. Sarkozy sagt: „Es geht nicht um die Frage, was die Republik für den Islam tun kann, sondern darum, was der Islam tun kann, um der Islam Frankreichs zu werden.“

Muslimische Gruppen kritisieren das Treffen. „Wir können nicht an einer Initative wie dieser teilnehmen, die Muslime stigmatisiert“, sagt Abdallah Zekri, Präsident des Nationalen Observatoriums der Islamophobie. Der Parlamentsabgeordnete Henri Guaino, der das Treffen organisiert hat, sagt: „Dürfen wir nicht über die Dinge reden, an denen sich die Geister scheiden? Redet man über Einwanderung, ist man fremdenfeindlich. Redet man über Sicherheit, ist man ein Faschist. Redet man über den Islam, ist man ein Islamophober.“

Auf einer halbtägigen Konferenz über Beziehungen zur muslimischen Gemeinschaft, die am 15. Juni stattfindet, sagt Ministerpräsident Manuel Valls, der „Islam ist hier, um zu bleiben“. Er betont, dass es keine Verbindung zwischen dem Islam und Extremismus gebe. „Wir müssen sagen, dass all das nicht der Islam ist“, so Valls; „die Hasspredigten, Antisemitismus, der sich hinter Antizionismus und dem Hass auf Israel verbirgt … die selbsternannten Imame in unseren Vierteln und unseren Gefängnissen, die Gewalt und Terrorismus schüren.“ Über Radikalisierung wird auf der Konferenz nicht gesprochen, da das Thema als zu heikel empfunden wurde.

Am 28. Juni sagt Valls gegenüber dem Nachrichtensender iTele, es gebe zwischen 10.000 und 15.000 Salafisten in Frankreich, 1.800 Personen seien auf irgendeine Weise mit der islamistischen Sache „verbunden“. Der Westen, so Valls weiter, befinde sich in einem „Krieg gegen Terrorismus“. Er fügt hinzu: „Wir können es uns nicht leisten, diesen Krieg zu verlieren, weil dieser seinem Wesen nach ein Krieg der Zivilisation ist. Es ist unsere Gesellschaft, unsere Zivilisation, die wir verteidigen.“

Am 6. Juni sagt Valls, über 850 französische Bürger oder Bewohner Frankreichs seien zum Kämpfen nach Syrien und in den Irak gereist. Mehr als 470 hielten sich immer noch dort auf, 110 wurden mutmaßlich auf dem Schlachtfeld getötet.

Wie der französische Innenminister Bernard Cazeneuve am 29. Juni verkündet, hat Frankreich in den letzten drei Jahren 40 Imame wegen ihrer „Hasspredigten“ abgeschoben. „Wir haben seit 2012 40 Hassprediger abgeschoben“, sagt er. „Seit Jahresbeginn haben wir 22 Fälle untersucht, um die zehn Imame und Prediger des Hasses wurden ausgewiesen.“

Am 7. Juni hatte Cazeneuve berichtet, dass 113 französische Bürger oder Bewohner Frankreichs als Dschihadisten auf den Schlachtfeldern des Nahen Ostens gestorben seien. Es gebe 130 laufende Ermittlungen, die 650 Personen betreffen, die mit Terrorismus zu tun haben; gegen 60 Personen wurden Ausreiseverbote verhängt.

In Lyon gesteht Yassin Salhi, ein 35 Jahre alter Vater dreier Kinder, dass er seinen Chef enthauptet und versucht hat, eine chemische Fabrik in der Nähe der Stadt in die Luft zu sprengen. Der abgetrennte Kopf seines Chefs wurde an einem Zaun des Objekts gefunden, das einem amerikanischen Hersteller von Industriegasen gehört, daneben zwei Flaggen mit dem muslimischen Glaubensbekenntnis. Salhi, ein LKW-Fahrer, wurde in Frankreich als Kind von Eltern marokkanischer und algerischer Herkunft geboren. Vor seiner Festnahme machte Salhi ein Foto von sich mit dem abgetrennten Kopf und sandte das Bild an einen in Syrien für den Islamischen Staat kämpfenden französischen Dschihadisten. Salhis Frau sagt: „Wir sind normale Muslime. Wir feiern den Ramadan.“

In Bordeaux muss ein Lebensmittelladen namens De L’Orient à L’Occidental, dessen Inhaber kürzlich zum Islam konvertiert sind, ein „Geschlechterverbot“ aufheben, nachdem es eine Welle der Kritik gegeben hat. Um zu gewährleisten, dass Männer und Frauen im Laden nicht miteinander in Berührung kommen, wollten die Inhaber Frauen das Betreten des Geschäfts montags, dienstags, mittwochs und freitags verbieten, Männern sollte der Zutritt donnerstags, samstags und sonntags verwehrt werden.

In Paris weist das Verwaltungsgericht am 23. Juni eine Klage zurück, die eine Mutter gegen die französische Regierung eingereicht hatte, weil diese es versäumt habe, ihren Sohn im Teenageralter daran zu hindern, nach Syrien auszureisen, um sich den Dschihadisten anzuschließen. Der Junge war 16 Jahre alt, als er im Dezember 2013 mit drei anderen zusammen aus Nizza aufbrach, ein Flugzeug in die Türkei bestieg und dann über den Landweg nach Syrien reiste. Seine Mutter, die nur Nadine A. genannt wird, argumentierte, dass die Flughafenpolizei in Nizza ihn hätte aufhalten sollen, weil der Junge nur ein Hinflugticket und kein Gepäck gehabt habe. Das Gericht entscheidet aber, dass die Flughafenpolizisten nicht verantwortlich seien und weist die Forderung der Frau nach einer Entschädigung in Höhe von 110.000 Euro zurück.

Zur selben Zeit müssen sich seit dem 7. Juni mehr als ein Dutzend Mitglieder der Forsane Alizza (Ritter des Stolzes), einer Gruppe, die Muslime gegen Islamophobie beschützen will, in Paris vor Gericht verantworten – ihnen wird vorgeworfen, Terroranschläge vorbereitet zu haben. Die Gruppe – gegründet im August 2010 von dem 37-jährigen Franco-Tunesier Mohamed Achamlane, der sich selbst als „Emir“ bezeichnet – hat auf ihrer Website einen Text veröffentlicht, in dem sie verlangt, dass die französischen Streitkräfte alle mehrheitlich muslimischen Länder verlassen. Die Botschaft geht weiter: „Sollten unsere Forderungen ignoriert werden, betrachten wir die Regierung als im Krieg gegen die Muslime.“

Angehörige der französischen Islamistengruppe Forsane Alizza marschieren auf der Straße. Gegen mehr als ein Dutzend Mitglieder der Gruppierung wurde im Juni Anklage wegen der Vorbereitung von Terroranschlägen erhoben.

Achamlane veröffentlichte zudem Videos von seinen aufhetzenden Reden, in denen er Formulierungen benutzt wie: „Beim allmächtigen Allah, wir werden Frankreich Narben beibringen.“ Die Gruppe hat eine Liste von „Zielen“ veröffentlicht, darunter auch jüdische Geschäfte in der Region Paris. Vor Gericht sagt Achamlane: „Es gibt keinen radikalen oder moderaten Islam. Es gibt nur den authentischen Islam.“ Die Regierung betrachtet die Gruppe als eine Privatmiliz, doch die 15 Mitglieder der Gruppe streiten ab, zu einer terroristischen Vereinigung zu gehören. Bei einer Verurteilung drohen jedem Mitglied der Gruppe bis zu zehn Jahre Gefängnis.

In Deutschland beziffert Innenminister Thomas de Maizière in einem Interview mit der Rheinischen Post die Zahl der Dschihadisten, die in Syrien kämpfen, auf etwa 700. „So groß war sie bisher noch nie“, sagt er. Die Zahl der gewalttätigen Islamisten in Deutschland, die bereit sind „politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung“ zu verüben, liege bei etwa 330. Derzeit liefen mehr als 500 Ermittlungsverfahren gegen 800 Beschuldigte aus dem islamistischen Spektrum.

Zur selben Zeit entbrennt eine Debatte darüber, ob muslimische Schüler von dem verpflichtenden Besuch eines ehemaligen Konzentrationslagers im Rahmen der Holocausterziehung befreit werden sollten. Der Streit kreist um einen Vorschlag, wonach alle Schüler der weiterführenden Schulen Bayerns als Teil des Curriculums eine Holocaustgedenkstätte besuchen sollen.

Die regierende CSU ist dagegen; sie sagt, „viele Kinder aus muslimischen Familien … haben keinen Zugang zu unserer Vergangenheit … und brauchen noch lange, bis sie sich mit unserer Vergangenheit identifizieren können. Wir müssen dieses Thema gerade bei diesen Kindern behutsam angehen.“

Ebenfalls in Bayern warnt die Schulleitung des Wilhelm-Diess-Gymnasiums in der Stadt Pocking Eltern davor, ihre Töchter freizügige Kleidung tragen zu lassen, um „Missverständnisse“ unter den 200 in Notunterkünften in der Nähe der Schule untergebrachten muslimischen Flüchtlingen zu vermeiden. In dem Brief heißt es:

„Die syrischen Flüchtlinge sind mehrheitlich Muslime und sprechen arabisch. Die Asylbewerber sind von ihrer eigenen Kultur geprägt. Da unsere Schule in direkter Nachbarschaft ist, sollte eine zurückhaltende Alltagskleidung angemessen sein, um Diskrepanzen zu vermeiden. Durchsichtige Tops oder Blusen, kurze Shorts oder Miniröcke könnten zu Missverständnissen führen.“

Die Tageszeitung Die Welt zitiert einen Lokalpolitiker mit den Worten:

„Wenn minderjährige muslimische Jungs ins Freibad gehen, sind sie völlig überfordert damit, Mädchen in Bikinis zu sehen … Die Jungen, in deren Kulturkreis nackte Haut von Frauen völlig verpönt ist, laufen den Mädchen nach und bedrängen sie – ohne das zu beabsichtigen, aber das löst natürlich Ängste aus.“

In Berlin-Neukölln wird es der 26-jährigen Muslimin Betül Ulusoy gestattet, als Referendarin im Bezirksamt zu arbeiten. Die kommunalen Behörden hatten zunächst erwogen, sie abzulehnen, weil sie darauf besteht, ein muslimisches Kopftuch zu tragen. Nach Berlins Neutralitätsgesetz ist es jedem, der für die Stadt arbeitet, verboten, äußerlich sichtbare Zeichen der Religiosität zu tragen. Für Ulusoy macht man eine Ausnahme, offenbar um zu vermeiden, der Islamophobie bezichtigt zu werden.

In den Niederlandenstimmt das Parlament dagegen, dem Abgeordneten Geert Wilders die Präsentation einer Ausstellung amerikanischer Zeichnungen zu erlauben, die den Propheten Mohammed zum Thema haben. Er sei enttäuscht von der Entscheidung des Parlaments, sagt Wilders, und kündigt an, die Zeichnungen in einer Wahlwerbesendung zu zeigen. Der staatliche Sender NPO versäumt es jedoch, den Clip wie geplant zu senden, woraufhin Wilders NPO der Sabotage beschuldigt. Am 24. Juni wird der Clip dann doch schließlich im niederländischen Fernsehen gezeigt.

Ebenfalls im Juni sagt der Minister für Soziales, Lodewijk Asscher, er erwäge einen Plan, der türkische Imame dazu verpflichten würde, an einem Kurs in der niederländischen Sprache und Kultur teilzunehmen, bevor ihnen erlaubt wird, in die Niederlande zu ziehen. Solch ein Kurs würde „den Grundstein für erfolgreiche Integration“ legen, so Asscher. Yassin Elforkani von der muslimischen Lobbygruppe CMO, die nach eigenen Angaben knapp 400 Moscheen in den Niederlanden repräsentiert, sagt, statt des „kontinuierlichen Imports“ von Imamen aus der Türkei sollten die Niederlande lieber ein einheimisches Ausbildungsprogramm für Imame einrichten, wie es das in Deutschland bereits gibt.

Zur selben Zeit verurteilt ein Gericht in Rotterdam einen 22 Jahre alten Mann aus Delft zu vier Jahren Gefängnis. Dieser hatte geplant, die Beute aus einem Raubüberfall zur Unterstützung des Dschihads in Syrien zu verwenden. Nachdem die Polizei einen Hinweis bekommen hatte, verhaftete sie Mohammed A., als dieser sich anschickte, einen bewaffneten Raubüberfall in Scheveningen zu verüben. In seinem Auto fanden die Beamten drei Schusswaffen. Das Gericht befindet Mohammed A. einer „schweren terroristischen Straftat“ für schuldig, weil er mit dem Geld aus dem Raub den gewaltsamen Dschihad unterstützen wollte.

In Norwegenenthüllt der Polizeisicherheitsdienst (PST), dass sich bei fast einem Dutzend Flüchtlingen, die aufgrund des Quotensystems der UNO nach Norwegen geschickt wurden, herausstellte, dass sie enge Verbindungen zu den Terrorgruppen Islamischer Staat und Al-Nusra-Front haben. Die Polizei fand außerdem heraus, dass einige Flüchtlinge früher für die syrische Geheimpolizei arbeiteten, andere verdächtig sind, im syrischen Bürgerkrieg Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Die Tageszeitung Dagbladetberichtet zudem, dass islamische Extremisten in Flüchtlingsempfangszentren in Norwegen versuchen, neue Rekruten für den Terrorismus zu gewinnen. Laut der Zeitung wurden zahlreiche Personen, die in Norwegen Asyl bekamen, später zu Schlüsselfiguren in der dortigen radikalen islamischen Gemeinschaft.

Derweil konvertiert eine wachsende Zahl von Norwegern zum Islam, offenbar aufgrund einer empfundenen Notwendigkeit strengerer Regeln in Norwegens liberaler Gesellschaft. „Zum Islam zu konvertieren ist vielleicht heutzutage die extremste Form der Jugendrebellion“, sagt die muslimische Konvertitin und Religionsprofessorin Anne Sofie Roald der Tageszeitung Aftenposten. Sie glaube, dass der konservative Islam klare Grenzen ziehe und für Norwegens „Anything goes“-Gesellschaft eine neue Form der Sicherheit biete, sagt sie.

In Spanienverhaftet die Polizei drei junge Franzosen, nachdem sie dabei erwischt wurden, wie sie auf der Autobahn AP-7 in der südlichen Provinz Valencia mit ihrem Mercedes 235 km/h fuhren, fast doppelt so schnell, wie es die Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h erlaubt. Im Kofferraum des Wagens findet die Polizei eine Tasche mit 200.000 Euro Bargeld; keiner der drei Männer kann die Herkunft des Geldes erklären. Die eingeleitete Ermittlung ergibt, dass einer der drei Männer von den französischen Behörden beobachtet wird, weil er im Verdacht steht, Rekruten für den Islamischen Staat angeworben zu haben und seine Ausreise nach Syrien vorzubereiten.

Am 22. Juni beginnt vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid das Verfahren gegen Nabil Benkaddour, einen Marokkaner, der versucht hat, sich dem Islamischen Staat in Syrien anzuschließen. Benkaddour wurde im November 2014 in der südspanischen Region Murcia verhaftet, nachdem er versucht hatte, über die Türkei nach Syrien zu reisen. Ihm wurde nicht erlaubt, an Bord zu gehen, weil er kein Rückflugticket besaß. Wie die spanische Polizei später herausfand, war Benkaddour „sehr aktiv in radikalen dschihadistischen Internetforen“ und hatte Videos gesendet, die von Dschihadisten zur Indoktrination und Rekrutierung benutzt wurden. Auch ein Foto seines dreijährigen Sohne mit einem Spielzeuggewehr und Fotos verschiedener Terroristenführer hatte er gepostet, dazu die Botschaft: „Du hast den Weg des Dschihad gewählt und wir werden ihm folgen.“ Sollte das Gericht ihn der „Verherrlichung von Terrorismus“ für schuldig befinden, drohen Benkaddour zwei Jahre Gefängnis.

In Schwedenverhaftet die Polizei bei Razzien in Stockholm und der Provinzstadt Orebro am 1. Juni zwei Personen. Die Razzien sind Teil des Vorgehens gegen die Rekrutierung junger Männer für den bewaffneten dschihadistischen Kampf im Ausland. Laut der schwedischen Sicherheitspolizei (SAPO) ist Orebro, eine Stadt mit 140.000 Einwohnern, für dschihadistische Gruppen die viertgrößte Rekrutierungsquelle nach Malmö, Göteborg und Stockholm. Wie die SAPO berichtet, sollen sich etwa 300 schwedische Bürger oder in Schweden dauerhaft lebende Personen dem Islamischen Staat in Syrien und dem Irak angeschlossen haben. Etwa 35 von ihnen wurden getötet, 80 sind nach Schweden zurückgekehrt.

Am 17. Juni verkündet die schwedische Regierung, dass sie über eine Gesetzesvorlage berät, die es ihren Bürgern verbieten würde, für dschihadistische Gruppen wie den Islamischen Staat zu kämpfen. „Es ist inakzeptabel, dass schwedische Bürger reisen, um sich dem Islamischen Staat anzuschließen, die Gruppe finanzieren oder für sie kämpfen“, schreiben Justizminister Morgan Johansson und Innenminister Anders Ygeman in einem von der Tageszeitung Dagens Nyheter veröffentlichten Beitrag.

Soeren Kern ist ein Senior Fellow des New YorkerGatestone Institute und Senior Fellow for European Politics der in Madrid ansässigen Grupo de Estudios Estratégicos / Gruppe Strategische Studien. Besuchen Sie ihn aufFacebook und folgen ihm aufTwitter.

http://de.gatestoneinstitute.org/6344/sexsklaven-enthauptungen-twitter-terrorismus

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Ursache für die Ausschreitungen war laut Polizei ein Streit zwischen etwa 20 Bewohnern des Heimes. Dabei sei es um Religionsfragen gegangen. Ein Bewohner soll Seiten aus dem Koran gerissen haben. Nach MDR-Informationen wollte eine Gruppe von Flüchtlingen den Heimbewohner attackieren, weshalb dieser sich in die Wache der Einrichtung rettete. Von da an eskalierte die Lage. Die Angreifer-Gruppe versuchte gegen 21 Uhr, die Wache zu stürmen und die Tür des Wachlokals einzutreten. Die dortigen Sicherheitsdienst-Mitarbeiter setzten gegen die Angreifer Tränengas ein. Polizeibeamte, die in eines der Gebäude hineingingen, wurden dort “belagert”, am Verlassen des Hauses gehindert und mit Steinen und Betonteilen beworfen. Schließlich legten die Angreifer auch Feuer. Mehr  Fotos

Nach den Ausschreitungen in einer Suhler Flüchtlingsunterkunft hat die Polizei einen Mann in Schutzgewahrsam genommen. Wie die Thüringer Polizei am Donnerstagmorgen mitteilte, wurde der Asylbewerber zu Beginn des Streits am Mittwochabend von rund 20 anderen Heimbewohnern verfolgt, weil er mit dem Koran unflätig umgegangen sei. Später beteiligten sich etwa 50 Flüchtlinge an dem Streit, weitere 50 sollen zugeschaut haben. Mehr

Das „Freie Wort“ beschreibt die weiteren Geschehnisse so: „Vor dem Heim selbst spielten sich zwischenzeitlich bürgerkriegsähnliche Szenen ab: Menschen, die offenbar durch Messerstiche und Eisenstangen verletzt worden waren, lagen auf den umliegenden Rasenflächen und Gehwegen; Möbel flogen aus den Fenster der Unterkunft; Polizeiautos wurden angegriffen und beschädigt; Fensterscheiben gingen zu Bruch, Steine wurden auf Beamte geworfen.“ Mehr

Der Ministerpräsident zeigte Verständnis für die Flüchtlinge. Es handele sich um hochtraumatisierte Menschen, die aus Kriegssituationen kämen. “Sie sind alle Opfer”, so Ramelow. Er könne verstehen, dass die Emotionen hochkochten, wenn verschiedene Ethnien und religiöse Gruppen aufeinanderträfen. Er toleriere aber überhaupt nicht, “dass man einen Koran zerreißt und in eine Toilette schmeißt”… Die Polizei war mit 125 Beamten im Einsatz. Ein massiver Sachschaden entstand. Sechs Polizeiautos, Fensterscheiben und Möbel wurden beschädigt. Die Zentrale des privaten Wachdienstes wurde völlig demoliert. Mehr

Die Pauschale je Flüchtling an die Landkreise beträgt in Baden-Württemberg derzeit 13.260 Euro. In Berlin liegt die Pauschale bei etwa 12.000 Euro, in Bremen bei 12.500 Euro. Andere Länder verfügen über Mischsysteme. Geht man von den Pauschalen von 12.000 bis 13.000 Euro und den nun erwarteten bis zu 800.000 Flüchtlingen aus, kommt man auf Kosten von mehr als 9 bis 10,5 Milliarden Euro, mit denen die Länder rechnen müssen, wenn sie die Flüchtlinge ein Jahr lang versorgen müssen…Besonders hohe Kosten verursacht die Betreuung und Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge… Rund 60.000 Euro im Jahr koste ein Heimplatz für einen minderjährigen Flüchtling, sagt der Präsident des bayerischen Landkreistags, Christian Bernreiter. Andere Behördenschätzungen liegen darunter, bei durchschnittlich 40.000 Euro. Bernreiter spricht von einem „explosionsartigen Anstieg“ der Kosten. Mehr

“Wir erleben eine neuzeitliche Völkerwanderung”, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der Nachrichtenagentur dpa. Die EU müsse sich deshalb “mit höchster Priorität” um die Asylpolitik kümmern. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Mittwoch die neue Prognose für das laufende Jahr mit der Rekordzahl von 800.000 Flüchtlingen in Deutschland vorgelegt. Das wären fast doppelt so viele wie beim Höchststand Anfang der 1990er Jahre. Auch de Maizière appellierte an die EU-Staaten, Deutschland allein könne nicht 40 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen, die nach Europa kommen. Sollten die Partner ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, stehe die Freizügigkeit in Europa auf dem Spiel. Mehr

Im Rahmen der Verteilung von Flüchtlingen auf die Staaten der EU wird die Slowakei 200 Syrer aufnehmen. Doch geht es nach der Regierung in Bratislava, dann werden darunter keine Muslime, sondern nur Christen sein. “Wir könnten 800 Muslime aufnehmen, aber wir haben keine Moscheen in der Slowakei”, sagte Ivan Metik, Sprecher des Innenministeriums, der BBC. “Wie sollen die Muslime sich integrieren, wenn sie sich hier nicht wohlfühlen?” Mehr

Das italienische Asylsystem – und das wissen die Flüchtlinge erstaunlich präzise – ist äußerst unattraktiv: Wartezeiten bis zu einer Entscheidung von bis zu anderthalb Jahren, überfüllte Sammelunterkünfte und mit 2,5 Euro pro Tag auch deutlich weniger Geld pro Person pro Tag als in Deutschland. Zudem die wirtschaftliche Situation, die hohe Arbeitslosigkeit. Vor allem gutausgebildete Menschen, viele Syrer etwa, verlassen schleunigst nach ihrer Ankunft Italien. Solange nicht Leistungen, Bearbeitungszeiten der Asylanträge und Chancen auf Anerkennung für Asylbewerber europaweit gleich sind, ziehen sie weiter. Dorthin, wo sie das Beste für sich und ihre Kinder erwarten können. Mehr

Schon vor einem Tag kursierten Zahlen, nun sind sie offiziell: Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit bis zu 800.000 Asylbewerbern. Das teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin mit. Dies wäre der größte Zustrom von Flüchtlingen seit Bestehen der Bundesrepublik. “Das ist eine Herausforderung für uns alle”, sagte de Maizière. Doch: “Überfordert ist Deutschland mit dieser Entwicklung nicht”. Das Land müsse sich für einige Jahre auf hohe Flüchtlingszahlen einstellen. “Jeder Flüchtling, der nach Deutschland kommt, muss würdig, sicher und anständig aufgenommen werden”, betonte der Minister. Angriffe auf Asylbewerberheime werde man “mit aller Härte entgegen treten”. Mehr

Deutschland kann nach Ansicht von Innenminister Thomas de Maizière auf lange Sicht nicht 800.000 Asylbewerber pro Jahr aufnehmen. “In diesem Jahr müssen und werden wir das verkraften”, sagte der CDU-Politiker im ZDF-“Morgenmagazin”. Auf Dauer allerdings seien 800.000 Flüchtlinge für ein solches Land wie Deutschland zu viel – insbesondere im Vergleich zu anderen europäischen Ländern… Zwar sei er selbst “ein überzeugter Europäer” und für offene Grenzen, fuhr de Maizière fort. “Aber wenn andere europäische Staaten sich nicht an Recht und Gesetz halten, dann brauchen wir ein anderes System, das funktioniert.” Sein Fazit: “Offene Grenzen gehen nur, wenn das System innerhalb des Raumes, in dem es offene Grenzen gibt, dann auch ausgeglichen funktioniert. Mehr

 

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/offene_anstalt_deutschland1

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20 Muslime hetzen einen „Ungläubigen“ durchs Asylbewerberheim in Suhl und drohen ihn zu erschlagen. In letzter Not rettet er sich ins Wachlokal des Wachschutzes. Die Verfolger legen Feuer vor dem Wachlokal und die Gewalt eskaliert weiter. Immer mehr Bewohner beteiligen sich. Als die Polizei erscheint, werden die Polizisten von ungefähr 50 Zuwanderern angegriffen. Vier Beamte werden verletzt, elf Asylbewerber ebenso.  Der „Ungläubige“ wird von der Polizei in „Schutzgewahrsam“ genommen. Das ist die Bilanz einer Nacht in der Asylaufnahmestelle in Suhl und immerhin wurde über diesen Vorfall auch überregional berichtet. Sonst schaffen es die alltäglichen Gewaltvorfälle und gelegentlichen Tötungen in deutschen Asylunterkünften ja allenfalls in die Regionalpresse.[1]

Der Bericht der vor Ort ansässigen Zeitung Freies Wort liefert vielleicht ein realistisches Bild dieser Nacht: „Vor dem Heim selbst spielten sich zwischenzeitlich bürgerkriegsähnliche Szenen ab: Menschen, die offenbar durch Messerstiche und Eisenstangen verletzt worden waren, lagen auf den umliegenden Rasenflächen und Gehwegen; Möbel flogen aus den Fenstern der Unterkunft; Polizeiautos wurden angegriffen und beschädigt; Fensterscheiben gingen zu Bruch, Steine wurden auf Beamte geworfen. Auch Pressefotografen sowie ein Kamerateam wurden mit Eisenstangen angegriffen. Unmittelbar vor dem Verlagsgebäude von Freies Wort bauten Katastrophenschutz und Rettungsdienste schließlich eine Verletztensammelstelle auf.“[2]

So eindrücklich das auch geschrieben ist, geht es um die Ursache dieses Vorfalls, werden alle Berichterstatter bezeichnenderweise recht einsilbig. Da wird berichtet, die Gewalttaten seien nach einem Streit „wegen Glaubensfragen“ ausgebrochen. Welchen Glauben die Gewalttäter da im deutschen Flüchtlingsheim durchsetzen wollten, wird verschämt verschwiegen. Manche Berichte deuten es immerhin an, indem sie erwähnen, einem Mann sei vorgeworfen worden, eine Seite aus dem Koran herausgerissen zu haben. Der Ton hört sich aber immer ein wenig so an, als müsse man dafür Verständnis haben, dass Muslime darauf mit Lynchjustiz reagieren.

Verstehen kann man, dass die Verantwortlichen die Erwähnung von gewalttätigen Islamisten im Asylheim möglichst vermeiden wollen, sonst müssten sie doch wieder zu dem abgenutzten Statement greifen, das habe aber nichts mit dem Islam zu tun. Die Fälle, in denen Asylbewerber Mitbewohner in ihren Unterkünften brutal für „unislamisches Verhalten“ bestraften, hatte die Politik ja auch erfolgreich ignorieren können.[3]

Deutsche Politiker machen sich mehr Sorgen um die deutsche „Willkommenskultur“. Und die hat in der Tat fatale Züge. Die Asylbewerber lernen schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen, dass der deutsche Staat seine Werte nicht durchsetzt und gegenüber den Anmaßungen islamistischer Ideologen gern beide Augen zudrückt, um Konflikte zu vermeiden. Die Asylbewerber lernen, dass diejenigen, die hierzulande im Namen des Propheten handeln, mit besonderer Vor- und Rücksicht behandelt werden. Und schließlich – das muss wirklich nichts mit dem Islam zu tun haben – lernen sie, dass Deutschland ihre körperliche Unversehrtheit und ihr Leben selbst im Asylheim nicht schützen kann.

Was sagt es aus über ein Land, wenn ein islamistischer Lynchmob im Asylbewerberheim einen Andersgläubigen hetzt und der Staatsmacht nichts Besseres einfällt, als den Verfolgten in „Schutzgewahrsam“ zu nehmen? Wohin hat es sich entwickelt und wohin entwickelt es sich? Wenn wir den Gedanken des Asyls wirklich ernst nehmen, dann sollten wir endlich lernen, genau hinzusehen, was Schutzsuchenden in deutschen Asylunterkünften widerfährt. Und uns sollte auch bewusst werden, dass sich unter den Zuwanderern sehr wohl gefährliche Islamisten befinden, auch wenn derzeit keine IS-Kämpfer kommen. Die Gefahr beginnt schon unterhalb des potentiellen Selbstmordattentäters.

[1]http://sichtplatz.de/?p=3742

[2]http://www.insuedthueringen.de/regional/thueringen/thuefwthuedeu/Heftige-Krawalle-am-Fluechtlingsheim-in-Suhl;art83467,4285024

[3]http://sichtplatz.de/?p=1114

 

http://sichtplatz.de/?p=3775

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aargauerzeitung.ch

Soziologe spricht von einer neuen Völkerwanderung
Herr Heinsohn, ist die Migration aus Afrika nach Europa eine Völkerwanderung?

Gunnar Heinsohn: Ja, weil hinter dieser Migrationsbewegung sehr hohe Geburtenraten stehen. Sie haben die Bevölkerung in Afrika zwischen 1950 und heute von 220 Millionen auf 1,2 Milliarden Einwohner ansteigen lassen.

Gibt es Vergleiche mit der Vergangenheit?

Bei der Eroberung der Neuen Welt zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert verliessen rund zehn Millionen Europäer ihre Heimat, um vorrangig in Amerika zu siedeln. Heute wollen allein 540 Millionen aus Afrika und dem arabischen Raum auswandern. 2050 werden es bei der Fortrechnung dieser Wünsche 950 Millionen sein, also 50- oder 100-mal mehr als bei Europas Unterwerfung von 90 Prozent der Erde.

Eroberungszüge waren von Gewalt begleitet. Und die hier?

Die Eroberer siegten oder wurden geschlagen. Die Kolonisation von heute ist unblutig.

Wodurch werden Völkerwanderungen wie diese angetrieben?
Gunnar Heinsohn

Gunnar Heinsohn

Quelle: Zur Verfuegung gestellt

Vorrangig dann, wenn die Geburtenzahlen die Karrieremöglichkeiten weit übertreffen: Man darf nicht vergessen, dass Europa im 16. bis 19. Jahrhundert Geburtenraten wie heute Westafrika erreichte. Also durchschnittlich fünf oder mehr Kinder pro Frau.

Dann verlässt man seine Heimat, weil es neben all den anderen an Platz und Perspektiven mangelt?

Platz hat Afrika reichlicher als wir. Doch schauen wir noch einmal zurück. Als Europäer zwischen Alaska und Neuseeland siegten und ausmordeten, führten sie permanent auch zu Hause Krieg oder starben an Seuchen. In Europa führte man den 30-jährigen Krieg und holte sich zugleich Gebiete in Übersee. Das ist heute ähnlich: Während viele Millionen wegwollen, sind in Afrika nach Abzug der Kolonialherren rund 18 Millionen in Kriegen und Genoziden gestorben.

Nun gibt es neben den sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen auch noch die an Leib und Leben bedrohten. Eine komplett verwirrende Situation.

Das 1946 eingeführte Menschenrecht auf Asyl wurde für Europäer geschaffen, die nicht in ihre nunmehr kommunistischen Heimatländer zurückwollten. Seither ist die Weltbevölkerung von damals 2,4 auf 7,4 Milliarden gewachsen. Keiner konnte sich damals vorstellen, wie gewissermassen über Nacht ungezählte Millionen asylberechtigt geworden sind.

Wie läuft das ab?

Junge Männer kommen als Wirtschaftsflüchtlinge nirgendwo unter. Sowie einige von ihnen mit Waffengewalt um die Positionen der einheimischen Eliten kämpfen, verwandelt sich die gesamte Bevölkerung ihres Landes in Bewohner von Kriegsgebieten, die nach ihrer Flucht nicht zurückgeschickt werden dürfen. Tausend tötende Jünglinge bringen zehn Millionen Mitbürger unter den Schutz des Asylrechts. Das ist historisch neu.

Können Sie diese Vorgänge theoretisch unterlegen?

Wir arbeiten dafür mit einem Kriegsindex. In der Schweiz liegt dieser bei 0,8, weil auf hundert 55- bis 59-jährige Männer, die bald eine Position räumen, nur 80 Jünglinge zwischen 15 und 19 Jahren folgen. In Afrika und im arabischen Raum folgen auf hundert rentennahe Männer aber 300 bis 700 zornige junge Männer. Diese Länder keuchen unter Kriegsindizes zwischen 3 und 7.

Was heisst das konkret?

Selbst in einer wachsenden Wirtschaft können bei einem Kriegsindex von 5 nur ungefähr 150 von 500 jungen Männern mit akzeptablen Positionen rechnen. Die anderen 350 sind unruhig. Gibt es für ihre Beruhigung keine Öl-Milliarden und ist Auswanderung unmöglich, teilen sie sich in Kämpfer für diese oder jene «gerechte» Sache auf. Mit dem Ergebnis
von Kriegen, Vertreibungen und Völkermord.

Oder eben: Man geht. In der Hoffnung, woanders unterzukommen.

Weil Afrika jung ist und Europa vergreist, wirkt das Begehren um dortige Aufnahme nicht abwegig. Man braucht schliesslich allein in der EU bis 2050 rund 70 Millionen, um die Ungeborenen (Abstand zu einer Geburtenrate von 2,1) zu ersetzen.

Nur kommen sie nicht unter, weil sie nicht über die Qualifikationen verfügen, die Europa verlangt.

Auch das ist neu. Noch bis 1900 gingen zumeist überschüssige Bauernsöhne, die um Land kämpften. Heute wird in die Millionenstädte gedrängt, die in der globalen Konkurrenz bestehen müssen. Wer da nicht mitziehen kann, muss immer noch für den Schutz seiner Menschenwürde anständig finanziert werden.

Wie sollen wir als Normalbürger mit diesem Dilemma umgehen?

Wir beobachten zwei unterschiedliche Umgangsweisen. Wir haben eine Gruppe von Ländern (Ostasiaten sowie Kanada, Australien und Neuseeland), die ihre Grenzen militärisch sichern und nur Qualifizierte hereinlassen. Ich nenne sie Kompetenzfestungen. Auch sie haben zu wenig Geburten und brauchen Einwandererraten, wollen aber ihre ökonomischen Spitzenplätze verteidigen. Deshalb schauen sie gewissermassen erbarmungslos nur auf Könnerschaft. In Europa will jetzt Grossbritannien ebenfalls zur Kompetenzfestung werden.

Woran erkennen Sie das?

Das Land mit seinen 63 Millionen Einwohnern hat bereits 2,3 Millionen Talente an die ehemaligen Kronkolonien verloren. Also sucht London noch mehr kompetente Einwanderer als eigentlich erforderlich und macht zugleich am Kanal zu. Die Kontinentaleuropäer müssten damit entsprechend mehr Hilflose menschenwürdig versorgen.

Und das sehen Sie auf Europa zukommen? Ein Teil der Länder, der sich abriegelt, ein anderer, der Menschen aufnimmt?

Ja, zwei Ländergruppen werden weiter auseinanderdriften. Die einen nehmen nur die Besten, um wirtschaftlich vorne zu bleiben. Die anderen bekennen sich zu den Abgeschlagenen und halten die Grenzen für jeden offen, der Hilfe sucht.

Welches ist der richtige Weg?

Wir werden erst in Jahrzehnten sehen, wer weiser gewählt hat. Heute halten die bereits genannten Spitzennationen ihre Pforten zu. Zu ihnen werden sich weitere gesellen. Ich zähle zu einem gewissen Grad auch die Schweiz dazu. Andere haben keine Angst um ihre Wettbewerbsfähigkeit oder folgen anderen Werten. Frankreich, Deutschland und Schweden sind hier die Wortführer. Wer von beiden glücklicher wird, wissen wir noch nicht.

http://www.aargauerzeitung.ch/leben/forschung-technik/soziologe-spricht-von-einer-neuen-voelkerwanderung-129457555

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Boris T. Kaiser

Jennifer Weist, Frontfrau der Pop-Rockband „Jennifer Rostock“, schockte Fans und Presse dieser Tage mit einem Foto auf Facebook. Das Bild, das sie am 17.08.15 postete, zeigte die gefährliche Halswunde eines ihrer Freunde, der im Berliner Stadtteil Friedrichshain nach einem versuchten Diebstahl mit einem Messer attackiert worden war. Der gruselig aussehenden Aufnahme ihres Freundes fügte das Pop-Punk-Sternchen folgenden Kommentar hinzu:

„ich war am samstag mit freunden im astra in friedrichshain. als ich mit einem freund nach hause gehen wollte, versuchten zwei kleine jungs meine brieftasche aus meiner gürteltasche zu klauen. ich bemerkte es vorher, meine begleitung schubste ihn weg und in dieser bewegung riss einer der beiden meiner begleitung seine kette vom hals. als dieser sie wieder holen wollte, kamen noch drei andere typen von der anderen straßenseite und alles ging ziemlich schnell. ich hab nach hilfe gerufen, zwei typen versuchten uns noch zu helfen, aber es war zu spät. einer von ihnen zog ein messer und verletzte meine begleitung schwer am hals. alle arterien waren schon freigelegt. es fehlten nur ein paar millimeter und er wäre direkt auf der straße in meinen armen gestorben. mir ist gott sei dank nichts passiert.
meine begleitung war weder aggressiv, noch hatte er vor einen von ihnen zu schlagen. 
an diesem abend habe ich mit der polizei alle möglichen gassen abgesucht um die täter zu finden und dabei viele andere menschengruppen gefunden, denen auch sachen geklaut worden oder die verletzt worden sind. DESWEGEN AN ALLE BERLINER UND URLAUBER BERLINS: auf der revaler/warschauer straße ist eine große bande unterwegs. seid vorsichtig auf dem RAW gelände, geht dort am besten wenn es dunkel ist nicht alleine lang. diese leute sind wahnsinnig gefährlich und schrecken nicht davor zurück für eine beschissene kette zu töten!!! ich bin fassungslos und muss dieses ereignis erstmal verarbeiten. gerne teilen! diese wichser müssen gefasst werden!“
Nun könnte es bei der Erfassung „der Wichser“ natürlich helfen, wenn man die Täter ein bisschen beschreiben würde. Waren es zum Beispiel ein paar hochgewachsene Schweden, mit lustigem Akzent, die man in ganz Friedrichshain schon von weitem hören und sehen kann? Handelte es sich bei der „großen Bande“ vielleicht um eine Gang, bestehend aus rothaarigen, käseweißen und stets betrunkenen Iren? Waren es ein paar bierbäuchige Deutsche oder Engländer, die das Haus nie ohne Springmesser unter dem Feinrippunterhemd verlassen? Waren es Asiaten, und wenn ja, sahen sie eher indisch, chinesisch oder japanisch aus?

Nichts davon konnte man aus dem Facebookpost der jungen Dame herauslesen. Denn so geschockt sie war und so sehr sie angeblich an der Ergreifung der Fastmörder ihres Freundes interessiert war, hatte sie bei der ganzen Angelegenheit offenbar noch ein noch viel größeres Problem: Ihr ist etwas passiert, das gemäß ihrer bisherigen Weltsicht eigentlich gar nicht passieren kann. Ein Freund wurde in einem der Berliner Vorzeigeviertel der Toleranz nicht kulturell bereichert, sondern abgestochen. Eine genaue Beschreibung der Täter hätte daher zwar sicherlich zur Ergreifung der Täter/Wichser beitragen können, wäre aber politisch nicht korrekt gewesen und hätte das Weltbild ihrer Fans, nicht nur auf Facebook, arg ins Wanken gebracht. Diese waren auch so schon mit den Nerven und der eigenen Naivität am Ende. Viele, für die sonst alle Polizisten Bastarde sind, riefen auf einmal nach der sonst so verteufelten Staatsgewalt.

„Es wird höchste Zeit, dass aufgehört wird bei der Polizei zu sparen! Wir brauchen mehr und besser ausgerüstete Polizisten, die konsequent arbeiten können und durch schnelle Gerichte unterstützt wird…..eine Polizei vor dem man (im besten Sinne des Wortes) wieder Respekt hat! P.S. schickt die übergewichtigen Senioren bei der Polizei endlich mal in Ruhestand“, heißt es da zum Beispiel.

Oder auch:

„Ich finde das an der Warschauer Straße und am Alex sollte die Polizei 24 Stunden vor Ort sein auch wenn von der Warschauer Straße der Abschnitt 53 nicht weit weg ist aber dort passiert einfach zuviel..“

„Die Ecke rund um den Sbhf Warschauer Straße wird leider sowieso immer schlimmer. Offensichtlich werden dort immer mehr Drogen angeboten. Polizeipräsenz ist nicht vorhanden und das RAW Gelände sieht schon einladend für ‘Schlechtmenschen’ aus.“

Sogar Videoüberwachung wird gefordert. Eigentlich ein weiteres No Go in der „No-Go-Area“-ignorierenden Szene um die popkulturellen Light-Punker von Jennifer Rostock.

Denn diese sind, auf ihre oberflächlich-belanglose Art und Weise, durchaus tief in der linken Szene verwurzelt und fühlen sich ihr liebevoll verbunden. Auf Konzerten von „Jennifer Rostock“ dürfen die Fans zum Beispiel keine T-Shirts der „Böhsen Onkelz“ oder der Band „Frei.Wild“ tragen.

Ob die Messerstecher wohl solche Bandshirts getragen haben..?  Wir werden es nie erfahren. Denn auf eine nähere Beschreibung der Täter hat „Jennifer Rostock“ bis heute verzichtet. Die Wut über den fast tödlichen Angriff auf ihren Freund und auf die Täter ist offenbar auch nur einen Tag später schon wieder den alten Feindbildern gewichen. Denn man 18.08.15 äußerte sich die Band wie folgt auf Facebook:

„Es ist soweit, nun müssen wir doch etwas dazu sagen. Einige werden es schon mitbekommen haben, auf Jennifers Profil tobt gerade der rechte Bodensatz des Internets. Falls nicht, kurze Zusammenfassung: Ein Freund von ihr wurde mit einem Messer attackiert, sie suchte Zeugen. Es kann doch nicht sein, dass irgendwelche strunzdebilen Vollidioten so einen Vorfall dafür nutzen, auf unterstem Niveau gegen Ausländer und vermeintliche “Gutmenschen” zu hetzen. (Das OPFER ist übrigens beides) Es geht um Aufklärung eines unfassbaren Verbrechens und nicht darum, dass jetzt Kartoffel-Bürgerwehren durch Friedrichshain spazieren. Eigentlich leben wir hier, weil Berlin ein Ort der Freiheit und Toleranz ist. Wir wollen, dass die Täter gefasst werden, aber wir wollen hier auch weiterhin eine gute Zeit haben können. Das gilt übrigens auch für’s Internet, aber heute ist einer dieser Tage, da klappt man den Laptop auch gerne wieder mal zu. Ihr wisst, wie wir zu jeglichen Auswüchsen rechten Gedankenguts stehen. Wir tolerieren keine fremdenfeindliche Hetze auf unseren Profilen. Dieser Hass macht uns gerade unfassbar wütend. In Liebe, JR.“

Die Welt von Jennifer Rostock ist also wieder in Ordnung. Die größte Gefahr in diesem Land sind fiese „Kartoffel-Bürgerwehren“ die, wie wir alle wissen, ja quasi an jeder Ecke lauern und unsere Großstädte unsicher machen. Klar, wer denn auch sonst? Die Bösen sind immer die Deutschen. Abgesehen natürlich von Jennifer Rostock und ihren Freunden.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/wenn_die_falschen_zum_messer_greifen

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Von Malte Fischer

Eigentlich läuft es ja in der bunten Republik. Flüchtlinge finden im Wochentakt vierstellige Geldsummen und melden sich sofort auf der nächsten Polizeidienststelle. Dort erklären sie den gerührten Beamten mit Händen und Füßen, dass sie wüssten, wie schlimm es ist, etwas Wertvolles zu verlieren. Von vier verschiedenen aber doch ähnlichen Fällen berichteten Stern, Focus und deutsche Tageszeitungen allein im Juli. Das törichte Geschwätz von der Lügenpresse dürfte dank dieser Meldungen endgültig vom Tisch sein.

Zeit und Spiegel Online rechnen unbestechlich vor, wie Migration unsere demographischen Probleme löst und die von Pleite-Ossis strapazierten Sozialsysteme saniert. Okay, es wäre vielleicht hilfreich wenn die Studenten aus Asien, Russland oder Polen, die noch etwas aus ihrem Leben machen wollen, nach dem Master nicht gleich wieder abhauen würden. Aber dank Mindestlohn und deutschem Arbeitsrecht haben bei uns zum Glück alle einen garantierten theoretischen Anspruch auf gute Arbeit zu fairen Löhnen. Wird das Geld doch mal knapp, enteignen wir eben die Superreichen und überwinden das neoliberale Scheißsystem, auf das eh keiner mehr Bock hat.

Die politisch progressiven Kräfte der Republik gehen im Zukunftslabor Berlin-Kreuzberg schon seit Jahren neue Wege in der Flüchtlingspolitik. Ein Leuchtturm-Projekt ist die so kosten- wie sozialverträgliche Selbstverwaltung der Flüchtlinge und ihrer Unterstützer in der Gerhart-Hauptmann-Schule. Dank des Einsatzes engagierter Antifaschisten werden Schutzsuchende hier exklusiv von anderen Schutzsuchenden verprügelt oder abgestochen. Keine Handbreit dem Rassismus. Eine muntere Zivilgesellschaft verhindert kreativ, dass so genannte besorgte Bürger auf Versammlungen hetzen können. Junge Männer bekommen in öffentlichen Grünanlagen Raum für unternehmerische Eigeninitiative und begegnen so dem Klischee des faulen Asylanten, der uns nur auf der Tasche liegt.

Um das friedliche Miteinander aller Menschen in Deutschland zukunftsfest zu machen, fehlt eigentlich nur noch ein Blatt Papier mit Gaucks Unterschrift und dem Wort Zuwanderungsgesetz oben drauf. Wären da nur nicht die Nazis. Und die Deutschen, die nicht einsehen wollen, dass die Nazis das drängendste Problem unserer Zeit sind. Diese „Aber-Nazis“ sind eigentlich noch schlimmer als die immerhin ehrlichen NPD-Nazis. Sie tarnen sich als ganz normale Menschen aber man erkennt sie trotzdem ganz leicht. Sie benutzen das Wort „Aber“ in Zusammenhang mit Schutzsuchenden. Ich habe nichts gegen Flüchtlinge aber… Reicht. Klarer Fall. Ich habe nichts gegen Meinungsfreiheit aber zweifelsfrei nachgewiesener Rassismus ist eben keine Meinung, sondern zweifelsfrei nachgewiesener Rassismus. Diese Schande muss im Namen von Demokratie und Freiheit verboten werden. Es gibt Hoffnung, dass Herr Maas bereits an Paragraphen gegen Hate Speech feilt.

Menschenverachtung in sozialen Netzwerken ist ja sowieso eine exklusive Domäne deutscher Rechter. Linke hetzen nicht. Sie üben konstruktive Kritik und vertrauen auf die Kraft ihrer Argumente. So kommentieren zum Beispiel Taz-Leser das Ende der politischen Laufbahn von Erika Steinbach: „Eigentlich kann die sterben gehen.“ „Wenn jetzt noch Kohl, Koch und De Maiziere tot umfallen, war der Tag trotz des Scheißwetters ok.“ „Weg mit der alten Schlampe.“ „Guten Rutsch (in die Urne)“. Dem Humanismus verpflichtet. Aber mit Haltung.  Ähnliches Fingerspitzengefühl beweisen deutsche Linke regelmäßig im Umgang mit unseren jüdischen und amerikanischen Freunden. Auch werfen sie ihre Molotov-Cocktails und Pflastersteine nicht aus blindem Hass auf Gebäude und Menschen, wie es bei den Rechten der Fall ist, sondern weil sie für eine bessere Welt ohne Nazis und Bullen kämpfen.

Deshalb wäre es grob fahrlässig, einfach pauschal alle Personen zu ächten, die zu Gewalt aufrufen oder Menschen einschüchtern und attackieren, unabhängig von Absender und Adressat. Die Folge wäre eine fragwürdige Vermischung der Täterprofile von deutschen Nazis mit weltbürgerlichen Antifaschisten oder gar Jugendlichen mit Diskriminierungshintergrund. Das kann keiner wollen weil es ja wieder nur den Aber-Nazis in die Hände spielen würde.

Zum Glück gibt es die Qualitätsmedien. Sie erhellen in diesen düsteren Zeiten die Zusammenhänge und erklären dem Volk, was Menschlichkeit 2015 bedeutet. Selbst dann wenn sie wie Sibylle Berg gelegentlich daran verzweifeln, den Deppen immer wieder neu erläutern zu müssen, dass der Kapitalismus an ihrem Frust Schuld ist. Mit Engelsgeduld klären sie die Sachsen darüber auf, dass sie auch nur Deutsche dank historischer Gnade und westlichem Großmut sind. Sie ziehen die großen historischen Linien von Auschwitz bis Tröglitz, den Orten der Schande von gestern und heute.

Deutsche Dichter und Denker pfeifen regelmäßig Bluthunde wie Seehofer zurück. Sonst gebe es bei uns schon längst wieder Konzentrationslager. Ohne sich von der Hilfs- und Spendenbereitschaft einer Minderheit blenden zu lassen, schlagen kritische Journalisten Alarm. Nur ein Aufstand seiner Anständigsten kann einen Rückfall der Deutschen in die Barbarei verhindern. Dafür sprechen über 200 Anschläge auf Schutzsuchende in diesem Jahr. Nur Demagogen unterscheiden spitzfindig zwischen Gewaltdelikten (10 %) einerseits und Sachbeschädigungen und Propagandadelikten andererseits (90 %). Nur Rassisten, für die schwarze Leben nicht zählen, setzen die Zahlen in Relation zu den steigenden Flüchtlingszahlen oder stellen ihnen gar Gewaltopfer bio- und neudeutscher Herkunft gegenüber, die das Glück hatten, nicht von Nazis erwischt zu werden. Was Ausländer unter sich machen, geht uns nichts an. Was sie Deutschen antun, ist bedauerlich, sollte aber wegen der vielen Nazis nicht an die große Glocke gehängt werden. Sorry.

Höchstens ein paar moralbefreite Springerschweine bringen noch Aufmacher von Totschlägern und Terroristen, die nicht eindeutig der rechten Szene zuzuordnen sind. Insgesamt bestechen die deutschen Medien durch eine beeindruckende moralische Klarheit. Und weil heute fast alle wissen, dass es Flüchtlinge gibt weil wir Waffen exportieren und rechts von der CDU Nazischland beginnt, werden sich hoffentlich noch viele Menschen dem Aufstand der Anständigen anschließen und mutig bekennen, dass sie lieber eine Flüchtlingsfamilie als einen Nazi zum Nachbarn hätten, sollte der nette Zahnarzt und seine Pianistin-Gattin irgendwann ausziehen. Nur können all die schönen Worte das Schweigen von Mutti nicht übertönen. Frau Merkel, zeigen Sie jetzt bitte Haltung.

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Flüchtlinge, Miniröcke und deutsche Willkommenskultur

Ein Streitgespräch zwischen irgendeiner Flüchtlingsbeauftragten, nennen wir sie Constanze Böse, 39 Jahre alt, parteilos und irgendeinem Querdenker, nennen wir ihn Tilman Guth, 36 Jahre alt, Mathematiker, über Willkommenskultur und Ankommenskultur.

Böse: Es gibt 50 Millionen Flüchtlinge weltweit und …
Guth: Sie wissen genauso gut wie ich, dass diese Zahl eine reine Kampfzahl ist, ganz unseriös, überhaupt nicht belastbar.
Böse: Hören sie auf mit solchen …
Guth: Es können viel weniger Flüchtlinge sein auf dieser Welt und es können auch viel mehr sein, das ist ja auch Definitions-und Geschmacksache, wen man Flüchtling nennt, was ein Flüchtling ist und aus welchem Grund jemand von A nach B zieht, zum Beispiel sein Heimatdorf in Afrika verlässt.
Böse: Wer vor politischer oder religiöser Verfolgung flieht ….
Guth: Die wirklich in ihren Heimatländern Verfolgten schaffen es regelmäßig nicht hierher, das war schon immer so. Und nicht jeder, der Asyl schreit, ist ein Asylant.
Böse: Zynisch!
Guth: Realität!
Böse: Es geht um eine humanitäre Katastrophe und da müssen wir die Menschen, die es unter Einsatz ihres Lebens, geschunden und entkräftet, hierher schaffen, aufnehmen!
Guth: Müssen?
Böse: Das ist eine historische, eine moralische Pflicht, die nach dem Holocaust auch eine besondere deutsche Pflicht ist. Und im Übrigen können wir froh sein, dass die Flüchtlinge zu uns kommen! Wer soll sonst den fehlenden Nachwuchs in Deutschland und Europa ersetzen? Wir brauchen jeden Flüchtling, für die Versorgung der alten Menschen, für das Erwirtschaften der Renten und als qualifizierte Nachwuchskräfte für unsere Wirtschaft.
Guth: Nach ihren Motiven für ihren „Ellerbecker Rundumschlag“, mit dem sie nichts erklären können, frage ich Sie mal nicht. Ich beschränke mich auf die Feststellung, dass die „Argumente“, die Sie anführen, nicht lauter sind. Von der sachlich durcheinander gequirlten …..
Böse: Jetzt werden Sie persönlich, noch bevor die Diskussion über die notwendige Willkommenskultur, die den Deutschen fehlt, überhaupt begonnen hat. Und wer persönlich wird, hat es wohl …
Guth: Wenn Sie mit Ihren Stereotypen die Intelligenz des Zuhörers beleidigen, dann werden Sie mir einen persönlichen Angriff sicher nachsehen.
Böse: Wollen Sie die Tatsachen bestreiten?
Guth: Sie nennen Ihre Behauptungen Tatsachen? Ich bitte Sie! Sie sagen 50 Millionen Flüchtlinge, aber außer Ihrem gefühlten Wissen haben Sie nichts auf der Pfanne.
Böse: Oho!
Guth: Sie haben so viele Flüchtlinge, wie Sie haben wollen. Je mehr “Flüchtlinge” Europa und die Bundesrepublik aufnehmen, desto mehr Flüchtlinge wachsen nach. Ich behaupte, dass jeder Ihrer Flüchtlinge, der hier Ihre Vollversorgung erlebt, von der er in seiner Heimat nicht einmal geträumt hat, nach Hause telegrafiert: Bin im Schlaraffenland angekommen. Dann wächst nicht ein neuer Flüchtling nach, es wachsen zwei, drei und vier Flüchtlinge nach.
Böse: Nun machen Sie mal halblang! Von Vollversorgung kann leider keine Rede sein. Nun gut, manche bekommen eine, meist fast menschenunwürdige, Unterkunft gestellt, etwas zu essen und zu trinken, vielleicht freie Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Krankenversicherung und ein Taschengeld und vielleicht demnächst freien Internetzugang, aber sie werden von einer bösen deutschen Volksseele, von üblen Populisten verfolgt und gejagt. Sie dürfen nicht arbeiten, sie fühlen sich fremd, fern ab der Heimat, mussten womöglich Frau und Kind zurück lassen, mussten ihren Beruf aufgeben, sehen sich einer rassistisch basierten Aberkennung ihrer Schul- und Universitätsabschlüsse ausgesetzt.
Guth: Naja, 100.000ende Nobelpreisträger, auch wenn sie Flüchtlinge sind, will eben keiner nach Deutschland importieren.
Böse: Das ist ja ein widerwärtiger Sarkasmus.
Guth: Wenn sie falsche Tatsachen behaupten und die Leute für dumm verkaufen, dann gilt der Sarkasmus, den Sie ausgemacht haben wollen, allein Ihrer Person. Viele Flüchtlinge sind Analphabeten und haben in ihrer eigenen Muttersprache, die ihrerseits oft nicht auf dem Stand der Zeit ist, in dem die Sprache, die Tools, die für Wirtschaft, Wissenschaft, Technik, komplexe Rechtsgebiete benötigt werden, gar nicht zur Verfügung stehen, eher nicht den höchsten Level erreicht. Und dann sollen Sie mal eben, wie aus Ihren Kreisen zu hören ist, ein akademisches Deutsch lernen und sofort an den Universitäten studieren.
Böse: Das wäre das Beste.
Guth: Mit dem Wort „wäre“ bringen Sie jetzt selber den Irrealis. Wollen wir uns angesichts der Not, die es auf dieser Welt gibt, über ideologischen Quatsch unterhalten?
Böse: Sie sind doch in Wahrheit ein verkappter Populist.
Guth: Nee, Sie sind Mainstream-Populistin!
Böse: Der Rassismus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, ich meine den alltäglichen Rassismus – und gegen den kämpfe ich tatsächlich. Check your Privilege! Und deswegen bin ich, obwohl verbeamtet, eigentlich in der Position eines Widerstandskämpfers gegen eine dumpfe Volksseele.
Guth: Heute haben Sie vergessen Ihre Fieberkurve zu messen. Vermutlich deswegen fallen Sie auf den Unsinn, den Sie hier stramm verkünden, rein und glauben zu allem Überfluss auch noch an das, was Sie sagen.
Böse: Sie sind, ehrlich gesagt, ein ganz schön abgewichster Typ.
Guth: Wenn einer in Afrika sein Dorf verlässt, nachdem seine ganze große Familie das Vermögen zusammen gebracht hat, das der Flüchtling den Schlepperbanden bezahlen muss, wenn er die nordafrikanischen Staaten mit den dortigen sehr speziellen Verhältnissen durchquert hat, und immer noch Bargeld (?) bei sich hat und einen Koffer(?), um sich zu ernähren, zu kleiden und die Bootspassage übers Mittelmeer zu bezahlen…
Böse: Ja, was dann??
Guth: Dann kommen wir endlich zum Thema der von Ihnen notorisch verlangten Empfangskultur, die Sie den Deutschen – frei aus dem Nichts – abnötigen. Und in dem Zusammenhang meinen sie mit den Deutschen die eingeborenen Deutschen – leicht rassistischer Anflug, merken sie noch was? – die Sie endgültig und für immer erziehen oder wie manche sagen, umerziehen wollen. Oder wie andere sagen, denen sie das Deutschsein austreiben wollen.
Böse: Jetzt werden Sie aber paranoid!
Guth: Na, klar, Paranoia muss wohl im Spiel sein. Und Sie vergessen das beliebte Wort “Verschwörungstheorie”. Doch schon etwas Schaum vor dem Mund, Frau Böse?
Böse: So können wir nicht weiter diskutieren, beim besten Willen nicht.
Guth: Sie haben den Begriff “Paranoia” nicht verstanden. Wenn sich eine kleine Minderheit hinstellt und sich als politisch links, grün, korrekt anheischig macht hinter jedem deutschen Busch in diesem unserem Lande einen eingeborenen deutschen Rassisten auszumachen, dann ist genau das die “Paranoia”, die zum Gesellschaftsspiel geworden ist. Sie werden ihre Paranoia nicht los, in dem sie diese, ihre Paranoia, versuchen anderen anzukleben. Das Wort “Willkommenskultur”…

Böse: Schön, dass Sie zum Thema zurückfinden.
Guth: Das Wort “Willkommenskultur” ist ein ideologischer Kampfbegriff, in dem die Schizophrenie der Gesellschaft oder das verdrehte Koordinatenkreuz perfekt, wenn auch verkannt, sichtbar wird.
Böse: Wie meinen?
Guth: Falls Sie es nicht verstanden haben, wiederhole ich es gern.
Böse: Um Gottes Willen, tun Sie das Niemandem an!
Guth: Willkommenskultur, Gastfreundschaft. Das ist einfach toll! Eine Verpflichtung, dass sich irgendjemand willkommenskulturell oder gastfreundschaftlich verhält, lässt sich dagegen beim besten Willen aus keinem Recht dieser Welt konstruieren. Es ist das Wesen von Altruismus, das er freiwillig ist.
Böse: Doch! Es gibt eine historische Begründung…
Guth: Immer erst nachdenken, bevor sie solche mainstreamigen Kampfbegriffe kritiklos nachplappern!
Böse: Wir brauchen die Willkommenskultur. Das ist eine Bringschuld.
Guth: Ach, der Deutschen, der Eingeborenen. Und woher haben sie das?
Böse: Ihr süffisantes Grinsen macht das, was Sie sagen, nicht besser. Sie sind eine Schande für Deutschland!
Guth: Seit einigen Jahren ist die Willkommenskultur der besseren Deutschen, die diese den schlechteren Deutschen oktroyieren wollen, mächtig en vogue.
Böse: Zu recht, wir müssen die Menschen…
Guth: Welche Menschen??
Böse: … moralisch verpflichten und sie so verstehen machen, dass wir alle Flüchtlinge, die hier kommen, aufnehmen müssen und sie integrieren müssen und dass das notwendigerweise bedeutet, dass die Deutschen….
Guth: Schon wieder die Deutschen!
Böse:Jawohl, Opfer bringen müssen.
Guth: Von „müssen“ kann keine Rede sein. Welche Opfer meinen Sie überhaupt genau?
Böse: Sie kennen ja die Klischees: erhöhte Kriminalität, Vergewaltigungen, Verslumung, Beschwerden von Anwohnern in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften, Entwertungen benachbarter Grundstücke. Ängste, die eigenen Kinder auf die Straße zu lassen, wo sich Flüchtlinge aufhalten usw. Und dann immer das Argument, die Flüchtlinge kosteten zuviel Geld. Ich sage nicht, dass es einfach ist, aber all diese „diffusen Ängste“ bringen uns nicht weiter.
Guth: Eine Verpflichtung zur Selbstaufgabe gibt es bereits naturrechtlich nicht. Im Gegenteil, jeder und jedes Volk hat das Recht und die Pflicht zur Selbstbehauptung.
Böse: Das Gespräch mit Ihnen wird unfruchtbar.
Guth: Also nochmal, welche Opfer konkret verlangen sie von Ihren Deutschen?
Böse: Es sind nicht meine Deutschen.
Guth: Einmal angenommen, eine einzige Ihrer deutschen Frauen wird von einem einzigen Flüchtling vergewaltigt, das kommt ja in Ihrem Kosmos kein einziges Mal vor, deshalb frage ich also nur hypothetisch: muss diese einzige deutsche Frau ihr Opfer für die Flüchtlingspolitik tragen, ertragen? Oder fällt diese Frage unter die große Omerta über katastrophale Fehlentwicklungen in der Integrations- und Flüchtlingspolitik?
Böse: Unerhört, man kann es nicht fassen!
Guth: Naja, wenn Bio-Deutsche bio-ausländische Deutsche verletzten, beleidigen, was schon bei einem falschen Blick der Fall sein kann, dann ist das Rassismusgeschrei sicher, während der umgekehrte Fall routiniert unterdrückt wird, um den Rechten, wie es heißt, nicht in die Hände zu spielen. Und um keine „diffusen Ängste“ zu schüren, die sie eben schon sehr schön präsentiert haben.
Böse: Warum thematisieren sie Ausländerkriminalität, die von Niemandem geleugnet wird, überhaupt? Schließlich unterscheidet sich Ausländerkriminalität nach allen vorliegenden Erkenntnissen doch gar nicht von…
Guth: ….Eingeborenen-Kriminalität? Bei einer vermuteten Tatbeteiligung von Menschen mit ausländischen Wurzeln, ein toller Terminus, werden die Polizeibehörden gar nicht erst tätig, jedenfalls, wenn’s sich irgendwie vermeiden lässt, das ist die erste Manipulation der Kriminalstatistik. Und die zweite gängige offizielle, besser offiziöse Manipulation aller Kriminalstatistiken liegt in der Tatsache, dass Migranten mit deutschem Pass als deutsche Täter geführt werden, also in der Statistik nicht gesondert auftauchen. Nur, wenn auf der Opferseite ein Migrant mit deutschem Pass steht, wird zur Generierung einer rassistischen Tat die Herkunft des Opfers herangezogen.
Böse: Alles Unsinn! Ein großer Unfug!
Guth: ….und wenn die Täter Menschen mit ausländischen Wurzeln ohne deutschen Pass sind, dann gibt es gar keine Zeitungsmeldung oder nur eine ganz kleine Zeitungsmeldung und überhaupt keine Statistik. Von einigen krassen Fällen, die es ausnahmsweise in die Medien schaffen, abgesehen.
Böse: Damit müssen wir leben…
Guth: Das sagen Bundespräsident und Bundesregierung auch, allerdings meinen die nicht, wir, sondern sie meinen, dass die Opfer damit leben müssen. Und das nenne ich zynisch.
Böse: Einzelfälle sind ungeeignet, dass man sie hochrechnet.
Guth: Was ein Einzelfall ist, muss man im Kontext offenbar noch definieren.
Böse: Hören sie auf!
Guth: Einzelfälle eingeborener Kriminalität gegen Menschen mit ausländischen Wurzeln werden von Politik, Medien und Justiz immer aufgegriffen, hochgerechnet und als mindestens latent rassistisch lautstark gegeißelt.
Böse: Kriminalität ist immer die individuelle Tat. Sie sind ein unangenehmer Diskutant!
Guth: Auf welchem Schwachmatenniveau die Kulturnation Deutschland die Themen Migration und jetzt Flüchtlingsaufnahme routiniert diskutiert, nervt.
Böse: Sie wollen doch in Wahrheit behaupten, dass die Menschen Angst hätten, ihre wahre Meinung gegen irgendeinen bösen Mainstream zu sagen!
Guth: Das haben Sie jetzt gesagt. Mich nerven Ängste und Verlogenheiten viel weniger als Dummheit und intellektueller Flachsinn. Und mich nerven jammernde Feiglinge!
Böse: Wollen Sie mir Dummheit unterstellen?
Guth: Achso (grinst)… Bis jetzt ist die Migrationspolitik in Deutschland und überall in Europa gescheitert, von punktuellen positiven Entwicklungen abgesehen. Die Migration kostet mehr Geld, als sie einbringt. Und das Anwerben der dringend benötigten ausländischen Fachkräfte funktioniert so auch nicht. Und dem Fachkräftemangel könnte man auch durch bessere Bildung hierzulande begegnen, aber die Bildung wird derzeit breit getreten, flach gemacht und ins Bodenlose nivelliert. Und es werden ideologisierte Klugscheißer erzeugt, die alles über Willkommensunkulturen wissen. Und die frei von Sachkenntnis immer genau wissen, wer die Guten und wer die Bösen sind. Schauen Sie sich mal die hochideologisierte und auf Indoktrination angelegten Kinderkanal-Sendungen oder Kinder-Nachrichten oder Nachrichten von Kindern für Kinder an.
Böse: Pädagogisch wertvolle Weichenstellungen für das ganze Leben! Ich werde Sie als den Bösen entlarven, über den Sie sich hier so lustig machen. Sagen Sie doch mal konkret, wie Sie die deutsche Bevölkerung zur Einsicht und zur aktiven Hilfe für die Flüchtlinge bringen wollen. Politiker müssen den Mut aufbringen sich „auch mal gegen Stimmungen“ zu stellen.
Guth: Ja, wenn Politiker das Faktenwissen, die Weisheit und die Moral mit Löffeln gefressen haben und das Volk eine verderbte, amorphe Masse ist, dann mag es eine höhere Form von Demokratie sein, wenn diese Politiker das Volk auch mal zwingen, zum Beispiel “Opfer zu bringen.” Von diesem Politikertypus ist zurzeit nichts in Sicht und dann halten wir uns doch lieber an die Verfassung und die sieht vor, dass die Menschen, auch sie und ich, der oberste Souverän sind.
Böse: Ja, aber nun machen Sie doch Ihren konkreten Vorschlag, wie das Flüchtlingsproblem ….
Guth: Problem?
Böse: ….gelöst werden kann.

Guth:Der australische Regierungschef rät Europa gerade, keine weiteren Flüchtlinge aufzunehmen und keine weiteren Begehrlichkeiten in den Herkunftsländern zu wecken.
Böse: Empörend, der pure Rassismus. Menschenrechtsverletzung.
Guth: Der australische Vorschlag ist ein eigenes Thema, aber Sie fragen mich nach meinem konkreten Vorschlag, die unbefriedigende Situation der Flüchtlingspolitik zu verbessern, und ich sage Ihnen, es muss eine Ankommenskultur, eine Kultur des Ankommenwollens her. Das Muss, das einseitige Muss, was die eingeborenen Deutschen, die zur kleineren Parallelgesellschaft in dieser Gesellschaft werden, alles müssen, das ist der Kardinalfehler der gescheiterten Migrationspolitik und jetzt der Flüchtlingspolitik.
Böse: Das ist ja …
Guth: Wenn ein Flüchtling nicht nach Deutschland will, sich nicht integrieren will oder kann…..
Böse: Dann hat er wohl nach ihrer Meinung keinen Anspruch auf unsere Willkommenskultur haben? Aber was für ein Unsinn! Die Flüchtlinge, die hierher kommen beweisen doch durch ihr Herkommen, dass sie hier aufgenommen werden und hier leben wollen.
Guth: Tja, jetzt wird’s etwas komplexer, das ist etwas für Durchblicker.
Böse: Wollen Sie mir den Durchblick abstreiten?
Guth: Wer keinen Durchblick hat, dem kann man den Durchblick nicht abstreiten.
Böse: Bleiben Sie sachlich!
Guth: Allein aus der Tatsache, dass ein Flüchtling hierher kommt, lässt sich sein positiver Wille, sich hier in die Gesellschaft positiv einzufügen, mitnichten entnehmen. Klar, hier Big Kohle empfangen, nach kurzer Zeit perfekt angezogen aus dem Sporthaus heraus zu spazieren und ein Smartphone neueste Generation, das man noch nicht bedienen kann, sein eigen nennen, ist eine feine Sache.
Böse: Sie phantasieren!
Guth: Gehen Sie einfach zu Fuß durch die Innenstädte des Landes und hören Sie auf selektiv zu sehen!
Böse: Ich kann es nicht fassen, ich habe es nicht für möglich gehalten, bis ich Sie jetzt reden höre, dass es so etwas in Deutschland gibt….
Guth: Kriegen Sie sich wieder ein! Mit dieser an allen Ecken und Enden neuerdings geheuchelten Empörung, wie schlimm alle seien, die den Flüchtlingen nicht entgegengingen, offenbaren Sie den ideologischen Ansatz Ihrer Kaste und die pure Mainstreamkompatibilität, die das wahre ungute Motiv ist.
Böse: Mein Einsatz ist Hilfe für die verängstigten Menschen, die hierher kommen. Mit dem Ansatz muss ich mich nicht verstecken. Das sind Menschen, die aus Kriegsgebieten kommen, die traumatisiert sind, und da ist bedingungslose Hilfe, hier und sofort, angesagt.
Guth: Was Sie alles so wissen…Seltsam, dass Sie bei so viel Wissen die Realität nicht kennen oder, wie ich in Ansehung Ihrer Motive vermute, verdrängen! Ein Mensch, der hierher kommt und sagt, ich bin Flüchtling, muss sein persönliches Angebot an diese Gesellschaft machen. Einbahnstraßen sieht das Leben nicht vor. Kurzfristig muss man gelegentlich auch Einbahnstraßen befahren, aber die sind kurz. Ein Flüchtling, der hierher kommt, muss seinen Angebotswillen mitbringen und in die Tat umsetzen! Da ist die Bringeschuld, von der Sie eben sprachen, richtig. Oder im wahrsten Sinne des Wortes Mitbringeschuld desjenigen, der hierher kommt.
Böse: Hört, hört!
Guth: Das Pendant zur höchst freiwilligen Willkommenskultur ist die Bringeschuld hier auch wirklich aktiv und integrativ leben zu wollen. Diese Verpflichtung der Flüchtlinge ist in der deutschen Flüchtlingspolitik schlechterdings nicht existent. Da wird den Menschen von Oben gesagt, jaja, ihr habt eure Ängste ihr Dummerchen, aber diese Ängste sind Rassismus und jetzt Maul halten und Willkommenskultur machen!
Böse: Ich bin sprachlos.
Guth: Ihr willkommenskulturelles Konstrukt hat mit Logik nichts zu tun und ist wenig hilfreich. Flüchtlinge, die oft aus regelrecht anderen Jahrhunderten plötzlich hierher kommen und auf lange Sicht ein Kostenfaktor für die Gesellschaft sind, werden an jeder Integration und jedem Integrationswillen gehindert. Die Flüchtlinge permanent mit dem Gefühl zu versorgen, dass sie unterversorgt seien und dass die bösen Deutschen, die Eingeborenen, ihnen feindselig gegenüber stünden und denen einzureden, dass sie vor diesen Deutschen geschützt werden müssten, und dass die Deutschen sich den kulturellen und sonstigen Besonderheiten der Flüchtlinge anzupassen hätten, ist eine Politik, die auf Vernichtung jedes Integrationswillens der Flüchtlinge angelegt ist. So ist es ja auch kein Wunder, dass man die Flüchtlinge den gesellschaftszerstörerischen, linksradikalen Kräften überlässt, die aus Analphabeten noch am Tag ihrer Ankunft hier bestinformierte „Demonstranten“, Schulbesetzer, Verlanger usw. macht, mit den teuersten Anwälten, die die Flüchtlinge nicht bezahlen müssen, ausgestattet.
Böse: Ja, aber …
Guth: Nix, aber..
Böse: Die Feindseligkeit gegenüber Flüchtlingen aus der Mitte der Gesellschaft, eben der alltägliche Rassismus ist evident.
Guth: Über bloß behauptete Evidenzen unterhalte ich mich nicht.
Böse: Nochmal, wir brauchen eine Willkommenskultur. Das ist die Basis und in der Tat wird es eine Epoche geben, in der wir noch sehr viele Flüchtlinge werden aufnehmen müssen. Und angesichts dieser Tatsache sind wir zum Erfolg verdonnert, und nach dem zweiten Weltkrieg haben wir in der Bundesrepublik…
Guth: Wir? Meinen Sie sich selbst?
Böse: … 12 Millionen Flüchtlinge aus dem Osten aufgenommen.
Guth: Mit der Nummer ist der famose Bundespräsident Gauck schon gekommen. Das war sehr undurchdacht.
Böse: Nein, das war genau das richtige Beispiel.
Guth: Das war genau das Beispiel, das bei vernünftiger Betrachtung belegt, dass die derzeitige Flüchtlingsideologie auf dem Holzweg ist.
Böse: Ihr Ansatz den Flüchtlingen ein Ankommenwollen abzuverlangen, ist menschenverachtend, zumal die Flüchtlinge nichts sehnlicher wollen, als hier zu sein und dabei zu sein. Die Flüchtlinge brauchen uns und wir werden uns nicht verweigern. Sie müssen umdenken, wir alle müssen umdenken. Es werden noch viele Millionen Flüchtlinge kommen.
Guth: Umso wichtiger ist die Kultur des Ankommenwollens der Flüchtlinge. Nicht physisch, sondern gesellschaftlich, wirtschaftlich und menschlich. Migranten und Flüchtlinge nicht herausfordern, nicht provozieren, sie zu tolerieren, sie zu akzeptieren, sie zu finanzieren, ihnen nicht die eigene Kultur aufzuzwingen. Die Armut der eigenen Kultur und den Reichtum der fremden Kulturen, die es zu erhalten und die es auch noch in nachfolgenden Generationen zu fördern gilt, siehe Doppelpass, zu erkennen. Diese antideutsche Perversion der herrschenden Klasse hat sich verselbständigt. Darin liegt der Grundfehler, dass die Integrationspolitik nicht funktioniert.
Böse: Hören Sie auf mit dem Gelaber! Die Deutschen müssen zurückschrauben, Sie müssen Opfer bringen, wie es jüngst Ministerpräsident Thorsten Albig aus Schleswig Holstein gesagt hat, das liegt nunmal in der Natur der Sache. Da gibt es keinen Platz für dumpfe Ängste in der Bevölkerung. Da kommen schließlich keine Kriminellen, sondern verängstigte Flüchtlinge.
Guth: Das Thema Kriminalität klammern wir doch jetzt wohl besser aus.
Böse: Sitzen wir hier am Stammtisch?
Guth: Sie machen mir so den Eindruck! Der große Stammtisch heißt „politische Korrektheit“ und der zwingt die Leute, sich selber zu verbiegen und zu verrenken, und belohnt die Leute dafür mit besten Karrierechancen.
Böse: Die Willkommenskultur ist alternativlos!

 

http://www.rolandtichy.de/kolumnen/bettina-roehl-direkt/fluechtlinge-miniroecke-und-deutsche-willkommenskultur/

 

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Ich danke Ihnen, dass sie heute hergekommen sind, um mit mir zu feiern. Wie Sie sich denken können, ist die Verleihung des Ludwig-Börne-Preises an mich nur ein kleiner Schritt vorwärts für die Menschheit, aber ein großer Schritt für mich in Richtung der Hall of Fame der großen Geister. Ich sage das in aller Unbescheidenheit und im vollen Bewusstsein, dass es zum guten Ton und zum Ritual solcher Feiern gehört, sich verwundert und überrascht zu zeigen, dass es nicht einen anderen erwischt hat, einen, der es viel mehr verdient hätte.

SPIEGEL- und SPIEGEL-ONLINE-Autor Broder: "Ich weiß, ich bin ein Glückskind"

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SPIEGEL- und SPIEGEL-ONLINE-Autor Broder: „Ich weiß, ich bin ein Glückskind“

Sogar Kardinal Ratzinger hatte vor seiner Wahl zum Papst den Allmächtigen angefleht, er möge den Kelch an ihm vorbeigehen lassen. Nein, ich finde, Helmut Markwort hat die richtige Wahl getroffen.

Je länger ich darüber nachdachte, worüber ich heute reden sollte, umso klarer wurde mir, dass es umso besser wäre, je weniger ich sagen würde. Ich könnte, wie vor kurzem beim Münchener Amtsgericht, vor sie hintreten, ein paar Angaben zur Person machen, ansonsten die Aussage verweigern und den Rest meinen Anwälten überlassen, die heute hergekommen sind, um mich vor Dummheiten zu bewahren.

Grüß Gott, Herr Gelbart; schön, dass Sie da sind, Herr Hegemann. Aber das wäre langweilig, und Dummheiten zu begehen macht viel mehr Spaß, als Dummheiten aus dem Weg zu gehen. Und deswegen möchte ich doch die Gelegenheit nutzen und etwas sagen, auch auf die Gefahr hin, mir eine Blöße zu geben und unsouverän zu erscheinen.

Ich werde in zwei Monaten einundsechzig. Ich kam vor fünfzig Jahren mit meinen Eltern nach Deutschland, ich schreibe seit vierzig Jahren. Ich bin ein Bundesbürger mit Migrationshintergrund, ein Beutedeutscher. Meine Eltern haben den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust überlebt; als ich 1990 nach Berlin kam, war die Mauer schon gefallen, die Glienicker Brücke frei begehbar und der Potsdamer Platz noch eine Brache.

Ich weiß, ich bin ein Glückskind. Ich habe noch jeden Charterflug überlebt, letztes Jahr einen Bestseller geschrieben und eine Tochter, die soeben das Abitur gemacht hat – mit einer Note, die mich an meiner Vaterschaft zweifeln lässt.

Und doch verspüre ich immer öfter ein leises Unbehagen, sobald ich mein Arbeitszimmer verlasse und mich in die Welt begebe, und sei es nur zum Zeitunglesen ins Café Einstein. Es ist kein Katzenjammer, der aus dem Überfluss resultiert, kein Weltschmerz, der sich sich selbst genügt, es ist das Gefühl: Bin ich verrückt, oder sind es die anderen?

Von Oskar Panizza stammt der Satz: Der Wahnsinn, wenn er epidemisch wird, heißt Vernunft. Und diese Art von irrer Vernunft scheint allgegenwärtig. Wie finden Sie es, dass der Umweltminister Sigmar Gabriel demonstrativ Bahn fährt – nur um seinen Fahrer samt Dienstwagen zum Einsatzort nachreisen zu lassen? So kreuzen der Minister und sein Dienstwagen kreuz und quer durch die Republik, jeder für sich und doch vereint in dem Bemühen, die Umwelt zu schonen und mit gutem Beispiel voranzugehen. Und keiner lacht.

Ist es nicht seltsam, mit welcher Heftigkeit das Für und Wider der neuen Frisur von Ursula von der Leyen debattiert wurde? Und wenn man die Diskussionen um die Nachfolge von Sabine Christiansen und Anne Will verfolgte, musste man zu dem Schluss kommen, dass es nicht um die Besetzung zweier Fernsehsendungen, sondern eine Neuregelung der Erbfolge im Hause Habsburg ging.

Ich versuche zu verstehen, warum eine Raketenabfanganlage, die von den Amerikanern in Tschechien gebaut werden soll, den Menschen Angst macht und die Politiker von einer Wiederbelebung des Kalten Krieges phantasieren lässt, während die Tatsache, dass Iran sich zur Atommacht erklärt hat, so gelassen wie ein unvermeidliches Naturereignis hingenommen wird. Es gab keinen Aufschrei der Empörung, als der Direktor des Hamburger Orient-Instituts vor kurzem erklärte, falls Iran wirklich nach Atomwaffen strebe, dann nur deshalb, um mit dem Westen auf gleicher Augenhöhe verhandeln zu können. Teheran gehe es darum, endlich respektiert zu werden.

Europa müsse keine Angst haben, sagte der bekannte Nahost-Experte, Europa wäre „sicher das letzte Ziel, das Iran einfallen würde, falls es wirklich aggressive Absichten verfolgen sollte“. Eine Atommacht Iran wäre nur „für seine Nachbarn“ ein Problem, „für eine säkulare Türkei und natürlich für Israel“, aber Europa, das gute alte Europa, müsse sich „von Iran in keiner Weise bedroht fühlen“.

Vermutlich geht der Mann davon aus, im Falle eines iranischen Atomangriffs auf die Türkei oder auf Israel würde sein Orient-Institut vom atomaren Fallout verschont bleiben, weil er immer so nett und respektvoll über die Mullahs und deren Politik gesprochen hat. Diese Art von Entgegenkommen scheint effektiver und preiswerter zu sein als jeder Raketenschutzschild. Alternativ dazu könnte man auch den Experten selbst als Abwehrwaffe aufbauen, auf einem freien Feld irgendwo in der Lüneburger Heide oder in der Mark Brandenburg, wo er sich dann mit weit ausgebreiteten Armen den anfliegenden iranischen Raketen entgegenstellen und rufen würde: „Verschont uns! Wir sind die Guten!“

Das sind die Momente, in denen ich mich wirklich frage: Bin ich verrückt, oder sind es die anderen? Und wenn es dann auch noch heißt, das Existenzrecht Israels sei nicht verhandelbar, es stehe nicht zur Disposition, höre ich aus solchen Zusicherungen das Gegenteil heraus.

Wie würden Sie reagieren, wenn Ihr Nachbar Ihnen jeden Tag versichern würde, er habe nicht vor, Sie umzubringen, Ihre Frau zu vergewaltigen und hinterher Ihr Haus abzufackeln? Die meisten von Ihnen würden das Problem vermutlich ignorieren, einige besonders Mutige würden den Nachbarn zu einem therapeutischen Gespräch einladen, sich von seiner schweren Kindheit berichten lassen und ihn davon zu überzeugen versuchen, dass man mit Gewalt keine Probleme lösen könne.

Und genau das ist es, was derzeit in Europa passiert. Alle wissen, es gibt ein Problem. Keiner weiß, wie man es lösen könnte. Also wird es entweder ignoriert, oder man sucht nach einem therapeutischen Ansatz, um wenigstens etwas Zeit zu gewinnen. Der Mann in Teheran, der sich eine „World without Zionism“ wünscht, der den letzten Holocaust leugnet und den nächsten plant, der sei doch nur ein Angeber und Wichtigtuer, ein Verbalradikaler, der sich mit markigen Sprüchen gegen seine Konkurrenten daheim zu profilieren versuche. Er meine es nicht so, und falls er doch an einer Atombombe baue, werde diese frühestens in drei bis fünf Jahren fertig sein. Kein Grund also, beunruhigt zu sein, zumal im schlimmsten aller Fälle es nur die säkulare Türkei und „natürlich Israel“ erwischen würde.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/henryk-m-broder-toleranz-hilft-nur-den-ruecksichtslosen-a-490497.html

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Es war abzusehen, dass die Bereitschaft, Flüchtlinge willkommen zu heißen, sich umgekehrt proportional zu der Zahl derjenigen entwickeln würde, die darauf hoffen, in Deutschland aufgenommen zu werden. Angesichts der jüngsten Prognosen des Innenministers, der mit 800.000 Antragstellern in diesem Jahr rechnet, klingen die Zusicherungen, wir wären „gefordert, aber nicht überfordert“, zunehmend hohl.

Da ist ein Bürgermeister, der leer stehende Gebäude beschlagnahmen will, um sie zu Flüchtlingsheimen umzubauen, auch gegen den Widerstand der Besitzer. Ein Ministerpräsident möchte die Flüchtlinge im verödeten Osten ansiedeln, ein anderer schlägt vor, die Schutzsuchenden nach „Ethnien“ zu separieren, um Konflikte in den „Aufnahmeeinrichtungen“ zu vermeiden. Sunniten und Schiiten, Kurden und Jesiden, Afghanen und Iraker, Äthiopier und Eritreer. Eine Aufgabe, an der auch Experten, die immer wieder behaupten, den „einen Islam“ gebe es nicht, scheitern müssten.

Dann sind da noch diejenigen, die Albanien, Montenegro und das Kosovo zu „sicheren“ Herkunftsländern erklären wollen, wohl wissend, dass sie damit keinen Albaner, keinen Montenegriner und keinen Kosovaren von der Flucht abhalten würden. Es geht nur darum, die Abschiebeverfahren zu vereinfachen.

Die neue Fremdenfreundlichkeit

Den Bürokraten, die glauben, jedes Problem auf dem Verwaltungsweg lösen zu können, stehen die Gutwilligen gegenüber, die jedem Flüchtling erlauben würden, sofort nach seiner Ankunft in der Bundesrepublik eine Arbeit anzunehmen. Integration durch Beschäftigung mag in der Theorie eine gute Idee sein, in der Praxis taugt sie so viel wie die Verteilung von „Bildungsgutscheinen“ an die Angehörigen bildungsferner Schichten. Welche Arbeit sollen die Flüchtlinge, bitte schön, denn annehmen?

Als Tellerwäscher bei McDonald’s, Fremdenführer in Neukölln, Türsteher in Duisburg-Marxloh? Unqualifizierte Arbeitslose haben es jetzt schon schwer, irgendeinen Job zu finden, der ihnen ein Existenzminimum garantiert, und der Arzt aus Syrien, der uns immer wieder in den „Tagesthemen“ und dem „Heute Journal“ als Vorbild präsentiert wird, müsste erst einmal eine Weile nachsitzen, bevor er in einem Krankenhaus Patienten behandeln darf. Kein Mensch wird sich, nur um seine Fremdenfreundlichkeit zu demonstrieren, den Blinddarm oder die Mandeln von einem Arzt rausnehmen lassen, mit dem er sich nicht in einer Sprache unterhalten kann, die beiden geläufig ist.

Was wir derzeit importieren, sind nicht nur „ethnische“, also kulturelle und religiöse Konflikte, sondern, um mit Marx zu reden, auch eine „industrielle Reservearmee“, für die es keine Beschäftigung gibt und keine geben wird, das Lumpenproletariat von morgen und übermorgen. Was unser Urteilsvermögen trübt, sind die Bilder, die wir täglich sehen: von der griechisch-mazedonischen Grenze, aus Calais am Ärmelkanal, aus Freital und Heidenau in Sachsen.

Wer angesichts solcher Bilder kein Mitleid empfindet, der hat kein Herz, wer aber nur Mitleid empfindet, von dem er sich mit einer Spende befreit, der hat keinen Verstand.

Was Flüchtlinge kosten

Wir brauchen Einwanderung, so tönt es von allen Seiten, weil wir nicht genug Facharbeiter haben. Und weil die demografische Entwicklung nichts Gutes verheißt. Was aber verheißt eine demografische Entwicklung, deren Folgen wir heute schon in den „sozialen Brennpunkten“ und No-go-Vierteln der Städte studieren können?

Leider hat das Argument, die Einwanderer würden uns „bereichern“, inzwischen ausgedient. Bund, Länder und Gemeinden streiten darüber, wer und in welchem Umfang für die Kosten der Einwanderung aufkommen soll. Allein in diesem Jahr könnten es rund zehn Milliarden Euro werden. Peanuts, verglichen mit den Summen, die in Griechenland versenkt wurden. Man sollte nur wissen, dass die Betreuung eines minderjährigen Zuwanderers 60.000 Euro pro Jahr kostet, das ist mehr, als ein Facharbeiter im Jahr verdient.

Der Jugendliche bekommt nur ein Taschengeld, von dem er Zigaretten und Prepaid-Karten für sein Mobiltelefon kaufen kann. Der Rest verteilt sich auf den Ankauf von Wohncontainern, die Anmietung von Wohnungen und Häusern, den Unterhalt sozialer Netzwerke, die sich um die alleinstehenden Jugendlichen kümmern.

Ein deutsches Paradies?

Rund um die Bedürfnisse und Nöte der Migranten ist eine Industrie entstanden, die kaum in der Lage ist, die Nachfrage zu befriedigen. Die Hersteller von Zelten und Schlafsäcken kommen mit der Produktion nicht nach, pensionierte Beamte müssen reaktiviert werden, private Wachdienste suchen neue Mitarbeiter, gemeinnützige Vereine übernehmen die Aufgaben der Sozialämter.

Wer eine heruntergekommene Bruchbude sein Eigen nennt, bietet sie der Stadtverwaltung als Notunterkunft an. Praktizierte Nächstenliebe hat ihren Preis.

Und weil all das nicht reicht, lassen die Medien immer öfter Migranten zu Wort kommen, die nicht dankbar, sondern enttäuscht sind. So habe er sich Deutschland nicht vorgestellt, klagte vor Kurzem ein Syrer bei der „Welt“, der kein Wort Deutsch und nur sehr gebrochen Englisch sprach. Wie dann, ist man versucht zu fragen, wie dann? Ein Paradies, in dem Milch und Honig fließen, die Menschen ihr Geld im Schlaf verdienen und nur darauf warten, ihren Wohlstand mit Millionen von Flüchtlingen zu teilen?

Freundliche Helfer allerorten

Daran, dass ein solcher Eindruck überhaupt entstehen konnte, sind „wir“ nicht unschuldig. Spätestens seit dem „Sommermärchen“ von 2006 präsentiert sich Deutschland gerne als ein Land, in dem mehr gefeiert als gearbeitet wird. Gastfreundlich, tolerant, weltoffen und – reich. Ein Tischleindeckdich mit angeschlossenem Cateringservice.

Es ist noch nicht lange her, da hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen 17 Minuten langen Infofilm über „Das deutsche Asylverfahren“ produziert und auf seiner Homepage online gestellt. Der Protagonist ist ein junger Iraker, der in Deutschland Asyl beantragen möchte, weil er in seiner Heimat verfolgt wurde.

Wie und warum, bleibt ungesagt. Mit einem Koffer in der Hand steht er eines Tages vor einer „Aufnahmeeinrichtung“ für Flüchtlinge, allein auf weiter Flur. „Endlich angekommen“, sagt er, „ich bin gespannt, was mich hier erwartet.“ Eine Mitarbeiterin des Bundesamtes für Migration geht auf ihn zu und sagt: „Guten Morgen, wie kann ich Ihnen helfen?“ Und so geht es weiter. Überall, wo der junge Mann hinkommt, wird er von freundlichen Helfern im Empfang genommen, die ihn individuell und liebevoll betreuen. Eine Geschichte, die Claus Kleber garantiert zu Tränen rühren würde.

Der aufwendig hergestellte Film wurde in neun Sprachen synchronisiert, unter anderem Albanisch, Arabisch, Serbisch und Paschtu, und mit Mitteln aus einem EU-Fonds gefördert.

Wer das Werk gesehen hat, der kann gar nicht anders, als sich sofort auf den Weg nach Deutschland zu machen. Wo ihn eine Mitarbeiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge mit dem Satz begrüßen wird: „Es tut uns sehr leid, wir haben wegen Überfüllung geschlossen.“

http://www.welt.de/debatte/henryk-m-broder/article145576852/Wer-nur-Mitleid-empfindet-der-hat-keinen-Verstand.html

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Eine Welle der Wut ist über das sonst so gutmütige Schweden hereingebrochen. Nach einem Doppelmord in einem IKEA-Möbelhaus in Västerås, bei dem ein illegaler Einwanderer zwei zufällig anwesende Schweden erstach, stellen immer mehr Leute die Frage, warum die Regierung die schwedischen Bürger Mördern aus aller Welt aussetzt.

Es war am 10. August, als die Nachricht von den IKEA-Morden Schweden schockierte. Zwei Asylbewerber aus Eritrea (dem zweithäufigsten Herkunftsland von Asylbewerbern, die nach Schweden kommen) werden beschuldigt, sich in der Küchenabteilung von IKEA Messer genommen und damit zwei zufällig anwesende Schweden angegriffen zu haben. Die Opfer sind die 55 Jahre alte Carola Herlin und ihr 28-jähriger Sohn Emil.

Carola Herlin, Leiterin des Gesundheitszentrums der Stadt Morö Backe, wurde am 10. August zusammen mit ihrem Sohn im IKEA-Möbelhaus in Västerås, Schweden, ermordet.

Dem älteren der beiden Asylbewerber, einem 36 Jahre alten Mann, war in Schweden zweimal die Aufenthaltsgenehmigung verweigert worden – weil er schon eine für Italien besitzt –, doch war er noch nicht abgeschoben worden. (Eritreer, die in keinem anderen EU-Land eine Aufenthaltsgenehmigung haben, erhalten diese in Schweden automatisch.)

Auch sich selbst fügte der Täter lebensbedrohliche Verletzungen zu und musste mehrmals operiert werden, bevor die Polizei ihn befragen konnte. Am 14. August gestand er. Sein 23 Jahre alter Landsmann wurde aus der Untersuchungshaft entlassen, weil die Polizei nicht mehr annimmt, dass er irgendetwas mit den Morden zu tun hatte oder wusste, was sein Freund geplant hatte.

Jetzt hat Angst die Schweden erfasst. Selbst jene, die Kritiker der Einwanderung und des Multikulturalismus stets als Rassisten gebrandmarkt hatten, sind zutiefst erschüttert. Eine Welle von Fragen schwappt in die sozialen Medien: Wer sind diese Leute, die man nach Schweden hineinlässt? Wie viele von ihnen sind keine unschuldigen Kriegsopfer, sondern in Wahrheit Kriegsverbrecher und andere Kriminelle, die sich unter den Flüchtlingen verstecken? Und sollten wir Milliarden an Steuern zahlen, um Bürger anderer Länder zu unterstützen und zu beherbergen, während einige von ihnen versuchen, uns umzubringen?

Dass die Polizei sich weigert, das hartnäckige Gerücht zu dementieren, wonach eines der IKEA-Opfer enthauptet wurde, schürt die Ängste noch weiter.

So viele Fragen und keine Antworten. Kein Regierungsmitglied hielt es für nötig, eine Erklärung zu dem schrecklichen Doppelmord abzugeben. Kein Organ der Mainstreammedien hat die Regierung mit den von Asylsuchenden an Schweden verübten Gewaltverbrechen konfrontiert. Im Gegenteil haben die Medien alles ihnen Mögliche getan, um die Schweden davon zu überzeugen, dass in Schweden alles gut und sicher sei – besser denn je. Am Tag nach dem Doppelmord veröffentlichte Schwedens größte Morgenzeitung, Dagens Nyheter, einen Artikel mit der Überschrift „Trotz allem – tödliche Gewalt rückläufig„. Der Beitrag fängt so an:

„In den vergangenen Wochen wurden zahlreiche brutale Morde verübt, und viele Leute fragen sich, in welche Richtung sich diese Gesellschaft bewegt. Die Antwort ist, dass Schweden trotz allem zu einem sichereren Ort geworden ist. Schon seit einiger Zeit geht die tödliche Gewalt zurück.“

An keiner Stelle erklärt der Artikel, dass der Grund, weshalb tödliche Gewalt rückläufig ist, der ist, dass die Notfallmedizin heutzutage in der Lage ist, die Leben von viel mehr Opfern zu retten, die mit Stich- und Schusswunden eingeliefert werden. Nehmen wir das Beispiel des sogenannten „Lasermanns„, der in den 1990er Jahren in Schweden mit einer Schusswaffe auf Einwanderer feuerte. Der Gerichtspathologe Jovan Rajs sagt: „Der Lasermann schoss auf elf Menschen, von denen einer starb. In den 1930er Jahren wären acht oder neun gestorben, in den 1970er Jahren etwa fünf und heute wahrscheinlich keiner von ihnen.“

Es ist also Schwedens verbessertem Gesundheitssystem zu verdanken, dass die tödliche Gewalt konstant bleibt – alle anderen Arten von Gewaltverbrechen (versuchter Mord inbegriffen) sind hingegen explodiert. Seit 1975, als das schwedische Parlament beschloss, das vormals homogene Schweden in ein multikulturelles Land umzuwandeln, haben Gewaltverbrechen um 300 Prozent zugenommen, Vergewaltigungen um 1.472 Prozent.

Neunzig Prozent der Asylsuchenden in Schweden haben keine gültigen Ausweise, so dass niemand weiß, wie viele Mörder, Vergewaltiger und sonstigen Gewaltverbrecher sich unter den gut hunderttausend Menschen verstecken, denen pro Jahr in Schweden Asyl gewährt wird.

Ohnmächtig brüllen frustrierte Schweden nun in alternativen Medien ihren Zorn heraus. Die normale demokratische Ordnung, in der Bürger sich an Politiker oder die Medien wenden können, um ihrer Meinung Gehör zu verschaffen, ist in Schweden fast völlig verschwunden. Die Websites von Zeitungen haben die Leserkommentarspalten entfernt, und die Politiker verschanzen sich hinter einer Mauer von Mitarbeitern, die Anrufer, die ihre Sorgen zum Ausdruck bringen, als „Rassisten“ brandmarken und dann auflegen. Tausende beschreiben diese Erfahrung auf Facebook. Eine Person, der es tatsächlich gelungen ist, über ihre Sorgen zu sprechen, ist Ewa, die auf Facebook davon berichtet, wie sie die Einwanderungsbehörde angerufen hat:

„So, nun habe ich das Höllentor aufgemacht. Ich habe die Einwanderungsbehörde angerufen und verlangt, mit dem Leiter zu sprechen. … Ich habe lang und breit von jeder Ungerechtigkeit erzählt, die mir in den Sinn gekommen ist, etwa davon, wie schlecht wir unsere alten Menschen behandeln und wie wir ihnen ihre Häuser wegnehmen, um sie Asylbewerbern zu geben. Ich habe ihm auch erzählt, wie unsicher sich schwedische Frauen angesichts all der von Asylbewerbern und anderen Ausländern verübten Gruppenvergewaltigungen fühlen. Habe ihn auch gefragt, ob wir erst alle enthauptet werden müssen, bevor sie aufhören, diese Art von Leuten aufzunehmen. … Jetzt sitze ich hier und fühle mich völlig leer nach all dem Weinen, Schreien, Diskutieren, Schimpfen und nachdem ich all die Frustration aus mir rausgelassen habe. Habe ihm erzählt, dass es viele von uns gibt, die sich depressiv fühlen wegen all dessen, was die Einwanderung anrichtet. Es hat ihm sehr leid getan, dass es mir so geht. Ja, habe ich zu ihm gesagt, eine Menge Leute fühlen sich so, aber haben Angst davor, den Mund aufzumachen, weil sie dann als Rassisten bezeichnet werden. Man muss kein Schwedendemokrat sein, um zu sehen, dass unser Land Tag für Tag mehr auseinanderfällt. Etwas, für das Sie und all die anderen Leute in der Einwanderungsbehörde verantwortlich sind. Wo werde ich Asyl beantragen, fragte ich ihn, wenn der Tag kommt, an dem ich hier nicht mehr länger leben kann? Unser Land ist wirtschaftlich und gesellschaftlich ruiniert, und Sie sind verantwortlich. Er antwortete, dass es die Politiker sind, die darüber entscheiden, dass sie aber alles in ihrer Macht Stehende tun würden, um es besser zu machen.“

Eine andere Frau, Amanda, schreibt auf Facebook, dass sie eine E-Mail an Ministerpräsident Stefan Löfven geschrieben hat. Sie merkt an: „Nichts wird sich wohl ändern, aber zumindest habe ich meine Stimme hörbar gemacht.“ In ihrer E-Mail schreibt sie:

„Hallo, warum meinte der Ministerpräsident, dass es wichtig und dringend wäre, dass er über den Brand in der Moschee in Eskilstuna spricht, wo zum Zeitpunkt seiner Rede noch nicht einmal der Auslöser des Brands bekannt war? Aber jetzt schweigt er wie ein Grab. Warum? Es ist seine/Ihre uneingeschränkte und laxe Einwanderungspolitik, die es dem Täter erlaubte, sich frei in der Gesellschaft zu bewegen, obwohl er einen Ausreisebefehl erhalten hatte, nicht nur einmal, sondern zweimal. Können Sie mir sagen, ob das etwas ist, an das sich die Bürger dieses Landes gewöhnen sollten – dass Einwanderer, nachdem sie Ausreisebefehle erhalten haben, Menschen töten, damit sie einen lebenslangen Vertrag mit dem schwedischen Staat bekommen? Jedes Mal, wenn das passiert, sind Sie dafür verantwortlich, ich hoffe, Sie wissen das. Denn hier geht es um nichts anderes als um die Einwanderungspolitik und ihre massiven Folgen für eine ganze Nation.“

Der Brand in der Moschee in Eskilstuna, auf den Amanda sich hier bezieht, ereignete sich am 25. Dezember 2014 und ist einer der vielen Fälle, bei denen etwas, das Muslime und andere Immigranten betrifft, große Aufmerksamkeit erfährt, während die Vergewaltigungswelle, die es in Schweden gibt, weithin ignoriert wird. Nach dem Brand beeilte sich der Ministerpräsident, eine Erklärung abzugeben:

„Es ist abscheulich, eine abscheuliche Tat. Wir werden diese Art von Verbrechen niemals tolerieren. Menschen, die ihre Religion ausüben wollen, sollten das Recht haben, dies zu tun. Ich empfinde heute große Sympathie und Mitgefühl für die Betroffenen.“

Drei Monate später stellte sich heraus, dass kein Verbrechen hinter dem Brand in der Moschee steckte, die Polizei stellte die Ermittlungen ein. Der Brand ist wahrscheinlich von einem Kurzschluss ausgelöst worden oder von mit Feuer spielenden Kindern.

Wenn aber eine schwedische Frau und ihr Sohn im schwedischsten aller Orte – einem IKEA-Möbelhaus – brutal erstochen werden, hat der Ministerpräsident nichts dazu zu sagen.

Die Schweden neigen nicht zur Rebellion. Um einen Bürger zu finden, der zu den Waffen griff und sich gegen die Zitadellen der Macht wandte, muss man bis in die Zeit von Gustav Wasa zurückgehen – dem König, der während seiner von 1523 bis 1560 währenden Regentschaft den Nationalstaat Schweden gründete.

Obwohl das heutige Schweden kein besetztes Gebiet ist, wird es von einer Macht beherrscht, die den demokratischen Prozess durch das „Dezemberabkommen“ von 2014 außer Kraft gesetzt hat. Bei den Parlamentswahlen, die im letzten Jahr stattfanden, wurde die einzige Partei, die der Masseneinwanderung kritisch gegenübersteht – die Schwedendemokraten (SD) –, drittstärkste Kraft im Parlament. Der sozialistische und der bürgerliche Block verständigten sich daraufhin darauf, die SD von der politischen Macht auszuschließen, doch die SD ließ sich nicht mundtot machen. Als die rote Minderheitsregierung einen Monat nach der Wahl einen Haushalt vorlegte, stimmte die SD für den Haushaltsentwurf der Opposition – im schwedischen Parlament ein beispielloser und schockierender Vorgang. Hier in Schweden zählt es nämlich zu den „guten Manieren“, dass eine Oppositionspartei nur in der ersten Abstimmung für ihren eigenen Haushaltsentwurf stimmt, sich danach aber enthält und so die Regierung gewinnen lässt. Doch nach dem „Putsch“ der Schwedendemokraten war Ministerpräsident Stefan Löfven (der der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei angehört) gezwungen, im ersten Jahr seiner Amtszeit mit einem Haushalt der Bürgerlichen zu regieren.

Man könnte meinen, dass dies für die bürgerliche Opposition eine freudige Überraschung gewesen sein müsste, doch das war nicht der Fall. Niemand möchte die Unterstützung der „rassistischen“ Schwedendemokraten. Statt vorgezogene Neuwahlen abzuhalten, trafen die beiden Blöcke eine Vereinbarung, wonach die bürgerliche Opposition gelobte, sich bei wichtigen Fragen wie dem Haushalt der Stimme zu enthalten. Das Dezemberabkommen ist also in Wirklichkeit eine Art „Ablösungsdiktatur“: Für die nächsten vier Jahre bekommt die rote Regierung, was sie will, in den darauf folgenden vier Jahren (falls es einen Machtwechsel gibt) ist die blaue Regierung an der Reihe. Das bedeutet, dass es den beiden Parteien freisteht, die 58 Prozent der Schweden zu ignorieren, die finden, dass die Einwanderung zu hoch ist, und von denen einige bei der nächsten Wahl für die Schwedendemorkaten stimmen könnten.

Als die Schweden von dem Dezemberabkommen erfuhren, taten sie, was sie meistens tun: Sie ballten die Fäuste in den Taschen, bildeten Facebookgruppen und schrieben wütende Kommentare auf Twitter und Facebook. Die Politiker hingegen beglückwünschten sich gegenseitig dazu, die Ordnung wiederhergestellt zu haben; über die Sorge der Menschen darüber, dass die Demokratie nun noch weiter ausgehöhlt wurde, sahen sie hinweg.

Der bekannte Bühnenkomiker Magnus Betnér hielt es für einen guten Einfall, sich in einem YouTube-Clip über die Angst der Schweden lustig zu machen:

„Ja, es ist wirklich tragisch, dass zwei Menschen in einem IKEA ermordet wurden … aber … es ist nicht gefährlich. Schweden war nie sicherer als heute. … Nur sehr wenige von euch Zuschauern werden ermordet werden. Und diejenigen, die ermordet werden, werden in ihren Häusern ermordet.“

Wenn das Establishment sich weigert, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen, verbreiten sich rasch Gerüchte in den sozialen Medien. Ein hartnäckiges Gerücht besagt, dass Carola Herlin von ihrem eritreischen Mörder enthauptet wurde. Laut Quellen, die von Gatestone aufgesucht wurden, wurde der Frau die Kehle aufgeschlitzt und in den Bauch gestochen. Ihr Sohn versuchte, sich zu verteidigen, erhielt aber eine tödliche Stichwunde in den Magen.

Als Dispatch International den für den Fall zuständigen Ermittler der Polizei, Per Ågren, anrief, sagte dieser: „Ich werde nichts bestätigen … oder irgendetwas von dem, was passiert ist, beschreiben, außer dass ich sage, dass zwei Menschen ermordet wurden. Sie werden von mir nicht erfahren, auf welche Weise.“

Eine der ersten Maßnahmen, die die Polizei nach den IKEA-Morden ergriff, war, alle Gebäude im Land zu bewachen, die Asylbewerber beherbergen. Es gebe eine „dunkle Kräfte“ betreffende Furcht, behauptete die Polizei, ohne zu spezifizieren, wer die „dunklen Kräfte“ sind. In der Nacht des 15. August musste eine Asylunterkunft in Arboga evakuiert werden, nachdem jemand etwas von einer angeblichen Bombe vor dem Haus gesagt hatte. Daraufhin kam die Medienmaschinerie, für die Carola und Emil Herlin einfach „zur falschen Zeit am falschen Ort“ gewesen waren, richtig in Gang.

Die Tageszeitung Aftonbladet interviewte eine anonyme Frau, die sagte: „Mein Cousin lebt hier seit über einem Jahr. Er sagte mir, die Schweden wären die nettesten Menschen Europas. Und dann passiert so etwas. Das hätte ich mir nie vorstellen können.“

Wieder einmal wird angenommen, dass es die Schweden sind, die ihren Kopf in Scham versenken sollen. Wir sollen nicht trauern; wir haben nicht das Recht, uns zu Tode zu fürchten angesichts der von unseren Machthabern betriebenen Einwanderungspolitik – es sind die Asylsuchenden, die die Opfer sind, selbst dann, wenn sie töten, vergewaltigen, rauben und prügeln.

Die brennende Frage ist, was ein Volk tun kann, dem niemand zuhört? In Ostdeutschland gingen die Leute 1989 auf die Straße, kletterten auf die Berliner Mauer und zwangen die Regierung zum Rücktritt. Die anderen kommunistischen Diktaturen Osteuropas stürzten auf gleiche Weise. Der zweite Zusatz der amerikanischen Verfassung – das Recht, Waffen zu tragen – ist dazu da, um sicherzustellen, dass die Bürger in der Lage sind, sich die Macht von einem tyrannischen Regime zurückzuholen.

Wenn Ohnmacht Menschen dazu treibt, auf Gewalt mit Gewalt zu antworten, sollte man nicht fragen, warum Schweden „Rassisten“ sind, wenn sie nicht die bei weitem größte Einwanderung aller Länder Europas haben wollen.

Die wichtigste Frage ist, warum eine Regierung nach der anderen entschieden hat, das Geld der schwedischen Steuerzahler für Bürger anderer Länder auszugeben – was zu einem Absturz der schwedischen Schüler im PISA-Test geführt hat; dazu, dass 60 Prozent der Sozialleistungen Einwanderern zugute kommen, die etwa 15 Prozent der Bevölkerung ausmachen; dazu, dass immer mehr Schweden über Verschlechterungen des Gesundheitssystems und des Sozialstaats klagen – und zu der exponentiell wachsenden Gewalt. Wenn immer mehr Schweden das Gefühl haben, dass sie in ihrem eigenen Land schlecht behandelt werden, haben die Politiker ein Pulverfass geschaffen, das jederzeit explodieren kann.

Die Wahrheit ist, dass selbst die gutmütigen Schweden eine Grenze haben. Wenn diejenigen, die die Macht haben, uns einem Blutbad aussetzen – sei es auf dem Großen Platz von Stockholm 1520 [Stockholmer Blutbad ist die Bezeichnung für die Hinrichtungen, die König Christian II. bei seinen Krönungsfeierlichkeiten in Stockholm am 8. und 9. November 1520 durchführen ließ. Es führte zum Aufstand Gustav Wasas; Anm. d. Übers.] oder bei IKEA in Västerås 2015 –, dann wird es immer welche geben, die bereit sind, die Machthaber zu stürzen. Wie zu Zeiten Gustav Wasas besitzen viele Schweden Schusswaffen. Man bekommt sie nicht so leicht wie in den Vereinigten Staaten, doch immer mehr Schweden erwerben Jagdscheine und dürfen von da an legal Gewehre kaufen. Rechnen Sie damit, dass in Schweden schon bald alles passieren kann.

Ingrid Carlqvist ist Chefredakteurin von Dispatch International.

http://de.gatestoneinstitute.org/6399/ikea-morde-schweden

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achgut.com

Lauter Fragen und keine Antworten

  25.08.2015

Selbst den gelassensten Zeitgenossen beschleicht dieser Tage ein mulmiges Gefühl angesichts der täglichen Hiobsbotschaften. Mit 800.000 Migranten hat Deutschland alleine dieses Jahr zu rechnen, wahrscheinlich aber mehr. Niemand hat nur den Schimmer einer Ahnung, wie diese Menschen untergebracht, ernährt, gebildet, krankenversorgt und integriert werden sollen. Keiner kann verlässliche Zahlen nennen, was uns das kosten wird, niemand weiß, wie viele nächstes Jahr, übernächstes Jahr und überübernächstes Jahr kommen könnten. Werden es zwei Millionen, drei Millionen oder gar zehn Millionen werden? Es steht wohl in den Sternen. Viele sind Flüchtlinge, die Schutz vor Verfolgung, Folter und Mord suchen. Und angesichts der Bilder der vor Angst und Schmerz schreienden Kinder, die von Menschenmassen in mazedonischen Zügen zerquetscht werden, zerreißt es einem das Herz.

Seit publik wurde, dass ein muslimischer Lynchmob einen Mitbewohner des Asylheimes im thüringischen Suhl erschlagen wollte, da dieser angeblich eine Seite aus einem Koran gerissen hatte, wissen wir aber, dass nicht nur Flüchtlinge zu uns kommen, sondern auch deren Verfolger. Männer, die die Verletzung einer gedruckten Ausgabe ihres heiligen Buches mit sofortigem Mord im Rudel beantworten, die sich in der Überzahl der Vielen auf einen einzelnen Schwachen stürzen, um ihn zu vernichten. Menschen, die keine Ahnung vom Recht auf körperliche Unversehrtheit haben oder der Gleichheit von Mann und Frau, denen Religionsfreiheit, der Schutz von Kindern oder das Recht auf freie Meinungsäußerung nichts bedeutet. Wird man sie schnell in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren können? Und wird man Vorkommnisse dieser Art künftig verhindern, indem man sie anlügt, wie der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow, als er vollmundig behauptete, das Schänden eines Korans würde in Deutschland nicht geduldet?

Oder soll man ihnen lieber gleich reinen Wein einschenken und sie wissen lassen, dass das Schänden von Menschenkörpern in unserem Land nicht geduldet wird, das Schänden heiliger Bücher aber geradezu zum guten Ton gehört? Dass Muslime durchaus zu Deutschland gehören, aber niemals das Kalifat? Wie werden sie reagieren? Enttäuscht? Dies alles sind Fragen, die man besser nicht stellen sollte.

Zum einen, um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, ein übler Rassist zu sein. Zum anderen, weil niemand eine Antwort hat. Konzept? Plan? Finanzierung? Alles Menschen verachtende Ansinnen. „Wenn es einer schaffen kann, wer, wenn nicht wir!“ ruft Innenminister De Maiziere ins Volk und macht deutlich, dass er außer Durchhalteparolen nichts zu bieten hat. Emsig wie die Bienen suchen die politischen Eliten des Landes inzwischen die Asylbewerberunterkünfte heim, simulieren Geschäftigkeit und stoßen vor Kameras Drohungen gegen das zunehmend murrende Volk aus.

Wen meint Vizekanzler Gabriel mit ‚rechtem Pack‘? Die besoffenen Neonazis aus Heidenau? Sind sie die Wortwahl, den Aufwand, das Poltern und Drohen wert? Niemand verfällt in Panik, wenn linksradikales besoffenes Pack Jahr für Jahr zum 1. Mai durch Hamburg und Berlin tobt. Betreibt Gabriel Wahlkampf? Hat er Angst vor der Zukunft? Oder will er die Scharen freiwilliger Helfer und vor Schreck gelähmter Steuerzahler ermahnen, nur ja nicht abzulassen, niemals zu zweifeln oder gar Fragen zu stellen? Bis auf weiteres? Bis eventuell irgendjemandem ein Plan, ein Konzept, ein Finanzierungsmodell einfällt? Vielleicht?

Kanzlerin Merkel hat heute das einst multikulturelle Vorzeigeprojekt und den heutigen sozialen Brennpunkt Duisburg-Marxloh besucht. Die Polizei spricht von einer No-Go Area. Sie sei nicht gekommen, um Marxloh in die Abwärtsspirale zu treiben, sagt sie. “Ich werde viel mehr darüber erzählen, was klappt, als über das, was nicht klappt.”

Na dann. Viel Erfolg.

Leserkommentare** zu  Lauter Fragen und keine Antworten

Klaus Jürgen Bremm   

 

Wenn man Männer, die mehrere Tausend USD an Schlepper gezahlt haben, um hierher zu kommen, wochen- oder gar monatelang in Turnhallen oder Zeltstädten bei Käsestullen und Kamillentee zusammenpfercht, dann lägen wohl auch bei Europäern die Nerven bald blank. Secondhand-Klamotten und sonstige Liebesgaben von anwohnenden Guttis helfen da auch nicht weiter. Die Bilanz nach drei oder vier Monaten Deutschland wird für die meisten Afrikaner ernüchternd sein und die Ungeduld oder gar die Wut werden wachsen.
Ich stelle mir eine 10 000 oder 20 000 Seelen-Gemeinde vor, mit netten Eigenheimen und schönen Autos, in unmittelbarer Nähe eines Lagers von vielleicht 2000 unzufriedenen Männern aus Afrika, die immerhin so waghalsig waren, sich in einem engbesetzten Boot aufs Mittelmeer zu trauen. Es kann gut gehen, muss aber nicht. Und die Polizei? Naja….

 

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/lauter_fragen_und_keine_antworten

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Gärtner Daham (26), Rechtsanwalt Nejim (25) und Fahrer Safuan (26) aus Syrien freuen sich. Nach einer anstrengenden Flucht in einem geschlossenen Lkw sind sie über die Türkei und Griechenland in einem Schlösschen in Kaulsdorf gelandet. Am Berliner Stadtrand. Hier können sie in ruhigen Zimmern ihre Kriegsverletzungen auskurieren, die sie durch Fassbomben des Assad-Regimes erlitten. Daham und Safuan zeigen dicke Narben. Mit einer App auf dem Smartphone können sie auch schon „Deutsch sprechen“. Sie reden auf Arabisch in das Mikrofon und eine Software-Stimme schafft eine überraschend gute Übersetzung.

2001 war es fertig: Ein Schlosshotel im Stil des Klassizismus, gebaut auf einem ehemaligen Zuckerrübenfeld. 60 Zimmer, mit Löwen-Statuen am Eingang, Veranstaltungshalle und einem eigens entworfenen etwas kitschigen Siegel in Form einer Biene. Brigitta Weinschneider, eine Ex-Lehrerin Mitte 70, und ihre Tochter Berit Theilig, Ex-Charité-Ärztin, hatten es hauptsächlich auf Pump planen und errichten lassen.

Vor der geschlossenen Rezeption wachen Löwen-Statuen, am Giebel prangt das Siegel der Erbauer (Foto: Til Biermann)
Vor der geschlossenen Rezeption wachen Löwen-Statuen, am Giebel prangt das Siegel der Erbauer (Foto: Til Biermann)

Aber das „1a Park-Hotels Kaulsdorf“, das sie dort am Stadtrand führten, lief sehr schleppend, die Damen waren letztlich zahlungsunfähig. So dass im April dieses Jahres ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden musste. Der Betrieb der „Berit Theilig & Brigitta Weinschneider GbR“ wurde damit eingestellt.

Eine Zwangsversteigerung droht

Die Anwohner staunten, als Anfang Juni plötzlich neue Gäste kamen, Fremde. Manche Rechte versuchten, Stimmung zu machen, verteilten Flyer. 40 bis 60 Flüchtlinge, hauptsächlich junge Syrer, die mit Kostenübernahme-Scheinen des Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso) kamen, leben seitdem in dem Anwesen. 50 Euro pro Nacht pro Flüchtling kann die Anfang Juli von Brigitta Weinschneiders Ehemann Erwin (79) gegründete „Magara UG“ so vom Senat bekommen. Also rund 60.000 Euro pro Monat. Hintergrund: Etwa 1500 Flüchtlinge kommen zur Zeit mit Hilfe von Kostenübernahme-Scheinen in Berlins privaten Hotel-Betrieben unter. Dazu gibt es 15.000 Flüchtlinge, die in den 63 landeseigenen Unterkünften Obdach finden.

Kann die Geldspritze durch die Flüchtlinge das Hotel in Kaulsdorf retten? Unklar. Denn für die prunkvolle Immobilie wurde bereits durch den Kreditgeber Berliner Sparkasse ein Zwangsverwalter eingesetzt. Ein Vorgang, der üblicherweise auf eine Zwangsversteigerung hinausläuft.

Jetzt sind Flüchtlinge wie Daham (26, v. l.), Nejim (25) und Safuan (26) aus Syrien hier untergekommen (Foto: Sven Meissner)
Jetzt sind Flüchtlinge wie Daham (26, v. l.), Nejim (25) und Safuan (26) aus Syrien hier untergekommen (Foto: Sven Meissner)

„Wir wollen die Flüchtlingsnot lindern, verdienen weniger Geld, als wenn wir die Zimmer normal vermieten würden“, meint Brigitta Weinschneider. „Damit entlasten wir die Stadt.“ Sie sei selbst mal Flüchtling gewesen und wisse, was solche Not bedeute. Die Insolvenz und Neugründung durch den Ehemann nennt sie eine „Umstrukturierung“. Auch „normale Gäste“ könnten noch Zimmer buchen, aber „nur per Telefon.“ Die geschlossene Rezeption hinter den Löwen-Statuen würde nur öffnen, wenn die Gäste kommen. Solche “normalen Gäste” sind aber an dem Tag, an dem die B.Z. vor Ort ist, nicht zu sehen.

Das Ordnungsamt Marzahn-Hellersdorf und das Lageso prüften bereits, ob die Flüchtlingsunterbringung korrekt vonstatten geht. Sie habe den „Behördengang mit bestem Lob bestanden“, sagt Weinschneider. Es gibt nur eine Einschränkung. Aufgrund von Brandschutzbestimmungen dürfen dort maximal 60 Flüchtlinge untergebracht werden.

Zur Untätigkeit verdammt

Tatsächlich können die Flüchtlinge froh sein, hier im Luxus gelandet zu sein. Der Rasen ist etwas braun, aber gepflegt, die Fassaden sind gestrichen. In anderen Immobilien, die Geschäftemacher in ganz Berlin an notleidende Flüchtlinge vermieten, sieht es oft anders aus. So hatte ein Neuköllner Hostel-Betreiber Bruchbuden extrem überbelegt und so für eine Zweizimmer-Wohnung monatlich 9000 Euro vom Senat kassieren können (B.Z. berichtete).

Den Flüchtling Abdul (23), der im syrischen Aleppo Ingenieurwesen studierte, stört an seinem Leben im Schloss-Hotel nur eines. „Mir geht es gut, aber mir ist langweilig“, sagt er. Seit 25 Tagen lebt er in einem Zimmer im Erdgeschoss und ist als Asylsuchender zu Untätigkeit verdammt. Manchmal geht er zum nahen Discounter, wo er sich mit den rund 300 Euro, die er monatlich vom Lageso bekommt, Essen kauft. Dabei würde er gerne sein Studium fortführen. Abdul versucht jetzt, seine Zeit zu nutzen und über das Internet Deutsch zu lernen. W-Lan ist in den Zimmern des Flüchtling-Hotels inklusive.

http://www.bz-berlin.de/berlin/marzahn-hellersdorf/fluechtlinge-sollen-pleite-hotel-in-kaulsdorf-retten

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Thilo Sarrazin

 

Die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn ist zu einer Hochburg der radikalen Salafisten geworden. Etwa 10 Prozent der aus Deutschland nach Syrien ausgereisten radikalen Islamisten kommen aus Bonn, wo sie sich im Stadtteil Bad Godesberg konzentrieren. Mittlerweile ist Arabisch in Bonn die am zweithäufigsten gesprochene Sprache. Anknüpfungspunkt ist die König-Fahd-Akademie, eine saudi-arabische Auslandsschule, die über Jahrzehnte stark religiös ausgerichtete Familien aus ganz Deutschland anzog. 2003 hatte es einen Skandal um ihre radikal-islamistischen Schulbücher gegeben. Seitdem handhabt die Schulbehörde die Befreiung der Schüler von der deutschen Schulpflicht restriktiver. Aber die demografische Ballung islamistischer Araber in Bonn – Bad Godesberg ist nicht mehr umkehrbar und hat das Stadtbild nachhaltig verändert.

Die Stadt Bonn leugnet die Probleme nicht, aber sie spricht auch nicht gern darüber. Die Integrationsbeauftragte Coletta Manemann macht sich Sorgen über eine drohende Is-lamfeindlichkeit.

Die größte evangelische Gemeinde in Bonn – Bad Godesberg ist die Erlösergemeinde. Am 11. Dezember 2014 fand sich in ihrer Post ein anonymer Drohbrief mit Briefkopf und Unterschrift in arabischen Schriftzeichen. Er hatte folgenden Text:

„An den Vorbeter der Versammlung von Ungläubigen, die ihr evangelische Gemeinde nennt: Islam ist die einzig wahre Religion. Ihr bekommt die Gelegenheit zum Annehmen des Islam in den nächsten drei Monaten von jetzt an. Lest Al-Q´ran und nehmt den Islam an! Macht von Eurem Haus eine Moschee, die nur den Muslimen offen steht! Ihr müsst in den nächsten drei Monaten erklären, dass ihr Islam freiwillig angenommen und von Eurem Versammlungshaus eine Moschee gemacht hat. Das müsst ihr im TV und Internet machen, so dass alle Menschen davon hören und sehen. Wenn ihr euch aber Islam ver-weigert: Wir werden zuerst Dich finden. Wir werden dich strafen im Namen von ALLAH, welchen du verleugnest! Wir werden deine Brut finden und strafen! Wir werden das Haus für eine Moschee einfach nehmen und alle strafen, die Islam nicht freiwillig ange-nommen haben!“

Das Presbyterium der Gemeinde entschied nach einer Beratung mehrheitlich, den Brief nicht zu veröffentlichen und auch die Gemeindemitglieder nicht zu informieren. Man fürchtete offenbar einerseits Repressalien, andererseits den Ruf der Islamfeindlichkeit. Nur durch eine Indiskretion kam es zu einer Weitergabe des Briefes, und nur auf Umwegen geriet er von da in meine Hände.

Offenbar wurde der Brief von einem verrückten Fanatiker geschrieben. Inhaltlich ernst zu nehmen ist er natürlich nicht. Aber verrückte Fanatiker steuerten vor 14 Jahren zwei Flugzeuge ins World-Trade-Center. Und verrückte Fanatiker, die in Europa aufgewachsen sind, kämpfen heute zu Tausenden beim IS. Nur: Wie geht man mit der Verrücktheit um? Ihre Gefahren soll man offenbar erst ansprechen, wenn das Schlimmste eingetreten ist. Und einen ideologischen oder religiösen Zusammenhang mit dem Islam soll man möglichst gar nicht herstellen, denn spätestens, seitdem Bundespräsident und Bundeskanzlerin es sagten, wissen doch alle: „Der Islam gehört zu Deutschland“.

Aufschlussreich ist der Vergleich der Ereignisse im äußersten Osten und im äußersten Westen Deutschlands.

– Als der Drohbrief der Salafisten in den Briefkasten der Godesberger Erlösergemeinde wanderte, warnte Pegida gerade in Dresden vor der Islamisierung Deutschlands. Das wurde den demonstrierenden Bürgern sehr übel genommen, Mindestens fand man ihre Befürchtungen lächerlich, weil es doch praktisch keine Muslime in Dresden gebe.

– Von Bonn kann man das wahrhaftig nicht mehr sagen. Dort, wo radikale Islamisten Drohungen aufs Papier bringen (oder nach Syrien ausreisen, wenn sie mehr tun wollen) schweigen die Bedrohten konsequent, vielleicht in der Hoffnung, so die Gefährdung abzuwenden, vielleicht aber auch beherrscht von der noch größeren Angst, sie könnten als islamfeindlich gelten.

Islamfeindlichkeit wird in der veröffentlichten Meinung gleich neben Ausländerfeindlichkeit angesiedelt, von da ist es in zum Rechtspopulismus und gar zu rechtsradikalen Umtrieben nicht weit. Der gute Deutsche, der nicht in diese Ecke möchte, hält lieber den Mund, um nicht anzuecken, egal ob er in Bonn oder Dresden wohnt. Ganz unaussprechlich ist da die Befürchtung, unter den großenteils muslimischen Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten und aus Afrika könne es Nachschub für radikale Ausprägungen des Islam in Deutschland und Europa geben. Wer soll sich auch schon äußern, wenn die Politiker es nicht tun, die Medien jeden bestrafen, der es tut, und die Kirchen sich so wegducken wie die Erlösergemeinde in Bad Godesberg.

Auf dem Höhepunkt der Achtundsechziger-Bewegung war das Schimpfwort “Kommunistenfeind” inhaltsgleich mit der Abstempelung als rechts und reaktionär. Mit Untergang des kommunistischen Ostbocks ist das Feindbild Kommunistenfeind zwangsläufig mit verschwunden. Natürlich zerbrach das System nicht an den Kommunistenfeinden, sondern an seinen eigenen Widersprüchen. Genauso wird der Islamismus nicht an den Islamfeinden, sondern seinen eigenen Widersprüchen zugrunde gehen.

Man kann nur hoffen, dass bis dahin weniger Blut geflossen ist als im Falle des Kommunismus. Neugierig darf man sein, welches neue Tabu dann die Islamfeindlichkeit ablösen wird.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Was ­Vizekanzler Sigmar Gabriel für das «wahre Deutschland» hält.

Nachdem in Heidenau bei Dresden ein entfesselter Mob eine Flüchtlingsunterkunft angegriffen, sich eine Strassenschlacht mit der Polizei geliefert und dabei 31 Polizeibeamte verletzt hatte, ohne dass auch nur einer der Randalierer festgenommen worden wäre, machte sich Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf den Weg in die sächsische Kleinstadt. Dort stellte er sich in einer improvisierten Pressekonferenz den vielen Reportern, die ihm gefolgt waren. Er sei «gerne hergekommen», um den Bürgermeister des ­Ortes zu unterstützen, «der keine einfache Aufgabe hat», und um sich bei ihm zu bedanken, «dass er das macht und keinen Millimeter zurückgewichen ist». Es werde, versprach Gabriel, «Geld und moralische Unterstützung» geben, um den Kommunen bei der Aufnahme der vielen Flüchtlinge zu helfen. Diejenigen, die sich dagegen sperrten, seien «Leute, die haben mit Deutschland nichts zu tun», das sei «nicht das Deutschland, das wir in diesem Land haben wollen». Und: «Die halten sich für die Vertreter des wahren Deutschland, in Wahrheit sind es die undeutschesten ­Typen, die ich mir vorstellen kann.»

Nun hat der deutsche Wirtschaftsminister viele Aufgaben, um die er sich kümmern muss. Erst vor kurzem hat er dem Präsidenten des Iran seine Aufwartung gemacht, ohne zu fragen, ob dieser den «wahren Iran» vertritt. Zu ­sagen, die fremdenfeindlichen Randalierer seien «die undeutschesten Typen», die er sich vorstellen könne, ist keine Distanzierung, es ist ein Akt der Verharmlosung. Auch die Nazis waren, retrospektiv betrachtet, sehr «undeutsch», ­Aliens, die das «wahre Deutschland» überfallen hatten. Heute gehört diese Argumentation zum Repertoire der Islam-Versteher und Verharmloser. Alles, was die Islamisten machen, habe mit dem «wahren» Islam nichts zu tun. So macht sich jeder etwas vor, um der Rea­lität aus dem Weg gehen zu können. Gabriels Deutschland mag von lauter edlen Seelen bewohnt sein, die bereit sind, Haus und Hof mit den Flüchtlingen zu teilen. Aber es gibt auch andere Deutsche, die weniger nobel und selbstlos sind. Die lieber unter sich bleiben möchten. Man muss sie nicht mögen, aber man kann sie nicht ausbürgern. Sie sind genauso deutsch wie Sigmar Gabriel.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-35/die-deutschen-undeutsch-die-weltwoche-ausgabe-352015.html

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Am Ortseingang von Amuda stehen riesige Getreidesilos. Wir befinden uns in der fruchtbaren Euphrat-Ebene im äussersten Nordosten Sy­riens, der Kornkammer des Landes. Amuda ist ein staubiges Nest mit vielen einstöckigen Gebäuden. Abgesehen von den überall aufgehängten Fotos von Märtyrern, die im Kampf gegen die Terroristen des Islamischen Staats (IS) ge­fallen sind, erinnert hier fast nichts an den Krieg – keine zerbombten Häuser, keine mit Einschuss­löchern übersäten Fassaden, keine ausgebrannten Fensterhöhlen. Die Front, an der die kurdischen Volksverteidigungsein­heiten (YPG) die Steinzeitislamisten des IS mit Hilfe der amerikanischen Luftwaffe immer weiter in die Euphrat-Ebene zurückdrängen, verläuft nun etwa siebzig Kilometer südlich.

Das Hauptquartier der kurdischen Polizei im Stadtzentrum ist mit Barrikaden weitläufig abgesperrt, damit Selbstmordattentäter mit ihren zu fahrenden Bomben umgebauten Autos nicht zu nahe kommen können. Davon abgesehen ist Amuda eine langweilige, aber friedliche Stadt mit rund 50 000 Einwohnern. Die Mehrheit der kurdischen Muslime lebt hier problemlos mit Jesiden und Christen zusammen. Unter den Christen hat es nicht nur Aramäer, sondern auch Nachfahren jener armenischen Flüchtlinge, die vor hundert Jahren aus der Türkei nach Süden flüchteten, vor dem Genozid, den man in der Türkei nicht so nennen darf. Christen und Muslime wohnen in Amuda in denselben Quartieren, in denselben Strassenzügen. Nur ein paar Getreidefelder trennen das Stadtgebiet im Norden vom Todesstreifen an der türkischen Grenze mit ihren Befestigungen, Gräben, Zäunen, Wachtürmen und Minenfeldern.

Diesen Todesstreifen hat Ferhad Hiso*, ein junger Kurde mit schütterem Bartwuchs und Pickeln auf der Wange, vor rund einem Monat überwunden, zusammen mit Freunden, die sich wie er ein besseres Leben, eine bessere ­Zukunft wünschen. Um die Schlepper zu bezahlen, musste Ferhads Familie, die mehrheitlich in der Schweiz und zum Teil von Sozial­hilfe lebt, viel Geld zusammenkratzen. Die Mutter in Amuda verkaufte ihren gesamten Goldschmuck, so dass der Vater den Schleusern am Schluss die verlangten vier Millionen syrische Pfund (knapp 13 000 Franken) für die Reise ­bezahlen konnte.

Erst schiessen, dann nachschauen

Hauptgrund für Ferhads Flucht war die bevorstehende Einberufung zum Wehrdienst in die YPG. Ferhad ist siebzehn Jahre alt und hätte schon bald ins Ausbildungslager und danach in den Krieg gegen den IS ziehen müssen. Doch das wollen er und seine Familie nicht. Es sei zu gefährlich, meint der Vater und blendet dabei aus, dass er und seine engsten Angehörigen nur deshalb ein vergleichsweise unbeschwertes ­Leben führen können, weil die YPG die kurdischen Siedlungsgebiete erfolgreich gegen den IS verteidigen. Profitieren will die Familie Hiso von diesem Schutz, aber nicht dazu beitragen. Wehrdienstverweigerung ist in der Schweiz kein Asylgrund, doch als Minderjähriger hat Ferhad trotzdem gute Chancen auf Aufnahme. Das wissen natürlich auch die Schlepper und der Anwalt der Familie Hiso in St. Gallen.

Das Haus der Hisos befindet sich am nördlichen Stadtrand von Amuda. Es sticht wegen seiner Grösse und der verzierten Säulen aus der Masse der eher einfachen Wohnhäuser heraus. Es hat zwei Stockwerke und überragt damit die Gebäude in der Nachbarschaft deutlich. Auf dem Flachdach, das von einer hüfthohen Mauer umgeben ist, stehen drei metallene Bettgestelle. Die Eltern und Delal, die einzige noch in Amuda verbliebene Tochter, schlafen in der Sommerhitze am liebsten hier oben, wo ein kühlender Luftzug die Hitze etwas erträglicher macht. Unten im Haus ist es dagegen stickig und brütend heiss, vor allem wenn bei den häufigen Stromausfällen weder Klimaanlage noch Ventilatoren funktionieren.

Vom Dach der Hisos hat man eine gute Sicht auf die Gebirgszüge, die jenseits der türkischen Grenze die Euphrat-Ebene im Norden abschlies­sen. Auch dort ist die Bevölkerung mehrheitlich kurdisch, und weil Guerilleros der mit den YPG verbündeten kurdischen Arbeiterpartei PKK seit Jahrzehnten über die syrische Grenze in die Türkei einsickern, hat Ankara die von den ehemaligen Kolonialmächten Grossbritannien und Frankreich schnurgerade durch das Flachland gezogene Trennlinie befestigen lassen. Die Wachttürme und Panzer der türkischen Streitkräfte lassen sich vom Hausdach durch das Fernglas gut beobachten. Wehe dem, der sich den Befestigungen ungebeten nähert, egal von welcher Seite. Seit die offizielle Türkei und die PKK ihren Waffenstillstand vor kurzem aufgekündigt haben, wird die Grenze noch besser bewacht als vorher. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Grenzsoldaten nicht auf Menschen schiessen. Ob es sich dabei um Flüchtlinge, Schmuggler oder PKK-Kämpfer handelt, wird erst im Nachhinein überprüft, wenn überhaupt. «Zuerst schiessen, dann nachschauen», lautet offenbar das Motto.

Die Hisos gehören zur kleinen wohlhabenden Schicht von Amuda. Ihr Salon, das Prunkstück des Hauses, ist reich verziert. Am schmalen Ende befindet sich eine grosse verglaste Bücherwand. Bei meinem ersten Besuch hing dort noch ein Wimpel der Baath-Partei, des Machtvehikels von Diktator Baschar al-Assad. Auf meine Frage, ob der Vater vor der Revolu­tion Parteimitglied gewesen sei, erhielt ich eine negative Antwort. Kurden wie er hätten der ­Partei nicht beitreten dürfen. Doch das entspricht nicht der Wahrheit, denn Kurden, die sich in ­Assads Syrien einen arabischen Namen geben mussten, konnten sehr wohl in der verhassten Baath-Partei mitmischen.

Als ich das nächste Mal in Amuda auftauchte, hatte jemand den schwarzweissgrünroten Parteiwimpel aus der Bücherwand entfernt. Bleiben durfte dafür das grosse Familienporträt, das die Eltern im Kreis ihrer Kinder zeigt, drei Buben und drei Mädchen. Fünf von ihnen ­leben inzwischen in der Schweiz, sie haben alle Asyl erhalten, obwohl sie aus einer vom Krieg unversehrten Region kommen und weder politisch noch religiös verfolgt oder sonst irgendwie bedroht waren. Nur Delal lebt noch zu Hause, eine hübsche junge Frau, die die Zeit mit Chats auf ihrem Smartphone totschlägt. Aber für sie ist klar: Hätte sie das nötige Kleingeld, würde auch sie sich sofort in die Schweiz schleusen lassen.

Flucht aus einem sicheren Drittstaat

Ohne Zweifel sind viele Syrer, die via die Türkei oder Libyen als Bootsflüchtlinge nach Europa kommen, echte Kriegsflüchtlinge oder politisch Verfolgte. Doch das trifft offenbar nicht auf alle zu, wie die Geschichte der Familie Hiso belegt. Es wäre darum angebracht, wenn unser Staatssekretariat für Migration (SEM), die oberste Asylbehörde, etwas genauer auf die Herkunft syrischer Migranten und ihre genauen Fluchtumstände achtete und nicht jedem ­syrischen Flüchtling reflexartig das Bleiberecht einräumte. Denn dass die grosszügige Asyl­praxis in Ländern wie der Schweiz, Schweden oder Deutschland – zusammen mit dem hohen Lebensstandard – auf Syrer wie ein Magnet wirkt, konnte ich bisher auf jeder meiner vielen Reisen nach Syrien beobachten. Es verging kein Tag, an dem mich Begleiter oder ­Bekannte nicht fragten, ob ich ihnen nicht zu einem Aufenthalt in der Schweiz verhelfen könnte. Als Grund gaben sie an, dass sie in Syrien doch ­keine Zukunft hätten. Doch gerade in den kurdisch dominierten, weitgehend autonomen Kantonen im Norden des Landes stimmt das so nicht. Wenn in Syrien Regionen eine Chance ­haben, aus dem Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt auszubrechen, dann sind es ­genau die drei kurdischen Kantone Cizire, ­Kobane und Afrin, alle an der türkischen Grenze gelegen und mit Ausnahme von Kobane vom Krieg weitgehend verschont.

In diesem Jahr sind 160 000 Migranten von der Türkei nach Griechenland gereist, die meisten auf dem Seeweg. Bei knapp zwei Dritteln handelte es sich um Syrer, wie das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) verlauten liess. Danach folgen Afghanen und Iraker. Allerdings beantragen nur 8 Prozent in Griechenland Asyl, obwohl sie dort sicher ­wären. Bei den Syrern sind es sogar nur 4 Prozent. Das ist ein Hinweis darauf, dass die ­Motive für die Weiterreise wirtschaftlicher ­Natur sind.

Das UNHCR führte auch eine Umfrage unter den syrischen Ankömmlingen in Griechenland durch. Die Ergebnisse haben es in sich: 60 Prozent der Syrer gaben an, vor ihrer Reise nach Griechenland eine Zeitlang in der Türkei gelebt zu haben, also in einem sicheren Drittstaat. Als Grund, weshalb sie der Türkei den Rücken kehrten, gab eine Mehrheit Arbeitslosigkeit und Mangel an finanzieller Unterstützung an. Auch hier dominieren also wirtschaftliche Gründe, weshalb die Syrer die sichere Türkei, die zwei Millionen Menschen aufgenommen hat und ihnen unter anderem kostenlose Spitalaufenthalte gewährt, am Ende verlassen, um in Europa ein besseres Leben zu suchen. Diese Entscheidung – so verständlich sie auch ist – hat nichts mit Asylgründen wie Bedrohung durch Krieg oder politischer Verfolgung zu tun.

Ferhad, der jüngste Sohn der Familie Hiso, sitzt auf dem Sofa im Wohnzimmer seiner Schwester Cihan. Die Dreizimmerwohnung, von der Sozialhilfe bezahlt, befindet sich im obersten Stock eines Mietshauses, etwa fünf Gehminuten vom Bahnhof St. Gallen entfernt. Neben Ferhad und Cihan leben noch zwei weitere Geschwister hier. Der fünfte Spross der ­Familie wohnt und studiert in Basel. Weil ­Cihan am besten Deutsch kann, übersetzt die zierliche Frau, was der von der Reise traumatisierte Ferhad zu erzählen hat. Als Erstes weist sie ihn auf Kurdisch an, dass er sein Alter mit sechzehn angeben soll. Das tut Ferhad auch, ­obwohl er in Wirklichkeit ein Jahr älter ist.

Am helllichten Tag durch den Todesstreifen

«Mein Problem in Syrien war, dass mein Vater ein Politiker und gegen das Assad-Regime eingestellt war», sagt Ferhad. Das Regime – und nicht etwa die kurdischen YPG – habe ihn zum Wehrdienst einziehen wollen. Deshalb habe ihn sein Vater angewiesen, sich in der Schweiz in Sicherheit zu bringen. Die Realität sieht anders aus: Das Regime hat in Amuda gar keine Macht, die Stadt befindet sich vollkommen unter Kontrolle der kurdischen YPG. Nur wenn Ferhad Regionen aufgesucht hätte, die von ­Assads Truppen kontrolliert werden, hätte ihm der zwangsweise Einzug in die syrische Armee gedroht. Doch davon erzählen weder er noch seine Schwester etwas – mit gutem Grund.

Weil die Schlepper die türkischen Grenzsoldaten bestochen hatten, konnte Ferhads Gruppe den Todesstreifen am helllichten Tag durchqueren. Mit dem Auto wurden die Syrer zur türkischen Mittelmeerküste gebracht. An den Namen der griechischen Insel, auf die sie alleine mit dem Schlauchboot fuhren, erinnert sich Ferhad nicht, aber daran, dass das Boot nach ­ihnen gesunken und alle Insassen umgekommen seien. Das viele Geld, das sein Vater den Schleusern gegeben hatte, war gut angelegt. Die Reise ging relativ zügig vonstatten, von Amuda bis zur Schweizer Grenze vergingen nur drei Wochen. Ausserdem konnten die Schlepper auf dem Balkan etwas Arabisch. Nur wenn es um Grenzübertritte ging, machten sie sich jeweils rechtzeitig aus dem Staub. Sie gaben den Migranten Anweisungen, und dann mussten diese in Gruppen und zu Fuss durchs Niemandsland. Auf der anderen Seite warteten jeweils andere Menschenschmuggler mit Fahrzeugen.

«Am schlimmsten war es an der Grenze zwischen Mazedonien und Serbien», erzählt Ferhad. «Dort sahen wir mehrere Leichen von Flüchtlingen, mit aufgeschlitzten Bäuchen. ­Einige waren Schwarze, bei anderen waren die Gesichter so verunstaltet, dass ich sie nicht ­erkennen konnte.» Die Schlepper hatten die Migranten zuvor vor Banden gewarnt, die das Niemandsland unsicher machten.

* Einige Namen und Ortsnamen wurden zum Schutz der betroffenen Personen geändert.

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Sie kommen aus der halben Welt, aus Afghanistan, Nigeria, Somalia und Serbien. Aber die meisten kennen nur ein Ziel: Almanija, Germania, Deutschland. Auf dem Wiener Westbahnhof kaufen sie sich, wie Spiegel online berich­tete, der Einfachheit halber ein Billett nach «Germany, please».

Europa als Sehnsuchtsort der Migranten? Das glaubt kaum jemand mehr. Machtvoller Magnet ist der Staat in Europas Mitte: Deutschland, es folgen Österreich, Schweden und die Schweiz. Doch allmählich spricht sich herum, dass die Schweizer recht flott ausschaffen, österreichische Lager nicht viel besser sind als jene in Kos und sich auch in Schweden der Wind dreht: Würde dort gewählt, wären die ausländerkritischen «Schwedendemokraten» stärkste politische Kraft.

Nur Deutschland ist wegen der schieren Grösse imstande, diesen Sog zu erzeugen. Kein Flüchtling will in Griechenland bleiben, in Italien, Spanien oder Ungarn. Auch wer es nach Frankreich geschafft hat, will weg: nach Grossbritannien. Doch die Zahl der blinden Passagiere, die durch den Eurotunnel auf die Insel wollen, verblasst vor den Massen, die in der Bundesrepublik einfallen.

Mehr als 800 000 Asylsuchende erwartet man bis Ende dieses Jahres; 43 Prozent aller in der EU gestellten Asylanträge werden in der Bundesrepublik angenommen. Unter der Hand geht man davon aus, dass eine Million Menschen kommen werden. Total unrealistisch schwingt die Hoffnung mit, dass es im Dezember ein Ende haben werde mit dem Zustrom. Purer Selbstbetrug – natürlich wird es nach dem 1. Januar 2016 weitergehen, mit Hunderttausenden, ja Millionen von Migranten.

150 Euro Taschengeld

Warum auch nicht? Kein anderer Staat Europas breitet Arme, Herzen und Kassen weiter aus als Deutschland. Hier backen Freiwillige Kuchen und geben Sprachunterricht, hier kriegen Flüchtlinge Freikarten für Fussball und Konzert, hier rühmt sich Tübingens Bürgermeister, dass er seine Ferien für die Migranten opfert. Nur hier verwenden Politik und Medien ausschliesslich den irreführenden Begriff «Flüchtlinge» für illegale Einwanderer. Hier erhält ­jeder Ankömmling vom ersten Tag an aus ­Steuergeldern knapp 150 Euro Taschengeld pro Person und Monat – und damit leicht die Hälfte eines balkanischen Durchschnittslohnes. Seit Einführung dieses Zustupfs hat sich die Zahl der Asylanträge verzehnfacht. Gute Nachrichten sprechen sich schnell herum.

Berlin klagt, dass sich die anderen EU-Mitglieder nicht an die Regeln des Dublin-Verfahrens halten. Aber auch Deutschland hat sie ausgehebelt. Nach Italien, Griechenland und neuerdings nach Ungarn darf kein Asylant mehr zurückgeschickt werden, auch wenn er dort registriert wurde – weil die Zustände dort unzumutbar seien. Entsprechend ungehemmt winkt der Süden alle nach Norden durch.

Ungarn hat 60 000 Flüchtlinge registriert und 73 behalten. Frankreich hat seit Januar ­läppische 20 000 Asylbewerber aufgenommen. Spanien hat seine Grenzzäune in den Exklaven Ceuta und Melilla unüberwindbar gemacht. Mit Marokko wurde ein Kooperationsabkommen, mit Senegal, Nigeria und Mauretanien wurden Rückführungsvereinbarungen geschlossen. Osteuropäer schotten sich völlig ab oder wollen, wenn überhaupt, nur Christen aufnehmen. Ein Versprecher der slowakischen Regierung deckte dieses Prinzip zufällig auf.

Jeder schützt sich, wie er kann, doch Deutschland hält Tür und Tor weit offen – teils aus ­einer blauäugigen Solidarität heraus, teils aus schlechtem Gewissen wegen der historischen Schuld. Eine «gerechte» Verteilung der Mi­granten auf alle Mitgliedsstaaten der Union, wie sie deutsche Politiker gebetsmühlenartig fordern, kann man unter diesen Umständen vergessen. Von den anderen wird Deutschland als Problem gesehen, nicht als Teil der Lösung. In Osteuropa kursieren sarkastische Vorschläge, Bundeswehrmaschinen sollten Flüchtlinge doch gleich aus Lagern an der türkisch-syrischen Grenze holen und nach Deutschland fliegen. Damit erspare man den Menschen und den Transitländern viel Mühe, Not und Elend.

Noch hält der gesellschaftliche Konsens in Deutschland, gemäss dem man eine Verantwortung gegenüber den Flüchtigen habe. In Umfragen bekräftigen 60 Prozent, dass man den Ansturm verkraften könne. Immerhin 37 Prozent glauben das nicht. Sie werden ignoriert, dabei sind das so viele Menschen, wie derzeit SPD und Grünen ihre Stimme geben würden.

Rede-, Sprech- und Denkverbote

Aufrechterhalten wird der Konsens durch Rede-, Sprech- und Denkverbote. Zu Fernsehbildern einer Demonstration gegen ein Asylantenheim im sächsischen Ort Heidenau, auf ­denen Rentner, Mütter mit Kinderwagen und andere Durchschnittsbürger zu sehen sind, heisst es aus dem Off, dass hier der «rechte Mob» marschiert. Berechtigte und beklommene Fragen, wie sich die grosse Zahl schwerintegrierbarer Ausländer auf den sozialen Frieden auswirken möge, werden nicht ­zugelassen oder als rechtsradikal verunglimpft.

Die Frage wird sich freilich schon recht bald stellen, wenn dieser aussergewöhnlich lange, heisse Sommer zu Ende geht: Sobald der Sommer vorbei ist, brauchen die Schulen die Sporthallen, in denen jetzt Asylanten schlafen. ­Sobald die Nächte kälter werden und die Herbststürme einsetzen, sind die Zeltstädte, in denen Migranten hausen, keine Option mehr. Was geschieht, wenn man Fremden ­Sozialwohnungen zuteilt – vorbei an der Warteschlange anspruchsberechtigter Deutscher?Die Deutschen neigen dazu, in der heissen Jahreszeit Abschied von ihrem Verstand zu nehmen und in romantischen Sommermärchen zu schwelgen. Mal ist es Fussball, mal ist es Flüchtlingshilfe. Die Erfahrung lehrt, dass der darauffolgende Herbst oft heisser wird als der Traumsommer.

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  14.08.2015

Von 1977 bis 1995 ist Jacques Chirac Bürgermeister von Paris und regiert dann bis 2007 Frankreich. Schon im Juni 1991 beklagt er das Schicksal seiner Nation, die – wie Nicolas Sarkozy 2007 ergänzt – die Immigration wie eine Invasion „erleide“ und deshalb auf eine „selektive Einwanderung“ (immigration choisie ) umschalten müsse:

„Nicht Ausländer sind unser Problem, sondern ihre Überdosierung. […] Es macht einfach weniger Probleme, Arbeiter aus Spanien, Polen und Portugal bei uns zu haben, als Muslime und Schwarze. […] Ein französischer Arbeiter mit seiner erwerbstätigen Frau hat 15.000 Franc […] und sieht im Treppenhaus […] eine Familie mit Vater, drei bis vier Frauen und zwanzig Sprösslingen, die zusammen 50.000 Francs als Sozialhilfe beziehen. Wenn man dann noch den Lärm und den Geruch hinzunimmt, muss der französische Arbeiter einfach ausrasten. […] Es ist keineswegs Rassismus, das anzusprechen. Wir haben einfach nicht mehr die Mittel, um die Familienzusammenführungen zu bezahlen“ .

Europaweit empören diese Sätze und Frankreich zahlt weiter. Allerdings springen von 1991 bis 2015 auch die Staatschulden von 35% auf 95% des Bruttoinlandsprodukts und viele der Sprösslinge von damals leben von Hilfe oder kämpfen gar für das Kalifat. Am 9. August 2015 liefert Großbritanniens Außenminister Philip Hammond aus Singapur ein Interview, das im Duktus eigenständig ist, in der Sache aber eng bei Chiracs Drehbuch bleibt:

„So lange zu allem entschlossene Migranten dort [in Calais] marodieren, ist der Tunnel bedroht. […] Diese Situation halten wir nicht durch. Europa kann sich nicht schützen. Es kann seinen Lebensstandard und seine sozialen Errungenschaften nicht bewahren, wenn es Millionen afrikanische Migranten absorbieren muss“ .

Vor einem Vierteljahrhundert, als der Konservative Chirac spricht, treibt Margareth Thatcher die britische Staatsverschuldung auf 32 Prozent herunter. Heute wird Frankreich sozialistisch geführt und ist moralisch zutiefst erschüttert über das einmal mehr konservativ regierte London, wo Premier David Cameron Migranten sogar mit dem Skandalwort „Schwarm“ belegt. Der schlage in Form von Meteoriten doch von oben zu und reise – wie Kommentatoren spotten – nicht aus dem Untergrund an. Als Heuschreckenwolke, die alles Lebenswichtige rastlos verzehre, sei das Wort noch widerwärtiger und ebenfalls unzutreffend, weil man doch immer noch in Saus und Braus lebe. Doch ächzt bei allem Groll zwischen den Hauptstädten jetzt auch London unter einer Staatsverschuldung von 93 Prozent.

Als schändlich gelten Camerons Sorgen auch in Deutschland, wo man allein 2015 eine halbe Million Flüchtlinge erwartet . Was seien dagegen die 24.000 Asylanten, die 2014 England erreichen? In Calais strebten lediglich 3.000 Mann in den Kanaltunnel, während man zwischen Rhein und Oder alle sieben Tage 10.000 Fremde zusätzlich aufnehme. Leicht reden habe Berlin, mögen die Verbündeten denken. Schließlich steigt die bundesdeutsche Staatsverschuldung zwischen 1990 und 2015 „nur“ von 536 Milliarden auf 2,2 Billionen €uro (48% auf 71 % BIP).

Sind die ehemaligen Kolonialherren womöglich besser informiert über den Schwarzen Kontinent als Berlin? Schnellt auch im gefürchteten Afrika etwas nach oben, während die Schulden der 500 Millionen EU-Europäer explodieren? Durchaus! So klettert die Bevölkerung von gut 600 Millionen seit Chiracs Einlassungen auf knapp 1,17 Milliarden bis zu Hammonds Interview. 2050 sollen es 2,4 Milliarden sein. Möchten heute aus dem afrikanisch-arabischen Raum rund 540 Millionen Menschen auswandern, wollen dann 950 Millionen weg, falls die für 2009 erhobenen Wanderungswünsche (Subsahara 38%; arabischer Bogen 23% ) nicht weiter ansteigen. Wahrscheinlich ist das bei Kriegsindex-Werten zwischen 3 und 7 nicht. Auf 100 Alte (55-59 Jahre) folgen dabei nicht 70 oder 80 Pazifisten (15-19 Jahre) wie in Deutschland oder Österreich, sondern 300 bis 700 wütende Jünglinge. Sowie die zur Gewalt greifen, transformieren sich ihre Mitbürger aus potentiellen Wirtschaftsflüchtlingen zu völkerrechtlich geschützten Asylberechtigten aus Kriegsgebieten.

Aufschlussreicher für die Prognose zukünftiger Wanderungen ist die Jugend unter 18 Jahren, die den Lebenskampf noch vor sich hat. Allein im Subsahara-Raum umfasst sie heute 540 Millionen (24% Weltanteil), während für 2050 eine Milliarde erwartet wird (37%). Bei den Kindern unter 5 Jahren sollen 2050 bereits zwei Fünftel der Menschheit afrikanisch sein . Das liegt nicht allein an Geburtenraten von (2015) immer noch 4,7 pro Frauenleben (D: 1,4), sondern auch an der fallenden Kindersterblichkeit. Die stetig verbesserte medizinische Versorgung soll das Durchschnittsalter von 45 Jahren (1970) über 60 (heute) auf 70 gegen 2050 heben .

2007 – Sub-Sahara-Afrika hat 790 Millionen Einwohner – will Sarkozy die Europäische Union auf einen gemeinsamen Kurs zur Abschottung ihrer Außengrenzen einschwören. Er scheitert. 2015 steht Sub-Sahara-Afrika bei 910 Millionen Einwohnern. Das sind seit 2007 sieben Niederlande zusätzlich. Die Subsahara-Staaten exportieren – zumeist mit Fremdhilfe abgebaute Rohstoffe – im Preis von 350 Milliarden Dollar (2014 ) und schaffen damit nur gut die Hälfte der 17 Millionen Niederländer (670 Mrd. Dollar ). London ahnt, dass niemals weniger, sondern immer nur mehr Afrikaner von Europa träumen und Cameron kappt die Zugänge auf die Britischen Inseln. Er will nicht scheitern, weil er die 2016er Volksabstimmung über ein Verbleiben seines Landes in der EU gewinnen möchte.

England kann aufgrund seiner Insellage Illegale durch Einsatz der Staatsgewalt zurückhalten und zugleich Gegendruck ins Leere laufen lassen. Das dürfte vor allem osteuropäische EU-Mitglieder weiter ermutigen, sich ebenfalls gegen die ihnen zugedachten Aufnahmequoten zu wehren. Für die verbleibenden Westeuropäer müssen die Quoten entsprechend hochgefahren werden. Ob dann in Angriff genommen wird, was man Sarkozy vor acht Jahren verwehrt?

Wer auf ein Einknicken Londons hofft, übersieht den dort heiß im Nacken verspürten Atem aus Übersee. Denn kein westeuropäisches Land verliert mehr Kompetenz als Großbritannien mit seinen 64 Millionen Einwohnern. Dabei geht es nicht um die gut 600.000 Pensionisten in Südeuropa. Schmerzhafter wirken die 2,3 Millionen in den ehemaligen Kronkolonien Australien, Kanada und Neuseeland. Diese Kompetenzfestungen (Grenzen offen nur für Könner und militärisch gesichert) suchen bis 2050 rund 25 Millionen Neubürger und lassen nicht nur aus Europa, sondern auch aus Afrika nur Leute herein, die mit ihrer “Kreativität, Energie und Produktivität das Wirtschaftswachstum”  vorantreiben können. Aus seiner Pigmentierung soll niemand Vorteile ziehen dürfen. Am kühnsten träumt Australien, das– bei einer ungenügenden Geburtenrate von 1,77 (2014) – von 24 auf 35 Millionen zulegen will . Kanada (1,59 Kinder pro Frauenleben) – strebt von 36 auf 50, Neuseeland (2,05) von 4,5 auf 5 Millionen.

Kann das alte Mutterland seinen Lebensstandard und den Frieden seiner Städte nicht bewahren, braucht es lediglich einen etwas längeren Umzug für das Erreichen sicherer Häfen. Hoffen können darauf allerdings nur Qualifizierte, vor deren Abwanderung London mit allem Recht zittert. Eben deshalb will es jetzt selbst Kompetenzfestung werden. Falls die Inseln ihre Attraktivität für die eigenen Leistungsträger zurückgewinnen, werden sie auch für Suchende auf dem Kontinent interessant. Dort dürfte das Auseinanderdriften der Unbeweglichen und der Zukunftsverteidiger erst richtig Fahrt aufnehmen.

 

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/afrikanerpolitik_wie_waere_es_mit_ein_paar_nuechternen_zahlen_und_fakten

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preussische-allgemeine.de

Die Geister, die sie riefen

Norman Hanert, 30.08.15

Anziehungspunkt für die alternative Szene – und für aggressive Räuberbanden: Das „RAW“ in Berlin Bild: Ullstein

Während Araber-Banden, afrikanische Drogenhändler und südosteuropäische Taschendiebe eine der bekanntesten Party-Meilen Berlins in einen großflächigen Kriminalitätsschwerpunkt verwandeln, herrscht in der ansässigen links-alternativen Szene das große Schweigen.

Zwei brutale Gewalttaten innerhalb weniger Stunden haben dafür gesorgt, dass das sogenannte RAW-Gelände im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bundesweit in die Schlagzeilen geriet. Bereits Mitte August waren in der Gegend zwei Touristen aus den Niederlanden angegriffen worden. Vorangegangen war der Versuch, einem der beiden Berlin-Besucher das Portemonnaie zu stehlen.
Ertappt, rief einer der Taschendiebe Verstärkung: Am Ende schlug ein Mob von 15 Tätern die Holländer krankenhausreif und verschwand. Nur anderthalb Stunden später wurde ein Begleiter von Jennifer Weist, der Sängerin der Rockband „Jennifer Rostock“, zum Opfer eines gefährlichen Messerangriffs auf dem Gelände. Wie von Weist über Facebook publik gemacht wurde, hat es sich offenbar auch hierbei um den missglückten Versuch eines Taschendiebstahls gehandelt, der gefährlich eskalierte.
„Zwei kleine Jungs“ sollen zunächst versucht haben, die Brieftasche der jungen Sängerin zu entwenden. Auch hier bekamen die ertappten Täter schnell Verstärkung. Plötzlich umringt von fünf Angreifern, wurde dem Begleiter von Jennifer Weist mit einem Messer oder einer Rasierklinge eine Wunde nahe der Halsschlagader zugefügt. „Es fehlten nur ein paar Millimeter, und er wäre direkt auf der Straße in meinen Armen gestorben“, schilderte die Sängerin die Folgen der Attacke.
Vor allem im Internet war nach dem brutalen Angriff sogar Schadenfreude aufgekommen, dass in dem konkreten Fall ein „Gutmensch mit den Konsequenzen seines Handelns konfrontiert worden ist“. Angespielt wurde damit auf die Tatsache, dass sich die Musikgruppe „Jennifer Rostock“ in der Vergangenheit stark in der Pro-Asyl-Bewegung engagiert hat. „Jennifer Rostock treten ein für Flüchtlingsschutz und gegen Abschiebungen in Haft und Obdachlosigkeit“, so ein Eintrag auf der Facebook-Seite der Musikgruppe.
Kritisch bemerkt wurde von Internetnutzern zudem, dass auch die in ersten Medienmeldungen bekannt gewordene Täterbeschreibung merkwürdig nichtssagend wirkte. Geht man von dem aus, was an Erfahrungen der Polizei zur Kriminalität auf dem RAW-Gelände vorliegt, dann hat es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nämlich um nicht-deutsche Täter gehandelt.
So gehen aus Sicht eines Zivilfahnders die Raubtaten und Körperverletzungen auf dem RAW-Gelände häufig auf das Konto von Jugendbanden aus Neukölln, Wedding und Kreuzberg. Dabei seien diejenigen, die rauben, prügeln und zustechen, eher Männer aus arabischen Familien, bei den Kleindealern von Drogen handele es sich wiederum um Schwarzafrikaner.
In Berliner Medien werden zudem Gewerbetreibende zitiert die auf dem Gelände ansässig sind, und die auch von einer Roma-Sippen sprechen, die durch Kriminalität auffalle. Zugute kommt den Tätern, dass das Gelände mit seinen Bars und Clubs über 70000 Quadratmeter groß, unübersichtlich und nachts schlecht beleuchtet ist. Ihre Aggressivität und Hemmungslosigkeit entfaltet diese Klientel vor einem sehr speziellen Hintergrund: Die Erschließung des RAW-Geländes – benannt nach dem einst hier ansässigen Reichsbahnausbesserungswerk – ist von alternativen, linken Kulturmachern angestoßen worden. Bis heute hängen auf dem Areal gut sichtbar Plakate linker Gruppen und sogenannter Flüchtlingsinitiativen.
Dass nun ausgerechnet Angehörige jener ethnischen Gruppen, die hier stets in der Opferrolle gesehen werden, sich als schwerkriminell entpuppen, hat zu einer sonderbaren Situation geführt: „Die meisten Frauen und Männer, die auf dem Gelände arbeiten, bezeichnen sich als links, antirassistisch, sozialkritisch. Dass die Halbstarken aus Familien stammen, die einst aus dem Nahen Osten und Nordafrika gekommen sind, sagen zwar alle. Nur tun sie das eben anonym. Sie wollen nicht ris­kieren, dass ihnen einer Rassismus vorwirft“, so eine Einschätzung, die im Berliner „Tagesspiegel“ nach dem Bekanntwerden der brutalen Überfälle zu lesen war. Unübersehbar ist mit der Entwicklung, dass dem Bezirk Fried­richshain-Kreuzberg nach dem Görlitzer Park nun einen zweiten großflächigen Kriminalitätsschwerpunkt erwachsen ist. Entlang der Revaler Straße, die an das frühere Bahngelände angrenzt, werden nach Beobachtungen eines szenekundigen Polizeibeamten inzwischen sogar deutlich mehr Drogen verkauft als im einschlägig bekannten „Görli“.
Die Gründe, warum bei der Polizei trotz der gesammelten Erkenntnisse beim RAW-Gelände nachhaltige Erfolge ausbleiben, sind bereits vom Görlitzer Park bekannt: Selbst Serien- und Wiederholungstäter werden von der Justiz innerhalb kürzester Zeit wieder laufen gelassen. Als Folge müssen die Beamten regelmäßig erleben, dass Drogenhändler, Taschendiebe oder Schläger nach der Feststellung ihrer Personalien nach wenigen Stunden wieder vor Ort auftauchen.
Nicht sonderlich ermutigend auch die Erfahrungen, welche die Beamten mit einem Teil der Anwohner machen müssen. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gehört zu den Gegenden Berlins, in der Festnahmen mutmaßlicher Täter mit Regelmäßigkeit zu einem Menschenauflauf führen, aus dem die Polizisten beschimpft und bedrängt werden.

Norman Hanert

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Am 1. Juli deckte die schwedische Tageszeitung Gefle Dagblad auf, dass ein Imam aus der Stadt Gävle im Norden derjenige war, der hinter der jetzt geschlossenen Internetseite http://www.muslim.se steckte, auf der unter anderem erklärt wurde, dass Homosexualität mit dem Tod zu bestrafen ist. Der Imam Abo Raab ist eine herausragende Persönlichkeit der Schwedischen Imam-Vereinigung, die mehr als 400.000 Kronen (gut €42.000) von der Regierung „zur Bekämpfung von Islamophobie und Rassismus in der Gesellschaft“ erhielt. Als ihre Funktionäre das Geld beantragten, behauptete die Vereinigung eine professionellen Internetseite schaffen zu wollen, die „faktische und sachdienliche Informationen über den Islam“ beinhaltet und „Brücken zwischen Muslimen und Nichtmuslimen baut“. Solche Brücken wurden allerdings nicht gebaut. Die aus unbekannten Gründen im Januar stillgelegte Internetseite führte Folgendes als für schwedische Muslime verboten an:

  • Homosexuell zu sein (mit dem Tode zu bestrafen)
  • sich mit Ungläubigen anzufreunden und sie zu mögen
  • sich den Gemeinschaften der Ungläubigen anzuschließen, ihren politischen Parteien beizutreten, ihre Zahl zu vergrößern, ihre Nationalitäten anzunehmen (außer es ist absolut notwendig), in ihre Armeen einzutreten oder ihnen zu helfen Waffen zu entwickeln
  • ihre Kleidung, ihre Erscheinung, ihr Reden usw. nachzuahmen, weil das Liebe zu der Person oder dem Volk signalisiert

Am 9. Juli entschied der Oberste Gerichtshof Schwedens, dass der 41-jährige Muslim Ekrem Bregaj in sein Heimatland Serbien abgeschoben wird. Herr Bregaj wurde in Abwesenheit für ein Verbrechen verurteilt, das er 2006 beging: Er schoss mit seinem Gewehr in die Luft. Bregaj, der in dem kleinen Dorf Skurup im südlichen Schweden wohnt, lehnte das Urteil ab, weil er behauptet, als Muslim riskiere er in Serbien „diskriminiert zu werden“. Eine Auslieferung, machte er geltend, wäre eine Verletzung seiner Menschenrechte. Das Gericht war nicht überzeugt und entschied, dass er in Gewahrsam behalten werden sollte, bis die Abschiebung ausgeführt werden kann.

Ebenfalls am 9. Juli entschied das Verwaltungsgericht in Härnösand, dass einem 39-jährigen Somali die Flugtickets erstattet werden, die er für seine zehn Kinder kaufte, damit diese von Äthiopien nach Schweden reisen konnten. Der Mann kam 2009 nach Schweden und blieb „langfristig von wirtschaftlicher Hilfe abhängig“, hieß es in dem Gerichtsurteil. Als die Einreisebehörde den Antrag auf Erstattung des Flugpreises für seine zehn Kinder ablehnte, nahm der Somali einen Kredit auf und forderte vom Sozialamt ihm die Auslagen zu erstatten. Als dieses Nein sagte, legte er beim Verwaltungsgericht Berufung ein; dieses entschied jetzt, dass die schwedischen Steuerzahler für die Flugtickets aufkommen müssen. Insgesamt beläuft sich die Rechnung auf 45.000 Kronen (€4.750). Die Regierung ist gegen das Urteil in Berufung gegangen.

„Immer mehr Anträge auf finanzielle Hilfe kommen aus allen Teilen des Landes. In der Untersuchung betreffs des Antrags von XX [der Name des Mannes] auf wirtschaftliche Hilfe für Reisekosten kontaktierten wir mehrere andere Landkreise im ganzen Land. Über diese Kontakte erfuhren wir, dass ähnliche Anträge abgelehnt werden, weil es nicht als vertretbar betrachtet wird, dass der Staat für Reisen und Wiedervereinigung mit Verwandten aus anderen Ländern zahlt. Wir sehen die Notwendigkeit eines zeitgemäßen Urteils, bei dem berücksichtigt wird, wie die aktuellen Einwanderungsbedingungen aussehen und wie Zusammenführungen mit Familien/Kindern heute ablaufen.“

Am 10. Juli berichtete alternative media, dass Samiyah M. Warsame, eine Sachbearbeiterin in der Zuwanderungsbehörde, „schwedische“ Jihadisten mag. Ihre Arbeit besteht darin Asylanträgen zuzustimmen oder sie abzulehnen (Islamisten sollte aus offensichtlichen Gründen wohl kein Asyl gewährt werden). Alldieweil hat sie auf Facebook über schwedische Jihadisten aus Örebro geschrieben: „Oh, Mascha Allah, wie großartig.“

Der schwedische öffentliche Dienst und örtliche Behörden versuchen allem Anschein nach dieser Tage ihr Bestes so viele Menschen nicht schwedischer Herkunft wie möglich einzustellen. Sie sagen das jedes Mal, wenn sie neue Mitarbeiter suchen. Das tun sie, sagen sie, weil sie mehr Vielfalt haben und „die Gesellschaft spiegeln“ wollen.

Diese Menschen handeln nicht immer in Übereinstimmung mit der schwedischen bürokratischen Tradition, die darin besteht, dass man sehr formal ist und z.B. Freunden und Verwandten keine bessere Behandlung zukommen lässt. Dieser Bruch mit der Tradition wurde 2013 offensichtlich, als die Polizei zwei Männer der Zuwanderungsbehörde in Malmö festnahm, die unter Verdacht standen Aufenthaltsgenehmigungen verkauft zu haben. Die Männer wurden im Mai verurteilt und erhielten Strafen.

Talal Abdelrahman, ein Palästinenser, wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, während der andere Mann, ein 47-jähriger aus der Elfenbeinküste, infolge einiger Zweifel bezüglich der Daten freigesprochen wurde. Man glaubt, dass Abdelrahman mit seinen illegalen Aktivitäten mindestens eine halbe Million Kronen (€53.000) einnahm. Amer Ahmed Iskandar, der in Malmö ein Restaurant betrieb, das ein bekannter Treffpunkt für Immigranten war, die falsche Papiere suchten, wurde zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Urteile zeigen, dass Beschäftigte in der Zuwanderungsbehörde manchmal die Regeln für Leute beiseite schieben, die in ethnischen Parallelgesellschaften in Schweden leben. Der verurteilte Rädelsführer hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Am 14. Juli schrieb die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter, dass die schwedische Einreisebehörde während der ersten sechs Monate des Jahres 2015 dem Sicherheitsdienst 130 Asylsuchende meldete, weil diese als Bedrohung für die nationale Sicherheit betrachtet wurden. Diese Zahl liegt höher als die für das gesamte Jahr 2014.

Gefragt, ob es Terroristen und Kriegsverbrecher gibt, die bereits in Schweden Asyl erhalten haben, sagte Mikael Ribbenvik, Generaldirektor der Zuwanderungsbehörde: „Ja, das ist leider der Fall. Wir entwickeln unsere Methodik, aber natürlich ist nichts narrensicher. Es gibt Beispiele dafür, dass Kriegsverbrecher nach der Asylgewährung entdeckt wurden.“

Da mehr und mehr Jihadisten nach Schweden kommen, nimmt die Zahl der als solche entlarvten, die aber nicht abgeschoben werden können, zu – weil ihnen in ihren Heimatländern Tod oder Folter droht. Bisher ist 41 Asylsuchenden aus diesem Grund eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung gewährt worden; letztes Jahr waren es 20. Die meisten von ihnen sind nicht in Haft und können sich frei in der Gesellschaft bewegen; einige werden nie abgeschoben werden.

Das offensichtliche Risiko, dass sie Terroranschläge verüben können, bei denen Hunderte Schweden getötet werden, macht offenbar keinen Unterschied. „Wir schicken Menschen nicht in den Tod“, sagt Mikael Ribbenvik.

Am 14. Juli stellten drei Ärzte und ein ehemaliger Polizeichef von Götheborg in Läkartidningen, dem Magazin der schwedischen Ärztevereinigung, eine Studie vor. Diese wirft einen Blick auf die zunehmende Zahl der in schwedischen Krankenhäusern behandelten Schusswunden – etwas, das in Schweden recht selten auftrat, aber heute zur Routine der Notfallmedizin gehört:

„Diese Patienten zu versorgen stellt an jeden Beteiligten hohe Anforderungen bezüglich Erfahrung und Kompetenz. Typischerweise müssen unter immensem Zeitdruck schwierige Entscheidungen getroffen werden. Der Ablauf und die Notwendigkeit der Aufnahme von Traumapatienten hat enormen Einfluss darauf, wie die Notaufnahme organisiert ist. Die Begutachtung der Fälle, der Besonderheiten der Verletzungen, die Verwaltung und Kosten sind von entscheidender Bedeutung, um sich diesen neuen Herausforderungen zu stellen, wenn es darum geht Ressourcen zuzuweisen und Traumaversorgung zu entwickeln.“

Vom 1. Januar 2013 bis 30. Juni 2014 wurden in Götheborg 58 Menschen angeschossen. Siebenundfünfzig waren Männer; sie waren im Mittel 26 Jahre alt. Die meisten Verletzungen hatten sie an den Armen und Beinen. Zehn der Patienten starben. Die Gesamtversorungszeit für die 47 aufgenommenen überlebenden Patienten betrug 316 Tage, wodurch die Nettokosten der Gesundheitsversorgung auf 6,2 Millionen Kronen (€655.000) betrugen.

Seit die Studie abgeschlossen wurde, haben kriminelle Banden in Götheborg weiter auf einander geschossen (Karte). Es gab während der ersten fünf Monate dieses Jahres zwölf Schießereien. Fünf junge Männer starben und 16 Menschen wurden verletzt.

Am 14. Juli wurde ein 22-jähiger Somali wegen einer brutalen Vergewaltigung in Uppsala Anfang des Sommers verurteilt. Der Mann fand sein Opfer, eine Frau in den Zwanzigern, um fünf Uhr morgens auf der Straße. Wer rang sie zu Boden, setzte sich auf sie, hielt ihre Arme nieder und sagte: „Willst du leben oder sterben?“ Während der Vergewaltigung wiederholte die Frage mehrmals. Hinterher floh er, aber Dank der Beschreibung durch das Opfer wurde er ein paar Stunden später gefasst. Zur Zeit seiner Verhaftung hatte er ihr Handy dabei. Der 22-jährige war früher schon mehrfach wegen gesetzwidriger Äußerungen, Tätlichkeit, Körperverletzung und sexueller Belästigung verurteilt worden. Das hielt ihn aber nicht davon ab auf Facebook zu schreiben, er glaube, Menschen, die die Gesellschaft schädigen, sollten aus Schweden abgeschoben werden.

Am 15. Juli stand ein 30-jähriger Kurde aus dem Irak wegen versuchten Mordes an einer 40-jährigen Frau in Stockholm vor Gericht. Der Mann wollte eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung haben; um das zu erreichen, versuchte er die Frau dazu zu zwingen ihn zu heiraten. Als sie das ablehnte, stach er achtmal auf ihr Gesicht und ihre Brust ein. Der Angriff mit dem Messer fand auf einem Fußweg in einem Wohngebiet statt. Die Frau erlitt lebensbedrohende Verletzungen.

Am 16. Juli wurden zwei Kurden im Alter von 21 und 30 Jahren für schuldig befunden in eine Explosion am 2. März in Nyköping verwickelt zu sein. Zwei Menschen wurden getötet. Die Polizei glaubt, dass die Männer ein halbes Kilogramm Sprengstoff in eine Metallkiste packten, der dann plötzlich explodierte. Es ist nicht bekannt, wofür die Bombe genutzt werden sollte, aber das Bezirksgericht kam zu dem Schluss, dass die Vorrichtung „keinen anderen sinnvollen Gebrauch hatte als Menschen Schaden zuzufügen.“ Ein Sprengstoffexperte sagte als Zeuge im Verfahren, er habe nie zuvor eine solches Gerät gesehen und die sehr starke Bombe hätte Menschen noch bis in 600m Entfernung töten oder verletzen können.

Einer der beiden Verturteilten ist kein schwedischer Staatsbürger; und obwohl dies seine achte Verurteilung wegen eines Gewaltverbrechens in Schweden ist, wird er nicht in seine Heimat Iran abgeschoben werden. Er wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, sein Partner zu einem Jahr und zehn Monaten.

Am 17. Juli enthüllte der Schwedische Sicherheitsdienst (Säpo), dass bis heute zwischen 30 und 40 Frauen aus Schweden nach Syrien gereist sind, um sich dem Islamischen Staat (ISIS) anzuschließen. In einer E-Mail an den öffentlich-rechtlichen Radiosender Dagens Eko schreib Säpo, dies sei eine „ernste und beunruhigende Wende der Ereignisse“. Hinzugefügt wurde: „Es gibt keine bestätigten Berichte, dass diese Frauen aktiv an Kämpfen oder Ausbildung zu Kämpfen teilnehmen.“

Peder Hyllengren von der Nationalen Verteidigungsakademie sagte Dagens Eko, dass der ISIS bei Frauen in Schweden eine recht große Sympathisantengruppe hat. „Im Vergleich mit denen, die hingegangen sind, gibt es mindestens zehnmal so viele, die sympathisieren“, sagte Hyllengren. „Es geht um den Aufbau des Kalifats, Ehefrauen zu werden und eine neue Generation Jihadisten zu gebären. Sie werden Hausfrauen, aber viele sind aktiv an der Verbreitung von Propaganda beteiligt.“

Am 18. Juli schrieb die Lokalzeitung Östra Småland, dass eine Gruppe christlicher Asylsuchender in der Stadt Kalmar, nachdem sie von Muslimen schikaniert und bedroht wurde, gezwungen gewesen war aus der Unterkunft der Zuwanderungsbehörde auszuziehen, in der sie wohnten. Die Muslime forderten, dass sie aufhören Kreuze und andere christliche Symbole zu tragen und erlaubten ihnen nicht gemeinsame Einrichtungen wie die Küche zu benutzen, wenn sich Muslime darin aufhielten.

Mikael Lönngren, der örtliche Manager der Zuwanderungsbehörde, sagte der Zeitung, dass es die Christen selbst waren, die sich entschieden auszuziehen. Die Zuwanderungsbehörde teilt Menschen nicht auf Grund von Religion oder Ethnie in Gruppen ein, was bedeutet, dass es vorkommen kann, dass Menschen aus verschiedenen Seiten eines Konflikts zusammen leben müssen. Als Grund wird knapper Wohnraum angeführt: „Wir gehen davon aus, dass diejenigen, die fliehen, um in unserem Land einen sicheren Hafen zu finden, die Gesetze des Landes einhalten werden, sobald sie hier ankommen“, sagte Lönngren.

Asylsuchende in der schwedischen Stadt Kalmar, wo christliche Flüchtlinge gezwungen waren aus einer öffentlichen Wohngebäude auszuziehen, nachdem sie von Muslimen schikaniert und bedroht wurden.

Am 23. Juli nahmen der Sicherheitsdienst und die Nationale Task Force in Götheborg zwei Männer fest, die des Terrorismus und Mordes in Syrien verdächtigt wurden; ein dritter Mann wird in Abwesenheit angeklagt. Es ist das erste Mal, dass ein solch schweres Verbrechen in Übereinstimmung mit dem Terrorismusgesetz vor Gericht verhandelt wird. Die drei Verdächtigen sind schwedische Staatsbürger – Yassir Sadek (26, von Interpol gesucht), der im Irak geborene Hassan Al-Mandlawi (32) und der in Äthiopien geborene Al Amin Sultan (30). Eine Woche später entließ das Appellationsgericht Al-Mandlawi, der auch als „Mark Abu Osama al-Suwaidi“ bekannt ist; sei Verfahren steht noch aus.

Nach Angaben des Gerichts gibt es nur ein geringes Risiko, dass Al-Madlawi die Ermittlungen behindert, denn er sitzt im Rollstuhl und hat Probleme zu sprechen. Der Bezirksstaatsanwalt war von der Entlassung „überrascht“ und sagte der Tageszeitung Dagens Nyheter, obwohl dem Mann sein Reisepass abgenommen wurde, könnte er offensichtlich immer noch das Land verlassen: „Er erkennt natürlich, dass er letztlich eine sehr lange Gefängnisstrafe riskiert und alles ihm Mögliche tun sollte, um das zu vermeiden, zum Beispiel sich in ein Auto zu setzen und durch Europa zu reisen. Das ist eine recht sichere Sache, bedenkt man die offenen Grenzen. Außerdem gibt es immer die Option einen falschen Reisepass zu bekommen, dann bist du endgültig weg“, sagte Bezirksstaatsanwalt Ronnie Jacobsson.

Vor kurzem kam ans Tageslicht, dass der Vater des behinderten ISIS-Terroristen al-Mandlawi, ebenfalls eine kriminelle Vergangenheit hat. Sobald er 2003 seinen schwedischen Reisepass erhielt, vergewaltigte er eine 24-jährige Frau – als Rache dafür, dass sie zweien seiner Töchter der „Ehrenkultur“ zu entkommen half, die er ihnen aufgezwungen hatte. Er zwang die Frau unter vorgehaltener Waffe in sein Auto einzusteigen. Er brachte sie in seine Wohnung, wo er sie vergewaltigte und prahlte damit, dass er zehn Menschen getötet habe. Er erklärte auch, da er schwedischer Staatsbürger war, habe er jetzt die Freiheit sie zu vergewaltigen, denn er könne nicht abgeschoben werden. Der Mann wurde wegen Vergewaltigung und rechtswidriger Bedrohung zu bescheidenen dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Es wird zudem berichtet, dass Al-Mandlawis Vater seine Frau mit Feuerzeugbenzin übergoss und ein Streichholz anzündete. Einer seiner Töchter wurde ein „geschützte Identität“ gewährt, um ihrem Vater zu entkommen.

Am 23. Juli berichtete die Tageszeitung Sydsenskan, dass Malmö die Stadt mit der größten Häufigkeit an Bombenanschlägen in ganz Skandinavien ist. Göran Månsson, Leiter des Bombenentschärfungskommandos in Malmö, sprach über diesen wenig schmeichelhaften Rekord der drittgrößten Stadt Schwedens. Achtzehn Explosionen hat es 2015 bisher gegeben. „Das war früher nicht so. Es ist beängstigend und sehr ernst und stellt außerdem eine große Gefahr für die allgemeine Öffentlichkeit dar. Ist eine Granate erst einmal geworfen, ist sie nicht mehr kontrollierbar.“

Ebenfalls am 23. Juli berichtete die Tageszeitung Göteborgs-Posten: „Schweden ist als Asylland nicht länger attraktiv.“ Die Zuwanderungsbehörden, die normalerweise ihre Vorhersagen aufblähen, sagen inzwischen einen leichten Rückgang bei der Zahl der Asylsuchenden für 2015 voraus – von 80.000 auf 74.000. Ein Grund sollen Schwedens im Vergleich zu Deutschland mit seinem Schnellverfahren lange Wartezeiten sein, außerdem die schwachen Integrationsverfahren in Schweden. „Es ist schwer Wohnung und Arbeit zu finden und das beeinflusst die Zielwahl der Menschen“, sagte Anders Danielsson, Generaldirektor der Zuwanderungsbehörde.

Ein weiterer Grund ist, dass es schwieriger geworden ist durch Europa nach Norden zu reisen. Frankreich z.B. hat Kontrollen an der italienischen Grenze eingerichtet. Die Schweiz überlegt dasselbe zu tun und Ungarn baut einen Zaun entlang seiner Grenze mit Serbien.

Wenn es um die Gruppe geht, die als „unbegleitete Flüchtlingskinder“ bezeichnet wird, erhöht die Zuwanderungsbehörde ihre Vorhersage von 8.000 auf 12.000 Ankömmlinge. Diese Schätzung lässt Schweden stetig das Ziel Nummer eins in der EU bleiben, was die Aufnahme sogenannter unbegleiteter Flüchtlingskinder angeht.

Am 29. Juli marschierte eine kleine Pride-Parade durch einige mehrheitlich muslimische Vororte von Stockholm. Es gab enorme Berichterstattung in den Medien, selbst im Ausland. Die britische Zeitung The Independent zum Beispiel schrieb einen Artikel mit der Schlagzeile „Sweden right-wingers plan LGBT march through Stockholm’s Muslim-majority neighbourhoods“ (Schwedische Rechte planen LGBT-Marsch durch Stockholms mehrheitlich muslimische Viertel).

Die schwedischen Mainstream-Medien waren schnell dabei die Initiative zu verurteilen, ebenso die Nationale Koalition für Lebsen-, Schwulen-, Bisexuellen- und Transgender-Rechte (RFSL). Es wurde von „Pinkwashing“ geredet, um Wohlwollen für sexuelle Präferenzrechte zu fördern und dass die Parade ein Versuch sei Muslime zu „provozieren“. Anscheinend war es für die Mitglieder der RFSL inakzeptabel der Ansicht des Islam entgegenzutreten, dass Homosexuelle Parias sind, die die Todesstrafe verdienen. Sie sind offenbar zufrieden damit, Pride-Paraden nur in Stockholms Zentrum zu veranstalten, wo es keine Probleme mehr mit Homosexuellenrechten gibt.

Die Järva Pride-Parade lief ohne Zwischenfall ab, auch wenn einige Muslime in der Gegend „Allahu Akbar“ [Allah ist größer] und „Wir sind Muslime, was wollt ihr hier, Schwuchteln?“ brüllten. Die sogenannten „Antirassisten“ aber, die in das Viertel gegangen waren, um gegen die angeblich „provozierende“ Parade zu protestieren, wurden von Maskierten angegriffen und geschlagen.

Am 30. Juli deckte die Tageszeitung Dagens Nyheter auf, dass fast 25% der im Ausland geborenen Bewerber bei den schwedischen Streitkräften nicht in der Lage sind den Einstellungstest zu bestehen. Das extrem abgespeckte schwedische Militär sucht dringend Soldaten mit Kenntnissen in fremden Sprachen und Kulturen, aber qualifizierte Bewerber sind schwer zu bekommen.

Nach Angaben einer von der Verteidigungshochschule in Karlstad durchgeführten Umfrage, wo 2013 die Anträge für militärische Grundausbildung ausgewertet wurden, scheiterten 7,3% der schwedisch geborenen Männer und 8,1% der schwedisch geborenen Frauen bei dem Test; im Vergleich dazu scheiterten 24,2% der im Ausland geborenen Männer und 24,7% der im Ausland geborenen Frauen.

Die Fragen des Tests deckten Fähigkeiten in Technik, räumlicher Koordination, Sprachgebrauch und Logik ab; sie sind seit den 1990-er Jahren gleich geblieben, als in Schweden noch die Wehrpflicht galt und sie an eine 18 Jahre alte männliche Bevölkerung angepasst waren. Das Militär will jetzt untersuchen, ob die Probleme der im Ausland geborenen Bewerber auf Diskriminierung (!) zurückzuführen sind.

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Boris T. Kaiser, 30.08.15

 

Es scheint ein gutes Gefühl zu sein, sich zu schämen. Vor allem für Dinge, für die man selbst eigentlich gar nichts kann. Zumindest ist die Scham für das, was Andere in Heidenau, Freital und anderswo anstellen, in Deutschland gerade die Trend-Emotion überhaupt. Die Logik dahinter verschließt sich mir. Zumal jene, die sich da für Andere so sehr schämen, in der Regel die gleichen Leute sind, die uns bisher immer erklärt haben, man könne nicht stolz darauf sein Deutscher zu sein, weil man dazu ja nicht durch eigene Leistung beigetragen habe.

Ja was denn nun? Entweder kann ich auf etwas, für das ich nichts kann, nicht stolz sein, dann kann ich mich aber auch nicht dafür schämen, oder ich kann mich dafür schämen, dann könnte ich aber, so mir danach ist, auch auf so ziemlich alles stolz sein. Vielleicht wäre ein explizit schwarz/rot/goldener Patriotismus und ein damit verbundenes republikanisches Selbstbewusstsein ein deutlich besseres Rüstzeug gegen dumpfen Nazihass und feucht-braune Träumereien von der Auferstehung eines reinrassigen Deutschen Reichs als der Hass auf diesen Staat und seine Werte, wie er von Rechtsradikalen und Linken gleichermaßen gelebt wird.

Schon in den 1930er Jahren wurde der Aufstieg der Faschisten nicht in erster Linie durch ein Übermaß an Patriotismus möglich, sondern durch mangelndes Vertrauen eines Großteils der Bürger in die Weimarer Republik und die Demokratie. Auch heute würde man für ein klares Bekenntnis zur Bundesrepublik Deutschland und dem Grundgesetz wohl wenig Zuspruch bekommen. Die heute so begehrten Facebook-Likes und Twitter-Sternchen ergattert man anders. Egal, ob man Privatperson, Journalist, Politiker oder eine Person des öffentlichen Lebens ist: Man muss das Herz auf der Zunge tragen und dies heißt im digitalen Zeitalter: Ohne Sinn und Verstand auf die Computer-Tastatur eindreschen und so emotional wie möglich daherschwafeln.

Wann immer ich mich dieser Tage in meine Social-Network-Accounts einlogge, werde ich geradezu überrollt von der Welle der feelgood und moralischen Bekenntniskommentare. Kaum jemand, der sich nicht – und sei es auch in noch so banaler Form – für Flüchtlinge und gegen Rassismus positionieren will. Ich frage mich dann, wo all die Antirassismus-Kämpfer waren, als vor nicht allzu langer Zeit in den Medien über antisemitische Demonstrationen hier lebender Moslems in deutschen Großstädten berichtet wurde. Empfand man „Juden-ins-Gas“-Sprechchöre etwa als weniger schlimm als Beschimpfungen gegenüber Asylanten und der Bundeskanzlerin?

Oder bezieht man als weltoffener, moderner, westdeutscher Großstädter einfach lieber Stellung gegen doofe Ossis vom Dorf als gegen den eigenen Nachbarn und seine Großfamilie? War es allein die Angst vor dem Antisemiten von nebenan, die all die Facebook-Gutmenschen damals vor einem klaren Bekenntnis gegen das offenkundig Böse abgehalten hat oder ist muslimischer Antisemitismus einfach kein so populäres Thema wie Rassismus gegen Flüchtlinge? Oder anders gefragt: Müssen die Juden erst wieder verstärkt fliehen, bevor sie auf die Solidarität von Til Schweiger und Co zählen können?

Bei Protesten gegen Asylbewerberheime fällt es nicht nur dem gemeinen Social-Networker, sondern auch den stets auf Quote und ihr Bild in der Öffentlichkeit bemühten Künstlern und Medienschaffenden deutlich leichter, sich zu äußern.

Farin Urlaub von den Ärzten schämt sich natürlich auch, wie es sich in seinen Kreisen gehört und eigentlich schon immer üblich war, Deutscher zu sein und betont, dass er „jegliche Geduld mit diesen Arschgeigen verloren” habe. Außerdem sagt er: „Solange es Leute gibt, die nichts können, nichts wissen und nichts geleistet haben, wird es auch Rassismus geben.“

Der Satz könnte vom Wortlaut her übrigens auch als Kritik an der Prekariats-Asylflut verstanden werden, aber dies nur nebenbei. Natürlich betont auch er brav, dass es keinerlei eigener Leistung benötigt, um Deutscher zu sein. Der gesamte Kommentar klingt wie ein auswendig gelernter Text von der Klotür irgendeines autonomen Jugendzentrums, wie aus der Kitschkiste des 80er-Jahre Punks. Dennoch wurde er sozial-medial abgefeiert, als wäre Johann Wolfgang von Goethe persönlich aus dem Grabe auferstanden, um sich, im Sinne des Humanismus, so feingeistig wie deutlich zu den aktuellen Zuständen in Deutschland zu äußern.

In diesem Deutschland ist nichts einfacher, als ein guter Mensch zu sein. Es bedarf dazu fast so wenig eigener Leistung wie zum Deutschsein selbst. Joko und Klaas drehen ein Video gegen, wie sie es nennen, „Ich-bin-zwar-kein-Nazi-aber-Idioten“, sie tun es mit der gleichen Selbstverständlichkeit, als würden sie gerade einen neuen Werbespot für Fanta oder McDonalds drehen.

Der so häufig verwendet wie kritisierte Satzeinstieg „Ich bin kein Nazi, aber…“, sagt übrigens in vielen Fällen weit mehr über seine Kritiker aus als über jene, die ihn sagen.

Denn offenbar haben viele Leute in Deutschland den Eindruck, sie müssten sich für ihre Meinung oder dafür, dass sie gewisse Wahrheiten und Selbstverständlichkeiten aussprechen,vorsorglich entschuldigen. Dies liegt nicht zuletzt an jenen, die diesen Satzeinstieg dann gerne aufgreifen, um zu „beweisen“ dass jeder, der sich kritisch zu Islam, Ausländerkriminalität oder einfach zu den finanziellen und gesellschaftlichen Belastungen durch die Flüchtlingsflut äußert, eben doch ein Nazi sein muss.

Auf eine konstruktiv-kritische Beschäftigung mit diesen Themen von Seiten der Social-Network-Gutmenschen wird man wohl noch lange warten dürfen. Genau wie auf konkrete Vorschläge, wer ihre „Refugees Welcome“-Philosophie auf Dauer bezahlen soll. Am Recht auf Asyl für echte Kriegsflüchtlinge ist genauso wenig zu rütteln wie an der Tatsache, dass all dies irgendwie und von irgendwem gesellschaftsverträglich gestemmt und bezahlt werden muss.

Politischer Pragmatismus würde zwar bei der Lösung der Probleme weit mehr helfen als gefühlsduseliges, aber wenig überlegtes „Kein-Mensch-ist-illegal“-Geschwafel, macht aber natürlich nicht so ein wohlig warmes Gefühl im Bauch wie die Gewissheit der eigenen moralischen Überlegenheit. Politik und Journalismus sollten sich davon dennoch nicht länger beeinflussen lassen und die Meinungshoheit bei einem so wichtigen Thema nicht länger den Radikalen und den Schwätzern überlassen.

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Die Achse des Guten: Pack & Mob

 

  30.08.2015

Was war das für eine Woche! Selten ist es moralisch so hoch hergegangen wie in diesen letzten Sommertagen, so verlogen, so scheinheilig, so anmaßend selbstgerecht, so theatralisch. Dass Joachim Gauck mit seinem Geschwurbel über „ein helles Deutschland“, dem ein „Dunkeldeutschland“ gegenüber stehe, unversehens in die schwülstige Rhetorik derer geriet, die früher schon die guten gegen die schlechten Deutschen ausspielten, bis das ganze Land in Scherben lag, dieser metaphorische Fehltritt mag ja noch hingehen. Schließlich entstammt der befristet amtierende Bundespräsident der Zunft der Pastoren. Und die wiederum neigen seit jeher zu blumiger Rede. Nicht zuletzt darin beweist sich ihre Professionalität. Wer jedes ihrer Worte auf die Goldwaage legen wollte, geriete schnell in Teufels Küche. Ihre Gleichnisse, die bösen zumal, sollen die Gemeinde aufrütteln, in Gottes Namen. Einstehen muss dafür niemand, nicht einmal der Pastor selbst, wenigstens nicht hienieden.

Ganz anders verhält es sich dagegen bei den regierenden Politikern, da sie vorgeben, im Namen ihrer Arbeitgeber, der Bürger, zu sprechen und zu handeln. Dazu verpflichtet sie das Grundgesetz, das haben sie geschworen. Gleichwohl können sie natürlich für sich, daheim im stillen Kämmerlein, über „die Menschen draußen im Lande“ urteilen wie sie wollen. Die Gedanken sind frei – die öffentliche Rede unserer angestellten Politiker ist es nicht. Das gilt für die Bundeskanzlerin ebenso wie für ihren Stellvertreter. Weder ihm noch ihr steht es zu, den Bürgern moralisch die Leviten zu lesen.

Wo es nötig ist, können, sollen und müssen sie politisch handelnd gegen jene vorgehen, die die Sicherheit und die Rechte anderer bedrohen. Deshalb sind dem Staat die Polizei und die Sicherheitsdienste unterstellt, deshalb gibt es eine Staatsanwaltschaft. Wenn dagegen der Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland verbale Verleumdungen protestierender Bürger – aus welcher Ecke auch immer sie kommen mögen – in die Mikrophone bellt, vergreift er sich nicht nur im Ton: Er missbraucht das Ansehen seiner Position, um seinerseits, sozusagen regierungsamtlich, Hass zu schüren.

In totalitär beherrschten Ländern ist das gang und gäbe. In einer Demokratie wie der deutschen indes disqualifiziert sich jeder Politiker, der sich so vergisst wie Sigmar Gabriel, als er dieser Tage von deutschen Bürgern als „Pack und Mob“ sprach. Solche Pauschalurteile erfassen immer mehr Menschen, als unter Umständen gemeint gewesen sein mögen. Mit ihnen wird Stimmung gemacht, mehr nicht. Wer sich darin gefällt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, das Flüchtlingsproblem zur eigenen Profilierung zu missbrauchen.

Tatsächlich haben wir in der abgelaufenen Woche einen Asylantenheim-Tourismus erlebt, bei dem die der Gefahr und der Not Entflohenen vorgeführten wurden wie die „Schwarzen“ und die Indianer in den „Völkerschauen“ des ausgehenden 19. Jahrhunderts, bei Hagenbeck in Hamburg oder im Zirkus Sarrasani zum Beispiel.  Als Statisten mussten sie den Politikern Gelegenheit geben, sich als Sachwalter menschlicher Würde in Szene zu setzen.

Wortwörtlich sagte Angela Merkel bei ihrem Auftritt in Heidenau: „Es gibt keine Toleranz für die, die die Würde anderer Menschen in Frage stellen.“ Richtig, so ist es! Oder sollten wir besser sagen, so müsste es sein? Schließlich liegt es erst wenige Wochen zurück, dass der Vizekanzler den Mullahs im Iran seine katzbuckelnde Aufwartung machte, um Geschäfte mit einem Land anzubahnen, in dem die Menschenrechte keinen Pfifferling wert sind, in dem verfolgt, gefoltert, eingesperrt und hingerichtet wird, wer versucht, seine Würde als Andersdenkender zu bewahren. Hat Sigmar Gabriel damals auch von Mob und Pack gesprochen?

Und wie verhält es sich mit dem unerbittlichen Eintreten der Bundeskanzlerin für „die Würde anderer Menschen“, wenn sie die Genossen aus China mit allem Pomp empfängt, sofern sie sie nicht gleich mit ihrem ganzen Kabinett in Peking besucht, obwohl dort, in China, Jahr für Jahr Tausende hingerichtet werden? Gibt es die menschliche Würde in verschiedner Ausfertigung, je nachdem wie es die politischen Geschäfte verlangen? Haben die heute ach so betroffenen Politiker der Groko vergessen, dass sie das anschwellende Flüchtlingselend mit heraufbeschworen, indem sie die Mär vom reichen Deutschland in die Welt trugen, um sich selbst Bedeutung zu geben?

Es mag ja sein, dass das alles unvermeidlich ist, dass man es mit der Würde des Menschen in der globalisierten Welt so genau nicht nehmen darf. Aber dann soll man uns auch kein X für ein U vormachen. Denn auch die Schamlosigkeit, mit der die Regierung das Flüchtlingselend nutzt, um sich medial aufzuplustern, verletzt die Würde. Die inszenierte Betroffenheit gleicht einem Offenbarungseid. Wer nicht mehr weiter weiß, schwingt sich zur moralischen Instanz auf und diffamiert dann gern jene, die ihm das nicht abnehmen wollen. Dass der eine oder andere dabei selbst an das glauben mag, was er uns vormacht, dass er sich selbst für dumm verkauft, macht die Sache nicht besser. Im Gegenteil, es beweist nur, dass die Zeit reif ist, die Regierung von ihren Aufgaben zu entbinden.

Das haben die letzten Tage wie selten zuvor gezeigt. Sie haben aber auch gezeigt, dass die Bürgergesellschaft Manns genug ist, sich den Probleme ohne parteipolitisch moralisierende Bevormundung zu stellen. Überall im Land entstehen Sammelstellen, um die mit haltlosen Versprechen ins Land gelockten Menschen wenigstens mit dem Nötigsten zu versorgen. Das wird am Ende nicht reichen, zumal der Winter bald vor der Tür steht. Es ist aber allemal mehr wert als die Scheinheiligkeit, mit der sich die Verantwortlichen in Büsche zu schlagen suchen, mehr auch als das Brusttrommeln des kleinen Versagers im großen Wirtschaftsministerium.

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Deutschland führt ja bekanntlich gerade eine hitzige Debatte über Flüchtlinge. Unklar ist nur, wo genau die überhaupt stattfindet. Natürlich, es wird viel doziert, gesagt und gesprochen. Hier das Team „Alle raus!“, dort die „Alle rein!“-Fraktion. Dazwischen Til Schweiger, ein Busfahrer und ein paar Inhaber bekannter Positionen, die zwischen Taschengeld und europäischer Solidarität oszillieren. Das alles wäre zweifellos brillanter Stoff für ein Woody-Allen-Drehbuch, vielleicht noch ein Fall für Sigmund Freud. Aber das Label „Debatte“ mutet dann doch etwas euphemistisch an.

Derweil tauchen die immer gleichen Bilder am Horizont auf. Flüchtlinge, die sich in mazedonische Züge drängen. Weinende Kinder auf Kos. Dann wieder Flüchtlinge an der ungarischen Grenze. Dazwischen dunkle Deutsche in Heidenau und helle Deutsche, die Kuchen vorbeibringen. Wer daneben gerne wissen möchte, wie es nun angesichts von 800.000 Neuankömmlingen weitergeht, wo sie wohnen und arbeiten sollen, wird rasch auf den „Kampf gegen rechts“ und das Leid der Flüchtlinge verwiesen. Das eine ist zwar nicht falsch, das andere zweifellos tragisch, nur eben nicht die Antwort auf die Frage.

In einer besseren Welt gäbe es Wege, dieser Möchtegern-Debatte zu entgehen. In Deutschland existieren dafür jede Menge Neurosen. Dabei würde es schon reichen, nochmal zwei Monate zurück in glücklichere Zeiten zu spulen, als die einzige Person, über die man sich aufregen konnte, Martin Schulz hieß.

Indes gibt es nun ein „wir“, dem magische Kräfte nachgesagt werden. „Wir schaffen das!“ ist die Formel für Anfänger. Fortgeschrittene dagegen fragen lieber nach: „Wenn nicht wir, wer dann?“  Schade nur, dass nie geklärt wird, wer dieses „wir“ eigentlich ist.

Einigkeit herrscht hingegen insoweit, als Deutschland ein Einwanderungsland ist. Das ist so sicher wie Norbert Blüms Rente und die Alternativlosigkeit der Energiewende. Allein: Diese These klingt nicht wirklich überzeugend. Denn Einwanderungsländer erkennt man in erster Linie daran, dass sie Zuwanderer nicht kollektiv wie Mündel, sondern wie erwachsene Menschen behandeln und ihnen zugesteht, in Freiheit und mit Eigenverantwortung ein neues Leben zu beginnen.

Deutschland dagegen ist ein Land für Menschen, die ohne Murren einen beträchtlichen Anteil ihres Einkommens und ihrer Würde abgeben, um sich danach vorschreiben zu lassen, wie man den Müll trennt. Ein Land, in dem man zwar gerne die soziale Kälte beklagt, aber gleichzeitig ein Markt für eine App existiert, die es jedem ermöglicht, Falschparker mühelos beim Ordnungsamt zu verpetzen. Ein Ort, an dem der Staat in Begleitung der parlierenden Klasse alles daran setzt, „Gerechtigkeitslücken“ zuzubetonieren und sich ansonsten der Dampfwalze bedient, um vorhandene Ungleichheiten plattzumachen. Denn unter der Gleichheit, die einst neben Freiheit und Brüderlichkeit rangierte, versteht man hier nicht Gleichheit vor dem Gesetz, sondern harmonische Ergebnisgleichheit in allen Lebenslagen.

Deutschland ist ein Land, das keine Unterschiede erträgt. Es debattiert lieber über eine höhere Erbschaftssteuer, um so endlich etwas gegen die Ungerechtigkeit zu unternehmen, die sich durch die Co-Existenz reicher und armer Familie breitmache. Derweil begnügt sich NRW mit einer „Hausaufgabenbremse“, um wenigstens auf diese Weise den Abstand zwischen Kindern aus sozial schwachen und jenen aus bildungsnahen Elternhäusern zu verringern. Und wenn eine grüne Politikern die Forderung erhebt, auch weniger schlanke Damen bei Misswahlen ins Rennen zu schicken, weil diese sonst durch 90-60-90-Vorgaben ausgegrenzt werden, dann gilt das nicht etwa als Beleg von geistiger Umnachtung, sondern als legitime Antidiskriminierungsmaßnahme.

Wie soll man also sichere von unsicheren Herkunftsländern abgrenzen, wenn man schon mit dem real existierenden Unterschied zwischen arm und reich völlig überfordert ist? Und wann wird in Bezug auf das Asylrecht wenigstens sprachlich zwischen Kriegsflüchtlingen, die gerade noch dem Islamischen Staat entkommen sind, und Wirtschaftszuwanderern vom Balkan, die schlicht ein besseres Leben führen möchten, differenziert? Wenn es an allen Universitäten nur noch „Studierende“ gibt, oder erst sobald jede Chefetage zu 50% weiblich besetzt ist?
Stattdessen muss es die überraschende Erkenntnis tun, dass Flüchtlinge Menschen (und nicht etwa Pferde, Katzen oder Wühlmäuse) sind. Dass es tüchtige und faule, anpassungsbereite und integrationsunwillige, gut und schlecht ausgebildete Menschen gibt, hat sich dagegen noch nicht herumgesprochen. Der syrische Arzt, der gut gefüllte Portemonnaies zur Polizei trägt, ist demnach genauso ein Mensch wie der ein oder andere Islamist in Suhl, der einen zerfledderten Koran mit der Faust rächt und dafür mit Schützenhilfe von Bodo Ramelow belohnt wird. Auch das ist nur konsequent in einem Land, das immer dann zuverlässig gegen Islamophobie vorgeht, sobald irgendwo ein Jüngling unter Berufung auf Allah ein Blutbad nimmt.

Vor allem aber: Wie soll man Flüchtlinge in einen Arbeitsmarkt integrieren, auf dem ungefähr genauso viele Verordnungen, Richtlinien und Gesetze gelten wie es Arbeitnehmer gibt? Deutschland agiert zwar vorbildlich, wenn es darum geht, hochqualifizierte Frauen per Quote in die Führungsetage zu manövrieren. Der Unterschied zwischen „gleichen Rechten“ und „Grundrecht auf Chefsessel“ interessiert uns nicht.

Aber wie sieht es mit bildungsfernen Zuwanderern und deren Jobchancen aus, solange ein Mindestlohn existiert? In jedem Land der Welt gibt es einen Berufsstand, in dem traditionell viele Zuwanderer – zumindest die erste Generation – vertreten sind: den des Taxifahrers. In Deutschland dagegen gibt es nicht nur Andrea Nahles, deren schützende Hand solche Einwanderer vor diesem Schicksal bewahrt. Daneben existieren auch noch Gerichtsurteile, die die Mindestlohn-freie Alternative namens Uber gleich mit verbieten.

Natürlich wäre Taxifahren für wenig Geld nicht schön. Aber ein kleines Einkommen ist besser als gar keines. Zudem ist es würdevoller wie auch integrationsfördernder als Arbeitslosengeld. Als vor mehr als hundert Jahren Tausende von Iren und Italienern die erbärmlichsten Bauten New Yorks bezogen, besaßen sie nicht viel mehr als der Flüchtling aus Eritrea von heute. Es gab auch keine Integrationsexperten und kein Taschengeld, dafür nur Freiheit, miese Jobs und die wage Aussicht auf ein besseres Leben. Das reichte, um sich durchzuwurschteln und motivierte vor allem die Kinder der Einwanderer, es mal besser zu machen. Angenehm war das sicher nicht, aber es war möglich. Einwanderung und Flucht aus Armut sind nur selten erbaulich und fast immer eine Herausforderung, die sich nicht gleich morgen auszahlt.

Das Einwanderungsland Deutschland hingegen wird voraussichtlich das tun, was es am besten kann: verwalten und bevormunden. Flüchtlinge fungieren primär als schutzbedürftige Mündel, weil das die Rolle ist, die sich am leichtesten handhaben lässt. Wenn sie keinen Job finden, sollen sie halt vom Staat leben. Und wenn sie besonders viel Pech haben, werden sie von Angela Merkel gestreichelt.

Individualismus dagegen nervt. Keiner mag ihn, wir können auch nicht mit ihm umgehen – weder mental, noch praktisch. Und wer schon die autochthone Bevölkerung für intellektuell unauffällige Wesen hält, die erst dann das Zündeln sein lassen, wenn Udo Lindenberg es ihnen im Rahmen eines „Aufstands der Anständigen Deluxe“ vorsingt, wird mit neuen Gästen nicht anders verfahren.

Wo 1600 Zöllner zwecks Kontrolle des Mindestlohns eingestellt werden, dürften mittelfristig auch anderweitig Arbeitsplätze entstehen. Gebraucht werden Kindergärtner, Lehrer, Polizisten, Beamte im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Richter für Asylverfahren sowie JVA-Beamte, Staatsanwälte und Richter ob inhaftierter Schleuser. Zu den Psychologen gesellen sich dann Streetworker und Integrationsexperten. Nicht wenige davon haben ein Interesse daran, ihren Kundenstamm nachhaltig zu erweitern, zumindest aber zu erhalten. Und natürlich bedarf es zusätzlicher Mitarbeiter in den Arbeitsagenturen. Die werden sich darüber wundern, dass die meisten Arbeitgeber außerhalb des Fachkräftemangel-Universums lieber einen Bewerber mit perfekten statt ausbaufähigen Deutschkenntnissen einstellen werden, wenn sie schon 8,50€ die Stunde zahlen müssen. Spätestens dann dürften all die neu eingestellten Sozialarbeiter zum Einsatz kommen, die den völlig desillusionierten und zu recht deprimierten Einwanderern in ihren Sozialwohnungen höflich mitteilen, dass der Handel mit Rauschgift hierzulande strafbar ist.

Zumindest kurzfristig dürfte all das noch günstiger als die Rettung Griechenlands sein. Mittelfristig wird Wolfgang Schäuble die schwarze Null wohl neu interpretieren müssen. Insoweit ist es nicht einmal völlig falsch, wenn Sigmar Gabriel, Andrea Nahles und Thomas de Maizière nun „Wir schaffen das!“ rufen. Die Frage ist nur, ob die Flüchtlinge das in naher Zukunft genau so sehen werden.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/vater_staat_und_die_800.000_muendel

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Vorsicht, dies ist kein Artikel über „die Flüchtlinge“. Bei den massiven Bevölkerungsbewegungen, die sich jetzt auf Deutschland, Europa und andere Wohlstandsregionen der Welt richten, ist „Flucht“ nicht der angemessene Oberbegriff. Hier sind nicht nur Hilflose und Getriebene unterwegs, die aus einer Notlage gerettet werden müssen. Die Vorgeschichte dieser Welle ist keine allgemeine Verelendung, kein Weltkrieg, keine globale Naturkatastrophe. Gewiss gibt es Notlagen, Katastrophen und Kriege, doch generell ist die Versorgung mit Nahrung, Gesundheit, Information in den ärmeren Regionen in den vergangenen Jahrzehnten besser statt schlechter geworden. Deshalb sind es oft nicht extreme Notlagen, sondern neue Wünsche und Ansprüche, die die Menschen in Bewegung setzen, die Staaten auseinanderbrechen lassen und die dann im Gefolge tatsächlich auch zu Krieg, Gewalt, Hunger, Krankheit führen. Auch die Todesfälle auf den Migrationsrouten gehören zu diesen Folgen.

Das macht diese Opfer nicht weniger erschreckend und unsere Anteilnahme nicht geringer. Aber es gibt hier noch eine andere moralische und politische Pflicht: Wir müssen fragen, ob diese globale soziale Mobilisierung sinnvoll ist, ob sie zum Besseren führt. Oder ob sie ein Irrweg ist, der immer größeres Unglück heraufbeschwört. Weil hier nicht einfach ein höherer Zwang regiert, sondern von Menschen eine Wahl getroffen wird, muss nach der Vernünftigkeit dieser Wahl gefragt werden. Diese Frage muss als soziale Frage gestellt werden, als Frage der gesellschaftlichen Entwicklung, nicht als Frage individueller Biographien. Wir müssen nach einer verallgemeinerungsfähigen Antwort suchen. Dabei wiederum geht es nicht nur um eine verbale Antwort, sondern um den Einsatz unserer Handlungsmöglichkeiten: Sollen wir die neuen Bevölkerungsbewegungen unterstützen und fördern oder sollen wir sie bremsen und einhegen?

Der Oberbegriff dieser Artikelserie ist deshalb die Migration und „Flüchtling“ ist nur eine Teilmenge. Deshalb ist auch „Rettung“ hier nur ein Teil der moralischen und politischen Gesamtantwort.

Die generelle Rede von „den Flüchtlingen“ hat etwas Drängendes. Sie duldet keinen Verzug und keine prüfende Distanz. Damit steht diese Rede im Grunde auf Kriegsfuß mit den Grundlagen des Asylrechts und erweckt den Eindruck, dass das Asylverfahren (die Prüfung der Anliegen vor der Öffnung des Landes)  kleinlich und unmoralisch ist. In dieser Rede ist die Unterscheidung zwischen den Arbeitsmigranten, den (kurzfristigen) Flüchtlingen und den (langfristigen) Asylsuchenden eingeebnet. Im Grunde macht sie die Möglichkeit, Menschen überhaupt die Zuwanderung zu verweigern, zum Tabu. Jeder, der für diese Möglichkeit eintritt, gilt sot als moralisch und politisch verdächtig. Unverdächtig ist hingegen jedes pauschale „Ja“ zur Migration. Doch ist dies pauschale „Ja“ moralisch viel fragwürdiger. Denn die kritische Prüfung der Migrationsgründe nimmt die schwerwiegenden Folgen des Migrierens ernst – die Lösung der Menschen aus ihren sozialen Bindungen; der Verlust von Talenten und Fähigkeiten für das Herkunftsland; die Zusatzlasten für das Empfängerland und die Übernutzung seiner Gemeingüter. Die kritische Haltung hält diese Folgen für so gravierend, dass sie das Migrieren nicht per se als positiven Akt ansieht. In ihrer Moral zählt nicht nur das dramatisch-auffällige Hier und Jetzt, sondern die Gesamtlage der Völkergemeinschaft und die langfristigen Folgen einer großen Wanderungsbewegung.

Wo hingegen alles unter dem Gebot des unmittelbaren Rettens steht, gibt es auch politisch im Grunde nichts zu entscheiden. Jede allgemein-verbindliche Regelung, jedes Gesetz erscheint unmenschlich. Jede Einschränkung im Namen der Gesamtbürgerschaft eines Landes erscheint als Übergriff. So kommt es zu einem unpolitischen permanenten Ausnahmezustand, zu einer Diktatur des Rettens. Dieser unpolitische Zustand hat sich in Deutschland stärker ausgebreitet als in jedem anderen europäischen Land. Nicht, dass das Diktatorische in besonders drastischen Eingriffen bestehen würde – nein, es ist ein Verweigern von politischem Handeln und seine Ersetzung durch die Steuerung der öffentlichen Meinung. Das „Retten“ soll die Bevölkerung mobilisieren und sie zugleich auf ferne globale Lösungen vertrösten. Gemessen an ihrem vollmundigen „Wir schaffen das“ hält sich die Bundesregierung beim wirklichen Eingreifen auffällig zurück.

Diese Form der ideologischen Steuerung unter der Flagge des Rettens ist hierzulande inzwischen wohlbekannt. Da gibt es die „Eurorettung“, mit dem der Marsch in die europäische Transferunion gelenkt wurde. Dazu gehört die „Griechenland-Rettung“, bei der ein Staat, der völlig über seine Verhältnisse lebt, endlos alimentiert wird. Und es gibt natürlich die „Klimarettung“, in deren Namen man das deutsche gemischte Energiesystem zerstört hat (und gleiches im Verkehrs- und Bauwesen vorbereitet). Überall wird gerettet. Dieser Begriff ist zum universellen Politikersatz geworden. Das „Retten“ ist das Meisterwort des Merkelismus.

Mit der „Flüchtlingsrettung“ bekommt diese Entwicklung nun eine neue Dimension. Das liegt zum einen an der Größe der Bevölkerungswelle, die auf Europa zurollt. Es liegt zum anderen daran, dass diese Rettung viel stärker das Innenleben Deutschlands berührt. Sie greift in das gesellschaftliche Leben ein, sie verändert die Art des zivilen Zusammenhalts. Das stellen in diesen Wochen viele Menschen beim Blick in ihre Stadt oder in ihre Ortschaft fest. Sie befinden sich „in neuer Gesellschaft“. Die eingespielten zivilen Mechanismen, auf deren Gültigkeit man fraglos vertrauen konnte, gelten nicht mehr. Und hier steht nicht irgendein altes, engstirniges Reichsdeutschland auf der Kippe, sondern die durchaus moderne Bundesrepublik mit ihren Institutionen und ihren zivilen Formen des Zusammenhalts. Die neue Migrationsbewegung bringt die mühsam erreichten Gleichgewichte der Integration aus dem Lot. Sie setzt an die Stelle der bisherigen, regulierten Offenheit eine anarchische und völlig intransparente Offenheit.

Es gibt also gute Gründe, dieser Bewegung skeptisch gegenüberzustehen und sie erstmal zu bremsen, bevor sie die Republik umkrempelt. Diese Skepsis ist längst da, und zwar in der gesellschaftlichen Mitte Deutschlands (und anderer europäischer Länder). Oft kommt sie in sehr vorsichtigen Formulierungen zum Ausdruck. Statt der nassforschen Sprachregelung der Bundesregierung, Deutschland sei „herausgefordert, aber nicht überfordert“, sagen die Leute, dass man im Grunde „ratlos“ ist. Oder „bedrückt“, wie Klaus-Dieter Frankenberger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 29.August schrieb: „Doch machen wir uns nichts vor: Die Vorstellung, der halbe Nahe Osten und Teile Afrikas siedeln Um nach Westeuropa, lässt schon ein Gefühl der Bedrückung zurück. In jeder Hinsicht“. In so einer Situation könnte man eigentlich von den politisch Verantwortlichen erwarten, dass sie eine rationale und offene Diskussion anregen – über den Charakter dieser neuartigen Migrationswelle und über die Handlungsmöglichkeiten des Staates. Und dass der Pluralismus der politischen Parteien und aller Meinungsäußerungen gerade jetzt geschätzt und geschützt wird.  .

Doch stattdessen geschieht in Deutschland nun etwas ganz Anderes, etwas geradezu Irrsinniges. Im Angesicht eines neuen Migrationsschubes, der in diesen Tagen über die Balkanroute auf Deutschland zuläuft, wird eine Debatte über „Ausländerhass“ und „rechtsradikale Gefahren“ inszeniert. Und das Stigma „rechts“ wird bewusst so weit gedehnt, dass es jene Mitte der Bürger trifft, die nicht begeistert in den Chor der Flüchtlingsretter einstimmt, sondern mit Sorge auf die überhitzte Migrationswelle blickt. Dass sich diese Mitte eigenständig und öffentlich äußert, soll offenbar verhindert werden. Darauf zielt der Satz der Bundeskanzlerin: „Und es ist genauso beschämend, wie Bürger, sogar Familien mit Kindern, durch ihr Mitlaufen diesen Spuk unterstützen.“  Im gleichen Sinn hat der Vizekanzler die Losung ausgegeben, es käme nun darauf an, überall auf der Arbeit, im Verein und in der Familie aufmerksam jedes Zeichen von Migrationsskepsis zu beobachten. Und dann kam der Bundespräsident und sprach den Satz: „Es gibt ein helles Deutschland, das sich hier leuchtend darstellt, gegenüber dem Dunkeldeutschland, das wir empfinden, wenn wir von Attacken auf Asylbewerberunterkünfte oder gar fremdenfeindliche Aktionen gegen Menschen hören.“ Die Mitte kommt hier nicht mehr vor. Der Satz von den zwei Deutschlands, dem guten und dem bösen, verurteilt nicht einfach die Gewaltakte, sondern er zieht einen Strich mitten durch das Land. Und das im Angesicht einer täglichen Zuwanderung, bei der nichts, aber auch gar nichts nachhaltig geregelt ist. Mit diesem Spaltersatz, noch dazu mit der primitiv-demagogischen Scheidung des „Hellen“ und des „Dunklen“, wird Herr Gauck vielleicht einmal in die Geschichtsbücher eingehen. Hier spricht einer, dem die demokratische Kultur der Bundesrepublik zutiefst fremd ist. Und der sich offenbar zu einer Art Neugründung unseres Gemeinwesens berufen fühlt.

Das neue „helle Deutschland“ wäre ein Gesinnungsstaat. In ihm wären nur diejenigen Vollbürger, die sich vorbehaltlos zum Retten bekennen und überhaupt „positiv“ auftreten. Am Wochenende fanden sich schon zahlreiche Prominente, die dies Bekenntnis auf den Titelseiten einer Boulevard-Zeitung ablegten. Die öffentlich-rechtlichen Sender senden nur noch „positive Beispiele“, auch die „Tatort“-Krimis sind sicher schon auf Linie gebracht. Der nächste Schritt wäre es dann, jegliche öffentliche Kundgebung von Migrationsskepsis zu untersagen – mit der Begründung, dass es in ihrem Umfeld eine „erhöhte Wahrscheinlichkeit“ von Gewalttaten gibt. Glücklicherweise hat das Bundesverfassungsgericht dem Versuch, eine Demonstrationszensur in Heidenau zu errichten, widersprochen. Noch leben wir nicht in einem Gesinnungsstaat. Doch ein weiterer Satz der Bundeskanzlerin lässt aufhorchen. „Wer so handelt wie die Gewalttäter von Heidenau, der stellt sich weit außerhalb unserer Werteordnung“, sagte sie (zit. aus der FAZ vom 25.8.2015). Es hätte völlig genügt, wenn Merkel sich auf die Rechtsordnung der Bundesrepublik berufen hätte. Indem sie aber unsere Rechtsordnung durch „unsere Werteordnung“ ersetzt, wechselt sie das Register. Nun kann sie auch die Migrations-Skeptiker und Rettungspolitik-Kritiker ausbürgern und nach Dunkeldeutschland verbannen.

Diese Affäre hat auch eine europäische Dimension. Da gibt es die Grenzsicherungen, die jetzt die ungarische Regierung vornimmt. Oder die Ablehnung einer europaweiten Quotenverteilung der Migranten, wie sie von vielen osteuropäischen Regierungen geäußert wurde. Oder das englisch-französische Sperrabkommen am Ärmelkanal-Tunnel. Sind das nicht alles „rechtsextreme“ Maßnahmen? Spricht daraus nicht ein „Dunkeleuropa“? Und wäre, andersherum betrachtet, nicht das „helle Europa“ ein sehr deutsches Europa? Der infame Spaltungsstrich des Herrn Gauck ist ein Spaltungsstrich durch Europa.

Genug mit diesen Betrachtungen des Irrsinns. Am wichtigsten ist, jetzt einen klaren Kopf über das eigentliche Problem behalten: Es geht überhaupt nicht um die Ausländerfrage, sondern um die Migrationsfrage. Nicht die Zugehörigkeit von Menschen zu einem anderen Volk, zu einer anderen Religion oder zu einem anderen Kulturkreis ist das Problem – sondern die Wanderungsbewegung, in die sich Menschen begeben haben und die als Zuwanderung dann auch Deutschland betrifft. Das Problem ist nicht die Bindung von Menschen, sondern die Auflösung von Bindungen. Es geht um die Entwurzelung, die mit der Wanderung verbunden ist.

Der Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit hat mit den tatsächlichen Einwänden der Menschen nichts zu tun. Man kann mit Kollegen, Nachbarn, Mitschülern und Vereinskameraden fremder Herkunft eng vertraut und befreundet sein, man kann jahrelang Integrationsarbeit in einem Stadtteil gemacht haben – und man kann trotzdem jetzt gegen diese überhitzte, globale Massenmigration sein. Man kann es sogar gerade deshalb sein. Weil man weiß, wie echte Integration sich anfühlt und wo ihre Grenzen sind. Deshalb ist es wichtig, sich jetzt nicht in der dummen Diskussion um „Fremdenfeindlichkeit“ zu verhaken, sondern einfach weiter daran zu arbeiten, das neue Phänomen der globalen Massenmigration besser zu verstehen und die Fähigkeit der Staaten, diese Bewegung einzuhegen, zu verbessern. Die Wirklichkeit, dieser brave, unermüdliche, brave Maulwurf, arbeitet auf unserer Seite.

Die „Abendschau“ des RBB (der Berlin-Brandenburgische Landessender) befasste sich am 31.8. mit der Abschiebung von Migranten, deren Asylantrag als unberechtigt abgelehnt wurde. Für Berlin nannte er folgende Zahlen:

• 2012: 4200 Abgelehnte, davon 360 durchgeführte Abschiebungen
• 2013: 4600 Abgelehnte, davon 500 durchgeführte Abschiebungen
• 2014: 9600 Abgelehnte, davon 600 durchgeführte Abschiebungen

Diese Zahlen sind kein Sonderfall in Deutschland, Berlin steht damit an fünft“bester“ Stelle im Vergleich der Bundesländer. Peter Carstens rechnet vor, dass man angesichts des rasanten Anstiegs der Asylanträge (und der Zunahme von Ablehnungen) für 2015 in Deutschland mit „mehreren Hunderttausend“ Personen rechnen muss, die sich der Abschiebung entziehen und frei im Land zirkulieren (in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 23.8.).

Das sind verheerende Zahlen. Sie zeigen nicht nur, dass sich unter denjenigen, die in Deutschland als „Flüchtlinge“ unterwegs sind, eine wachsende Gruppe befindet, die kein Bleiberecht hat. Sie zeigen auch, dass es der Regierung nicht gelingt, diese Gruppe tatsächlich aus dem Land bringen. Mehr noch, es gibt seit einigen Jahren deutliche Zeichen einer Resignation des Staates.

Noch vor wenigen Tagen hat Frau Merkel das Wort „Wer nicht in Not ist, kann nicht bei uns bleiben“ gesprochen. Sie hat allerdings in der ihr eigenen Art mit dem „kann nicht bei uns bleiben“ den praktisch-politischen Teil der Angelegenheit umschifft: Es muss zu Abschiebungen in großem Maßstab kommen. Eine so schmerzvolle Aufgabe kann man nicht den einzelnen Ausländerbehörden anhängen, sondern man muss sie als Bundeskanzlerin auf sich nehmen. Jetzt, unverzüglich.

Man sollte sich zur Begründung der Abschiebungen sollte man sich nicht mit dem formalen Argument begnügen, dass „Recht vollzogen werden muss“. Vielmehr muss man daran erinnern, dass es beim Asyl um den Zusammenhalt der Gesellschaft eines Landes geht. „Asyl“ ist kein Werbewort wie „Gastfreundschaft“ oder „Willkommenskultur“, mit dem ein Land seine Offenheit bekundet. Es ist ein Element des Staatsrechts, und zwar ein Element, das einen Sonderweg zur Aufnahme in ein Staatswesen definiert. Das Asylrecht gewährt Fremden einen dauerhaften Anteil an den Gemeingütern eines Landes. Es ist klar, dass das nur in begrenztem Maß und unter restriktiven, überprüfbaren Voraussetzungen geschehen kann. Es ist ebenso klar, dass ein Missbrauch des Asylrechts ein Vergehen ist, das die Bürger zu Recht empört: „Warum gilt für uns die Ausweis- und Meldepflicht, während andere, die ihre Identität und Herkunft nicht angeben, ungestraft im Land geduldet werden?“ Im Asylrecht muss – gerade weil hier ein Sondertor geöffnet wird – besonders strikt auf die Erfüllung der Bedingungen geachtet werden. Eine Duldung wirkt zerstörerisch auf das Grundvertrauen der Bürger in die Verbindlichkeit der Gesetze. Deshalb ist die tatsächliche Abschiebung ein zentraler Prüfstein der gesamten Migrationspolitik.

Indem wir die Abschiebung in den Vordergrund stellen, verlassen wir den Bereich, wo die Migration nur „Thema“ ist und nur einen Gegenstand der „politischen Kommunikation“ bildet. Stattdessen sind hier die Exekutivmittel gefragt, die einer Regierung (der Exekutive) zur Verfügung stehen, um ein Gesetz oder eine Norm allgemeinverbindlich durchzusetzen. Hier zählen nicht nur Worte. Auch das Verteilen von Geld ist nicht der Maßstab, an dem das Politische an der Migrationspolitik zu messen wäre. Es geht um die Zwangsmittel des Staates.

Wie sieht der Einsatz dieser Zwangsmittel bei der Abschiebung gegenwärtig aus? In der „Abendschau“ wurde berichtet, dass 80% des Zeitaufwands bei den Abschiebungen darin besteht, den abgelehnten Asylbewerber „aufzufinden“. Das ist merkwürdig. Als Normalmensch hätte man erwartet, dass ein Asylbewerber unter enger Aufsicht steht – besonders, sobald er seine definitive Ablehnung erhalten hat. Aber ein Artikel aus der FAZ (28.8.) belehrt uns eines Besseren: Ausreisepflichtige Personen würden „mindestens temporär untertauchen“, wird dort ein Innenminister zitiert. Und sein Pressesprecher sagt,  dass es den Betroffenen schon genügen würde, „am Tag ihrer angekündigten Abschiebung nicht auffindbar zu sein.“ Wenn der gebuchte Abschiebeflug dann verpasst sei, könnten sie sich schon am nächsten Tag „wieder in ihrer Unterkunft blicken lassen“. Unglaubliche Zustände. Unglaublich ist vor allem die goldige Naivität der Staatsmacht: Man bestellt ein Flugzeug, lädt die Abzuschiebenden vor und schaut, was passiert. Man fordert die abgelehnte Person sozusagen auf, sich selbst abzuschieben – damit es nur ja nicht nach Zwang aussieht!

In dem bereits zitierten FAS-Artikel weist Peter Carstens darauf hin, dass die Ausländerbehörden sich einer Front von Gegenspielern gegenübersehen: „Gerichte verfolgen Rechtsbrüche durch Bewerber im Asylverfahren fast nie, Ärzte wurden von ihren Standesorganisationen dazu aufgefordert, bei Abschiebungen nicht mitzumachen, Kirchen bieten rechtsfreie Rückzugräume.“ Es gibt also ein ganzes Bündnis von Kräften in Deutschland, die es sich zum Ziel gemacht haben, die Anwendung des Asylrechts zu hintertreiben, durch Untätigkeit oder sogar durch strafbare Handlungen.

Hinzu kommt die Komplexität des Asylrechts, der Aufwand der Übersetzungen und vor allem das widerspenstige, oft sogar feindselige Verhalten vieler Asylbewerber, mit dem die Väter des Asylrechts nie gerechnet hatten. Noch einmal Peter Carstens: „Inzwischen sagen mehr als drei Viertel aller Antragsteller, sie hätten keine Pässe, Urkunden, nichts. Manchmal tauchen die dann doch wieder auf, etwa, wenn sie in Deutschland heiraten. Viele aber widerstehen allen Bemühungen, ihre Personalien und ihr Herkunftsland zu klären. Das ist strafbar. Aber in der Praxis werden fast alle Verfahren eingestellt, sodass immer weniger Ausländerbehörden überhaupt Strafanzeigen stellen.“ (FAS 23.8.)

Beim Lesen solcher Berichte fällt ein eigenartiges, befremdendes Merkmal auf: In der Migration der Gegenwart ist ein beträchtliches Maß an Taktik, an Anspruchsdenken, an innerem Vorbehalt und sogar eine gewisse Feindseligkeit gegenüber dem aufnehmenden Staat spürbar. Das romantische Bild von Not, Hilfe und Dankbarkeit trügt. Auch auf eine neue „Liebe zu Deutschland“ sollte man nicht allzu sehr bauen. Gibt es wirklich eine belastbare Loyalität zum neuen Land, zu seinen Gesetzen und zu seinen sozialen Verhaltensnormen? Das Misstrauen und der Widerstand, mit denen man den Restriktionen des Asylverfahrens gegenübersteht, spricht eine andere Sprache.

Und auch die „Willkommenskultur“ auf deutscher Seite erscheint in einem weniger hellen Licht. Hier mischt sich in das Helfen oft ebenfalls ein feindseliger Zug – gegen den eigenen Staat und gegen alle Restriktionen, die das Asylrecht beinhaltet. Schnell ist man mit Vorwürfen gegen Behörden und Polizei zur Hand. Man hat eine ganze Einspruchsindustrie im Asylverfahren aufgebaut. Und auch das Untertauchen von abgelehnten Asylbewerbern wäre ohne die Zuarbeit von deutschen Helfern nicht möglich. Von einigen Milieus der Helferszene sind Migranten ein willkommenes Mittel, um damit einen anderen Staat zu erreichen. Oder gar keinen, sondern eine anarchische Weltmobilität.

Das Bild eines in Hilfe und Dankbarkeit vereinten und sich erweiternden Deutschland ist also eine (Selbst-)Täuschung. Es täuscht darüber hinweg, dass hier Kräfte mitmischen, deren Ziele mit diesem Land nichts im Sinn haben.

Die Gefechtslage zur Lösung des Abschiebeproblems ist also schwierig. Es wäre ganz falsch, hier den Ausländerbehörden oder den Kommunen den schwarzen Peter zuzuschieben. überfordert. Ordnung kann hier nur von der politischen Führung des Landes geschaffen werden. Der Bund ist gefragt, die Bundesregierung, die Kanzlerin. Nur von dort kann den vielfältigen Hindernissen und dem Sperrfeuer begegnet werden. Konkret: Mehr noch: Nur in zentralen Einrichtungen in Grenznähe können hinreichend Fachleute, Sicherheitskräfte, Ärzte, Juristen, Dolmetscher usw. usw. zusammengebracht werden, um die Erstaufnahme (oder Zurückweisung) von Migranten zu bewerkstelligen. Nur in solchen zentralen Sammelstellen kann kontrolliert werden, dass nicht Migranten ohne geklärte Identität und Status durch das Land zirkulieren. Die Kommunen sind mit den Aufgaben personell überfordert und es wäre ein völlig irrationaler Plan, nun an zig Stellen in Deutschland allseitig gerüstete Aufnahmestellen aufzubauen.

Es war eine verheerende Fehlentscheidung, die auf Deutschland gerichtete Migrationswelle sogleich über die Bundesländer an die Kommunen weiterzuleiten (und von dort an ehrenamtliche Helfer). Erst diese Entscheidung hat zu den anarchischen Zuständen geführt, die mit dem anwachsenden Migrationsdruck immer weiter um sich greifen. Es ist diese Entscheidung hat dazu geführt, dass Migranten, die ganz offenkundig nicht als Asylberechtigte anerkannt werden können, quer durchs ganze Land verteilt wurden und weiterhin verteilt werden– genau dorthin, wo die Abschiebung durch vielfältige Gegenkräfte am leichtesten zu blockieren ist und wo ein Versteckspiel mit den Behörden leicht fällt.

Von einer Korrektur dieser Entscheidung ist nichts zu hören. Das Merkel-Wort der Woche lautet „Deutschland schafft es“. Es legt sich wie eine große Zudecke über das Chaos im Lande.

Doch sieht es nicht so aus, als würden nun alle unter diese Decke kriechen. Vor einigen Tagen ist der „Deutsche Landkreistag“ (Zusammenschluss der Landkreise in der Bundesrepublik) mit einer bemerkenswerten Stellungnahme an die Öffentlichkeit getreten: „In Grenznähe müssten von den Ländern ausreichend dimensionierte Aufnahmeeinrichtungen geschaffen werden, in denen Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, der Ausländerbehörden und der Verwaltungsgerichte anzusiedeln wären“ erklärte der Hauptgeschäftsführer Hans-Günter Henneke am 21.8.. Er spricht sich gegen die Verteilung von Asylbewerbern auf die Kommunen aus und für die Aussetzung des Schengen-Abkommens, um wieder eine Konzentrationen der Kontrollen an den Außengrenzen der Bundesrepublik zu ermöglichen (vgl. FAZ vom 22.8.).

Teil 1 dieser Serie lesen Sie hier.

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Von Hermann Detering, 03.09.2015

Schweren Herzens folge ich einer Mode, die mich bisher immer abgestoßen hat: Ich will mich entschuldigen, ein wenig fremdschämen für meine Landsleute. Beschämt hat mich ein BILDungserlebnis gestern am Kiosk: „Die Drückeberger Europas“ las ich, und weiter: „Sie nehmen weniger auf als sie könnten. Während Deutschland dieses Jahr mit 800 000 bis eine Million Flüchtlingen weltgrößtes Einwanderungsland wird (vor USA), wehren sich viele EU-Staaten gegen die Aufnahme neuer Flüchtlinge.“ Dazu gab es hübsche, große Porträts von Cameron, Hollande, Renzi und anderen. Die waren aber anders gemeint.  Das Anprangern ist ja in Deutschland neuerdings wieder sehr in Mode gekommen.

Ich kann und mag nicht entscheiden, ob die besagten Länder mehr Asylanten aufnehmen könnten oder nicht. Ich weiß auch nicht, ob unser Land unbeschadet 800 000 aufnehmen kann. In jedem Fall handelt es sich um souveräne Entscheidungen der jeweiligen Regierungen, die zu respektieren sind. Auf dem Gebiet der Moral sollte Freiwilligkeit oberstes Gebot sein.  Wer Gutes tun will, soll es, ohne viel darüber zu reden, in Gottes Namen tun, aber nicht andere nerven, die in seinen Augen weniger Gutes tun.
In diesem Zusammenhang nun, beim Lesen dieser Schlagzeilen, beschlich mich ein beklemmender Verdacht: Ist Deutschland wieder einmal in seiner Lieblingsrolle, der des europäischen Schulmeisters? Ruft es eine Art neuer olympischer Disziplin aus, eine Asyl-Olympiade, bei der derjenige ganz oben auf dem Treppchen steht, der am meisten aufgenommen hat?  Hat sich da der alte Wilhelminismus wieder zurückgeschlichen, um von Schlimmerem ganz zu schweigen („Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“). Könnte es sein, dass die Guten so gut gar nicht sind und dass es bei der Reaktion unserer Politiker auf die 800 000 weniger um die vielbeschworenen „Menschen“ geht als – um sie selbst, um ihr eigenes Renommee?

Auszuschließen ist das nicht. Schon bei der sogenannten Energiewende, dem Ausstieg aus der Atomkraft war ja viel vom Vorbild Deutschlands die Rede. Deutschland zeigt, wie’s geht. Und nun auch hier: „Ausländische Presse zur Flüchtlingskrise: Vorbild Deutschland“ (SPON,  1.9.). Zwar gilt die Kanzlerin allgemein als schnörkellos und unprätentiös. Wie aber, wenn auch dies nur eine Täuschung wäre und sie die eigenen Eitelkeiten in Wahrheit wichtiger nähme als ihre politische Verantwortung? Dass sie ihr Herz vor allem deswegen für die Flüchtlinge entdeckt hätte, weil ihr die „Merkel-Merkel“-Rufe schmeicheln und weil doch alle in ihr starkes reiches Deutschland wollen?

Ich muss ins Anekdotenhafte abgleiten. In einer mir gut bekannten deutschen Familie gab es auch so einen. Ich meine, einen, der immer den dicken Maxen spielte, alle Welt zu sich ins Haus einlud – und dann seine Frau machen ließ. Die durfte beim Eintreffen der Gäste dafür sorgen, dass Essen und Trinken rechtzeitig auf dem Tisch standen, dass jeder sein gemachtes Bett vorfand und zum Schluss durfte sie sogar noch ein Unterhaltungsprogramm auflegen, weil der Herr des Hauses außer seinem Hobby, Leute einzuladen, noch ein anderes hatte. Weltoffen, wie er war, plante er eine Weltreise mit seinem Segelschiff. Wenn es der Hausfrau zuviel und den Kindern zu zugig wurde, nannte er das egoistisch, außerdem fehle es ihnen an dem Begriff echter Gastfreundschaft (lebte er noch, würde er sicher sagen: Willkommenskultur).

Auch unsere Politiker gehen gern mal auf die große Weltreise, sitzen in Brüssel und Straßburg, in Paris, London, Washington und anderswo an Konferenztischen, geben sich dort Küsschen auf die Wange, klopfen sich gegenseitig auf die Schulter und finden sich großartig. Und auch sie ziehen gern die Spendierhosen an, sprechen viel von Willkommenskultur und lassen viel davon sprechen. Von Humanität zu reden macht immer etwas her, das schafft Renommee. Wer wollte das kritisieren? Welcher empathielose Kleingeist fragte da nach den Kosten? Wir stemmen das schon. Außerdem ist’s ja auch nicht das eigene Geld.

Liebes Helldeutschland, wärest du so hell und so gut, wie du zu sein vorgibst, müsstet du etwas verständnisvoller, etwas gnädiger mit den Deinen sein und mit den anderen auch. Es ist nicht alles kleingeistiges Dreckspack, was deinen politischen Höhenflügen nicht mehr folgen kann, was sich Sorgen macht oder friedlich auf der Straße demonstriert.  Und „Drückeberger“ sind die auch nicht, die der von dir ausgerufenen neuen politisch-olympischen Disziplin eine Absage erteilen. Vielleicht sind es nur Politiker, die sich, anders als du, ein Fünklein Vernunft bewahrt haben?!

Ach Deutschland, du helles Licht der Welt, vor dem die Völker geblendet niederfallen – warum immer gleich zu den Sternen greifen? Warum immer nur Rekorde? Warum immer gleich das Siegertreppchen? Genügt nicht manchmal eine einfache Teilnahmeurkunde?

Dr. Hermann Detering ist evangelischer Theologe und war von 1982 bis 2009 Pfarrer in Berlin. Lebt heute in der Altmark. Website hier. Veröffentlichungen unter anderem: “Die Lust der Welt und die Kunst der Entsagung“, Gütersloher Verlagshaus 2013. „O du lieber Augustin – Falsche Bekenntnisse“, Alibri, Herbst 2014

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Nach nur 25 Jahren können die Gegner der deutschen Vereinigung aufatmen: das Land ist wieder gespalten, in Hell- und Dunkeldeutschland. Da man, wie ein deutscher Dichter richtig gesagt hat, „die im Dunklen“ nicht sieht, können wir unseren Blick unbesorgt auf die Helldeutschen richten.

Helldeutschland gab es natürlich schon lange, nur ist es Dank unseres Bundespräsidenten endlich ins rechte, oh, Verzeihung, richtige, Licht gerückt worden. Um einen weiteren Dichter, etwas abgewandelt zu Wort kommen zu lassen: an Helldeutschland hängt, nach Helldeutschland drängt doch alles, ach, wir Armen. Arm dran sind wir Normalbürger wirklich, denn es ist schwierig, dem „Wertekonsens“, den sich Helldeutschland statt einer Rechtsordnung gegeben hat, zu genügen. Schon kleine Abweichungen und Verstöße können drastische Konsequenzen haben.

Während man sich im DDR- Original ein Berufsverbot durch längere hartnäckige Opposition redlich verdienen musste, genügt in Helldeutschland ein falscher Satz auf Twitter und man ist seinen Moderatoren-Job beim Radio los. Ein als falsch angesehener Ratschlag

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/willkommen_in_helldeutschland

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Fassungslos verfolgen wir die Nachrichten. Immer mehr Migranten, immer mehr ­Tote. An den Aussengrenzen der EU stauen sich die Flüchtenden.

Anfang Jahr begann die Weltwoche, intensiv und besorgt über die anschwellenden Migrantenströme aus dem Süden zu berichten. Die Zahlenprognosen von damals müssen laufend nach oben korrigiert werden. Noch im Frühling rechnete Deutschland mit einer Verdoppelung der Asylzahlen auf rund 500 000 Personen bis Ende Dezember. Inzwischen wurden die entsprechenden Werte auf 850 000 hoch­geschraubt, fast viermal mehr als letztes Jahr.

Spitze des Eisbergs

Unter dem Druck der Völkerwanderung und der sie begleitenden, schriller werdenden ­politischen Korrektheit wird die europäische Rechtsordnung ausgehöhlt. Die gesetzlich verankerte Unterscheidung zwischen echten Flüchtlingen nach Genfer Konvention und ­illegalen Wirtschaftsmigranten verfliesst. Wer auf die Gesetze hinweist, gilt als unanständig. Stillschweigend dehnen die Behörden den Asyl­begriff auf alle Ankommenden aus. Übers Recht erhebt sich tyrannisch die Moral.

Die europäischen Grenzen sind offen, und das Angebot vergrössert laufend die Nachfrage. Allein in Libyen warten derzeit 600 000 bis eine Million Menschen auf die Überfahrt. Sie folgen den politischen Signalen aus dem Norden.

Es ist nur die Spitze des Eisbergs. In Afrika lebt rund eine Milliarde Menschen. Das Wohlstandsgefälle zwischen Nord und Süd wird trotz jahrzehntelanger Entwicklungshilfe immer grösser. Die Migrationskosten sind nicht hoch genug, um Abwanderungswillige abzuschrecken. Weil ausserdem die europäischen Grenzen durchlässig geworden sind, hat sich eine Art Schneeballsystem ergeben, ein sich selbst verstärkender Zustrom an Menschen, der vor allem deshalb immer grösser wird, weil ihn die Zielstaaten nicht verhindern.

Erschreckend ist ein Blick in die Statistik. Die aktuellen Uno-Zahlen beleuchten das Jahr 2014; der aktuelle Andrang ist noch nicht einmal erfasst. Die Zuwachsraten sind enorm. Es geht längst nicht nur um Syrer. Die zweitgrösste Gruppe in Europa sind die aus ihrer friedlichen Heimat abwandernden Serben, mit einem Zuwachs von 65 Prozent im letzten Jahr. Der halbe Balkan setzt sich gegenwärtig in Richtung Ungarn in Bewegung. Alles Verfolgte? ­Afrikanische Staaten wie Nigeria, Ghana, Mali, Sudan oder Senegal produzieren Flüchtlinge mit jährlichen Zuwachsraten im dreistelligen Prozentbereich. Eritrea verzeichnet einen Exodus an Asylanten, obschon im Land kein Krieg mehr herrscht.

Differenzierter Blick auf die Syrer

Wir müssen aufhören, die Situation romantisch zu verklären. Natürlich sind unter den Migranten auch politische Verfolgte nach Genfer Konvention dabei. Aber selbst bei den Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien muss die Situation differenziert beurteilt werden. Sehr viele Syrer sind längst der politischen Verfolgung entronnen, wenn sie, vom sicheren Drittstaat Türkei herkommend, in Griechenland europäischen Boden betreten. Im ersten Halbjahr 2015 haben nur gerade 4 Prozent aller Syrer in Griechenland einen Asylantrag gestellt. Über 90 Prozent reisten nach Deutschland oder Schweden weiter. Die humanitären Motive werden von wirtschaftlichen Migrationsmotiven überlagert, ja verdrängt.

Es bringt nichts, die Überbringer solcher Fakten als moralfreie Untermenschen oder Finster­linge anzuschwärzen. Die Migranten kommen trotzdem. Während die Politiker vernebeln und beschwichtigen, sehen die Leute längst, dass etwas nicht mehr stimmt. Mehr noch als die schiere Zahl der Wandernden beunruhigt sie das Gefühl, dass den Behörden die Kontrolle zu entgleiten droht, wenn nicht längst entglitten ist.

Das ist im Übrigen auch der grosse Unterschied zum Jugoslawienkrieg Mitte der neunziger Jahre, als ebenfalls erhebliche, wenn auch bedeutend geringere Flüchtlingsbewegungen als heute zu bewältigen waren. Damals wussten die Europäer, dass die aus Jugoslawien Vertriebenen oder Geflohenen nach Beendigung des Konflikts realistischerweise wieder nach Hause gehen würden. Auch dies erwies sich zum Teil als Illusion, aber zumindest herrschte noch der Eindruck, als habe man die Situation im Griff. Diese Hoffnung ist verschwunden.

Untergang des Sozialstaats

Auch die selbstgerechtesten Moralprediger ­ahnen es doch inzwischen: Wir können nicht ganz Afrika aufnehmen. Unser Asylrecht wurde nicht für einen millionenfachen Exodus gebaut. Die Politiker reden am Volk vorbei, wenn sie beteuern, dass alles bestens und es daher herzlos sei, über Höchstgrenzen für Flüchtlingszahlen nur schon nachzudenken.

Besonders giftig gibt sich gegenwärtig die Linke. Die Sozialisten zerreisst es fast. Einerseits sind sie für die möglichst ungehemmte Migration. ­Anderseits wissen sie, dass mit dieser Politik der von ihnen zu verteidigende Sozialstaat untergehen wird. Freie Zuwanderung und Erhalt der sozialen Errungenschaften sind unvereinbar. Anstatt den Zielkonflikt zu lösen, verdrängen sie ihn und verlieren die Fassung, wenn man sie daran erinnert.

Es wäre schon viel gewonnen durch die Einsicht: Die europäische Asylmisere ist haus­gemacht. Nicht nur das objektive Elend auf der Welt, sondern vor allem die Weigerung der ­europäischen Regierungen, ihre Landesgrenzen gegen die illegale Migration zu schlies­sen, setzt die Völkermassen in Bewegung. Nicht die Ärmsten und Verfolgten kommen, sondern Leute, die langfristig viel Geld gespart und weitblickend investiert haben, um in Europa ein besseres Leben zu finden. Das ist menschlich und verständlich, aber es hat nichts mit dem Recht auf Asyl und mit unseren Migrationsgesetzen zu tun. Missbrauch bleibt Missbrauch, auch wenn er aus besten Motiven erfolgt.

Die politischen Signale aus Europa sind nicht ermutigend. Denk- und Sprechverbote verhindern eine offene Debatte. Den Ton setzen Politiker, Journalisten und Intellektuelle, die sich an ihrer eigenen, medial inszenierten Gutmenschlichkeit berauschen. Das Widerliche besteht hier darin, dass die selbsterklärten Moralisten die Flüchtlingsdramen dazu benutzen, um sich dröhnend über ihre politischen Gegner zu erheben. Die Schweiz hat den Vorteil, dass dank der direkten Demokratie offener und wirklichkeitsnäher diskutiert werden kann als etwa in Deutschland, wo ein falsches Wort Ausgrenzung oder Gefängnis bedeutet. Allerdings sind auch bei uns die linken Inquisitoren auf dem Vormarsch.

Brüssel streicht die Segel

Die Situation wird sich absehbar verschlimmern. Die europäische Politik wird noch mehr Nachfrage nach Asyl erzeugen. Chefkommissar Jean-Claude Juncker wird nicht müde, mehr Offenheit und Solidarität zu fordern. Die ­Euro-Elite bleibt gefangen im Selbstbild der «Wertegemeinschaft», die die Wirklichkeit nicht an sich heranlässt. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat eben erklärt, dass das Dubliner Flüchtlingsabkommen gescheitert sei. Es gehe nun darum, die «Flüchtlinge» nicht mehr lokal zu prüfen und gegebenenfalls zurückzuweisen, sondern sie nach fixen Quoten auf die Mitgliedstaaten zu verteilen.

Das ist die Kapitulation. Bisher mussten die Flüchtlinge, theoretisch, an den EU-Aussengrenzen von den entsprechenden Staatsbehörden erfasst und registriert werden. Fortan wird auch im Asylbereich niemand mehr konkret für etwas verantwortlich sein, sondern alle für nichts.

Die Schweizer Politik bildet ­keine Ausnahme. Im Fahrwasser der EU wird der Willkommensstaat ausgebaut. Bundespräsidentin Sommaruga gab die Devise aus, dass niemand nach Hause geschickt werde, der unter diktatorischen Verhältnissen leide. Gegenwärtig leben schätzungsweise rund drei Viertel der Menschheit aus Schweizer Sicht in Diktaturen. Sollen sie alle kommen dürfen?

Erhellend war auch der Hinweis der Bundespräsidentin letzte Woche, dass unter dem Eindruck der Lastwagentragödie in Österreich die «direkte Einreise» nach Europa für Flücht­linge anzustreben sei. «Direkte Einreise»: Damit kann nur die Einrichtung eines regelmässigen Fährbetriebs übers Mittelmeer oder die Installierung von Luftbrücken für Auswanderungswillige aus dem Nahen Osten oder Afrika gemeint sein. Es wäre ein Freibrief für noch mehr illegale Wirtschaftsmigration.

Eine gute Lösung

Natürlich kann die humanitäre Tradition auch unter den derzeitigen Bedingungen vernünftig gelebt werden. Man muss sich einfach am Selbstverständlichen orientieren: Wer am Asyl festhalten will, muss seinen Missbrauch bekämpfen. Wie ist das möglich?

Erstens: Die Schweiz soll sich humanitär in den Kriegs- und Krisenregionen engagieren. Es gibt dort Infrastrukturen, die mit gezielt umgelenkten Schweizer Entwicklungsgeldern auszubauen wären. So kann den wirklich Verfolgten und Bürgerkriegsflüchtlingen vor Ort geholfen werden, ohne dass sie Tau­sende von Kilometern reisen müssen.

Zweitens: In diesen Lagern vor Ort kann dann auch der verschwindend kleine Anteil an wirklich Verfolgten nach Genfer Konvention ermittelt werden. Diese Personen könnte die Schweiz mühelos aufnehmen.

Drittens: An den Schweizer Grenzen sind wieder Personenkontrollen einzuführen.

Viertens: Jeder illegal Einreisende wird um­gehend ausser Landes gebracht.

Die EU ist ein riesiger Magnet für illegale Migration geworden. Die Schweiz sollte den Mut aufbringen, zu einer vernünftigen, selbstbestimmten und massgeschneiderten Asylpolitik zurückzukehren.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-36/editorial-wir-koennen-nicht-ganz-afrika-aufnehmen-die-weltwoche-ausgabe-362015.html

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weltwoche.ch  Donnerstag, 3. September 2015

Schlepperkönigin Merkel
Von Wolfgang Koydl

Ob sie bei ihrem bevorstehenden Besuch in Bern etwas lernen könne über den Schweizer Umgang mit Flüchtlingen, wurde Angela Merkel auf ihrer jüngsten Pressekonferenz gefragt. «Ja, schon», man werde über diese Frage reden, murmelte sie verdrossen. Was sie wirklich meinte, konnte man an ihrer missmutigen Miene ablesen: Von der Schweiz lernen? Ausgerechnet von diesen Abschottern und Ausschaffern? Ich muss doch bitten!

Nein, Deutschland will sich keine Lektio­nen gefallen lassen, nicht von der Schweiz und auch von keinem anderen Land. Denn Deutschland ist gleichsam der neue globale Goldstandard im Umgang mit all den Verfolgten, Mühseligen und Beladenen dieser Welt. Niemand versteht sich besser auf Nächsten­liebe, zumal wenn sie sich mit sprichwört­lichem deutschem Organisationstalent paart. Eine wohlige Welle der Solidarität und des Mitgefühls wogt durchs Land. Millionen Deutsche fühlen sich so wohl in ihrer Haut 
wie nicht mehr seit dem Gewinn der Fussball-WM. Ein «patriotisches Gefühl» diagnostizierte Focus-Chefredaktor Ulrich Reitz bei sich selbst. «Wir können stolz auf uns sein», tönt es durch Talkshows auf allen Kanälen.Deutschland tut mal wieder, was es am besten kann: Sich zufrieden auf die eigene Schulter klopfen. Seht her, wir kaufen Windeln für die Flüchtlingskinder und schmieren ­ihnen Butterbrote, wir bringen den Migranten Deutsch bei und beziehen ihre Betten. Die paar Leute, die anders denken, sind braunes Pack. Solche Leute, philosophierte kürzlich SPD-Chef Sigmar Gabriel, gehörten strenggenommen viel weniger zu Deutschland als ein somalischer Fischer oder ein syrischer Arzt.

Nachfrage angeheizt

Ja, richtig nett ist er geworden, der hässliche Deutsche, ein echter Menschenfreund. Doch leider wird er in weiten Teilen des übrigen ­Europa in einem weniger freundlichen Licht gesehen. Hier ist längst klar, dass Deutschland ursächlich mitverantwortlich ist für die Krise, deren Folgen ausser Kontrolle geraten. «Alles spricht dafür, dass wir ein Land sind, 
in das man gerne einwandert», kokettierte 
die Kanzlerin vor der Hauptstadtpresse – und fügte mit gespieltem Erstaunen hinzu: «aus welchen Gründen auch immer.» Natürlich kennt sie diese Gründe. Der Koloss in Europas Mitte hat die Nachfrage ja erst angeheizt – mit Willkommenskultur, finanziellen An­reizen und wohl auch mit Mutti Merkel. So ­eine herzensgute Frau, glaubt man mittlerweile überall zwischen Lagos und Lahore, weist niemandem die Türe.Den Offenbarungseid leistete die Bundesre­gie­rung, als sie vor wenigen Tagen allen Syrern bedingungslos die Einreise gestattete. Damit versetzte Berlin dem siechen Dublin-System, das die Flüchtlingsströme europäisch regeln sollte, den Gnadenstoss und kapitulierte vor dem Ansturm. Von nun an können Schlepper jedem, der ein wenig Arabisch spricht 
und ­levantinisch aussieht, als echtem oder vermeintlichem Syrer ein Einfach-Ticket nach ­Almanija verkaufen – und Merkel wird end­gültig zur Schleuser-Mutti Europas.

«Wir schaffen das», rief sie ihren Lands­leuten gleichwohl ermutigend zu, auch wenn Hunderttausende von Menschen ins Land strömen, die Wohnraum, Arbeit, Lehrer und Ärzte brauchen. Woher das Geld kommen soll für all diese Leistungen, liess Merkel offen. Stattdessen will sie die Kosten dieser Völkerwanderung «gerecht» auf die anderen Europäer, die Schweiz eingeschlossen, verteilen – und ist entrüstet, wenn die nicht mitspielen wollen. «Rechtes Pack» sind sie zwar – noch – nicht, die Polen, Tschechen, Dänen, Ungarn oder Briten, denen ihre nationalen Interessen und der Zusammenhalt ihrer Gesellschaften wichtiger sind als die Aufnahme von unqualifizierten und nicht integrierbaren Fremden. Aber als «Drückeberger» standen sie bereits am Pranger der Bild-Zeitung, die übrigens gemeinsam mit den anderen deutschen Medien von der Kanzlerin für ihre «wunderbaren Berichte» gelobt wurde.Berlin setzt seine Partner mit der schon aus der Euro-Krise bekannten Brachialmethode un­ter Druck: Der stärkste Staat der EU setzt seinen Willen durch. Widerspruch ist zwecklos. Deutschland wollte Austerität für Griechen­land. Europa schluckte einmal trocken. Dann bekam Deutschland Austerität für Griechenland. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass man die bewährte Methode beibehalten will: Elmar Brok, Merkels Mann in Brüssel, drohte bereits damit, all jenen EU-Staaten EU-Gelder zu kürzen, die keine Migranten aufnehmen wollten. Berlins zweite Methode ist subtiler und perfider. Psychologen kennen sie unter dem Begriff der «emotionalen Erpressung»: Man erzeugt Schuldgefühle, um andere gefügig zu machen. Besser lässt sich Berlins Taktik nicht umschreiben. Wer gegen «Flüchtlinge» ist, der ist ein schlechter Mensch. Ausserdem werden ständig die Vokabeln «fair» und «Flüchtling» aneinandergereiht, als ob es um Gerechtigkeit für verfolgte Menschen ginge. Wie fair ist es, wenn ein Syrer, der unbedingt nach Deutschland wollte, nun doch per Quote in Ungarn landet? Aber fair soll die Quote nur für Deutschland sein, das all die Menschen ringsum verteilen will, die es selbst angelockt hat. Auch die Schweiz wird ihren «gerechten» Anteil von ihnen bekommen. Darüber wird Angela Merkel sprechen, wenn sie nach Bern kommt.

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weltwoche.ch Die Weltwoche, Ausgabe 36/2015

Die Deutschen: Abstand halten!
Von Henryk M. Broder

Wenn 
es darauf ankommt, richten sich alle Blicke auf die Kanzlerin.

Die Bundesrepublik ist ein ­komplexes föderales System. Es gibt sechzehn Länder mit ebenso vie­len Parlamenten, Regierungen und Ministerpräsidenten. Es gibt den Bundestag und den Bundesrat, den Bundespräsidenten, die Bundesregierung mit einem Kanzler beziehungsweise einer Kanzlerin an der Spitze. Die Gewaltenteilung zwischen der Legis­lative, der Exekutive und der Judikative funktioniert. Das Bundesverfassungsgericht hat keine Hemmungen, Gesetze, die von der Regierung und dem Parlament verabschiedet wurden, wenn nötig für verfassungswidrig zu erklären. Das kommt, zum Verdruss der Politiker, öfter vor. Dann gibt es noch die ständigen Konferenzen der Innenminister, Justizminister und Kultusminister der Länder, um «grenzüberschreitende» Massnahmen zu koordinieren, zum Beispiel die polizeiliche Zusammenarbeit von Ulm mit Neu-Ulm. Die eine Stadt liegt in ­Baden-Württemberg, die andere in Bayern, ­dazwischen fliesst die Donau.

Wenn es aber darauf ankommt, wenn etwas wirklich Relevantes gesagt, getan oder angeordnet werden muss, dann richten sich alle Blicke auf die Kanzlerin. Angela Merkel, obwohl von Natur aus eher sanft und zurückhaltend, ent­wickelt sich immer mehr zu einer Patri­archin, die im Notfall das Land auch ­allein ­regieren könnte. Nicht dass sie es möchte, aber man würde es ihr zutrauen. Sie hat die Energiewende durchgesetzt und dem Klimawandel den Kampf angesagt, Griechenland vor dem Zusammenbruch gerettet und auch sonst vieles zur Chefsache erklärt, was in einer Marktwirtschaft nicht einfach verordnet werden kann. Dazu gehört auch ihr Versprechen, dass bis 2020 eine Million Elektro­autos in Deutschland unterwegs sein würden; derzeit sind es gerade 25 000. Und seit sich die fremdenfeindlichen Kundgebungen vor Flüchtlingsheimen häufen, fragt sich ganz Deutschland: «Wann wird die Kanzlerin endlich etwas dazu sagen?» Nun hat sie es getan. Sie gab den Deutschen einen Rat: «Folgen Sie denen nicht, die zu solchen Demonstrationen aufrufen. Zu oft sind Vorurteile, zu oft ist Kälte, ja sogar Hass in deren Herzen. Halten Sie ­Abstand!»Da ging ein Seufzer der Erleichterung durch das Land. Jetzt können die Flüchtlinge kommen. Und alles wird gut.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-36/die-deutschen-abstand-halten-die-weltwoche-ausgabe-362015.html

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Die Aargauer Regierungsrätin Susanne Hochuli warnte vor kurzem vor eritreischen Paral­lelgesellschaften in den Gemeinden ihres Kantons. Dass eine führende grüne Politikerin die Integrationsprobleme vormaliger Asylbewerber offen ansprach, war ein Novum. Hochuli forderte eine deutlich höhere Inte­grationspauschale. Heute richtet der Bund pro anerkanntem Flüchtling oder vorläufig Aufgenommenem 6100 Franken aus. Hochuli verlangte 24 000 Franken, fast viermal mehr.

Das erstaunt nicht. Die Integration von Asylbewerbern in Gesellschaft und Arbeitswelt ist für Kantone und Gemeinden eine oft kaum zu bewältigende Aufgabe. Besonders gross sind die Mühen mit afrikanischen Migranten. Die Kosten für den Einsatz von Betreuern und Therapeuten zugunsten von Einzelpersonen und Familien summieren sich oft auf Zehntausende oder gar Hunderttausende Franken.

1 — Eine Familie aus Eritrea

Die Familie Kinte* kommt angeblich aus Eri­trea. Trotz abgelehntem Asylgesuch erhielt die Mutter mit drei Kindern ein Bleiberecht als «vorläufig Aufgenommene». Sie hat grosse Integrations- und Erziehungsschwierigkeiten. Die dreizehnjährige Tochter Sarama ist schon fremdplatziert. Mutter Madihah, die kein Deutsch spricht, lebt mit dem fünfzehnjährigen Abush und dem achtjährigen Nasih in ­einer engen Asylunterkunft. Der Familie wurde ein Beistand zur Seite gestellt. Zudem hat sie einen öffentlich finanzierten Coach, der sie regelmässig besucht und berät.

Die Mutter gebe sich zwar Mühe, den Alltag zu meistern, steht in einem Bericht des ­Familiencoachs. Aber: «Bedingt durch ihre Persönlichkeit, ihren kulturellen Hintergrund und Analphabetismus sind ihre Möglichkeiten bescheiden.» Umgekehrt habe sich die Fremdplatzierung positiv auf Tochter Sarama ausgewirkt, sie sei nun «meist freundlich» gegenüber ihrer Mutter. Wegen einer anstehenden Neuplatzierung in ein anderes Heim verhalte Sarama sich allerdings «in letzter Zeit eher wieder weniger kooperativ».

Gross seien die Probleme mit Nasih. Der Achtjährige sei «mehrmals negativ aufgefallen», habe die Schule geschwänzt und gelogen, schreibt der Coach. Seine Lehrerin bemühe sich sehr um ihn; «zu Hause fehlt es ihm aber an Struktur». Nasih brauche «zwingend ­klare Anweisungen». Der Coach formuliert Ziele. Die Familie müsse «ein Ritual» einführen, wenn Sarama nach Hause komme. Jedes Kind solle zudem «ein Ämtli» ausführen. Auch müssten regelmässig «Familiensitzungen» stattfinden.

Die Etablierung von Erziehungsstrukturen nach Schweizer Idealvorstellungen stösst aber auf Hindernisse. Jedenfalls verlängert die Wohngemeinde die Begleitung durch den Coach für Familie Kinte immer wieder, auf Antrag der kantonalen Jugend- und Familien­beratung. In einem Protokoll der kommu­nalen Sozialbehörde wird für die Schwierigkeiten unter anderem eine somalische Familie mit vielen Kindern geltend gemacht. Sie wohne ebenfalls in der Asylunterkunft und sorge für «starke Unruhe, Verunsicherung und Angst». Diese Somalier stellten «eine ständige Bedrohung» für Familie Kinte dar, weil sie Kinder schlügen, klauten und sogar Feuer legten.

Nach zwei Jahren Dauer liegt der Gemeinde erneut ein Antrag auf Verlängerung der Familienbegleitung vor. Dieser Antrag wartet mit einer schlechten Nachricht zu Tochter Sarama auf. Das Heim, wo die nun Fünfzehnjährige wohnte, habe das Betreuungsverhältnis aufgelöst. Zu vermuten ist, dass sich das Mädchen nicht so positiv entwickelt hat, wie in früheren Berichten suggeriert wurde. Empfohlen wird nun, «im Sinne einer Krisenintervention/Time-outs», die Platzierung von Sarama bei einer Gastfamilie statt in einem Heim. Vorgesehen ist ein zwanzigwöchiger Aufenthalt zu Kosten von rund 30 000 Franken. Notgedrungen ist die Wohngemeinde bereit, nebst der Sozialhilfe und der Familienbegleitung auch diese Massnahme zu finanzieren. Insgesamt belaufen sich die Kosten allein für die Gemeinde wohl auf weit über 100 000 Franken. Seltsam: In einem offiziellen Protokoll der Wohngemeinde ist bei Tochter Sarama «Sudan» als Herkunftsland angegeben. Offenbar ist nicht klar, ob die Familie wirklich aus Eritrea kommt.

2 — Ein Jugendlicher aus Côte d’Ivoire

Der neunzehnjährige Serey Koné stammt aus Côte d’Ivoire. Sein Asylgesuch wird abgelehnt, aber er kann als vorläufig Aufgenommener in der Schweiz bleiben – warum, ist nicht ersichtlich. Der Afrikaner lebt von der Sozialhilfe und hat grosse Mühe mit der Integra­tion. Die Wohngemeinde stimmt dem Antrag einer Sozialarbeiterin auf eine «Familienbegleitung» für den Alleinstehenden zu. Vorgesehen ist ­eine Dauer von einem halben Jahr – zu Kosten von 1600 Franken pro Monat. Laut einem Protokoll der Gemeinde soll Koné dabei unter anderem den «Umgang mit Geld» und «Haushaltführung» lernen sowie «tieferliegende Problematiken» und «Lebensthemen» angehen. Ein konkretes Ziel heisst «Abarbeitung und Vermeidung neuer Bussen».

Nach einem halben Jahr wird die Familienbegleitung verlängert – denn laut einem Bericht ist diese erfolgreich. Koné habe ein Pflegepraktikum beim Schweizerischen Roten Kreuz in Angriff genommen, liest man. Was nicht erwähnt ist: Der Steuerzahler finanziert dieses Praktikum. Beim jungen Mann aber ­hapert es bei der Zuverlässigkeit. Koné habe sich vorübergehend nicht gemeldet und sei nicht erreichbar gewesen sei. Laut dem Bericht mangelt es bei ihm an «Offenheit und Koopera­tionsbereitschaft».

Die Wohngemeinde verlängert die Familienbegleitung für den Afrikaner mehrmals. Regelmässig werden in den Verlängerungsanträgen Erfolge angeführt. Gleichzeitig heisst es jedes Mal, es gebe noch Probleme, weshalb die Fortführung der Begleitung «gerade jetzt besonders wichtig» sei. Ohne Verlängerung sei die Integration des Afrikaners gefährdet.

Es sei dem jungen Mann gelungen, «eine ­gute Vertrauensbasis zur sozialpädagogischen Begleiterin» aufzubauen, ist in einem Antrag vermerkt, nachdem diese Begleiterin schon über ein Jahr gewirkt hat – für 120 Franken Honorar pro Stunde. «Sie hilft ihm, mit besonders belastenden Lebensmomenten besser umzugehen und diese konstruktiv anzupacken.» Ein «schwieriger Moment» sei gewesen, als Koné am Arbeitsplatz «zum dritten Mal unschuldig des Diebstahls verdächtigt worden» sei, «nicht zuletzt aufgrund seiner Herkunft». Wegen dieses «einschneidenden Vertrauensbruchs seitens des Arbeitgebers», ist weiter zu lesen, sei Koné «verständlicherweise ausserstande» gewesen, das Praktikum weiterzuführen. Aber er habe einen neuen Einsatzort in Aussicht. Wie dem Antrag zu entnehmen ist, nimmt der Mann auch an einem Arbeitsintegrationsprogramm teil. Zudem bekommt er psychologische Hilfe – was das kostet, ist nicht bekannt.

In einem weiteren Bericht ein halbes Jahr später tönt es erfreulich. Koné habe das ­Pflegepraktikum abgeschlossen und sei auf Stellensuche. So problemlos kann die Situation allerdings nicht sein – denn es folgt postwendend der Antrag, die Begleitung zu verlängern. Begründung: Der Mann benötige eine «Stabilisierung der Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit im Umgang mit seinem Budget und weiteren administrativen Aufgaben».

Bis dahin haben die Begleitungen und Therapien seine Wohngemeinde nebst der Sozialhilfe mehrere zehntausend Franken gekostet. Wie es mit dem Mann weitergegangen ist, geht aus den vorliegenden Unterlagen nicht hervor. Im besten Fall hat er die Arbeitsintegration geschafft und kommt ohne Unterstützung aus. Möglicherweise ist er aber nur in eine andere Gemeinde umgezogen.

3 — Eine Familie aus Angola

Ziemlich verfahren ist die Situation bei Familie Ernesto – Vater, Mutter, drei Kinder. Die Familie stammt angeblich aus dem afrikanischen Angola. Ihr Asylgesuch ist abgelehnt worden, aber sie wurde «vorläufig aufgenommen» – ­warum, ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich.

Vater und Mutter Ernesto arbeiten zwar zeitweise, sind aber ergänzend immer wieder auf Sozialhilfe angewiesen. Die Eltern haben beträchtliche Erziehungsschwierigkeiten. Die älteste Tochter May lebt schon seit zwei Jahren in einem Schulheim. Nun häufen sich die Probleme auch mit dem jüngsten Kind, Nelson. In einem Protokoll steht, der Neunjährige, der eine Kleinklasse besucht, zeige in der Schule «Störungen im Sozialverhalten» und eine «Tendenz zur depressiven Entwicklung». Oft reagiere er mit «langandauernden emotionalen Ausbrüchen». Das «abwei­chende Verhalten» von Nelson übersteige die Möglichkeiten der Schule «bei weitem», steht im Protokoll. Kurz gesagt: Der Neunjährige terrorisiert Lehrer und Mitschüler. Es droht die Platzierung in einem Heim. Seine Eltern können das offenbar nicht nachvollziehen. Sie haben, laut Protokoll, «grösste Mühe zu verstehen, was die Schule bei ihren Rückmeldungen genau meint».

Nelson kommt in Behandlung bei einem Psychotherapeuten. Auf Druck von Fachleuten heisst die Wohngemeinde zusätzlich eine engmaschige Begleitung für Familie Ernesto gut. Eine Privatfirma, die auf Familienberatung spezialisiert ist, bekommt den Auftrag. Die Begleitung ist vorerst auf ein halbes Jahr begrenzt. Das kostet die Wohngemeinde laut Gutsprache 16 000 Franken.

In einem Zwischenbericht der Beratungsfirma tönt es vier Monate nach Beginn der Familienbegleitung positiv. Nelson wird als «freundlicher Neunjähriger» beschrieben, der viel lese und seine Hausaufgaben gewissenhaft erle­dige. Die Familie berichte, es gehe Nelson «emotional besser», steht im Bericht.

Der Bub habe allerdings «grosse Probleme» in der Schule, liest man weiter. Laut Rückmeldungen seiner Lehrer «suche er die Aufmerksamkeit der Lehrpersonen öfter über unangebrachtes Verhalten». Laut dem Bericht wüssten seine Eltern angesichts der «häufigen Reklamationen» von Nelsons Lehrern nicht, wie sie ihren Sohn zu Hause unterstützen könnten. Aber es scheint Hoffnung zu geben: «Die Eltern möchten verstehen, welche Anliegen die Schule an sie hat.»

Der Familienberater scheint intensiv zu wirken. Er habe «mit den Eltern ihren Erziehungsstil reflektiert», so der Bericht. Mit ihnen sei besprochen worden, «dass sich beide bewusst Zeit für Nelson nehmen und Raum geben für ein positives Miteinander». Insbesondere habe der Familienbegleiter «mit Frau Ernesto die Auf­gabe entwickelt, Nelson täglich explizit ­positives Feedback zu geben».

Laut einer Ergänzung zum Standortbericht sieht es nur anderthalb Monate später plötzlich düster aus. Der Familie Ernesto wurde die Wohnung gekündigt. Und aufgrund «massiver Konflikte» stehen Vater und Mutter Er­nesto vor der Trennung. Die Mutter braucht nun ebenfalls Unterstützung durch einen Psychotherapeuten. Nelson scheint es noch schlechter zu gehen. Er habe geäussert, so liest man, «dass das Leben für ihn keinen Sinn mehr machen würde und dass es am besten sei, er würde sterben».

Zudem verstärken sich die Konflikte der Eltern mit den beiden Töchtern. May lebt zwar noch immer im Heim, kehrt aber jeweils über das Wochenende nach Hause zurück. Dabei kommt es zu «Streitigkeiten» und sogar zu einer «tätlichen Auseinandersetzung». Die jüngere Zulaika hat indes begonnen, «von zu ­Hause wegzulaufen und tagelang nicht mehr nach Hause zu kommen», heisst es. Die Mutter habe deswegen sogar die Polizei eingeschaltet. Auch schwänze Zulaika die Schule.

Die Erfolge der Familienbegleitung sind wegen all dieser Probleme in Frage gestellt. «Aufgrund der derzeit notwendigen Krisenbewältigung kann an den im Zwischenbericht genannten Zielen nur punktuell gearbeitet werden», liest man in der Ergänzung zum Bericht. Die Beratungsbesuche sollen deswegen aber nicht gestoppt, sondern – so die Empfehlung der Sozialfirma – noch verstärkt werden. Nötig seien nun zwei Einsätze pro Woche statt nur eines. Es gelte, «die bereits erzielten Fortschritte hinsichtlich Nelson zu stabilisieren».

Einige Tage später heisst die Wohnge­meinde die Verlängerung der Familienbegleitung gut und spricht weitere 20 000 Franken. Fast gleichzeitig segnet sie auch die Finanzierung des Heimaufenthalts für Tochter May für ein weiteres Jahr ab – das macht weitere 112 000 Franken. Insgesamt dürften die Fremdplatzierung, die Therapien und die Begleitungen allein die Wohngemeinde mehrere hunderttausend Franken gekostet haben.

Hohe Zahl «unglaublicher Geschichten»

Die drei Beispiele sind nicht etwa seltene Ausnahmen. Wie Vertreter von Migrationsbehörden bestätigen, häufen sich solche Fälle schon in mittelgrossen Gemeinden stark. Sie sprechen von einer hohen Zahl «unglaublicher Geschichten», was das Verhalten vormaliger Asylbewerber angeht. Über konkrete Fälle reden dürfen Behördenmitglieder aber nicht – das Amtsgeheimnis hindert sie daran.

Die unzähligen Begleitungen und Thera­pien, mit denen die Behörden fremdländische Migranten zu integrieren versuchen, werden häufig von spezialisierten Privatfirmen erbracht. Deren Personal erweckt in den Berichten fast immer den Anschein, seine Leistungen seien gerade im Begriff zu wirken. Regelmässig wird betont, die Massnahmen müssten unbedingt weitergeführt werden – ansonsten drohten grosse Schwierigkeiten. Müssen Rückschläge eingeräumt werden, ist das Anlass, nach noch umfangreicherer Begleitung zu rufen. Kein Wunder: Die «Sozialindustrie» hat jegliches Interesse, möglichst ausufernd zu beraten und zu therapieren. Die Rechnungen begleichen die Steuerzahler.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-36/goldgrube-fuer-die-sozialindustrie-die-weltwoche-ausgabe-362015.html

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Die Weltwoche, Ausgabe 36/2015

Sozialhilfe

Wie viel bekommt ein Asylant?

Die meisten abgelehnten Asylbewerber dürfen als vorläufig Aufgenommene bleiben. Mit Zugang zu Sozialhilfe ab dem 
ersten Tag. Oft fahren sie besser als AHV-Rentner.

Von Florian Schwab

Gewisse Leistungen f ̈ür Asylanten gehen über die Ansprüche der AHV-Rentner hinaus.Infografik: TNT – Graphics AG

Sozialvorsteher in mehreren Schweizer Gemeinden sind alarmiert. Sie sehen durch die Flüchtlingsströme ein finanzielles «Fass ohne Boden» auf sich zukommen, wie es in vertraulichen Gesprächen heisst. Erste Politiker prangern im Wahlkampf an, es könne nicht sein, dass abgewiesene Asylbewerber am Ende des Monats mehr staatliche Leistungen beziehen als ein Pensionär, der sein Leben lang in die AHV einbezahlt hat. Ist es tatsächlich so, dass ein abgewiesener Asyl­bewerber, beispielsweise aus Eritrea, finanziell bessergestellt ist als ein AHV-Rentner?

Eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage gibt es nicht – die kantonale Behandlung abgewiesener Asylbewerber unterscheidet sich ebenso wie die geltenden Ansätze, beispielsweise die maximal zulässigen Wohnkosten. Wir wollen uns also mit einem realistischen Vergleich für die Stadt Zürich begnügen: drei Einzelpersonen, drei unterschiedliche sozialstaatliche Modelle. Die obige Tabelle illustriert diesen Vergleich: Die linke Spalte stellt die Leistungen an einen AHV-Rentner dar, der ausschliesslich von einer (maximalen) AHV-Rente lebt, die mittlere Spalte die an einen abgewiesenen Asylbewerber und die rechte Spalte jene an einen AHV-Rentner, der seine Rente mit Ergänzungsleistungen aufbessert. Der Übersicht halber betrachten wir nur Einzelpersonen im Einpersonenhaushalt und blenden die umfangreichen Leistungen an Familien aus.

Zunächst zum reinen AHV-Rentner (linke Spalte). Eine Einzelperson, die vierzig Jahre lang ihre Beiträge entrichtet hat, erhält pro Jahr eine maximale Rente von 28 200 Franken. Gemäss einer Studie des Bundesamts für Statistik (BfS) aus dem Jahr 2014 sind mehr als fünfzehn Prozent der Personen im AHV-Alter ganz auf die AHV angewiesen – sie stellt deren einzige Einkommensquelle dar. AHV-Renten, so bescheiden sie auch ausfallen, müssen allerdings als Einkommen versteuert werden. Geht man von steuerlichen Abzügen von 5000 Franken aus, so bleiben nach Steuern 27 000 Franken im Jahr zum Leben. Ist das überhaupt realistisch? Ja, denn laut BfS gibt es schweizweit zwischen 70 000 und 80 000 Personen, die ausschliesslich von einer AHV-Rente leben, keine weiteren Einkommensquellen haben und keine Ergänzungsleistungen bekommen.

Im Vergleich dazu – mittlere Spalte – hat ein vorläufig aufgenommener Asylant, dessen Asylgesuch abgewiesen wurde, in der Stadt Zürich Anrecht auf Sozialhilfe. Es gelten dieselben Regeln wie für einheimische Bezüger. Wichtigster Bestandteil der Sozialhilfe ist eine sogenannte «materielle Grundsicherung». Diese umfasst jährlich einen Beitrag für den Grundbedarf in der Höhe von 11 832 Franken, ausbezahlt an den Unterstützungsberechtigten in monatlichen Raten. Dazu kommen Wohnkosten von maximal 13 200 Franken im Jahr und die Bezahlung der Krankenkassenprämien von rund 4300 Franken jährlich. Alles zusammengezählt, kommt der Asylant somit auf 29 352 Franken im Jahr, die er nicht versteuern muss. In einem Nach-Steuer-Vergleich steht er somit jährlich um 2352 Franken besser da als der AHV-Rentner.

Ein AHV-Rentner in bescheidenen Verhältnissen (rechte Spalte) kann zusätzlich zu seiner normalen Rente Ergänzungsleistungen beantragen, sofern die AHV-Rente nicht zur Deckung seiner Ausgaben genügt und sofern er kein grösseres Vermögen besitzt, etwa ein selbstbewohntes Haus. Auch bei den Ergänzungsleistungen gibt es Maximalwerte für den Grundbedarf, die Wohnkosten und die Krankenkassenprämien. Der Maximalbeitrag für die Wohnkosten unterscheidet sich nicht von dem des Asylanten, ebenso sind die Krankenkassenprämien gedeckt. Allerdings übersteigt der erlaubte Grundbedarf mit 19 290 Franken jährlich denjenigen des Asylanten um den Faktor 1,7. Der AHV-Rentner mit Ergänzungsleistungen «überholt» damit den abgewiesenen Asylbewerber auf der Stufe der materiellen Grundsicherung, also bei den Ansprüchen auf einen in bar bezahlten Grundbedarf, Wohn- und Krankheitskosten. Er liegt (nach Steuern) um gut 6000 Franken vorne.

In den drei Beispielen hat der AHV-Rentner ohne Ergänzungsleistungen netto am wenigsten zur Verfügung. Nach Steuern (Annahme: Abzüge von 5000 Fr.) bleiben ihm 27 000 Franken. Bei Rente plus Ergänzungsleistungen kommt ein AHV-Rentner maximal auf 
35 610 Franken nach Steuern. Dazwischen liegen die finanziellen Ansprüche des Asylanten.Betrachtet man nur die Unterstützungsleistungen in der materiellen Grundsicherung, so steht der AHV-Rentner mit Ergänzungsleistungen etwas besser da als ein Sozialhilfeempfänger im Asylbereich. Doch in beiden Fällen kommen zusätzlich zur materiellen Grund­sicherung noch weitere bedarfs- und situ­ationsabhängigen Beiträge dazu. Beiden gemeinsam ist die Übernahme von krankheits- und behinderungsbedingten Kosten, die nicht durch eine andere Versicherung abgedeckt sind: insbesondere, aber nicht ausschliesslich Kosten für Zahnbehandlungen und Selbstbehalte. Diese Beiträge sind im Bereich der Ergänzungsleistungen bei 90 000 Franken gedeckelt, in der Sozialhilfe (theoretisch) nach oben unbegrenzt.

Hier enden die Ansprüche im Bereich der Ergänzungsleistungen. Nicht so jene in der Sozialhilfe, die der abgewiesene Asylbewerber erhält. Zahlenmässig bestimmbare weitere Beiträge, die bei der Sozialhilfe im Gegensatz zu den EL vergütet werden können, sind:

1 — Sprachkurse in Deutsch als Fremdsprache. Die Asyl-Organisation Zürich (AOZ), ein mit der Asylantenbetreuung befasstes Unternehmen der Stadt, gibt die monatlichen Kosten eines solchen Kurses auf seiner Website mit 880 Franken pro Person an – ergibt 10 560 Franken im Jahr. Einwanderer ohne ­Sozialhilfe müssen solche Ausbildungen selbst berappen.

2 — Zeigt ein Sozialhilfeempfänger Engagement bei der Eingliederung in den ­Arbeitsmarkt, so erhält er eine Integrationszulage von maximal 300 Franken pro Monat ausbezahlt.

3 — Für Nichterwerbstätige übernimmt das Sozialamt den jährlichen Minimalbeitrag an die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) in der Höhe von 480 Franken. Anders als bei Schweizern, die nach Beitragszahlungen an die AHV über 10 Jahre hinweg das Recht auf eine Altersrente erhalten, beträgt die Mindestbeitragsdauer für Personen im Asylbereich nur fünf Jahre. Ein heute sechzigjähriger Asylant kann also in fünf Jahren in die AHV wechseln, mit Anspruch auf Ergänzungsleistungen.

4 — Die Kosten für eine Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung werden übernommen (ca. 200 Fr. im Jahr).

Die Kosten dieser vier Leistungen summieren sich auf 14 840 Franken _ zählt man sie zu den 29 352 Franken aus dem Bereich der materiellen Grundsicherung hinzu, so übertreffen die finanziellen Beiträge an den Asylanten bei weitem das, was ein Bezüger von Ergänzungsleistungen normalerweise geltend machen kann (es sei denn, er sei schwerkrank und pflegebedürftig).

Dazu kommen beim Asylanten individuell verschiedene und daher nur schwer zu beziffernde Bestandteile der Sozialhilfe. Bezahlt wird etwa die Wohnungseinrichtung. Zieht ein Sozialhilfeempfänger um, so bezahlt ihm die bisherige Wohngemeinde den Umzug, eine Monatsmiete am neuen Wohnort sowie die Mietkaution.

Im Ermessen der Sozialbehörde können weitere «situationsbedingte Leistungen» ausgerichtet werden. Diese ­weitläufige und schwer fassbare Kategorie liegt im Ermessen der Sozialbehörde und umfasst etwa die Übernahme von Reisekosten bei Arztbesuchen oder besondere Telekommunikationskosten zur Pflege «persönlicher oder verwandtschaftlicher Beziehungen». Solche All-inclusive-Pakete finanzieren auch AHV-Rentner in bescheideneren Verhältnissen mit ihren Steuern.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-36/sozialhilfe-wie-viel-bekommt-ein-asylant-die-weltwoche-ausgabe-362015.html

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Vor einigen Tagen veröffentlichten die beiden Schwergewichte in der SPD, der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel und der Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier, einen Zehn-Punkte-Plan zur Flüchtlingspolitik. Dem sorgfältig formulierten Papier sieht man den Feinschliff durch die Diplomaten des Auswärtigen Amtes an. Der glatte Text geht runter wie Öl. Erst wenn man ihn Satz für Satz auf ­seine Aussagen abklopft, offenbaren sich die Fallen, die ins Bodenlose führen:

— «Europa steht vor einer Generationenaufgabe.» Was ist damit gemeint? Es ist nicht Europas Aufgabe, die politischen Verhält­nisse im Rest der Welt oder auch nur im Nahen ­Osten zu ordnen. Oder prognostizieren die Autoren, dass die gegenwärtigen Flüchtlingsströme noch eine Generation anhalten? Dann hätte Deutschland – auf der Basis der gegenwärtigen Prognose für 2015 – noch mit dreissig Millionen und ganz Europa mit siebzig Mil­lionen Asylbewerbern zu rechnen.

— «Nie zuvor waren so viele Menschen auf der Flucht vor politischer Verfolgung und Krieg wie heute.» Das ist historischer Unfug. Die Welt war noch nie so friedlich wie heute. Aber die Grenzen sind durchlässiger geworden, die Kommunikationsmittel besser und die Transportmöglichkeiten billiger. Heute machen sich Millionen Menschen auf den Weg in reichere Länder, die noch vor wenigen Jahrzehnten die örtlichen Verhältnisse erduldet hätten oder versucht hätten, sie zu verbessern.

— «Viele von ihnen suchen Schutz bei uns in Europa.» Schief und irreführend. Nur zwanzig Prozent der deutschen Asylbewerber sind Kriegsflüchtlinge aus Syrien. Afrikaner, Albaner und die meisten anderen kommen aus wirtschaftlichen Gründen.

— «Wir müssen damit rechnen, dass das angesichts der Krisen in unserer Nachbarschaft auf Jahre so bleibt.» Was sind «Krisen», und was gehört zu unserer «Nachbarschaft»? Reicht sie bis Algerien, bis zum Sudan oder bis nach Somalia? Und seit wann entscheidet Nachbarschaft über die Asylberechtigung oder den Bewerber-Andrang? Tatsächlich beobachten wir doch, dass es immer mehr Fernrei­sende unter den Flüchtlingen gibt.

— «Wir Europäer sind es uns selber und der Welt schuldig, der grossen Herausforderung dieser Hilfe suchenden Menschen gerecht zu werden.» Was ist damit gemeint? Dass wir jeden aufnehmen, der an unsere Tür klopft, unabhängig von Gründen und Zahlen? Das wäre verantwortungslos. Oder ist damit gemeint, dass wir die Verantwortung haben für die Verbesserung der Verhältnisse in den Herkunftsländern? Das wäre anmassend und illusionär.

— «Klar ist: Die bisherige Reaktion entspricht nicht dem Anspruch, den Europa an sich selbst haben muss.» Das ist der erste richtige Satz. Aber er bedeutet offenbar nicht, die Grenzen besser zu schliessen. Im Sinne der Autoren bedeutet er offenbar eher das Gegenteil.

— «Europa darf nicht länger zögern, die EU muss jetzt handeln.» Vor dem Handeln kommen die Analyse und die Entscheidung über die Handlungsrichtung. Beides fehlt.

—  «Deshalb müssen wir eine europäische Asyl-, Flüchtlings- und Migrationspolitik verfolgen, die auf dem Prinzip der Solidarität und den gemeinsamen Werten der Menschlichkeit gründet.» Hier wird durcheinandergeworfen, was einer Trennung bedarf. Erstens: Einwanderungspolitik muss den Interessen des jeweiligen Einwanderungslandes folgen. Diese Interessen sind von Land zu Land unterschiedlich. Zweitens: Asylpolitik ergibt sich aus der Formulierung und Auslegung des Asylrechts. Gegenwärtig sind zirka achtzig Prozent der auf der Erde lebenden Menschen aufgrund der Verhältnisse in ihren Herkunftsländern grundsätzlich in Deutschland asylberechtigt, wenn sie die deutschen Grenzen erreichen. Sollen unsere «Solidarität» und die «gemeinsamen Werte der Menschlichkeit» wirklich so weit gesteckt sein? Und drittens: Flüchtlingspolitik für die Welt muss sich nicht in Europa vollziehen. Kriegsflüchtlinge werden am besten in ihrem Heimatland oder nah an dessen Grenzen untergebracht.

So weit der Vorspann des Zehn-Punkte-Programms, von dem kein einziger Satz richtig oder auch nur ausreichend klar ist. In den zehn Punkten selber wird Richtiges mit Falschem unauflösbar vermischt:

1 — Richtig sind verbindliche Aufnahmequoten für alle EU-Mitgliedstaaten. Falsch ist der Massstab der «Leistungsfähigkeit». Es kann nur einen vernünftigen Massstab geben, das ist die Bevölkerungsgrösse des Aufnahmelandes.

2 — Richtig ist die Forderung nach einem gemeinsamen europäischen Grenzmanagement. Dreissig Jahre nach dem ersten Schengen-Abkommen ist diese Forderung aber auch ein geistiger und politischer Offenbarungseid.

3 —  Richtig ist die Rückkehr der Flüchtlinge ohne Schutzanspruch in ihre Heimatländer. Kaum ausreichend und fast schon erheiternd ist der einzige Vorschlag dazu, nämlich technische und finanzielle Unterstützung für diese Staaten von einer konstruktiven Zusammen­arbeit abhängig zu machen.

4 — Richtig ist es, sichere Herkunftsstaaten zu definieren. Falsch ist es, diesen Status auf EU-Beitrittskandidaten zu beschränken. Damit besteht der Rest der Welt quasi automatisch aus potenziellen Verfolgerstaaten, in denen achtzig Prozent der Menschheit leben.

5 — Verheerend in ihrer Konsequenz ist die Forderung, die Seenotrettung im Mittelmeer langfristig europäisch zu verstetigen und die EU mit entsprechenden Kapazitäten auszustatten. Solange nicht die Rettung aus Seenot unverzüglich in eine Rückführung zum Startpunkt mündet, betreibt solch eine Politik das Geschäft der Schleuser, indem sie die Zuständigkeit für den gefahrvollsten und aufwendigsten Teil der Reise in europäische Hände legt.

Man muss hoffen, dass die beiden Autoren klüger sind und weiter blicken, als ihr Zehn-Punkte-Programm es vermuten lässt. Meist wird die Wirklichkeit schlimmer, als die Papiere mit den guten Absichten es vermuten lassen. Hier sollte es einmal umgekehrt sein.

Thilo Sarrazin ist ehemaliger deutscher Bundesbanker und Bestsellerautor. Er schreibt einmal pro Monat 
exklusiv für die Weltwoche über die deutsche Politik.

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weltwoche.chDie Weltwoche, Ausgabe 36/2015

Essay: «Gerade wir als Deutsche…»
Von Christian Huber

Seit zehn Jahren mit dem Schiff in Europa unterwegs, sind wir nach einigen Monaten in Berlin weiter östlich gefahren, tief in die ehemalige DDR. Das wald- und seenreiche Gebiet des Schenkenlandes und der Niederlausitz ist dünn besiedelt, strukturschwach und teilweise sehr ärmlich. Viele Häuser sind zerfallen, die Stras­sen holperig. Wir kamen mit den Einheimischen ins Gespräch, lasen die Lokalpresse und hörten die Lokalsender. Wir erlebten eine Bevölkerung, die nur schwer damit umgehen kann, dass alle denkbaren Unterkünfte – vom stillgelegten Baumarkt über ehemalige Kasernen der Sowjetarmee bis zu Hotels – mit Tausenden von Flüchtlingen, zumeist jungen Männern, gefüllt werden.

Zurück vom Einkaufen in Königs Wusterhausen, mussten wir in Gross Köris von der Regionalbahn in den Bus umsteigen. Auf dem Weg zur Bushaltestelle kam uns eine Gruppe von etwa zehn jüngeren Männern entgegen. «Shopping-Mall?», fragen sie. «Aldi?» Wir wiesen ihnen den Weg. Aus dem Bus sahen wir weitere Männergruppen durch das Dorf schlendern. «Die wohnen alle oben im Wald, in einer alten Ferienkolonie aus DDR-­Zeiten», erklärte uns der Busfahrer. Gross ­Köris, dies zum Verständnis, ist nicht gross. Es heisst nur so, damit man es von Klein Köris unterscheiden kann.

Was hätte Honecker gemacht?

Sonntagsausflug in den Spreewald. Am Nebentisch im Biergarten sassen vier gepflegte Männer, unterwegs auf einer Radtour. Sie diskutierten darüber, dass die leerstehenden Gebäude des seit Ende der Berliner Luftbrücke stillgelegten Flughafens Tempelhof reaktiviert und für Flüchtlinge hergerichtet werden sollen. «Ist doch super!», meinte einer von ­ihnen. «Einen neuen Flughafen für Flugzeuge bauen können sie nicht, aber einen alten für Flüchtlinge einrichten, das geht ruck, zuck.» Als vor zwei Jahren bekanntwurde, dass auf dem Tempelhofer Flughafenareal (nicht ganz billige) Wohnungen gebaut werden sollten, gab es ­einen veritablen Volksaufstand.

$Ein älterer Mann am Nebentisch, seinerzeit in der DDR Inhaber eines Familienbetriebes, blickte sich zuerst nach links und rechts um – alte DDR-Überlebensstrategie –, bevor er zu uns sagte: «Unter Honecker hätte es so was nicht gegeben.» Einzig die Ungarn hätten begriffen, was Schengen und was EU-Aussengrenze bedeuteten.

Auch die Marktfrau, die im kleinen Dorf, in dessen Nähe wir mit unserem Hausboot liegen, selbstgezogenes Gemüse verkauft, er­eifert sich: «Soll mir mal doch jemand erklären, warum hier Tausende von Fremden untergebracht werden, während die Kommunen finanziell derart klamm sind, dass es nicht für anständige Löhne des Krippenpersonals reicht!»

Für die Medien und die Politiker hingegen sind alle, die sich gegen Flüchtlingsunterkünfte aussprechen, umgehend «Rechtsextreme» und «Neonazis». Dass vielfach ganze Familien auf die Strasse gehen, denen es angesichts dieser veritablen Invasion mulmig wird, wird einfach ausgeblendet. Endlich kann man die Welt in Gut und Böse einteilen: Die Guten engagieren sich in Freiwilligengruppen, Ad-hoc-Aktionen wie «Dresden nazifrei» und veranstalten bunte Willkommensfeste. Die wirklich Bösen fackeln als Flüchtlingsunterkünfte vorgesehene Gebäude ab und veranstalten Protestmärsche – in der Sprache des ZDF-Nachrichtenmoderators Claus Kleber «schlurfen sie dumpf durch Heidenau».

Endlich kann Mainstream-Deutschland der Welt beweisen, wie gut und solidarisch es ist, wie es alle Fremden umarmt und mit den ­Nazis nichts mehr am Hut hat. Eine rationale Flüchtlingspolitik wird durch das deutsche Nachkriegstrauma, das erdrückende Gefühl der Erbsünde, völlig verunmöglicht. «Gerade wir als Deutsche . . .» heisst es immer wieder. Wenn eine Gruppe von Flüchtlingen in einem geschlossenen Lastwagen an Autoabgasen erstickt: Wie soll bei der sich aufdrängenden Assoziation zu Auschwitz eine nüchterne Diskussion überhaupt noch möglich sein?

Ein Rentner, mit dem wir ins Gespräch kommen, eröffnet eine andere Perspektive. Als Natur­wissenschaftler war er viele Jahre lang in ­Syrien und im Irak unterwegs, später in Afrika. «Dort sind mehrere hundert Millionen Menschen auf dem Sprung nach Europa», sagt er nachdenklich. «Jetzt feiern wir noch Willkommensfeste. Aber was wird sein, wenn wir begreifen, dass dies hier erst der Anfang ist?»

Es ist nicht Fremdenhass, den wir hier in der ehemaligen DDR spüren – wobei wir einräumen müssen, dass wir keinen Kontakt zu Neonazis haben. Es ist vielmehr eine tiefe Verunsicherung angesichts einer Politik, die als strategie-, konzept- und orientierungslos empfunden wird. «Es kann doch nicht sein,» sagte der ehemalige Berliner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) im Berliner Rundfunk, «dass wir der ganzen Welt verkünden: ‹Kommet alle her in unser Land, die ihr mühselig und beladen seid!›» Zurzeit läuft es allerdings ganz anders.

In Berlin-Reinickendorf brannte letzte Woche eine Turnhalle neben einer Flüchtlingsunterkunft bis auf die Grundmauern nieder. Wieder wussten die Medien sofort, wo die Täter zu suchen waren. In der rechten Szene natürlich, und da die Linken auch hier die mediale Lufthoheit ­haben, ist «rechts» gleichbedeutend mit «rechtsextrem». Mit grosser Erleichterung meldeten dieselben Medien vor ein paar Tagen, die Flüchtlingskinder, welche zugegeben hätten, gekokelt (gezeuselt) zu haben, seien noch nicht strafmündig.

Christian Huber ist promovierter Jurist. Von 1999 bis 2005 war er für die SVP Zürcher Regierungsrat sowie ­Finanzdirektor. Seit 2005 ist er Besitzer und Kapitän des Hausboots «Kinette».

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Mitleid ist die eleganteste Form des Leidens. Risikolos und wohlfeil. Das Leiden der Anderen ist der Rohstoff für das eigene Wohlbefinden. Am Jüdisches Museum in Berlin gibt es einen „Holocaust-Tower“, eine dunkle, enge Kammer. Es gibt Besucher, die halten das nicht lange aus, sie bekommen Panikattacken. Was bleibt, ist das Gefühl, die – Sie wissen schon! – von Auschwitz hautnah erlebt und überlebt zu haben.

Der Kannibalismus der Emotionen gehört zu den Folgen der Wohlfahrt. Wenn der Ausfall der Klimaanlage in einem ICE bereits als Katastrophe gilt, wenn sich immer mehr Menschen sorgen, was sie überhaupt noch essen können, ohne ihre Gesundheit zu gefährden, wenn die Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger belehren muss, wie sie sich bei Hitze verhalten sollten – es sei wichtig, „sich nicht nur an extrem heiße Tage anzupassen, sondern auch an die zunehmende Variabilität des Wetters“, dann lauern nicht überall Gefahren, denen man ausweichen muss, dann leiden die Menschen unter einem Übermaß an Sicherheit und an einem Mangel bedrohlicher Situationen.

Sie würden gerne etwas empfinden, das geiler als geil und krasser als krass ist. Allein, es ist in ihrem Leben nichts da, das eine Grenzerfahrung verspricht. Nicht jeder und nicht jede kann bei DSDS und GNTM teilnehmen.

Also wildern sie in anderer Leute Nöten. In Bochum gab es vor dem Schauspielhaus eine „Aktion“, bei der Passanten, die zufällig vorbeikamen, in einem Kleinlaster eingeschlossen wurden, als wären sie auf dem Weg von Budapest nach Wien Schleppern in die Hände gefallen. Der leitende Dramaturg des Schauspielhauses betonte, es ginge dabei nicht wirklich um Kunst. Die Aktion sei nur „ein kleiner Versuch, mal etwas zu versinnlichen, was wir im Moment ständig auf dem Tisch liegen haben“.

Versinnlichen. Als ob der grausame Tod von 71 Menschen, die erstickt sind, nicht schon „sinnlich“ genug wäre. Aber um seine volle sinnliche Wirkung zu entfalten, muss er noch einmal inszeniert werden. Damit „das Unvorstellbare konkret“ wird, so der Spediteur, der den Kleinlaster dem Theater zur Verfügung gestellt hat. Und nun wird ein Kind zweitverwertet, ein Junge, der vor der türkischen Küste ertrunken ist.

„Wir ertrinken im Wohlstand. Syrische Kinder, auf der Flucht vor Krieg und Elend, ertrinken im Mittelmeer“, klagt ein Kollege, der was von Metaphern versteht. Dem Jungen sei das „Recht auf Leben“ genommen worden. „Dann hat er zumindest das Recht, noch einmal gesehen zu werden.“ Und eine Leserin kommentiert: „Wenn dieses Bild die Welt nicht verändert, haben wir alle versagt.“

Was ist es, das solche Sätze hervorbringt? Mitgefühl oder Kalkül? Ein Zukunftsforscher, der sich damit rühmt, den Kilimandscharo bestiegen zu haben, hält die derzeitige Flüchtlingswelle für „ein unerwartetes Geschenk“, das uns „vor dem Rückgang unseres Lebensniveaus bewahren wird“, eine „riesige Chance für Deutschland“. Er verspricht: „All jene Deutschen, die heute Angst und Vorbehalte haben, werden schon in zehn Jahren von der Leistung dieser Flüchtlinge leben.“ Und: „Die jüngeren Deutschen werden erheblich weniger Steuern und Rentenversicherungsbeiträge zahlen müssen, als ohne Flüchtlinge.“

Wirklich schrecklich, dass nicht alle Flüchtlinge die Anfahrt zum Arbeitsplatz schaffen.

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Nach mehreren hunderttausend Opfern des syrischen Bürgerkrieges, vergast, verstümmelt, gefoltert, geschlachtet, ist der Westen angesichts des Bildes eines zwei- oder dreijährigen syrischen Jungen aus Kobane jetzt erstmals erschüttert. Die Flucht des Kindes endete an der türkischen Küste, wo seine Leiche, in der Brandung dümpelnd, gefunden wurde. Manchmal bewirken solche ins Mark treffend Bilder etwas. So wie die Aufnahmen der Ermordung Neda Soltans bei den Aufständen im Iran 2009 für kurzzeitiges Unwohlsein sorgten, bis der deutsche Pazifist zur Tagesordnung (€-Rettung, Energiewende, soziale Gerechtigkeit, Klimawandel, schwule Ampelmännchen, gendergerechte Toiletten) zurückkehrte.

Da es die sog. „Völkergemeinschaft“ nur in dem von Nachrichtensendungen vermittelten Trugbild gibt, stellt sich die Frage: Wie soll der Westen reagieren? Soll er überhaupt handeln?

Sollte Bundeskanzlerin Merkel ihren Außenminister Steinmeier nach Syrien und in den Irak schicken? Damit Deutschland seiner politischen, moralischen und geschichtlichen Verantwortung gerecht werden kann? Und das Morden, Verstümmeln, Foltern und der Einsatz von Massenvernichtungswaffen endet? Damit Steinmeier ISIS, Assad, al-Nusra und deren Gesinnungsgenossen mahnend ins Gewissen redet? Um einen “ersten und wichtigen Schritt hin zur Entschärfung des Konflikts, hoffentlich zum Schweigen der Waffen”, zu gehen.

Steinmeier selbst hat sicher keinen Zweifel daran, dass seine diplomatischen Fähigkeiten auch Adolf Hitler gebremst und bekehrt hätten. Nach Syrien oder in den Irak möchte der Herr Außenminister aber augenscheinlich nicht. Weil er lieber, ein Menschenleben zu spät, mit seiner ebenso grandiosen wie floskelhaften und zuverlässig folgenlos bleibenden Rhetorik an die Gräuel der Naziherrschaft erinnert. Und mahnt. Wäre es nicht grandios, wenn wir ein Mitglied der Bundesregierung hätten, das seinen Gegnern, wie einst US-General James Mattis, vor Gesprächsbeginn eine Botschaft wie diese schickt:

„I come in peace. I didn’t bring artillery. But I’m pleading with you, with tears in my eyes: If you fuck with me, I’ll kill you all.“

Bei ISIS könnte man, ohne langes Gerede, gleich mit der zweiten Option anfangen. Über die Glaubwürdigkeit einer solchen Mitteilung muss angesichts der Schlagkräftigkeit einer Armee, deren zivile Spitze Ursula von der Leyen bildet, noch einmal nachgedacht werden. Eine Truppe, deren Sturmgewehre überhitzen und die statt IS-Kämpfer zu töten, über eine Kinderkrippen-Offensive nachdenkt. Das mit den Gewehren macht übrigens nichts. Die werden sie sowieso nie einsetzen.

Ein hierzulande nicht sonderlich populärer US-Präsident hat zum 60. Jahrestag Israels in der Knesset eine Rede gehalten. Er war Realist und kein Anhänger der Steinmeierschen Verhandlungen-Über-Alles-Schule:

„Einige treten dafür ein, dass wir mit den Terroristen und Radikalen verhandeln sollten, als ob ein geniales Argument sie davon überzeugen könnte, dass sie die ganze Zeit Unrecht hatten. Wir haben diesen törichten Irrglauben bereits früher gehört. Als die Panzer der Nazis 1939 nach Polen vorstießen, erklärte ein amerikanischer Senator: ‚Oh Gott, hätte ich nur mit Hitler sprechen können, all dies hätte vermieden werden können.’ Wir haben die Pflicht, dies als das zu bezeichnen, was es ist: der falsche Trost des Appeasement, der wiederholt von der Geschichte diskreditiert worden ist.“

Die einzige Alternative, die Steinmeier zu seinem in der Regel ergebnislosem Verhandeln einfällt, ist die Kapitulation. Steinmeier kapituliert aber auch, wenn er (mit-) verhandelt, wie das Iran-Atom-Fiasko sehr schön zeigt. Und die Alternative, die es zu erwägen gilt, wenn Verhandeln wie bei ISIS und Assad keine Option ist, kommt in der Steinmeierschen Denkschule nicht vor. Da gilt hierzulande ein Denkverbot. Dann bleibt halt nur das Mahnen. Und das kann er wie kein Zweiter.

Dennoch sollte man darüber nachdenken, ob man dies Steinmeier tatsächlich zum Vorwurf machen kann. Er verkörpert ja eigentlich nur die eskapistische und pazifistische Grundhaltung der Deutschen. Er gibt der moralischen Verwahrlosung ein Gesicht.

Die westlichen Demokratien hatten Gelegenheit, das traurige Ende des syrischen Jungen zu verhindern. Und das Massensterben in Syrien, das Morden und Schänden im Irak ebenso. Irak war zum Höhepunkt des Bürgerkrieges, etwa 2005-2007, eine Oase des Friedens, zieht man Vergleiche mit der Situation in Syrien/Irak von heute. Der Hauptverantwortliche hierfür sitzt im Weissen Haus. Er zog die US-Truppen 2011 aus dem Irak ab, der leidlich stabil und friedlich war. Um pünktlich zu den Zwischenwahlen 2012 als der Friedensnobelpreisträger da zu stehen, der zwei Kriege beendete. Dafür hat er ISIS und dem Iran den Irak überlassen.

Es war auch Obama, der den Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten in Syrien als „rote Linie“ bezeichnete. Und es war Obama, der zurückwich, als das Assad-Regime seine Warnung ignorierte. Als Bilder von entstellten Körpern, von gewundenen Kinderleichen mit Schaum vor dem Mund in der Presse auftauchten. Das grausame Schicksal des kleinen Jungen aus Kobane hat sich, noch fürchterlicher, schon viele Male zuvor abgespielt.

Der Westen hätte handeln müssen. Er tat es nicht. Deutschland hätte handeln müssen. Wir taten nichts. Es war mir von jeher ein Rätsel, wie man mit dem unglaublichen Zynismus leben kann, Sonntagsreden zur Shoa, zu Auschwitz zu halten und gleichzeitig beim Giftgaseinsatz in Syrien zuzuschauen und den Mullahs die geschäftstüchtige Hand zu schütteln.

“Ich glaube, dass der Iran sehr viel Einfluss auf das hat, was in Syrien stattfindet.”, sagt Angela Merkel.

Wenn Merkel und Steinmeier schon jegliche moralischen Kategorien abgehen, wie wäre es dann wenigstens mit kaltschnäuziger Realpolitik. Denn die mangelnde Bereitschaft, in Syrien einzugreifen, hat jeden Tag ganz konkrete Folgen für Deutschland und Europa. Zwei Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei, eine Million im Libanon, weitere Millionen sind unterwegs. Viele davon auf dem Weg nach Deutschland. Wie man täglich durch das propagandistische Trommelfeuer der Medien lernen darf, ist das ein grosser Segen für Deutschland, weil wir Zuwanderung brauchen.  Da darf man sich dann ja bei den Akteuren des syrischen Bürgerkrieges noch brav bedanken, statt ihnen das Licht auszuknipsen.

Es ist nicht die Moral, die Merkel und Steinmeier bremst. Es liegt nicht an grundsätzlichen, pazifistischen Erwägungen. Die Regierung ist gleichzeitig bereit, Panzer an Saudi-Arabien zu liefern, ein autoritäres Regime, das im Nachbarland Bahrain Proteste niederwalzt. Und macht Geschäfte mit dem Terrorregime in Teheran. Merkel überträgt schlicht jenes politische Defensivspiel,– abwarten, beobachten, moderieren -, das sie in der Innenpolitik betreibt, auch auf die Außenpolitik. Sie meidet den Krieg, weil er ein strategisches Risiko ist – und weil sie Unberechenbares generell meidet, um ihre Wiederwahl nicht zu gefährden. Kinderleichen mit Schaum vor dem Mund werden dann mit   akustischen Seifenblasen, die Betroffenheit simulieren, wegerklärt.

Niemals wird Deutschland Soldaten nach Syrien schicken, um dabei mitzuhelfen, das Übel des IS auszumerzen oder wenigstens Schutzzonen für die geschändete Bevölkerung einzurichten. Weshalb man die faktisch kampfunfähige Bundeswehr auch gleich auflösen kann. Dann gäbe es in den Kasernen wenigstens Platz für die Flüchtlinge. Die Flüchtlingskrise ist direktes Ergebnis der Feigheit des Westens, der Weigerung, das Böse in Nahen und Mittleren Osten zu konfrontieren.

Die USA, Deutschland, der Westen tragen einen grossen Teil der Verantwortung für die Pein des kleinen kurdischen Jungen, für das grauenhafte Ende der vergasten Kinder in Syrien. Bequem am ersten Latte des Tages schlürfend, haben wir dem Krebsgeschwür in Syrien beim Wuchern zugesehen. Europa, das sich selber als „Wertegemeinschaft“ preist, kollidiert gerade mit der Wirklichkeit. Schulden wir dem kleinen Jungen irgend etwas? Ich habe keine Hoffung, dass unser Land darauf je die richtige Antwort geben wird. Die zivilisatorische Ermüdung Deutschlands und die Krise Europas scheinen endgültig. Beide Säulen der europäischen Integration, der € und Schengen, kollabieren in der ersten Krise.

“‘Wir zitterten jeden Tag vor der SS. Wir hatten keinen Zweifel, dass sie uns am Ende als Zeugen ihrer Taten umbringen würden.’ Meine Damen und Herren, Es ist ein Kind, das seine Angst so schildert. Eine Angst, die es erzittern ließ. Jeden Tag aufs Neue.” Frank-Walter Steinmeier zum 70. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen.

Lass gut sein, Frank-Walter!

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Die muslimische Bevölkerung in Deutschland wird 2015 um mehr als 700.000 in die Höhe schnellen, so dass die Gesamtzahl der im Land lebenden Muslime zum ersten Mal an die Sechs-Millionen-Marke stößt.

Das Anwachsen von Deutschlands muslimischer Bevölkerung – angetrieben von einer Einwanderungswelle, die in der Nachkriegsgeschichte ohne Beispiel ist – bedeutet einen demografischen Wandel epischen Ausmaßes, von dem Kritiker der Einwanderungspolitik der offenen Tür sagen, dass er Deutschlands Gesicht für immer verändern werde.

Wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf einer Pressekonferenz am 19. August offenlegte, ist zu erwarten, dass 2015 die Rekordzahl von 800.000 Migranten und Flüchtlingen – das Äquivalent von einem Prozent der deutschen Bevölkerung –nach Deutschland kommen wird, viermal so viele wie im Jahr 2014. Nach Angaben des Ministers kamen allein im Juli 83.000 Migranten, und die Zahl für August werde noch höher ausfallen.

Viele dieser Menschen kämen aus dem Nahen Osten und Nordafrika, doch eine große Zahl (40 Prozent) stamme auch aus den Balkanstaaten, darunter Albanien und der Kosovo. Demnach wären fast die Hälfte derer, die in Deutschland ankommen, keine Flüchtlinge aus Kriegsgebieten, sondern Wirtschaftsflüchtlinge.

Laut einem Bericht der Deutschen Welle werden in dem hier gezeigten Berliner Aufnahmezentrum täglich 2.000 Asylanträge gestellt. (Foto: Screenshot Deutsche Welle TV)

Laut einer neuen Schätzung des Zentralrats der Muslime in Deutschland sind mindestens 80 Prozent (640.000) der 800.000 Migranten und Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland kommen, Muslime. Diese Zahlen werden von niemandem angezweifelt.

Zu den Neuankömmlingen kommt das natürliche Wachstum der bereits in Deutschland lebenden muslimischen Gemeinde hinzu, das Zahlen zufolge, welches sich aus einer aktuellen Studie – die das Pew Research Center über das Wachstum der muslimischen Bevölkerung in Europa vorgelegt hat – errechnen lassen, bei etwa 1,6 Prozent pro Jahr (77.000) liegt.

Laut der Kalkulation von Pew gab es in Deutschland Ende 2014 etwa 5,068 Millionen Muslime. Durch die 640.000 muslimischen Migranten, die 2015 nach Deutschland kommen und das natürliche Wachstum von 77.000 wird die muslimische Bevölkerung in Deutschland bis Ende 2015 sprunghaft um 717.000 anwachsen, auf schätzungsweise 5,785 Millionen. Damit hätte Deutschland die größte muslimische Bevölkerung aller Länder Westeuropas.

Zum Vergleich: Auf die Vereinigten Staaten bezogen entspräche das Wachstum von Deutschlands muslimischer Bevölkerung einem Zuwachs von drei Millionen in nur einem Jahr.

Kritiker sagen, die deutsche Regierung – unter dem Druck, Europas Migrationskrise zu lösen – ignoriere die langfristigen Folgen einer so großen Zuwanderung von Migranten aus dem Nahen Osten und Nordafrika.

Zusätzlich zu den Sicherheitsbedenken – es ist in höchstem Maße wahrscheinlich, dass islamische Radikale versuchen, als Flüchtlinge getarnt nach Deutschland einzureisen –, so sagen sie, werde die anschwellende muslimische Einwanderung auch die Islamisierung Deutschlands beschleunigen, ein Prozess, der schon lebhaft im Gange ist.

Der Islam ist die am schnellsten wachsende Religion im nachchristlichen Deutschland. Ein Beleg dafür ist die Tatsache, dass immer mehr Kirchen in Deutschland zu Moscheen umgewidmet werden, von denen einige öffentlich den Gebetsruf (den adhan) über außen angebrachte Lautsprecher ausstrahlen. Das nimmt so sehr zu, dass einige Viertel Deutschlands inzwischen optisch und akustisch an den muslimischen Nahen Osten erinnern.

Mit großer Geschwindigkeit breitet sich das islamische Schariarecht überall in Deutschland aus; Schariagerichte sind mittlerweile in jeder großen deutschen Stadt aktiv. Diese „Schattenjustiz“ untergrabe den deutschen Rechtsstaat, warnen Experten, doch der deutsche Staat sei dagegen „machtlos“. Gleichzeitig beziehen sich auch Richter ordentlicher deutscher Gerichte immer häufiger auf das Schariarecht.

Die Vielehe, obgleich nach deutschem Recht illegal, ist unter Muslimen in den großen deutschen Städten gang und gäbe. So wird etwa geschätzt, dass sage und schreibe ein Drittel der muslimischen Männer, die in Berlin-Neukölln leben, zwei oder mehr Frauen haben.

Laut einer Dokumentation von RTL nutzen in Deutschland lebende muslimische Männer häufig die Sozialsysteme aus, indem sie zwei, drei oder vier Frauen aus der muslimischen Welt nach Deutschland bringen und sie dann in Anwesenheit eines Imams heiraten. Sobald sie in Deutschland sind, beantragen die Frauen Sozialleistungen, darunter die Übernahme der Kosten einer eigenen Wohnung für sich und ihre Kinder, wobei sie behaupten, „Alleinerziehende mit Kindern“ zu sein.

Obgleich der von muslimischen Einwanderern begangene Sozialbetrug ein „offenes Geheimnis“ sei und die deutschen Steuerzahler Jahr für Jahr Millionen koste, wagten die deutschen Behörden es aus Gründen der politischen Korrektheit nicht, Maßnahmen dagegen zu ergreifen, so der RTL-Bericht.

Immer mehr Gewaltkriminalität, die von gelangweilten Einwanderern aus dem Nahen Osten und dem Balkan verübt wird, hat manche Teile einiger deutscher Städte zu „rechtsfreien Zonen“ gemacht, die für die Polizei de facto „No-Go“-Zonen sind.

In Wuppertal versuchten bärtige muslimische Radikale, die sich selbst als „Schariapolizei“ bezeichneten, auf den Straßen islamisches Recht durchzusetzen, indem sie gelbe Zettel verteilten, auf denen die islamischen Verhaltensnormen in den Schariazonen der Stadt erklärt wurden. In Hamburg haben muslimische Radikale Dutzende von Grund- und weiterführenden Schulen infiltriert, wo sie nichtmuslimischen Schülern und Lehrern Schariaregeln und -Werte aufzwingen.

In Berlin haben Kommunalbeamte eine Regel außer Kraft gesetzt, die Angestellten in Behörden religiöse Kleidung verbietet, um einer Muslimin das Tragen eines Kopftuchs zu ermöglichen. In Bayern wird erwogen, muslimische Kinder von verpflichtenden Klassenfahrten zu Holocaustgedenkstätten zu befreien.

Das Land Bremen hat einen Staatsvertrag mit den muslimischen Religionsgemeinschaften unterzeichnet. Das Abkommen garantiert den Schutz von muslimischem Gemeindeeigentum, die Genehmigung des Baus von Moscheen mit Minaretten und Kuppeln, die Bereitstellung von Grundstücken für muslimische Friedhöfe, das Angebot von halal-Essen in Gefängnissen und Krankenhäusern, die Anerkennung dreier muslimischer Feiertage, die muslimische Vertretung in staatlichen Institutionen und eine Reihe von anderen Rechten und Privilegien.

Mehr als 700 deutsche Muslime sind nach Syrien und in den Irak gereist, um sich dort dem Islamischen Staat anzuschließen – einige von ihnen beziehen weiterhin Sozialleistungen vom deutschen Staat, während sie auf den Schlachtfeldern des Nahen Ostens kämpfen. Auch Dschihadisten, die zurückgekehrt sind und eine akute Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen, können dessen ungeachtet weiterhin Sozialleistungen erhalten.

Deutschland beherbergt über 7.000 Salafisten, die einem Zweig des radikalen Islam anhängen, der Deutschlands demokratische Ordnung völlig ablehnt. Laut deutschen Behörden sind tausend von ihnen besonders gefährlich (einige sollen sich Schläferzellen angeschlossen haben) und könnten jederzeit Anschläge verüben.

Während all dies passiert, wird Salafisten erlaubt, offen auf deutschen Straßen zu missionieren und neue Rekruten zu werben und so ihre Zahl zu erhöhen. Eine dieser Rekrutierungsinitiativen ist die beispiellose landesweite Kampagne „Ein Koran in jedem deutschen Haushalt“, bei der 25 Millionen Exemplare des Koran in deutscher Übersetzung an alle Haushalte verteilt werden sollen.

Trotzdem machen die Wächter des deutschen Multikulturalismus Überstunden, um diejenigen, die sich kritisch über den Aufstieg des Islam äußern, zum Schweigen zu bringen. In Bayern etwa werden Aktivisten, die gegen den Bau einer Megamoschee in München sind, als „Extremisten“ eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet.

Wer den Aufstieg des Islam kommentiert, wird von den deutschen Medien beschuldigt, Hass zu verbreiten – ein hinterhältiger Versuch, solche Leute so einzuschüchtern, dass sie nichts mehr sagen. Besonderen Zorn trifft eine sehr populäre deutschsprachige Website, die sich Politically Incorrect (PI) nennt und die über die Jahre zu einem wichtigen Informationsportal für Leute geworden ist, die über die Ausbreitung des Islam in Deutschland besorgt sind. Das Motto von PI lautet: „Gegen den Mainstream, proamerikanisch, proisraelisch, gegen die Islamisierung Europas.“ Es ist nicht überraschend, dass die deutsche Medienelite PI abschalten möchte.

Gut möglich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel – die kürzlich zugab, dass der deutsche Multikulturalismus gescheitert ist – in der Masseneinwanderung aus der muslimischen Welt die Lösung für das Problem der kollabierenden Geburtenrate in Deutschland sieht, die eine der niedrigsten weltweit ist.

Die deutsche Regierung erwartet, dass die Bevölkerung bis 2060 von etwa 81 Millionen auf 67 Millionen sinken wird, während das Statistische Bundesamt kürzlich meldete, dass eine hohe Zahl von Zuwanderern dazu führen werde, dass die Einwohnerzahl weniger stark sinkt als erwartet.

Eine Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) warnt davor, dass niedrige Geburtenraten die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gefährden könnten. In keinem anderen Industrieland verschärfe sich dieser Trend trotz des Zustroms an jungen Arbeitsmigranten so stark wie in Deutschland, schreibt das HWWI. „Ohne einen starken Arbeitsmarkt kann Deutschland langfristig kein dynamisches Wirtschaftszentrum bleiben.“

Doch wenn Einwanderer ein Gewinn für die deutsche Wirtschaft sein sollen, muss Deutschland bei ihrer Integration weitaus bessere Ergebnisse erzielen als dies bislang der Fall ist. Wie eine neuere Studie des Kölner Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie arbeitslos sind und von Sozialleistungen leben, bei muslimischen Migranten höher als bei jeder anderen Gruppe. Die Ursache dieser hohen Arbeitslosigkeit sei ein Mangel an Ausbildungsleistungen und Jobqualifikationen, so der Bericht.

Unterdessen zeigt die Migrationskrise keine Anzeichen des Nachlassens. Auf einem Treffen in Wien, bei dem am 27. August über Einwanderung beraten wurde, sagte Johannes Hahn, der EU-Kommissar für Nachbarschaftshilfe und Erweiterung: „20 Millionen Flüchtlinge warten an der Schwelle Europas. Zehn bis zwölf Millionen in Syrien, fünf Millionen Palästinenser, zwei Millionen Ukrainer und etwa eine Million im Südkaukasus.“

Am 21. August setzte Deutschland das sogenannte Dubliner Abkommen – einen Vertrag, der von Menschen, die Zuflucht in der EU suchen, verlangt, dies in dem ersten europäischen Land zu tun, das sie erreichen – für Asylsuchende aus Syrien außer Kraft. Das bedeutet, dass Syrern, die nach Deutschland kommen, erlaubt wird, solange zu bleiben, bis ihr Antrag bearbeitet ist. Kritiker sagen, dies werde noch mehr Migranten Anreiz geben, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen.

Die meisten Deutschen scheinen unbeeindruckt von dem zu sein, was in ihrem Land passiert. Einer am 21. August vom ZDF veröffentlichten Umfrage nach meinen 60 Prozent der Deutschen, dass ihr Land die hohe Zahl von Flüchtlingen verkraften könne, 86 Prozent sagen, Deutschland sei ein Einwanderungsland.

In einem Interview mit dem Tagesspiegel sagt Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, die Welle der ins Land kommenden Muslime sei so groß, dass viele Moscheegemeinden allein im letzten Monat aufs Doppelte angewachsen seien. Sein Kommentar zu der über Deutschland hereinbrechenden demografischen Revolution: „Die Zahl der Muslime in Deutschland wird signifikant wachsen.“

Der ungarische Präsident Viktor Orban ist derweil einer der wenigen europäischen Staatschefs, die Alarm schlagen: „Vor einem Jahr sagte ich, dass wir in Zeiten leben, wo alles passieren kann, und das sage ich immer noch“, sagte er kürzlich. „Wer hätte gedacht, dass Europa nicht dazu in der Lage sein würde, seine Grenzen gegen unbewaffnete Flüchtlinge zu schützen?“ Er fügte hinzu:

„Was für uns heute in Europa auf dem Spiel steht, ist die Lebensart der europäischen Bürger, europäische Werte, das Überleben oder Verschwinden europäischer Nationen und, genauer formuliert, deren Transformation zur Unkenntlichkeit. Heute geht es nicht nur um die Frage, in welchem Europa wir leben wollen, sondern darum, ob das, was wir als Europa begreifen, in Zukunft überhaupt noch existieren wird.“

Soeren Kern ist ein Senior Fellow des New Yorker Gatestone Institute und Senior Fellow for European Politics der in Madrid ansässigen Grupo de Estudios Estratégicos / Gruppe Strategische Studien. Besuchen Sie ihn auf Facebook und folgen ihm auf Twitter.

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welt.de

Die deutsche Hilfe läuft im Katastrophenmodus
Wolfgang Büscher und Michael Ginsburg

In Berlin stehen 300 Bürger bereit, um Vormund zu werden für unbegleitete junge Flüchtlinge – ein kleines Drama im großen. 165 solcher Jugendlichen kamen im Juni, 326 im Juli, im August 400 weitere allein nach Berlin. In Hohenmölsen in Sachsen-Anhalt nimmt der Traktor-Hersteller Agco auf dem Werksgelände 58 Flüchtlinge auf. Vorstand Hans-Bernd Veltmaat sieht in den Flüchtlingen künftige Gabelstaplerfahrer und Schweißer für sein Werk. Doch laut deutschem Asylrecht darf er sie weder ausbilden noch beschäftigen. Sein Angebot einer Bleibe für weitere 90 Flüchtlinge plus Ausbildungswerkstatt liegt auf Eis. „Sobald die Behörden mitspielen, investieren wir in die nächste Unterkunft“, sagt er. „Vorher nicht.“

Zwei Beispiele für das Sommermärchen weltweit bestaunter deutscher Barmherzigkeit, sie stehen für viele. Doch nun werden die Tage kühler. Der Winter steht bevor – was nun? Wohin mit den Tausenden aus den Zeltstädten überall im Land? Verkraftet unser Sozialsystem so einen Zuzug, wie bewältigen unsere Schulen Zigtausende Kinder, die kein Wort Deutsch reden? Erst hieß es Flüchtlingswelle, jetzt heißt es Flüchtlingskrise – wie wird es im Winter heißen: Flüchtlingskatastrophe?

Jetzt sind große Entscheidungen gefragt. Jetzt ist die Bundespolitik dran. Sie hat sich lange vornehm zurückgehalten. Wäre es um eine Flut- statt um eine Fluchtwelle gegangen, unsere Spitzenpolitiker wären wie einst Gerhard Schröder in die Gummistiefel gesprungen, um sich als Deichgrafen filmen zu lassen. Doch obwohl die Dämme unserer Hilfskapazitäten gefährlich ächzen, wurde lange niemand aus Berlins Regierungsviertel vor Ort gesichtet.

Immer wenn eine Notlage da ist, heißt es in den Nachrichten: Ein Krisenstab wurde gebildet. Ach so. Der Krisenstab zum Flüchtlingsdrama tagte erstmals vorige Woche. Es gibt ihn seit Juni, aber mehr als ein paar Telefonkonferenzen brachte er nicht zuwege. Das änderte sich, als die NPD ins Spiel kam. Als in Heidenau rechtsradikale Parolen und Feuerwerkskörper flogen. Da begriffen Vizekanzler und Kanzlerin, dass es Zeit war, auf dem Deich zu stehen. Sich vor die Flüchtlinge zu stellen und vor den tapferen Bürgermeister von Heidenau.

Der erste Akt des Fluchtdramas heißt Erstversorgung. Die wird geleistet, Hals über Kopf improvisiert, aber mit Herz und Tatkraft. In die Bewunderung der Welt dafür mischt sich aber auch die Erleichterung darüber, dass alles zu uns drängt. Andere Staaten winken die Massen durch und hoffen oder nehmen ein paar symbolische Tausend auf wie jetzt England, hoffend, der ganz große Kelch möge an ihnen vorübergehen. EU – die Egoistische Union.

Deutschland stemmt das Gros der Hilfe allein. Jeder Flüchtling findet bei uns ein Feldbett, kriegt dreimal täglich zu essen, wird ärztlich versorgt. Viele Ehrenamtliche arbeiten am Rande der Erschöpfung. Tausende Deutsche spenden oder leisten tätige Hilfe. Bürgersinn ersetzt fehlende staatliche Hilfsstrukturen. Ein reißfestes Netz der Katastrophenhilfe rettet die Lage. Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk, Caritas, Diakonie – dies ist ihre „finest hour“. Ihr heroischer Moment, in dem sie zeigen, was sie können.

Notfalls können sie Wunder wirken. Wie in Leipzig. „Die Baubürgermeisterin“, berichtet Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), „wird am Mittwochabend von der Landesdirektion angerufen und davon in Kenntnis gesetzt, dass am Freitag über 400 Asylbewerber in der Universitäts-Sporthalle untergebracht werden müssen.“ Die Landesdirektion ist, was woanders das Regierungspräsidium ist: die mittlere Ebene im Bundesland. So ist der Dienstweg. In den Worten von Sonja Brogiato vom Leipziger Flüchtlingsrat: „Das Land teilt die Flüchtlinge zur Erstaufnahme zu, die Kommune muss springen.“ Aber – und das ist die Kritik des Leipziger OBs – dieser Dienstweg wird nicht ruhigen Fußes beschritten. Es wird auf ihm holterdiepolter von oben nach unten gestolpert.

„Die Stadt und ihre Einwohner“, sagt Jung, „werden davon überrascht. Die Universität wird überrascht. Die Sportwissenschaftliche Fakultät hat Riesenprobleme, der Vereinssport, der in der Halle stattfindet, ist nicht informiert – und da bestehen Verträge.“ Und das Schlimmste: „Es stand nicht mal ein Betreiber der improvisierten Asylunterkunft fest.“ Mit einem Wort, der Freistaat stellt dem Leipziger OB 400 Flüchtlinge vor die Tür und sagt: Sieh zu, wie du klarkommst.

Die Johanniter springen ein

Es beginnt ein hektisches Herumtelefonieren. Man ruft die Freiwillige Feuerwehr an, das Sozialamt: Habt ihr eine Idee, wer in der Sporthalle der Uni eine Unterkunft für gut 400 Leute bis übermorgen aufbauen und betreuen könnte? Irgendwem fallen die Johanniter ein, die können so was, die trainieren Notlagen. „Sehr kurzfristig“, erzählt Sonja Brogiato, „konnten diese katastrophenschutzerfahrenen Ehrenamtlichen gefunden werden. Ich möchte nicht wissen, was passiert wäre, wären die Johanniter nicht eingesprungen.“

Sie stellten Campingpritschen in die Halle, im Abstand von 50 Zentimetern, wie sie es trainiert hatten für Katastrophen. Man muss es sich klarmachen: Das ist der Stand der Flüchtlingshilfe im Land – sie läuft im Katastrophenmodus ab. Wie bei einer Flutkatastrophe. Mittlerweile haben die Johanniter Sichtblenden zwischen die Pritschen stellen und drei Zelte in der Halle errichten können. Eines für stillende Mütter, ein Spiel- und ein Gebetszelt. Getragen wird das alles von freiwilligen Helfern. Ohne sie würde es zusammenbrechen.

Was Jung nicht versteht: „Die Flüchtlingszahlen sind immer nur geklettert. Schon vor zwei Jahren sah man das kommen, wenn man es sehen wollte. Alles wäre sehr viel besser, sehr viel entspannter, hätte man sich frühzeitig vorbereitet.“ Jung hatte beizeiten die Sanierung eines früheren Kinderkrankenhauses angeregt, um sich auf die Fluchtwelle vorzubereiten. Das Land lehnte ab. Warum? „Ich weiß es auch nur aus den Zeitungen – die Umbaukosten waren dem Land wohl zu hoch.“ Will sagen, man redete nicht mit ihm. Jung: „Das finde ich indiskutabel. Man muss planen und zugleich akut handeln, wenn es passiert, nur das ist eine fürsorgliche Politik.“

Die Bürger müssten eingebunden sein. „Sie haben ein Recht darauf zu verstehen, was vorgeht.“ Kommt alles über Nacht über sie, fühlen sie sich überrollt. Für jeden Radweg gibt es ein monatelanges Bürgerbeteiligungsverfahren – aber wenn 40.000 Flüchtlinge kommen, wird durchdekretiert. „So viele erwarten wir jetzt in Sachsen“, sagt Jung. „Vorher war von 20.000 die Rede.“

Die Kurve ist steil und eindeutig

Was soll der Freistaat tun? „Ich möchte hundertprozentige Kommunikation, hundertprozentige Transparenz, hundertprozentige Kostenübernahme durch das Land.“ Diesen Zielen ist der Leipziger OB seit Mittwoch einen Schritt näher. Das Gespräch mit der Landesregierung fand nun endlich statt. „Der Freistaat hat die Signale verstanden, es gibt jetzt erste Kooperationsgespräche auf Augenhöhe und höchster Ebene. So lassen sich die Herausforderungen deutlich besser angehen.“

Niemand konnte diesen Ansturm vorausahnen – das hört man jetzt oft. Es trifft nicht zu. Kaum einer, der an dem Thema dicht dran ist, war ahnungslos. Stift, Lineal und drei Sekunden Überlegen hätten gereicht, um den Anstieg der Asylanträge vorauszusehen und die Engpässe zu verhindern. Seit Jahren geht die Kurve der Asylbewerberzahl nach oben. 2011: etwa 50.000 Anträge. 2012: fast 80.000. 2013: 130.000. 2014: über 200.000. Für dieses Jahr nun rechnet die Bundesregierung mit 800.000. Die stellen zwar längst nicht alle einen Asylantrag, klar ist aber: Die Kurve ist steil, ihr Verlauf zeichnete sich ab.

2009 und 2010 wurde die Visumpflicht für mehrere Staaten des Westbalkans aufgehoben. Seither nimmt die Zahl der Asylerstanträge von dort stark zu. 2012 warnte der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor dem Missbrauch der Visumfreiheit. Er setzte sogar durch, dass im Notfall der Visumzwang wieder eingeführt werden kann.

Nicht nur der Zuzug vom Westbalkan, der teils über die Hälfte der Asylanträge ausmachte, legte zu. Kriegsflüchtlinge kommen aus aller Welt. Aus Afghanistan. Seit 2011 aus Syrien. Aus jenen Staaten, in denen der „arabische Frühling“ in Trümmern liegt. Alle zieht es ins sichere Mitteleuropa, vor allem nach Deutschland. Kaum eine Kriegsregion beruhigte sich. Nichts sprach dafür, dass der Anstieg der Asylanträge gebremst würde. Doch genau davon ging der Bund lange Zeit aus. Die Folgen sehen wir heute.

Die Zahlen stimmen nicht überein

Meist mehrmals im Jahr erstellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Prognose zur Zahl der Asylanträge. Nach ihr richten sich Länder und Kommunen, wenn sie ihre Kapazitäten planen. Liegt das BAMF daneben, können die Folgen dramatisch sein. Seit Jahren sind die Schätzungen des BAMF zu niedrig. Die Behörde musste ihre Zahl oft nach oben korrigieren – ein Grund, warum vor Ort immer wieder Betten fehlen. Seit einem Jahr sorgt das für Krach zwischen Bund, Ländern, Kommunen. Denn der Bund ist nur für die Prüfung der Anträge zuständig. Unterbringung und Versorgung obliegen den Ländern und Kommunen.

Hier aber stellte man fest, dass die Prognosen des BAMF und die Zahlen vor Ort weit auseinanderklafften. Mehrmals appellierten die Länder: Setzt die Prognose herauf, denn wir müssen die nötigen Kapazitäten bereitstellen. Im Frühjahr gab das BAMF nach. Statt von 300.000 erwarteten Anträgen für 2015 sprach man nun von 450.000. Doch auch diese Zahl war damals aus Sicht vieler Länder zu niedrig angesetzt.

Im Bund verwies man lieber auf „Sondereffekte“, die bald wieder ausbleiben würden. Aber das Gegenteil ist der Fall. Der Sondereffekt ist der Normalfall geworden. So ging im vorigen Winter die Zahl der Flüchtlinge, die den Weg übers Mittelmeer nahmen, nicht etwa zurück, sie stieg weiter an, trotz des stürmischen Wetters. Ein Alarmsignal. Gehört wurde es nicht.

Anfang 2015 kamen täglich fast 1500 Kosovaren nach Deutschland. Und als dieser Strom abebbte, stieg die Zahl der Albaner. Nun erleben wir, dass viele Syrer die Hoffnung aufgegeben haben, je wieder in ihr Land heimzukehren. Sie verlassen die trostlosen Lager in den Nachbarstaaten und kommen zu uns. Erst jetzt entschloss sich der Bund, seine Prognose zu überdenken.

Mitte August präsentierte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) endlich jene Zahl, die das Ausmaß der Krise benennt: 800.000. Mit so vielen registrierten Flüchtlingen rechnet er für 2015. Länder und Kommunen können nun planen. Aber musste es so lange dauern? Schon voriges Jahr waren die Erstaufnahmestellen vielerorts überlaufen. Diese Zeitung schrieb damals: „Bilder, die man sonst nur aus Katastrophengebieten kennt, sind auch in Deutschland alltäglich geworden.“ Vom „Ausnahmezustand“ war die Rede.

Auch in Regierungskreisen hieß es, die hohe Flüchtlingszahl bereite große Sorgen. Eilig trafen sich Bund und Länder zum Flüchtlingsgipfel. Ergebnis: eine ordentliche, aber viel zu geringe Finanzspritze von 500 Millionen Euro, deutlich mehr Stellen beim BAMF – aber sonst kaum Konkretes. Bund und Länder, Union und SPD dachten mehr an sich, statt an einem Strang zu ziehen. Die Krise wurde weggegipfelt, nicht gelöst, auch nicht, als dann das BAMF seine Prognose auf 450.000 erhöhte.

Flüchtlingspolitik blieb unattraktiv für Politiker. Strategen sahen darin kein Thema, mit dem man glänzen könnte. Derweil stiegen die Kosten dafür immens. Offenbar musste die Lage erst explodieren. Brennende Flüchtlingsunterkünfte. Schockfotos toter Kinder.

Nun überschlagen sich die Ideen. Erstmals trifft sich der Bund-Länder-Krisenstab. Mit Hochdruck wird an Gesetzesänderungen gearbeitet. Parteipolitik rückt in den Hintergrund. Auch gegenseitige Schuldzuweisungen von Bund und Ländern vernimmt man kaum. Dabei ist klar, der Bund hat die Wucht des Andrangs zu spät erkannt. Er hätte früher mehr Geld geben müssen.

Die Kanzlerin musste erst überzeugt werden

Und die Bundesländer haben es versäumt, ausreichend zentrale Erstaufnahmeplätze bereitzustellen. 150.000 sind nötig, aber nur 45.000 gibt es. Sie werden gebraucht, um schnell über Asylanträge zu entscheiden und den Antragsstau abzubauen. Manches Land fordert mehr Geld vom Bund, reicht aber nur einen Bruchteil an die Kommunen weiter. Vor Ort wird die Krise bislang gemeistert, doch der Bund darf den Kommunen finanziell nicht helfen. Hier muss eine Lösung her.

Die Kanzlerin hat dieses Politikfeld lange gemieden. Im Gespräch mit Vertrauten fragte sie noch nach der Sommerpause, warum ausgerechnet sie ein Flüchtlingslager besuchen solle. Dies sei nicht ihre Aufgabe, sie wolle sich auf das Lösen von Problemen konzentrieren. Als ihr Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) das Thema öffentlichkeitswirksam entdeckte, dachte sie um. Nachdem er Heidenau besucht hatte, eilte auch Merkel hin. Ihren Auftritt vor der Bundespressekonferenz nutzte sie für eine Art Grundsatzerklärung. Kernsatz: „Wir schaffen das!“

Hinter den Kulissen wird in der Union wohl auch darüber nachgedacht, wie man weniger Flüchtlinge aufnehmen könnte. In der mächtigen CDU-Landesgruppe NRW dachte der Bezirksvorsitzende Steffen Kampeter, aber auch der Landesgruppenvorsitzende Peter Hintze über eine Grundgesetzänderung nach. Hintze, der als Merkel-Vertrauter gilt, soll das an die Kanzlerin herangetragen haben. Und diese Woche brachte ausgerechnet Berlins frühere Ausländerbeauftragte Barbara John, die angesehenste Flüchtlingspolitikerin der Union, eine Grundgesetzänderung in Spiel. Ein typisch merkelscher Testballon.

Die Kanzlerin spricht jetzt von einer „nationalen Aufgabe“. Nun sollen Gesetze umgeschrieben und Maßnahmen ergriffen werden. Vielleicht kommt der Kraftakt gerade noch rechtzeitig. Jetzt entscheidet sich, ob ein Winter der Katastrophen vor uns liegt. Oder einer, in dem die deutsche Politik aufhört, sich zu sagen: Das Volk wird’s schon richten.

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Was eben in Deutschland geschieht, erfüllt den Tatbestand der kollektiven Anstiftung zur illegalen Einwanderung. Beteiligt sind daran zuvorderst die Bundesregierung, dann das öffentlich rechtliche Fernsehen und schließlich alle anderen Wortführer einer weitestgehend gleichgeschalteten öffentlichen Meinung. Seit Wochen betreiben die Politiker und ihr medialer Tross eine Deutschland-Propaganda, der hilflos ausgeliefert ist, wer in der Ferne, in Afrika, im arabischen Raum und selbst noch auf dem Balkan nicht durchschauen kann, was hier gespielt wird.

Da viele von denen, die sich davon verführen lassen, nur schlecht, wenn überhaupt lesen und schreiben können – zwanzig Prozent derer, die jetzt gutgläubig nach Deutschland kommen, sind Analphabeten; die wenigsten sprechen englisch; fast keiner versteht ein Wort Deutsch -, da sie alle kaum eine Chance haben, sich zu informieren, müssen sie für bare Münze nehmen, was in der Gerüchteküche brodelt.

Nicht umsonst haben die Deutschen mit ihrem Reichtum angegeben wie Bolle. Das eröffnete die Aussicht, auf der weltpolitischen Bühne mitspielen zu können, führte aber zugleich dazu, dass das Deutschlandbild in den ärmeren Teilen der Welt paradiesische Züge annahm. Peinlich war das kaum einem, schon gar nicht dem politischen Establishment. Seine Vertreter sonnten sich nur zu gern in dem Schulden-finanzierten Glanz eines Sozialstaates, der über kurz oder lang Begehrlichkeiten über die Grenzen hinaus wecken musste. Erst vor wenigen Tagen, als bereits Hunderttausende vor der Tür standen, erklärte Wolfgang Schäuble selbstbewusst einladend, dass die Kosten einer massenhaften Einwanderung durchaus „verkraftbar“ seien.

So etwas spricht in den Zeiten sozialer Netzwerke schnell herum. Am letzten Freitag schon sagte ein noch in Budapest befragter Mann, der mit Smartphone und Laptop auf der Flucht war: „Deutschland will und kann uns alle aufnehmen.“  Ein Kompliment, auf das die Kanzlerin dann wiederum umgehend reagierte, indem sie am Samstag die Grenzen gleich für alle aufmachte. Jeder, versprach sie, werde „ein Dach über den Kopf“ bekommen.

Dass dieses Dach auch eine Zeltplane sein kann, fiel in der Hitze des Gefechts unter den Tisch. Geglaubt hätte es ohnehin kaum einer der Ankommenden. Wie auch, da sie auf den Bahnhöfen, unter anderem in München und Frankfurt, mit „tosendem Jubel“ begrüßt wurden.

Die staatlich proklamierte „Willkommenskultur“ hat sich längst zu einer Hysterie gesteigert, die keinen klaren Gedanken mehr zulässt. Menschen stehen Schlange, um helfen zu können, obwohl längst bekannt ist, dass sich die Helfer gegenseitig auf die Füße treten. Selbst der FC Bayern möchte sich inzwischen unter die Samariter einreihen.

Kaum einer mag sich das Ereignis der Rettung entgehen lassen. Endlich mal etwas Neues, ein Event, bei dem man menschlich so richtig aus sich herausgehen kann. Um diese „spontane Hilfsbereitschaft der Bevölkerung“ nicht „zu stören“, sollte nun auch nicht weiter über die eine oder andere Milliarde, die das Ganze kosten wird, geredet werden, befand Wolfgang Schäuble gestern in einem Interview.

Überhaupt sind kritische Einwände jetzt nicht eben willkommen. Wer sich Sorgen macht, weil er wie Heinz Buschkowsky, der ehemalige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, etwa befürchtet, dass es schwer werden könnte, Asylanten ohne Schulabschluss in Lohn und Brot zu bringen, läuft schnell Gefahr, in die Ecke unbelehrbarer Nationalisten gestellt zu werden.

Da malt sich sogar Joachim Gauck im Gespräch mit dem Bonner General-Anzeiger lieber eine Zukunft aus, in der „sich noch mehr Menschen als bisher von dem Bild einer Nation lösen, die sehr homogen ist, in der fast alle Menschen Deutsch als Muttersprache haben, überwiegend christlich sind und hellhäutig“. Immerhin die Worte eines deutschen Bundespräsident, dem unter anderem die Bewahrung der deutschen Sprache und Kultur am Herzen liegen sollte.

Doch damit ist wohl kein Blumentopf mehr zu gewinnen, nicht in einem Politikbetrieb, in dem die Akteure jede Situation nutzen müssen, um sich ins rechte Licht zu rücken. Niemand versteht sich darauf besser als die Bundeskanzlerin. Auch in der Flüchtlingskrise hat sie die Herzen wieder gewonnen, indem sie Erwartungen weckte, die Hoffnung machen, wenigstens für den Moment.

Wie eine Ikone haben die Menschen auf ihrem Marsch von Budapest zur österreichischen Grenze das Bild Angela Merkels vor sich hergetragen. Manch anderem wäre dieser herausfordernde Personenkult vielleicht unangenehm gewesen, ihr nicht. Vielmehr erkennt sie darin ein Zeichen der Wertschätzung, die Deutschland und die Bundesregierung insbesondere in der Welt genießen. Auch so kann man innen- und außenpolitisch punkten, selbst wenn sich nachher herausstellen sollte, dass die Mehrheit der Verführten in der Fremde schlichtweg chancenlos und zum Schicksal von Sozialhilfeempfängern verdammt ist.

Noch die Not, die Ängste und die Hoffnungen derer, die der Gefahr entkommen wollen, vor Krieg und Terror fliehen oder größtenteils nur ein besseres Leben suchen, werden so zu machtpolitischen Zwecken missbraucht. Freilich nicht allein von den politischen Rattenfängern, die ihnen hierzulande mit ihrer Aufschneiderei das Lied vom Paradies auf Erden vorpfeifen.

Mehr noch als diese dürften unterdessen die Warlords des Islam beim schmutzigen Geschäft mit den Flüchtlingstrecks mitmischen. Um Tausende, darunter Babys, Kleinkinder und Rollstuhlfahrer, wie in der vergangenen Woche in Ungarn in Marsch zu setzen, bedarf es einer straffen Organisation. Spontan läuft so etwas nicht ab, ohne Führung käme der Zug nicht vom Fleck. Um das festzustellen, muss man kein Verschwörungstheoretiker sein. Nur wer sich bewusst dumm stellt, sofern er es nicht von Haus aus ist, kann die Gefahr übersehen, die hier droht.

Der organisierte Terrorismus wird sich die Chance dieser neuen Völkerwanderung jedenfalls nicht entgehen lassen. Er wird die geöffneten Grenzen nutzen, um seine Kämpfer unkontrolliert einzuschleusen, aus Afghanistan, der Hochburg der Taliban, ebenso wie aus den Gebieten, die der IS schon heute beherrscht. Der bereits äußerlich erkennbare Anteil der Muslime unter den Flüchtlingen wächst zusehends.

Müssen wir bei aller Hilfe, die selbstverständlich zu leisten ist, nicht auch diese Gefahren im Auge behalten? So richtig und notwendig es ist, mit immer neuen „Brennpunkten“ des Fernsehens Verständnis für das Elend derer zu wecken, die sich auf eine lebensgefährliche Reise begeben haben, so notwendig wäre es, endlich einmal danach zu fragen, wie diese riesige Fluchtbewegung überhaupt finanziert wird. Woher kommt das Geld, das die Schleuser ihren Opfern, oftmals den Ärmsten der Armen, abknöpfen, bevor sie sie in LKW pferchen oder aufs Meer hinausstoßen? Warum geht keiner der Kollegen bei ARD und ZDF, bei der ZEIT oder dem SPIEGEL diesen Fragen nach? Sind wenigstens unsere Nachrichtendienste hier wachsam genug? Oder haben sie die Bundeskanzlerin schon mit Erkenntnissen versorgt, die so beruhigend waren, dass sie die Öffnung der Grenzen getrost veranlassen konnte?

Solange wir das nicht wissen, müssen wir befürchten, dass der sichtlich überforderte Staat in der Krisensituation leichtfertiger handelt, als es die Lage erlaubt. Wo sich das politische Tun vornehmlich an einem medial befeuerten Mainstream der Gutmenschlichkeit ausrichtet, wird es zur Gefahr für alle. Diese kollektive Anstiftung zur illegalen Einwanderung mag vielleicht nicht justiziabel sein, auf einen Missbrauch der Flüchtlinge läuft es dabei aber allemal hinaus.

Ihnen wird etwas vorgemacht, für das nachher niemand einstehen kann. Der emotional aufgeheizten „Willkomenskultur“ folgt zwangsläufig die Ernüchterung des Lagerlebens in einem der reichsten Länder der Welt – hoffentlich nicht auch noch die bittere Erkenntnis, dass dabei die Sicherheit der hilfsbereiten Bürger aufs Spiel gesetzt wurde, wissentlich, leichtfertig, aus machtpolitischen Interessen oder auch nur, weil man sich fürchtet, der Realität ins Auge zu schauen.

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Von Malte Fischer, 08.09.2015

 

Wir haben keine Probleme. Flüchtlinge haben Probleme. Vielleicht noch die Griechen. Wir haben die Lösungen. Wir sind Fußballweltmeister, Exportweltmeister und jetzt sind wir auch noch Willkommensweltmeister.

Wer wenn nicht wir? Durch die Schaffung urbaner Autonomieregionen haben wir schon die letzte Generation von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten mit links integriert. Dank effizienter Selbstverwaltung und intakten Familienstrukturen muss sich der Staat dort nicht mehr blicken lassen. Junge schwarze Männer versorgen uns bundesweit mit Heilmitteln, die uns alte weiße Männer von der Pharmaindustrie vorenthalten. Viele junge Muslime haben wir trotz des epidemischen Rassismus in deutschen Kindergärten, Schulen und Betrieben so gestärkt, dass sie sich zu behaupten wissen, wenn ein deutscher Herrenmensch zu lange in ihre Richtung guckt.

Es gibt bedauerliche Einzelfälle von Einwanderern, die noch nicht kapiert haben, dass unsere Gutherzigkeit keine Grenzen duldet. Diese jämmerlichen Schoßhunde wollen bessere Nazis sein als Goebbels oder Sarrazin. Sie schreiben Hetzpamphlete wie „Der islamische Faschismus“ oder „Deutschland von Sinnen“. Andere treten extremistischen Sekten wie der AfD oder der CSU bei. Schwamm drüber. Auch die glänzendste Erfolgsgeschichte kommt nicht ohne Kratzer aus. Die Mehrheit der Menschen weiß genau, dass alles Unheil vom Kapitalismus ausgeht und der Islam die friedlichste Religion der Welt ist, so lange ihm niemand die Ehrerbietung vorenthält. Darum haben Hassprediger bei uns wenig zu melden.

Wir Deutsche wurden ja nicht umsonst unsere gesamte Schulzeit mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte konfrontiert. Wir wissen, dass wir kein normales Volk unter Völkern sein können, sondern zum Schlechtesten fähig und zum Besten berufen sind. Karma eben. Auch wenn wir zu bescheiden sind, um es an die große Glocke zu hängen, sind wir doch ein wenig stolz darauf, dass uns der Holocaust zu Weltbürgern mit einer besonderen Sensibilität gegenüber jeder Form von Menschenfeindlichkeit gemacht hat. Jedenfalls die meisten von uns. Den Rest machen wir gerade recht erfolgreich unschädlich.

Dank unseres lebendigen Antifaschismus würde Adolf Hitler heute kläglich an der 5-Prozent-Hürde scheitern. Ein schöner Erfolg. Leider gibt es trotzdem immer mehr Rückfallgefährdete. Diese tickenden Zeitbomben gilt es zu entlarven und aus ihren dunklen Löchern ins gleißende Licht Helldeutschlands zu zerren. Manche erkennt man leicht daran, dass sie genüsslich lächelnd das N-Wort in den Mund nehmen. Andere tarnen sich als „besorgte Bürger“ und sind sich in ihrem Wahn oft nicht einmal der Tatsache bewusst, dass sie verklemmte Menschenverbrenner sind.

Dank des gesellschaftlichen Fortschritts können rechtsradikale Geschwüre heute zum Glück sehr viel früher erkannt und behandelt werden. Politik und Medien ziehen endlich an einem Strang, die Menschen aufzuklären, damit ihre Herzen rein bleiben mögen und sie mit ehrlicher Anteilnahme „Refugees welcome“ und ähnliche humanistische Weisheiten unter die Bilder ertrunkener Kinder schreiben. Promis promoten ein respektvolles Miteinander auf Augenhöhe und grüßen ihre Gemüsetürken und Lieblingsitaliener noch herzlicher als früher.

„Helfen oder Maul halten“ ist die erfrischend zupackende Losung der Stunde. Im Sinne der vielen kleinen Aylans in türkischen Flüchtlingscamps, libanesischen Elendsvierteln und albanischen Ghettos feiern wir uns selbst und unsere Willkommenskultur. Wir schicken die frohe Botschaft unserer Entschlossenheit, allen Notleidenden ein gutes Leben zu schenken, durch die Medien und sozialen Netzwerke um den Globus. So geben wir Familien die nötige gute Hoffnung, um ihre Ersparnisse und das Leben ihrer Kinder engagierten Fluchthelfern anzuvertrauen. Die multinationalen Reiseveranstalter in der Türkei, Nordafrika oder auf dem Balkan können sich dank der von uns gern zur Verfügung gestellten Hochglanzbilder des fremdenfreundlichsten Deutschlands aller Zeiten über monatelange Ausbuchung freuen. Eine klassische Win-Win-Situation. Menschenhändler und Menschenfreunde profitieren. Und manchmal sogar Flüchtlinge. Am meisten die jungen, starken und männlichen, die den nötigen Biss für die Reise ins Glück mitbringen.

Deutschlands Stern strahlt umso heller da überall sonst in Europa das Licht der Menschlichkeit verglimmt. Während wir ein Berufsverbot für Fremdenfeinde durchsetzen, tummeln sie sich in Ungarn, Polen, England oder Italien unbehelligt in den Regierungen. Selbst Schuld! So haben wir die Steuerzahler von morgen ganz für uns allein. Studien beweisen, dass selber arbeiten und Kinder kriegen stressig ist und Depressionen fördert.

Viele Deutsche haben dafür schlicht keine Zeit, zumal der Kampf gegen rechts gerade die Besten von uns ganz schön auf Trab hält. Übrigens ist dezente Zurückhaltung bei der eigenen Vermehrung immer noch das wirksamste Mittel gegen nationalistischen Größenwahn. Ohne viele kleine Arier kommt auch ein neuer Führer nicht aus.

Neben frischem Blut hilft guter Rassismus gegen Rassismus und Deutschtümelei. Deshalb sind alle in den Medien portraitierten Flüchtlinge studierte Syrer mit lieben Augen und beachtlichen Deutschkenntnissen. Deshalb bekommen verletzte oder ermordete Flüchtlinge von unserer kritischen Öffentlichkeit erst einen Namen und ein Gesicht wenn ihre Peiniger deutsche Rechte sind. Bis nach all den nicht so wichtigen Toten und Verletzten der letzten Monate doch noch ein Foto für den Aufstand der Anständigen dabei ist, halten wir Titelseiten und Talkshows frei für brennende Wohnheime (wenn Deutsche sie angezündet haben) und rassistische Facebook-Posts (wenn Deutsche sie geschrieben haben).

Mit derselben Aufrichtigkeit trauern wir um tote Palästinenser wenn der Täter ein Israeli, um tote Schwarze wenn der Täter ein weißer Polizist und um tote Flüchtlinge wenn der Täter mit kleinen argumentativen Umwegen die „Abschottungspolitik“ der EU ist. Wir stehen immer auf der Seite der Schwachen und finden die Starken immer widerlich. Das ziehen wir durch bis wir endlich in einer Welt leben, in der es keine Starken mehr gibt und keiner mehr auf jemand anderes neidisch sein muss.

Bis geniale Gesellschaftsingenieure den Sozialismus mit menschlichem Antlitz und Flachbildfernsehern installiert haben, kann es natürlich passieren, dass ein oder andere vor lauter Zukunftsbegeisterung über die Stränge schlägt und der Abschaffung des menschenverachtenden staatlichen Gewaltmonopols durch Eigeninitiative zuvorkommt. Dann wird er von freundlichen Service-Mitarbeitern der bundesdeutschen Justiz mit viel Wertschätzung auf die Vorzüge gewaltfreier Kommunikation hingewiesen. Ein vorsorgender Sozialstaat gibt gescheiterten Existenzen die nötige Zeit, ihre durch Benachteiligung erlittenen Traumata aufzuarbeiten und sich im Endkampf gegen das Scheißsystem kreativ einzubringen. Auch ein soziales Jahr im Kalifat kann Mitbürgern helfen, die Übergangszeit sinnvoll zu nutzen und neues Selbstbewusstsein zu tanken.

Dunkeldeutsche Willkommenssaboteure finden sich mit wachsender Hingabe in ihre neue Rolle als zeitgemäße Untermenschen ein. Im Rahmen einer Aufklärungskampagne der Bundesregierung dienen besonders grotesk anmutende sächsische Hassfratzen als Anschauungsmaterial in Schulen und Universitäten. So bekommen junge Menschen eine Vorstellung davon, was auf sie zukäme, würden die Deutschen unter sich bleiben.

Selbst engherzige Technokraten wie unsere affektgestörte Mutti wollen beim Völkerfest nicht mehr mürrisch an der Seite stehen. Sie überwinden ihre Phantasielosigkeit und lernen dazu. Gut ist nicht mehr, was funktioniert. Gut ist, was sich gut anfühlt. Wenn wir jetzt noch mehr auf unser Herz hören, das bedingungslose Grundeinkommen durchboxen und endlich Cannabis legalisieren, könnte das neue Deutschland richtig Spaß machen.

Malte Fischer (36) lebt in Berlin, ist seit 2000 Autor und Redakteur für RTL, Pro 7, RBB, WDR mag Bücher, Filme, Serien, Schallplatten und Spaziergänge mit seinem Hund.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/endlich_willkommensweltmeister

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Der Regierungspräsident von Oberbayern sagte gestern in der Süddeutschen Zeitung,  er habe vom Malteser Hilfsdienst vor Ort die Information, dass täglich 30.000 Menschen in Griechenland eintreffen. Sie sind auf dem Weg nach Deutschland. 30.000. Täglich.

Zusätzlich zu der knappen Million, die wir schon eingepreist haben. Sie alle werden von einer durch die deutschen Medien in die Welt getragenen Euphorie beflügelt. Sie sehen Willkommenskommittees, die sie bei der Ankunft bejubeln, sie sehen Schilder, mit der Aufschrift “Refugees Welcome”, sie hören Ihre Worte, Frau Bundeskanzlerin, die jedem ein ‚Dach über dem Kopf‘ versprechen.

Sie hören, dass Sie versprechen, keinen Syrer zurück zu schicken. Die Passfälscherbanden in der Türkei verzeichnen einen Boom, die Schlepperindustrie jubiliert. Werden es nach Ihrer Aussage, das Asylrecht habe keine ‚quantitative Grenze‘,  nun noch mehr werden? Mehr als 30.000 Menschen täglich? Als die Bewohner Bagdads diese von Ihnen in die Welt gebrachte Botschaft hörten, fingen sie gestern an zu demonstrieren. Sie hielten Deutschlandflaggen hoch, Merkelplakate und skandierten “Germany”. Nun wollen sie zu uns. Frau Bundeskanzlerin, bitte hören Sie auf!  Sie können nicht im Alleingag die Welt retten, das ist völlig ausgeschlossen. Sie haben einen Eid geleistet, dem deutschen Volk zu dienen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden.

Selbst wenn es bei 30.000 am Tag bleibt, rechnen Sie sich das aus. Bis zum Ende dieses Jahres, bis 2017, bis 2020. Hören Sie auf, Empfangskomitees an die Bahnhöfe zu schicken, hören Sie auf, den Menschen im Nahen Osten und Afrika falsche Versprechungen zu machen. Wir haben kein Dach über dem Kopf für alle Armen und Ausgebeuteten des Planeten, die auf der Suche nach einem besseren Leben sind, wir werden das nicht schaffen. Was werden diese Menschen tun, wenn sie merken, dass sie kein Dach über dem Kopf bekommen, kein besseres Leben, sondern nur auf Jahre ein Feldbett in einem Auffanglager. Wie werden sie reagieren, wenn sie merken, dass sie in die Irre geführt wurden?

Wenn wir, die Bevölkerung dieses Landes, Ihnen egal sein sollten, Sie unsere Zukunft nicht interessiert, denken Sie wenigstens an unsere Kinder. Niemand wird Sie für kaltherzig halten, niemand wird Ihnen vorwerfen, Sie würden nur Hass im Herzen tragen, wenn Sie dem Spuk ein Ende bereiten. Hören Sie auf Viktor Orban, schließen Sie die Grenze und senden Sie das deutliche Signal, dass wir keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Wir können es nicht.

Dann werden die Flüchtlingsströme versiegen, dann werden auch die Bürger Griechenlands, die derzeit von dieser Völkerwanderung überrannt werden, wieder Hoffnung schöpfen können. Tun Sie es. Tun Sie es bald. Viktor Orban ist der einzige Regierungschef Europas, der uns noch beistehen will. Alle anderen haben uns bereits abgeschrieben.

Siehe:
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/verteilung-von-angekommenen-leipzig-soll-drehkreuz-fuer-fluechtling-werden-1.2637245
http://www.welt.de/politik/ausland/article146132995/Iraker-drohen-mit-Ausreise-nach-Deutschland.html

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Von Manfred Haferburg, 10.09.2015

Die deutsche Kanzlerin hat davon gesprochen, dass Deutschland eine Vorreiterrolle in der Flüchtlingspolitik einnehmen muss. „Sonst gerät der europäische Gedanke in Gefahr“.  Nun, das klingt wie ein „deja vue“. Wir müssten die Griechen solidarisch retten, sonst gerät der europäische Gedanke in Gefahr. Und natürlich müssen wir das Weltklima retten, sonst…

Historisch gesehen waren „Vorreiter“ die Bedienstete von Adligen, die deren Kutsche voranritten und den Weg mit Hilfe einer Peitsche vom herumlungernden Pack freimachten. Im Rahmen vieler guter Absichten erhielt das Wort dann einen Bedeutungswandel und endete als Synonym für die apokalyptischen Reiter der guten Absichten.

Die erste Vorreiterrolle übernahm Deutschland lautstark bei der Energiewende, sogar mit einer Ethikkommission, die den Vorreitern noch voranritt. Leider ist bisher keiner den Deutschen hinterhergeritten, zu groß ist die finanzielle Belastung und die Unsicherheit, ob es wirklich mehr als gute Absicht ist.

Dann wurde Deutschland der Vorreiter bei der Griechenrettung. Gerettet wurde wohl eher das Vermögen der griechischen Steuermuffel mit deutschem Steuergeld, ein Vorgang, der sich schon mehrmals wiederholte und auch weiter wiederholen wird. Und jetzt wird Deutschland Vorreiter bei der Flüchtlingsrettung. In einer gigantischen Wohlfühlparty lädt die deutsche Politik alle Beladenen dieser Welt ein, am deutschen Wohlstand teilzuhaben. Und – Bürger habt Euch nicht so, „wir schaffen das“.

Wie schaffen die Deutschen das nur? Indem sich die Regierenden für den guten Zweck schlichtweg über ihre eigenen Gesetze hinwegsetzen. Wie dereinst Robin Hood , der die Gesetze brach und mit der Beute Gutes tat. Aber wenigstens hatte er die Gesetze nicht selbst gemacht.

Bei der Energiewende enteignete die Kanzlerin per Telefonanruf mal eben kalt die Energiekonzerne, indem sie die Produktion von Strom aus Kernenergie als „unethisch“ erklären ließ. Über dreißig Gerichtsverfahren der deutschen und schwedischen Energieversorger sind derzeit gegen diesen eklatanten Rechtsbruch anhängig und ihr Ausgang steht in den Sternen.

Auch bei der permanenten Griechenrettung ging es nicht nach Recht und Gesetz. Merkel setzte sich cool über alle europäischen Finanz-Vereinbarungen und Verträge hinweg und schon mutierte die Europäische Union in eine Transferunion, in der deutsche Steuerzahler lebenslang griechische Steuermuffel alimentieren.

Und auch bei der Flüchtlingsrettung glaubt die deutsche Kanzlerin nicht mehr so recht an den europäischen Geist und setzte per Telefonanruf mal eben das Dubliner Abkommen außer Kraft. Dann „öffnete sie die Grenzen“ und legte fest, dass alle Syrer Aufenthaltsrecht bekommen – wow .

Hat sie dazu den Bundestag über die Aussetzung des Asylrechtes abstimmen lassen? Oder sich mit der EU über Änderungen der Abkommen geeinigt? Natürlich nicht, wieso denn? Ist doch für das Gute!

Ein Staat legitimiert sich dadurch, dass die Legislative zum Wohle seiner Bürger Gesetze schafft und die Exekutive sie durchsetzt. Manchmal passiert es, dass ein Gesetz nicht mehr in die Zeit passt. Wenn ein Staat, statt unpassende Gesetze im demokratischen Verfahren zu ändern, sie einfach ignoriert, verliert er jede Legitimation. Auch dann, wenn der Gesetzesbruch als Party gefeiert wird. Auch sind Gesetzesbrecher in einem demokratischen Staat eigentlich strafwürdig. Wenn sich denn ein tapferer Staatsanwalt fände, der sich traut, einen „gut gemeinten Gesetzesbruch“ der Herrschenden zu verfolgen.

Ach ja, da fällt mir ein, heute ist der 10. September und meine Vorsteuererklärung wird fällig. Sollte ich das Datum auch nur einen Tag nicht einhalten, drohen mir morgen 300 Euro Verzugsgebühr, die mit Sicherheit auch eingezogen wird.

Ob ich es auch mal so mache, wie die Frau Dr. Merkel und einfach das Finanzamt anrufe und denen mitteile, dass ich die Steuergesetzgebung bis auf weiteres aussetze und das Steuergeld lieber direkt an Flüchtlinge spende?

Manfred Haferburg ist in der DDR aufgewachsen und lebt heute in Paris

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Jörg Weidlich, 10.09.2015

Wenn es noch eine Steigerung von “Ein Käfig voller Narren” gibt, dann war dies am 9. September im Bundestag der Fall. Während einen Tag vorher Baden-Württemberg die Aufnahme von Flüchlingen einstellen musste,  Bayern schon signalsiert, dass nichts mehr geht und in Berlin Turnhallen beschlagnahmt werden, feierte sich die Polit-Elite selbst.

Erst tönte SPD-Fraktionsvorsitzender Oppermann “Ich bin sicher, diese Kraft kann unser Land über die Flüchtlingsfrage hinaus verändern , dann jauchzte Katrin Göring-Eckart “Wir sind plötzlich Weltmeister der Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe”. Während man Oppermann zumindest recht geben kann, dass sich dieses Land verändern wird, allerdings anders als er meint, nämlich ödkonomisch und sozial abwärts, muss man Frau Göring-Eckardt fragen, wo denn diese Weltmeisterschaften der Nächstenliebe eigentlich ausgetragen werden. Gibt es ein “Nächstenliebe-Ranking”? Vielleicht ist aber auch unter den Politikern eine seltsame   Krankheit ausgebrochen, die zu starkem Realitätsverlust führt. Oder der Gebrauch von Haschisch ist im bundestagseigenen Coffeshop ab sofort erlaubt, ohne dass wir es wissen.

Die gleiche merkwürdige Krankheit hat übrigens auch die Medien befallen. So gleichgeschaltet und unisono klingen die Nachrichten, dass man sich eigentlich die Lektüre sparen kann. Ich weiß nicht, wie es in Russland ist, aber so stelle ich mir staatstragende Medien vor. Immer nur bunte Luftballons, Willkommenstänze und alle Flüchtlinge sind mindestens Zahnarzt oder noch besser qualifiziert und werden spätestens ab nächster Woche in die Rentenkasse einzahlen. Zudem vergeht kein Tag, ohne die Erwähnung mindestens einer guten Tat zugunsten bzw. zulasten der Flüchtlinge. Tiil Schweiger, Udo Lindenberg, Katja Riemann usw. – alle drängeln sich auf die Titelseiten, wo es langsam eng wird. Nur nicht den Anschluss verpassen! Gute Taten und Eigenwerbung passen gut zusammmen und ergeben ein politisch-korrektes Gewissen.

Beispielhaft auch der Artikel eines Journalisten in der Berliner Morgenpost, der nach eigenen Angaben am liebsten über Architektur, Design, Lifestyle schreibt. Und da wagt er es doch tatsächlich, in seiner 120 qm Designerwohnung (im Artikel betont lässig als Designer-“butze” betitelt) in Berlin-Mitte (teuerste Gegend) fünf Flüchtlinge für eine Nacht aufzunehmen. Alles per facebook organisiert, man ist ja nicht von gestern. Und natürlich ist das Ganze nicht nur edel, sondern auch richtig aufregend: “Was ist mit meinem Portemonaie? Mit dem iPad? Und den ganzen anderen Kram, an dem mein Herz hängt?”.

Gott-sei-Dank geht alles gut. Dass seine Gäste dann stundenlang die Dusche blockieren, ist trotz auch verschmerzbar: “Ehrlich gesagt: das kann ich aushalten…” Denn lässig, locker, wie man nun mal als Medienmensch aus Hell-Deutschland ist, macht man das mit links (“Kostet wenig Mühe, sammelt Karma-Punkte…”).

Die Bescheidenheit spiegelt sich auch im halbseitigen Großfoto des Autors mit seinem Hund vor gestapelten Matratzen, Blick auf den Alexanderplatz inklusive. So wird man, um mit KGE zu sprechen, eben Weltmeister der Nächstenliebe.

Leider kann ich da nicht mithalten. Ich unterstütze zwar seit Jahrzehnten Kinderhilfsprojekte in Entwicklungsländern, aber noch nie bin ich dafür in einer Zeitung erwähnt worden. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich nicht bei facebook angemeldet bin. Dabei fällt mir auf: Eigentlich ist die Asylpoltik der Regierung wie eine face-book-Party. “Mutti” Merkel lädt ein und verspricht dem Gastgeber, dem deutschen Steuerzahler,  höchstens 100 Gäste. Wenn dann 10.000 vor der Tür stehen, werden halt Zelte im Garten aufgestellt.

Jörg Weidlich, 60, unterrichtet als Studienrat an einem Berliner Gymnasium

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achgut.com

Wir können Asyl, wie sonst keiner.

  10.09.2015

Seit die europäische Union faktisch keine Außengrenzen mehr hat, sind wir am Wochenende nicht mehr beim Auswärtsspiel oder beim Grillen, sondern stehen mit weit offenen Armen auf unseren Bahnhöfen und genießen das Drama buchstäblich in vollen Zügen. Die ultimative Stunde der Gutmenschen hat geschlagen. Die selbstlosen Bürger spenden, so ist von freiwilligen Helfern aus dem Auffanglager in den Hamburger Messehallen zu hören, so nützliche Dinge wie Hundehalsbänder, alte Kapitänsmützen, Judoanzüge in XXL und, das ist besonders bewegend, völlig verschmutzte Herrenunterwäsche. Wohlmeinende Pfarrer bitten die Bevölkerung um Zigarettenspenden, andere schlagen vor, die Flüchtlinge am besten gleich mit Prostituierten zu versorgen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann träumt bereits von der Besiedelung der deutschen Ostgebiete, Ex-Kanzler Gerhard Schröder schwärmt von dem industriell verwurstbaren Material, dass künftig die Rente sichern soll, und die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt plädiert für die freiwillige Aufnahme syrischer Volksgenossen im deutschen Heim − das sei Gold wert für die Integration. Im westfälischen Mettmann wird wegen der Asylanten bereits die Grundsteuer angehoben, Thüringens Regierungschef Ramelow fordert, die Solidaritätssteuer für die Flüchtlinge einzusetzen und ist begeistert dabei, wenn es gilt, sie gleich beim Empfang mit einem herzlichen „Inschallah“ zu begrüßen, damit sie von Anfang an wissen, dass wir sie so lieben, wie sie sind. Koranschändungen, das hat er schon deutlich gemacht, werden hier auf keinen Fall geduldet. Da fühlt man sich doch gleich doppelt willkommen.

All dieser Irrsinn zeigt vor allen Dingen, dass man sich über das Ausmaß der Flüchtlingskrise und deren Bewältigung im Vorwege nicht einmal ansatzweise eine Vorstellung gemacht hat.Die Lawine ist ins Rollen gekommen, und so schnell, wie man sie losgetreten hat, wird sie nicht aufzuhalten sein. Mit achthunderttausend Flüchtlingen und Kosten von rund zehn Milliarden Euro rechnet man momentan bis zum nächsten Jahr. Da sich aber in den Regionen, aus denen die Verdammten dieser Erde kommen, die Nachrichten inzwischen auch via WhatsApp und Facebook verbreiten, weiß man dort längst, dass jeder nach Deutschland kommen kann, dass kaum einer postwendend zurückgeschickt wird und dass die Deutschen sich ganz offensichtlich vor Freude über die Asylantenflut beinahe einnässen.

Leider ist nicht zu übersehen, dass die meisten Ankommenden nicht Frauen und Kinder auf der Flucht vor den Terrormilizen des IS sind, sondern junge Männer, die, man höre und staune, die Frauen und Kinder der Familie im Kriegsgebiet zurückgelassen haben, die nichts tun, um ihr Land zu verteidigen und nicht vor Scham tot umfallen, wenn sie im deutschen Fernsehen sitzen und launig behaupten, die wären halt noch in Aleppo, aber denen gehe es da gut.

Realistisch wäre es, statt mit achthunderttausend Menschen kurzfristig mit der doppelten, oder, wie der umsichtige Heinz Buschkowsky, mit mehr als der dreifachen Zahl an Flüchtlingen rechnen. Und selbstverständlich mit den doppelten und dreifachen Kosten. Und auch das ist noch zu kurz gedacht. Denn mittlerweile ist bekannt, dass man sich den Aufenthalt am leichtesten durch Heirat mit einer Europäerin sichert. So gibt es nach drei Jahren den dauernden Aufenthaltsstatus, Asyl hin oder her. Es ist zwar bitter, das als gestandene Feministin zuzugeben, aber ja, es sind sehr, sehr viele Frauen bereit, als Gegenleistung für Sex, ein paar schmalzige Liebeschwüre und einen Trauschein auf mehrere Jahre einen Asylbewerber unterzubringen, zu bekleiden und zu verköstigen, auch wenn sie danach nicht selten physisch, psychisch und finanziell ruiniert sind. Frauen sind eben so. Leider.

Nach der Scheidung geht es an den Familiennachzug. Und dann können wir weitere Millionen neuer Bundesbürger willkommen heißen. Die übrigens auch zu einem ungewissen Teil aus Analphabeten bestehen und die mit Sicherheit auf viele Jahre von Sozialleistungen leben werden oder allenfalls schlecht bezahlte Jobs im Niedriglohnsektor finden dürften.

Einer der wenigen, die wissen, was da auf Europa zukommt, ist Aiman Mayzek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, den man dieser Tage eigentlich zum ersten Mal in der Öffentlichkeit herzhaft grinsen sieht, denn völlig zurecht darf er davon ausgehen, dass die Zahl der Muslime in Deutschland durch die Flüchtlingswelle signifikant wachsen wird, wie er dem Tagesspiegel verriet. Über achtzig Prozent der Flüchtlinge sind Muslime. Wissen auch die Deutschen, was sie da erwartet?

Offensichtlich nicht. Verwundert ist man immer wieder aufs Neue über diese Menschen, die nicht brav und dankbar in der Flüchtlingsunterkunft hocken und die Klappe halten, sondern schon vor ihrer Ankunft Forderungen stellen, sich über das Essen beschweren oder ständig Schlägereien oder gar Messerstechereien anzetteln. All die ehrenamtlichen Helfer, die sich zurzeit bis zu zehn Stunden täglich für die Flüchtlinge den Arsch aufreißen, wissen aus dem Alltag im Auffanglager wenig Erfreuliches zu berichten: Es gibt Feuerwehr- und Notarzteinsätze in dramatisch hoher Anzahl, die in den Medien totgeschwiegen werden, damit kein Unmut aufkommt. In den ersten sieben Monaten des Jahres hat es in den Flüchtlingsunterkünften allein in Nordrheinwestfalen 1288 Polizeieinsätze gegeben. Zahllose Brände müssen gelöscht werden, weil die Bewohner sich nicht an das Rauchverbot halten und immer wieder in Schlafräumen heimlich Kochplatten benutzen. Die hygienischen Zustände sind nicht selten katastrophal, da in den Kulturkreisen ohne Gendermainstreamingbeauftragte zum putzen ausschließlich die Frauen da. Sind keine da, wird auch nicht geputzt. Aus Hamburg wird berichtet, dass es inzwischen zum Tätigkeitsbereich des Securitypersonals gehört, die Wäsche der Insassen zu waschen. Warum sie das tun sollen, darauf hat man angeblich keine zufriedenstellende Antwort bekommen. Ich helfe da gern weiter: Weil die Männer es nicht von selbst tun und darüber hinaus längst begriffen haben, dass sich genug Deppen bereithalten, ihnen diese Arbeit abzunehmen.

Dass Rassismus unter Asylbewerbern ein Grund für die vielen Gewalttätigkeiten ist, ist nichts, was in den Medien thematisiert werden darf. Es sollen um Himmels Willen keine Zweifel an der problemlosen Integrationsfähigkeit der neuen Bundesbürger aufkommen. Nicht nur Antisemitismus ist weit verbreitet, sondern Flüchtlinge aus arabischen Ländern sind in der Regel auch Menschen mit dunklerer Hautfarbe alles andere als herzlich zugetan; ob sie nun Muslime sind oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Man sollte nicht außer Acht lassen, dass die deutsche Hilfsbereitschaft in großem Maße von den Falschen missbraucht werden könnte. Dank wird man nur begrenzt erwarten dürfen, denn für die meisten Ankommenden ist die euphorische deutsche Hilfsbereitschaft in keiner Weise nachvollziehbar. Die testosterongesteuerten, gut genährten und mit IPhones vernetzten Jungmänner, die, notfalls mit Gewalt, ihre Rechte einfordern, bevor sie überhaupt die deutsche Grenze passiert haben, wissen genau, wie in ihrer Kultur mit einer derartigen Flüchtlingskrise verfahren werden würde: Zwar leben seit Jahrzehnten in den arabischen Anrainerstaaten palästinensische Flüchtlinge, aber außer in Jordanien werden sie überall als staatenlose Menschen zweiter Klasse behandelt. Mittlerweile suchen sogar Flüchtlinge aus dem Gazastreifen in Israel Asyl – was man ihnen wirklich nicht verdenken kann. Im reichen Saudi-Arabien weigert man sich vehement, Flüchtlinge aufzunehmen, und zwar wegen unüberwindbarer kultureller Unterschiede (!). Dafür versprechen die Saudis schon Gelder für den Bau von 200 neuen Moscheen allein in Deutschland, wie die libanesische Zeitschrift Al-Diyar berichtet.

Kurz gesagt, in den Ländern, aus denen man derzeit flieht, würden nur Bekloppte sich so aufführen, wie die Deutschen es gerade tun. Und Bekloppte verdienen natürlich alles Mögliche, nur eben keinen Respekt. Was man hier nicht hören will, ist, dass in muslimischen Ländern sozialisierte Menschen wirklich völlig anders ticken, als man es im Multikulti-Glücksbärchi-Land gern hätte. Es kann aber nicht sein, dass man diesen Umstand heute nicht einmal mehr thematisieren darf, ohne gleich die Nazi-Keule über den Schädel zu kriegen.

Ein Land wie das unsere, das seine Polizistinnen dafür auszeichnet, dass sie sich zwecks Deeskalation Ohrfeigen gefallen lassen, wird niemals begreifen können, dass Gewalt in anderen Kulturen als etwas Positives empfunden wird. Sie wird im Koran ausdrücklich zur Erziehung von Kindern und Ehefrauen empfohlen und ihre Ausübung ist grundsätzlich nichts Ehrenrühriges, nicht einmal die von einer ganzen Gruppe gegen einen wehrlosen Einzelnen. Man schämt sich der Gewalt auch nicht, wie mit dem Handy gefilmte brutale Szenen, die wie ein Hautausschlag im Netz kursieren, immer wieder belegen: Da wird in Ägypten eine wehrlose Frau von etwa zwanzig jungen Männern zusammengeschlagen und dabei gefilmt. Ein Faustschlag, ein Foto. Ein Faustschlag, ein Foto. Bis sie am Boden liegt. Dann ein kräftiger Tritt, ein Foto. Noch ein Tritt, noch ein Foto. Sie tun es, weil sie es gut heißen. Und weil es ihnen soviel Spaß macht.

Von einer nachhaltigen Bekämpfung der Ursachen der Flüchtlingskrise ist indessen so gut wie gar nichts mehr zu hören. Der Bürgerkrieg, mit dem die Mörderbanden aus der Hölle, die sich Islamischer Staat nennen, den nahen und mittleren Osten überziehen, ist dieser Tage kein Thema. Die ganze Welt sieht seit Jahren beinahe tatenlos dabei zu, wie eine Horde islamischer Faschisten im zwanzigsten Jahrhundert Massenhinrichtungen inszeniert, foltert, köpft, kreuzigt und Frauen und Mädchen als Sexsklavinnen verkauft. Vermutlich, weil es so schön weit weg ist, wir ja ohnehin meinen, nicht daran schuld zu sein und sich unser Aktionismus lieber im Spenden unnützen Hausmülls erschöpft. Aber möglicherweise nicht mehr allzu lange. Eine Situation wie diese, in der plötzlich jede Abschottung eines Kontinents aufgehoben wird und anrückende Flüchtlingsmassen nicht einmal mehr mit Passkontrollen und Registrierung rechnen müssen, kommt einer höflichen Einladung zur Terroreinschleusung gleich. Unter den Flüchtlingen dürften sich inzwischen auch IS-Terroristen in ungewisser Zahl befinden. Und die werden hier nicht zur Erholung hergeschickt.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/deutschland_im_glueckstaumel_wir_koennen_asyl_wie_sonst_keiner

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“Die Flüchtlinge sind (Menschen) wie du und ich”, sagt Margot Käßmann. “Flüchtlinge sind keine Last, sondern eine große Chance”, vor allem für schrumpfende Städte, sagt Oliver Junk, Oberbürgermeister der Stadt Goslar. “Es ist so, dass wir die Entwicklung bewältigen können”, die Haushalte würden durch die entstehenden Kosten nicht über Gebühr belastet, sagt Wolfgang Schäuble.

Wenn dem so ist, worüber reden wir dann? Gibt es ein Problem, oder bilden wir es uns nur ein? Für Frank-Walter Steinmeier ist alles nur eine Frage der Kommunikation. Die europäische Solidarität müsse “ausbuchstabiert” werden. “Dazu gehört auch, dass wir uns verständigen über eine faire Verteilung der Flüchtlinge in Europa.”

Angela Merkel ist das nicht genug. “Unsere Pflicht ist es jetzt, sowohl in den entsprechenden Regionen dafür zu sorgen, dass dort Frieden auch wieder Realität wird, aber aus unserer eigenen historischen Erfahrung ist es auch wichtig, den Menschen, deren Leben bedroht ist, Schutz und Hilfe zu geben.”

Warum nicht eine Luftbrücke nach Deutschland?

Wenn es tatsächlich “unsere Pflicht” wäre, dafür zu sorgen, dass in den “entsprechenden Regionen” der Frieden ausbricht, dann müsste die Bundeswehr ausrücken. Nicht um wie in Afghanistan “die Herzen der Menschen” zu erobern, sondern um mit Waffengewalt für ein Ende des Blutvergießens in Syrien zu sorgen.

Da sie aber dazu nicht in der Lage ist, und da der Bundestag so ein Mandat nie genehmigen würde, konzentrieren wir uns darauf, “den Menschen, deren Leben bedroht ist, Schutz und Hilfe zu geben” – wenn sie nicht bereits im Meer ertrunken oder in einem Lkw erstickt sind.

Würde die Kanzlerin es wirklich so meinen, wie sie es sagt, dann hätte sie ihre Verteidigungsministerin längst angewiesen, ein paar Zeltstädte an der griechisch-mazedonischen beziehungsweise mazedonisch-serbischen Grenze zu errichten, um die Flüchtlinge mit dem Nötigsten zu versorgen: Essen, Medikamenten und einem temporären Dach über dem Kopf.

Noch effektiver wäre allerdings, wenn die Bundeswehr gleich eine Luftbrücke nach Deutschland einrichten würde, denn allem Gerede über eine “faire Verteilung der Flüchtlinge in Europa” zum Trotz wird Deutschland die Hauptlast der Katastrophe tragen müssen. Flüchtlingsströme lassen sich ebenso wenig umleiten wie Flüsse zur Zeit der Schneeschmelze.

Und was heißt hier “faire Verteilung”? Fair für wen? Mindestens 18 der 28 EU-Länder wollen keine Flüchtlinge (Link: http://www.welt.de/145852230) aufnehmen. Sie fühlen sich dazu weder rechtlich noch moralisch verpflichtet. Wie will Steinmeier sie dazu zwingen? Denkt er daran, die Kavallerie in Marsch zu setzen, mit der schon Steinbrück der Schweiz gedroht hat?

Die Flüchtlinge ihrerseits haben nicht alles aufgegeben und ihr Leben riskiert, um am Ende des Weges nach Bulgarien, Rumänien oder Kroatien abgeschoben zu werden. Sie wissen, warum sie Deutschland, Schweden, Österreich und Holland vorziehen. Und man kann es ihnen nicht übel nehmen.

Umgekehrt sollte man die Willkommenskultur in ethnisch homogenen Ländern nicht überschätzen. Die Polen zum Beispiel sind sehr gastfreundlich, aber eben nur gegenüber Gästen. Sie haben keine Multikulti-Erfahrung und pflegen ihre Traditionen auf eine altmodische Weise, ohne sie zu hinterfragen.

Debatten, wie sie in Deutschland geführt werden, über Integration, Kopftuch tragende Lehrerinnen oder Islamunterricht an Schulen wären in Polen ebenso undenkbar wie die Einführung der “Ehe für alle”. Die baltischen Staaten ticken ähnlich. Hätte man ihnen vor dem Beitritt zur EU gesagt, dass sie ihre nationale und kulturelle Identität radikal ändern müssen, um in den Klub aufgenommen zu werden, wären sie lieber draußen vor der Tür geblieben.

Frischzellenkur für Gesellschaft und Wirtschaft

Deutschland dagegen sieht die Flüchtlingsfrage als eine Gelegenheit, sich moralisch und ökonomisch zu rehabilitieren. Eine Art Frischzellenkur für Gesellschaft und Wirtschaft. Da ist zum einen der unvermeidliche Rekurs auf “unsere eigene historische Erfahrung”, der mit schrägen Vergleichen unterlegt wird – “wir haben doch auch Millionen von Vertriebenen aus dem Osten aufgenommen!”

Zum anderen herrscht eine Kosten-Nutzen-Haltung, die so berechnend ist wie die Politik der Unternehmen, die ihre Produktion in Billiglohnländer verlagern. Nur dass diesmal die Jobs nicht exportiert, sondern die Jobber importiert werden.

“Der Migrationswille der Menschen aus den Westbalkanstaaten könnte genutzt werden, um ihn in eine reguläre Einwanderung und Integration in den deutschen Arbeitsmarkt zu kanalisieren. Die Wirtschaft verlangt nach mehr Fachkräften, und zur Sicherung unseres Wohlstands sind wir auf – je nach Berechnung – zwischen 300.000 bis 500.000 Einwanderer pro Jahr angewiesen”, sagt die grüne Fachfrau für Integration und Migration, Katrin Göring-Eckardt.

Was sie da “ausbuchstabiert”, ist die Antithese zu der rechten Propaganda, die Ausländer würden uns die Arbeit wegnehmen. Wären wir nicht “zur Sicherung unseres Wohlstandes und unserer Renten” auf Einwanderer “angewiesen”, wie es Ex-Kanzler Gerhard Schröder gerade schrieb (Link: http://www.welt.de/145776294) , würden wir keinen Gedanken darauf vergeuden, ob sie daheim bleiben oder zu uns kommen sollten. Ist das nicht eine Art von Kolonialismus mit menschlichem Antlitz?

Vizekanzler Sigmar Gabriel sieht in den Flüchtlingen ebenfalls “eine Chance für unser Land”, denn “wir sind ein Land, das verliert in den nächsten Jahren ganz viele Arbeitskräfte dadurch, dass wir Gott sei Dank alle länger leben, aber leider weniger Kinder haben”. Diese demografische Lücke sollen die Migranten füllen.

Als Fürstin Gloria von Thurn und Taxis vor mittlerweile 14 Jahren in einer Talkshow erklärte, “der Schwarze schnackselt halt gerne”, brach ein Sturm der Entrüstung über sie herein, von dem sie sich bis heute nicht erholt hat. Bei Gabriel blieb der Shitstorm aus. Denn seine Migranten schnackseln nicht aus Spaß an der Freud, sondern um “das Land jünger und attraktiver zu machen”, also zur Sicherung unseres Wohlstands. Wir lassen arbeiten, wir lassen gebären.

Kleiderspenden allein sind keine Lösung

Schon möglich, dass die Rechnung irgendwann aufgeht. Dass Deutschland ein multikulturelles, multiethnisches Land wird, in dem Sprache, Herkunft und Hautfarbe keine Rolle spielen. Leider neigen bevölkerungspolitische Experimente eher zum Scheitern als zum Gelingen. Auch der neue Mensch, der keinen Neid und keine sozialen Unterschiede kennt und alles mit seinen Nächsten teilt, hat sich als wenig belastbar erwiesen.

Deswegen sollte man die aktuelle Hilfsbereitschaft gegenüber den Flüchtlingen nicht überschätzen. Willkommensfeste zu organisieren und Kleiderspenden zu verteilen ist eine Sache, auf die Dauer Verantwortung zu übernehmen eine andere.

Jetzt hat die Kanzlerin das Flüchtlingsdrama zur Chefsache erklärt. “Wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden”, sagte sie bei ihrer Sommer-Pressekonferenz. Als es vor Kurzem darum ging, Griechenland zu retten, meinte sie: “Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.” Ähnlich dezidiert äußerte sie sich über den Klimawandel, die Energiewende und die Zukunft der EU.

Alle Wege führen nach Berlin. Und sie enden im Bundeskanzleramt.

Erschienen in DIE WELT hier.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/wir_lassen_arbeiten._wir_lassen_gebaeren1

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Was sich derzeit an den Grenzen Europas und innerhalb der EU abspielt, ist eine Tragödie. Umso wichtiger ist es, auch in dieser ex­trem aufwühlenden Situation das Wesent­liche nicht aus den Augen zu verlieren.

Erstens: Natürlich haben wir eine unbestrittene Asyltradition und ein Asylrecht. Die Schweiz gibt allen Menschen Asyl, die gemäss Genfer Konvention aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer politischen Haltung, ihrer Religion persönlich an Leib und Leben bedroht sind. Daran ist nicht zu rütteln.

Zweitens: Allgemeinen Bürgerkriegsflüchtlingen – wir sprechen hier von Bürgerkriegsflüchtlingen, nicht von geflüchteten Menschen, die seit Jahren in sicheren Drittstaaten leben – können wir nicht Asyl geben, aber wir gewähren ihnen vorübergehenden Schutz. Am besten ist der Schutz vor Ort, in sicheren Auffanglagern zum Beispiel der Uno, wo die Menschen Zuflucht finden, ohne dass sie vorher Tausende von Kilometern reisen müssen.

Wir können Bürgerkriegsflüchtlingen aber auch in der Schweiz Schutz bieten, ebenfalls auf Zeit. Im letzten Weltkrieg gewährten wir diesen Schutz auf Zeit über hunderttausend Polen. Die Kriegs- oder Bürgerkriegsflücht­linge müssen aber wieder nach Hause, wenn der Konflikt beendet ist. Derzeit sind in der Türkei rund zwei Millionen Syrer. Weitere sieben Millionen Syrer stehen an der türkischen Grenze. Wir können diesen Flüchtenden keine neue Heimat bieten. Das würde un­sere Kräfte überfordern, Syrien entvölkern und dem Land die Grund­lagen für den Wiederaufbau entziehen.

Drittens: Wenn wir diese Asyltradition halten wollen und ernst nehmen, dann müssen wir auch die Kraft haben, eine Aushöhlung des Asylrechts durch Missbräuche zu verhindern. Das ist nicht hartherzig, sondern im Gegenteil moralisch und rechtlich der einzige Weg, um eine Zerstörung unserer Asyltradition zu verhindern. Die fahrlässig hingenommene Duldung oder gar die Forderung, nicht mehr zwischen asylberechtigten echten Flüchtlingen, vorübergehend Schutzbedürftigen und wirtschaftlich motivierten illegalen Einwanderern zu unterscheiden, läuft auf moralischen Grös­sen­wahnsinn hinaus. Gerade die Linke müsste einsehen, dass sich unsere sozialen und humanitären Errungenschaften niemals bewahren lassen, wenn wir sie auf alle ausweiten, die kommen wollen.

Das alles ist unbestritten. Aber es gibt mittlerweile sehr viele Menschen in der EU, in der Schweiz, die sich grosse Sorgen machen. Sie haben den Eindruck, dass in der Asylpolitik etwas fundamental falsch läuft. Sie glauben nicht, dass man Hunderttausende von Zuwanderern aus ganz anderen kulturellen und politischen Sphären locker bei uns aufnehmen und integrieren kann. Sie befürchten, dass den Hunderttausenden, die bis Ende Jahr erwartet werden, absehbar Millionen an Angehörigen folgen werden. Jeder Migrant, der es geschafft hat, zieht mit seinem Handy oder seinem Facebook-Konto Freunde und Verwandte nach.

Immer mehr Menschen fragen sich daher, ob das, was wir jetzt erleben, nicht der Höhepunkt, sondern im Gegenteil erst die Vorhut einer noch viel grösseren Völkerwanderung ist, die wir noch weniger verkraften können. Vor allem aber misstrauen die immer zahl­loseren Besorgten den Beteuerungen der Politiker und der Talkshow-Intellektuellen, die im Glorienschein der Selbstgerechtigkeit behaupten, man habe alles im Griff und werde den Ansturm bewältigen, ohne selber davon überwältigt zu werden.

Schon heute ist es eine Tatsache, dass viele Europäer mit einer schlechten Ausbildung Mühe haben werden, ein gutes und sicheres Auskommen auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Wenn es uns nun aber schon schwerfällt, mit den bestehenden sozialen Herausforderungen fertig zu werden, wie wollen wir es dann schaffen, Hunderttausende, vielleicht bald Mil­lionen von Afrikanern und Muslimen ­ohne ­Ausbildung und ohne die notwendigen kulturellen und politischen Voraussetzungen in ­unsere marktwirtschaftlichen Leistungs­gesellschaften zu integrieren? Hochmut und Selbstüberschätzung beherrschen die Politik.Das merken die Leute.

Sind nun alle Menschen, die sich solche Gedanken, die sich Sorgen machen, die rechnen müssen und hart arbeiten, Rechtspopulisten und Rassisten? Sind Rentner, die seit Jahrzehnten hier arbeiten, ihre AHV einbezahlt haben und daher berechtigterweise nicht verstehen können, warum ein abgelehnter Scheinasylant aus Eritrea in der Schweiz unmittelbar nach der Einreise mindestens so ­hohe, wenn nicht höhere Sozialbezüge von unserem Staat erhält – sind das alles herzlose, engstirnige Egoisten, denen die Fähigkeit zur Solidarität mit Schwächeren abgeht? Und muss man Leuten, die solche Fragen in der ­Öffentlichkeit ansprechen, das Mikrofon wegnehmen oder anderweitig mit Zensur begegnen, wie tatsächlich auch schon in der Schweiz gefordert wurde?

Auf keinen Fall! Wir müssen diese besorgten Stimmen ernst nehmen. Es gehört zum Wesen der Demokratie, dass sie sich mit den verbreiteten Nöten und Befürchtungen der Menschen auseinandersetzt, dass sie die Menschen ernst nimmt und nicht gleich zu Verbrechern erklärt, nur weil sie etwas sagen, was einem nicht passt, oder weil sie etwas, was einem nicht passt, so sagen, dass es Anstoss erregt. Es wird dieser Tage viel von Solidarität mit den Flüchtlingen gesprochen. Niemand ist gegen Solidarität mit echten Flüchtlingen, mit wirklich Verfolgten, und niemand ist gegen Schutz für Kriegsflüchtlinge. Aber eine Solidarität, die sich ausschliesslich auf die Ankommenden bezieht und die Sorgen und Befürchtungen der bereits hier Lebenden ausblendet, ja geradezu kriminalisiert, ist keine Solidarität, die unsere Zustimmung verdient.

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Im deutschen Sprachraum erlebt der Begriff Einwanderungsland dieses Jahr wahrscheinlich eine Art Sonderkonjunktur. In Deutschland werden die immer grösser werdenden Ströme von Migranten aus dem Osten und dem Süden heute auf breiter Front willkommen geheissen und von vielen bereits als künftige Mitglieder der deutschen Gesellschaft begrüsst. Die Stimmung in Deutschland, ­die auf ganz Europa ausstrahlt, erweckt zurzeit den Eindruck, Asylsuchende seien schon fast als notwendige Ergänzung einer gealterten Bevölkerung zu verstehen, die, auf sich allein gestellt, in Zukunft zu wenig fruchtbar wäre und deshalb deutlich schrumpfen würde. Bilder und Worte, wie man sie aus deutschen Städten vernimmt, wirken als starker Antrieb auf Migrationswillige und die ganze Migrations­industrie.

Die jüngsten Zahlen des Uno-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR), des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen ­(EASO) und des EU-Statistikamts Eurostat zeigen denn auch, wie sehr die Zuströme aus ­Afrika und Asien vor kurzem angeschwollen sind. Die Grafik unten rechts legt dar, dass ­allein im Juli rund 120 000 Asylsuchende in der EU eintrafen; fast 38 000 Antragsteller meldeten sich in Deutschland. Im August dürfte der Druck noch zugenommen haben. Dramatisch sind die Steigerungen seit dem Frühling, der das günstige Wetter für Überfahrten übers Meer brachte. Die Aufwärtsbewegung begann aber schon 2014, nachdem die Zuwanderungen in die EU plus die Schweiz und Norwegen vorher längere Zeit bei etwa 40 000 Personen pro Jahr gelegen hatten.

Wenig Syrien, viel Eritrea

Im bisherigen Jahresverlauf hat die Migration übers Mittelmeer laut Schätzungen gegen 370 000 Menschen an die Grenzen von EU-Ländern gebracht. Ungefähr 120 000 dieser Migranten sind über Italien auf den Kontinent gelangt, kleinere Teile über Spanien oder Malta, sehr viele über Griechenland (rund 245 000 Personen). Weitaus am gewichtigsten ist dabei die Gruppe aus Syrien, die 43 Prozent der Mittelmeer-Migranten ausmacht (siehe Grafik), also rund 160 000 Personen. Deutlich kleiner sind die Gruppen aus Afghanistan und Eritrea, die je etwa einen Zehntel der Gesamtheit darstellen.

Die Schweiz bekommt diese Migrationswelle seit Beginn der Entwicklung voll zu spüren. ­
Die jüngsten Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeigen, dass der Zustrom in diesem Jahr bis Ende August mit fast 20 000 Asylgesuchen erheblich grösser war als im Vorjahr (15 700). Die Anerkennungsquote ist auch etwas gestiegen, nämlich von 24,5 auf 27,7 Prozent. Hinzu kommen die vorläufig Aufgenommenen. Und im Gegensatz zum Vorjahr gab es im August keinen Rückgang; mit 3900 Fällen blieben die Asylanträge auf dem hohen Stand von Juni und Juli, und diese Werte liegen alle deutlich über dem Niveau des Vorjahres, als der Juli mit 2900 Gesuchen mit grossem Abstand den Höchstwert gebracht hatte.

In Sachen Herkunft her zeigt sich bei den Asylsuchenden allerdings das traditionelle Schweizer Muster. Etwas pauschal kann man sagen: wenig Syrien und viel Eritrea. Mit gut 400 Gesuchen sind die Syrer erst im August ­etwas stärker in Erscheinung getreten, vorher registrierte man lediglich Monatswerte von 140 und 240 Personen. An der Spitze standen bis vor kurzem weiterhin die Antragsteller aus Eritrea; mit 1610 Personen war diese Gruppe jüngst ­allerdings kleiner als im Juli (2130) oder im Juni (2199). Gesunken ist auch die Anerkennungsquote für die Eritreer: Im Juni und Juli haben die prüfenden Behörden etwa in 48 Prozent der Fälle Asyl gewährt. Im August sank die Quote auf 28 Prozent. Ob diese nachgebenden Zahlen einen Trend begründen könnten, ist allerdings offen. Auch Fachleute des SEM möchten aus solchen Monatsschwankungen nicht allzu weit gehende Schlüsse ziehen.

Eine Trendwende nach unten sehen sie bei den Gesuchen aus den sicheren Ländern Ost­europas wie etwa Serbien, das Kosovo, Maze­donien, Bosnien-Herzegowina und Georgien. Entscheide für Angehörige dieser Länder werden im 48-Stunden-Verfahren getroffen; im laufenden Jahr bis August gab es 1450 solche Fälle mit minimaler Anerkennungschance. ­Alles in allem zeigt das Schweizer Asylwesen aber das alte Bild: Die Summe der anerkannten Flüchtlinge und der vorläufig Aufgenommenen macht etwa die Hälfte der Asylgesuche aus. Rund 70 000 Personen zählen zurzeit zu diesen beiden Gruppen, die in der Schweiz grossenteils vom Sozialsystem getragen werden. Ziemlich rasch nach der Registrierung bei den Asylzentren müssen die Kantone die Betreuung übernehmen und diese möglichst auf die Gemeinden verteilen, da der Bund nur Platz für etwa 3000 Asylanten zur Ver­fügung hat.

Angesichts der Afrika-Lastigkeit ist es weiterhin das Asylzentrum in Chiasso, das am stärksten unter Druck steht. Der Andrang vom Osten her ist geringer. Im Bahnhof im sankt-gallischen Buchs konnte man vor einigen ­Tagen sogar das seltsame Erlebnis haben, dass auf dem ­Perron mehr Journalisten standen als Asylanten. Die Migranten in den aus Österreich kommenden Zügen hatten nicht die Schweiz als Ziel vor Augen, sondern Deutschland, nachdem die deutsche Kanzlerin das Signal aus­gesandt ­hatte, dass alle willkommen seien und Syrer sogar ohne Bedingungen aufgenommen würden.

Verbesserung der Bevölkerungsstruktur

Es gibt überall eine grosse Koalition von Inter­essengruppen, die zumindest kurzfristig für eine möglichst grosszügige Aufnahme von Asylanten sind: die Politiker, die öffentlich mit fremdem Geld Solidarität mit den ­Armen demonstrieren können; Angehörige des öffentlichen Dienstes, die sich beruflich mit dem Asylwesen befassen und dank Zuwanderern neue Aufgaben und Mittel zum Umverteilen erhalten; Zulieferer von Immobilien und Ausrüstungen aller Art; und schliesslich werden auch die Schlepper von steigenden Migrationszahlen profitieren. ­Allerdings werden die Bürger und Steuerzahler, die für das Asylwesen und die Integra­tionskosten zwangsläufig Geld und Raum bereitstellen, früher oder später gefragt werden müssen, welche Zuwanderung sie wollen, wenn die Gesellschaft nicht zerfallen soll.

Vor dem Hintergrund der rasant wachsenden Zahl asylsuchender Migranten ist in Deutschland die Diskussion über ein Einwanderungsgesetz hitziger geworden – hitziger vor allem auch, weil die offene Debatte eines Einwanderungsgesetzes auch als Eingeständnis verstanden werden kann, Deutschland sei nun wirklich zum Einwanderungsland geworden. Je nach Verlauf der Debatte kann es gut sein, dass in Deutschland die Grenzen zwischen Asyl- und Zuwanderungspolitik verschwinden. Wenn heute die Ein­reise von Flüchtlingen bereits als Massnahme zur Verbesserung der Bevölkerungsstruktur gesehen werden, wird man rasch zu der Frage gelangen, ob man den Einwanderern die Integrationskosten bezahlen soll und ob sie normal arbeiten dürfen. Die Sogwirkung einer solchen Politik auf die ­armen Länder wäre ­gewaltig.

Gedehnter Asylbegriff

Die Schweiz ist schon lange ein Einwanderungsland, aber ohne Einbezug der Flüchtlingsströme. Die Zuwanderung von «normalen» Leuten – in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten primär aus dem EU-Raum – hat ja schon vor Jahren Debatten über die Kontrolle der Zuwanderung und schliesslich die Volks­initiative zur Begrenzung der Masseneinwanderung ausgelöst. In der Schweiz wird der Zustrom Asylsuchender noch nicht direkt mit einer Migrationspolitik verknüpft – vielleicht auch wegen der Wahlen. Der Asylbegriff wird aber bereits von einem grossen Teil der Politiker nicht mehr im ursprünglichen Sinn vertreten, sondern so sehr gedehnt, dass ihre Positionen nicht so weit weg von den deutschen sind.

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-37/migration-versuchung-deutschland-die-weltwoche-ausgabe-372015.html

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Daniel Landolt, Gemeindepräsident in der ­Aus­serschwyzer Gemeinde Freienbach, gelangte letzte Woche mit bemerkenswerten Erkenntnissen an die Öffentlichkeit. Im March-Anzeiger schilderte er den Fall eines Eritreers, der durch seine Reisetätigkeit auffiel. Der Mann war 2006 in die Schweiz gekommen und wurde als Flüchtling anerkannt. Nachdem er einige Jahre hier gelebt hatte, reiste er 2010 in seine Heimat. Laut der Einschätzung der Schweizer Behörden wäre er dort verfolgt und an Leib und Leben bedroht. Doch der heim­gereiste Flüchtling hielt sich unbedrängt in Eritrea auf und heiratete dort sogar. Mit seiner frischvermählten Gattin kehrte er in die Schweiz zurück. 2011 bekam das Paar ein Kind.

Neun Fälle allein in Ausserschwyz

Auf Anfrage der Weltwoche gibt die betroffene Gemeinde weitere Details preis. Beim Zivilstandsamt habe man festgestellt, dass der Eritreer plötzlich über Papiere verfügte, die seine Heirat im Ausland belegten. Die Behörden wurden hellhörig. Denn Auslandsreisen von Asylbewerbern und Flüchtlingen unterliegen eigentlich strengen Auflagen. Besonders fiel den Freienbachern aber auf, dass der Mann ­offenbar unbehelligt nach Eritrea einreisen, sich dort frei bewegen und seine Eheschliessung bei den eritreischen Behörden eintragen lassen konnte. Anschliessend reiste er mit seiner Frau ebenso problemlos wieder aus.

Wie ist das möglich in einem Staat, in dem Landesflüchtlinge, Dienstverweigerer und Deserteure nach Schweizer Lesart verfolgt und eingekerkert werden? Diese Frage stellte sich auch der Gemeinderat von Freienbach – und fand ­darauf keine Antwort. «Wir haben einfach festgestellt», sagt Präsident Landolt, «dass verschiedentlich Asylbewerber aus ­Afrika nach ­Sicherung des Status hier in der Schweiz nach Afrika zurückgekehrt sind, dort geheiratet und dann die Ehefrau in die Schweiz nachgezogen haben. Wir haben in der Folge den Regierungsrat auf diesen Umstand aufmerksam gemacht, weil es uns doch eigenartig vorkam, dass Menschen, die hier in der Schweiz Schutz geniessen, weil sie in der Heimat angeblich gefährdet sind, freiwillig zurückreisen.» Was der Regierungsrat mit diesen Informationen gemacht hat, ­wisse er nicht.

Eine Nachfrage der Weltwoche bei verschiedenen Amtsstellen im Kanton Schwyz ergab keine konkrete Spur. Wie es scheint, ist Landolts Vorstoss in der Verwaltung versandet. Dabei ist das Problem durchaus relevant. Die aufsehenerregende Hochzeitsfahrt des Eritreers ist offenbar keine Ausnahme. Das ­Zivilstandsamt Ausserschwyz, zu dem die ­Bezirke March, Höfe und Einsiedeln gehören, meldet acht weitere ähnliche Fälle. Die Mehrheit seien Eritreer, aber auch Somalier seien darunter, heisst es auf Anfrage.

«Nichts Ungewöhnliches»

Beim Kanton sind zudem Fälle aus anderen Herkunftsländern bekannt. ­Fiona Elze, Abteilungsleiterin Asyl, erinnert sich etwa an einen Iraker, der via Istanbul und die Türkei heimgereist war. Bei einem vorläufig aufgenommenen Kosovar­en gelang der Nachweis, dass er ebenfalls unerlaubterweise die Heimat aufgesucht hatte, um dort zu heiraten. Die Schwyzer beantragten in Bern, den Status des Mannes zu überprüfen. Schliesslich hob das Staatssekretariat für Migration die vorläufige Aufnahme auf und wies den Kosovaren weg.

Die statistischen Daten stützen den Befund, dass Auslands- und Heimatreisen von vermeintlich Verfolgten und Schutzbedürftigen an der Tagesordnung sind («Reisen nach Absurdistan», Weltwoche Nr. 26/15). Zwischen 2010 und 2014 stellten im Kanton Zürich gegen 9000 anerkannte Flüchtlinge ein einschlägiges Gesuch. Fast alle wurden vom Staats­sekretariat für Migration bewilligt. Hinzu kamen 3281 Auslandsreisen von Asylbewerbern und vorläufig Aufgenommenen. In der ganzen Schweiz wurden zwischen 2010 und 2014 beinahe 62 000 solcher Gesuche registriert.

An der Spitze der Reisewilligen im Kanton Zürich liegen ausgerechnet die Eritreer. 2450 Begehren stammten von vermeintlich Verfolgten aus dem «autoritären Unrechtsstaat». 2402 von ihnen haben die Berner Behörden stattgegeben. Sicher sind nicht alle 2400 Eritreer in die Heimat gereist. Aber viele werden dies getan haben.

Diese Einschätzung, die sich mit den Erfahrungen in Ausserschwyz deckt, teilt auch der eritreische Honorarkonsul Toni Locher. Aus eritreischer Sicht sei es «nichts Ungewöhnliches», dass die Landsleute nach Hause reisten. Viele, die weggehen, sind junge Männer. Da sei es doch nur normal, dass sie in Eritrea ihre Freundin besuchten oder heiraten wollten, so Locher. «Es gibt in Asmara halt mehr eritreische Frauen als hier.»

Als weiteren Grund für die Heimreisen nennt der Honorarkonsul den intensiven familiären Zusammenhalt, der in der eritreischen Kultur tief verankert sei. Locher beobachtet, dass heute sogar schon 15-, 16-, 17-jährige Eritreer in die Schweiz kommen. Sie hauten oft ab, ohne die Eltern zu benachrichtigen. Am Telefon mahne sie dann die Mutter: «Alle kommen in den Sommerferien zurück, nur du nicht.» Und dann gingen sie halt auch.

Ungewöhnlich sind die Heimatreisen also nicht für die Eritreer und andere «Flücht­linge», sondern nur für uns Schweizer, da Bern offiziell davon ausgeht, dass den Heimkehrern Verfolgung oder gar Tod drohe. Unbewilligte Ausreisen können sogar zur Aberkennung des Flüchtlingsstatus führen. Toni Locher widerspricht allerdings der offiziellen Doktrin: «Ich sage seit Jahren, dass niemand an Leib und ­Leben bedroht ist. Die Jungen fliegen nach Asmara und kommen wieder. Das beweist, dass sie dort nicht gefährdet sind.» Keiner ginge dieses Risiko ein, wenn die Gefahr bestünde, verhaftet zu werden.

Anerkennungsquote von null Prozent

Aber ist Locher als Honorarkonsul wirklich ein unabhängiger Zeuge, ist er gar gekauft, wie Kritiker argwöhnen? «Ich kriege keinen roten Heller für meine Tätigkeit», sagt er. Sein Engagement für Etitrea gründe in seinem Job als Frauenarzt und Entwicklungshelfer. Im Unterschied zu andern Ländern der Region sei Eritrea kein failed state. Das ermögliche den Fortschritt im Sozial- und Gesundheits­bereich. Diese Errungenschaften gelte es zu ­erhalten und auszubauen.

Locher ist mit seiner Ansicht nicht allein. Auch andere Staaten beurteilen die Lage in Eri­trea anders als die Schweiz. Zum Beispiel Israel. Im jüdischen Staat gibt es eine Anerkennungsquote von annähernd null Prozent, während hier praktisch alle Eritreer automatisch als verfolgt und schutzbedürftig gelten. Dass dies kaum der Realität entspricht, zeigen die israelischen Erfahrungen. Die Asylsuchenden – ­offiziell «Infiltranten» genannt – kommen in ein strenges Auffanglager in der Negev-Wüste. In den letzten zweieinhalb Jahren konnte die Regierung 3039 Eritreer zum Verlassen des Lands bewegen. Sie zahlt ihnen 3500 Dollar ­sowie ein Flugticket. Mit afrikanischen Staaten wie Uganda oder Ruanda hat Israel ein ent­sprechendes Abkommen abgeschlossen. 1059 Eritreer gingen aber lieber in ihre Heimat zurück, wie Haaretz berichtete. Auch dies kann man als Hinweis darauf deuten, dass sie dort wohl nicht verfolgt werden.

Honorarkonsul Locher rät der Schweiz deshalb, eine Migrationspartnerschaft mit Eritrea anzustreben, wie sie auch mit andern Ländern praktiziert wird. «Man muss halt mit der ­Regierung reden.» Die 3500 Dollar, die Israel den Asylbewerbern schenkt, seien in Eritrea ein ansehnlicher Betrag. Manche Rückkehrer hätten überdies noch selbst etwas Geld verdient. Damit lasse sich in der Heimat ein Laden oder ein Internetcafé eröffnen, Grundlage für eine Existenz. Und vielleicht auch Basis für ­eine Heirat.

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Seine Worte sind von den Medien überhört worden. Oder man hat Peter Sloterdijk bewusst ignoriert, weil man doch Hemmungen hat, den bekanntesten lebenden Philosophen im deutschsprachigen Raum als Finsterling und Unmenschen abzutun. Im Deutschlandfunk hat sich Sloterdijk Ende Juli in bemerkenswerter Weise über die Flüchtlingsdiskussion geäussert: «Die Europäer müssen sich über ihre eigene Attraktivität [für Flüchtlinge] neue Gedanken machen.» Um den Flüchtlingsstrom einzudämmen, sei «so etwas wie eine wohltemperierte Grausamkeit» vonnöten. «Und das ist nun das Hauptproblem: Die Europäer definieren sich selbst als gutartig und nicht als grausam, und es gibt auch eine entsprechende Publizistik, die erste Ansätze zu einer defensiveren oder grausamen Grundhaltung sofort als Zivilisationsschande höchster Grössenordnung denunziert.»

Es ist nicht das erste Mal, dass Sloterdijk 
die Tyrannei der Moralisten beklagt. Als der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin 2009 sein migrationskritisches Buch «Deutschland schafft sich ab» publiziert hatte und damit ­einen Tsunami der Entrüstung auslöste, ging Sloterdijk mit dem Justemilieu hart ins Gericht. «Man möchte meinen, die deutsche Meinungs-Besitzer-Szene habe sich in einen ­Käfig voller Feiglinge verwandelt, die gegen jede Abweichung von den Käfigstandards keifen und hetzen», schrieb er in der Zeitschrift Cicero. «Sobald einmal ein scharfes Wort aus einem anderen Narrenkäfig laut wird, bricht auf der Stelle eine abgekartete Gruppendynamik los. Dabei geht es zu, als gelte es, einen Wettbewerb in Empörungsdarstellung zu gewinnen: Wer schafft es, seine Konkurrenten an Würdelosigkeit im Eifern und Geifern zu übertreffen?»

In Deutschland ist diese Gruppendynamik ausgeprägter als hier, die historische Last führt zu einem eigenartigen Kompensationsdrang, man will in allen Bereichen zu den politisch korrekten Musterschülern gehören, von der Energie- bis zur Flüchtlingspolitik. In der Schweiz sind wir noch nicht ganz so weit, hier kann man noch offener reden, die Tendenz geht aber in dieselbe Richtung. Argumentiert wird fast nur noch auf der Betroffenheitsebene; macht jemand auf die Folgen aufmerksam, die eine Grenzöffnung hat, so gilt das als «zynisch» (das neue Lieblingswort der Moralisten), «empathielos» oder «rechtsextrem». Verbreitet ein unliebsamer Poli­tiker ein Flüchtlingsfoto, um seine unbequeme Botschaft zu verbreiten, so gilt das als «Hetze», als «geschmacklos», als Missbrauch von Leid, um politisch Stimmung zu machen.

Wenn die Empörten dann selber im Grossformat das Bild eines ertrunkenen Kindes am Strand publizieren, so ist das natürlich keine Instrumentalisierung mehr, keine Stimmungsmache, sondern soll «aufrütteln».

Öffentlich Betroffenheit zeigen ist zur Pflicht geworden, vor jedem Votum zur Flüchtlingskrise muss ausdrücklich betont werden, wie schlimm man das alles finde – als bedürfe es eines Beweises, dass der Tod von 
71 Flüchtlingen in einem Lastwagen oder ein ertrunkener Junge einen nicht kaltlasse. Wer bei diesem Betroffenheitskult nicht mitmacht, macht sich bereits verdächtig.

Die einfachste Form der Empörung besteht darin, seine Entrüstung über abstossende ­Leserkommentare auf Online-Plattformen auszudrücken, eine deutsche «Tagesschau»-­Moderatorin wurde gar zur Social-Media-­Heldin erklärt, als sie zum Widerstand gegen die anonymen Schreiber aufrief. Für viele Journalisten scheint es zum höchsten der Gefühle zu gehören, bei unbedeutenden Lokalpolitikern nach vermeintlich geschmacklosen oder rassistischen Twitter- und Facebook-Nachrichten zu suchen, um dann genüsslich ihre Abscheu darüber kundtun zu können. Nirgends wird man von moralischen Wertungen verschont, auch nicht in der sonst eher nüchternen «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens. So zum Beispiel am Samstag, als sich die Sendungsmacher in einem Beitrag über die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga zu einer fragwürdigen Wertung hinreissen liessen: Merkel sei «grösser und ­mutiger» als Sommaruga, da Deutschland entgegen dem Dublin-Abkommen keine syrischen Flüchtlinge mehr in die Erstaufnahmeländer zurückschicke.

«Europas Schande», schreiben sich die Zeitungen jeweils gegenseitig ab, wenn wieder ­eine grössere Katastrophe passiert, oder ­«Europas Tote». Schliesslich ist der Westen für das Leid der Welt verantwortlich, weil er militärisch interveniert hat (Irak, Libyen), weil er nicht interveniert hat (Syrien) oder weil das ­böse kapitalistische System die armen Länder ausbeutet. Die Forderung ist dann immer dieselbe: Der Westen müsse seine Verantwortung wahrnehmen, was konkret heisst: die Grenzen bedingungslos öffnen, auch wenn dies meist nicht direkt so ausformuliert ist.

Alle sollen kommen

Wenn es um moralische Debatten geht, ist der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss zuverlässig als Sprachrohr der Ankläger zur Stelle. In ­einem Beitrag, der in der Schweizer Illustrierten und in der deutschen Welt publiziert wurde, schreibt er pathetisch: «Wer Flüchtlinge zurückweist, geht mit ihnen unter.» Die Schuldfrage, wie sollte es anders sein, ist für ihn auch eindeutig: «Die Menschen, die in Kühltrans­portern ersticken und im Mittelmeer ertrinken, sind letztlich Opfer dieser administrativen Grenzen. Ihnen fehlten die verlangten Papiere für eine ordentliche Einreise.» Ob jemand vor Krieg und Verfolgung flüchtet oder einfach ein besseres Leben sucht, ist für Bärfuss einerlei, alle haben für ihn ein Anrecht auf Aufnahme. «Erst ausgeglichene Lebensverhältnisse [zwischen Herkunfts- und Fluchtländern] machen eine Flucht unnötig. Bis dahin […] müssen die Flüchtlinge aufgenommen und integriert werden.»

Was aber die Folgen eines Niederlassungsrechts für alle wären, darüber schweigt sich Bärfuss aus. In der Vergangenheit gab es, wenn überhaupt, nur so lange offene Grenzen, wie es keinen Sozialstaat gab. Jede Solidargemeinschaft braucht Eingangshürden, sonst bricht sie auseinander, das bestreitet niemand. Doch ausgerechnet jene Kreise, die nach einem grosszügigen Sozialstaat rufen, fordern eine grenzenlose Einwanderung. Wie soll das gehen? Und was bedeutet es für eine Gesellschaft, plötzlich mit Zehntausenden von Menschen konfrontiert zu sein, mehrheitlich aus muslimischen Ländern, die ein völlig anderes Wertesystem haben? Bärfuss begnügt sich mit der Floskel «Grosse Aufgaben beinhalten grosse Chancen», was ähnlich hilflos tönt, wie wenn deutsche Politiker die Flüchtlingswelle plötzlich als Lösung für den Fachkräftemangel und die Überalterung der Gesellschaft umzudeuten versuchen.

Aber wie Sloterdijk schreibt: Man will um ­jeden Preis gutartig sein. Die konsequente ­Umsetzung der Flüchtlingsgesetze, Sloterdijk nennt dies «wohltemperierte Grausamkeit», wird als herzlos denunziert, selbst wenn eine harte Linie Fluchtdramen wie jene im Kühl­transporter verhindern würde. Die Tyrannei der Moral lässt nicht zu, über unbequeme Massnahmen zu sprechen. Wobei, das muss fairerweise angefügt werden, es gibt noch seltene Ausnahmen, und hier sei das Fernsehen SRF für einmal löblich erwähnt. In der Diskussionssendung «Club» von letzter Woche forderten die beiden Experten Kurt Pelda und Beat Stauffer, Europa müsse «Härte zeigen», konnten dies auch ausführlich begründen, ohne von den anderen Gästen, unter anderem vom Bund und vom Roten Kreuz, als moralisch niederträch­tige Menschen herabgestuft zu werden. Es war eine Diskussion mit Tiefgang und Offenheit, wie es sie zu diesem Thema kaum mehr gibt. Es besteht also noch Hoffnung, dass sich Sloterdijks düstere Prognose über unsere Diskussionskultur als zu schwarzmalerisch erweist: «Auf Wahrheit soll künftig die Höchststrafe stehen: Existenzvernichtung.»

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Es geschah im vergangenen Oktober. Ernst J. Merz war spätabends im Bus nach Unterägeri im Kanton Zug unterwegs – auf dem Heimweg von einem gesellschaftlichen Anlass. Kurz vor der Ankunft in seinem Wohnort wurde dem 66-Jährigen schlecht. «Ich hatte etwas Alkohol getrunken und ein Medikament eingenommen, was mir offenbar nicht gut bekam», erinnert sich Merz. Er stieg aus dem Bus und musste sich übergeben. Sogleich gesellten sich zwei Männer zu ihm, dem Aussehen nach Nordafrikaner, die ebenfalls aus dem Bus gestiegen waren. «Ich glaubte zuerst, sie wollten mir helfen», so Merz. Die Männer begleiteten ihn ein Stück weit. Dann war es vorbei mit der Freundlichkeit. «Sie nahmen mich in ­ihre Mitte», erzählt Merz, «dann schüttelten sie mich und raubten mir mein Portemonnaie.» Die Täter flohen. 260 Franken Bargeld, mehrere Ausweise und die Hausschlüssel waren weg.

Die Polizei habe nach der Tat sofort eine Fahndung eingeleitet, bestätigt Marcel Schlatter, Sprecher der Zuger Strafverfolgungsbehörde. Leider erfolglos. Dank der Videoüberwachung im Bus habe aber einer der mutmasslichen ­Täter identifiziert werden können. Es handle sich um einen abgewiesenen Asylbewerber aus Algerien, der in einer Asylunterkunft in Unterägeri gewohnt habe. Man habe diesen Mann nach der Tat in der Unterkunft allerdings nicht mehr vorfinden können, so Schlatter. «Offensichtlich ist er untergetaucht, sein Aufenthaltsort ist bis heute unbekannt.» Der Mann sei aber im schweizerischen Fahndungsregister ausgeschrieben. Der andere mutmassliche Täter, vermutlich ebenfalls ein Algerier ohne Aufenthaltsrecht, habe nicht identifiziert werden können.

«Abkommen nicht umgesetzt»

Weil die Täter nicht gefasst werden konnten, sistierte die Staatsanwaltschaft Zug im letzten Mai das Strafverfahren, das sie aufgrund der Anzeige von Ernst Merz eröffnet hatte. «Sobald die mutmassliche Täterschaft ermittelt werden kann, wird die Untersuchung wiederaufgenommen», versichert Sprecher Marcel Schlatter.

Ernst Merz ist also offenbar von zwei Algeriern überfallen worden, deren Asylgesuche zum Zeitpunkt des Überfalls längst abgelehnt worden waren – möglicherweise schon vor Jahren. Sie hatten kein Aufenthaltsrecht mehr und hätten längst ausreisen müssen. Dennoch blieben sie, zumindest bis zur Tat, im Land. Ja, sie durften sogar weiter in einer Asylunterkunft leben und Nothilfe beziehen – acht Franken pro Tag.

Beim Kanton Zug ist man sich der Vollzugsprobleme bewusst – aber offenbar machtlos dagegen. Abgewiesene Asylbewerber ohne Aufenthaltsrecht würden von den Strafverfolgungsbehörden zwar «konsequent strafrechtlich verfolgt», schreibt Sprecher Schlatter. Personen aus bestimmten Staaten wie Algerien könnten aber nicht ausgeschafft werden. «Es fehlen entsprechende Rückübernahme­abkommen des Bundes, oder diese werden nicht umgesetzt.» Generell liege die Ausschaffung abgewiesener Asylbewerber in der Verantwortung des Bundes. «Die Kantone haben hier keinen Einfluss.»

Der Überfall der Algerier auf Ernst Merz ist bei weitem nicht der einzige derartige Vorfall im Kanton Zug. Erst vor einem Monat vermel­dete der Kanton, dass letztes Jahr 158 Straftaten registriert worden sind, begangen von insgesamt 35 abgewiesenen Asyl­bewerbern. Somit wurde jede dieser Personen im Durchschnitt vier- bis fünfmal straffällig – in einem einzigen Jahr. Vermutlich waren es noch mehr kriminelle Handlungen, weil längst nicht jede Straftat aufgeklärt werden kann. Es ist anzunehmen, dass andere Kan­tone ähnliche Probleme mit Delikten ehemaliger Asylsuchender haben.

Nach der Haft abgetaucht

Laut Ernst Merz waren mehrere Hotels und Restaurants in der Umgebung seines Wohnorts schon von Diebstählen betroffen, die mutmasslich durch abgewiesene Asylbewerber aus Algerien verübt wurden. Die ­Leiterin eines Hotels in der Region Ägeri ­bestätigt einen solchen Vorfall. Drei Algerier hätten letzten Herbst ein Portemonnaie aus dem Hotel geklaut und über 2000 Franken erbeutet. Zwei der Täter seien zwar gefasst worden und hätten danach eine zweiwöchige Gefängnis­strafe abgesessen. Jetzt aber seien sie ­wieder frei und noch immer im Land, so die ­Hotelleiterin. «Wir sehen sie immer wieder.»

Der überfallene Ernst Merz ist entsetzt, «dass abgewiesene Asylbewerber ohne grosse Folgen in der Schweiz auf Beute gehen können». Erstaunliches ergibt sich auch in ­seinem Fall. Kurz nachdem der ­eine beteiligte Algerier mittels ­Kamera im Bus hatte identifiziert werden können, bekam Merz eine rätselhafte ­Information von der Polizei. Der Gesuchte sei die nächsten zehn Tage «abwesend», lautete sie. Der Aufenthaltsort des mutmasslichen Täters sei «verschiedenen Amtsstellen» bekannt, schrieb die Polizei weiter. Die Nachfrage der Weltwoche ergibt: Bei diesem «Aufenthaltsort» handelte es sich um ein Gefängnis im Kanton Graubünden. Dort sass der Algerier eine ­Strafe ab – wegen einer Tat, die er früher begangen hatte. Nach ­seiner Entlassung tauchte er dann offenbar ab.

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Von HENRYK M. BRODER, 12. September 2015

Es kommt mir ziemlich frivol vor, in diesen Tagen über Autos zu schreiben. Über Oldtimer, Youngtimer, die Preise für Gebrauchtwagen, die Formel 1 und die Neuheiten auf der bevorstehenden IAA. Ebenso frivol finde ich, darüber zu lesen, wo Elias M’Barek seinen Urlaub verbringt, warum Frauen viel öfter als Männer die Scheidung einreichen und wie das neue Riesen-iPad von Apple funktioniert. Ich will das nicht wissen. Auch das traurige Schicksal von Single-Frauen in China, die mit 27 schon als „Übriggebliebene“ gelten, ist mir derzeit ziemlich egal.

Ebenso, was Jürgen Klopp macht oder nicht macht und ob es bei ihm mit dem „Umparken im Kopf“ geklappt hat. Ich kann auch das Wort „Willkommenskultur“ nicht mehr hören und mag die glücklichen Menschen nicht mehr sehen, die „Refugees welcome!“-Plakate in die Höhe halten. Was wir derzeit in Echtzeit erleben, ist eine Katastrophe und keine Reality-Show auf RTL2, kein Event zum Mitmachen und Mitklatschen.

Ich höre, wie der Vizekanzler „Wir schaffen das!“ sagt und die Kanzlerin „Das schaffen wir!“, wenn wir uns nur richtig anstrengen. Ich sehe, wie ein Promi nach dem anderen sich zu Wort meldet und seine Hilfe anbietet, um sich dafür feiern zu lassen. Wer eine Dachkammer frei hat und einen Flüchtling bei sich aufnimmt, versäumt es nicht, darüber gleich in „RTL exclusiv“ oder bei „Aspekte“ zu berichten. Wir sind nicht die Guten, wir sind die Besten. Das soll uns erst mal einer nachmachen.

Das sind keine Kundgebungen der Nächstenliebe, das ist eine Orgie der Selbstbeweihräucherung. Tue Gutes und rede darüber, dann kommst du in die „Gala“. Ein großer deutscher Vordenker hat einmal gesagt, es gebe „kein richtiges Leben im falschen“. Heute müsste man sagen: Man kann nicht mit dem Auto zu Aldi rollen, während andere zu Fuß um ihr Leben laufen.

Ich will gar nicht so tun, als wüsste ich, was man jetzt tun müsste. Ich weiß es auch nicht. Ich weiß nur, dass man heute nicht nachholen kann, was man gestern versäumt hat. Wir schauen dem Krieg in Syrien seit Jahren ungerührt zu. Tausende von Kindern wurden von der einen oder anderen Terrortruppe getötet, aber wir wachen erst auf, wenn ein totes Kind eines Tages am Strand liegt, ausgerechnet dort, wo wir Ferien machen. Das ist es, was wir dem IS am meisten übel nehmen.

Mich kotzt das an. Die heitere Umtriebigkeit der anderen, meine eigene Ratlosigkeit. Nein, ich habe keinen Flüchtling bei mir aufgenommen, ich werde es auch nicht tun. Ich werde auch nicht nach Ungarn fahren, um dort Fluchthelfer zu spielen. Ich werde irgendwo hinfahren, wo es kein Fernsehen und kein Internet gibt. Wo mich Marietta Slomka und Caren Miosga mit ihren Gute-Nacht-Geschichten nicht erreichen können. Und wenn ich zurück bin, schreib ich wieder über Autos. Mal sehen.

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Armin Peter, 12.09.2015

 

Die Flüchtlingskrise hat das Land fest im Griff: Längst arbeiten die ehrenamtlichen Helfer am Anschlag, selbst in den Turnhallen werden die Betten knapp. Kommunalpolitiker denken bereits laut über die Beschlagnahmung von privaten Wohnungen nach. Die Jubelperser mit ihren „Refugees welcome“ – Schildern kommen mit dem Jubeln nicht mehr hinterher, weil inzwischen jeden Tag dutzende Züge einrollen. Und europäisches Recht wird per ordre de Merkel ausgelegt: Gestern galten die Verordnungen von Dublin und Schengen nicht für Syrer, heute gelten sie de facto gar nicht mehr – und morgen vielleicht wieder für alle? Wenn Transitstaaten wie Ungarn zumindest versuchen, ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen, werden sie in oberlehrerhafter Manier gerügt.

Denn im politischen Berlin haben sich die Verantwortlichen offenbar von jeder Vernunft verabschiedet. In seltener Einstimmigkeit trompeten Bundesregierung, Opposition und große Teile der Medienlandschaft unisono in die Welt hinaus, dass die ungesteuerte Masseneinwanderung in unser Asylsystem mühelos zu verkraften, ja sogar zu begrüßen sei. Wirtschaftsminister Gabriel verkündet lässig, dass 500.000 Menschen pro Jahr aufgenommen und dauerhaft alimentiert werden könnten. „Wir schaffen das“, denn „Deutschland ist reich“, so lautet die Parole, die Medien und Politik dem Land im Hauruck-Verfahren übergestülpt haben. Besorgte Bürger stehen unter Generalverdacht: Wer Kritik äußert oder Bedenken anmeldet, gilt automatisch als Ewiggestriger und wird mit allen Mitteln diffamiert.

Selbst unsere Nachbarstaaten bekommen das zu spüren: Deutschland pocht auf Lebensraum im Osten für seine neuen Schützlinge – und wer nicht gleich mitspielen will, gilt als uneuropäischer Nationalist. Dabei ist es allein Deutschland, das der gesamten EU seine asylpolitischen Vorstellungen aufzwingen möchte und in preußischer Disziplin voranmarschiert. Dumm nur, dass kaum einer folgt. Selbst unser treuer Verbündeter Frankreich steht mit beiden Füßen auf der Bremse und möchte nicht annähernd so viele Flüchtlinge aufnehmen wie der teutonische Nachbar.

Doch solche Details interessieren nicht, die große Koalition scheint wie besoffen vom Lob der internationalen Presse. Deutschland, das vor kurzem noch als Zuchtmeister der Griechen auftrat, der jeden Cent dreimal umdrehte, erstrahlt plötzlich als gelobtes Land für die Verdammten dieser Erde. Binnen kürzester Zeit konnte sich die Bundesrepublik vom Buhmann zum Darling mausern. Selbst Wolfgang Schäuble, der mit der griechischen Linksregierung in nächtelangen Sitzungen ums Geld feilschte, äußert nun plötzlich die Ansicht, dass man in Sachen Flüchtlinge nicht so genau auf die Kosten schauen dürfe.

Dabei würde sich ein Blick auf die Kosten durchaus lohnen: Falls es bei 800.000 Flüchtlingen in diesem Jahr bleibt, dürften allein Unterbringung, Verpflegung und Gesundheitsversorgung mit etwa zehn Milliarden Euro zu Buche schlagen. Angesichts von tausenden Neuankömmlingen täglich darf man bezweifeln, ob das wirklich reicht – noch im Juli war von 450.000 Flüchtlingen und 5,6 Milliarden Euro die Rede. Hinzu kommt ein Vielfaches an sozialen Folgekosten: Laut Arbeitsministerin Nahles gehört nur jeder zehnte Flüchtling zu den viel zitierten Fachkräften, auf die so viele Hoffnungen projiziert werden. Die meisten anderen werden jahrelang Sprachunterricht, Ausbildungen oder Studienplätze benötigen, bevor sie Steuern erwirtschaften könnten. Von der Integration der vielen Neuankömmlinge in ein freiheitlich-demokratisches Wertesystem ist dabei noch gar nicht die Rede. Ein Fünftel der Einwanderer sind übrigens komplette Analphabeten, was sie automatisch auf Jahre zum Sozialfall machen dürfte.

Der gegenwärtige Aufschwung ist ein Resultat mühevoller Reformen, selbst die schwarze Null war in Sicht. Arbeitnehmer haben dafür zwei Jahrzehnte lang mit stagnierenden Nettoreallöhnen bezahlt, auch im sozialen Bereich waren harte Einschnitte zu verkraften. Noch vor wenigen Monaten diskutierte Deutschland über den Abbau der kalten Progression, eine verdiente Dividende für die Mittelschicht. Auch die Infrastruktur bröckelt – viele Straßen, Brücken und Schulen müssten dringend saniert werden. All das steht nun auf der Kippe weil die Bundesregierung es sich in den Kopf gesetzt hat, im Alleingang die Welt zu retten.

Es hat sich im Nahen Osten herumgesprochen, dass Deutschland einfach jeden aufnimmt und dabei nicht lang fragt, ob es sich um Syrer in Not, Wirtschaftsflüchtlinge mit gefälschten Pässen oder sogar IS-Kämpfer handelt. Weitere Millionen Menschen dürften sich in naher Zukunft ermutigt fühlen, gen Europa aufzubrechen – die Büchse der Pandora ist geöffnet. In Syrien und im Irak wird Merkel inzwischen als „Mutter aller Gläubigen“ gefeiert. Als Kanzlerin Deutschlands in einem vereinten Europa wäre es jedoch ihre Pflicht, den ungebremsten Zustrom gemeinsam mit unseren Nachbarländern unverzüglich zu stoppen. Andernfalls könnte die wunderbare Idee der offenen Grenzen in Europa sehr bald schon dem nationalen Gutmenschenkomplex Deutschlands zum Opfer fallen.

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  12.09.2015

Seit Januar 2014 ist die sog. „Dublin III“-Verordnung in Kraft. Diese bestimmt, dass derjenige Mitgliedsstaat, in dem eine geflüchtete Person erstmals europäisches Territorium betritt, das Asylverfahren durchführen muss. Mitgliedstaaten, in denen diese Verordnung unmittelbar geltendes Recht ist, sind alle Mitgliedstaaten der EU sowie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein.

Geltendes Recht ist auch das bundesdeutsche Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Nach § 14 AufenthG ist die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet unerlaubt, wenn er einen erforderlichen Pass, Passersatz oder Aufenthaltstitel nicht besitzt. Verstöße gegen diese Vorschrift sind strafbar (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstafe).

In einer Phase, in der das Dublin-Abkommen ihrer Einschätzung nach nicht mehr funktioniert, greift Kanzlerin Merkel jetzt beherzt zur Selbstjustiz. Sie hat am vergangenen Wochenende das Dublin-Abkommen ohne parlamentarische Billigung oder sonstige rechtliche Befugnis im Alleingang außer Kraft gesetzt, um 20.000 Flüchtlingen aus Ungarn den Zugang nach Deutschland zu eröffnen. Das wurde als „einmalige humanitäre Aktion“ bezeichnet. Man mag die Tat als „humanitäre Aktion“ erachten. Oder daran Zweifel haben.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_one_woman_show_erlaubt_ist_was_die_kanzlerin_anordnet

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Seit Januar 2014 ist die sog. „Dublin III“-Verordnung in Kraft. Diese bestimmt, dass derjenige Mitgliedsstaat, in dem eine geflüchtete Person erstmals europäisches Territorium betritt, das Asylverfahren durchführen muss. Mitgliedstaaten, in denen diese Verordnung unmittelbar geltendes Recht ist, sind alle Mitgliedstaaten der EU sowie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein.

Geltendes Recht ist auch das bundesdeutsche Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Nach § 14 AufenthG ist die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet unerlaubt, wenn er einen erforderlichen Pass, Passersatz oder Aufenthaltstitel nicht besitzt. Verstöße gegen diese Vorschrift sind strafbar (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstafe).

In einer Phase, in der das Dublin-Abkommen ihrer Einschätzung nach nicht mehr funktioniert, greift Kanzlerin Merkel jetzt beherzt zur Selbstjustiz. Sie hat am vergangenen Wochenende das Dublin-Abkommen ohne parlamentarische Billigung oder sonstige rechtliche Befugnis im Alleingang außer Kraft gesetzt, um 20.000 Flüchtlingen aus Ungarn den Zugang nach Deutschland zu eröffnen. Das wurde als „einmalige humanitäre Aktion“ bezeichnet. Man mag die Tat als „humanitäre Aktion“ erachten. Oder daran Zweifel haben.

Ohne jeden Zweifel ist sie ein eindeutiger Rechtsbruch der Regierungschefin. Angela Merkel hat das in Deutschland geltende Recht der „Dublin III“-Verordnung ignoriert. Sie hat damit auch möglich gemacht, dass zigtausend Flüchtlinge sich in Deutschland durch Verstoß gegen das AufenthG strafbar machen.

Der britische Politologe Anthony Glees hat Deutschlands Vorgehen in der Flüchtlingskrise als “undemokratisch” kritisiert. Im DLF sagte er, Berlin habe sich mit der Entscheidung, die in Ungarn gestrandeten Migranten aufzunehmen, nicht an EU-Regeln gehalten. In Großbritannien herrsche der Eindruck, die Deutschen hätten den Verstand verloren. “Man mag über Ungarn denken, was man will. Aber wenn Deutschland sich nicht an die Regeln hält, fällt die ganze EU auseinander”, sagte Glees. Deutschland gebe sich im Moment als “Hippie-Staat, der nur von Gefühlen geleitet wird”. Und von einer Kanzlerin, die Allmachtsphantasien zu hegen scheint.

Merkel hat mit ihrer populistischen Affekthascherei den Boden unserer verfassungsmäßigen Ordnung und unseres Rechtsstaates verlassen. Wenn die Regierungschefin eines demokratischen Rechtsstaates sich im Alleingang über Recht und Gesetz hinwegsetzt, ist das ein beispielloser Vorgang.

Dienstanweisung zur Strafverteitelung im Amt

Polizisten in Hamburg, deren Aufgabe die Bekämpfung und Verhinderung von Straftaten ist, werden jetzt, als Folge des Merkelschen Alleingangs, dienstlich genötigt, wegzuschauen. Ein fatales Signal. Dies geht aus dem Schreiben des persönlichen Referenten des Hamburger Innensenators Neumann hervor, mit dem die Polizeibeamten der Hansestadt angewiesen werden, Verstöße von aus Ungarn stammenden Flüchtlingen gegen das AufenthG nicht zu verfolgen, um „Irritationen und Handlungsunsicherheiten“ zu vermeiden. Weiter ist in dieser mail zu lesen:

„Die aus Ungarn über Österreich eingereisten Flüchtlinge sind mit Wissen und Billigung der Bundesregierung und der Länder eingereist. Eine solche pauschal erlaubte Einreise ist im Gesetz zwar nicht vorgesehen; die eingereisten Flüchtlinge verfügen auch nicht über das eigentlich erforderliche Visum. Gleichwohl ist die Billigung durch die Bundesregierung eine Erlaubnis sui generis, die das Tatbestandsmerkmal der unerlaubten Einreise ausschließt.“

Mit welcher Dreistigkeit hier Gesetzesverstöße zwar eingeräumt („…im Gesetz zwar nicht vorgesehen…“), diese aber mit einem Federstrich als irrelevant erklärt werden, weil sie von der Bundesregierung stammen („…Gleichwohl ist die Billigung…eine Erlaubnis sui generis…“), zeigt ein Rechtsverständnis, das eines politischen Beamten unwürdig ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der gesamte Hamburger Polizeiapparat derart rechtswidrig gleichschalten lässt.

Der nachstehende Absatz (kursiv) wurde nach Eingang der Stellungnahme des Autoren der mail ergänzt:

Auf Anfrage bestätigte der Autor, Hauke Carstensen, die Authentizität der mail. Weiter:

„Es handelt sich bei den Inhalten weder um eine Anweisung noch Vollzugsinformation für die Hamburger Polizei!! Der Inhalt zielt vielmehr auf eine genaue Prüfung durch die Polizei zur dargelegten Thematik ab. Dieser Kontext liegt Ihnen offensichtlich nicht vor. Die Inhalte meiner Mail wurden absprachegemäß für eine formal-juristische Prüfung durch das Justiziariat der Polizei („P/J“) und die Staatsanwaltschaft Hamburg zum Gegenstand gemacht, um hier Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die Prüfung dazu ist seit dem 08.09. bei der Staatsanwaltschaft Hamburg anhängig; eine Stellungnahme steht mithin noch aus.

Der von ihnen zitierte Passus der Behörde für Inneres und Sport u.a. ‚Erlaubnis sui generis’ erfolgte in Anlehnung an Verfahrensweisen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ausländerrechtlichen Angelegenheiten, die nicht dem Strafverfolgungszwang (Legalitätsprinzip) unterliegen…“.

Diese Ausführungen versuchen einen Text umzudeuten und umzuerklären, den man nicht umdeuten und umerklären kann. Heisst es doch in der ursprünglichen mail glasklar, dass das Justiziariat der Polizei „im Auftrage der Behördenleitung ersucht (wird), diese Kernaussage im Rahmen einer adressatengerechten Vollzugsinformation im Hause P zu steuern“. Die Kernaussage ist die rechtliche Einschätzung, dass der Rechtsbruch von Bund und Ländern eine Erlaubnis sui generis (eigener Art) sei, die es ausschließe, dass die Ungarn-Flüchtlinge eine unerlaubte Einreise begehen und die „Polizeivollzugsbeamten“ diese nicht zu verfolgen haben. Welche Relevanz eine angebliche Praxis von „Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ausländerrechtlichen Angelegenheiten“ (Ausländerbehörde) für die Polizei bei dem Vorgehen gegen Straftaten haben soll, erschließt sich gleichfalls nicht.

Wäre ich Polizeibeamter in Hamburg, würde ich mir auch genau überlegen, ob ich einer solchen Aufforderung zur Strafvereitelung im Amt tatsächlich Folge leiste oder ob die Erosion unseres Rechtsstaates vielleicht doch noch nicht so weit fortgeschritten ist, dass die Ahndung einer solchen Straftat nicht zu befürchten ist. Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 258 StGB).

Auf die ihm um 13.03 Uhr zugegangene Bitte um Stellungnahme bis 17.00 Uhr hat der Referent des Innensenators nicht reagiert.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2015

Update, um 19:10 ging hier die folgende Stellungnahme des Referenten des Innensenators ein:

Sehr geehrter Herr Steinhöfel,

vielen Dank für die Zusendung Ihrer Mail und den damit verbundenen Nachfragen. Es war mir leider nicht möglich, Ihnen zeitnaher zu antworten.

Zu Ihren Fragen:
Ja, diese Mail ist authentisch und weist mich richtigerweise als Absender aus.

Es handelt sich bei den Inhalten weder um eine Anweisung noch Vollzugsinformation für die Hamburger Polizei!!
Der Inhalt zielt vielmehr auf eine genaue Prüfung durch die Polizei zur dargelegten Thematik ab. Dieser Kontext liegt Ihnen offensichtlich nicht vor.
Die Inhalte meiner Mail wurden absprachegemäß für eine formal-juristische Prüfung durch das Justiziariat der Polizei („P/J“) und die Staatsanwaltschaft Hamburg zum Gegenstand gemacht, um hier Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Die Prüfung dazu ist seit dem 08.09. bei der Staatsanwaltschaft Hamburg anhängig; eine Stellungnahme steht mithin noch aus.

Der von ihnen zitierte Passus der Behörde für Inneres und Sport u.a. „Erlaubnis sui generis“ erfolgte in Anlehnung an Verfahrensweisen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ausländerrechtlichen Angelegenheiten, die nicht dem Strafverfolgungszwang (Legalitätsprinzip) unterliegen und wurde aus dem zuständigen Ressort A 2 (wie in meiner Mail beschrieben: „A20“) beigetragen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen hiermit mehr Klarheit in den Sachverhalt bringen.

 

http://www.steinhoefel.de/blog/2015/09/hamburger-polizei-wird-schriftlich-zur-strafverteitelung-angewiesen.html

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Remember: Do X! Don´t do Y!

Protect innocent, respect life, defend art, preserve creativity!

What´s Left? Antisemitism!

http://www.jsbielicki.com/jsb-79.htm

Psychoanalytische Arbeitsstation

DJ Psycho Diver Sant – too small to fail
Tonttu Korvatunturilta Kuunsilta JSB
Tip tap tip tap tipetipe tip tap heija!
http://www.psychosputnik.com
http://www.saatchionline.com/jsbielicki
https://psychosputnik.wordpress.com/

They want 1984, we want 1776

They are on the run, we are on the march!

Be patient, work hard, follow your passions, take chances and don’t be afraid to fail.
I think for food

molon labe

Die Umwälzung nach 1945  führte nicht zur Überwindung des Nationalsozialismus  als Ideologie der deutschen Volksgemeinschaft, sondern rief lediglich die eitle Illusion hervor, daß mit der Kritik am Nationalsozialismus das nationalsozialistische Dünken selbst und seine innere Konflikthaftigkeit mit dem Judentum überwunden sei.

„Wie es Tatbestände gibt, die die Sinne in die Irre führen, wie im Fall der optischen Täuschung, so gibt es welche, die die unangenehme Eigenschaft haben, dem Intellekt Schlüsse zu suggerieren, die gleichwohl falsch sind.“ – Christoph Türcke

Das Geschlecht ist ein sozialer Konstrukt? Berg, Tal, See und das Meer auch!

Bereits Marx diagnostizierte den Deutschen das Umkippen von Ideologie in Wahn und Lüge. Wie gegenwärtig der Fall ist, neigen die Deutschen zu Ausbrüchen des kollektiven Wahns, der Massenpsychose mit zunehmendem Realitätsverlust.
Der Wahn ist kurz, die Reue lang, pflegte meine Großmutter zu sagen.

Nach dem I. Psychosputnik-Gesetz verwandelt sich der frei florierende Zynismus ab gewissem Verdichtungsgrad seiner Intensität in hochprozentige Heuchelei, analog zu einer atomaren Kernschmelzereaktion. Diesen Prozess der zunehmenden Zynismuskonzentration mit anschliessender Explosion der Heuchelei kann man sehr deutlich gegenwärtig in Deutschland beobachten. Das Denken ist weggeblasen, pulverisiert, das (Hoch)Gefühl ist voll an seine Stelle getreten.

»Indem (der gesunde Menschenverstand) sich auf das Gefühl, sein inwendiges Orakel, beruft, ist er gegen den, der nicht übereinstimmt, fertig; er muß erklären, daß er dem weiter nichts zu sagen habe, der nicht dasselbe in sich finde und fühle; – mit anderen Worten, er tritt die Wurzel der Humanität mit Füßen. Denn die Natur dieser ist, auf die Übereinkunft mit anderen zu dringen, und ihre Existenz nur in der zustande gebrachten Einheit der Bewußtseine. Das Widermenschliche, das Tierische besteht darin, im Gefühle stehenzubleiben und nur durch dieses sich mitteilen zu können.« – G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes

„Die Verschleierung eigener Positionen durch Zitate und Zitatselektion dient dazu, eigene Positionen unkenntlich zu machen.“ – Ursula Kreuzer-Haustein

„Die Neurose ist das Wappen der Kultur.“ – Dr. Rudolf Urbantschitsch, Seelenarzt; „Sehr schön, aber es laufen derzeit schon weit mehr Heraldiker als Adelige herum.“ – Karl Kraus, Schriftsteller
Von oben hat man bessere Aussicht.

„Zuerst verlieren die Menschen die Scham, dann den Verstand, hernach die Ruhe, hierauf die Haltung, an der vorletzten Station das Geld und zum Schluß die Freiheit.“ – Karl Kraus

„Ausbeutung heißt Beute machen, sich etwas durch Gewalt aneignen, was nicht durch eigene Arbeit geschaffen wurde, sich etwas nehmen, ohne Gleichwertiges zurückzugeben – Maria Mies

»Die Psychoanalyse ist eine Panne für die Hierarchie des Denksystems« – Pierre Legendre

Psychoanalyse entwickelt sich nicht weiter, weil sie nicht angewandt wird, es wird nur über sie gesprochen.

»Sie wissen, daß der Kampf des wissenschaftlichen Geistes gegen die religiöse Weltan­schauung nicht zu Ende gekommen ist, er spielt sich noch in der Gegenwart unter unseren Augen ab … Die erste Einwendung, die man hört, lautet, … die Wissenschaft ist zur Be­urteilung der Religion nicht zuständig. Sie sei sonst ganz brauchbar und schätzenswert, solange sie sich auf ihr Gebiet beschränkt, aber die Religion sei nicht ihr Gebiet, da habe sie nichts zu suchen … Die Religion darf nicht kritisch geprüft werden, weil sie das Höch­ste, Wertvollste, Erhabenste ist, was der menschliche Geist hervorgebracht hat, weil sie den tiefsten Gefühlen Ausdruck gibt, allein die Welt erträglich und das Leben lebenswür­dig macht … Darauf braucht man nicht zu antworten, indem man die Einschätzung der Religion bestreitet, sondern indem man die Aufmerksamkeit auf einen anderen Sachver­halt richtet. Man betont, daß es sich gar nicht um einen Übergriff des wissenschaftlichen Geistes auf das Gebiet der Religion handelt, sondern um einen Übergriff der Religion auf die Sphäre des wissenschaftlichen Denkens. Was immer Wert und Bedeutung der Religion sein mögen, sie hat kein Recht, das Denken irgendwie zu beschränken, also auch nicht das Recht, sich selbst von der Anwendung des Denkens auszunehmen … Eine auf die Wissen­schaft aufgebaute Weltanschauung hat außer der Betonung der realen Außenwelt wesent­lich negative Züge, wie die Bescheidung zur Wahrheit, die Ablehnung der Illusionen« (Freud, 1933, S. 182 ff. und S. 197).

„Freuds »Religions«-Kritik galt den »Neurosen« genannten Privatreligionen (Heiraten, romantische Liebe, Gier, Ethik und Moral, etc. Anm. JSB) ebenso wie den kollektiven (Nation, Gutmenschen, Sport, etc. Anm. JSB);“ – Helmut Dahmer

Freud prognostizierte, die bestehende Gesellschaft werde an einem Übermaß nicht absorbierba­rer Destruktivität zugrundegehen. (sofern nicht »Eros« interveniere (Eros ist nicht Ficken, sondern Caritas. Anm. JSB)).

„Wer dem Kult der »Werte« frönt, kann unsanft erwachen, wenn im Kampf der Klassen und Parteien, von dem er sich fernhält, Gruppen obsiegen, auf deren Pro­gramm eine »Umwertung der Werte«, z. B. die Aufwertung von »Un­werten« steht.“ – Helmut Dahmer

»Hinsichtlich der allgemeinen nervlichen Belastung wirkte die Lage im Dritten Reich auf den psychischen Zustand des Volkes ziemlich ambivalent. Es unterliegt kaum einem Zwei­fel, daß die Machtergreifung zu einer weitverbreiteten Verbesserung der emotionalen Ge­sundheit führte. Das war nicht nur ein Ergebnis des Wirtschaftsaufschwungs, sondern auch der Tatsache, daß sich viele Deutsche in erhöhtem Maße mit den nationalen Zielen identifizierten. Diese Wirkung ähnelte der, die Kriege normalerweise auf das Auftreten von Selbstmorden und Depressionen haben. (Das Deutschland der Nazizeit verzeichnete diese Erscheinung zweimal: nämlich 1933 und 1939.) Aber gleichzeitig führte das intensi­vere Lebensgefühl, das von der ständigen Stimulierung der Massenemotionen herrührte, auch zu einer größeren Schwäche gegenüber dem Trinken, Rauchen und Vergnügungen« – Richard Grunberger

Von Anfang an hat­te Hitlers Regime auch den Anstrich der Rechtmäßigkeit

„Die psychiatrischen Truppen der »kaiserlichen deutschen Psychiatrie« (Alexander und Selesnick, 1966, S. 214) jedoch, die 1914 ins Feld zogen, bekriegten immer noch die Krankheit, den äußeren Eindringling in ein gesundes System, und nicht die Neurose, das innere Ungleichgewicht zwischen Psychodynamik, Umwelt und Geschichte.“ – Geoffrey C. Cocks (Diese Einstellung herrscht bis heute in der deutschen Psychotherapie und findet explosionsartige Vermehrung im KOnzept der sog. „Traumatisierung“. Anm- JSB)

Der Plural hat kein Geschlecht.

„Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.“ -Albert Einstein

„Der psychoanalytische Bei­trag zur Sozialpsychologie der jüngsten Vergangenheit (und Gegenwart Anm.JSB) und ihrer Verar­beitung ist heute ebenso unerwünscht wie die Libidotheorie zu Anfang des Jahrhunderts.“ – I.Kaminer

»Ein böses und nur durch Unkenntnis gerechtfertigtes Mißverständnis ist es, wenn man meint, die Psychoanalyse erwarte die Heilung neurotischer Beschwerden vom >freien Ausleben< der Sexualität. Das Bewußtmachen der verdrängten Sexualgelüste in der Analyse ermöglicht vielmehr eine Beherrschung derselben, die durch die vorgängige Verdrängung nicht zu erreichen war. Man kann mit mehr Recht sagen, daß die Analyse den Neurotiker von den Fesseln seiner Sexualität befreit.« – Sigmund Feud, Gesammelte Schriften«, Band XI, S. 201 ff.)

Dummheit ist, wenn jemand nicht weiß, was er wissen könnte.

Dummheit äußert sich heute als empörter Moralismus.

Liebe: nur bestenfalls eine Mutter akzeptiert ihr Kind, so wie es ist, ansonsten muß man Erwartungen anderer erfüllen, um akzeptiert zu werden.

Früher galt als mutig, wer ein Revolutionär war, heute reicht es schon, wenn einer seine Meinung behält.

“Jeder fünfte Bewohner des Westjordanlandes ist ein israelischer Siedler”, greint die Generaldelegation Palästinas heute auf ihrer Homepage.
Und jeder fünfte Bewohner Israels ist ein palästinensischer Araber.
So what?

Werte ohne Einfühlungsvermögen sind nichts wert.

Manche Menschen fühlen physischen Schmerz, wenn sie ihre gewohnten Vorstellungen zugunsten der Realität korrigieren sollen, sie wenden ihre gesamte Intelligenz mit Unterstützung ihrer Agressivität auf, um die Realität nicht zu erkennen und ihr Selbstbild unverändert beizubehalten.

Immer mehr fühlen, immer weniger denken – Der Mensch unterscheidet sich vom Tier nicht durch Gefühle, denn Säugetiere haben die gleichen Gefühle, wie der Mensch: Trauer, Angst, Wut, Liebe, sondern durch sein Denken. Wenn er denkt, falls er denkt.

Political correctness ist, wenn man aus Feigheit lügt, um Dumme nicht zu verärgern, die die Wahrheit nicht hören wollen.

„Sagen Sie meiner Mutter nicht, daß ich in der Werbung arbeite. Sie denkt, ich bin Pianist in einem Bordell.“ – Jacques Seguela

BILD: FAZ für Hauptschüler

Wer „ich will frei sein“ sagt, und es sagen viele, der ist ein Idiot. Denn das höchste was der Mensch als Freiheit haben kann, ist die Freiheit, seine Pflicht frei zu wählen.

“Im Streit um moralische Probleme, ist der Relativismus die erste Zuflucht der Schurken.“ Roger Scruton

Nonkonformistische Attitüde und affirmative Inhalte – einer Kombination, die schon immer die linksdeutsche Ideologie gekennzeichnet hat. – Stephan Grigat

Es sind dieselben, die behaupten, das Geschlecht wäre nicht biologisch angeboren, sondern nur ein soziales Konstrukt, und zugleich daß die Homosexualität kein soziales Konstrukt wäre, sondern biologisch angeboren.

Antisemitismus ist, wenn man Juden, Israel übelnimmt, was man anderen nicht übelnimmt.

„Es gibt zwei Dinge“, so wußte Hitler schon 1923, „die die Menschen vereinigen können: gemeinsame Ideale und gemeinsame Kriminalität“ .

Nach der gewaltsamen Beendigung des Mordens durch die Alliierten waren die Deutschen (und sind es bis heute geblieben) noch deutscher als zuvor.

„Der Staat sind wir“: Dies Credo der Sozialdemokratie Ferdinand Lassalles war die Wahrheit der Volksgemeinschaft, und der Nazismus war die vermittlungslose Basisdemokratie der Deutschen.

Die Demokratie der Bürger ist die interessierte Demutsadresse an den autoritären Staat.

„Die deutsche Nation ist das Apriori dieser seltsamen Wissenschaft, die

vorgibt, nichts zu kennen als Quellen, Quellen und nochmals Quellen, nichts als das

lautere Plätschern der Tatsachen und das ungetrübte Sprudeln der Empirie. Die

Quelle aber ist der Historie, was der Jurisprudenz das Indiz: Spielmaterial, bloße

Illustration des Systemzwangs zum Rechtsfrieden, d.h. empirische Legitimation der

vorab existenten letzten Instanz, an der jede Berufung aufhört und jede Revision

endet. Egal, wer Recht hat, solange nur Recht ist; was immer die Quellen sagen,

ein Beweis gegen die Nation wird sich daraus nie und nimmer folgern lassen.“ (…)

„Historische Wahrheit wird nach dem Modell von Meinungsumfragen vorgestellt;

kein Sample jedoch wird je repräsentativ genug sein,

um der deutschen Nation als solcher die Taten der Nazis zuzurechnen.

Die juristische Methode dieser seltsamen Wissenschaft, die sich die Behandlung der

Geschichte anmaßt, weiß so überaus sorgfältig zwischen Intention und Resultat zu

scheiden, daß der einzig noch mögliche Weg historischer Wahrheitsgewinnung, der

allerdings leider ausgeschlossen ist, Psychoanalyse wäre.“ – Joachim Bruhn

Da die Psychoanalyse heute auch nur noch ein korruptes Racket ist, würde sie nicht helfen.

 Der Himmel, wenn er sich schon öffnet, zitiert sich am liebsten selbst. 

Je verkommener eine menschliche Kreatur, desto eher fühlt sie sich beleidigt, respektlos behandelt, in ihrer Ehre verletzt.

Der Nicht-Antisemit ist ein Antisemit, der nach der derzeitigen deutschen Rechtsprechung, Israel, Juden diffamiert, diskriminiert, delegitimiert, jedoch nicht expressis verbis das Ziel der dritten Reichs, den Holocaust, die Judenvernichtung, befürwortet.

Aus Deutschland erreicht mich „tiefe Sorge um den Friedensprozess“. Vorsicht: Wo ist es im Nahen und Mittleren Osten derzeit so friedlich und vergleichsweise gewaltarm wie in Israel? Wo leben Araber derzeit sicherer als in Israel? Wo haben sie besseren Zugang zu Bildung, Arbeit, Konsum und medizinischer Versorgung? – Götz Aly

Islam ist weniger eine Religion und mehr eine totalitäre Gesellschaftsordnung, eine Ideologie, die absoluten Gehorsam verlangt und keinen Widerspruch, keinerlei Kritik duldet und das Denken und Erkenntnis verbietet. Der wahre Islam ist ganz anders, wer ihn findet wird eine hohe Belohnung erhalten.

Der religiöse Rassismus der Islamisten, der den völkischen Rassismus der Nazis ersetzt hat, erklärt Allah zum Führer und die Jihadisten zu seiner privilegierten Kampftruppe: Wenn man so will, zu Allahs SS. Der Zusammenhalt dieser Kampftruppe wird über die Jenseitserwartung von Hölle und Paradies, also über das Instrument der religiösen Angst, sichergestellt. Diese Selbstbildfantasie der Islamisten ist mit ihrer (zumeist antijüdischen) Feindbildfantasie untrennbar verknüpft. – Matthias Küntzel

Wahnsinn bedeute, immer wieder das gleiche zu tun, aber dabei stets ein anderes Resultat zu erwarten.

Gutmenschen sind Menschen, die gut erscheinen wollen, die gewissenlos das Gewissen anderer Menschen zu eigenen Zwecken mit Hilfe selbst inszenierter Empörungen instrumentalisieren.

Irritationen verhelfen zu weiteren Erkenntnissen, Selbstzufriedenheit führt zur Verblödung,

Wenn ein Affe denkt, „ich bin ein Affe“, dann ist es bereits ein Mensch.

Ein Mensch mit Wurzeln soll zur Pediküre gehen.

Wenn jemand etwas zu sagen hat, der kann es immer sehr einfach sagen. Wenn jemand nichts zu sagen hat, der sagt es dann sehr kompliziert.

Sucht ist, wenn jemand etwas macht, was er machen will und sucht jemand, der es macht, daß er es nicht macht und es nicht machen will.

Sollen die Klugen immer nachgeben, dann wird die Welt von Dummen regiert. Zu viel „Klugheit“ macht dumm.

Wenn man nur das Schlechte bekämpft, um das Leben zu schützen, bringt man gar nichts Gutes hervor und ein solches Leben ist dann nicht mehr lebenswert und braucht nicht beschützt zu werden, denn es ist dann durch ein solches totales Beschützen sowieso schon tot. Man kann so viel Geld für Versicherungen ausgeben, daß man gar nichts mehr zum Versichern hat. Mit Sicherheit ist es eben so.

Zufriedene Sklaven sind die schlimmsten Feinde der Freiheit.

Kreativität ist eine Intelligenz, die Spaß hat.

Wen die Arbeit krank macht, der soll kündigen!

Wenn Deutsche über Moral reden, meinen sie das Geld.

Ein Mensch ohne Erkenntnis ist dann  lediglich ein ängstlicher, aggressiver, unglücklicher Affe.

Denken ist immer grenzüberschreitend.

Der Mob, der sich das Volk nennt, diskutiert nicht, sondern diffamiert.

Legal ist nicht immer legitim.

Wer nicht verzichten kann, lebt unglücklich.

Sogenannte Sozial-, Kultur-, Geisteswissenschaften, Soziologie, Psychologie, Psychotherapie, Psychoanalyse, sind keine Wissenschaften mehr, sondern immanent religiöse Kultpropheten, organisiert wie Sekten. Es sind Sozio-, Pädago- und Psychokratien, Rackets, die Erkenntnis nicht fördern, sondern verhindern.

Ohne eine starke Opposition atrophiert jede scheinbare Demokratie zur Tyrannei, und ebenso eine Wissenschaft, zur Gesinnung einer Sekte.

Man kann alles nur aus gewisser Distanz erkennen, wer sich ereifert, empört, wer mit seiner Nase an etwas klebt, der hat die Perspektive verloren, der erkennt nichts mehr, der hat nur noch seine Phantasie von der Welt im Kopf. So entsteht Paranoia, die sich Religion, und Religion als Politik, sogar als Wissenschaft nennt.

Islamisten sind eine Gefahr, deswegen werden sie als solche nicht gesehen. Juden sind keine Gefahr, deswegen werden sie als solche gesehen. So funktioniert die Wahrnehmung von  Feiglingen.

Humorlose Menschen könner nur fürchten oder hassen und werden Mönche oder Terroristen.

Menschen sind nicht gleich, jeder einzelne Mensch ist ein Unikat.

Erkenntnis gilt für alle, auch für Muslime, Albaner, Frauen und Homosexuelle.

Islam gehört zu Deutschland, Judentum gehört zu Israel.

Der Konsensterror (Totalitarismus) ist in Deutschland allgegenwärtig.

Es wird nicht mehr diskutiert, sondern nur noch diffamiert.

Es ist eine Kultur des Mobs. Wie es bereits gewesen ist.

Harmonie ist nur, wenn man nicht kommuniziert.

Man soll niemals mit jemand ins Bett gehen, der mehr Probleme hat, als man selbst.

>>Evelyn Waugh, sicherlich der witzigste Erzähler des vergangenen Jahrhunderts, im Zweiten Weltkrieg, herauskommend aus einem Bunker während einer deutschen Bombardierung Jugoslawiens, blickte zum Himmel, von dem es feindliche Bomben regnete und bemerkte: “Wie alles Deutsche, stark übertrieben.“<< Joseph Epstein

Man muß Mut haben, um witzig zu sein.

Dumm und blöd geht meistens zusammen.

Charlie Hebdo: solche Morde an Juden sind euch egal, mal sehen wie”angemessen”  ihr reagiert, wenn (wenn, nicht falls) eure Städte von Islamisten mit Kasam-Raketen beschossen werden.

Christopher Hitchens großartig: „In einer freien Gesellschaft hat niemand das Recht, nicht beleidigt zu werden.“

Je mehr sich jemand narzisstisch aufbläht, desto mehr fühlt er sich beleidigt und provoziert.

“Das Problem mit der Welt ist, daß die Dummen felsenfest überzeugt sind und die Klugen voller Zweifel.” – Bertrand Russel

Das Problem mit den Islamisten in Europa soll man genauso lösen, wie es Europa für den Nahen Osten verlangt: jeweils eine Zweistaatenlösung, die Hälfte für Muslime, die andere Hälfte für Nicht-Muslime, mit einer gemeinsamen Hauptstadt.

Was darf Satire? Alles! Nur nicht vom Dummkopf verstanden werden, weil es dann keine Satire war.

Islamimus ist Islam, der Gewalt predigt.

Islam ist eine Religion der Liebe,und wer es anzweifelt, ist tot.

Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke. Der Islam ist die friedliche Religion der Liebe George Orwell 2015

Islam ist verantwortlich für gar nichts, Juden sind schuld an allem.

Islamisten sind Satanisten. Islamismus ist eine Religion von Idioten.

Leute fühlen sich immer furchtbar beleidigt, wenn man ihre Lügen nicht glaubt.

Jeder ist selbst verantwortlich für seine Gefühle.

Die Psychoanalyse geht niemanden außer den Psychoanalytiker und seinen Patienten etwas an, und alle anderen sollen sich verpissen.

“Zeit ist das Echo einer Axt
im Wald.
Philip Larkin, Gesammelte Gedichte

Wenn jemand wie Islamisten sein Ego endlos aufbläht, dann verletzt er seine eigenen Gefühle schon morgens beim Scheißen.

„Die sieben Todsünden der modernen Gesellschaft: Reichtum ohne Arbeit Genuß ohne Gewissen Wissen ohne Charakter Geschäft ohne Moral Wissenschaft ohne Menschlichkeit Religion ohne Opfer Politik ohne Prinzipien.“
―Mahatma Gandhi

„Wo man nur die Wahl hat zwischen Feigheit und Gewalt, würde ich zur Gewalt raten.“
―Mahatma Gandhi

Warum zeigt sich Allah nicht? Weil er mit solchen Arschlöchern nichts zu tun haben will.

„Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus’. Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus’.”  – Ignazio Silone

Politische Korrektheit verlangt eine Sprache für ein Poesiealbum.

Psychoanalyse ist frivol, oder es ist keine Psychoanalyse.

Bunte Vielfalt, früher: Scheiße

Was der Mensch nicht mehr verändern, nicht mehr reformieren kann, ist nicht mehr lebendig, sondern sehr tot. Was tot ist, das soll man, das muß man begraben: Religion, Ehe, Romantizismus, etc.

Romantik ist scheiße.

Die Realität ist immer stärker als Illusionen.

Deutschland gestern: der Wille zur Macht.
Deutschland heute: der Wille zur Verblendung.
Deutschland morgen: 德國

Deutsche Psychoanalyse? Großartig, wie deutscher Charme, deutscher Humor und deutscher Esprit.

Der Widerstand fängt mit einer eigenen, anderen Sprache als die der Diktatur.

Smart phones for stupid people.

Ein Linker kann, muß aber nicht dumm sein.

Wenn man ganzen Staaten nicht übel nimmt, wenn sie mit Millionen Opfern Selbstmord begehen, warum dann einem Co-Piloten mit 149 Toten?

Nur die Reinheit der Mittel heiligt den Zweck.

Ein extremer Narzißt ist ein potentieller Terrorist, und jeder Terrorist ist ein extremer Narzißt.

Islamisierung bedeutet Verblödung.

…der hiesige Autoritarismus (ist) einer ohne Autorität und der hiesige Konventionalismus einer ohne Konventionen. Schon bei den Nazis war nicht das Wort des Führers Befehl, sondern sein Wille, den der kongeniale Volksgenosse erahnte. Nie hätte der Nationalsozialismus funktioniert, hätte den Deutschen jede ihrer Missetaten bei Strafandrohung befohlen werden müssen. Anders, als es das Wort vom „Befehlsnotstand“, von der „Gleichschaltung“ oder vom „Führer“ selber glauben machen will, herrschte das NS-System durch Gehorsam ohne Befehl. (W. Pohrt, Der Weg zur inneren Einheit)

Der faschistische Sozialpakt existiert im bundesdeutschen Postfaschismus weiter als eine im Resultat aufgehobene Voraussetzung, die unmittelbar keine Spur ihrer gewaltförmigen Durchsetzung mehr an sich trägt: umso besser kann diese Tatsache verleugnet und der Nationalsozialismus als das Verbrechen einiger Irrer, als „Unrechtsstaat“, als „das Schlimmste, das Menschen einander je angetan haben“ exorziert werden. Diese Lebenslüge der BRD ist das Fundament aller demokratischen „Vergangenheitsbewältigung“, jenes kollektiven Beschweigens des Nationalsozialismus, das durchaus auch die Form enervierender Redseligkeit annehmen kann. Weil das postfaschistische Deutschland in institutioneller wie personeller Hinsicht in Kontinuität zu seinem Vorgänger steht, muß ausnahmslos jeder Versuch einer Vergangenheitsbewältigung innerhalb des sich weiterschleppenden Systems zur symbolischen Distanzierung, zum substanzlosen Gestus geraten. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Deutschen einen schier unerschöpflichen Vorrat an größeren und kleineren Entlastungslügen angelegt, aus dem sie sich je nach Gelegenheit und Bedarf bedienen. Danach war das nationalsozialistische System wahlweise das Werk von Hitler höchstpersönlich, einer kleinen Verbrecherclique und ein paar Helfershelfern oder des Monopolkapitals und seiner Schergen. Otto Normalvergaser jedenfalls hat „von alledem nichts gewußt“, war „im Grunde auch dagegen“ oder „konnte gar nicht anders handeln“, weil „Befehlsnotstand“ herrschte und man im Falle des Zuwiderhandelns sofort „ins KZ gekommen“ wäre. “ (…) „Heute haben die Verbreitung des Gerüchts und die Verbreitung der Neidbeißerei neue, technische Möglichkeiten. Sie können sich über das Internet und diverse Subnetzwerke und Blogs rasend verbreiten und auch auf die Politik einen Druck erzeugen, sich ihnen zu beugen. Die gesellschaftliche Mobilmachung wirkt so wieder auf die Politik zurück. Sie muss sich den entsprechenden Stimmungen beugen, weil sonst die Wiederwahl gefährdet würde. Die Devise »Ich bin ihr Führer, also muss ich ihnen folgen«, bleibt auch im zerfallenen Postnazismus das prinzipienlose Grundprinzip von Herrschaft.“ (…) Spezialisierung und Diversifikation sind die zeitgemäße Erscheinungsform von Vermassung und Uniformität. (…) 1 x 1 materialistischer Kritik: es  muss darum gehen, Erscheinungen in eine Konstellation zu bringen, in der sie lesbar werden. (…) Je antirassistischer und weltoffener sich die Deutschen aufführen, desto mehr ähneln sie wieder einer gegen ihre Todfeinde verschworenen Horde, die nicht mehr auf Exklusivität pocht, sondern die Anforderungen zum Mitmachen wieder flexibilisiert hat und sich ihr Jagdrevier mit anderen teilt, sofern sie sich bewähren. Und weil gerade die Entfernung vom Nazismus die Nähe zu ihm verbürgt, waren und sind das diejenigen, die in Personensache am wenigstens mit Nazifaschistischem in Verbindung zu bringen sind, die Linksradikalen, die Linksliberalen, die Linken, die Antifaschisten, die entschiedensten Schrittmacher dafür, dass der anfangs noch gar nicht wirklich übergreifende postnazistische Fundamentalkonsens tatsächlich totalisiert und auf die Höhe der Zeit gebracht werden konnte. Die Nazis und die Rechten hingegen waren für diesen Vorgang nur von unterordnetem Belang. Sie standen immer schon für eine in ihrer konkreten Ausprägung gestrige Gesellschaftsformation und deshalb ging von ihnen auch nie eine ernsthafte Gefahr eines neuen Faschismus aus. Diese Totalisierung der Gemeinschaft der Demokraten, die hauptsächlich die Linke mit herbeigeführt hat, ist allerdings identisch und das zeigt sich heute mit ihrem Zerfall. Dieser wiederum ist im Selbstwiderspruch der postnazistischen Vergesellschaftung angelegt, in der der bereits erwähnte nazistische Kurzschluss von Staaten Subjekt im Modus permanenter Mobilmachung in den politökonomischen Formen im Doppelsinne aufgehoben ist. Seiner Substanz nach anerkannt und aufbewahrt, wie vorerst suspendiert und seiner Verlaufsform nachgezügelt. Also statt den Blockwarten gab es Aktenzeichen XY, da durfte sich jeder dann auch telefonisch dran beteiligen, aber richtige Jagdszenen gab es in der alten Bundesrepublik nicht oder nur in Ausnahmefällen. Taxiert selbst zu Zeiten der Prosperität jeder insgeheim seinen Erwerb als verkappte Arbeitslosenunterstützung, so mobilisiert die Krise der postnazistischen Vergesellschaftung erst Recht die Sehnsucht nach der alten Staatsunmittelbarkeit. Johannes Agnoli schrieb dazu schon in der Transformation der Demokratie 1966: „Der präfaschistisch liberale Ruf nach dem starken Staat wiederholt sich postfaschistisch neoliberal“. Und damit gerät das ganze System des autoritären Etatismus und geraten letzten Endes die politökonomischen Vermittlungen als solche wieder ins Visier des Volkszorns und es war wiederum die Linke, die noch zu Zeiten, wo keine Krise in Sicht war, im sinistren Tram nach Liquidation der Vermittlungen die Zunge gelöst und ihm neue fantasievolle und kreative, wie es so schön heißt, Äußerungsformen zur Verfügung gestellt hat. Sie war das Laboratorium, in dem die allgemeine Mobilmachung eingeübt und jener darauf zugeschnittenen neue und zugleich sehr alte Sozialcharakter herangebildet wurde, indem sich mittlerweile eine Mehrheit spontan wieder erkennt. Derjenige Sozialcharakter, der nach dem Motto „Ich leide, also bin ich“ sich einerseits unter Berufung auf die höchst unverwechselbare Diskriminierung, die ihm angeblich wiederfährt, zur kleinsten existierenden Minderheit erklärt, sich gleichsam nach dem Muster verfolgter und in ihrer Kultur bedrohter Völker begreift und andererseits als Gegensouverän seine private, warnhafte Feinderklärung allen anderen oktroyieren möchte und diesem Zweck entweder vorhandene gesellschaftliche Organisationen zu Rackets umfunktioniert, neue Rackets gründet oder andere Rackets mit ins Boot holt. Der einstige demokratische Fundamentalkonsens wird dadurch einerseits ins einzelne Subjekt zurückverlagert und andererseits vermittlungslos verallgemeinert. Aus der formell kollektiven Feinderklärung der Mitte gegen die Extreme, das war der Normalfall in der Bundesrepublik bis weit in die 80er Jahre, Terroristenhasse, einige werden sich noch daran erinnern. Aus dieser kollektiven Feinderklärung der gesellschaftlichen Mitte gegen die Extreme wird also die pluralisierte Feinderklärung alle gegen alle, die getrennt vereint sich zusammenrotten und auf diese Weise zerfällt die Gemeinschaft der wehrhaften Demokraten und reorganisiert sich zugleich hin zu zerfallen. Ein Zitat von Wolfgang Port in einem anderen Zusammenhang macht es sehr schön deutlich: „Wie durch höhere Gewalt sondern sich die Langen von den Kurzen, die Weiblichen von den Männlichen, die Alten von den Jungen, die Dicken von den Dünnen ab“ und das Resultat ist eine Segregation und Ghettoisierung durch welche die Metropolen, einem riesigen Freiluftgefängnis mit seinen Unterabteilungen für Männer und Frauen, Jugendliche, Kranke, Alte, Port schreibt etc., man könnte noch Schwule und Lesben und Migranten und was weiß ich noch alles ergänzen, Protestanten, Katholiken, Ossis, Wessis, immer ähnlicher werden. Neu ist, dass dieses Freiluftgefängnis als eine kulturelle Einrichtung und seine Insassen als Kulturbotschafter begriffen werden und es ist diese nahezu flächendeckende Selbstkulturalisierung der gesellschaftlichen Mehrheit und der einzelnen Individuen in ihr, die in der Postmoderne ihr bewusstloses Selbstbewusstsein und ihre Legitimation erfährt und im antirassistischen PC-Sprech sich ihren Ehrenkodex schafft, ihre Omertà, die sich an ihresgleichen und die verbliebenen Kritiker draußen richtet, Islamophobie ist ihr derzeit aktuellstes Schlagwort. Dieser Vorgang, diese Selbstkulturalisierung der gesellschaftlichen Mitte und ihr Zerfall ist also die Bedingung der neuen Haltung Ausländern und Migranten gegenüber, an denen die Deutschen projektiv ihre ersehnte Regression auf den Stamm illustrieren. Was ihnen umso leichter gelingt, als manch ihrer Repräsentanten und Lobbyisten sich anschicken, genau dem Bilde zu gleichen, das die Deutschen sich seit jeher von ihnen machten und wofür sie von ihnen jetzt nach kollektiv und offiziell ins Herz geschlossen werden. Der mittlerweile zur Dauereinrichtung erklärte Karneval der Kulturen ist nichts anderes als ein Zerfallsprodukt der postfaschistischen Demokratie, mehr noch, er ist diese Gemeinschaft in einer zugleich flexibilisierten und pluralisierten und kollektivierten Gestalt. In dieser Völkerfamilie, die die Deutschen gerne auf der ganzen Welt hätten, wären da nicht Israel und die USA als Störenfriede und die sie aus Mangel an Realisierungschancen deshalb erstmal bei sich zuhause einrichten, geht es dabei zu, wie in jeder guten Familie: Die einzelnen Mitglieder sind einander spinnefeind und die Widersprüche und Konflikte, die daraus resultieren, gehören auch voll und ganz dieser Vergesellschaftung an, sind von ihr konstituiert und dazu gehört ein fein dosiertes Spiel mit Fremdheit und Nähe, das von allen Beteiligten auch weiterhin gepflegt wird, weil damit ein moralisches Plus bei der Gefolgschaft eingefahren werden kann. (…) Der zweite Weltkrieg war ein kulturindustrielles Massenevent. (…) Eine neue Barbarei sei stets zu befürchten, wird sich nicht aus dem Geist Nationalsozialismus unmittelbar speisen, sondern im Gewande von demokratischem Antifaschismus von Lernen aus der Geschichte und political correctness daher kommen.(…) Abwehr des offenen Faschismus durch dessen demokratische Entnazifizierung und Eingemeindung. (…) Je antirassistischer und weltoffener sich die Deutschen aufführen, desto mehr ähneln sie wieder einer gegen ihre Todfeinde verschworenen Horde, die nicht mehr auf Exklusivität pocht, sondern die Anforderungen zum Mitmachen wieder flexibilisiert hat und sich ihr Jagdrevier mit anderen teilt, sofern sie sich bewähren. (…) Die postnazistische Demokratie hat  die nationalsozialistische Mobilmachung des „gesunden Volksempfindens“ zwar nicht abgeschafft, sondern nur sistiert – sie hat es aber andererseits auch in die Latenz abgedrängt und damit gebremst, indem sie es in die mediatisierende Form des bürgerlichen Repräsentationsprinzips zwängte.  (…) „Rassismus“ ist ein ideologisches Stichwort eines anti-rassistischen Rackets, das jeden Realitätsbezugs entbehrt, das seine Mitglieder vielmehr nur als Ausweis von Gesinnungsfestigkeit und Ehrbarkeit vor sich hertragen und das ihnen als probates Mittel dient, um nach Willkür und freiem Ermessen festzulegen, wer gerade als „Rassist“ zu gelten hat. Und dieses „anti-rassistische“ Racket, das sind heutzutage fast alle: längst ist die Gegnerschaft zum Rassismus keine Domäne der Linken mehr, sondern offizielle Staatsraison und common sense aller Ehrbaren und Wohlmeinenden, und das ist die erdrückende Mehrheit.  (…) Von der moralisierenden Aufdringlichkeit und der enervierenden Verlogenheit einmal abgesehen, ist die Ehrfurcht, die „anderen Kulturen“ entgegengebracht wird und die Unterwürfigkeit, mit der ihre Träger geradezu als Heilsbringer verehrt werden, keine Gegenposition zum Rassismus, sondern dessen logische wie historische Voraussetzung, die im Rassismus und allen naturalisierenden Ideologien als ein Moment überlebt: deren Grundmuster ist die projektive Bekämpfung dessen, was man selbst gern möchte, aber nicht erreichen kann, und deshalb gehört zur Diskriminierung der Neger wegen ihrer „Faulheit“ die Bewunderung für den „Rhythmus, den sie im Blut haben“ und die Achtung vor ihrer „sagenhaften Potenz“; somit ist der „Anti-Rassismus“ nichts weiter als die notwendige Kehrseite des Rassismus selbst, die sich von diesem abgespalten hat und gegen ihre eigene Grundlage wendet. Historisch jedenfalls geht die Wertschätzung fremder Kulturen ihrer späteren, „rassisch“ legitimierten Abqualifizierung voran und sie ist auch logisch deren Voraussetzung: Christoph Columbus etwa beschreibt in seinen Tagebüchern die Eingeborenen, die er 1492 auf den Bahamas, Cuba und schliesslich Haiti angetroffen hat, folgendermaßen: sie sind „ängstlich und feige“, „sehr sanftmütig und kennen das Böse nicht, sie können sich nicht gegenseitig umbringen“, „sie begehren die Güter anderer nicht,“ und er resümiert: „Ich glaube nicht, dass es auf dieser Welt bessere Menschen oder ein besseres Land gibt.“ (7)  (…) Protestantische Innerlichkeit: gemäß der Devise, dass vor der schlechten Tat der schlechte Gedanke und das schlechte Wort kommen, die man demzufolge austreiben muss, damit alles besser wird. (…) So kommt es, dass es heute der Anti-Rassismus ist, der, unter dem Vorwand, heldenhaft gegen einen in Wahrheit nicht existenten „Rassismus“ zu kämpfen, Respekt und Toleranz noch für die rückständigsten und unmenschlichsten Sitten und Gebräuche einfordert und damit selbst als Protagonist und Fürsprecher einer Verrassung der restbürgerlichen Gesellschaft fungiert.  (..) Die unterschiedliche Pigmentierung der menschlichen Haut ist eine objektive Gegebenheit, keine bloße Erfindung. (…) Rasse heute ist die Selbstbehauptung des bürgerlichen Individuums, integriert im barbarischen Kollektiv. (…) Der nervige Sozialcharakter des Gutmenschen ist offenbar eine fast zeitlose Erscheinung und in den verschiedensten Lebensbereichen anzutreffen, die Wahrscheinlichkeit, ihm in fortschrittlichen sogenannten „politischen Zusammenhängen“ zu begegnen, ist besonders hoch: werden doch hier traditionell die altruistischen Tugenden – das Mitgefühl, die Solidarität, Selbstlosigkeit etc. – besonders hoch angeschrieben und deshalb sind sie das geeignete Betätigungsfeld für Sozialcharaktere, die sich als Ersatz für ihr eigenes ungelebtes Leben vorzugsweise mit dem Leiden anderer als Fetisch verbinden. (…) Es sind aber gerade die höchsten Tugenden, die die niedersten Instinkte decken, wie schon Marx wusste: „Bis jetzt hat der Mensch sein Mitgefühl noch kaum ausgeprägt. Er empfindet es bloß mit dem Leiden, und dies ist gewiss nicht die höchste Form des Mitgefühls. Jedes Mitgefühl ist edel, aber das Mitgefühl mit dem Leiden ist die am wenigsten edle Form. Es ist mit Egoismus gemischt. Es neigt zum Morbiden […] Außerdem ist das Mitgefühl seltsam beschränkt […] Jeder kann für die Leiden eines Freundes Mitgefühl empfinden, aber es erfordert […] das Wesen eines wahren Individualisten, um auch am Erfolg eines Freundes teilhaben zu können. (…) Und da jeder demonstrative Altruismus nicht nur einen kleinlichen Egoismus bemäntelt, sondern auch mit dem Anspruch des Idealisten einhergeht, erzieherisch auf das Objekt seiner Zuwendung einzuwirken, ist er die adäquate Ideologie von Rackets, und auch das ist Wilde nicht entgangen: Barmherzigkeit, so schreibt er, sei die „lächerlich unzulängliche Art der teilweisen Rückerstattung oder ein sentimentales Almosen, gewöhnlich verknüpft mit dem skandalösen Versuch des rührseligen Spenders, auf (das) Privatleben (der Armen) Einfluss zu nehmen. (…) Im totalisierten Zugriff auf die ihr Unterworfenen ist die sozialistische Bewegung bis auf den heutigen Tag ebenfalls als ein Racket des Tugendterrors anzusprechen, betrachtet sie es doch als ihre Aufgabe, das Proletariat oder das gerade angesagte Subjekt seiner „wahren Bestimmung“ zuzuführen und d.h. es im Sinne der von ihm zu realisierenden Ideale zu erziehen – und das bedeutet stets noch: ihm die Untugenden und Laster auszutreiben, die der Vorhut als Male der individualistischen Bürgerwelt erscheinen: etwa Alkoholabusus, Faulenzerei, „zerrüttete“, „unsittliche“ Verhältnisse zwischen den Geschlechtern etc. Und um dieser Aufgabe gerecht zu werden, müssen die selbsternannten Vertreter der Klasse die von ihnen verfochtenen Tugenden in eigener Person glaubwürdig verkörpern und deshalb in einer noch rigideren Weise als der gemeine Bürger sich als Subjekte zurichten, d.h. ihre Individualität dem Allgemeinen (dem Kollektiv, der Klasse, dem Frieden etc.) opfern, um totale Identität mit ihm zu erlangen. Wenn Identität letzten Endes den Tod bedeutet, dann hat die Bemühung um sie vorzeitige Erstarrung und prämortale Leblosigkeit zur Folge – von daher die bis in die Gegenwart zu beobachtenden verhockten, verkniffenen und lauernden Mienen aller professionellen Menschheitsbeglücker, ihre rigide Zwangsmoral und durchgängige Humorresistenz, die immergleichen offiziösen Phrasen, die sie dreschen, die tödliche Langeweile, die von ihnen und ihrem penetranten Sendungsbewusstsein ausgeht, und ihr chronisches Beleidigtsein, wenn sie beim Gegenüber auch nur den Hauch eines Zweifels an ihrer aufgetragenen Gutartigkeit zu erspüren glauben. Und zu alldem glauben diese Leute sich auch noch ermächtigt, diese ihre trostlose Existenz zur verbindlichen Richtschnur für alle anderen zu erklären.“ – Clemens Nachtmann

„Die rebellische Haltung, vor einem Jahrzehnt noch das Privileg von Einzelgängern, ist heute Ausdruck des Konformismus. Man will dazugehören, nicht als Schlappschwanz gelten“ – Horkheimer

„Die Demokratie ist nichts weiter als die Herrschaft des Knüppels über das Volk durch das Volk für das Volk. (…) Es gibt drei Arten von Despoten: den Despoten, der den Leib knechtet, den Despoten, der die Seele knechtet und den Despoten, der Leib und Seele zugleich knechtet. Der erste heißt Fürst. Der zweite heißt Papst. Der dritte heißt das Volk. (..) Wer das Volk führen will, ist gezwungen, dem Pöbel zu folgen“ (…) „Man hört immer wieder, der Schulmeister sterbe aus. Ich wünschte beileibe, dem wäre so. Aber der Menschentypus, von dem er nur ein und gewiss noch der harmloseste Vertreter ist, scheint mir wahrhaftig unser Leben zu beherrschen; und wie auf ethischem Gebiet der Philanthrop die größte Plage ist, so ist es im Bereich des Geistes derjenige, der so sehr damit beschäftigt ist, andere zu erziehen, dass er nie Zeit gehabt hat, an seine eigene Erziehung zu denken […] Wie schlimm aber, Ernest, ist es, neben einem Menschen zu sitzen, der sein Leben lang versucht hat, andere zu erziehen! Welch eine grausame Tortur! Was für eine entsetzliche Borniertheit, die unvermeidlich aus der fatalen Gewohnheit resultiert, anderen seine persönlichen Überzeugungen mitteilen zu wollen! Wie sehr dieser Mensch durch seine geistige Beschränktheit auffällt! Wie sehr er uns und fraglos auch sich selbst anödet mit seinen endlosen Wiederholungen und seiner krankhaften Besserwisserei! Wie sehr er jedes Anzeichen geistigen Wachstums vermissen lässt! Wie verhängnisvoll ist der Kreis, in dem er sich unablässig bewegt.“ – Oscar Wilde
„Was die Menschheitsbeglücker in Wahrheit bewirken, ist ihr eigener moralischer Selbstgenuss in der angemaßten oder tatsächlichen Herrschaft über andere, aber gerade nicht die praktische Lösung der Dinge, um die es ihnen vorgeblich so selbstlos zu tun ist: „In den Augen des Denkers allerdings liegt der wahre Schaden, den das moralische Mitgefühl anrichtet, darin, dass es unser Wissen begrenzt und so verhindert, dass wir auch nur eines unserer sozialen Probleme lösen.“ (Wilde) Das Selbstopfer fürs Kollektiv erweist sich nicht nur als die wahre Selbstsucht, sondern auch als gegen die Gattung gerichtet: „Denn die Entwicklung der Gattung hängt von der Entwicklung des Individuums ab, und wo die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit als Ideal abgedankt hat, ist das Absinken des intellektuellen Niveaus, wenn nicht gar dessen gänzliches Verschwinden die unmittelbare Folge.“ (Wilde) Und das vorgeblich so praktische und zielorientierte Tun erweist sich als in Wahrheit konfus und unpraktisch: denn es verlässt den Bannkreis des Notwendigen und Zwanghaften nicht, ja, es bestärkt dessen Macht umso mehr, je auftrumpfender und verblendeter es sich in seiner moralischen Selbstgerechtigkeit verhärtet und alle Selbstaufklärung abwehrt. Solange die Gesellschaft den Individuen als fremde äußere Macht entgegentritt, verkehrt sich die gute Intention regelmäßig in ihr Gegenteil und ist menschliches Handeln „nur blindes Tun, abhängig von äußeren Einflüssen und angetrieben von einem dunklen Impuls, von dem es selbst nichts weiß. Es ist seinem Wesen nach unvollkommen, weil es vom Zufall begrenzt wird, und unwissend über seine eigentliche Richtung, befindet es sich zu seinem Ziel stets im Widerspruch […] Jede unserer Taten speist die große Maschine des Lebens, die unsere Tugenden zu wertlosem Staub zermahlen oder aber unsere Sünden in Bausteine einer neuen Kultur verwandeln kann.“ (…) Die Misere des Sozialismus von seinen Anfängen bis heute war und ist stets zuverlässig abzulesen an seiner Verachtung aller autonomen, zweckfreien, in sich begründeten und eben darin gesellschaftlich bestimmten Kunst, weil sie die – prekäre und unvollständige – Emanzipation des Individuums von Blut, Scholle, Rasse, Kollektiv vorausträumt und ihr Ausdruck verleiht. Die Kunst, die sozialistische Bewegungen oder Regimes dann hervorbringen und fördern, eine Kunst, die „Partei ergreifen“, „Stellung beziehen“ und „gesellschaftliche Verantwortung“ dokumentieren soll, zerstört jedoch sich selbst und ihre Voraussetzungen. (…) „Kunst ist Individualismus und der Individualismus ist eine verstörende und zersetzende Kraft. Gerade darin liegt sein unermesslicher Wert. Denn was er aufzubrechen versucht, ist die Einförmigkeit des Typischen, die Sklaverei der Konvention, die Tyrannei der Gewohnheit und die Erniedrigung des Menschen auf das Niveau einer Maschine. (…) alle Künste sind amoralisch, ausgenommen die niederen Formen der sinnlichen oder belehrenden Kunst, die uns zu guten oder schlechten Taten anstiften wollen“ (…) Selbstsucht strebt immer danach, der gesamten Umwelt ein Einheitsmaß aufzuzwingen“ „Selbstlosigkeit bedeutet, andere Leute in Ruhe zu lassen, sich nicht in ihr Leben einzumischen […] Die Selbstlosigkeit weiß die unendliche Vielfalt als etwas Kostbares zu schätzen, sie akzeptiert sie, lässt sie gewähren und erfreut sich an ihr.“ (…) „Die erste Pflicht im Leben ist, so künstlich wie möglich zu sein. Die zweite Pflicht ist noch unbekannt.“(Wilde)
Antizionismus und Antiamerikanismus, ihr Philo-Islamismus nichts anderes sind als moderne Varianten des urdeutschen Antisemitismus.  (…) Massen laufen zur Deutschen Ideologie über, wenn Politik und Staat ihnen diesen Weg nicht versperren (…) Der Vernünftige braucht keinen Dialog mit Leuten zu führen, die sich nicht von Grund auf von denjenigen distanzieren, die Juden oder, was dasselbe ist, den Zionismus für ihr und anderer Leute Unglück verantwortlich machen. Er denunziert desgleichen jede Verhandlungsbereitschaft denen gegenüber, die, bevor sie sich als Staatsbürger und Marktsubjekte definiert haben, als Angehörige einer Religions- oder Volksgemeinschaft anerkannt werden wollen. (…) Antizionismus und Antiamerikanismus, ihr Philo-Islamismus nichts anderes sind als moderne Varianten des urdeutschen Antisemitismus. (…) Antideutsch denken und handeln heißt demzufolge, die politischen Vermittlungs- und Repräsentationsformen in Gesellschaft und Staat, die auf der Trennung von freien und gleichen Warenbesitzern einerseits und am Allgemeinwohl orientierten Staatsbürgern andererseits beruht, gegen die zu verteidigen, die diese Teilung zugunsten eines autoritären Volksstaates überwinden wollen, dessen Subjekte von nichts anderem als von seinen Wohlfahrtsleistungen abhängig sind. Wer in diesem Sinne das Etikett „antideutsch“ nicht auch auf sich bezieht, mißachtet zumindest die Gefährlichkeit der – selbstredend nicht auf Deutschland und deutsche Staatsbürger beschränkte, sondern immer schon weltweit grassierende – Deutschen Ideologie, deren historischer Kern darin besteht, daß auf ihr Konto nicht nur „normale“ kapitalbedingte Ausbeutung und Herrschaft, nicht nur die dem Kapital aus Prinzip immanenten Kriege und nicht nur der ihm in seinen Grund eingeschriebene Antisemitismus gehen, sondern fördert das Überleben einer Ideologie, der zudem noch die historisch und empirisch nicht zu leugnende Tatsache eingeschrieben ist, daß die deutsche Fassung der Beziehung von Staat und Gesellschaft die Auslöschung der Menschheit in zwei Weltkriegen im allgemeinen und den eliminatorischen Antisemitismus im besonderen beinahe total verwirklicht hätte. In der Existenz des Staates Israel manifestiert sich der Einspruch gegen den historisch bewiesenen Vernichtungswahn Deutscher Ideologie praktisch und empirisch. – Manfred Dahlmann

„Wird Freiheit mit Zügellosigkeit verwechselt, entsteht Rücksichtslosigkeit.
Am Schluss Gleichmacherei.
Ihr seid aber nicht alle gleich.
Noch nie wart ihr alle gleich.
Ihr lasst es euch aber einreden.
So werdet ihr immer respektloser, ungenießbarer gegeneinander.
Vergeudet in Kleinkriegen eure Zeit, als hättet ihr ein zweites Leben.
Weil ihr tatsächlich alles verwechselt.
Behauptungen mit Beweisen.
Gerechtigkeit mit Maß.
Religion mit Moral.
Desinteresse mit Toleranz.
Satire mit Häme.
Reform mit Veränderung.
Nachrichten mit Wirklichkeit.
Kulturunterschiede haltet ihr für Softwarefragen und ihre Analyse ersetzt ihr mit Anpassung.
Ihr habt die Maßstäbe verloren.
Der Gordische Knoten ist ein Keks gegen eure selbstverschuldete Wirrsal.

Man geht immer fehl, sucht man den Ursprung menschlicher Handlungen außerhalb der Leidenschaft des menschlichen Herzens …

Der Separatismus gendert sich in die Köpfe, sitzt in Regierungen.
Männer sind keine Männer mehr. Frauen keine Frauen, sondern ‚Menschen mit Menstruationshintergrund’, Quote ist Trumpf.
Auf gar keinen Fall sollen Mann und Frau sich noch als zwei Teile eines Ganzen begreifen. Damit die Geschlechter noch mehr aneinander verzweifeln.
Bis alle in destruktiver Selbstbezogenheit stecken.
Am Ende: Mann ohne Eier. Frau ohne Welt.

Auf die Erschöpfung des Mannes wird aber nur die Erschöpfung der Frau folgen, das sage ich euch.
Auf die Verstörung der Kinder folgt die Zerstörung der menschlichen Schöpfung.“– Hans Dieter Hüsch

Es gibt zweierlei Ethik: die moralische, der die Realität egal ist und die der Verantwortung, die reale Folgen der ethischen Forderungen berücksichtigt. Die erste ist gut gemeint, die zweite ist gut gemacht.

Was dem einen seine Souveränität, ist dem anderen seine Eigenmächtigkeit.

Das Schöne am Euro war, dass die Gewinner immerzu gewinnen konnten, ohne dass ihnen gleich die Quittung präsentiert wurde. Denn sie verdienen ja am Ausland, was heißt, eigentlich ein im Maße des Verdienens zunehmend schlechtes Geld – das ist durch den Euro aufgehoben worden: Man konnte ständig an einer anderen Nation verdienen, ohne dass das Geld dieser Nation darunter gelitten hat, weil sie gar kein eigenes hat. Der Wert dieses Geldes repräsentiert nicht die Leistungsfähigkeit dieser Nation. So hat der Euro von dem innereuropäischen Verdienen aneinander sogar noch gelebt; er hat vor der Krise absurderweise nur den Konkurrenzerfolg der Gewinner repräsentiert.

— Das ist ja mit der Idylle charakterisiert. Dass zunächst mal alle Seiten Gewinner des neu eingeführten Euro waren. Auch die, die ihre vergleichsweise Weichwährung gegen den Euro getauscht haben und damit auf einen Schlag Kredit zu ganz anderen Konditionen und Möglichkeiten hatten. Insofern waren die späteren Verlierer erst mal auch Gewinner.

Kein Nazifaschist hat je wirklich geglaubt, er bezöge die Ermächtigung seiner Ansprüche aus dem Teutoburger Wald; keiner seiner demokratischen Erben hat jemals tatsächlich gedacht, ihnen erwüchse Legitimität im Resultat des “Lernens aus der Geschichte”; niemals war ein Sozialist der Ansicht, es sei die famose “Befreiung der Arbeit” und nicht vielmehr das Recht auf Beute, was seine Politik im Interesse der Arbeiterklasse motivierte. Und keinesfalls erwächst den Palästinensern irgendein Recht aus der Tatsache, daß sie zuerst da waren. Einer Gesellschaft, der Hunger kein Grund ist zur Produktion, kann auch das Leiden kein Grund sein zur Solidarität. Es ist die Ideologie, die mit der Unmittelbarkeit des Leidens agitiert, die aus dessen fragloser Evidenz Sinn zu schlagen sucht, sei es im Sinne von Caritas oder Amnesty International, sei es im Sinne der Freunde des palästinensischen Volkes für den Israelhaß der Antisemiten wie für den Islamfaschismus dieses Volkes. Ariel Scharon jedenfalls, der Zionist und praktische Antifaschist, ist dem aufgelösten Rätsel der Geschichte näher als die deutsche Linke, deren “Antifaschismus” sich als Aufstand der Anständigen à la Gerhard Schröder oder als Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausagiert. (…) Im Wesen Israels als des ungleichzeitigen Staates der Juden liegt es aber nicht nur, Reaktion auf den Verrat an Aufklärung und Weltrevolution, nicht nur, Notwehrversuch gegen den Nazifaschismus und Asyl zu sein. Sondern eben auch, daß die üblichen Muster der bürgerlichen Rollenverteilung – hier das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates im allgemeinen und dort die Personen, die die Regierungsausübung im besondern besorgen – für den israelischen Staates aufgrund seiner Konstitutionsbedingungen keine Geltung mehr hat. Was sich unter anderem darin zeigt, daß diese “Kritiker” der israelischen Regierungspolitik für den faschistischen Mob und die Behörden, die Selbstmordattentäter belohnen, Verständnis aufbringen (Folge von Besatzung und Ausbeutung), dagegen für den Versuch, die militärische Infrastruktur der Gegner Israels zu zerschlagen, am liebsten die Begriffe Auslöschung oder Ausrottung der palästinensischen Bevölkerung im Munde führen. Wie hinter der treudoofen Frage, ob es nicht möglich sein müsse, Spekulanten als das zu bezeichnen, was sie sind, ohne gleich als antisemitisch zu gelten, so verbirgt sich hinter der treulinken Frage, ob nicht auch in Israel, weil es sich auch dort um eine bürgerliche Gesellschaft handele, Faschismus möglich sei, die Erkenntnis dieser Fusion in verquerer und verschrobener Gestalt. Verquer, weil ja gerade erklärt werden sollte, wie Israel, dieser Fusion zum Trotz, eine parlamentarische Demokratie ist und bleibt; verschroben, weil diese Einheit von Staat und Regierung im Übergang von einem unerträglichen Alten (die Vernichtungsdrohung) zum noch nicht erreichten Neuen (die herrschaftslose Gesellschaft) ja doch den Inbegriff dessen ausmacht, was einmal als “Diktatur des Proletariats”, als Emanzipationsgewalt und organisierte politische Macht der Revolution, auch und gerade auf den roten Fahnen stand. In Anbetracht der Grundidee des Staates Israel, vor dem Hintergrund der linken Staatsmythen, betreffend die “Diktatur des Proletariats”, muß jede Beurteilung der Handlungen der Regierungsvertreter auch die völlig andere Qualität dieses Staates, verglichen mit allen anderen, deutlich werden lassen. (…)

Wenn diese Linke über Israel schwadroniert, dann hört sich das nicht minder grausig an. Dabei liegt der Zusammenhang zwischen dem Antisemitismus und dem Vernichtungswillen gegen die zum Staat gewordene bürgerliche Gesellschaft der Juden, gegen Israel, eigentlich auf der Hand: Der sogenannte Antizionismus stellt nichts anderes dar als die geopolitische, globalisierte Reproduktion des Antisemitismus, das heißt die Erscheinungsform, die er in Weltmarkt und Weltpolitik nach Auschwitz annehmen muß. Der Antizionismus ist der aus den kapitalisierten Gesellschaften in die Welt herausgekehrte Antisemitismus. So ist Israel der Jude unter den Staaten; die Verdammung des Zionismus als eines “Rassismus” durch die UNO gibt es zu Protokoll. Das macht: die moralische Verurteilung der menschlichen Unkosten der Konstitution bürgerlicher Staatlichkeit allein am Beispiel Israels führt vor Augen, was die Welt der Volksstaaten vergessen machen will – daß die Zentralisation der politischen Gewalt über Leben und Tod keineswegs die natürliche Organisationsform der Gattung Mensch darstellt, sondern Ausdruck eben von Herrschaft und Ausbeutung. Dabei ist Israel – und das macht die Kritik an diesem Staat so perfide und muß deshalb immer wieder gesagt werden – der einzige Staat dieser Welt, der für sich eine nicht zu bezweifelnde Legitimität beanspruchen kann. Israel, das ist der ungleichzeitige Staat, der entstanden ist sowohl als Reaktion auf das Dementi aller Versprechungen der bürgerlichen Nationalrevolution, sowohl als Antwort auf den stalinistischen Verrat an der kommunistischen Weltrevolution als auch als zu spät gekommene Notwehr gegen den Massenmord an den europäischen Juden. (…) Israel ist das Schibboleth jener doch so naheliegenden Revolution; es ist der unbegriffene Schatten ihres Scheiterns. Israel ist das Menetekel, das zum einen (und ganz unfreiwillig) die kategorischen Minimalbedingungen des Kommunismus illustriert, und das zum anderen sämtliche Bestialitäten zu demonstrieren scheint, zu denen der bürgerlich-kapitalistische Nationalstaat fähig ist. Wer Israel nicht begriffen hat, wer den Haß auf diesen Staat, den Antizionismus, und wer den Antisemitismus, das heißt den Vernichtungswillen sowohl gegen die in diesem Staat lebenden als auch gegen die kosmopolitisch verstreuten Juden, nicht begriffen hat als das, was Antisemitismus wesentlich darstellt: den bedingungslosen Haß auf die Idee einer in freier Assoziation lebenden Gattung, der hat den Kommunismus nicht als das “aufgelöste Rätsel der Geschichte” begriffen. –

 Der ostentative Muslimeifer aber, der sich im Alltag mancher ‚Allahu-Akbar‘-Brüller vielleicht doch sehr in Grenzen hält, findet im blanken Judenhass unverhoffte Nahrung, wo ihnen unter unendlich öden Koranrezitationen und geistlosen, absurden Vorschriften längst das bisschen ungeglaubten Glaubens zwischen den Fingern zerrann und ihr Muslimsein kaum je mehr ist als das typisch dauerbeleidigte, immer schon jeder Verantwortung ledige Gruppengefühl. Überhaupt will jeder Eifer – insbesondere der aktuelle, rasende Eifer des weltweit angreifenden Islam – den Stachel eines weniger drohenden als hinterrücks längst geschehenen Glaubensverlustes kompensieren.“ Mit anderen Worten: Muslime wurden nicht für ihr abstraktes Muslimsein kritisiert, sondern dafür, was – global betrachtet – die Mehrheit konkret darunter versteht: Die von Gott gegebene Ermächtigung zu Terror, Entrechtung, Antisemitismus. Wer differenziert, sollte nicht unerwähnt lassen, dass Osama bin Laden, Hassan Nasrallah und wie all die schrecklichen Figuren so heißen, in der muslimischen Welt als Helden gefeiert werden – und zwar nicht von einer minoritären Sekte, sondern von Millionen Muslimen, auch in Deutschland. (,,) Der unfreiwillige und verborgene Essentialismus der Postmoderne macht das Begreifen unmöglich, weil er die Beziehung zwischen Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem nicht mehr zu thematisieren vermag. Wenn nur noch Vielfalt herrscht und Einzelnes und Allgemeines gewaltsam auseinandergerissen werden, bleibt die Verstandesleistung des begreifenden Subjekts auf der Strecke und die scheinbar ursprüngliche Differenz wird zum Mythos. Nicht nur dem Begriff des Allgemeinen, das ja ein noch einzulösendes ist, wird Gewalt angetan, auch dem Besonderen, dessen Unglück darin besteht, nur ein Besonderes zu sein, und das sich, weil es kein versöhnendes Ganzes gibt, dem schlecht-Allgemeinen, dem Racket nämlich, anschließen muss. – JAN HUISKENS

„Vernunft und Rationalität sind in dieser durchmedialisierten Welt chancenloser denn je. Ein unangenehmer Typ „Heckenschütze“ terrorisiert die Gesellschaft. Seine aktuelle Waffe: Der Phobienvorwurf.“ – Bettina Röhl

„Man wähnt, wenn man nach wissenschaftlichen Regeln sich richtet, dem wissenschaftlichen Ritual gehorcht, mit Wissenschaft sich umgibt, gerettet zu sein. Wissenschaftliche Approbation wird zum Ersatz der geistigen Reflexion des Tatsächlichen, in der Wissenschaft erst bestünde. […] Je tiefer man ahnt, daß man das Beste vergessen hat, desto mehr tröstet man sich damit, daß man über die Apparatur verfügt.“ (Theodor W. Adorno, Philosophie und Lehrer, AGS 10.2, 491)

„Vieles, was im Sinne von Foucaults »Mikrophysik der Macht« populär werden sollte; also die Erkenntnis, daß Macht nicht pyramidal hierarchisch, sondern durch sämtliche gesellschaftliche Bereiche hindurch wirkt, findet sich bereits in der Medizinkritik der Kritischen Theorie. Daß diese Thesen häufig übersehen wurden, mag daran liegen, daß sich Horkheimers entscheidende Äußerungen über Medizin und Psychiatrie nicht in den breit rezipierten Hauptwerken finden, sondern über die Gesamtausgabe verstreut sind. Wiemer suchte sie zusammen und zeigt, wie Horkheimer anhand der Medizin einen wesentlichen Charakterzug des modernen Kapitalismus ausmachte. Mediziner funktionieren laut Horkheimer wie fast jede wirtschaftliche Gruppe im Sinne eines Rackets. »Ein Racket«, erklärt er, »ist eine unter sich verschworene Gruppe, die ihre kollektiven Interessen zum Nachteil des Ganzen durchsetzt.« Allgemein betrachtet heißt das, daß sich die Klassengesellschaft in eine »neofeudale« Struktur verwandelt hat, innerhalb der Interessenverbände »nach dem Prinzip der Selbsterhaltung und der Machtakkumulation« funktionieren. Diesen Wandel macht Horkheimer an den Medizinern fest; und alles, was Horkheimer in seiner Kritik aussparte, von den Krankenversicherungen bis zum Pfusch in Krankenhäusern, wird von Carl Wiemer polemisch auf den neuesten Stand gebracht“  – Max Horkheimer

 

„Ein Shitstorm hat auch seine positive Seite. Da politisch korrekte Gülle meist in Richtung Originalität, Kreativität und Intelligenz geworfen wird, fliegt sie oft genug auf Leute, die zu lesen wirklich lohnt.“ – Evidenz-basierte Ansichten

Eine Frau wird als Frau geboren. ein Mann muß erst ein Mann werden.
Keine Paternalisierung, sondern fortschreitende Maternalisierung. Die Feminisierung und Genderisierug marginalisiert und zerstört die Vaterposition in den modernen »Gesellschaften«, die Vaterrolle erlitt allgemeine Degradierung, die Kanonisierung der Homosexulität im Speziellen und der sexuellen Diversität im Allgemeinen tilgt die noch übriggebliebenen Spuren einer Männlichkeit restlos aus, die nur noch als Schimpfwort der angeblichen „Paternalisierung“ im Jargon der Medien herumgeistert.

„Es kommt in der Psychotherapie darauf an – mit temporärer Unterstützung – sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Wer mit einem Selbstbild lebt, für das die temporär klärende Rolle des Therapeuten eine unerträgliche Kränkung ist, der muß eben versuchen, alleine zurechtzukommen.“ – Hans Ulrich Gumbrecht

Post-Pop-Epoche: der Sieg der Mode über die Sitten.

„Wir brauchen schadhafte Gebäude, durch deren geborstene Wände man hindurch­ sehen kann, um wenigstens einen Anfang zum Denken zu gewinnen.“ – Victor Tausk

„Was man in römischer Zeit das »Abendland« und später »Europa« nennen wird, ist die politische Konsequenz des individualistischen Martyriums, das ein gesprächsfreudiger Stadtstreicher auf sich nahm, um die Legitimität des im universalistischen Dialekt vorgebrachten Neuen gegen die entkräfteten lokalen Sitten zu demonstrieren.“ – Peter Sloterdijk

„Was nützt einem die Gesundheit wenn man ansonsten ein Idiot ist.“ – Theodor Adorno

„Ich bin eine Feministin. Das bedeutet, daß ich extrem stark behaart bin und daß und ich alle Männer haße, sowohl einzelne als auch alle zusammen, ohne Ausnahmen.“Bridget Christie

„Die Tragödie isolierter persönlicher Leidenschaften ist für unsere Zeit zu fade. Aber weshalb? Weil wir in einer Epoche der sozialen Leidenschaften leben. Die Tragödie unserer Epoche ist der Zusammenstoß der Persönlichkeit mit dem Kollektiv.“ –  LeoTrotzki 1923

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Stupidity is demonstrated by people lacking the knowledge they could achieve

Stupidity manifests itself as outraged moralism

Love: only, and not always, a mother loves her child, just as it is, otherwise you have to meet the expectations of others, to be accepted.

Values without empathy are worth nothing

Some people feel physical pain when they should correct their accustomed ideas in favor of reality, they turn all their intelligence with the support of their aggression, for not to recognize the reality and maintain their self-image

More and more feel, think less and less Man does not differ from animals by feelings, because mammals have the same feelings, like man, sadness, fear, anger, love, but by his thought. When he thinks, if he thinks.

Political correctness can be defined as the telling of a lie out of the cowardice in an attempt to avoid upsetting fools not willing to face up to the truth

“In arguments about moral problems, relativism is the first refuge of the scoundrel.” Roger Scruton

They are the same who claim the sex/gender would not be biologically innate, but only a social construct, and at the same time that homosexuality was not a social construct, but biologically innate.

Antisemitism is when one blames the Jews or Israel for issues, he does not blame others

„There are two things,“ said Hitler in 1923, „which can unite people: common ideals and common crime“

After the violent termination of Murder by the Allies were the German (and have remained so to this day) more german than before.

The depraved human creature, the more she feels insulted, disrespected, offended in their honor.

Islam is less a religion and more a totalitarian society, an ideology that demands absolute obedience and tolerates no dissent, no criticism, and prohibits the thinking, knowledge and recognition. True Islam is totally different, the one who will find it will receive a very high reward.

Craziness is, when one always does the same but expects a different outcome

If a monkey thinks “I am a monkey”, then it is already a human

A man with roots should go for a pedicure

Self smugness leads to idiocy, being pissed off leads to enlightenment

If someone has something to say, he can tell it always very easily. If someone has nothing to say, he says it in a very complicated way

Addiction is, when somebody does something he wants to do, yet seeks someone who can make it so he won’t do it and doesn’t want to, either.

If the clever people always gave in, the world would be reigned by idiots. Too much “cleverness” makes you stupid.

If one only fights evil to protect life, one produces nothing good at all and such a life then becomes no longer worth living and thus requires no protection, for it is already unlived due to such a total protection. One can spend so much money on insurance, that one has nothing left to insure. Safety works in the same way.

Happy slaves are the worst enemies of freedom.

Creativity is an intelligence having fun.

If working makes you sick, fuck off, leave the work!

If Germans talk about morality, they mean money.

A man without an insight is just an anxious, aggressive, unhappy monkey.

Thinking is always trespassing.

The mob, who calls himself the people, does not discuss, just defames.

Legal is not always legitimate.

Who can not do without, lives unhappy.

So called social, culture sciences, sociology, psychology psychotherapy, psychoanalysis, are not anymore scientific, but immanent religious cult-prophets, organized as sects.

Without a strong opposition any apparent democracy atrophies to a tyranny, and as well a science , to an attitude of a religious sect.

You can recognize everything from a certain distance only, who is zealous, outraged, who sticks his nose in something, this one has lost the perspective, he recognizes anything more, he has only his imagination of the world in his head. This creates paranoia, which is called religion, and a religion as politics, even as a science.

Islamists are a real danger, therefore they will not be seen as such. Jews are not a danger, therefore they are seen as such. It is how the perception by cowards functions.

People without a sense of humor are able only to fear or to hate and become monks or terrorists.

People are not equal, each single person is unique.

Insight applies to everyone, including Muslims, Albanians, women and homosexuals.

Islam belongs to Germany, Judaism belongs to Israel.

The totalitarian Terror of consensus is ubiquitous in Germany.
There are no discussions anymore, but defamations only.
It is a culture of the mob. As it has already been.
Harmony is only if you do not communicate.

One should never go to bed with someone who has more problems than you already have.

>>Evelyn Waugh, surely the wittiest novelist of the past century, in World War II, coming out of a bunker during a German bombing of Yugoslavia, looked up at the sky raining enemy bombs and remarked, “Like everything German, vastly overdone.”<< Joseph Epstein

One has to be brave, to have a wit.

Stupid and dull belong mostly together.

Charlie Hebdo: you don´t care if such murders are comitted to Jews, we will see how “adequate” you will react when (when, not if), Islamists will begin to bombard your cities with Kasam missiles.

Christopher Hitchens: In a free society, no one has the right not to be offended.

The more someone narcissistic inflates , the more he feels insulted and provoked.

“The trouble with the world is that the stupid are cocksure and the intelligent are full of doubt.” – Bertrand Russell

 The problem with the Islamists in Europe should be solved exactly as Europe requires to the Middle East: a two-state solution, a half for muslims and the another half for not-muslims , with a common capital.

What may satire? Everything! Except be understood by the fool, because then it was not a satire.

Islamimus is Islam preaching violence.

Islam is a religion of love, and he who doubts is dead.

War is peace. Freedom is slavery. Ignorance is strength. Islam is a peaceful religion of love – George Orwell 2015

Islam is not responsible for anything, Jews are guilty of everything.

Islamists are satanists. Islamism is a religion of idiots.

If someone inflates endless his ego, as Islamists do, then he hurts his own feelings already in his morning own shit.

The seven deadly sins of modern society. Wealth without work pleasure without conscience, knowledge without character business without morality Science without humanity, worship without sacrifice Politics without principles
-Mahatma Gandhi

“Where there is only a choice between cowardice and violence, I would advise violence.”
-Mahatma Gandhi

Heroes of today know nothing, can not and do not want anything. They just look like heroes, that’s all.

It may be that early fathers ate their children. Today, the mothers will eat anything, fathers, children and the rest. Everything Mommy, anyway!

Germany yesterday: the will to power.
Germany today: the will to blindness.
Germany tomorrow:

German psychoanalysis? Great, like German charm, German humor and German wit.

The resistance starts with its own language other than that of the dictatorship.

Smart phones for stupid people.

A leftist can, but do not have to be stupid.

If you do not blame states, when they commit suicide with millions victims , so why to blame a co-pilot with 149 dead?

Only the purity of the means justify the end.

A German is a person who can speak no lie, without actually believe Adorno

„Reason and rationality are chance-less than ever in this totally mediatised world. An unpleasant type Sniperterrorized society. His current weapon: The phobia accusation.“ – Bettina Röhl
„A Shitstorm has also its positive side. As politically correct manure it is usually thrown in the direction of originality, creativity and intelligence, she flies often to people who are really worth to read.“ Evidenz-basierte Ansichten
A woman is born as a woman. a man has to become a man.
No paternalization but advancing maternalization. The feminization and genderization marginalized and destroyed the father position in the modern „societies,“ the father role suffered general degradation, the canonization of homosexuality in particular and the sexual diversity generally wipes out the still remaining traces of masculinity completely out,  only as an insult haunts the alleged „paternalization“ in the jargon of mass media.
PostPop era: the triumph of fashion over the morals.
„We need damaged buildings, so you can see through their cracked walls to win at least one viewpoint to start to begin to think. Victor Tausk
„What good is health if you are an idiot then?“ – Theodor Adorno
„What one must be judged by, scholar or no, is not particularised knowledge but one’s total harvest of thinking, feeling, living and observing human beings.“ (…) „While the practice of poetry need not in itself confer wisdom or accumulate knowledge, it ought at least to train the mind in one habit of universal value: that of analysing the meanings of words: of those that one employs oneself, as well as the words of others. (…) what we have is not democracy, but financial oligarchy. (…) Mr. Christopher Dawson considers that “what the non-dictatorial States stand for today is not Liberalism but Democracy,” and goes on to foretell the advent in these States of a kind of totalitarian democracy. I agree with his prediction. (…) That Liberalism is something which tends to release energy rather than accumulate it, to relax, rather than to fortify. (…) A good prose cannot be written by a people without convictions. (..) The fundamental objection to fascist doctrine, the one which we conceal from ourselves because it might condemn ourselves as well, is that it is pagan. (..) The tendency of unlimited industrialism is to create bodies of men and women—of all classes—detached from tradition, alienated from religion and susceptible to mass suggestion: in other words, a mob. And a mob will be no less a mob if it is well fed, well clothed, well housed, and well disciplined. (…) The rulers and would-be rulers of modern states may be divided into three kinds, in a classification which cuts across the division of fascism, communism and democracy. (…) Our preoccupation with foreign politics during the last few years has induced a surface complacency rather than a consistent attempt at self-examination of conscience. (…) What is more depressing still is the thought that only fear or jealousy of foreign success can alarm us about the health of our own nation; that only through this anxiety can we see such things as depopulation, malnutrition, moral deterioration, the decay of agriculture, as evils at all. And what is worst of all is to advocate Christianity, not because it is true, but because it might be beneficial. (…) To justify Christianity because it provides a foundation of morality, instead of showing the necessity of Christian morality from the truth of Christianity, is a very dangerous inversion; and we may reflect, that a good deal of the attention of totalitarian states has been devoted, with a steadiness of purpose not always found in democracies, to providing their national life with a foundation of morality—the wrong kind perhaps, but a good deal more of it. It is not enthusiasm, but dogma, that differentiates a Christian from a pagan society.“ (…)  It would perhaps be more natural, as well as in better conformity with the Will of God, if there were more celibates and if those who were married had larger families. (…) We are being made aware that the organisation of society on the principle of private profit, as well as public destruction, is leading both to the deformation of humanity by unregulated industrialism, and to the exhaustion of natural resources, and that a good deal of our material progress is a progress for which succeeding generations may have to pay dearly. I need only mention, as an instance now very much before the public eye, the results of “soil-erosion”—the exploitation of the earth, on a vast scale for two generations, for commercial profit: immediate benefits leading to dearth and desert. I would not have it thought that I condemn a society because of its material ruin, for that would be to make its material success a sufficient test of its excellence; I mean only that a wrong attitude towards nature implies, somewhere, a wrong attitude towards God, and that the consequence is an inevitable doom. For a long enough time we have believed in nothing but the values arising in a mechanised, commercialised, urbanised way of life: it would be as well for us to face the permanent conditions upon which God allows us to live upon this planet. And without sentimentalising the life of the savage, we might practise the humility to observe, in some of the societies upon which we look down as primitive or backward, the operation of a social-religious-artistic complex which we should emulate upon a higher plane. We have been accustomed to regard “progress” as always integral; and have yet to learn that it is only by an effort and a discipline, greater than society has yet seen the need of imposing upon itself, that material knowledge and power is gained without loss of spiritual knowledge and power. “ – T.S.Eliot
“I am a feminist. All this means is that I am extremely hairy and hate all men, both as individuals and collectively, with noexceptions.” – Bridget Christie
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