Kategorie-Archiv: Der Neue Totalitarismus

Das Dritte Reich und die DDR waren Wertegemeinschaften – wir sollen uns tunlichst davon fernhalten

Von Giuseppe Gracia. Politiker reden im Moment gern von „Wertegemeinschaft“ oder „Leitkultur“. Als wolle man uns in bewegten Zeiten mit harmonisierenden Werten und Ansichten beglücken. Was bedeutet der Versuch, politische Programme mit Verweis auf höhere Werte verbindlich ans Gewissen der Bürger zu binden und Alternativen als ethisch minderwertig abzukanzeln?

 

Von Giuseppe Gracia.

Im Klassiker „L’etranger“ von Albert Camus (1942) wird der Fremde, eine Figur von verstörender Ehrlichkeit, hingerichtet: letztlich nicht deshalb, weil er auf jemanden schiesst, sondern weil er an der Beerdigung seiner Mutter nicht weint und sich auch sonst weigert, mehrheitsfähige Gefühle und Ansichten an den Tag zu legen. Er verstösst gegen die moralische Konformität, das wird ihm zum Verhängnis.

Wie sieht es heute aus mit dem Zwang zur moralischen Konformität? Kürzlich sprach die Publizistin Cora Stephan hier von „Denkverboten statt Debatte„. Sie beschreibt das Phänomen einer sich verengenden Meinungsäusserungsfreiheit in Europa, bei Reizthemen wie Islam, Migrationspolitik oder Gender. Tatsächlich scheinen nicht wenige Leute das Gefühl zu haben, irgendwo da draussen gäbe es eine fürsorgliche Aufklärungs-Gendarmerie, die zwar nicht über totalitäre Strukturen verfügt, doch aber über eine massenmediale Schwarmintelligenz.  Was bedeutet das für unser Selbstverständnis als säkulare Gesellschaft? Säkularismus meint ja nicht nur die Trennung von Staat und Religion, von Gesetzgebung und persönlicher Weltanschauung. Sondern die Erkenntnis, dass eine liberale Gesellschaft allen Mitgliedern eine gedanklich-moralische Sphäre der Freiheit garantieren muss. Das geht nicht ohne Trennung von Macht und Moral.

Und dennoch reden Politiker im Moment gern von „Wertegemeinschaft“ oder „Leitkultur“. Als wolle man uns in bewegten Zeiten mit harmonisierenden Werten und Ansichten beglücken. Der Mitte-Links-Block tut dies gewöhnlich mit einem merkwürdig missionarischen Relativismus, der zwar nichts wissen will von einer zivilisatorischen Überlegenheit des Westens, aber trotzdem danach strebt, möglichst viele in diesen Westen hinein zu erziehen. Im bürgerlichen Mitte-Block dominiert ein geglätteter Pragmatismus zwecks Machterhalt, verkauft als angebliche Vernunft der Mehrheit. Während man im rechten Block von der Wiedergeburt einer patriotischen Gesinnungsgemeinschaft träumt – von einer Gemeinschaft, die auch als gedanklicher Grenzzaun gegen fremdländische Identitätsverwirrungen taugt.

Das Dritte Reich war eine Wertegemeinschaft – wir sollten uns davon fernhalten

Was ist davon zu halten? Was bedeutet der Versuch, politische Programme mit Verweis auf höhere Werte verbindlich ans Gewissen der Bürger zu binden und Alternativen als ethisch minderwertig abzukanzeln? Dazu der Philosoph Robert Spaemann 2001: „Es ist gefährlich, vom Staat als ‚Wertegemeinschaft‘ zu sprechen, denn die Tendenz besteht, das säkulare Prinzip zu Gunsten einer Diktatur der politischen Überzeugungen zu untergraben. Das Dritte Reich war eine Wertegemeinschaft. Die Werte – Nation, Rasse, Gesundheit – hatten dem Gesetz gegenüber immer den Vorrang. Das Europa von heute sollte sich von diesem gefährlichen Weg fernhalten.“

Und wie sieht es mit unseren Medien aus? Gewiss ist die Rede von der „Lügenpresse“ übertrieben und führt in den Nebel der Verschwörungstheorien. Trotzdem darf man feststellen, dass einige Medienschaffende, sei es beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen oder in der Presse, . Statt für Meinungsfreiheit kämpfen sie lieber gegen die „Hetze“ politischer Gegner. Statt einen Pluralismus der Anschauungen zuzulassen schüchtern sie lieber mit der Diskriminierungs-Keule ein – Seite an Seite mit Politikern und ausgewählten Sozialingenieuren. Das Ziel ist offenbar nicht mehr die Vermittlung umstrittener Sachverhalte, sondern die Formung eines moralisch erwünschten Volkskörpers.

Nur folgerichtig, wenn es dann zur journalistisch verpackten Propaganda für gesinnungsverwandte Regierungsprogramme kommt, wie eine aktuelle Studie der Hamburg Media School zeigt. Die Auswertung von 34 000 Pressebeiträgen zwischen 2009 und 2015 zum Thema Flüchtlinge ergab: 82 Prozent der Beiträge waren positiv, nur 6 Prozent hinterfragten kritisch die Flüchtlingspolitik der Regierung. Leider gibt es keinen Grund zur Annahme, dass eine solche Regierungsnähe nur in deutschen Medien oder nur beim Thema Migration vorkommt. So wenig wie die Verfolgung des sogennaten „Hate speech“ nur bei Facebook stattfindet.

Die Kirchen dienen sich dem Staat als Moralinspender an

Dazu erklärt die Amerikanische Anwaltskammer sinngemäss: Äussert sich jemand heutzutage über eine Gruppe von Menschen, die sich deswegen beleidigt fühlt, ist das bereits „Hate Speech“. Mit anderen Worten: es werden Gefühle und Anschauungen kriminalisiert und aus der Öffentlichkeit verbannt, mit Regierungsbeteiligung. Ein Beispiel aus Deutschland ist Bundesjustizminister Heiko Maas: dieser arbeitet seit 2015 mit Facebook und anderen Organisationen an „Vorschlägen für den nachhaltigen und effektiven Umgang mit Hasskriminalität“. Das geht in Richtung einer Mind Police, die ihre Einsatzwagen bestimmt nicht nur durch die sozialen Medien fahren lassen wird.

Dass diese Probleme zur Zeit durch einen anti-säkularen Islam verschärft werden, ist bekannt. Aber wie verhalten sich eigentlich die christlichen Kirchen? Im Moment empfehlen sie sich der Gesellschaft weniger durch den Anspruch, den geoffenbarten Willen Gottes kundzutun und die Auferstehung von den Toten zu bezeugen, als durch das Angebot, die Gesellschaft durch Wertevermittlung zu stabilisieren. Also auch hier eine Liebschaft zwischen Macht und Moral? Es sieht leider danach aus, wenn man sich dem Staat als zivilreligiöser Moralinspender anbietet.

Und dann gibt es ja auch bei den Christen das Lager der Fundamentalisten, die den Säkularismus überhaupt ablehnen und die Moderne dämonisieren. Das ist eine tragische Entwicklung. Nicht nur deshalb, weil damit der freiheitliche Staat ohne genuin christliche Verteidigung bleibt. Sondern auch deshalb, weil Jesus selbst die Unterscheidung zwischen Gott und Kaiser gemacht hat, zwischen weltlicher Macht und persönlicher Weltanschauung.

Christen, die das ernst nehmen, könnten für die Verteidigung des Rechtsstaates heute sehr wertvoll sein. Sie müssen den Säkularismus nicht als Gegensatz zum Christentum oder als Feind des Glaubens sehen, sondern als Kind aus der gleichen Familie. Dazu erklärt der Oxford-Professor Larry Siedentop im Buch „Die Erfindung des Individuums„, wie das christliche Denken den Weg zum Liberalismus nicht nur geebnet, sondern überhaupt erst ermöglicht hat und warum der Säkularismus aufgrund seiner religiösen Wurzeln gerade von Christen verteidigt werden sollte.

Ein Stein, den wir im Einsatz für die Freiheit immer wieder hochrollen müssen

So scheint die Trennung zwischen Macht und Moral immer weniger Verbündete zu finden. Sei es aufgrund eines Staates, der sich als Wertegemeinschaft versteht, oder aufgrund der Volkstherapeutik einer humanistisch erleuchteten Elite. Aber vielleicht gehört es gerade zum Wesen der individuellen Freiheit, dass ihre Verteidgung so anspruchsvoll ist. Denn der Einsatz für diese Freiheit schliesst stets die Freiheit dessen mitein, der mir Widerstand leistet, der mich ärgert und abstösst. Das bedeutet laufende Toleranzzumutungen und eine Pflicht zur Selbstdisziplinierung.

Natürlich darf man sich in einer Demokratie wünschen, dass die Mehrheit der Menschen, die zum Gesetzesgehorsam verpflichtet sind, die Wertintuitionen teilen, die den Gesetzen zugrunde liegen. Sonst haben auf die Dauer die Gesetze selber keinen Bestand. Aber diese Intuitionen zu teilen, kann nicht selbst wiederum erzwungen oder zur Bürgerpflicht erhoben werden. Denn das wäre ein Verrat an der Freiheit, die es ja gerade zu verteidigen gilt. Eine Verteidigung, die ohne Generallösungen auskommen muss und nie aufhört.

Das bringt uns zu Albert Camus zurück. Im „Mythos von Sysiphos“ (1942) beschreibt er, wie Sysiphos von den Göttern dazu verdammt wurde, auf dem Rücken eines unbesiegbaren Berges auf Ewig einen Stein hochzurollen, nur um ihn jedes Mal wieder hinabrollen zu sehen. Camus sieht darin ein Sinnbild der Existenz: den ebenso absurden wie grossen Kampf um die Freiheit. Camus schlägt vor, dass wir uns Sysiphos als glücklichen Menschen vorstellen, weil er trotz seiner Lage nicht aufgibt und dadurch grösser wird als sein Schicksal. Eine bis heute treffende Parabel. Zumindest dann, wenn wir uns vorstellen, dass unser aktuelles Ringen um die Trennung von Macht und Moral sich so anfühlt wie dieser Stein, den wir im Einsatz für die Freiheit immer wieder hochrollen müssen, auf den Berg menschlicher Schwächen und Bedrohungen.

Giuseppe Gracia ist freier Autor und Infobeauftrager des Bistums Chur

Siehe auch:

Dieses unser Land gehört wieder einmal selbsternannten Eliten, diesmal den neuen Moralisten.

https://psychosputnik.wordpress.com/2016/07/18/dieses-unser-land-gehoert-wieder-einmal-selbsternannten-eliten-diesmal-den-neuen-moralisten/

und

Psychokratie – eine neue Nomenklatura in Deutschland

https://psychosputnik.wordpress.com/2015/06/13/psychokratie-eine-neue-nomenklatura-in-deutschland/

Gedanken zum Neuen Jahr – Deutschland kaputt

Die Kernaussagen der mit wenig Spannung erwarteten Neujahrsansprache von Angela Merkel wurden vorab veröffentlicht, um uns die Gelegenheit zu geben, die Richtungsvorgaben der Kanzlerin für das Jahr 2016 häppchenweise zu verdauen. Wie zu erwarten, bekamen wir es mit einer Aneinanderreihung von Sätzen zu tun, die die Arbeit der Regierungskoalition und somit die der Kanzlerin in ein strahlendes Licht tauchen und jede Selbstkritik tunlichst vermeiden. Wenig überraschend also.

„Ich habe alles prima gemacht, besser geht es nicht“, ruft uns die Kanzlerin zu. Eine gelungene Migration habe sie auf den Weg gebracht und dem Land somit die Chancen für Morgen geschenkt.

Jetzt muss das Steuerzahlervolk nur noch die Ärmel hochkrempeln und die Integration bezahlen, dann wird 2016 ebenso strahlend wie 2015! Viel Zeit, Kraft und Geld wird…

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Kategorie(n): Politik  Inland

Der Moment der guten Tat ist wichtiger als das Ergebnis der Tat. Deshalb ist das Interesse an den Eigenschaften der Migranten so gering. Der selbstlos helfende Mensch ist mehr mit sich selbst beschäftigt, als er zugeben will. Von Gerd Held. Lesen

Foto: humor.li

Es ist viel umweltfreundlicher, das Wasser aus dem Hahn zu trinken als es in Form von Salat zu essen. Das liegt daran, dass Kopfsalat kaum Kalorien hat, er besteht zu 95 Prozent aus Wasser. Vieles Grünzeug ist nur ein mit viel Aufwand produzierter Wasserspeicher. Von Thilo Spahl. Lesen

Foto: Aleem Yousaf. CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

Das Verwaltungsgericht Bremen hat offiziell festgestellt, dass das Ergebnis der Landtagswahl 2015 massiv manipuliert worden ist. Ehrenamtlich tätige Schüler seien schludrig gewesen. Man könne von Ihnen nicht unbedingt erwarten, dass sie richtig zählen. Von Manfred Haferburg. Lesen

Foto: The Courier-Mail (Brisbane, Qld.)

  31.12.2015   13:42   Leserkommentare (im Wartemodus)

Den folgenden Briefwechsel mit einer Mitarbeiterin im “Stab des Polizeipräsidenten” von Berlin hat uns achse-Leser Jens Z. zugeschickt. Es geht um einen kultursensiblen Einsatz der Berliner Polizei, der weit über Berlin hinaus für Schlagzeilen gesorgt hat. Anders als bei der Weihnachtsansprache der Kanzlerin handelt es sich nicht um eine satirische Überhöhung der Wirklichkeit. Es ist die Wirklichkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich lese grade von einem Einsatz des Berliner SEK im September, bei dem eine Moschee durchsucht wurde – in Socken.

Ich weigere mich zu glauben, dass diese Pressemeldung korrekt ist. Das kann doch eigentlich nur Satire sein! Auch viele Verdächtige ausserhalb von Moscheen halten einen sauberen Teppich für praktischer als einen dreckigen. Darf ich also annehmen, dass im Zuge der Gleichbehandlung die…

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Kategorie(n): Politik  Inland

  31.12.2015   13:00   Leserkommentare (im Wartemodus)

Wenn die Leser der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die ich in der Mitte Deutschlands verorten würde, durch ihr Leseverhalten abstimmen, dann kommt ein wahrscheinlich ziemlich repräsentativer Stimmungsbarometer dabei heraus: Die meistgelesenen FAZ-Kommentare 2015

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Kategorie(n): Politik  Inland

  31.12.2015   12:00   Leserkommentare (im Wartemodus)

Von Oliver Zimski

Angela Merkels Neujahres-Rede 2016 ist im Wesentlichen ja schon bekannt. Deshalb würde ich mir vom Bundespräsidenten folgende ergänzende, aber wohl dauerhaft ungehalten bleibende Rede zum neuen Jahr wünschen. Man wird ja noch träumen dürfen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

noch einmal guten Abend aus dem Schloss Bellevue. Viele von Ihnen werden sich wundern, dass ich mich wenige Tage nach meiner Weihnachtsansprache erneut an Sie wende. Doch habe ich in den vergangenen Tagen so viele Reaktionen aus der Bevölkerung erhalten, dass ich mich zu diesem ungewöhnlichen Schritt entschlossen habe.

Zu Weihnachten hatte ich Sie zum offenen Meinungsstreit über die Lösung der Flüchtlingskrise aufgerufen, und viele von Ihnen schrieben mir daraufhin, dass Sie sich nicht mehr trauten, ihre Meinung zu sagen, da…

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Kategorie(n):

Falls Sie noch keine Patenschaft für die Achse des Guten abgeschlossen haben, dann ist jetzt der richtige Moment. Sichern auch Sie die Zukunft der Achse! Werden Sie Pate für 2015!

In zehn Jahren haben unsere Autoren 40.000 Beiträge veröffentlicht. Laut Berliner Zeitung ist die Achse des Guten der „einflussreichste deutsche Autorenblog”.

Die Achse muss finanziell abgesichert werden, damit sie weiterhin unbequem bleiben kann. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Wir bedanken uns recht herzlich!
Pate werden…

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  31.12.2015   10:36   Leserkommentare (im Wartemodus)

Auch Israel hat ein Flüchtlingsproblem, geht damit anders als Deutschland um. Tal Harris über Liebe in Zeiten der Bürokratie. Hier

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Kategorie(n): Politik  Ausland

  31.12.2015   10:08   Leserkommentare (im Wartemodus)

Vier Sekunden. So lang hat meine Internet-Suche nach „Mein Kampf“ gedauert, bevor ich das komplette Werk vor mir hatte. Und dabei bin ich eher langsam beim Tippen. Gut möglich, dass andere es sogar in drei Sekunden schaffen. Ab dem 01.01.2016 darf jeder dieses Buch verlegen, weil das Urheberrecht dann abgelaufen ist. Ein Grund für die Politik, sehr besorgt zu sein. Auch Wissenschaftler fürchten das Schlimmste, die Medien ebenso. Deswegen wird seit Monaten und eigentlich schon Jahren auf diesen Tag X hingearbeitet. Es sind kommentierte Ausgaben von „Mein Kampf“ geschrieben worden, die der hitlerischen Menschenverachtung im Allgemeinen und ihrem Judenhass im Speziellen den Stachel ziehen soll. Jeder Hassausbruch wird mit Fußnoten bekämpft, die diese widerlegen sollen. Antifaschistische Fußnoten, die dafür zu sorgen haben,…

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Kategorie(n): Inland

  31.12.2015   06:30   Leserkommentare (im Wartemodus)

Von Jochen Hellmann

An allen europäischen Ecken drückt der Schuh. Die Europäische Union wird in allen ihren vier Himmelsrichtungen als verkehrt empfunden. Im Norden und Nordwesten wollten Briten und Skan-dinavier den Euro schon gleich nicht übernehmen; mittlerweile zweifeln auch die Finnen, während das Vereinigte Königreich zögernd überlegt, ganz auszutreten.

Im Westen, Frankreich, heben die überall zunehmenden Kräfte des Populismus besonders selbst-bewusst ihr Haupt: Colbertistische Tradition staatlicher Industriepolitik ist mehr als anderswo über-fordert mit der Adaption an übernationale Herausforderungen; zudem nimmt republikanisch-jakobinischer Etatismus die Herausbildung kommunitaristisch-tribaler Gegengesellschaften speziell krumm. Islamischer Terror lässt den Ruf nach Grenzkontrollen lauter werden; so vermischt sich…

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Kategorie(n): Politik  Inland  Ausland  Wirtschaft

  30.12.2015   23:33   Leserkommentare (im Wartemodus)

Nach langer Zeit habe ich mir heute wieder das heute-journal angetan. Es ist die Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen, die der “aktuellen kamera” am nächsten kommt. Und wenn Claus Kleber moderiert, dann kann man im Hintergrund Karl-Eduard von Schnitzler kichern hören. Heute freilich hat sich Kleber selbst übertroffen. In der Anmoderation zum Jahresrückblick des “journals” sagte er: “Europa ist zusammen geblieben, die deutsche Wirtschaft brummt, in der Flüchtlingskrise merkt Deutschland verblüfft, wozu es fähig ist. Hilfsbereitschaft, Empathie, Willkommen stellen in den Schatten, was Fremdenfeinde, Nationalisten und Zweifler auf die Straße bringt.” Sie glauben es nicht? Dann schauen Sie hier, ab Minute 14.

Der Komparativ von Fremdenfeind lautet Nationalist. Und von da ist es nur ein Schritt zum Superlativ: Zweifler….

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Kategorie(n): Inland

  30.12.2015   23:23   Leserkommentare (im Wartemodus)

Es gibt einen weiteren Grund, weshalb die Ägypter darauf bestehen, den Rafah-Terminal geschlossen zu halten und Tausende von Palästinensern auf beiden Seiten der Grenze festzusetzen: der anhaltende Machtkampf zwischen Hamas und Fatah. Bevor sie die Schuld für die missliche Lage der Bewohner des Gaza-Streifens den Ägyptern zuweisen, sollten die Palästinenser zur Abwechslung in Erwägung ziehen, ihre Führer für ihr anhaltendes Leiden zur Verantwortung zu ziehen. In den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass der Hamas-Fatah-Streit der Hauptgrund für die anhaltende Schliessung des Rafah-Grenzübergangs ist. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah el-Sisi traut der Hamas nicht; das ist der Grund, warum er nicht bereit ist, das Terminal wieder dauerhaft zu öffnen. Mehr

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Kategorie(n): Politik  Ausland

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achgut.com

Vorschlag für eine Neujahrs-Ruck-Rede des Bundespräsidenten

Von Oliver Zimski

 

Angela Merkels Neujahres-Rede 2016 ist im Wesentlichen ja schon bekannt. Deshalb würde ich mir vom Bundespräsidenten folgende ergänzende, aber wohl dauerhaft ungehalten bleibende Rede zum neuen Jahr wünschen. Man wird ja noch träumen dürfen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

noch einmal guten Abend aus dem Schloss Bellevue. Viele von Ihnen werden sich wundern, dass ich mich wenige Tage nach meiner Weihnachtsansprache erneut an Sie wende. Doch habe ich in den vergangenen Tagen so viele Reaktionen aus der Bevölkerung erhalten, dass ich mich zu diesem ungewöhnlichen Schritt entschlossen habe.

Zu Weihnachten hatte ich Sie zum offenen Meinungsstreit über die Lösung der Flüchtlingskrise aufgerufen, und viele von Ihnen schrieben mir daraufhin, dass Sie sich nicht mehr trauten, ihre Meinung zu sagen, da sie bei der leisesten Kritik sofort als „Nazis“ oder „braunes Pack“ denunziert würden und dass auch ich als Bundespräsident daran Mitschuld trüge. Das hat mich sehr betroffen gemacht.

Der Meinungsstreit ist selbstverständlicher Teil der Demokratie.

Selbstkritisch muss ich einräumen, dass ich vor einigen Wochen mit meiner Gegenüberstellung von angeblich weltoffenen „Helldeutschen“ und fremdenfeindlichen „Dunkeldeutschen“ dazu beigetragen habe, das politische Klima zu vergiften und die Diskussion abzuwürgen. Auch wenn diese aus heutiger Sicht unangemessenen und polemischen Formulierungen nicht von mir selbst, sondern von meiner Ghostwriterin stammen, möchte ich mich in aller Form für sie entschuldigen.

Der Meinungsstreit ist keine Störung des Zusammenlebens, sondern selbstverständlicher Teil der Demokratie. Nur mit offenen Debatten können wir Lösungen finden, die langfristig bestand haben und von Mehrheiten getragen werden.

An diese von mir zu Weihnachten verkündeten schlichten Wahrheiten müssen sich auch Teile der Bundesregierung erinnern lassen. Gebetsmühlenartig wiederholte, nichtssagende Floskeln á la „Wir schaffen das“, mit denen eine Diskussion im Keim erstickt werden sollen, oder Ablenkungsmanöver wie der vom Justizminister ausgerufene „Kampf gegen rechts“, der darauf abzielt, Kritiker der Regierungspolitik in die Nähe von Neonazis zu rücken, sind dabei leider überhaupt nicht hilfreich.

Die „Nazikeule“ muss ausrangiert werden.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang deutlich sagen, dass ich solche unangemessenen NS-Vergleiche strikt ablehne. Wer Andersdenkende, etwa beim Thema Eurokrise oder Massenzuwanderung, reflexhaft als „Nazis“ oder „Rassisten“ diffamiert, verharmlost die Verbrechen der Nationalsozialisten und beschmutzt das Andenken an ihre Opfer.

Politik und Zivilgesellschaft sind aufgerufen, klar gegen diejenigen Position zu beziehen, die aus durchsichtigen Motiven immer wieder versuchen, die dunkelsten Jahre unserer Vergangenheit für heutige Debatten zu instrumentalisieren.

In den siebzig Jahren seit dem Untergang des Dritten Reiches ist Deutschland zu einem weltoffenen und toleranten Einwanderungsland geworden. Mittlerweile hat ein knappes Fünftel unserer Bevölkerung einen Migrationshintergrund, mit steigender Tendenz. Die Deutschen verspüren in ihrer überwältigenden Mehrheit keinerlei Sympathien für nationalsozialistisches oder rassistisches Gedankengut.

Lassen Sie uns daher gemeinsam alle Versuche entschieden zurückweisen, sich in der politischen Auseinandersetzung Vorteile durch die Anwendung der „Nazikeule“ zu verschaffen, um andere Diskussionsteilnehmer einzuschüchtern oder zu diffamieren. Die Probleme, vor denen unser Land steht, sind zu drängend, als dass wir es uns leisten könnten, unsere Kräfte länger in Scheingefechten zu vergeuden.

Wir befinden uns in einer Staatskrise.

In meinem Amt als Bundespräsident käme ich mir überflüssig und nutzlos vor, wenn ich mein Vorrecht auf freie Rede nicht nutzen würde. Daher will ich an dieser Stelle offen ansprechen, was unzählige Menschen in Deutschland, mich selbst eingeschlossen, mit tiefer Sorge erfüllt.

Das zurückliegende Jahr hat unser Land in eine schwere Staatskrise gestürzt. Durch Fehleinschätzungen und -entscheidungen der politischen Führung ist im letzten Sommer aus einer regional begrenzten Flüchtlingsbewegung – ausgelöst durch den syrischen Bürgerkrieg – eine weltweite Massenzuwanderung von Wirtschaftsmigranten nach Deutschland geworden, deren Ende nicht abzusehen ist.

Hunderttausende von Einwanderern überquerten und überqueren immer noch unkontrolliert und unregistriert die deutschen Grenzen, was einen schweren Verstoß sowohl gegen die Drittstaatenregelung von Art. 16a Grundgesetz als auch gegen die europäischen Abkommen nach Schengen und Dublin darstellt.

Traf die erste Flüchtlingswelle noch auf eine enorme Hilfsbereitschaft in der deutschen Bevölkerung, erodiert nun angesichts des nicht enden wollenden ungeregelten Zustroms von Migranten das Vertrauen vieler Bürger in den Rechtsstaat. Sorgen und Ängste machen sich breit, nicht nur vor einsickernden islamistischen Terroristen, sondern auch vor einer völligen Überforderung unserer Gesellschaft und dem Zusammenbruch unserer Sozialsysteme.

Diese Sorgen und Ängste sind nur allzu berechtigt, denn sie verweisen auf reale Gefahren für das Gemeinwesen. Ein Staat, der die eigenen Gesetze nicht einhält und die Kontrolle über seine Grenzen verliert, verliert auch seine Legitimation gegenüber den Bürgern, die sich fragen, wieso sie sich eigentlich noch an Recht und Gesetz halten sollen, wenn höchste Vertreter des Staates überhaupt nicht mehr daran denken, dies zu tun.

Die Staatskrise, in der wir uns befinden, betrifft auch unsere Außenpolitik. Durch die von ihm geweckten falschen Hoffnungen hat Deutschland einen Migrationssog bis weit nach Afrika und Asien ausgelöst, der Menschen in ganz Europa ängstigt und unser Land gegenüber seinen sämtlichen europäischen Nachbarn isoliert. Kein einziges der anderen 27 EU-Länder unterstützt den Kurs unserer Regierung.

Dabei wollten wir Deutsche doch nie wieder einen Sonderweg beschreiten. Und wir können auch nicht ernsthaft glauben, dass allein wir richtig liegen und alle anderen falsch.

Integration ist nur möglich, wenn wir ein positives Verhältnis zu uns selbst finden.

Viele Menschen sind über die Massenzuwanderung vor allem von Muslimen auch deswegen beunruhigt, weil sie sagen: Uns laufen ja schon die Probleme mit den bereits bestehenden islamisch geprägten Parallelgesellschaften aus dem Ruder, wie sollen wir dann weitere Millionen von Muslimen integrieren?

Klassische Einwanderungsländer wie die USA, Kanada oder Australien gestalten die Zuwanderung nach strengen Regeln und richten klare Anforderungen an potentielle Einwanderer, nicht nur hinsichtlich ihres Bildungsstandes und der Fähigkeit, für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Sie verlangen auch Loyalität gegenüber der neuen Heimat, nur deshalb sind sie erfolgreich.

Doch wie können wir von Einwanderern fordern, „unsere Werte“ zu respektieren, wenn wir selbst nicht in der Lage sind, uns über diese zu verständigen? Seit Jahren reden wir von den „Werten unseres Grundgesetzes“ – warum werden die unsere Gesellschaft auseinander treibenden Fliehkräfte trotzdem immer stärker? Fehlt es uns etwa an Mut, die Achtung vor diesen Werten konkret einzufordern? Oder wissen wir gar nicht mehr, was wir zu verlieren haben? Gibt es vielleicht verschüttete Prägungen durch unsere christliche Tradition, die wir uns dringend wieder ins Bewusstsein rufen sollten, weil wir auf sie keineswegs verzichten können?

Über derlei Fragen brauchen wir endlich eine breite Diskussion, deren Ergebnisse ich nicht vorwegnehmen kann. Eines steht für mich allerdings fest: Wir werden die Herkules-Aufgabe der Integration von Millionen Zuwanderern vor allem aus muslimischen Ländern nicht bewältigen können, wenn wir ihnen nichts anzubieten haben außer Geld und Sozialleistungen. Vielmehr brauchen wir dafür eine positive Identifikation mit unserem Land und den Werten, die es prägen.

Es muss ein Ruck durch unser Land gehen.

Als Mann der Kirche fordere ich auch die Leitungen der beiden christlichen Volkskirchen in Deutschland auf, ihrer Verantwortung sowohl für die zu uns strömenden Migranten, als auch für die hier lebenden Menschen gerecht zu werden. Eine Haltung des „Grenzen auf für alle!“ ist keineswegs christlich, da sie unsere Gesellschaft überfordert und bei der großen Mehrheit der Migranten vorhersehbare Enttäuschungen auslösen wird, mit allen negativen politischen, sozialen und finanziellen Folgen für die Allgemeinheit.

Ich appelliere an die Führer der Kirchen in Deutschland: Hören Sie auf, „die Fremden“ an sich zu vergöttern! Fremd zu sein, ist kein Qualitätsmerkmal. Und lassen Sie sich in der aktuellen Flüchtlingskrise nicht von eigennützigen Begehrlichkeiten auf staatliche Subventionen für Ihre Einrichtungen leiten, sondern handeln Sie endlich verantwortlich im Sinne des Gemeinwohls.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Aufgaben, die vor uns stehen, sind gewaltig. Damit wir sie überhaupt anpacken können, muss ein Ruck durch unser Land gehen, der eine offene und breite Debatte ermöglicht, ohne ideologische Scheuklappen und Denkverbote. Das war es, was ich Ihnen schon in meiner Weihnachtsansprache eigentlich sagen wollte. Im Neuen Jahr können Sie auf den Bundespräsidenten als unermüdlichen Teilnehmer dieser Debatte zählen.

Herzlichst,
Ihr Joachim Gauck


Autor Oliver Zimski ist Übersetzer, Sozialarbeiter und Autor. 2015 erschien sein Kriminalroman „Wiosna – tödlicher Frühling“.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/vorschlag_fuer_eine_neujahrs_ruck_rede_des_bundespraesidenten

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Von Jochen Hellmann

 

An allen europäischen Ecken drückt der Schuh. Die Europäische Union wird in allen ihren vier Himmelsrichtungen als verkehrt empfunden. Im Norden und Nordwesten wollten Briten und Skan-dinavier den Euro schon gleich nicht übernehmen; mittlerweile zweifeln auch die Finnen, während das Vereinigte Königreich zögernd überlegt, ganz auszutreten.

Im Westen, Frankreich, heben die überall zunehmenden Kräfte des Populismus besonders selbst-bewusst ihr Haupt: Colbertistische Tradition staatlicher Industriepolitik ist mehr als anderswo über-fordert mit der Adaption an übernationale Herausforderungen; zudem nimmt republikanisch-jakobinischer Etatismus die Herausbildung kommunitaristisch-tribaler Gegengesellschaften speziell krumm. Islamischer Terror lässt den Ruf nach Grenzkontrollen lauter werden; so vermischt sich im Populismus nachvollziehbares Unbehagen mit gestriger Nostalgie und dem Wunsch an die Vorse-hung, sie möge Retter schicken, oder auch Retterinnen.

Im Osten zeigt man sich eigensinnig undomestiziert. Eigensinn ist dort ausgeprägter Sinn für das Eigene, das unter sowjetischer Fremdherrschaft nie aus sich herauskommen durfte und nun, diese Ketten abgestreift, nicht auf neue Direktiven von außen hören mag. Dort war zum Abschütteln der alten Zwingherren die EU gut genug, aber man befand sich im Stadium des Noch-Nicht-Nationalstaates, während die modernen Eliten vom Nicht-Mehr-Nationalstaat fabulierten und man dergestalt aneinander vorbeiredete.

Im Süden vollends wird klar, wie sehr die Währungsunion eine Fehlkonstruktion ist. Eine gemein-same Währung benötigt ein gemeinsames Dach an Regeln und eine einheitliche Fiskalregierung; im Grunde bedarf es eines Staates oder mindestens einer Konföderation von Bundesstaaten, die zur Abtretung ihrer Souveränität in Wirtschaft und Finanzen bereit sind. Davon wird auch geträumt, aber es wird nichts daraus; nicht zu unseren Lebzeiten. Die Menschen wollen keine Minister, die Litauisch oder Portugiesisch oder Ungarisch reden und ansonsten nur bad international english. Nicht einmal Letzteres verstehen die meisten Europäer. Es wird absehbar keine Vereinigten Staa-ten von Europa geben, denn es gibt keinen europäischen Diskursraum, keine europäische Spra-che, kein gemeinsames „mindset“, keinen Satz gemeinsam als verbindlich erachteter Regeln: kein europäisches Volk.

Ob mir das gefällt oder nicht, ist egal. Ich konstatiere nur.

Die „Austerität“ ist offenbar zum Schuldenabbau immer noch zu zaghaft, zur Schaffung wirtschaft-licher Dynamik zugleich aber zu brutal. Für die Einen ist der Euro zu hart, für die Anderen zu weich. Ein Prokrustesbett, für niemand angemessen. So wird auseinanderfallen, was auseinander gehört. Aber wann? 2016 etwa? Das ist möglich, aber ich bezweifle fast, dass es so schnell geht. Schauen wir zurück und betrachten andere Elitenprojekte in Aufstieg und Niedergang. 1920 war der Leninsche Sozialismus, auch wenn ihm die totalitäre Unmenschlichkeit schon eingepflanzt war, für viele Vordenker als Idee so frisch wir ein Aprilmorgen. Fünfzig Jahre später, 1970, war der Re-alsozialimus sowjetischer Bauart tot wie ein Brötchen von vorletzter Woche und hohl und staubig wie eine vor Jahren unter das Bett gerollte Nuss: Die Arbeiter hatten spätestens in den Sechzigern weltweit gelernt, dass ein sozialdemokratisch gebändigter Kapitalismus ihnen mehr Wohlstand zu gewähren vermochte als die Diktatur des Proletariats; die Intellektuellen waren spätestens nach dem Prager Frühling in ihrer Mehrheit vom Glauben abgefallen, die Jugend schließlich schaute nur nach Westen und hörte lieber Rockmusik als die Schalmeienkapelle des Komsomol. So hatte Lenin den Kampf um die „Soft Power“ verloren. Es war aus. Tot und vorbei.

Aber wurde die UdSSR nun reumütig aufgelöst, die Satelliten in die Unabhängigkeit entlassen? Schon, aber erst geschlagene zwanzig Jahre nach dem Ende der Idee. Eine ganze Generation später erst brach das Imperium zusammen; so wie ein hohler und abgestorbener Baum, den keine Säfte mehr nähren, noch Jahrzehnte steht, bevor ein beliebiger Wind ihn dann „ganz plötzlich“ zusammenkrachen lässt. Das Beispiel führe ich an um zu zeigen, dass eine meinungsführende Notabelnklasse sich an eine Missidee klammern kann, die längst keine innere Notwendigkeit mehr besitzt, und mit zähem Willen den Fortbestand der morschen Struktur über viele Jahre herbei-zwingt.

Wann war das 1970 der „ever closer European Union“? Ich denke, es war der Beginn der Finanz- und Eurokrise, also 2008. Wenn das zähe Endspiel, wie bei der Sowjetunion, dann auch zwanzig Jahre währt, bricht die EU erst 2028 auseinander. Möge es der Politik gelingen, Chaos und Hass zu vermeiden. Möge die deutsch-französische Freundschaft das Auseinanderbrechen überleben. Und, letzter Wunsch, möge es gelingen, die europäischen Völker zu überzeugen, hernach wieder in gegenseitiger Achtung und Bewunderung gutnachbarschaftlich zusammenzuleben. Ich darf mich wohl, wenn man dies alles richtig versteht, einen überzeugten Europäer nennen.

Dr. Jochen Hellmann ist an einer Hochschule im Saarland tätig und bezeichnet sich als “frankophilen Liberalen ohne Parteibuch”.

Für deutsche Staatsmedien ist am islamistischen Terror nicht der Islam, sondern die Arbeitslosgkeit schuld.

  20.11.2015

Kaum haben BILD und FAZ eine Geschichte aufgegriffen, die gestern auf der achse stand, hat das ZDF den Beitrag über die Ursachen des Terrors in Paris aus der Mediathek entfernt. Was da ausgerechnet im Kinderprogramm geboten wurde, ist vorher keinem der vielen ZDF-Kommissare aufgefallen. Wir wollen ihnen zugute halten, dass sie lieber RTL2 schauen als das eigene Programm. Allerdings, der nicht minder bescheuerte Beitrag über “die Gruppe” Boko Haram, deren Treiben mit dem Islam “nichts zu tun” hat, ist noch immer online. Und das ist auch gut so. Auf dem Lerchenberg hat man nämlich mit Journalismus “nichts zu tun” und pflegt lieber die hauseigene verlogene “Fehlerkultur”.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/das_zdf_zwei_vor_eins_zurueck

Die Menschen sind oft arbeitslos und wissen nicht was sie tun sollen und das macht sie wütend. Und wenn sie wütend werden, dann morden sie, ist doch logo.

Damals war Frankreich mehr als das Land, das wir auf der Karte sehen. Es war eine Art Weltreich. Dazu gehörte auch der größte Teil Nord- und Westafrikas. Die meisten Menschen dort haben die Religion Islam. Frankreich hatte diese Länder einfach mit seiner starken Armee besetzt und zu seinem Besitz erklärt. Das nennt man Kolonie. Die Franzosen nahmen sich in den Kolonnen, was sie brauchen konnten, und die Bevölkerung wurde immer ärmer. Später kämpften die Kolonien nach und nach für ihre Unabhängigkeit und versuchten, die französischen Herrscher wieder loszuwerden.

Die versuchten, das zu verhindern. Es kam zu langen Kriegen, bei denen sehr viele Menschen starben. Heute hat Frankreich keine Kolonien mehr. Aber viele Menschen aus den ehemaligen Kolonien sind nach Frankreich gezogen in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Die meisten von ihnen leben dort heute in Armenvierteln an den Rändern der Großstädte. Sie sind oft arbeitslos und wissen nicht was sie tun sollen und das macht sie wütend.

Als einzige Hoffnung bleibt ihnen nur ihre Religion, meist der Islam. Dazu kommt die Erinnerung an das, was die Franzosen früher in den Kolonien, also ihren Heimatländern, Schreckliches gemacht haben. Bei manchen geht die Wut so weit, dass sie im Namen ihrer Religion gewalttätig werden. In keinem anderen Land schließen sich so viele der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ an wie in Frankreich. Diese Gruppe bekämpft alle, die anders denken als sie, oft mit brutaler Gewalt, und eben auch in Frankreich. Hier

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/das_zdf_klaert_die_juengsten_auf

Angela Merkel – Deutschlands Gorbatschow

Von Manfred Haferburg

Kohl ging als Kanzler der Einheit in die Geschichte ein. Angela Merkel wird auch in die Geschichte eingehen – als Wende-Kanzlerin.

 

Als Umwelt-Kanzlerin leitet sie die Energiewende ein, die den Stromkunden und Steuerzahler ein Billion Euro kostet. Als mächtigste Frau der Welt rettet sie die Griechen und wird sie weiter retten. Als Flüchtlingskanzlerin der Herzen kann sie schon vom Friedensnobelpreis träumen.

Sie belastet die deutschen Bürger mit einer Aufgabe, „die uns noch Generationen beschäftigen wird“ (BP Gauck heute). „Ist mir doch egal, nun sind sie halt da“, soll sie gesagt haben, als ihr zu Ohren kam, dass das Wahlvolk über den Flüchtlingstsunami murrt. Und dann äußert sie einen Satz, der anschaulich macht, wie die Kanzlerin aller Deutschen im Jahr 2015 tickt: “Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land”.

Dabei hatte niemand eine Entschuldigung von ihr verlangt. Und wer ist eigentlich „wir“? Normalerweise dürfen nur drei Typen von Menschen grammatikalisch richtig das „wir“ verwenden, wenn sie über sich selbst reden. Wäre sie schwanger, dann wäre es stimmig. Wäre sie schizophren, dann auch.
Aber nein, Merkel fühlt sich wie eine echte Majestät! Sie benutzt die „königliche Mehrzahl“ als Ausdruck ihrer unbegrenzten Macht. Sie setzt sich über die Gesetze hinweg und droht dem unbotmäßigen Wahlvolk mit Liebesentzug: „…dann ist das nicht mehr mein Land“. Welche Anmaßung, bei einigen kam sogar Hoffnung auf.

Angela Merkel hatte dank einer hofberichterstattenden Presse und der großflächigen Verteilung von Grenzschliessungs-Placebos ans Volk gute Umfragewerte. „Wir“ hat die Welt eingeladen und sie kam. Doch die Willbleibens-Fakten lassen dicke Wolken über Helldeutschland aufziehen. Die Willkommenheißer sind mitsamt ihrer Luftballons und Teddybären in volle Deckung gegangen. Ein Vasall nach dem anderen glaubt nicht mehr, dass Merkel auch übermorgen noch seine Karriere befördern kann und mault medial. Die Umfragen kippen, selbst wenn sie noch so geschönt sind.

Und heute nun die Sensation. Nicht im Leitartikel, nein im Kleingedruckten. Angela Merkel reagiert zuverlässig schachtelsätzig mit einer politischen 180-Grad-Kehrtwende: “Wir müssen deutlich machen, dass die, die einen Schutzgrund haben, bei uns Schutz bekommen sollen; dass aber auch die, die diesen Schutzgrund nicht haben, die aus rein wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen, dass die unser Land auch wieder verlassen müssen. Da müssen wir auch noch konsequenter sein und das deutlich machen.” Pegida, Pack und Dunkeldeutschland, ick höre dir trappsen.

Sie sagt tatsächlich: „…noch konsequenter…“. Sollen etwa künftig fünf Prozent statt zwei Prozent der Nichtanerkannten ausgeschafft werden? Und wie stellt sich die mächtigste Frau der Welt das „deutlich machen“ vor, nachdem sie hunderttausende zornige junge Männer unkontrolliert ins Land gelassen hat? Wird die Bundeswehr bewaffnet? Oder wird Herr Gauck ins arabisch übersetzte Bibeln unter dem Motto „LIES“ in den Fußgängerzonen verteilen oder noch schlimmer, Reden in Flüchtlingscamps halten?

Seit der Energiewende ist Deutschland eine merkelsche Bananenrepublik, in der Eigentum nichts mehr zählt und Steuergeld freie Verfügungsmasse einer selbstherrlichen Politik ist. Die Groko ist dabei, aus Deutschland einen versagenden Staat zu machen, der innenpolitisch handlungsfähig ist, der schlimmstenfalls Bürgerkriege importiert, wenn er auch nur eine der markigen Wendeaussagen von heute durchsetzen würde.

Die Bürger wurden nicht gefragt. Auch das Parlament nicht. Die Aufgabe wird tatsächlich die Deutschen über Generationen beschäftigen. Die eingeleiteten Änderungen sind irreversibel. Wer die Zukunft deutscher Städte sehen will, braucht sich nur ein RER-Ticket für 2,35€ zu kaufen und von Paris Etoile Charles De Gaulle nach St. Denis zu fahren.

Manfred Haferburg ist in der DDR aufgewachsen und lebt heute in Paris. Er ist Autor des Romans “Wohn-Haft”. Siehe auch hier.

Entmachtet sie! [Art.20(4) GG]

sinnsucht.wordpress.com

Grundgesetz
II. Der Bund und die Länder (Art. 2037)

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

[Art.20(4) GG] Redundanz
05.10.2015

Anläßlich des Artikels „Entmachtet sie!”, den ich am 26.09.2015 hier veröffentlicht hatte, habe ich Zweifel daran geäußert, ob Artikel 20 des Grundgesetzes tatsächlich eine Grundlage dafür darstellt, die Regierungskaste wegen ihres irrationalen Tuns in die Schranken zu weisen. Speziell der Absatz 4 scheint ja die Tür zu sein, vor der man dem Türhüter lediglich die richtige Frage zu stellen habe (siehe F. Kafka, Der Process).

Grundgesetz (II. Der Bund und die Länder) – Artikel 20 (Quelle: dejure.org)

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Und schon die durch LawGunsAndFreedom beigesteuerte erste Kommentierung zu obigem Blogeintrag hatte in klaren Worten die Vermutung bestätigt: „Der Art. 20 (4) GG ist ein Papiertiger […] Im Übrigen bin ich der Meinung, daß unsere politische Kaste sich Recht und Gesetz schon lange so hindreht, wie sie es grade braucht”. Ich möchte das sogar noch zuspitzen: Artikel 20 (4) GG ist an Perfidität kaum zu überbieten.
Welche Ordnung ist mit dem Passus: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen…” wohl gemeint? Das Grundgesetz selbst bzw. die durch jenes festgelegte Ordnung kann es nicht sein, sonst würde statt des nebulösen Ausdrucks „diese Ordnung” tatsächlich expressis verbis der Begriff „Grundgesetz” dort auftauchen müssen. Der Kontext, speziell Art. 20 (3), läßt die Interpretation zu, daß die durch die Gesetzgebung deklarierte Ordnung gemeint sein könnte; allerdings hat die Bundesrepublik keine Verfassung, zudem wird das Adverb „verfassungsmäßig” praktisch beliebig interpretiert (vgl. hier). Und schon ist man bei der oben zitierten Kommentierung zu einer recht „wendigen” Rechtspraxis…
Aber wie ist das mit dem Widerstand? Man hat das Recht dazu. Wenn gegen die durch Recht & Gesetz festgelegte Ordnung verstoßen wird (siehe oben: der Nachweis wird schwierig) und – jetzt kommt die Konditionalbedingung – wenn „andere Abhilfe nicht möglich ist”. Es wäre also, wenn Art. 20 (4) GG auf die Regierungskaste angewendet werden soll, zunächst nachzuweisen, daß andere Mittel als der Widerstand, z. B. die Entmachtung der Regierungsclique, nicht möglich ist, um daraufhin erst das Recht zum Widerstand zu haben. Wohlgemerkt, zum Widerstand, nicht zur Beseitigung der reklamierten Mißstände.
Letztlich ist Art. 20 (4) GG ein wichtiger Paragraph, z. B. für Germanistikstudenten, denn was ihm an linguistischem Schliff fehlt, kompensiert er durch grammatikalische Fallstricke, aber im Sinne demokratisches Rechts ist er einfach – nur da.

https://sinnsucht.wordpress.com/2015/10/05/grundgesetz_20-4/

Terror des Guten

Boris Blaha

Die Massenbewegung des Guten

 

„Wo immer die Lebensnotwendigkeiten sich in ihrer elementar zwingenden Gewalt zur Geltung bringen, ist es um die Freiheit einer von Menschen erstellten Welt geschehen.“ • Hannah ArendtSiebzig Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Bewegung erleben wir in Deutschland wieder eine Massenbewegung, die quer durch alle Schichten das ganze Land erfasst und als Bewegung des Guten spiegelbildlich wie alle Umkehrungen an die Bewegung, gegen die sie sich kehrt, gefesselt bleibt. Vor allem in der Generation, die durch das ‚Anti‘ groß geworden ist, scheint die Illusion weit verbreitet, sich durch eine bloße Umkehrung der geschichtlichen Verantwortung entledigen zu können – ein gefährlicher Irrtum. Die nationalsozialistische Bewegung und die Bewegung des Guten verhalten sich zueinander wie zwei Seiten derselben Medaille. Wie sehr dabei das absolut Gute dem absolut Bösen gleicht, ist von Dichtern und Denkern ausführlich beschrieben worden – es könnte bekannt sein. Als sich die Männer der französischen Revolution der Bekämpfung des Elends verschrieben und das Mitleid zur politischen Tugend par excellence erhoben, gerieten sie unweigerlich auf die schiefe Bahn und endeten im großen Terror – der ursprünglich politische Aufbruch wurde auf lange Sicht verspielt, an den verhängnisvollen Folgen tragen wir bis heute. Auch diese Lektion, zumal sie im alten Europa noch mehrfach wiederholt wurde, könnte bekannt sein. Sieht man sich jedoch in den aktuellen Kommentaren sogenannter ‚Leitmedien‘ um, so fragt man sich heute, wo die einst selbstverständliche historische Bildung von Chefredakteuren geblieben ist.

Mit der Hinwendung zur Not (wer könnte sich jetzt noch von ihr abwenden) als ausschließlicher Grundlage des Handelns entsteht die Dynamik einer Notwendigkeit von Maßnahmen, die aus der Sache heraus zwingend sind und damit jegliche Erörterung möglicher Alternativen schon im Ansatz vernichtet – die absolut vorrangige Behebung der Not ist alternativlos. Der Zwang wird so zum alles beherrschenden Modell des Agierens und vernichtet die Möglichkeiten des Handelns. Menschliches Handeln kann es nur geben, wenn es jederzeit und für jeden die Möglichkeit gibt, etwas Überraschendes, etwas ganz Neues anzufangen. Im Zwang kann es nichts Neues mehr geben – alles ist längst schon im Voraus festgelegt. Es gibt nichts mehr zu tun, es gibt nichts mehr zu entscheiden, es geht nur noch darum, die notwendigen Maßnahmen durchzuführen. Wo es nichts mehr zu tun und nichts mehr zu entscheiden gibt, verschwindet jegliche Freiheit, das reine exekutieren wird zur polizeilichen Maßnahme und ist auf Bürger, gar unterschiedliche, nicht mehr angewiesen. Wenn völlig klar ist, was zu tun ist, kann es jeder Beliebige tun, individuelle, persönliche Unterschiede sind dann überflüssig – das Exekutieren wird zur rein technischen, im Prinzip automatischen Angelegenheit.

Mit der Pflicht entsteht der Zwang, mit dem Zwang die Zucht und mit der Zucht die Züchtung – alle müssen jetzt eines werden – ein Teil der allumfassenden Bewegung des Guten. Der mit dem Hinweis auf die Unteilbarkeit der universellen Menschenrechte begründete Generalangriff auf jegliche Art von räumlicher Ordnung, deren Grenzlinie ein Innen von einem Außen unterscheidet und damit für die Ausbreitung von Bewegungen eine Haltelinie einzieht (unser Haus, unsere Stadt, unser Land etc.) vernichtet vollständig jegliche Möglichkeit des Politischen – an diesem Punkt treffen sich die nationalsozialistische Massenbewegung und die Massenbewegung des Guten – jegliche Art von Grenze muss geschleift werden, wer jetzt noch von Grenze spricht, gilt bereits als Feind der Menschheit und muss radikal bekämpft werden. Kämpfen heißt jetzt nicht länger ein Streit unter solchen, die sich innerhalb einer räumlichen Ordnung als gesetzte Gleiche anerkennen und ihren Streit dadurch einhegen, sondern die Vernichtung des Schädlichen, Schädlingsbekämpfung – eine polizeiliche Maßnahme der Hygiene, so notwendig wie die Behebung der Not, die als Bewegung erst zu Ende sein kann, wenn es nirgendwo mehr eine Not gibt. Die Bewegung des Guten muss zwangsläufig von ihrer antreibenden Quelle her gesehen eine globale Bewegung sein und sich über die gesamte Erde ausbreiten. Wie könnte man noch zwischen der einen Not, die man unbedingt beheben muss und der anderen, die man einfach ignoriert, unterscheiden, wenn schon beim absurden Begriff ‚Flüchtling‘ jegliche Differenzierung als moralisch verwerflich verurteilt wird.

Der von der Massenbewegung des Guten in Geiselhaft genommene Staat zerfällt – schon werden grundlegende Rechtsinstitutionen der ‚liberalen Demokratie‘ geschleift und erneut erweist sich die ‘liberale Demokratie’ als wehrlos gegenüber der Gewalt, die von derartigen Bewegungen ausgeht – eine Kommune kündigt langjährigen Mietern von stadteigenen Wohnungen wegen Eigenbedarf – man brauche die Wohnungen jetzt für Flüchtlinge. Gebäude, noch spricht man nur von leer stehenden, sollen zwangsrequiriert werden, eine Maßnahme, die man sonst nur von Kriegen kennt und die dazu diente, Soldaten unterzubringen. Notwendige Maßnahmen müssen eben mit entsprechendem Zwang durchgesetzt werden, da kann man auf Rechtsverhältnisse keine Rücksicht mehr nehmen, wo gehobelt wird, fallen Späne und wer A sagt muss auch B sagen. Diese Rhetorik ist bekannt, diese Logik ist bekannt und das Ende solcher Bewegungen ist bekannt. Je länger man sie laufen lässt, umso höher wird der Aufwand, um sie wieder zum Halten zu bringen. Schon befinden sich die ersten im Modus des gerechten Krieges. Ist nicht der Kampf gegen das Elend der gerechteste aller Kriege, dem jedes Mittel recht sein muss? Und hat nicht auch schon der Papst zum Kampf gegen das Elend aufgerufen und den Kriegführenden damit den gerechten Lohn versprochen?

Kommunen beginnen jetzt, ihre eigenen Bürger zu bekriegen, wer sich nicht fügt, wird gefügig gemacht, in der Wendung zur Not als Sache, um die es jetzt ausschließlich gehen soll, ist der Unterschied zwischen einem Bürger und einem Fremden überflüssig. Verschwindet dieser Unterschied, wird auch der Bürger als solcher überflüssig, das in die ‚totale Entortung‘ imaginierte universelle Recht schlägt alle anderen Rechte, die noch irgend etwas mit einer räumlichen Eingrenzung zu tun haben, der Staatsbürger verschwindet. Sollten wir da nicht anfangen, uns zu fragen: wenn wir als Bürger überflüssig gemacht werden, wozu sollten wir dann noch Abgaben bezahlen? Kann eine Kommune, die weder die Landes-, noch die Stadt-, noch die Grundstücksgrenze respektiert, überhaupt noch einen legitimen Anspruch auf Grundsteuer erheben?

http://www.deutscherarbeitgeberverband.de/textezurfreiheit/2015_10_05_dav_freiheit_massenbewegung-des-guten.html