Kategorie-Archiv: Tartuffe

Antirassismus als Ideologie der feinen Gesellschaft

redaktion-bahamas.org

Antirassismus als Ideologie der feinen Gesellschaft

Vortrag & Diskussion in Hannover

Am Donnerstag, den 9. Februar 2017, um 19:00 Uhr
Schlosswender Str.1, Gebäude 1211, Raum 105, Universität Hannover

mit Clemens Nachtmann

An­ti­ras­sis­mus, frü­her ein Ste­cken­pferd lin­ker Klein­grup­pen, ist längst deut­sche Staats­rai­son ge­wor­den: mo­ra­li­sche Em­pö­rung gegen ver­meint­li­che Ras­sis­ten und die So­li­da­ri­sie­rung mit Flücht­lin­gen ge­hö­ren zum guten Ton der Ber­li­ner Re­pu­blik. Die die­ser Hal­tung zu­grun­de­lie­gen­de Vor­stel­lung von „Ras­sis­mus“ hat mit Ein­sicht in ge­schwei­ge denn Ana­ly­se von Frem­den­haß selbst­ver­ständ­lich rein gar nichts zu tun: „Ras­sis­mus“ ist viel­mehr ein ideo­lo­gi­sches Stich­wort eines an­ti-ras­sis­ti­schen Ra­ckets, das jeg­li­chen Rea­li­täts­be­zugs ent­behrt, das seine Mit­glie­der viel­mehr nur als Aus­weis von Ge­sin­nungs­fes­tig­keit und Ehr­bar­keit vor sich her­tra­gen und das ihnen als pro­ba­tes Mit­tel dient, um nach Will­kür und frei­em Er­mes­sen fest­zu­le­gen, wer ge­ra­de als „Ras­sist“ zu gel­ten hat. „An­ti­ras­sis­mus“ ist die Ideo­lo­gie der fei­nen Ge­sell­schaft, die mit dem po­li­ti­schen Islam kol­la­bo­riert und schon des­we­gen eine fle­xi­bel ein­setz­ba­re und über jeden Ver­dacht er­ha­be­ne, d.h. „an­ti­fa­schis­ti­sche“ Feind­er­klä­rung gegen all jene be­nö­tigt, die diese Kol­la­bo­ra­ti­on beim Namen nen­nen. Flücht­lin­ge sind Trä­ger einer Kul­tur, die „uns“ be­rei­chert, an­de­re Kul­tu­ren, ge­ra­de der Islam, sind un­be­dingt zu re­spek­tie­ren und zu ach­ten. Die als „Will­kom­mens­kul­tur“ ver­mark­te­te Mas­sen­mo­bi­li­sie­rung von 2015/16 war in die­ser Per­spek­ti­ve eine Mi­schung aus is­la­mo­phi­lem Kin­der­ge­burts­tag und an­ti­ras­sis­ti­scher Volks­front, bei der es na­tür­lich nicht um Flücht­lin­ge ging, son­dern um die Selbst­dar­stel­lung der guten Deut­schen und um einen wei­te­ren An­lauf im end­lo­sen Be­mü­hen, die post­na­zis­ti­sche Ge­sell­schaft zum mul­ti­kul­tu­rel­len Stam­mes­ver­band um­zu­rüs­ten.

Der Vor­trag zeich­net die Grund­li­ni­en die­ses Pro­zes­ses nach, unter be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung des So­zi­al­cha­rak­ters, der sich darin aus­spricht und mit be­son­de­rem Au­gen­merk auf alle jene Ka­pi­tu­lan­ten des In­tel­lekts, die sich bis in an­ti­deut­sche Krei­se hin­ein als Schön­red­ner die­ser kom­mu­ni­tä­ren Re­gres­si­on und der darin ein­be­grif­fe­nen Is­la­mi­sie­rung be­tä­ti­gen.

Ver­an­stal­tet von der Grup­pe Belle Vie Han­no­ver

 http://www.redaktion-bahamas.org/aktuell/20170209hannover.html

In Deutschland gibt es Märchenparks und Märchenwälder – und ein Märchenland: Brandenburg. Dort wird die polizeiliche Kriminalstatistik nach Gutdünken verfälscht.

Von Ansgar Neuhof.

In Deutschland gibt es Märchenparks und Märchenwälder – und ein Märchenland: Brandenburg. Dort wird die polizeiliche Kriminalstatistik nach Gutdünken verfälscht. Brandenburgs oberstem Märchenonkel respektive Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) räumte dies bei einem Interview auf Inforadio vom RBB am 22.09.2016 ein, als ihm doch tatsächlich die Wahrheit herausrutschte und er wörtlich sagte:

Also erst mal was zur Statistik. Wir haben in Brandenburg die Statistik bei rechtsextremen Übergriffen geändert. Das heißt bei der Polizei ist erst mal jeder Übergriff, wo nicht erwiesen ist, daß er keine rechtsextreme Motivation hatte, wird in diese Statistik reingezählt.

Nachzuhören hier  ab Minute 2.15. Grammatikfehler und andere sprachliche Unzulänglichkeiten stammen von Woidke selbst. Die Polizeistatistik verfälschen – nichts Neues in Brandenburg. Erst vor etwa eineinhalb Jahren war herausgekommen, daß die Polizeistatistik aufgrund einer Dienstanweisung frisiert worden war, um die Kriminalitätsbelastung geringer erscheinen zu lassen als sie tatsächlich war.

Die damalige Erfassung von Straftaten in den Jahren 2013/2014 verstieß gegen bundeseinheitliche Vorgaben und war von anderen Bundesländern und dem Bundeskriminalamt schon seit Ende 2013 kritisiert worden. Trotzdem ging die Falsch- bzw. Nichterfassung von Straftaten weiter. Dies führte dazu, daß weniger Diebstähle und Einbrüche erfaßt wurden als tatsächlich begangen worden waren. Allein im Kreis Havelland gab es 60 Prozent mehr Einbrüche als offiziell registriert. Für Cottbus und Potsdam mußte die Gesamtzahl der Straftaten um 4 Prozent nach oben korrigiert werden. Zugleich mußte die Aufklärungsquote nach unten korrigiert werden, in zwei von vier Polizeidirektionen um mehr als 3 Prozent. Die Verfälschung der Polizeistatistik war im Brandenburger Innenministerium und bei der Polizei bekannt. Die Zahlen sollten passend gemacht werden, um den geplanten Personalabbau bei der Polizei zu rechtfertigen. Als Konsequenz dieser Affäre trat der damalige Innenstaatssekretär Feurig zurück. Innenminister Schröter und Ministerpräsident Woidke behielten ihre Ämter.

Künftig stört eine sinkende Aufklärungsquote nicht mehr sonderlich. Man kann die nicht aufgeklärten Taten einfach den Rechtsextremen in die Schuhe schieben und mit den durch den Personalabbau eingesparten Geldern den Kampf gegen Rechtsextremismus finanzieren. Denn wie sagte Woidke im oben zitierten Interview so schön: „Der Kampf gegen Rechtsextremismus darf keine Geldfrage sein.

Dass zweifelhafte Polizeistatistiken nicht unbedingt ein auf Brandenburg beschränktes Phänomen sind, zeigen auch die folgenden Links:

http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Deutschland-Welt/Fluechtlingskriminalitaet-Ist-die-Gewalt-Statistik-geschoent

http://www.bild.de/regional/dresden/landeskriminalamt/wirbel-um-frisierte-polizeistatistik-44169992.bild.html

http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/blaulicht/detail/-/specific/Geschoente-Polizeiberichte-Andere-Bundes-laender-andere-Sitten-1480664793

 

Deutscher Kleinbürger: rot-rot-grün, leidet keine Not, ist nicht bedroht, er ist dauerempört.

Immer weniger nutzt das Bürgertum die Freiheit politischer Gestaltung. Lieber übt es sich in Verweigerung. Man mag dies angesichts der Komplexität der Lage begreifen – nur: Gewonnen ist damit nichts.

(Bild: Peter Gut)

(Bild: Peter Gut)

Das Revolutionsjahr 1789 wurde durch eine Broschüre eingeleitet, die der Abbé Sieyès unter der Titelfrage «Qu’est-ce que le Tiers-État?» herausbrachte und die er auch gleich mit der Antwort versah: «Tout.» Der dritte Stand ist alles. Das war die Parole des 14. Juli, so trat die Demokratie in die Welt: «Wir Bürger sind alles!» Heute müssen wir den Satz europäisieren, ja womöglich amerikanisieren und für die Gegenwart feststellen: Der dritte Stand ist alles – andere als bei Verstand. Das einst mühsam errungene Wahlrecht aller Bürger wird allenthalben zur Expression politischen Unbehagens missbraucht.

Längst ist bekannt, dass bei Wahlen in neuerer Zeit häufig nicht mehr der Wille des Volkes, sondern dessen üble Laune zum Ausdruck kommt. Erschreckt mussten viele Engländer nach dem 23. Juni erkennen, dass sie mit dem Ankreuzen ihres Misere-Gefühls zugleich eine politische Entscheidung getroffen hatten. Man kann nicht mehr sagen, dass eine «Mehrheit» entscheidet, von der man einmal annahm, dass sich in ihr der vernünftige Wille des dritten Standes artikuliert; vielmehr ist die «Mehrheit» der am stärksten verbreitete Unwille einer Menge. Eine grosse Zahl von Wählern in den USA spitzt gegenwärtig ihr Schreibgerät, um im November den Namen anzukreuzen, der den stärksten Unwillen mobilisiert. Der Gang der Politik entscheidet sich zurzeit am Unterschied zwischen Willen und Unwillen.

Destruktive Energien

Das 18. Jahrhundert, das die Geschichte aus dem Schlaf weckte und der Moderne mit ihren technischen, politischen und sozialen Errungenschaften den Weg ebnete, war das Zeitalter der grossen Aufklärungsideen, des Willens zu Freiheit und Gleichheit, zu Gerechtigkeit und Mündigkeit. Das 19. Jahrhundert eröffnete die Epoche der Nationen und des Nationalismus, die noch einmal ganz neue politische Kräfte in Bewegung setzte. Das 20. Jahrhundert wurde zum Jahrhundert der Wissenschaft, denn man vergesse nicht: Sowohl der Marxismus, der Europa und Asien umpflügte, als auch der Faschismus mit seinen Doktrinen der Rassen und der Kriege um Lebensräume beriefen sich auf wissenschaftliche Theorien und einen Willen, die Geschichte auf die Grundlage von Wissen und Erkenntnis zu stellen.

Unser 21. Jahrhundert nun präsentiert sich bis jetzt als Epoche des Unwillens und des Ressentiments. Auch das Ressentiment, so lehrt die politische Szenerie in vielen Ländern, nicht nur in Europa und den USA, bringt wirksame, nämlich lähmende Kräfte hervor. Es sind rein destruktive Energien, Verweigerung, Aufstand gegen Veränderung und kulturellen Wandel, und man benötigt kein Diplom als Prophet, um vorherzusagen, dass diese Energien binnen kurzem wieder verfliegen werden.

Nur historische Ahnungslosigkeit stellt Fragen wie: Ist der Liberalismus tot? Ist der Gedanke der sozialen Gerechtigkeit obsolet? Ist die Idee Europas am Ende?

Das Politische als bewegende Kraft und Wille lebt auf Dauer nur von Ideen. Um diese Lektion zu lernen, sollten wir noch einmal unsere Geschichtsbücher aufschlagen. Ideen sind langlebig und unterliegen nicht der Mode wie kurze oder lange Röcke. Nur historische Ahnungslosigkeit stellt Fragen wie: Ist der Liberalismus tot? Ist der Gedanke der sozialen Gerechtigkeit obsolet? Ist die Idee Europas am Ende? Brauchen wir überhaupt noch die Uno? Ideen und Werte lassen sich nicht wie Börsentitel handeln. Leider bilden die Ideen, die zu Grundwerten, Wohlstand und politischen Institutionen geworden sind, heute eine Art Komfortzone. Auf diesen Polstern vergessen wir die ungeheuren Kämpfe und das masslose Blutvergiessen, die dieses politische Wohlbefinden einmal den Beharrungskräften abgerungen haben.

Fliegen in der Komfortzone

Das Ressentiment, das gegenwärtig weltweit die Macht ergreift, ist ein Fliegenärger: Hier stören mich Abgaben und korrupte Abgeordnete, dort vielleicht unangenehme Einwanderer und kriminelle Ausländer; hier setzt sich ein Bauspekulant durch, dort sahnt ein Manager ab; hier erlassen Bürokraten sinnlose Bestimmungen, dort muss ich mit meinen Steuern bankrotte Staaten sanieren; hier schinde ich mich, dort mästet der Staat die anderen. Der Unwille kommt in Europa wie in den USA aus der Komfortzone des dritten Standes. Ihm geht es gut, er leidet keine Not, er ist nicht bedroht, es ist der empörte Bürger, der Ungemütlichkeit in seiner Komfortzone fürchtet. Dagegen werden die unteren Klassen, die Unterdrückten, Bedrängten, Vertriebenen, von positiven Kräften bewegt; von der Hoffnung, vom Willen zu überleben, vom Wunsch nach Freiheit und Gerechtigkeit.

Friedrich Nietzsche hat das Ressentiment scharfsinnig als «Vergiftung der Seele» beschrieben. Dem Menschen des Ressentiments ist die Tat versagt, er kann sich nur durch eine imaginäre Rache schadlos halten. Alles, was ihm zu Gebote steht, ist sein giftiges «Nein». Der Mensch des Ressentiments erwacht überhaupt erst zur politischen Tat, weil er auf ein Unbehagen reagiert. Er ist nicht vom Willen getragen, etwas Positives zu bewirken. Er lebt positiv nur in dem Grundgefühl, anständig und rechtschaffen zu sein. Ihm genügt daher, wie Nietzsche in seiner «Genealogie der Moral» schreibt, «eine kleine Dosis von Angriff, Bosheit, Insinuation, um ihm das Blut in die Augen zu treiben».

Das Ressentiment ist aufgewühlt, aber unpolitisch. Es verachtet und geht allenfalls zur Urne, wenn «Nein!» rufen darf.

Das Nein der Engländer am 23. Juni oder zuvor das Nein der Niederländer am 6. April, das Dauer-Nein der sogenannten Populisten ist keine Entscheidung, sondern reaktiver Expressionismus. Eigentlich ist es eine deutsche Spezialität. Man lese nur Thomas Manns «Betrachtungen eines Unpolitischen» von 1919, ein widerwärtiges Manifest, übergeschwätzig und eitel, worin der Schriftsteller behauptet, dass «Demokratie, dass Politik selbst dem deutschen Wesen fremd und giftig» sei. Die Deutschen seien das «protestierende Volk», seit die Römer die Germanen zu zivilisieren versucht hätten. Er hätte auch schreiben können, die Deutschen seien das Volk des Ressentiments. Im Vorwort des Buches verdünnt Thomas Mann dann das intellektuelle Gift, das er auf vielen Seiten ausgebreitet hat, indem er es zu einer «Dichtung» verklärt. Das ist reaktiver, politischer Expressionismus aus frischer Dichterfeder. Über die politische Haltung Martin Heideggers nach dem Ersten Weltkrieg spottete der Philosoph Karl Löwith, Heidegger sei entschlossen, wisse aber nicht, wozu. Der Unwille wusste nicht, was er wollte. Das sagten dem Denker des Seienden dann die Nazis.

So agiert das Ressentiment als Expression von Unwillen. Das Ressentiment ist aufgewühlt, aber unpolitisch. Es verachtet und geht allenfalls zur Urne, wenn es «Nein!» rufen darf. Heute kündigt das Ressentiment an, den gordischen Knoten der modernen komplexen Welt mit einem Fliegenwedel zu durchtrennen. Nie zuvor wurde die Weltgeschichte in diesem Mass durch politischen Expressionismus bestimmt.

Stimmen der Verführung

Das Ressentiment, das müssen wir im Rückblick auf die Schrecken der jüngsten Zeit sagen, ist die unblutige Version des Terrorismus, denn auch die Männer mit den Beilen, den Kalaschnikows und den Sprengstoffgürteln betreiben den mörderischen politischen Expressionismus des «Nein».

Diese Erfahrung, dass die blutigen Taten der vergangenen Monate ohne Manifeste, ohne wenn auch noch so unrealistische Forderungen auftreten, bleibt für viele Zeitgenossen unverständlich. Die Anarchisten des 19. Jahrhunderts, die RAF, die PLO oder auch andere terroristische Bewegungen traten noch mit Ideen und Forderungen auf. Und sie wollten die Verwirklichung ihrer Forderungen auch noch erleben. Das expressive «Nein» des zeitgenössischen Terrorismus ist der Unwille als selbstmörderisches Ressentiment. Das «Nein» will nichts, es will einzig seinen Unwillen durch Blut und Tod verstärken.

Der stärkste Feind des Ressentiments ist die Geduld. Die Ausdünstungen der «vergifteten Seelen» gehen den Weg allen Rauches. Aber man muss sehen, dass das Ressentiment sich gerne maskiert und behauptet: Ich bin die Freiheit und erlöse euch von den Bürokraten! Ich bin die Souveränität und halte euch unerwünschte Zuwanderer vom Halse! Ich bin die Gerechtigkeit und strafe die Gesetzlosen! Ich bin die Wissenschaft, denn ich habe tausend akademische Orakel zur Hand! Ich bin die Stimme der Nation, denn ich raune aus eurer Seele.

Das Ressentiment ist zwar ein Dauergast auf der politischen Bühne und wechselt permanent seinen Namen. Aber es verschwindet auch unablässig. Das Ressentiment ist die Wiederkehr des ideenlosen Unbehagens in der modernen Welt.

Vom Frieden säuseln und sich am Waffenexport mästen

Aleppo: Die Freundin der Terror-Paten

Autor: U. Gellermann
Datum: 18. August 2016

Zynismus wirft die Bundeskanzlerin der russischen Regierung vor. In den Kämpfen um das syrische Aleppo seien die von Russland eingeräumten Feuerpausen zu kurz, „um eine Versorgung der verzweifelten Menschen wirklich aufzubauen.“ Wer sitzt denn da im Glashaus und wirft mit Dynamitstäben? Das ist jene Dame, die noch als Oppositionsführerin den mörderischen US-Krieg gegen den Irak befürwortete, in dessen Ergebnis unter anderem der „Islamische Staat“ den Nahen Osten terrorisiert. Das ist jene Dame, die auf dem Schoß islamistischer Staaten wie Katar und Saudi Arabien sitzt, die in Syrien den Krieg finanzieren und Hauptverantwortliche für das Leid der syrischen Bevölkerung sind. Das ist jene Dame, die dem türkischen Terror-Paten Erdogan das Händchen hält, um ihr fatales Flüchtlingsversprechen zu kaschieren. Das ist jene Frau, hinter deren harmlosem Hausfrauenlächeln der Zynismus zur deutschen Staatsräson geworden ist,

Eine ganze Medienfront im teuren Dreiteiler weiß sich kaum zu lassen, vor lauter Friedens-Empörung gegen Russland: Die „armen Menschen in Syrien“, rufen deutsche Hundeseelen aus den sicheren Redaktionsräumen, der „brutale Assad!“ stöhnen sie auf, um ein rituelles „gräßlicher Putin!“ hinterherzuschicken. Das ist jene korrupte Front, die den Krieg im Irak bis zu seinem bittern Ende als irgendwie notwendig charakterisierte und die bis heute die 50.000 Toten im Ergebnis des libyschen Krieges als Kollateralschaden ignoriert und in Syrien nur tapfere Oppositionelle, kühne Rebellen und edle Aktivisten gegen das Assad-Regime erkennen will, während an der Seite der syrischen Regierung im Spiegel deutscher Medien nur Gewohnheitsverbrecher unterwegs sind.

Die „Oppositionellen“ rund um Aleppo und in anderen Gegenden Syriens heißen Al-Nusra-Front, Jabhat Fatah al-Sham, oder Al–Kaida, sogenannte Dschihadisten, deren angeblicher Glaubenskampf im Rauben, Morden und brutaler Unterdrückung besteht. Ein Verbrechergesindel, dem man in deutschen Redaktionen das Blut abwischt, die hassverzerrten Züge überschminkt und deren feige Finanziers nicht Drecksbande heißen dürfen sondern mit König oder Emir betitelt werden. Ihre Komplizen heißen mit bürgerlichem Namen Mister President oder Frau Kanzler und stehen im Ruche der Wohlanständigkeit, während ihr „oppositionelles“ Fußvolk in Syrien den Gestank von Giftgas verbreitet.

Nicht in der vom Frieden säuselnden und sich am Waffenexport mästenden deutsche Regierung ist die Stimme der Vernunft zu hören. Ein Professor aus Mainz, einer der zum Vorderen Orient, über Ägypten, Syrien, Jemen und die Vereinigten Arabischen Emirate forscht, einer der weiß worüber er redet und nicht an den Fäden der Godfathers in den USA zappelt, der Politische Geograph Günter Meyer sagt das, was die Schimäre eines Außenministers und die Karikatur einer deutschen Kanzlerin verschweigen: „Die Islamisten sind nicht die Hoffnung, sondern der Fluch der Bevölkerung. – Die Waffen, die an die angeblich moderaten Rebellen geliefert wurden, werden nun benutzt, um die Viertel von Aleppo zu beschießen, die unter der Kontrolle der Regierung stehen. Da wird auch keine Rücksicht auf die Zivilbevölkerung genommen – Ein Sturz Assads würde die stärksten Milizen an die Macht bringen, und das sind Dschihadisten. Syrien wäre definitiv ein gescheiterter Staat.“

Sevim Dağdelen heißt die unbeugsame Frau aus Duisburg, sie hat mit einer parlamentarischen Anfrage das Lügengebäude des Kanzleramtes ins Wanken gebracht: „Als Resultat der vor allem seit dem Jahr 2011 schrittweise islamisierten Innen- und Außenpolitik Ankaras hat sich die Türkei zur zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen der Region des Nahen und Mittleren Ostens entwickelt“, erfuhr sie aus einer als vertraulich eingestuften Antwort der Bundesregierung auf ihre Frage. Diese Bewertung beruht auf Einschätzungen des Bundesnachrichtendienstes (BND). Das NATO-Mitglied Türkei, der Merkel-Freund Erdogan, der Vorposten der westlichen Wertegemeinschaft im nächstliegenden Osten ist Pate des Terrors in Syrien und anderswo. Das ist nicht neu. Neu ist nur, dass sich eine Merkel-Behörde bereitgefunden hat, diese Erkenntnis offiziell zu bestätigen.

Vom Irak bis in den Jemen, vom kurdischen Diyarbakır bis zum libyschen Sirte: Die westliche Staatengemeinschaft stellt kaputte Verhältnisse und kaputte Staaten in Serie her. Und das offizielle Berlin weist mit einem langen, stinkenden Finger auf seinen Lieblingsfeind, den Russen. Zynismus: Dein Name ist Merkel.

Herrschaft der Moralischen Populistischen Rackets

Rackets – nach Adorno mafiaartige bürorkatische alienähnliche selbt machtakkumulierende Verwaltunsorgane, mächtiger als Kapitalismus.

 

Wie eine gesellschaftliche Elite in der Flüchtlingskrise dem moralischen Populismus verfällt und somit eine nachhaltige Immigrations- und Flüchtlingspolitik zum Wohle aller verhindert. Erklärt Sebastian Vogel.

 

In den letzten Jahren erfreute sich der ursprünglich aus den USA stammende Begriff des Mansplaining auch in Deutschland einer steigenden Beliebtheit. Die englische Definition des Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary lässt sich laut Wikipedia wie folgt übersetzen:

„Das, was geschieht, wenn ein Mann herablassend mit jemandem (vor allem einer Frau) über einen Themenbereich spricht, in dem er nur unvollständige Kenntnisse hat. Dabei nimmt er fälschlicherweise an, er wisse mehr über den Gegenstand als die Person, mit der er spricht.) Das Phänomen wird als Ausdruck der generellen und unreflektierten Annahme des Sprechers gesehen, sein Gegenüber wisse weniger als er“.

Wie sinnvoll es ist, eine unreflektierte, herablassende und auf unvollständiger Themenkenntnis beruhende Sprechweise auf genetisch bestimmte Geschlechtsmerkmale zurückzuführen, sei nun einmal dahingestellt. Dies vor allem Männern zuzuschreiben und nicht auch Alten, Jungen, Frauen, Kleinen, Großen, Weißen, Schwarzen, Klerikern, Politikern und Anderen sprich dem Menschen an sich, beziehungsweise von bestimmten Gesinnungen geprägten Menschen kann man zumindest als fragwürdig betrachten. Allerdings bietet der Begriff eine vorzügliche Steilvorlage, um ein anderes wie ich finde problematisches Phänomen unserer heutigen Gesellschaft zu definieren: Die Vorherrschaft vermeintlicher Moral, die auf unvollständigen Kenntnissen und unreflektierten Annahmen des sie selbst propagierenden Subjekts beruht – kurz Moralsplaining.

Mansplaining und Moralsplaining  

Gemäß der oben erläuterten, von Wikipedia übersetzten Wortschöpfung des Mansplaining, gelangt man zu folgender Definition von Moralsplaining:

„Das, was geschieht, wenn ein sich als moralisch (richtig) einstufendes Subjekt herablassend mit jemandem (vor allem einem vom eigenen Standpunkt abweichenden Subjekt) über einen Themenbereich spricht, in dem es nur unvollständige Kenntnisse hat. Dabei nimmt es fälschlicherweise an, es wisse mehr über ein Thema als die Person, mit der es spricht.“

Im Unterschied zum Mansplaining, ist das sich des Moralsplaining bedienende Subjekt nicht auf bestimmte genetische Geschlechtsmerkmale festgelegt, sondern alleine dadurch definiert, dass es sich als moralisch einstuft, fälschlicherweise annimmt, mehr als der Gegenüber zu wissen, dabei aber unvollständige Kenntnisse hat und sich herablassend äußert. Moralsplaining betreibende Subjekte zeichnen sich durch einen moralischen Populismus aus, in dem ein nicht zu Ende gedachtes Ideal in quasi-religiöser Weise zur Ideologie wird und den Menschen, unter Ausblendung jeglicher Folgen und Nebenwirkungen als einfache und richtige Lösung versucht wird nahezubringen. Anders als beim “rechten Populismus”, steht am Anfang ein naives und stark vereinfachtes, aber in seiner Natur hehres Ziel – wie zum Beispiel eine Welt ohne Grenzen – welches aufgrund der eindimensionalen Methodik der moralischen Populisten Gefahr läuft ins Gegenteil – hier die weltweite Destabilisierung – pervertiert zu werden.

Die Flüchtlingskrise           

Mich persönlich erinnert der Umgang mit der Flüchtlingskrise stark an das Phänomen des Moralsplaining. Ganze 82 Prozent der Zeitungsartikel in Deutschland bezüglich der Flüchtlingskrise sind laut FAZ nicht beschreibend, sondern positiv wertend. Man möchte der Bevölkerung ein bestimmtes Narrativ vermitteln, wonach Millionen von oft über Jahrzehnte islamistisch indoktrinierte und weitestgehend ungebildete Flüchtlinge ein Segen für sie seien. Bei ausbleibenden Argumenten versucht die moralische Elite anders Denkende zu gerne mit dem Vorwurf des “Rechtsradikalismus” zum Schweigen zu bringen. Nicht mehr Gesetz und Justiz, sondern die Regierung schreibt Facebook – der größten Medienplattform des Landes – vor, welche Inhalte zu dulden und welche zu zensieren sind.

Komiker, Wissenschaftler aber auch einfache Arbeiter werden nicht nur sozial isoliert, sondern müssen auch wirtschaftlichen Druck aushalten und oft gar um Ihre Jobs fürchten, sollten Ihre Ansichten oder Forschungsergebnisse konträr zu den von der moralischen Elite propagierten Ideen sein – und dazu muss nicht ein Gericht eine bestimmte Äußerung als rassistisch bewerten, nein es reicht, wenn Subjekte der moralischen Elite eine ihnen nicht genehme Meinung als fremdenfeindlich deklarieren.

Nun kann glücklicherweise wer sozialer Ächtung und wirtschaftlichem Druck standhält hierzulande immer noch anderer Meinung sein. Allerdings ist der wachsende Konformitätsdruck eher ein Merkmal totalitärer, denn freier Gesellschaften und der Mut von Personen, die sich dem widersetzen nicht zu unterschätzen. Seit der andauernden Flüchtlingskrise, werden zunehmend nicht mehr kluge Argumente ausgetauscht und versucht, gemeinsam zu pragmatischen Lösungen zu kommen, sondern es findet ein einseitiges Moralsplaining der Gesinnungsethiker einer vermeintlichen moralischen Elite gegenüber dem Rest der Gesellschaft statt – was in der Konsequenz zu allem Anderen als zu einem friedlichen Miteinander und einer nachhaltigen Integrations- und Einwanderungspolitik führt.

Moralsplaining in der Flüchtlingskrise

Gemäß der Definition erfüllen die Moralsplaining betreibenden Subjekte im Kontext der Flüchtlingskrise folgende Kriterien:

  1. Sich als moralisch einstufen

Auffällig sind die verkürzten Denkmuster, der sich als moralisch einstufenden Apostel der Neuzeit. Das eigene Weltbild wird ohne Hinterfragen in quasi-religiöser Manier als absolut richtig hingestellt und überhöht, während andere Ansätze von Beginn an diskreditiert werden. In der Flüchtlingskrise ist das die überhöhte Forderung einer bedingungslos offenen multikulturellen Gesellschaft ohne Grenzen, welche der diskreditierten und vom „gemeinen Volk“ und Anderen geforderte kontrollierte Einwanderung in Maßen unter Berücksichtigung aller Risiken und Nebenwirkungen gegenübersteht.

  1. Herablassendes Verhalten

Die herablassende Art wird dann deutlich, wenn die bedingungslose Grenzöffnung grundsätzlich als moralisch richtig, modern und kosmopolitisch, und die kontrollierte Einwanderung als verwerflich, nationalistisch und rückwärtsgewandt bezeichnet wird. Dies geschieht unabhängig davon, ob die bedingungslose Grenzöffnung vielleicht zu einer Fehlintegration und Destabilisierung der Gesellschaft und die kontrollierte Einwanderung langfristig zu einem besseren und friedlicheren pluralistischen Miteinander führen könnte. Wenn die moralische Selbsterhöhung nicht ausreicht und der Gegenüber partout nicht in die Grenzöffnungshymnen mit einstimmt, so gipfelt das herablassende Verhalten eines sich des Moralsplaining bedienenden Subjekts zu gerne auch im Vorwurf des Rassismus. Dieser inflationär verwendete, herablassende und häufig völlig haltlose Vorwurf führt nicht nur dazu, dass echter Rassismus verharmlost wird, sondern wirkt darüber hinaus für viele in Zeiten zunehmenden Konformitätsdrucks absurderweise wie ein Ritterschlag für freie Meinungsäußerung.

  1. Unvollständige Kenntnisse

Dabei spielt es oft keine Rolle, dass der eigene, angeblich moralische Ansatz aufgrund von unvollständigen Kenntnissen unter Umständen gar nicht funktionieren kann oder sogar eine negative Wirkung auf die Gesellschaft und die Flüchtenden hat. Denn: zu Ende gedacht werden muss ein auf verkürzten Denkmustern beruhender moralischer Ansatz ja nicht er ist selbstredend richtig(er) als alles andere. Die häufig hochstudierten moralischen Meister der Einfachheit folgen dabei folgender Logik: 1.Es gibt Leid auf der Welt, 2.Wir lösen das Leid durch das Öffnen unserer Grenzen. Im eigenen, ursprünglich gut gemeinten Ideal einer helfenden Gesellschaft gefangen, bemerkt die moralische Elite nicht, beziehungsweise verdrängt bewusst, dass diese simplifizierte Logik einem verantwortungsbewussten Umgang mit Geschichte, Politik, Wirtschaft und vielfältigem Zusammenleben widerspricht.

Nein, auch der „unmoralische“ Rest der Gesellschaft hat kein Patentrezept zur Lösung der Flüchtlingskrise und kann sich natürlich auch nicht auf vollständige Kenntnisse berufen. Allerdings will die Masse der Bevölkerung nicht nur helfen, sondern das auch noch lösungsorientiert und somit verantwortungsbewusst. Die moralische Elite nimmt fälschlicher Weise an, nur sie exklusiv habe den Gedanken einer friedlichen multikulturellen Gesellschaft, die Menschen in Not helfen sollte, verinnerlicht. Zusätzlich zur Hilfsbereitschaft übersieht die Bevölkerung keine problematischen Gesichtspunkte und versucht auf Basis vieler Faktoren, komplexe Probleme zu benennen und ganzheitlich anzugehen. Die Gesellschaft weiß genau was an zusätzlichen ökonomischen Belastungen durch grenzenlose Aufnahme auf sie zukommt, welche mittelfristigen Auswirkungen dies auf das Wohlstandsniveau, Beitragshöhe und Leistungsfähigkeit des Sozialsystems und auf das Steuersystem beziehungsweise die Staatsverschuldung haben wird.

Und die Menschen wissen auch, welche gesellschaftlichen Folgen eine vornehmlich aus armen, ungebildeten und islamistisch indoktrinierten Gesellschaften erfolgende Einwanderung mit sich bringt nämlich wachsende Gegen-und Parallelgesellschaften zusätzlich zu den beispielsweise bereits 5.000 islamistischen Gülen-Anhängern alleine in Mannheim; mehr Gewalt, Raub und Sexualdelikte und weniger Sicherheit (auch Millionen von blonden und blauäugigen Flüchtlingen hätten beispielsweise diesen Effekt, wenn sie über Dekaden verarmt, ungebildet und religiös-extremistisch sozialisiert worden wären und alleine schon aufgrund ökonomischer Faktoren schwieriger eine Partnerin finden); mehr Anfeindungen gegen und weniger Sicherheit für Homosexuelle und Juden; sinkende Aufnahmefähigkeit für künftige Flüchtlinge; Verfolgung von arabischen Minderheiten durch Islamisten in Deutschland; Kinderheiraten; höheres Risiko an Terroranschlägen usw.

Zusätzlich ist bekannt, dass das aufnahmefähige Europa ohne postkommunistische und südeuropäische Krisenstaaten keine, wie häufig behauptet 600 Millionen, sondern in etwa nur 200 Millionen Einwohner hat, während alleine Afrika, ohne den Mittleren Osten, sich bis 2050 auf über 2,5 Milliarden Menschen verdoppelt. Allerdings wird von der moralischen Elite häufig schon alleine die Nennung solcher Tatsachen als rassistisch abgetan. Die Mehrheit der Menschen weiß auch, dass die Flüchtlinge nicht auf die Probleme, die mit dem Aufstieg des Islamischen Staates einhergehen, zu reduzieren sind, sondern, dass auch nach dem Sturz des IS in vielen anderen Teilen der Welt Islamisten und andere geopolitische Entwicklungen für Flüchtlinge sorgen werden. Die breite Masse an Menschen, die sich alle dieser komplexen Beweggründe und Folgen der Flüchtlingskrise bewusst ist, ist mit Sicherheit nicht weniger hilfsbereit als die Gesinnungsethiker und sie hat keine diffusen Fremdenängste, sondern sie erkennt und benennt Probleme und versucht sie dann pragmatisch zu lösen.

Da den Moralaposteln der Neuzeit alle diese Kenntnisse und Details fehlen oder sie diese bewusst ignorieren, muss man ihre simple Lösung 1.Leid in der Welt, 2. Lösung durch Grenzöffnung nicht nur als wohlwollenden Paternalismus, sondern auch als moralischen Populismus bewerten.

Wenn die moralischen Populisten nicht mehr weiterwissen, greifen sie auch häufig in die Trickkiste der verdrehten Fakten. Beispielsweise, unser System bedürfe aufgrund demographischer Herausforderungen dieser Flüchtlingswelle. Wirklich, brauchen wir Massen von ungebildeten, meist armen und indoktrinierten Menschen um unser Sozialsystem zu retten? Oder sollten wir nicht eher gebildete Fachkräfte, die ihre Bräuche mitbringen und unserer Gesellschaft bereichern anstatt Gegengesellschaften zu bilden, durch eine kluge Einwanderungspolitik zu uns holen?

Die Aufnahme von Flüchtlingen ist und bleibt eine Hilfeleistung, die nicht unser System rettet, sondern vom System in einem gewissen Maße ausgehalten werden kann und geleistet werden muss – alles andere ist Schönfärberei. Ganz absurd wird es, wenn Forscher angegriffen werden, weil sie zum Ergebnis kommen, dass uns das Ganze einen bestimmten Betrag kosten wird oder dass der Islamismus deutlich weiter verbreitet ist in den Köpfen vieler Flüchtlinge, als uns lieb ist. Da verdächtigt man den Wissenschaftler doch zu gerne des Rassismus oder zumindest der Unterstützung der AfD und legt sofort eine Gegenstudie vor, nach der so und so viele Arbeitsplätze durch Immigranten geschaffen wurden.

Ideologiebildung statt klassischer Schulbildung?

Dass Immigranten und Flüchtlinge nicht in einen Topf zu werfen sind, ist moralischen Populisten egal. Und ich frage mich dann auch, warum wir eigentlich seit Jahrzehnten darüber diskutieren, wie wir unser Schulsystem verbessern und warum wir es nicht einfach abschaffen oder durch ideologische Bildung ersetzen. Angeblich ist ja laut moralischer Elite eine Masse ungebildeter beziehungsweise hauptsächlich ideologisch gebildeter Menschen ein Erfolgsgarant für das Sozialsystem und die Wirtschaft.

Besonders schade ist es, dass die moralischen Populisten die politische Korrektheit eigentlich ein intelligenter Begriff, mit dem verantwortungsbewusstes politisches Handeln ausgezeichnet werden sollte für sich beanspruchen und darüber hinaus auch noch zugeschrieben bekommen. Der fromme Wunsch nach Grenzöffnung, der ins Chaos führt, sowie dessen quasi-religiöse Verteidigung ist nämlich nicht politisch korrekt, sondern zeugt von völlig falschem politischen Verständnis. Ich plädiere deshalb dafür, dass der Begriff der politischen Korrektheit wieder positiv besetzt wird und nicht mehr die moralischen Populisten, sondern diejenigen miteinbezieht, die Probleme ehrlich und sachlich benennen, um sie dann auch pragmatisch und zielstrebig anzugehen und zu lösen. Nicht Gesinnungsethiker und moralische Populisten, sondern verantwortungsbewusste Pragmatiker, die humanistisches Ideal und Realitätssinn  zu verbinden wissen und sich somit für eine nachhaltige Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik zum Wohle einer friedlichen pluralistischen Gesellschaft einsetzen, sind politisch korrekt!

Sebastian Vogel arbeitet mit zwei Freunden an einem Start-up. Neben seinem Interesse an Politik, Wirtschaft und Sport beschäftigt er sich mit den Themen Pluralismus, Liberalismus und Islamismus.

Gesinnungsethiker

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat einen Bildungsauftrag. Früher wurde der von Mathematiklehrern mit hässlichen Pullis un Bauchansatz erfüllt, die einst binomische Formeln, den Satz des Thales und dergleichen erklärten. Den Typus sieht man heute nicht mehr, höchstens bei William Cohn als Anmoderator für Böhmermann. Aber dennoch gibt es ihn, den Bildungsauftrag, noch jedenfalls, etwas fescher, mit offenem Hemd und schickem Langhaarschnitt. Precht heißt er und Recht hat er, jedenfalls denkt er das.

Allerdings wird Bildung eben nicht mehr objektiv und sachlich präsentiert, sondern als Legierung mit hohem Gesinnungsanteil. Wurde in den 90ern noch Robert Atzorn als Lehrer Dr. Specht von Staffel zu Staffel in immer düstere Gegenden des Landes strafversetzt, übernimmt die Rolle des Oberlehrers jetzt Richard David Precht, der das Licht der Erkenntnis bringen solle. Im Gegensatz zum Telekolleg kann sich Precht selbst aussuchen, was er unterrichtet. Und genau da liegt der Fehler, den man beim ZDF begeht, ist doch Precht ein klarer Fall von Gesinnungsethiker.

Ein dummer Popanz nach dem anderen

Als Beispiel nenne ich sein Buch „Über die Kunst, kein Egoist zu sein“. Er entfaltet darin wirtschaftstheoretische Ansätze und beginnt nach anfänglich durchaus sachlicher Beschreibung dessen, was Andere erdacht hatten, einen dummen Popanz nach dem anderen aufzubauen. Precht ist für mich der Inbegriff des Tendenziösen, des scheinbaren Experten für alles, des Einäugigen, der Blinde leiten soll. Das durchaus interessante Buch „Wer bin ich – und wenn ja: wie viele?“ blieb durchaus sachlich.

Aber wenn man sich seine philosophische Talkshow im ZDF ansieht, kann man ein immer wiederkehrendes Strickmuster entdecken. Er lädt sich mit ganz wenigen Ausnahmen stets Gäste ein, die entweder seiner Meinung sind. Dann fragt er nicht, sondern monologisiert über Minuten, dass sein Gegenüber nur noch sagen muss: „Ja, Sie haben Recht“.

Oder er lädt gezielt Fachfremde ein. Jean Claude Juncker saß in seiner Sendung und war eine thematische Fehlbesetzung zum Thema Geld. Ich unterstelle eine bewusste Fehlbesetzung, Precht holt sich gern Stichwortgeber ohne Ahnung, zumindest in jenen Themenkomplexen, die er entweder nicht genau kennt oder die er aus ideologischen Gründen nicht mag.

Worthülsen wie Neoliberalismus oder Kapitalismus

Juncker saß da, weil Precht einem Ökonomen vom Schlage Hans Werner Sinns nie und nimmer gewachsen wäre. Mit Worthülsen wie Neoliberalismus oder Kapitalismus kommt man da nicht weit, bei Juncker hingegen schon. Insofern ist Precht wie ein zweitklassiger Stürmer im Fussball, der dafür sorgt, dass er gegen drittklassige Abwehrspieler antritt.

Ein weiteres Strickmuster ist, dass Precht eine Handvoll Herzensthemen hat, die er per Taschenspielertrick als objektiv und wissenschaftlich darzustellen versucht. Diese Themensetzung ist Ausdruck purer Gesinnung, die er mit Versatzstücken fremder Denker, Philosophen und Wissenschaftler anreichert. Er bringt insofern in seinen Büchern keine eigenen Gedanken zu Papier, sondern die großer Denker. Allerdings bemerkt Lieschen Müller dies nicht.

Erstens treibt ihn das Thema Schulbildung an. Noten und nach Leistungsstärke gestaffelte Schulen sind ihm ein Dorn im Auge. Es ginge, so Precht im Dauermonolog mit dem Bildungsforscher Hüther als Zuhörer, allen Schülern so viel besser, sie hätten dann mehr Leidenschaft, wenn es keinen Wettbewerb gäbe, sondern eine Einheitsschule ohne Noten. Überhaupt ist die Wettbewerbsfeindlichkeit ein Grundmotiv Prechts.

Ständig werden Andersdenkende pathologisiert

Nicht allen, gesteht er dann, ginge es besser. Diejenigen, die es heute aufgrund des mehrgliedrigen Schulsystems auf eine Eliteuni geschafft hätten, hätten natürlich in einem solchen Einheits-System keine Chance mehr hierauf, aber wozu benötige man diese Elitestudenten schon. Er ist schlicht gegen Elite. Und was so überflüssig ist, kann ja auch gleich ganz weg. In seinen Augen ist er selbst offensichtlich die einzige Elite, die es geben darf. Warum also noch weitere Elite?

Ein zweites Thema ist die Ablehnung von Fleisch als Nahrungsmittel. Forscher, die sich mit der Wesensähnlichkeit von Menschen und Affen auseinandersetzen, sind ihm die liebsten. Sie kommen fast durchweg gut weg. Ist das Tier dem Menschen recht ähnlich, verbietet sich ja fast automatisch sein Verzehr.

Im Grunde pathologisiert er ständig Andersdenkende, ist insofern eine männliche Juli Zeh und betreibt damit eine Ausgrenzung, die man, wäre er nicht grundsätzlich links ausgerichtet, als Populismus bezeichnen würde. Seine politische Ausrichtung bewahrt ihn vor schlechter Presse. Allenfalls die lückenhafte Patchworkmethode findet Kritik, nicht hingegen seine fast sektenhafte politische Tendenz.

Die politische Ausrichtung bewahrt vor schlechter Presse

Überhaupt passt der Begriff des philosophischen Populisten auf Precht wie maßgeschneidert, wie ich meine. Die akademische Philosophie hat jede Bodenhaftung verloren, weshalb er sozusagen die Marktlücke schließt, indem er Kurzschlüsse schaltet, halbwegs verständlich formuliert, aktuelle Themen grob anleiert und einen Parforceritt durch die Geistes- und Naturwissenschaft durchzieht. Populär reicht nicht, es muss noch gesteigert sein, daher populistisch.

Die permanente Tendenz, sich genau die Versatzstücke von Denkern herauszusuchen, die seinem Weltbild entsprechen, macht ihn eigentlich zum Unphilosophen. Es ist keine redliche Abwägung festzustellen, wie ich meine. Auf der Leipziger Buchmesse sagte mir ein Gesprächspartner, Precht lache nie bei öffentlichen Auftritten, um sich eine Aura der Ernsthaftigkeit zu geben, dass man ihn auch in Kreisen wirklicher Philosophen für ebenbürtig hielte.

Mir scheint das recht plausibel zu sein. In Abwandlung des lateinischen Sprichwortes barba non facit philosophum könnte man sagen: Philosophen dürfen durchaus lachen und Ernsthaftigkeit macht noch keinen zum Philosophen. Oder bezogen auf die mediale Welt im ZDF-Kosmos: steht die Sonne tief, werfen auch Zwerge einen großen Schatten.

Kellerentrümpelung als Willkommenskultur

Als Candan Six-Sasmaz an einem Bahnhof im Ruhrpott aus dem Zug steigt, schallt ihr Applaus entgegen. Auf dem Bahnsteig steht ein großes Willkommenskomitee mit »Refugees Welcome«-Transparenten. Irritiert stellt die Journalistin fest, dass die Rufe und der Applaus ihr gelten. Nach der ersten Verwunderung bemerkt sie die Verwechselung. Dass sie nicht auf der Flucht ist, sondern auf dem Weg zu einer Verabredung, fällt den auf sie einstürmenden Menschen indes nicht auf. Völlig gefangen in dem Irrglauben einem traumatisierten Kriegsopfer gegenüber zu stehen, hört niemand der Frau zu, die mehrfach auf Deutsch, Englisch und Türkisch erklärt, nicht geflohen zu sein: »Meine Worte gingen im Geschrei und Gejubel unter. Die Menschen drängelten sich um mich. Drückten mir Sandwiches, Getränke und Kuscheltiere in die Hände. Anscheinend ist das erste, was ein Flüchtling bei seiner Ankunft in Deutschland braucht, ein Kuscheltier. Während sie mir großzügig Geschenke übergaben, schauten sie mich hoffnungsvoll an. Sie warteten auf das berühmte Leuchten der Dankbarkeit in meinen Augen. Ich konnte ihnen nur ein enttäuschtes Funkeln bieten.« Schon wird die Journalistin beim Arm gepackt. Man erklärt ihr im überlauten und betont langsamen Deutsch, sie werde nun für ein Durchgangslager registriert. »Sie sprachen über mich als wäre ich nicht da: ›Die Ärmste sieht ja völlig fertig aus.‹«. Ihre Beteuerung, kein Asyl zu suchen, stößt auf Misstrauen: »Sind sie sicher, kein Flüchtling zu sein?« Der Spuk endet erst als Six-Sasmaz laut anfängt zu schreien: »Ihr Vollidioten!«.1
Nationale Entrümpelungsaktion
Die Geschichte der Journalistin, die als Tochter türkischer Eltern in Deutschland geboren ist, die ihre Mitbürger ins Flüchtlingsheim bringen wollten, der unerschütterbaren Überzeugung ihr damit zu helfen, steht pars pro toto für die deutsche Willkommenskultur der vergangenen Wochen. In dem festen Glauben, es handele sich um Großherzigkeit, haben die Bundesbürger den Flüchtlingen ihre Wohltaten aufgenötigt. Das Deutsche Spätsommermärchen ist eine einzige Verwechselungsgeschichte gewesen, die auch jetzt (November 2015, Anm. der Redaktion) noch für unzählige Missverständnisse sorgt. So ist das Ende nur für diejenigen überraschend, die schon den Anfang falsch verstanden haben. Denn sowohl die härtere Gangart, die in der Flüchtlingspolitik mittlerweile eingeschlagen wurde, als auch die Verschärfung des Asylrechts, stehen nicht im Widerspruch zu der Barmherzigkeits- und Mitleidswelle der vergangenen Wochen. Sie setzen vielmehr auf politischer Ebene fort, womit die Bundesbürger Ende August begannen, als sie im großen Stil anfingen ihre Keller und Dachböden auszumisten.
Die ungemeine Menge an Sachspenden, die auf die Aufrufe der Sozialverbände und Hilfsorganisationen folgte, ist in Anbetracht von Heidenau und Co. zu begrüßen. Empfingen die Deutschen die aus Jugoslawien ankommenden Kriegsflüchtlinge 1992 noch mit Kehrausbesen, so machten sie diesmal das allein Menschliche, in dem sie die Asylsuchenden willkommen hießen. Anscheinend umtrieben die Bundesbürger dabei allerdings weniger die Nöte und Bedürfnisse der Flüchtlinge, als ihre eigene Gutwerdung. So machte bereits frühzeitig der allgegenwärtige Helferandrang den professionellen Hilfsorganisationen zu schaffen. In Massen brachen die Deutschen auf, um alles zu den Annahmestellen zu schleppen, was der Haushalt hergab. Von Kinder- über Sommerbekleidung bis zur abgetragenen Unterwäsche, vom Wiso-Steuerratgeber 2010 über Taschenbücher bis zu vorgekochtem Essen, von einzelnen Schrauben über Karnevalskostüme bis zur gesamten Schrankwandgarnitur befand sich nach den Aussagen der Hilfsorganisationen so ziemlich alles unter den Sachenspenden. Neugekaufte Windeln und Hygieneartikel blieben die erwähnenswerte Ausnahme. Oftmals dauerte es nur wenige Stunden bis auf die Spendenaufrufe der Appell erfolgte, nur ausgewählte Sachen vorbeizubringen, da weder die Lagerkapazitäten bereitständen, noch die Kräfte zum Aussortieren vorhanden wären. Der Berliner Tagesspiegel fasste bündig zusammen: »Sie meinen es gut – und doch wird die Hilfsbereitschaft der Berliner so langsam zum Problem.« So wäre das gekochte Essen ebenso im Müll gelandet wie die aussortierte Sommerkleidung. Eine Sprecherin des Arbeiter-Samariter-Bundes erklärte der Zeitung, dass man Trägertops und kurze Röcke nicht gebrauchen könne: »Die warme Jahreszeit ist vorbei, und viele geflüchtete Frauen würden solche Sachen wegen ihrer Religion ohnehin nicht tragen. Stattdessen werden Wintermäntel benötigt, vor allem für Männer.« In der Welt wies eine Flüchtlingshelferin darauf hin, dass die Asylsuchenden meist jüngeren Alters sind, die Kleidung der verstorbenen Großeltern somit eine unpassende Spende.3 So glich die Sachspendenoffensive weniger dem beherzten Versuch, die Not der Flüchtlinge zu lindern, als einer nationalen Entrümpelungsaktion mit kollektiver Rührungskatharsis. Anscheinend verstanden die Deutschen die Spendenaufrufe als eine symbolische Aktion, bei der es weniger auf konkrete Hilfe, als auf die Geste des guten Willens ankäme.
Weltmeister der Selbstrührung
Die Bundesbürger beschäftige mit anderen Worten offensichtlich mehr ihre innere Gutwerdung, als die Bedarfslisten der Hilfsorganisationen. Dementsprechend haben die allerorten stattfindenden Spendensammelaktionen zwischenzeitlich an einen bundesweiten Städtewettkampf erinnert, bei der unter dem Oberkommando der jeweiligen Regionalpresse die lokalen Provinzfürsten um die mitfühlendste und hilfsbereiteste Einwohnerschaft gefochten wurde. Das Schicksal derjenigen, für die man dabei vorgab anzutreten, geriet hierbei ins journalistische Abseits. Die Neuankömmlinge wurden allerhöchsten eingeladen, den feinen Charakter der Hausherren zu bezeugen. Ob das Bahnkundenmagazin Mobil, die Süddeutsche Zeitung oder die Frauenzeitschrift Brigitte, in den vergangenen Wochen bat fast jede größere deutsche Postille ehemalige Flüchtlinge um ein Statement zu ihren Erfahrungen in Deutschland. Nur selten waren die Interviewten dabei mehr als die Statisten einer großen Selbstbespiegelung, die durch eine kommentierte Zusammenstellung ausländischer Presseberichte zum deutschen Flüchtlingsempfang komplimentiert wurde. Nachdem die Bundesrepublik im Sommer während der Zuspitzung der Griechenlandkrise noch als grausamer Zwangsvollstrecker galt, würde das Ausland nun das »Neue Deutschland« kennen lernen, so etwa die Frankfurter Allgemeine Zeitung: »Auf jeden Fall waren wir Deutsche für einen Moment lang Weltmeister der Herzen. Mal nicht bewundert für die Effektivität unserer Maschinen, sondern für Menschlichkeit«.4 Der Autor vergaß zu erwähnen, dass nicht nur die deutschen Maschinen bessere Werte auf dem Papier erzielen (Stichwort: VW-Abgasskandal) als auf der Straße, sondern auch die vielgepriesene deutsche Menschlichkeit. Ebenso unerwähnt blieb, dass die neue deutsche Menschlichkeit wenn überhaupt nur deshalb bewundert wird, weil man sich noch an die alte deutsche Grausamkeit erinnern kann. Wenn einmal das Leid von Flüchtlingen in den Fokus gerückt wurde, so war es nicht selten das der eigenen Großeltern. Nicht nur in der Süddeutschen Zeitung riefen Jungautoren bei ihrem Versuch sich durch einen journalistischen Reifenachweis das Image des »Neue Medien«-Praktikanten aus der Vita zu schreiben, der Leserschaft die erschütternden Erfahrungen ihrer Großmutter ins Gedächtnis, die bei ihrer Vertreibung niemand willkommen geheißen hätte: »Auf den Spuren meiner Oma« und »Meine Oma, der Flüchtling«. Während in den Zeitungen also vor allem Vertriebenengeschichten und Helferportraits zu lesen waren, erhellte kaum ein Artikel die gegenwärtige Situation im Nahen Osten. Ist doch einmal von den Fluchtursachen gesprochen worden, so nur um mit dem Selbstverständigungsmonolog fortzusetzen. In der Rubrik saublöd-aber-weitestgehend-harmlos wurde auf feuilletonistische Dauerbrenner wie Globalisierung und Klimawandel verwiesen, welche Migration zu einem Massenphänomen werden ließen; als hätte die Syrer das Schmelzen der Polkappen zur Flucht bewegt. In der Rubrik saublöd-aber-bösartig kaprizierten Prantl und Co. auf ihr ideologische Allzweckerklärung, gemäß der auch die Flüchtlingskrise den amerikanischen Interventionen im Nahen Osten anzurechnen sei; als wäre es nicht maßgeblich Deutschland gewesen, das durch seine Profilierung als Weltpazifist nachhaltig zum Scheitern der amerikanischen Missionen beigetragen und frühzeitig einen Militäreinsatz in Syrien ausgeschlossen hat.
Misstrauen und Fürsorge
Während den Bundesbürgern offensichtlich nichts zu schäbig war um es den Flüchtlingen zu spenden, zeigten sie sich in anderer Hinsicht weitaus weniger spendabel. Im September, als die deutsche Hilfsbereitschaft zum massiven Entsorgungsproblem geworden war, erklärte die übergroße Mehrzahl der Bundesbürger, dass sie mehr Sachleistungen für Flüchtlinge befürworte. Zeitgleich sprach sich eine ebenso große Mehrheit jedoch dagegen aus, die finanzielle Unterstützung für Asylsuchende zu erhöhen. Sie waren von der Sorge ergriffen, die eigene Barmherzigkeit könnte am Ende missbraucht werden. In der Zeit ließ sich lesen, worin der Vorteil von Sachhilfen bestände: »Wären die Kommunen nicht derart überfordert, würde das Prinzip des Vorrangs von Sachleistungen heute längst angewandt werden. Dort, wo es geschieht, ist es für die Flüchtlinge oft eine Hilfe, keine Zumutung. Denn hinter der Idee, Güter statt Euro auszuhändigen, steckt nicht nur Misstrauen, sondern auch Fürsorge.« Denn, so war weiter zu lesen: »Bargeld kann bei Schleppern landen, bei Verwandten in der Heimat, bei kriminellen Schutzorganisationen. Warme Mahlzeiten, Zahnpasta oder neue Schuhe hingegen nützen denen, die sie erhalten: den Asylbewerbern.«6 Um der Aneignung des Geldes durch kriminelle Schutzorganisationen zuvorzukommen, geben es die Deutschen gar nicht erst aus der Hand. Schutzleistungserpressungen und Hilfsnötigungen sollen dem Staat vorbehalten bleiben. Am Ende führt eine Erhöhung der finanziellen Unterstützung wohlmöglich noch dazu, dass die Asylsuchenden nicht mehr auf Sachspenden angewiesen sind. So war das Umfrageergebnis auch nicht wirklich überraschend, denn schließlich hatten die Sperrmüllsamariter bereits per Fußabstimmung deutlich gemacht, dass ihnen mehr daran lag, sich mit eigenen Wohltaten unentbehrlich zu machen, als tatsächlich zu helfen. In dem im September Tops und Sandalen vor den Heimen abgeladen wurden, ist jedenfalls sicher gestellt worden, dass die Flüchtlinge wenige Wochen später um Winterjacken und Pullover bitten würden.
Mitte Oktober ist mit der verabschiedeten Verschärfung des Asylgesetzes endgültig zum juristischen Prinzip erhoben worden, was die Bundesbürger bei ihrer Willkommenskultur de facto bereits vorexerziert haben. Nach dem neuen Gesetz sind die Ämter dazu angehalten, den Gegenwert der bisher ausgezahlten 143 Euro als Gutscheine und Eintauschmarken an die Asylbewerber auszugeben. Zwar bestand die Möglichkeit bereits zuvor, in dem neuen Gesetz ist das Verfahren jedoch explizit als Leitrichtlinie formuliert. Zudem ist vorgesehen, dass sogenannte ausreisepflichtige Personen, die innerhalb der festgehaltenen Frist nicht ausreisen, die Leistungen gekürzt werden. Von der neuen Regelung verspricht sich die Bundesregierung eine abschreckende Wirkung auf die sogenannten Balkanflüchtlinge, welche nach geläufiger Vorstellung quasi halbjährlich nach Deutschland fluchtpendeln würden, um hier Sozialhilfe abzugreifen. In jedem Fall abschreckend ist die Vorstellung, dass demnächst Ämter darüber entscheiden, was die Flüchtlinge tatsächlich zum Leben brauchen. Insbesondere dann, wenn man davon ausgeht, dass in den Amtstuben dieselben herzbewegten Wohltäter sitzen, die in den vergangen Wochen ihr sensibles Gespür für die Nöte und Bedürfnisse fremder Menschen unter Beweis gestellt haben, in dem sie die Neuankömmlinge Mitte September mit Sommerkleidung und traumatisierte Flüchtlinge im Klatschspalier empfingen. Angesichts der jüngsten Erregung muss davon ausgegangen werden, dass Smartphones den Flüchtlingen nur zugestanden werden, weil sie ihnen auf der Flucht genutzt haben. Nach den Soll-Bestimmungen der Bundesregierung sollen tatsächlich nur noch Telefonkarten ausgehändigt werden – wohlmöglich auch, damit den zurückgebliebenen Familien von der Flucht abgeraten werden kann. Für Zigaretten und Alkohol indes, die in den Epizentren der Willkommenskultur für gesundheitsschädliche Laster gehalten werden, wird es wohl keine Marken geben bis das Bundesverfassungsgericht die Praxis für illegitim erklärt.
Der staatliche Paternalismus wirft gleichermaßen ein Licht sowohl auf die Motive hinter der Willkommenskultur als auch auf ihre politischen Implikationen. So trägt auch die privat organisierte Freiwilligenhilfe paternalistische Züge, in dem sie weniger darauf ausgerichtet ist die Bevormundung abzuschaffen, als sie zu verewigen. Zwar dürfte den Flüchtlingen auch weiterhin überwiegend Geld ausgezahlt werden, weil die Gutscheinausgabe mit einem erheblichen Mehraufwand einhergeht. Aber unabhängig davon wird damit eine Praxis gebilligt, die den Flüchtlingen ihre letzten Entscheidungsfreiheit raubt. Durch die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen werden sie endgültig zu einem Fürsorgeobjekt degradiert. Die Mindestunterstützung gewinnt immer stärker den Charakter einer Gratifikation, die jederzeit entzogen werden kann. So werden die Asylsuchenden noch weitaus stärker als vorher der Gunst ihrer vermeintlichen Retter ausgeliefert sein. Nicht zuletzt deshalb, weil die Fürsorge zunehmend Bürgerinitiativen anvertraut wird, die sich den Flüchtlingen abnehmen.
Aktivposten Flüchtlingshelfer
Dass die Übernahme staatlicher Aufgaben durch Bürger ein Erfolgsmodell ist, zeigt sich nicht zuletzt in Krisenzeiten. Selbst gesellschaftliche Eruptionen, die im historischen Vergleich harmlos wirken, führen inzwischen zur Massenmobilisierung privater Ressourcen. Als während des Jugoslawienkrieges 1992 etwa 430.000 Menschen in Deutschland einen Asylantrag stellten, musste die gerade erweiterte Bundesrepublik die Eingemeindung von 17 Millionen Ostdeutschen verdauen, deren Arbeitsmarkteingliederung und Resozialisierung noch heute eine wirtschaftliche und politische Herausforderung ist. Im Jahr 2015 sind bis zum 1. Oktober nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge rund 300.000 Asylanträge gestellt worden, also in etwa so viele wie im Schnitt zur gleichen Zeit vor 23 Jahren.7 Indes erzielte Deutschland allein im ersten Halbjahr einen Haushaltsüberschuss von 21 Milliarden Euro. Angesichts der properen wirtschaftlichen Situation und derart ins Verhältnis gesetzt, wirkt die gegenwärtige Reaktion auf die Flüchtlingskrise nicht zuletzt aufgrund der gewaltigen gesellschaftlichen Mobilisierung an Manpower und der politischen Endzeitrhetorik noch hysterischer, als sie ohnehin schon ist. So tritt noch deutlicher zutage, dass nicht alleine unterschwellige Verlustängste die Bundesbürger in den Flüchtlingswahn gestürzt haben, sondern auch so etwas wie zur Untergangslust gesteigerter Selbstekel. Hinter der ständigen Beschwörung neuer Flüchtlingszahlen verbirgt sich mit anderen Worten auch die Spekulation darauf, dass eine finale Verschärfung der nationalen Krise auch der individuellen Krise ein Ende bereitet, also so etwas wie Heilssuche in Ausnahmezustand.
Die Hysterie dürfte nicht zuletzt der hohen Bürgerbeteiligung bei der Krisenabwehr anzurechnen sein. Im Vergleich zu den frühen Neunzigerjahren setzt die Bundesrepublik gegenwärtig weitaus stärker auf ehrenamtliche und privatwirtschaftliche Initiativen zur Abwehr der Flüchtlingskrise. Nicht nur die Bereitschaft der Bürger scheint dabei groß zu sein, den Staat unter die Arme zu greifen, sondern anscheinend ist auch der Staat geneigt auf die Unterstützung durch seine Bürger zu bauen. Die fortschreitende Veräußerung des Staates und die ihn begleitende Delegierung ehemals staatlicher Sicherungs- und Versorgungsaufgaben an Bürgervereine, Caritasverbände und Privatunternehmen haben dazu geführt, dass ihm auch keine andere Möglichkeit bleibt als während der Krise auf seine outgesourcten Organe zurückzugreifen. So beschloss die Bundesregierung als Reaktion auf die Flüchtlingskrise im Bundesfreiwilligendienst 10.000 neue Plätze zu schaffen. Mittlerweile bildet nicht nur der Rückhalt, sondern auch die bereitwillige Annahme der staatsbürgerlichen Rolle durch die Bevölkerung einen entscheidenden Faktor bei der Katastrophenbekämpfung. So führen selbst ausgewachsene Minikrisen inzwischen zu einer ungemeinen Bürgermobilisierung.
Spendenracket
Diese Entwicklung ist zweifelslos selbst Ausdruck eines umfassenderen gesellschaftlichen Erdrutsches. In dem sich jedoch die Bürger nicht nur während akuter Krisen zum verlängerten Arm des Staates machen, sondern auch zu ruhigeren Zeiten als Freiwilligenbrigade auf Abruf staatliche Versorgungsaufgaben übernehmen, tragen sie zu einer Verschärfung des sozialen Elends bei. Auch wenn die privat organisierten Flüchtlingshelfer es anders sehen: Ihre Hilfe war in dieser Breite und Dimension keine absolute Notwendigkeit. Denn selbstverständlich verfügt der Staat über die finanziellen Mittel, sowie über das technische Know-How und das logistische Material, um die Versorgung der ankommenden Migranten sicherzustellen. Allein zum Oktoberfest kommen jedes Jahr sechs Millionen Besucher, ohne das die Verwaltung in München kollabiert. Bei Naturkatastrophen in der ganzen Welt dauert selten länger als sechsunddreißig Stunden, bis die ersten deutschen Helfer samt Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Dieselgeneratoren und Bergungsequipment vor Ort sind. Währenddessen gelang es in den vergangenen Wochen nicht einmal, auch nur die Trinkwasserversorgung der Flüchtlinge überall durchgehend sicherzustellen. Zwar ist das Oktoberfest eine geplante Veranstaltung, aber auch die Flüchtlingskrise hat sich bereits seit dem Frühjahr (2015, Anm. der Red.) abgezeichnet. Es war nicht alternativlos, dass beispielsweise Dolmetscheraufgaben, Sanitätsdienste und die Essenausgabe von Freiwilligen übernommen wurden. Ihr Engagement wurde erst durch die Verweigerungshaltung der Behörden notwendig, die es lange Zeit den Ehrenamtlern überließen, für die Neuankömmlinge zu sorgen. In dem die freiwilligen Helfer ihren Einsatz zu einer Ehrensache erklärten, anstatt dem Staat an seine Aufgaben zu erinnern, trugen sie ihrerseits zum beschleunigten gesellschaftlichen Zerfall bei. Denn während der Wohlfahrtstaat vergangener Tage noch den Anspruch und die Mittel besaß, um eine soziale Absicherung für jeden Staatsbürger zu gewährleisten, in dem er beispielsweise Arbeitslose in einer Reservearmee für das Kapital formiert hat, entfällt dies beim Ehrenamtsstaat. Zwar ist auch die staatliche Vor- und Fürsorge paternalistisch, aber im Unterschied zur privat organisierten Caritas ist sie an Gesetze gebunden. Anstatt auf persönlicher Abhängigkeit beruht sie auf anonymer Dienstleistung durch Beamte, die ihrerseits zur Vorbeugung von Willkür an Regelungen gebunden sind. So lassen sich festgeschriebene Sozialleistungen immerhin noch einklagen, während es keinen rechtlichen Anspruch auf Spenden gibt. Durch ihr Engagement sorgen die Flüchtlingshelfer unwillkürlich dafür, dass die staatlichen Mindestversorgung endgültig zur jederzeit widerrufbaren Barmherzigkeitsgeste wird. Sie beschleunigen die Transformation des Sozialsystems in ein Spendennetzwerk, das vor kurzem zwei Ökonomen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung angeregt haben: »So enorm die freiwillige Hilfe auf individueller Ebene überall in Europa zu sein scheint, auf staatlicher Ebene versagt sie. […] Nötig und viel hilfreicher wären Lösungswege, welche die vorhandene individuelle Hilfsbereitschaft ausschöpfen und Unwillige nicht zu Hilfeleistungen zwingen. Zwang führt langfristig nur zu Aggression gegen die Hilfsempfänger. […] Wir schlagen europaweite eigene Sozialsysteme für Flüchtlinge (Social Security Net for Refugees, kurz SSNR) vor, die durch freiwillige Steuern, Abgaben und voll steuerabzugsfähige Spenden der Bürger sowie durch Einzahlungen der Geflüchteten gespeist werden. […] Ein SSNR würde für alle Kosten bei der Ankunft der Flüchtlinge aufkommen und später die Leistungen erbringen, die normalerweise die verschiedenen nationalen Sozialsysteme erbringen.«
In dem das Willkommenskomitee seinen Einsatz nicht für eine aus der Not geborene Selbstverständlichkeit hält, sondern für Engagement, für das es Anerkennung und Dank erwartet, provoziert es somit nicht nur die zunehmende staatliche Drangsalierung von Sozialhilfeempfängern, sondern liefert obendrein auch die Flüchtlinge gesellschaftlicher Gnade aus. Die einzige Chance der Asylsuchenden wird mehr denn je sein, an das Mitgefühl der Bundesbürger zu appellieren und auf deren Hilfe zu bauen. Angesichts der bisherigen selbstgefälligen Mildtätigkeit der Deutschen, die bereits die Entsorgung ihres Hausrats für einen Akt der Großherzigkeit hielten, für den sie sich wochenlang selbst feierten, sind das trübe Aussichten. Nicht zuletzt wenn man sich vor Augen führt, mit welcher Enttäuschung die Heilsarmee auf die ersten Dissonanzen zwischen ihren Schutzbefohlenen reagierte. Vor allem junge männliche Flüchtlinge sollten es angesichts der Unmengen an Spielzeug und Kleider, die die Deutschen weggespendet haben, mit der Angst zu tun bekommen. Es ist unschwer zu erahnen, wer bei einer politischen Anerkennung der Spendenrackets das Nachsehen haben würde. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich aus dem Griff der Flüchtlingshelfer ebenso befreien wie Six-Sasmaz, die das Mitgefühl ihrer Mitbürger fast ins Durchgangslager gebracht hätte.
Anmerkungen
1    Candan Six-Sasmaz: Endlich willkommen!, in: Süddeutsche-Zeitung vom 12. September 2015.
2    Tabea Pauli und Gabriele Scherndl: Was Flüchtlinge am dringendsten brauchen, in: Der Tagesspiegel vom 9. September 2015.
3    Martin Pirkl: Die scheinheilige Hilfe der Deutschen für Flüchtlinge, in: Die Welt vom 1. Oktober 2015.
4    Jörg Thomann: Das Ende der kleinen, heilen Welt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. September 2015.
5    Titel aus der Süddeutschen Zeitung.
6    Elisabeth Niejahr: Zahnpasta und ein Paar Schuhe, in: Die Zeit vom 20. August 2015.
7    Die Zahl der gestellten Asylanträge im Jahr 2015 lag bis zum 1. Dezember bei ca. 425.000.
8    Armin Steuernagel und Bruno S. Frey: Baut aus Spenden ein Sozialsystem für Flüchtlinge, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27. September 2015.

 https://bonjourtristesse.wordpress.com/2016/05/16/kellerentruempelung-als-willkommenskultur-harald-j-finke/

Für den Bürger ist alles besser als die unbelehrbare, an ihren Sesseln klebende Kaste unbelehrbarer Politiker.

Das Bürgers Politikverdrossenheit, die eigentlich besser mit Parteienverdrossenheit oder noch besser mit Politikerverdrossenheit beschrieben wird, hat viele Gründe. Einer dieser Gründe ist, dass Bürger den Eindruck hat, Politik werde nicht für ihn, sondern ausschließlich für die jeweilige individuelle Karriere des Politikers gemacht. Wie die Politik dadurch ihre Reputation und letztlich die Demokratie verspielt, soll anhand einiger weniger Beispiel aufgezeigt werden. Beginnen wir mit dem aktuellsten.

Die Ohrfeige von Stuttgart

Als im März im Ländle der Bürger zur Urne gerufen wurde, war das Ergebnis eindeutig. Es gab zwei überzeugende Sieger und ebenso viele krachende Verlierer. Die Sieger waren der von den Grünen gestellte Ministerpräsident Winfried Kretschmann und die erstmals angetretene AfD des Jörg Meuthen. Der auf Ländle-Niveau assimilierte Grüne konnte sein Ergebnis mit 6,1 Prozentpunkten um gut 25 % steigern. Die AfD holte aus dem Stand 15,1 % der abgegebenen Stimmen.

Damit hätte – ginge es darum, eine Landesregierung nach dem Wählerwillen zu organisieren – eigentlich eine Koalition aus Grünen und AfD die Geschäfte übernehmen müssen. Sie waren die beiden Parteien, denen die Wähler ihr Vertrauen ausgesprochen hatten. Doch nicht nur, dass es in der Addition der Parlamentssitze nicht gereicht hätte – hier wären auch Feuer und Wasser aufeinander getroffen. Also kam Kretschmann nicht umhin, sich einen der Verlierer zum Partner zu nehmen.

Zur Erinnerung: Der ehemalige Koalitionspartner SPD hatte 10,4 Prozentpunkte verloren. Das entsprach einem Rückgang um 45 %. Die bisherige Oppositionspartei CDU musste sogar einen Einbruch um zwölf Prozentpunkte verschmerzen – ein Rückgang um 31 %.

Kretschmann entschied sich, es mit dem nicht ganz so großen Verlierer zu versuchen – auch deshalb, weil er mit seinem bisherigen Partner noch einen Dritten mit ins Koalitionsbett hätte nehmen müssen. So weit, so nachvollziehbar. Nichts gelernt aber hatte die CDU. Statt dass die Verantwortlichen für das Wahldesaster umgehend die im Sinne politischer Hygiene unverzichtbare Konsequenz des Rückzugs gezogen hätten, erhob sich der gescheiterte Landesvorsitzende Thomas Strobl zum Königsmacher in eigener Sache und belohnte den Oberverlierer  Guido Wolf sogar noch mit einem lukrativen Ministeramt, in dem ihn nicht einmal die Wirtschaft des Landes sehen wollte.

Das Signal ist verheerend, denn es besagt: Egal, wie deutlich der Wähler seinen Unmut über politische Fehlentscheidungen und Fehlbesetzungen kundtut – am Ende teilen die Versager die Pfründe doch wieder nur untereinander auf. Und beklagen sich dann noch darüber, wenn der Wähler aus Protest zu irgendwelchen Parteiangeboten abwandert, die weder über eine geschlossene Programmatik noch über erfahrene Politiker verfügen. Denn egal was – aber für den Bürger ist alles besser als die unbelehrbare, an ihren Sesseln klebende Kaste unbelehrbarer Politiker.

Die Selbstvernichtung von Greifswald

Die Kleinstadt Greifswald an der pommerschen Küste dürfte den meisten Deutschen kaum bekannt sein. Doch gerade dort spielte im Laufe des vergangenen Jahres ein besonders hübsches Schauspiel dessen, was man als methodische Selbstvernichtung bezeichnen könnte. Anlass war die Neuwahl für den Posten des Oberbürgermeisters.

25 Jahre hatte die CDU dieses Amt inne. Zuletzt besetzte sie es mit einem honorigen älteren Herrn namens Arthur König. Der nun sollte, so wollten es die örtlichen Unions-Honoratioren,  den Staffelstab an seinen langjährigen beamteten  Mitarbeiter und Parteifreund Jörg Hochheim, Hauptdezernent des Bürgermeisteramtes, weiterreichen.  Doch die Greifswalder Bürger machten dem Honoratiorenverein einen Strich durch die Rechnung – und entschieden sich mit einem hauchdünnen Vorsprung von 15 Stimmen für den grünen Konkurrenten, Stefan Fassbinder.

Nun war in einem Wahllokal kurzzeitig der Hauptzugang dadurch behindert worden, dass jemand die verankernde Fußmatte entfernt hatte. Das Problem wurde baldigst durch die örtliche Wahlleitung behoben und trotz intensiver öffentlicher Diskussion fand sich nicht ein einziger Bürger, der erklärte, durch diesen Fauxpas an seiner Stimmabgabe gehindert worden zu sein.

Dennoch machten Hochheim und seine CDU ein Riesenfass auf, forderten – natürlich nur für dieses eine, traditionell der Union zugeneigte Wahllokal – Neuwahlen und setzten trotz eindeutiger Gutachten, die die Unsinnigkeit des Unterfangens darlegten, alles daran, den gewählten Grünen zu verhindern. Im Verwaltungsgericht holten sich die Wahlverlierer nach einer monatelangen Seifenoper erwartungsgemäß eine schallende Ohrfeige – und erst ein tiefes In-sich-gehen des gescheiterten Möchtegern-Bürgermeisters, der mit seinem Verhalten zwischenzeitlich auch die Grundlage für eine Zusammenarbeit mit dem neugewählten Fassbinder aufs Spiel gesetzt hatte, konnte die CDU-Oberen davon abhalten, sich auch noch vor der nächst höheren Instanz der Lächerlichkeit preiszugeben.

Dennoch hat die Union im Nordosten mit ihrem Amoklauf nachhaltig dargelegt, dass Demokratie für sie nur dann von Relevanz ist, solange sie selbst davon profitiert. Sollen sich die regionalen Verlierer deshalb nicht beklagen, wenn bei anstehenden Bundes- und Landtagswahlen ihre früheren Wähler in Scharen zu irgendwelchen Parteiangeboten abwandern, die weder über eine geschlossene Programmatik noch über erfahrene Politiker verfügen. Denn egal was – aber für den Bürger ist alles besser als die unbelehrbare, an ihren Sesseln klebende Kaste unbelehrbarer Politiker.

In Hamburg vor die Tür gesetzt

Die Hansestadt Hamburg hatte in der ersten Dekade des jungen Jahrhunderts unter einem von der CDU gestellten Bürgermeister eine Phase ungeahnten Aufschwungs erlebt. Doch als dieser entnervt von gegen seine schwarzgrüne Schulpolitik gerichteten Bürgerprotesten den Bettel hinwarf, versank die Partei im Chaos. Mit einem importierten, durch und durch unhanseatischen Ersatzmann schoss sich die Union bei vorgezogenen Landtagswahlen um satte 20,7 Prozentpunkte vom Sockel. Das entsprach einem Verlust von 49 %. Der in die politische Verantwortung zu nehmende Partei- und Fraktionsvorsitzende ebenso wie der weggewählte Bürgermeister zogen missmutig die Konsequenzen – träumten aber immer noch von einer neuen Karriere, die sie nun in den Deutschen Bundestag verlegen wollten. Nur mit viel Aufwand konnte dieses Comeback der Verlierer innerparteilich verhindert werden.

Vier Jahre später wiederholte sich das Szenario. Die Union – nun von einem angesehenen, aber wenig bürgernahen früheren Senator als Spitzenkandidat und einem Bundestagsabgeordneten als Landeschef geführt – brach noch einmal um sechs Prozentpunkte ein. In Prozenten war dieser Niedergang mit 27 zu beziffern. Trotz dieser schallenden Ohrfeige bedurfte es einer konzentrierten Aktion, um den Verlierern darzulegen, dass es in der Politik nicht anders zugehen sollte als in der Fuball-Bundesliga. Wer als Trainer und als Sportchef versagt, hat seinen Hut zu nehmen. Egal wie hoch sein persönlicher Anteil am Abstieg in die Kreisliga zu bewerten ist.

Sollen sie sich also bitte nicht beklagen, wenn bei den anstehenden Wahlen ihre früheren Wähler in Scharen zu irgendwelchen Parteiangeboten abwandern, die weder über eine geschlossene Programmatik noch über erfahrene Politiker verfügen. Denn egal was – aber für den Bürger ist alles besser als die unbelehrbare, an ihren Pfründen klebende Kaste unbelehrbarer Politiker.

Nur drei kleine Beispiele

Das waren nur drei kleine Beispiele dafür, wie Politiker dem Bürger immer und immer wieder dokumentieren, wie wenig sie das Bürgervotum interessiert. Politik, die ursprünglich hohe Kunst ein Gemeinwesen sicher und erfolgreich durch die Unbilden der Gegenwart in die Zukunft zu bringen, ist in unserer Republik zu einem Geschäft verkommen. Zu einem Geschäft, bei dem sich diejenigen bedienen, die ihren Aufstieg durch die Niederungen der Kleintierzüchtervereinsmentalität der Parteien erfolgreich absolviert haben und denen es offenbar völlig egal ist, wie der Bürger als Souverän ihr Handeln und ihren Erfolg beurteilt.

Der Bürger spürt, dass die etablierten Parteien längst von jenen Organisationen, die eine erfolgreiche Zukunft des Staates sichern sollten, zu Selbstbedienungsläden der politischen Karrieren verkommen sind. All das, was sonst gelten soll und von der Politik selbst eingefordert wird, wird in der Politik außer Kraft gesetzt. Das persönliche Versagen – ein unbedeutender Lapsus, der sich mit den Boni anderer, im Zweifel noch besser dotierter Ämter heilen lässt.

Politiker sind schnell bei der Hand wenn es gilt, andere wegen ihrer Raffgier zu kritisieren. Geheucheltes Entsetzen bestimmt die Szene, wenn jene Bankversager, die mit ihrer Boni-Mentalität Millionen Arbeitsplätze gefährden und die Alterssicherung der einfachen Menschen vernichten, weiterhin ihre Millionen-Boni einfordern.

Geheucheltes Entsetzen, wenn VW-Manager, die es zugelassen haben, dass dieses Weltunternehmen an den Rand des Ruins gefahren wurde, auf ihre vertraglich vereinbarten, durch nichts zu rechtfertigenden Millionen-Zusatzgehälter bestehen.

Dabei sind sie selbst keinen Deut besser, wenn sie sich verzweifelt trotz eigenen Versagens an Mandate und Pfründe klammern, weil sie es niemals gelernt oder es verlernt haben, ihren Lebensunterhalt wie normale Arbeitsnehmer zu bestreiten.

Der Bürger merkt es und ist mittlerweile mehr als verstimmt.  Ich muss es deshalb nicht zum vierten Male wiederholen: Sollen sie sich bitte nicht beklagen …

Merkelismus – Neuer Puritanismus

Auch wenn mich unser Bundesjustizminister Heiko Maas an einen früheren Mitschüler erinnert, der dem Mathelehrer immer die Tasche zum Lehrerzimmer trug – in Sachen Verbot von sexistischen Werbung bin ich ganz und gar auf seiner Seite. Das mag manchen erstaunen, der mich als durchweg freiheitlich gesinnten Menschen kennt, aber bei sexistischer Werbung schwillt mir nun einmal der Kamm. Ich erinnere mich gut, wie sehr mich vor allem früher, als ich noch deutsches Fernsehen schaute, die sexistische Werbung aufregte. Da war zum Beispiel dieser Spot, in dem ein glänzend gebauter Kerl in ein von Frauen belebtes Büro einen Kasten Limonade lieferte. Die Sekretärinnen und Sachbearbeiterinnen wurden als lüsterne Sirenen dargestellt, die beim Anblick dieses Typen jegliche Contenance verloren. Jeder mit einem sympathischen Waschbärbauch gesegnete Mann vor dem Fernseher musste doch da innerlich aufschreien! Welcher Colalieferant sieht denn bitte so aus? Der Typ könnte doch ganz andere Jobs machen, zum Beispiel Tennis- oder Skilehrer sein.

Ein glänzend gebauter Kerl liefert Limonade

Oder diese Werbung, in der man einen Mann und eine Frau auf einer Klippe sitzen sah, sie konsumierten das zu beworbene Produkt, das ich vergessen habe, und es fällt eine Sternschnuppe vom Himmel, und die Frau wünscht sich was, und der Mann stürzt daraufhin die Klippe runter. Kann man eine Frau sexistischer darstellen als so? Eine dusselig Esoterikerin, die glaubt , das Wünschen bei einer Sternschnuppe würde tatsächlich funktionieren?

Unschön in Erinnerung aus meiner Zeit als TV-Konsument ist mir auch  die „Wer ist eigentlich Paul?“ Werbung, in der sich  zwei Frauen über den Lebensgefährten der einen despektierlich auslassen und ihm jegliches Recht auf eigene Meinung in ihrer Beziehung absprechen. Solche Denkmuster in einem Werbespot, nicht des 19., sondern 21. Jahrhunderts sind wahrhaft  verwerflich und müssen dringend durch Heikos heißes Bemühen ausgemerzt werden.

Das Perfide an sexistische Werbung ist, dass man sie, wenn man gewohnt lässig durchs Leben geht, gar nicht oft genug bewusst wahrnimmt. So jedenfalls geht es mir. Erst seitdem Heiko Maas das Thema ans Tageslicht geholt hat, erkenne ich, wie allgegenwärtig diese Werbestrategie eingesetzt wird. Da hängt beim Reifenhändler ein Kalender, auf dem eine spärlich gekleidete Frau einen Breit-Pneu lüsterne umarmt. Es soll sogar einen Anglerkalender geben, der Frauen mit oder ohne Badebekleidung zeigt , wie sie Fische auf dem Arm halten! Zwar ist das eher ein Fall für Peta  als für die Bundesjustiz, aber dahinter steckt doch die gleiche sexistische Denke des „Sex sells“ wie in der Werbung.

Ein Möbelhersteller zeigt eine dralle Blondine

Beim morgendlichen Blättern durch die ins Haus flatternden Prospekte gehen mir – nun sensibilisiert – die Augen über. Ein Abgrund von Sexismus tut sich auf, produkt- und anbieterübergreifend. Ein Möbelhersteller zeigt eine dralle Blondine, die mit neckischer, einladender Pose vor einem Schleiflackkleiderschrank steht, so als wolle sie sagen: „Nimm mich gleich dazu, und wenn mein Mann kommt, kannst du dich hier drin sicher verstecken!“ Die Frau als ewig lockendes Weib – kann ein Klischee dümmer sein?

Die selbe Blondine findet man ein paar Seiten weiter, diesmal mit geschwollen Brüsten unter knallengem, roten (sic!) Top und weit gespreizten, oberen Extremitäten. Wird hier für ein Lotterbett oder wenigstens eine Klappcouch geworben? Von wegen, die Dame preist  „Treteimer, verschiedene Größen und Farbausführungen“ an. Lässt sich wie im vorigen Beispiel ja zwischen Kleiderschrank und Werbefigur noch mit etwas Fantasie ein inhaltlicher Zusammenhang erkennen, ist das Bild der Paarungsbereitschaft signalisierenden Schönheit vor den Eimern einfach nur billig konstruiert. Da würde ich den Bügeltisch noch eher verstehen, der auf einem anderen Bild zu sehen ist, aber nein, die blonde Dame steht vor Abfallbehältern!

Ein Spiegeltürenschrank in Sandeiche-Nachbildung

Nachvollziehbar erst wieder die Botschaft auf einer folgenden Seite, wo sie vor einer Bettanlage mit Spiegeltürenschrank in Sandeiche-Nachbildung zu sehen ist, die Hüfte kokett eingenickt, der rechte Finger auf den Betrachter gerichtet. Nachvollziehbar  insofern, als dass die Assoziation Blondine:Bett eher auf der Hand liegt als Blondine:Mülleimer. Aber kann man Betten alleine über sexuelle Reize verkaufen? Warum liegt nicht ein übergewichtiger, alter Mann schlafend unter der Decke? Das wäre in Bezug auf Komfort und Stabilität der Bettanlage doch weitaus aussagekräftiger.

Bewusst Werbung schauen auf der Suche nach Sexismus entwickelt sich zu einem wahren Horrortrip. Rasenmäher? Natürlich sieht man ausschließlich maskuline Colalieferanten die Geräte bedienen. Auch die Elektro-Stab-Heckenschere GTXL 912 ist fest in Männerhand. Und den Akku-Handstaubsauger erklärt der smarte Hausherr wem? Richtig, seinem Sohn. Als wäre die Handhabung eines solchen Gerätes nicht vielleicht auch der Lebensgefährtin vermittelbar!

Eine leicht bekleidete Lolita auf der Funktionsrundecke

Muss erwähnt werden, dass den in einem anderen Prospekt beworbene Gasgrill Sprit E-330 ein Mann bedient, während die Frau ihn bewundernd beobachtet? Dass auf der petrolgrünen Funktionsrundecke eine leicht bekleidete Lolita lüngelt? Dass das weibliche Kindermodel eine pinke Hose trägt und von Pastelltönen umgeben ist? Dass auf Darstellungen der Beratungstätigkeit eines Möbelhauses stets Männer die Berater  und Frauen die Beratenen sind? Dass … nein, ich kann nicht mehr. Wohin man auch schaut, ständig wird man animiert, schmutzig zu denken.

Es reicht nicht mehr die Verbreitung von sexistischen Darstellungen in den so genannten Männermagazinen, die von der Krankenschwester bis zur reiferen Fernsehfilmmimin Frauen erniedrigt darstellen; selbst harmlos scheinende Flyer von Gartencentern, Discountern und Küchenstudios enthalten fragwürdiges, wenn nicht zu verbietendes in unvorstellbarem Ausmaß. Sexismus ist ja nicht nur die Entblößung nackter Brustmuskeln von Cola-Bringern, Sexismus ist auch die pinke Mädchenkleidung und das Paar auf dem Sofa, bei dem er ihr ein Buch zeigt und nicht sie ihm. Als ob Frauen das nicht könnten. Und am sexistischsten ist das blonde Luder vor Mülleimern, wie sie sonst nur in Peepshow-Kabinen stehen.

#Aufschrei! „HEIKO! Rette uns alle! Auf dass alles so unsexy wird, wie deine Partei!“

Politiker snd unfähig, fachlich, intellektuell und psychisch

Thomas Rietzschel / 06.03.2016 / 13:03 / 0

Was hat die CDU, das die AfD nicht hat? Wahlkampf von hinten durch die kalte Küche

 

SPD, CDU, LINKE und GRÜNE, was wären sie ohne die AfD? Als Watschenmann muss sie den Parteien aus der Patsche helfen, bei den anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz sowie in Sachsen-Anhalt und demnächst, 2017, womöglich auch noch in Berlin. Statt das demokratisch Gebotene zu tun, indem sie mit eigenen Konzepten um die Stimmen der Bürger werben, haben sich Rote, Grüne Schwarze und auch Gelbe darauf verständigt, die Angst vor einem politischen Ungeheuer zu schüren. Wenn schon nicht aus Überzeugung so sollen die verunsicherten Wähler doch wenigstens aus Furcht vor der „rechtspopulistischen und ausländerfeindlichen“ Konkurrenz wieder bei denen unterkriechen, für die es unvorstellbar scheint, dass andere ihnen die Pfründe streitig machen könnten.

Wahlkampf von hinten durch die kalte Küche, ein Schmierentheater, eine „erbarmungswürdige Politik“, für die Wolfgang Schäuble ebenso verantwortlich zeichnet wie Sigmar Gabriel, dem er eben dies vorwirft. Nicht zu reden vom Rest der Truppe bis hin zu Angela Merkel. Nein, sagte sie dieser Tage zum wiederholten Male, von der AfD dürften wir uns nichts versprechen, weil sie „keine Lösungen anzubieten“ habe, „die für Deutschlands Zukunft gut wären“.

Nun, das mag ja durchaus so sein.  Gegen die subjektive Einschätzung an sich wäre nichts einzuwenden, wenn die Warnung vor der Konkurrenz  nicht zugleich unterstellte, man selbst habe die richtigen „Lösungen“ anzubieten. Dazu aber verlieren sich die Auskünfte dann allemal im Bereich des Vagen, abgesehen von der Beteuerung, dass es unter keinen Umständen eine Zusammenarbeit mit „den Rechten“, parteilich gesprochen der AfD, geben werde.

Muss ja auch nicht sein. Nur wie um alles in der Welt sollen die Bürger Vertrauen zu Parteien fassen, die es nötig haben, ihre Gegner zu dämonisieren, um die eigene Wählerschaft bei der Stange zu halten?  Was sollen wir uns von Politikern erwarten, die alles daran setzen müssen, ihren Platz an den Fleischtöpfen der repräsentativen Demokratie zu verteidigen? Nimmt sie diese Parteiarbeit, die Selbstinszenierung von Gipfel zu Gipfel, derart in Anspruch, dass für das Übrige, für die Entwicklung zukunftsträchtiger Strategien, keine Zeit mehr bleibt? Oder haben wir es schlichtweg mit Laiendarstellern zu tun, mit professionellen Dilettanten, die darzustellen versuchen, was sie gern wären, ohne von den Geschäften selbst etwas zu verstehen?

In der Tat wirken viele, um nicht gleich von den meisten unserer Politiker zu sprechen, zunehmend überfordert von dem, worauf sie sich eingelassen haben. Der Betrieb geht über ihre Kräfte, fachlich, intellektuell und psychisch obendrein. Aus den Parteien, ursprünglich Vertreter dieser oder jener Weltanschauungen, bestimmter Schichten oder Klasse, sind Unternehmen geworden, die sich auf dem Markt behaupten müssen, heute mit diesem und morgen mit jenem Angebot. Benötigt würden clevere Manager, ausgewählt nach fachlicher Befähigung.

Da sich die Gesellschaft aber schwer tut, diese kommerzielle Ernüchterung der politischen Dienstleistung anzuerkennen, stattdessen lieber den romantischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts nachhängt und weiterhin glauben möchte, den Beruf des Politikers ergreife, wer bereit sei, sich für das große Ganze aufzuopfern, ist das politisch Parkett immer mehr zur Bühne der Rosstäuscher und Hochstapler geworden. Den Aufgaben, die sie übernehmen müssen, sind die wenigstens auf Dauer gewachsen. Sich selbst und den anderen das Gegenteil vorzumachen strapaziert sie bis zur Erschöpfung. Manche zerbrechen daran insgeheim, andere spektakulär.

Der Absturz des Grünen-Politikers Volker Beck ist beileibe kein Einzelfall. Kaum vorstellbar, was herauskäme, würde man überprüfen, wie viele Politiker, sich in gleicher oder ähnlicher Weise aufputschen, beruhigen und stimulieren, um auf dem Posten bleiben zu können. Neu ist das alles nicht.

Die Geschichte wimmelt von exponierten Persönlichkeiten, die nur im Rausch über sich hinauszuwachsen vermochten. In der Kunst führte das bisweilen zu genialen Werken. Ein großer Teile des Expressionismus und mancher Beatles-Song wären anders gar nicht vorstellbar. Allein in der Politik wiegt die Enthemmung schon insofern schwerer, als es stets die Gesellschaften sind, die es ausbaden müssen, was einzelne im Rausch beschließen.

Worauf die politischen Abenteuer unserer Tage, insbesondere die Umsiedlung großer Teile einer arabisch sozialisierten Bevölkerung nach Europa, letztlich zurückzuführen sind, soll hier nicht weiter erwogen werden. Festzuhalten bleibt vorerst nur, dass die parteipolitische Organisation der Demokratie den Herausforderungen politischer Führung nicht länger genügt. Sicher kann es noch ein Weile so hingehen. Auf Dauer jedoch wird sich ein grundlegender Umbau des politischen Betriebs  nicht vermeiden lassen. In seiner jetzigen Form ist er der Gesellschaft aus dem Ruder gelaufen.

Auf der Agenda steht der Rückbau der kommerzialisierten Parteienwirtschaft. Da deren Unternehmen, die Parteien, immer weniger Milieu-gebunden sind und zunehmend von Karrierebeamten geführt werden, sind die Interessen, die sie verfolgen, nur noch bedingt, wenn überhaupt mit denen der Gesellschaft vereinbar. Das beste und zugleich schlimmste Beispiel dafür liefert das Brüssler Europa-Projekt. In dem Maße, in dem es den Parteien ungeahnte Spiel- und Gestaltungsräume eröffnet, entzieht es sich der Kontrolle durch den Bürger. Ein europäisches Großreich ließe sich sowenig demokratisch kontrollieren wie andere Großreiche zuvor. Das ginge schon allein deshalb nicht, weil die sprachlichen Voraussetzung für den Austausch aller mit allen fehlen. Ohne diese Öffentlichkeit aber kann keine Demokratie bestehen.

Wie einst die  Donaumonarchie oder später die Sowjetunion könnte das politisch vereinte Europa allein durch Gewalt oder das blinde Vertrauen der Bürger in eine politische Elite zusammengehalten werden. Die, die das wollen, Martin Schulz, Jean-Claude Juncker und andere, müssen dabei persönlich gar keine diktatorischen Absichten verfolgen. Es liegt vielmehr im Wesen der professionell betriebenen Politik, sich zu ihrer Rechtfertigung immer neue Gestaltungsräume erschließen zu wollen.

Die Bürger selbst setzen bis zu einem gewissen Grad auf diesen Aktivismus. Politiker werden gewählt, um zu handeln, einerseits. Andererseits merken viele Europäer unterschiedlichster nationaler Herkunft unterdessen, wie sie um ihr Mitspracherecht gebracht werden, wenn sie die Politiker von der Leine lassen. Wo dieses Personal der Kontrolle entzogen ist, steigert sich sein Ehrgeiz zum Größenwahn. Um dies zu verhindern, bedarf es politischer Einheiten, die für den Bürger sowohl räumlich als auch kulturell überschaubar bleiben.

Deshalb auch sprach der französische Präsident Charles de Gaulle seinerzeit von dem „Europa der Vaterländer“: von demokratisch beherrschten Nationen, deren Souveränität ein vorteilhaftes Zusammenwirken erlauben sollte. Mit einem zentralistisch gelenkten Kontinent, wie er dem Machtstreben aufgestiegener Beamter entspräche, hat das nichts zu tun.

Derartigem Großmachtstreben seine  Zustimmung zu versagen, wenn es sein muss auch auf der Straße, ist das Recht, wenn nicht gar die Pflicht jedes demokratisch gesinnten Bürgers. Wer ihn deshalb des Nationalismus verdächtigt, macht sich selbst verdächtig, totalitäre Absichten zu verfolgen, bewusst oder unbewusst. Die Demokratie braucht den nationalen Rahmen, um sich entfalten zu können. So ist sie entstanden, und nur so kann sie überleben. Eine politische Klasse, die sich zur Vormundschaft über das Volk berufen fühlt, braucht sie mitnichten.

Ebenso wenig braucht sie Parteien, die den Bürger warnen, anderen seine Stimme zu geben. Dass SPD, CDU, Linke und GRÜNE dies unterdessen sogar gemeinschaftlich tun, indem sie sich zur Volksfront gegen die AfD zusammengeschlossen haben, lässt mehr um die Demokratie fürchten als die bisweilen befremdlichen Auftritte von Petry, Höcke und Storch.  Was wir von den einstmals so stolzen Volksparteien eben geboten bekommen, nimmt sich aus wie der erste Akte eines erbärmliches Endspiels mit Watschenmann.

http://www.achgut.com/artikel/was_hat_die_cdu_das_die_afd_nicht_hat_wahlkampf_von_hinten_durch_die_kalte

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