Kategorie-Archiv: Genderismus

Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz über pathologischen Haß im Feminismus

“I am a feminist. All this means is that I am extremely hairy and hate all men, both as individuals and collectively, with noexceptions.” – Bridget Christie

„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – Grabinschrift von Ingeborg Bachmann

Die sich in ihrem Aufgeschlossensein und ihrer Weltoffenheit Sonnenden sind weder aufgeschlossen noch weltoffen. Sie sind Besserwisser, die es besser wissen wollen, als es die Fakten nahelegen. Die Toleranten sind intolerant. Die Gleichmacher spalten. Die Diversitätsprediger streben nach Hegemonie. Die Antibürgerlichen sind die übelsten Spießbürger. Die Faschisten gebärden sich als Anarchisten, und die frei gewählte Monarchin kennt keine Parteien mehr. Wer widerspricht, wird nicht widerlegt, sondern zum Schweigen gebracht. Geschlossenheit ist gut, Diskurs ist Streit, also verwerflich. Sagen ausgerechnet die, die Kritik als Grundprinzip ihrer Profession ausgegeben hatten. Aber nur, bis sie die Meinungsführerschaft errungen hatten. An der halten sie nun fest. Die Psychoanalyse in Deutschland ist heute nur eine affirmative Herrschaftsnahme.

In Deutschland herrscht ein Neuer Totalitarismus der selbsternannten „Guten“, die jede andere als eigene, herrschende Ansicht mit Geschrei, Diffamierungen, Ausschluß und Denunziation zum Schweigen zu bringen versuchen. In Deutschland ist Faschismus nicht verschwunden, er hat nur die Seiten gewechselt und neue inoffizielle mediale helldeutsche Reichsschrifttumskammern aufgestellt, die darüber wachen, daß über ihre Fetische (z.B. die Invasion der Heiligen, pauschal Flüchtlinge genannt) nur huldigend und anhimmelnd gesprochen wird. Für mich sind diese in eigener Moral mit Schaum vor dem Mund sich selbst zur Extase des Hasses hochgeputschte Hetzer gegen jede von ihrer eigenen abweichende Meinung die neuen Nazis. Antifa ist Nazifa. Wie Max Liebermann angesichts des Nazi-Deutschland zuletzt sagte, ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte. Wie zu Kaisers Zeiten – der Mainstream-Populismus gefährdet die offene Gesellschaft.

In Deutschland herrscht heute die Gemeinde der Gutmeinenden, mit drei zum Fetisch inoffiziell erklärten Totems, die unter Androhung der medialen Todesstrafe unberührbar sind und ausschließlich das Mantra ihrer Heiligen Herrlichkeit gepriesen werden darf. Das Gutmenschen-Syndrom: die Gedankenlosigkeit, die Ignoranz, die Heuchelei (Hypokrisie) und die Verleumdungssucht. Die Linken und Grünen sind heute der Staat, sie feiern sich selbst und ihre Politik unter den knatternden Fahnen. Der Protest der Jugend kommt deswegen von rechts. Da die Herrschenden heute sich Links und Grün nennen, kann Opposition nur Rechts heißen.

Diese neudeutsche immanent religiöse Dreifaltigkeit besteht aus drei tabuisierten Totems: Moslems (und muslimische Flüchtlinge), Frauen und Homosexuelle (und andere Nicht-Heterosexuelle.).

Der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz wagt (als eine Ausnahme unter deutschen Psychoanalytikern) an den beiden ersten Heiligenfiguren zu kratzen.

(siehe auch: Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz: Merkel hat Größenwahn

https://psychosputnik.wordpress.com/2016/11/25/psychoanalytiker-hans-joachim-maaz-merkel-hat-groessenwahn/

Während in der Türkei Menschen verfolgt, ermordet, drangsaliert und gequält werden, der Islamofaschismus zunehmend erstarkt, und nach Europa greift, echauffieren sich Deutsche über Trumps Wahl auf dem Niveau von Diskussionen über Ergebnisse von Eurovision Song oder DSDS und der große Freund von Erdogan soll zum deutschen Bundespräsidenten gewählt werden.

Die Erkenntnis ist kein fertiges Ding, sondern ein dialektischer Prozeß, in dem eine neue Erkenntnis nur durch Negation und Aufhebung einer bestehenden Erkenntnis gebildet werden kann. Die gegenwärtige Gesellschaft und vor allem ihre selbsternannten „Eliten“ verhindern, diffamieren und bekämpfen andere als gerade herrschende, etablierte Meinungen und verwandeln damit lebendige Erkenntnis in eine tote, verdinglichte Ideologie, die damit vom Wissen zum Unwissen, zum Fetisch wird. Das gilt für alle institutionalisierten lediglich eigene Macht selbst akkumulierenden Bürokratien, die Politik, die Wissenschaft, die Psychologie, Psychotherapie, Psychoanalyse und andere.

Die Psychoanalyse muß sich hüten, erbaulich sein zu wollen, sie muß moralinfrei sein, sonst ist sie keine Psychoanalyse mehr. Wer keine Lebensfreude hat, der hat die Moral.

„Der Nationalsozialismus lebt nach, und bis heute wissen wir nicht, ob bloß als Gespenst dessen, was so monströs war, daß es am eigenen Tode noch nicht starb; oder ob es gar nicht erst zum Tode kam; ob die Bereitschaft zum Unsäglichen fortwest in den Menschen wie in den Verhältnissen, die sie umklammern.“ (Theodor W. Adorno, 1959)

Deutsche neigen zur Wahnbildung einer „Willkommenskultur“ zwecks Angstverdrängung ihres schwachen ICHs angesichts des Islamofaschismus, ihr Autoritärer Charakter (Adorno) erträgt Ambivalenzen nicht. Nicht die Flutwelle der Ankömmlinge, sondern die hier Ansässigen sind traumatisiert. Deutsche erkennen die Verkommenheit der Ankommenden nicht, weil sie die Eigene verdrängen. Das macht Angst.

Deutschland ist eins der am meisten, wenn nicht das am meisten durchtherapierte Land der Welt, Psychotherapie, Selbsterfahrung, Coaching, psychologische Seminare überall, vom Flüchtling bis Bankvorstand. Deutschland ist das Land der Betreuten und der Betreuer, der Behandelten und der Behandler, der Patienten und ihrer Therapeuten. Kein Wunder, daß auch in der Politik Deutschland die Rolle eines Psychotherapeuten für den Rest der Welt, für ihren Patienten, beansprucht. Nach so viel Psychotherapie müßten Deutsche die Vernünftigsten, die Mutigsten und die Zufriedensten in der Welt sein, anstatt die Irrationalsten, die Ängstlichsten und die Unzufriedensten. Wieso ist es so?

Es ist so, weil Deutsche Selbsterkenntnis mit Selbstsucht und Tiefsinnigkeit mit Selbstbezogenheit verwechseln und was sie für Psychotherapie und Selbsterkenntnis halten, lediglich eine Bestärkung eigener narzißtischer Opferrolle ist, mit Erklärungen, daß für das eigene Schicksal nur andere verantwortlich, also schuldig seien, vorwiegend die Mutter, der Kapitalismus, die Amerikaner und die Juden (Israel, Zionisten). Reflektion nirgendwo, überall nur Beschuldigungs- und Betreuungsindustrie. Das ist, was Deutsche für Psychotherapie halten, das ist die herrschende Psychokratie in Deutschland, ein Werkzeug der Volksverdummung. Nirgendwo Aufklärung, nirgendwo Reflektion, die Unwissenheit ist Stärke, rot-rot-grüner Anton Reiser überall, Theodor Wiesengrund nirgends mehr.

Man ist das, was man in der Welt wahrnimmt und in seinem Leben macht. Wer sich mit nur sich selbst beschäftigt, beschäftigt sich mit gar nichts, außer daß er sein narzißtisches Selbst immer mehr aufbläst.

Wenn 1.000.000 Menschen an ein Kalb mit 3 Köpfen glauben, dann nennt man es Religion, wenn 10.000 Menschen an ein Kalb mit 3 Köpfen glauben, dann nennt man es eine Sekte, wenn ein Mensch an ein Kalb mit drei Köpfen glaubt, dann nennt man es Paranoia. Seit 2001 bestimmt eine einzige Religion die Debatte: Der Islamofaschismus. Islam ist eine gewaltverherrlichende faschistische menschenverachtende Antikultur. Es gibt keinen richtigen Islam im falschen.

Zur Psychoanalyse, psychoanalytischer Psychotherapie, tiefenpsychologisch fundierter (psychoanalytisch orientierter) Psychotherapie gehören als zentrales Thema gesellschaftliche Probleme. Es geht nicht immer nur um die Mutterbrust,
sondern auch um Konflikte in der Gesellschaft, in der der Mensch lebt und von der er formiert und deformiert wird.

Die real existierende Psychoanalyse in Deutschland ist ein politisch korrekter institutionalisierter Kastrat, der jedes konflikthafte Thema meidet, verhindert, zensiert, kontroverse Psychoanalytiker mundtot macht. Was Carl Müller-Braunschweig, Felix Boehm, Schultz-Hencke, Ernest Jones eingebrockt und Annemarie Luise Christine Dührssen für die nächsten 1000 Jahre dingfest festgebacken hat, ist für die Katze. „Zwar war Freuds Psychologie des Unbewußten längst von deutschen Mandarinen »verwissenschaftlicht« und die Psychoanalytische Bewegung durch Hitlers Terror zum Stillstand gebracht worden. Doch auch in den aktuellen Theorie- und Praxis-Gestalten der reimportierten, medizinalisierten und konventionalisierten Psychoanalyse glomm noch der Funke der Freudschen Ideologiekritik.“ – (Helmut Dahmer, In: Konkret 02/92, S. 52.) Die Medizinalisierung und Technokratisierung der Psychoanalyse machte sie zum toten Ding, zum Fetisch im saturierten Strukturalismus, der weder die Postmoderne noch den Dekonstruktivismus erfahren hat.

Ich haben nach vielen Auseinandersetzung mit der herrschenden Psychokratie verstanden: das Psychokraten-Racket präsentiert sich aktuell als selbstveredelte Omertà mit Enigma-Chiffriermaschine und Vertuschungshoheit, Verschweigeprivileg, Bemäntelungsbefugnis, Lizenz zum Retouchieren, Zensieren, Relativieren. Aufdeckende Methoden in der Psychotherapie sind damit verbannt und werden bald verboten. Nihil novi sub sole. Unwissenheit ist Stärke. Rackets sind nach Adorno mafiaartige bürokratische alienähnliche selbst machtakkumulierende Verwaltungsorgane, mächtiger als Kapitalismus. Die stärkste alles beherrschende, selbstakkumulierende Macht ist nicht mehr der Kapitalismus, sondern die Bürokratie, die Rackets der nur noch dem Schein nach demokratischen Verwaltung.

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Grell: Die Spaltung der Gesellschaft an politischen Linien in Deutschland ist sehr kritisch, doch es existiert auch eine Spaltung zwischen Männern und Frauen. Doch was hat dazu geführt und wie kommen wir da wieder raus? Dem Zuschauer herzlich Willkommen zu NuoViso Talk, mein Name ist Hagen Grell und zu diesem Thema habe ich mir heute den ärztlichen Psychotherapeuten, Psychoanalytiker und Autor Hans-Joachim Maaz eingeladen, vielen Dank, dass Sie da sind. Herr Maaz, vielleicht gleich als Einstiegsfrage, was halten Sie denn vom heutigen Feminismus?

Maaz: Das ist ein riesen Thema, kann man gar nicht wirklich mit einem Satz beantworten. Also ich will es mal so sagen: So viel wie ich von Feminismus verstehe und mitbekommen habe, war es eine notwendige Entwicklung, um die gesellschaftliche Gleichwertigkeit, Gleichberechtigung der Frauen, die ja wirklich jahrhundertelang unterdrückt waren, schlecht behandelt worden, also das eher niedrige Geschlecht so in dem sozialen Rang dargestellt war. Das war eine ganz notwendige Bewegung. Übrigens interessant ist, dass es, ich denke, in der DDR ist eine solche feministische Bewegung gar nicht geben musste, weil die Rolle der Frau irgendwie von vornherein unter den sozialistischen Bedingungen eine andere war. Wo ich erhebliche Bedenken habe mit feministischen Tendenzen, wenn sie männerfeindlich sind, damit beziehungsfeindlich also zwischen den Geschlechtern und vor allen Dingen, wenn sie kinderfeindlich sind. Also vor allen Dingen dadurch, dass Mütterlichkeit nicht mehr als ein Wert geschätzt wird, eigentlich überhaupt nicht vorkommt in den feministischen Überlegungen, wie wichtig und notwendig es ist, dass es auch eine gute Mütterlichkeit in der Gesellschaft gibt.

Grell: Mütterlichkeit ist eine Bestätigung des Patriarchats, ich zitiere jetzt mal die Position: Mütter sind faul, eigentlich könnten sie auch arbeiten und sollten ihre Karriere machen und würden damit was für die Frauen eigentlich tun, für die Frauenbewegung usw. Mütter fallen da eigentlich hinten unter.

Maaz: Ja, das ist eine furchtbare Position, die halte ich für auffällig, fast pathologisch, weil es weder dem Frauenbild noch der Beziehungskultur, die wir brauchen, eben noch der Entwicklung in der Gesellschaft gut tut, wenn solche Positionen vertreten werden.

Grell: Vor allem wundert es mich, Entschuldigung, dass ich kurz unterbreche, gerade beim Feminismus, dass da eben so viel, wie Sie schon gesagt haben, auf Hass basiert. Also man möchte ja eigentlich ursprünglich halt pro eingestellt sein und was erreichen und dann ist es eben, wie Sie gesagt haben, ich erlebe es genauso, Männer hassen, Kinder hassen, Weiblichkeitshass, Frauenhass, sogar gegenüber manchen Frauen, die sich nicht in dieses Bild einordnen wollen, Mütterhass. Wie kann das kommen?

Maaz: Ja, das ist der Mechanismus, den wir bei all solchen Entwicklungen sehen, wenn also Hass, Ärger, feindselige Positionen vertreten werden. Es ist immer ein Hinweis für eine innerseelische Problematik. Nun kann man sagen, gut, also über Jahrhunderte sind Frauen schlecht behandelt worden, dass sich da auch jetzt kollektiv etwas angehäuft, ein kollektiver Protest und das Bemühen, da wirklich eine angemessene soziale Rolle einzunehmen, das kann man verstehen, aber häufig sind es eben dann auch Vertreterinnen, die eine ganz individuelle Problematik in sich tragen, die schlechte Erfahrungen mit ihren Vätern, auch mit ihren Müttern gemacht haben und im Grunde genommen wie so oft, dann wird die eigene Identitätsproblematik nicht als solche wahrgenommen, sondern wird in kämpferischen Positionen jetzt gegen vermeintliche Gegner, Feinde usw. ausgetragen und das, denke ich, ist im Feminismus kommt es auch deutlich vor und dort muss man dann wirklich sagen, also da nimmt die Entwicklung keine gute Entwicklung mehr.

Grell: Und das hat ja auch ein Stück weit, wie Sie schon gesagt haben, wenn man sich mit Hass begegnet, das findet ja dann auch in der Kommunikation statt und auch in den Beziehungen selber, treibt dann auch die Menschen auseinander. Sehen Sie das auch in der Gesellschaft? Ich meine, gut, an den Zahlen kann man es ja auch ein Stück weit sehen, die niedrigste Geburtenrate weltweit in Deutschland, riesengroße Singlequoten in Deutschland, aber Sie kennen es ja auch aus der eigenen Praxis als Psychotherapeut und als Psychoanalytiker. Kommen da auch Menschen zu Ihnen mit Beziehungsstörungen und wo Sie diese Problematiken auch drin erkennen?

Maaz: Ja, das ist ein sehr häufiges Thema sogar. Man kann so lax sagen, es wird immer schlimmer, Männer und Frauen verstehen sich nicht mehr. Also Partnerschaften werden immer schwieriger. Das hat natürlich sicher sehr viele Gründe. Das ist einmal begründet mit dem, was bringt die Frau, was bringt der Mann an Problematik mit, dann hat man oft die Erwartung, es wird in der Partnerschaft alles besser, es wird reguliert oder der Partner erfüllt mir endlich die Bestätigungen, die mir so gefehlt haben. Das geht natürlich schief. Dann, wenn Kinder kommen, wird die bisherige Partnerschaft infrage gestellt. Jetzt ist sozusagen eine neue Aufgabe, neue Verpflichtung da und die Hoffnung, dass der Partner jetzt nur für mich da ist, die geht verloren und dann gibt es natürlich die sozialen gesellschaftlichen Bedingungen, wie Männer und Frauen behandelt werden, welche Chancen sie auch auf dem Arbeitsmarkt haben. Ich will, weil mir das ganz wichtig ist, um noch mal diese Tendenz der Gleichmacherei, also Gleichberechtigung ist notwendig und richtig. Das heißt aber nicht gleich Artigkeit. Also diese, sagen wir mal, was man vielleicht mit der Überschrift Unisex vertritt, was ich für wirklich auffällig bis abnorm halte, Menschen sind nicht gleichartig. Männer und Frauen sind nicht gleichartig. Jeder ist individuell unterschiedlich und jetzt mal bezogen auf mein Hauptthema, der Entwicklung und Betreuung der Kinder, gibt es Werte, die man als mütterlich und als väterlich bezeichnen kann. Die sind nicht reduzierbar, das heißt nicht, dass mütterlich nur Frauen sein können, es gibt auch väterliche, es gibt auch Mütterlichkeit bei Vätern und das heißt nicht, dass väterlich nur Männer sein können, sondern es auch gibt auch mütterliche Männer und väterliche Frauen. Das ist nicht ans Geschlecht gebunden, aber es sind die Eigenschaften, die sind für das Kind nicht weiter reduzierbar. Also mütterlich ist zum Beispiel eine Einstellung des Erwachsenen zum Kind, ich nehme dich an, ich bin bemüht, dich zu verstehen, ich bin empathisch bei dir, ich will dich erkennen, ich will dich fördern, ich will dich versorgen, schützen und ernähren. Und das Väterliche wäre der andere Pol, den ein Mensch zur Entwicklung braucht, nämlich ich fördere dich, ich fordere dich, ich bringe dir praktisch Dinge bei, das Leben zu gestalten. Also auch was mit Verantwortung und Pflicht, mit Aktivität, mit Risiko zu tun hat.

Grell: Aggressivität teilweise auch.

Maaz: Ja, auch das, im besten Sinne. Also das Mütterliche ist dem Kind gegenüber das, was für den Schutz, die Versorgung und Geborgenheit sorgen. Das Väterliche wäre das, wo das Kind jetzt aus dem mütterlichen Raum hinaus in die Welt gebracht wird. So, wer das jetzt von den Erwachsenen macht, das ist erst mal zweitrangig, aber diese unterschiedlichen Beziehungsangebote, die braucht jedes Kind und eine alleinerziehende Mutter, ein alleinerziehender Vater hat es besonders schwer, weil er eigentlich beide Funktionen, das Mütterliche und das Väterliche zu vertreten hat. Man darf aber nicht vergessen oder übersehen und das werfe ich einem falsch verstandenen Feminismus vor, dass tatsächlich die leibliche Mutter eine ganz besondere Bedeutung hat, denn sie stellt schon eine Verbindung zu dem Kind her in der Schwangerschaft, unter der Geburt und dann in der ersten Zeit der möglichst guten Stillphase.

Grell: Das finde ich auch interessant, das stellt man sich ja manchmal nicht so vor, aber ich habe auch in letzter Zeit mich damit beschäftigt und dann eben das Kind quasi neun Monate ja im Bauch wächst, das Gehirn sich ja relativ früh anfängt, zu entwickeln, es hat die Verbindung über die Nabelschnur, bekommt Nährstoffe, bekommt die Hormone mit teilweise, Neurotransmitter, bekommt die Geräusche schon mit oder lauter Impulse, das unterschätzt man manchmal und gerade aus dieser Ideologie von Leuten, die dann sagen, das Kind kommt als weißes Papier auf die Welt, das ist dann eben gar nicht oder?

Maaz: Das ist überhaupt nicht der Fall. Wir gehen sogar davon aus, dass etwa bis zu 50 Prozent, was den späteren Erwachsenen ausmacht, was ihn geprägt hat, in dieser ersten Phase Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit entsteht.

Grell: Bis zu 50 Prozent?

Maaz: Bis zu 50 Prozent. Also das kann man gar nicht hoch genug einschätzen, wie wichtig das ist, dass die leibliche Mutter auch in ihrer Mütterlichkeit gute Chancen hat, also auch in der Vorbereitung, was ist eigentlich mütterlich und welche innere Einstellung zu dem Kind kann ich verwalten und natürlich die sozialpolitische Aufgabe in der Gesellschaft, gerade diese Phase so zu unterstützen, dass eine Frau eben gut Mutter werden kann und Mutter sein kann.

Grell: Ich hatte das auch gerade, ich muss nur kurz da reingehen, weil ich das so spannend finde, gerade auch die Hormone, die ja zum Beispiel ausgeschüttet werden, das Kind bekommt das ja auch mit. Ich habe das neulich von einem interessanten Beitrag dort gehört, wenn das Kind zum Beispiel merkt, okay, zum Beispiel der Vater kommt oder so und dann kommen Stresshormone oder es ist eigentlich so, das Kind macht sich selber bemerkbar dadurch, dass es zum Beispiel mal tritt oder so und die Mutter strahlt eben nicht aus „Du bist willkommen“, sondern sozusagen hat dann auch wieder Stress, das kriegt ja das Kind genauso mit und immer, so kann sich auch ein Selbstwert dort schon mitformen oder?

Maaz: Ja, das ist gut dargestellt, genau. Deshalb ist es auch für die Qualität der Betreuung weniger die Frage pädagogischer Verhaltensweisen und Maßnahmen, sondern wichtiger ist die innere Einstellung, also welche innere Einstellung hat die Mutter zu ihrem Kind, ja? Wie kann sie es annehmen, akzeptieren, gutheißen, neugierig sein oder wie sehr fühlt sie sich beeinträchtigt, bedroht vielleicht sogar, angstvoll besetzt, was ist das für ein Kind, was macht das aus meinem Leben usw. Also damit ist das Verständnis der innersten Haltung zum Kind entscheidend. Ich habe zum Beispiel viele Eltern kennengelernt, auch gerade Mütter, die davon überzeugt waren, dass sie das Beste für ihr Kind wollten und gemacht haben, aus Liebe gehandelt haben und sind erschrocken darüber, dass das Kind sich dann doch nicht so entwickelt hat, wie sie es erwartet haben aus ihrer Vorstellung von Liebe und wenn man das genauer analysiert, ist das beim Kind aber nicht als Liebe angekommen. Das Kind hat was ganz anderes gebraucht oder gewollt, als die Mutter gerade gedacht hat, dass es richtig sei und dieser Dissens, der ist nahezu tragisch, dass Eltern denken „Ich bin gut bei meinem Kind“, aber gar kein wirkliches Gefühl haben, was mit dem Kind ist, was das Kind braucht und aber nur das, was beim Kind ankommt, das Gefühlte ist entscheidend für sein Wohlbefinden und damit auch für seine Entwicklung bis hin zur Gehirnentwicklung.

Grell: Ah ja und das macht dann natürlich einen großen Einfluss auch wieder aufs Leben und da natürlich, um zurückzukommen auch zur Mutterrolle, auch was, was eben deswegen nicht zu unterschätzen ist und gerade auch die Abwertung dessen da natürlich auch wieder einen großen Einfluss auch auf die Gesellschaft hat, wieder auch auf das spätere Miteinander.

Maaz: Also ein Feminismus, der tatsächlich mütterfeindlich ist oder nicht auch Mütterlichkeit unterstützt und fördert, ist für die Entwicklung der Gesellschaft gefährlich, weil dort, sagen wir mal, das Mütterliche in einer Gesellschaft ist entscheidend für die Zukunft der Gesellschaftsentwicklung, weil dadurch wieder die nächste Generation geprägt wird, deren Verhalten, deren Persönlichkeitsstruktur, die ja im Grunde genommen die Gesellschaft zu gestalten hat.

Grell: Geistige Gesundheit.

Maaz: Ja. Das ist, deshalb bin ich an der Stelle wirklich sehr empfindlich, wenn also auch selbst gerade von Frauen das Mütterliche so abgewertet wird.

Grell: Denken Sie, dass der Feminismus überhaupt heute noch in der Form nötig ist?

Maaz: Also in der Form nicht mehr, wenn es darum geht, dass es um also die Gleichberechtigung von Frauen geht. Sicher, wir wissen, sie werden immer noch schlechter bezahlt oder so etwas, aber ich glaube, mittlerweile engagieren sich genauso viele Männer zu Recht darum, dass es da auch eine soziale Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern gibt. Ich habe eher den Eindruck, dass es jetzt Tendenzen gibt, die über das Ziel hinausschießen, wo es eine neue, fast einen Zwang gibt, das Weibliche hochzupushen, also die ganze Genderproblematik scheint mir sozusagen, dass ein vernünftigen Maß längst verlassen zu haben.

Grell: Wobei das auch sogar in die Richtung geht, Sie sprechen es ja gerade auch an mit Gender, wo sich das völlig von der biologischen Realität auch zu lösen scheint. Also ich höre ja dann immer wieder auch die Aussagen, man kann sich das komplett aussuchen, das ist alles ein soziales Konstrukt. Sie haben vorhin gesagt, 50 Prozent ist vorher, vielleicht sogar bis zu 50 Prozent festgelegt, die sagen gar nichts ist festgelegt, das kann ich mir heute aussuchen, heute bin ich ein Mann, morgen bin ich eine Frau, übermorgen bin ich irgendwas dazwischen. In den USA gibt es Entwicklungen sogar, wo es dann Leute gibt, die sich Transspezies sozusagen, glauben sie sind heute mal ein Pferd oder mal ein Sternenwandler oder irgendwas so, ein Stern, ein Baum oder irgendwas, sehen Sie das, ist das schon wieder pathologisch?

Maaz: Ja, hochpathologisch. Das ist hochpathologisch ja. Es ist vernünftig, danach zu forschen, wie das genetische Mitgegebene und dann die sozialen Verhältnisse einen Menschen prägen. Das ist für jeden einzelnen Menschen in einer spezifischen Art gegeben und das zu verstehen, das ist zwar sicher, dass es da allgemeine Tendenzen gibt, aber jeder Mensch auch ganz individuell beeinflusst wird von seinem Erbgut, aber eben auch von den sozialen Verhältnissen und vor allen Dingen eben von der Beziehungsqualität in seiner Frühentwicklung. Das ist gut und richtig und wichtig, dann kann man auch verstehen, weshalb es auch innerhalb der biologischen Geschlechter, Mann oder Frau erhebliche Unterschiede gibt, das ist in Ordnung, weil man erkennen kann, das ist aus bestimmten Umständen und Zusammenhängen so entstanden. Das würde helfen, dass dann praktisch das Individuelle eines jeden Menschen damit gewürdigt wird. Das ist aber was völlig anderes als wenn man jetzt in einen Kampf zieht, dass es keine Unterschiede mehr gibt, dass alle gleich sind, also da ist, denke ich, längst eine Grenze überschritten, wo es erneut abnorm wird.

Grell: Wie Sie auch gesagt haben, der Unterschied dann auch zwischen Gleichberechtigung, Gleichartigkeit, was was anderes ist, vielleicht sollten wir ja, um das auch mal gerade bewusst zu machen, Sie haben ja auch viel mit dem Verhalten von Menschen zu tun, das auch zu beobachten, dass wir auch wieder Leuten das ein Stück weit vielleicht auch klarmachen können, dass Sie das vielleicht noch mal benennen können von ihrer Beobachtung, was denn gerade auch im Verhalten so typische, vielleicht auch bisschen überzeichnet, Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind, weil tatsächlich, ich erlebe es manchmal, Feministen folgt der Weise, die das sogar für ein soziales Konstrukt halten, dass Männer stärker sind als Frauen. Die halten das für eine Diskriminierung, dass Männer- und Frauensportarten getrennt sind, obwohl Männer durch die Bank weg, die besten Männer schneller als die besten Frauen sind, zum Beispiel beim 100-Meter-Lauf oder so und zurück auf die Eigenschaften bezogen, welche Eigenschaften kann man denn mal so grob vielleicht so ein bisschen sagen, überzeichnet, um das mal ein bisschen zu, es gibt ja immer die Übergänge, Männer und Frauen haben.

Maaz: Also einmal ist es schon, was Sie angesprochen haben, gibt es bleibende biologische Unterschiede, die zwar auch variieren können, ja, die abhängig sind von den jeweiligen Hormonen, der Hormondynamik, wie viel Östrogene und Testosterone da eine Rolle spielen, dennoch bleiben deutliche biologische Unterschiede in der Körperlichkeit, in den Geschlechtsorganen, in den Geschlechtsmerkmalen usw. und damit, vor allen Dingen ich denke auch durch die Biologie, die Hormone sind auch Verhaltensweisen determiniert. Also dass Testosteron eine viel stärkere Aktivität und Aggressivität mit sich bringt, einen Muskelaufbau, das ist so und Menschen, die mehr Testosteron haben als andere und in der Regel hat der Durchschnittsmann mehr als die Durchschnittsfrau davon, dann gibt es auch solche biologischen Unterschiede, die sich auch dynamisch auswirken. Natürlich, wenn ich eine stärkere Muskelkraft habe, dann gibt es auch eine ganz verständliche Tendenz, die umsetzen und einsetzen wollen und daraus entstehen dann auch die sozialen Unterschiede oder die Berufsunterschiede usw. Ich glaube, der Fehler darf nicht gemacht werden, dass man sagt, das eine ist besser als das andere, da sind wir wieder bei dem Spaltungsthema, also auch ein Beruf ist nicht besser als der andere, darauf kommt es an und diese Unterschiede hat es aber häufig gegeben, dass man, na sagen wir mal, abgewertet hat, dass man wieder seine eigene Position überhöht hat und alles andere wieder abgewertet hat. Das, denke ich, ist tatsächlich dann nicht mehr hilfreich oder akzeptabel, aber dann die Unterschiede völlig zu negieren und praktisch eine Gleichartigkeit zu konstruieren, damit wird man nicht nur dem Menschen nicht gerecht, sondern zwingt sie nahezu dazu wieder, das Eigene abzuwerten und das muss man sagen können, ich fühle mich als Mann okay oder als Frau oder so, dass das dann infrage gestellt wird: „Na, stimmt denn das? Könnte das nicht noch anders sein?“. Also ich glaube, da wird sehr viel Unsicherheit produziert und wenn man das jetzt auch Kinder bezieht erst recht. Wenn man sie verunsichert in ihrer Identität.

Grell: Ich finde das auch sehr interessant, dass, es scheint mir gerade auch beim Feminismus zu sein, aber auch bei Ideologien, die da in die ähnliche Richtung gehen, wie eben zum Beispiel Gender usw., dass dort so ein gewisser, wie Sie schon gesagt haben, der Gleichartigkeit, das geht genau in die Richtung, eine Art Kollektivismus angestrebt wird, der ja quasi dazu führt, dass wir eher so eine, ich sage mal metrosexuelle Frauen, metrosexuelle Männern, die aber beide nicht ihre Männlichkeit und ihre Weiblichkeit ausleben, sondern beide in so einem Mittelmaß, so bisschen halbstarkes Mittelmaß, die Frauen sind nicht richtig weiblich, wie gesagt, die Männer sind nicht richtig männlich, mal so auch in den Extremen, leben eine Aggressivität, die sie haben, vielleicht gar nicht aus oder sozusagen ein emotionales Wesen, das die Frauen vielleicht dann haben, auch gar nicht aus. Wozu führt so eine Art, so eine Gleichmacherei, so ein Kollektivismus, so ein „Wir müssen alle irgendwie einer Norm entsprechen“?

Maaz: Die ganze Diskussion ist sozusagen von außen und oben gebracht. Ich würde dagegen und da wird es immer problematisch, weil man sich dann vergleicht, weil man „Gehöre ich dazu? Passe ich dazu? Muss ich mich verändern? Muss ich mich anpassen? Stimmt meine Wahrnehmung noch?“, dort liegt die Hauptgefahr einer solchen, auch ideologisierten Orientierung. Für mich wäre das Gegenteil, dass er einzelne in seiner Einzigartig gewürdigt wird und verstanden wird. Man kann jeden einzelnen fragen: „Wie fühlst du dich als Mensch? Wie fühlst du dich als Mann oder als Frau? Wie fühlst du dich mütterlich, väterlich oder weiblich und männlich?“. Das kann man durchaus fragen und da sieht man die ganze Breite, die ganze Palette der Möglichkeiten, aber das würde nicht mehr bedeuten, dass man sich zu einer Gruppe zählen muss, ja? Sondern ich bin so und so und ich empfinde so und so und das ist dann in der Regel ja auch noch dynamisch. Das kann von Stunde zu Stunde anders sein, von Tag zu Tag anders sein. Diese Einstellung Menschen verstehen zu wollen, wie sie auch zu bestimmten Eigenschaften, Identitätseigenschaften gekommen sind und wie sie die vertreten und wie sie die vielleicht auch verändern können und wollen, das wäre für mich die gesündere Einstellung.

Grell: Und ich sehe da auch gerade, genau wie Sie sagen, Sie kommen quasi vom Individuum, ich sehe dann den gegenteiligen Effekt gerade in diesen Strömungen, die versuchen Obergruppen zu definieren und diesen Obergruppen dann aber viele Eigenschaften anzuheften. Also da gibt es dann wenig Überschneidungen, sondern Frauen und Männer, Frauen sind irgendwie so, Männer sind eben so. Das heißt, wenn jetzt ein neuer Mann kommt, hat der eben so zu sein und dann wird immer mal neu definiert, aber auch wieder von außen und von oben, wie Sie sagen, wie jetzt der Mann zu sein hat, wie jetzt die Frau zu sein hat. Ist das, sagen wir mal, auch gerade von der Steuerung von oben oder die politischen Willen, wo sehen Sie da die Motivation, sowas zu tun?

Maaz: Na ja, es war ja über Jahrhunderte so, das wird ja auch zurecht kritisiert, dass Menschen in Rollen gedrängt wurden, in Geschlechtsrollen, aber auch in soziale Rollen, dass man, wenn man in der und der Position ist oder während dem Beruf, dann muss man sich so verhalten und nicht anders. Das hat es immer gegeben und jetzt scheint es aber eher sozusagen übertrieben, wie das Kind wird mit 24:53 ausgeschüttet, als wenn es solche ja Sozialrollen überhaupt gar nicht mehr geben soll oder die werden wieder von oben, bloß jetzt mit anderen Vorzeichen oder mit einer anderen Orientierung festgelegt, ja und ich glaube, die Politik hat schon immer Interesse daran, Menschen in einer bestimmten Weise festzulegen oder zu manipulieren, weil sie dann auch besser für politische Interessen oder für ökonomische Interessen benutzt, ausgebeutet, orientiert werden können. Für mich ist das ein Widerspruch zu einer grundlegenden demokratischen Position, die vom Individuum ausgehen müsste, von den ganz individuellen Möglichkeiten und da wird man immer fragen, durch was bin ich wie beeinflusst und wie passt das zu meiner wahren Existenz, zu meinem wahren Selbst oder muss ich ein Selbst annehmen oder nach außen demonstrieren, was von mir erwartet wird. Das ist in den meisten Familien so, die haben eine Vorstellung, die Eltern, wie ihre Kinder zu sein haben. Das geht in der Schule weiter, in der Gesellschaft hat man bestimmte Erwartungen, wie ein Mensch sein muss. In der DDR waren wir gut beraten, möglichst im Kollektiv uns zu verbergen und wenig individuelle kritische Positionen zu haben. In der westlichen Gesellschaft muss man immer was hermachen, muss man gut drauf sein, muss man sich gut verkaufen und darstellen können, das sind aber alles Tendenzen ins falsche Selbst, in ein aufgenötigtes Selbst.

Grell: Eine Rolle.

Maaz: Eine Rolle, ja und diese Tendenz sehe ich jetzt auch in der Diskussion über Geschlechtsidentität, dass man in bestimmte, jetzt nur mit anderen Vorzeichen, aber wieder in eine bestimmte Rolle oder Position gedrängt wird, die man bei sich wahrnehmen soll.

Grell: Sie haben ja auch Ratgeber für Beziehungen auch geschrieben, vielleicht können wir jetzt auch noch mal gucken, in welche Richtung kann man das denn ein bisschen anfangen zu heilen irgendwo? Sie haben gesagt, an vielen Stellen hat es schon angefangen, bei Babys fängt es quasi schon an, wie der Umgang dann mit der Mütterlichkeit mit dem Baby ist, später natürlich aufwachsen im Kindergarten, in der Schule, wie da schon die Rollen geprägt sind, jetzt kommt noch Frühsexualisierung mit dazu und dann natürlich auch das Bild, was dann von den Medien vermittelt wird, bis dann der Erwachsene später merkt: „Okay, ich kann vielleicht gar nichts mehr so richtig mit mir selber, mit dem anderen Geschlecht anfangen“. Wie kann man das vielleicht wieder in eine gesunde Richtung drehen?

 

Maaz: Na ja, wir müssen wieder unterscheiden zwischen dem, was wir als Erwachsene jetzt tun könnten und dem, was Kinder brauchen. Bei den Kindern ist es für mich genauso wie prinzipiell für ihre Entwicklung, dass sie Erwachsene brauchen, vor allen Dingen auch Eltern brauchen, die bereit sind, ihr Kind zu entdecken, zu verstehen, nicht mit einer vorgefassten Meinung dem Kind gegenüber treten: „Du sollst so sein, wie ich dich haben möchte und brauche“, sondern eben wirklich das Kind innerlich freilassen, um dessen Möglichkeiten zu fördern, aber auch die immer auch vorhandenen Begrenzungen nicht abzuwerten oder eben auch zu akzeptieren, ja?

Grell: Das dann so erforschen. Das Kind ist da, dann fragt: „Hallo, wer bist du denn und was sind deine Eigenschaften“.

Maaz: Ja und nicht wie du sein sollst, bis hin auch in die Geschlechtsrolle und wir Erwachsenen sind natürlich da schon längst festgelegt. Wir haben schon Rollen eingenommen oder sind zu Rollen verdammt worden. Manchmal sind es mehrere Rollen. Es gibt das öffentliche Gesicht und das private Gesicht oder in der Partnerschaft bin ich anders als in sozialen Arbeitsbeziehungen usw. Das ist auch in Ordnung, also weil die jeweilige soziale Rolle ja auch eine Funktion hat, dass man dort auch gut zurechtkommt usw., aber für viele sind diese sozialen Rollen nicht mehr dynamisch genug, sie sind festgelegt von oben, von außen durch Erziehung, durch ökonomischen Druck festgelegt.

Grell: Durch politische Korrektheit auch?

Maaz: Natürlich und dadurch entstehen dann eben sowohl Krankheiten, weil man leidet unter dieser Einengung und es entstehen jede Menge soziale Konflikte, weil andere Tendenzen, die man in sich hat, nicht mehr sich zeigen dürfen, nicht mehr entfaltet werden, also müssen wir Erwachsenen immer auch danach forschen, ja wie sind wir denn eigentlich.

Grell: Wer sind wir wirklich?

Maaz: Ja, wie sind wir wirklich? Was will ich wirklich? Nicht, was muss ich, was soll ich oder was brauche ich, um äußere Akzeptanz und Anerkennung zu finden, das wissen wir meistens, aber wir wissen oft nicht mehr, wenn wir diese ganze Fassade weglassen, was dann noch übrig bleibt, was unsere wirklichen Bedürfnisse und Wünsche sind und dort würde ich sagen, wäre wieder der Ansatz für jeden einzelnen, danach zu forschen, sich in Gesprächen mit anderen drüber zu verständigen, danach zu suchen und notfalls auch mal professionelle Hilfe anzunehmen, um sozusagen sein wahres Selbst, was oft rudimentär geworden ist, zu entdecken.

Grell: Ich finde es auch manchmal faszinierend, auch gerade bei ja wieder Männer-Frauen-Thematik, Feminismus. Ich bin ja in den 90er Jahren aufgewachsen und dann quasi gerade dort mit der westlichen Sozialisierung, dort in die Schule gekommen und gerade auch in den Medien zum Beispiel auch immer dieses, was ich dann erst später für mich entdeckt habe… Wenn ich jetzt zum Beispiel irgendwo eine Frauensilhouette sehe, gucke ich erst mal hin. Das ist quasi fast wie ein Automatismus, ich habe auch früher, selbst als ich es früher mir nicht gestattet habe, weil es wurde mir quasi so andressiert davon, selbst da ist es passiert und früher habe ich mich immer schlecht dafür gefühlt und ich sehe es ja auch bei den anderen Männern auch so und dann ist eben die Frage, wenn das eben solche biologischen, wie soll man dazu sagen, Imperative quasi schon, dann negativ belegt, kann man doch nur krank werden davon.

Maaz: Das ist richtig, dann entsteht wieder eine neue Form von dem, was richtig sein soll, wie man sich korrekt verhalten soll und dem, wie man tatsächlich ist. Das ist auch die Hauptquelle aller seelischen Erkrankungen, die in der Kindheit festgelegt wird, dass das Kind nicht um seiner Selbstwillen verstanden und akzeptiert wird, sondern immer erst dann, wenn es sich so verhält, wie es die Erwachsenen wollen. Damit ist es aber entfremdet, ja? Und diese Entfremdung, wenn man es wieder biologisch oder physiologisch nennen will, erzeugt einen Dauerstress, weil man ja in einem Dissens lebt zwischen seiner Natur und dem, was kulturell oder sozial gefordert ist und dieser Dauerstress ist dann sozusagen die Matrix für alle möglichen Erkrankungen oder eben Konflikte, die man dann austrägt. Also dort praktisch liegt die Verantwortung, dass man von Anfang an Kinder nicht von sich selbst so sehr entfremdet und wir Erwachsenen haben die Aufgabe zu gucken, okay, das sind soziale Rollen, die sind vielleicht auch nützlich, man kann zum Beispiel sagen, dass die Lüge die Basis der sozialen Beziehungen ist, wenn man immer in jeder Hinsicht ehrlich wäre, würden die meisten Beziehungen gar nicht mehr funktionieren, ja? Also jetzt mal nur zugespitzt, aber dass wir akzeptieren, okay, wir müssen Rollen auch annehmen. Wenn ich mich ins Auto setze, muss ich die Rolle des Verkehrsteilnehmers nach der Verkehrsordnung akzeptieren, sonst mache ich mich strafbar oder bring mich in Gefahr und andere, ja? Und daneben sollte es immer auch Freiräume geben, wo ich zu dem finde oder auch das entfalten kann, was ich wirklich bin, außerhalb dieser sozialen Rolle und das ist, glaube ich, eine Aufgabe, die wir alle immer wieder zu lösen haben.

Grell: Wunderbares Schlusswort, vielen Dank. Liebe Zuschauer, die Spaltung zwischen Männer und Frauen haben wir als Thema heute gewählt und wir haben gerade gesehen, dass nicht unbedingt die Kollektiv-gegen-Kollektiv-Lösung dort anzustreben ist unbedingt, sondern dass es auch bei einem selbst anfangen kann, dass man in sich selbst schauen kann, was ist eigentlich meine Natur, auch dahin wieder zurückzufinden, Konflikte aufzulösen und gerade auch bei Kindern diese Konflikte nicht erst aufzubauen, damit auch gerade an diesen Trennlinien nicht die Geschlechter sich auch spalten, nicht die eigene Persönlichkeit darunter leidet, sondern dass man auch wieder in gesunder Weise zusammenfinden kann. Herr Maaz, lieben Dank. Wo können Zuschauer Sie finden, wenn sie Sie erreichen wollen?

Maaz: Ja, am besten über die Webseite der Stiftung, die Hans-Joachim-Maaz-Stiftung für Beziehungskultur, da ist der Kontakt möglich.
Grell: Vielen Dank, dass Sie da waren. Liebe Zuschauer, vielen Dank fürs Dabeisein und bis zum nächsten Mal, tschüß.

Pauschale Diabolisierung des Mannes

achgut.com

Warum Frauen alte weiße Männer wählen

 

Erwachsene Frauen mit Lebenserfahrung sind in der Lage, das zu erklären. Da diese Frauen aber seit Jahren in den sogenannten „Mainstream“-Medien unterrepräsentiert sind, kann sich dort eine vergleichsweise kleine Gruppe von überwiegend ziemlich jungen Frauen Gehör verschaffen, die zu einer merkwürdigen Form von inversem Sexismus neigt. Einer pauschalen Diabolisierung des Mannes, die man früher so nur in von katholischen Nonnen geführten Höhere-Töchter-Schulen gefunden hat.
“I am a feminist. All this means is that I am extremely hairy and hate all men, both as individuals and collectively, with noexceptions.” – Bridget Christie

Von Lizzy Stender

These 1: Frauen mögen keine perfekten, überehrgeizigen Frauen

53 Prozent der weißen Amerikanerinnen haben Donald Trump gewählt. Diese Tatsache kann zu den vielen anderen „Überraschungen“ der politisch-medialen Kaste über das Wahlergebnis in den USA einsortiert werden, wobei die Überraschung mit der Realitätsferne der arroganten Eliten zusammenhängt.

Die wissenschaftliche Analyse der „53 Prozent“ wird sicher einige Zeit benötigen. In ihrer Deutlichkeit zeigt die Zahl an sich, dass es in den USA eine Menge Frauen geben muss, die Donald Trump trotz seiner nicht zeitgemäßen Statements zum Thema Frauen für wählbar gehalten haben für das höchste Amt der Nation. Darunter sind vermutlich nicht wenige, die nicht für Donald Trump, sondern gegen Hillary Clinton ihre Stimme abgegeben haben.

Aus dem Blickwinkel einer Frau kann es wenig nachvollziehbar erscheinen, warum die zweifache Großmutter Clinton so verbissen darum gekämpft hat, ausgerechnet auf jenem Sessel im Oval Office Platz nehmen zu dürfen, auf dem sich dereinst Ehemann Bill von Monica Lewinsky den politisch folgenreichsten blow job der jüngeren amerikanischen Geschichte applizieren ließ. Wobei „frau“, sofern sie über Lebens- und Beziehungserfahrung verfügt, hier zwei Tatbestände unterscheidet: einerseits den außerehelichen Sexualverkehr und andererseits die öffentliche Demütigung der betrogenen Ehefrau, verbunden mit dem breiten Auswalzen intimster Details in den Medien.

Mit dem ersten Tatbestand kann eine Frau leben, ohne Einbuße an Würde und an Respekt, der ihr entgegengebracht wird – vielleicht paradoxerweise sogar im Gegenteil, einem Zugewinn. Beispiel: das bundesdeutsche Vorzeige-Langzeit-Ehepaar Loki und Helmut Schmidt, Schlüsselwort: Diskretion. Millionen und Generationen von Frauen in allen Schichten  vom Patriarchat geprägter Gesellschaftssysteme  haben mit der Herausforderung „mein Mann geht fremd“ gelebt und ein breitgefächertes Spektrum an Verhaltensweisen im Umgang damit entwickelt. Von der stillen Dulderin bis zur Vorsitzenden des örtlichen Sittlichkeitsvereins – was am Ende des 19. Jahrhunderts mit der zunehmenden öffentlichen Präsenz der Frauen des wohlhabenden Bürgertums möglich wurde. Und damit unendlich Stoff geliefert hat für Weltliteratur und Boulevardkomödien, die nicht selten davon lebten, dass die betroffene Frau den Spieß umdrehte und ihrerseits dem fremdgehenden Ehegespons Hörner aufsetzte oder dies zumindest antäuschte.

Für eine Revanche in dieser Form wäre Hillary aber reichlich spät dran gewesen. Was – außer überdimensionierte Macht- und Profitgier – kann eine Frau dazu bringen, sich so anzustrengen, um an den Ort ihrer öffentlichen Demütigung und Niederlage zurückzukehren? Die Mehrheit der weißen Amerikanerinnen wollte Ms. Rodham Clinton jedenfalls nicht als Präsidentin im Weißen Haus sehen.

These 2: Frauen mögen keine öffentlichen Anklägerinnen

Ende der neunziger Jahre, als die Wahl ihres Bundespräsidenten fast ausschließlich die daran beteiligten Österreicher, und auch die nur leidlich, interessierte, gab es im Nachbarland einen echten Aufreger. Höchstwillkommen für die Medienschaffenden, die über die ansonsten sterbenslangweiligen Optionen, Wiederwahl des aktuellen Amtsinhabers oder Wechsel zum Vertreter der andersfarbigen Großpartei, zu schreiben hatten. Der amtierende Bundespräsident Thomas Klestil hatte sich in seiner ansonsten unauffällig absolvierten Amtszeit in der Hofburg ein außereheliches Verhältnis mit einer Staatssekretärin im Außenministerium zugelegt, was nach jahrhundertelanger k.u.k.-Hofschranzen-Tradition selbstverständlich nicht unbemerkt und unkommentiert geblieben war. Während seiner Kampagne für eine zweite Amtszeit tauchte unvermittelt Klestils Noch-Ehefrau auf, die mit einem Trommelfeuer aus Vorwürfen des Moralisch-Ungeeignet-Seins in tränenreichen Auftritten in allen verfügbaren Medien gegen die Wiederwahl ihres untreuen Gatten kämpfte.

Damals bestand Wahlpflicht in Österreich – weil sonst niemand freiwillig hingegangen wäre, wie böse Zungen behauptet haben. Diesmal wurde das Ergebnis mit einiger Spannung erwartet. Und siehe da, Thomas Klestil war mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt worden. Aufgrund der natürlichen Zusammensetzung des Wahlvolkes mussten eine ganze Menge Österreicherinnen den Bundespräsidenten Klestil trotz seiner Affäre für moralisch geeignet gehalten haben. Die Appelle  der betrogenen Gattin an die weibliche Solidarität hatten nichts gefruchtet.  Für das Problem eines – im katholischen Österreich – frisch geschiedenen Staatsoberhauptes mit hartnäckig weitergepflegter Beziehung zu besagter Staatssekretärin wurde dann eine Lösung gefunden, um deren Möglich-Sein Tu felix Austria bestimmt von vielen Politikern und Diplomaten auf der Welt beneidet wird. Der Präsident bekam zur Auflage gemacht, dass die Dame des Anstoßes umgehend aus dem Außenministerium wegzubefördern und bei einer Auslandsvertretung der Republik Österreich unterzubringen sei. Thomas Klestil fügte sich und versetzte seine Herzliebste in die österreichische Botschaft in – Bratislava, Hauptstadt der frischgebackenen Republik Slowakei, ganze sechzig Kilometer und damit etwa eine gute halbe Auto-Stunde von der präsidialen Hofburg in Wien entfernt. Alle waren zufrieden und der Kaiser – pardon, Bundespräsident, herrschte würdevoll bis zu seinem Tode wenige Tage vor Ende seiner zweiten Amtszeit über alle Österreicherinnen und Österreicher.

These 3: Viele Frauen mögen Männer, so wie sie eben sind. Mit allem, was in ihnen drin und an ihnen dran ist. OK, nicht alles, aber das allermeiste.

„Kinder, heut‘ Abend, da such ich mir was aus, einen Mann, einen richtigen Mann! Die Jungs, die hängen mir schon zum Halse raus, …. Einen, dem das Feuer aus den Augen sprüht, einen Mann, einen richtigen Mann…“, sang Marlene Dietrich in den dreißiger Jahren.

Gestern, beim Mittagstisch hier auf der Ferme, erzählte Mathieu, langjähriges Mitglied des Kollektivs, dreißig Jahre alt, gelernter Tischler, seit kurzem wieder solo, wie er vor einiger Zeit in einem Meditations- und Fastenzentrum zehn Tage lang ohne Sprech- und Sichtkontakt zu den achtzig Männern um ihn herum von vier Uhr morgens an meditiert hat, um „seine Wut zu zähmen“. Nicht, dass er mir vorher durch Wutanfälle aufgefallen wäre. Im Gegenteil, er kam immer als ein ruhiger Typ rüber, von seiner damaligen New-Age-inspirierten Gefährtin bereits mit fester Hand auf Achtsamkeit getrimmt. Diese harte Unerbittlichkeit gegen sich selbst, mit der er sich zur Sanftheit zwingen will, hat mich rat- und sprachlos gemacht.

Warum ist das „Feuer, das aus den Augen sprüht“ vielen jungen Männern so lange vorgeworfen und madig gemacht worden, bis nur noch ein stubenreiner braver Dackelblick übrig ist? Vielen Dank, liebe (mir erspart gebliebene) Schwiegermama und liebe Beziehungs-Vorgängerin, für diesen handzahmen Kuschelbären, leinenfromm und gehorsam, nur in gute Hände abzugeben, da hoch sensibilisiert und permanent vorauseilend schuldbewusst – und zum Gähnen langweilig obendrein.

Was fängt eine erwachsene, selbstbewusste und selbstsichere Frau an mit einem Mann, der sich jenseits der vierzig noch kleidet und benimmt wie der pubertierende Liebling von Mama? Der immer noch nicht weiß, was er mit sich und seinem Leben anfangen will und daher weiter achtsam in sich hineinhören möchte? Jedes Töpfchen findet sein Deckelchen, sagte man früher. Bestimmt gibt es genügend Frauen, die sich nur von diesen allzeit wohltemperierten Weichen verstanden fühlen.

Der weitaus größere Teil der Menschheit weiblichen Geschlechts tendiert jedoch aus – igitt, biologischen – Gründen in mancher Hinsicht riskanterweise dazu, ausgewachsenen, „richtigen“ Männern den Vorzug zu geben vor der gezähmten oder gar emotional kastrierten Version. Offenbar haben sich in der kurzen Geschichte der Evolution der Menschheit bisher vorwiegend die Männer durchgesetzt, die am besten in der Lage waren, ein Nest zu bauen und zu beschützen. Nicht zuletzt zum Schutz und zur Verteidigung des „Nestes“ haben sich männliche Menschen allerhand einfallen lassen, was unter anderem zur Basis und zu zahlreichen Annehmlichkeiten unserer Hochzivilisation geführt hat, unvermeidlicherweise auch zu manchen Schattenseiten. Wenn nun all diese Entdecker und Erfinder ihr halbes Leben lang in sich hineingehorcht hätten, ob sie sich erlauben dürfen, notfalls unter Gewaltanwendung Neuland zu erobern… ich glaube, wir säßen heute noch im Schneidersitz auf dem nackten Felsboden der Höhle und würden mit dem rußgeschwärzten Finger Bisons auf die Wände malen – wenn uns nicht schon längst der Höhlenbär verspeist gehabt hätte.

Wer jemals einem Mann in die Augen gesehen hat, der nach tagelangem Tüfteln in der Werkstatt den richtigen Platz für die richtige Schraube gefunden hat, der einem den in den frühen Morgenstunden geschriebenen Patch für das Betriebssystem zeigt, mit dem der hundertfach verfluchte Computer wieder zum Laufen gebracht wird – der hat vielleicht einen Funken von diesem Feuer gesehen. Prometheus lässt grüßen. Angesichts der anstehenden Herausforderungen – Stichwort Vierte Industrielle Revolution – werden wir wohl jede Menge von diesem Feuer gebrauchen können. Die mit dem Hier und Jetzt in völligem Einklang einverstandenen Meditations-Jünger haben in dieser Umwälzung, glaube ich, geringere Überlebens- und Fortpflanzungschancen.

Männer gibt es nur im Gesamtpaket. Inklusive all der lästigen, mal mehr, mal weniger ausgeprägten Besonderheiten, wie der Tatsache, dass einige vom Typ Trump zu sexueller Prahlerei neigen, oder wie Klestil tatsächlich fremdgehen (was im persönlichen Erleben eine grausam schmerzhafte Erfahrung für die betroffenen Frauen sein kann). Die berechtigte Kritik an diesem Verhalten darf aber nicht dazu führen, über die Eignung oder Nicht-Eignung des betreffenden Mannes für Einsätze außerhalb seiner sexuellen Privatsphäre letztinstanzliche Urteile zu fällen. Der südafrikanische Chirurg Christiaan Barnard war seinerzeit mit seinen Frauenbeziehungen regelmäßiges Thema in der Regenbogenpresse. Dessen ungeachtet hat er bei der Entwicklung der Operationsmethoden zur Herzverpflanzung Bahnbrechendes geleistet.

Resümee: Frauen fragen

Erwachsene Frauen mit Lebenserfahrung sind in der Lage, diesen feinen Unterschied zu erkennen. Da diese Frauen aber seit Jahren in den sogenannten „Mainstream“-Medien unterrepräsentiert sind, kann sich dort eine vergleichsweise kleine Gruppe von überwiegend ziemlich jungen Frauen Gehör verschaffen, die zu einer merkwürdigen Form von inversem Sexismus neigt. Einer pauschalen Diabolisierung des Mannes, die man früher  so nur in von katholischen Nonnen geführten Höhere-Töchter-Schulen gefunden hat. Hysterische Misandrie in Verbindung mit Hyper-Moralisieren lautet meine Diagnose. Wenn im selbstbezogenen Hauptstadt-Ringelreihe Medien und Politik einander gegenseitig ihre Minderheitsmeinungen als das allgemeingültige „Narrativ“ verkaufen, dann ist natürlich Raum für allfällige Überraschungen gegeben, wie im Falle Trump for President. Beruhigend und positiv bleibt, dass zumindest in Teilbereichen die Demokratie noch funktioniert, indem eine medial nicht wahrgenommene und politisch nicht wertgeschätzte Mehrheit sich per Stimmzettel zu Wort meldet. Ein beachtlicher Anteil dieser Wählerschaft wird von eben diesen oben beschriebenen erwachsenen Frauen mit Lebens- und Beziehungserfahrung gestellt. Es ist eine weiteres „Ungenügend“ im Armutszeugnis für den politisch-medialen Komplex, dass seine Vertreter am Tag nach der Wahl in den USA zugeben müssen, über diese Millionen von wahlberechtigten Frauen – wie auch überhaupt über den Wahlsieger selbst – so gut wie nichts zu wissen. Vielleicht sollte man sie mal fragen anstatt sie verächtlich zu machen.

Lizzy Stender, gebürtige Stuttgarterin, lebt nach einem kosmopolitischen Berufsleben zur Zeit auf einem Bio-Bauernhof an der Grenze vom Limousin zur Auvergne.

Genderismus im Baumarkt

Um mal aus dem Nähkästchen zu plaudern: Mitunter kann so eine Hinleitung zum eigentlichen Thema schon so raumfordernd geraten, dass die geplante Story droht, auf der Strecke zu bleiben. Versuchen wir mal, den Bogen noch zu bekommen. Die Geschichte beginnt so: Bei vier Kindern stand der Umzug der Eltern in den Keller an, weil für den Jüngsten das elterliche Schlafzimmer zum Jugendzimmer umgestaltet werden sollte. Darüber könnte man nun lange streiten: Warum der Junge nicht in den Keller geht, warum sich die Kinder nicht wie früher ein Zimmer teilen könnten usw.

Aber dann geht’s schon schnurstracks in den Baumarkt. Und hier droht schon wieder der nächste erzählerische Abschweifer hin zu „Männer im Baumarkt“. Männer in ihren letzten Rückzugsreservaten. Hunderte Hochregale entfernt von Menstruation und Co. Fern von hormonellen Schwankungen und diesen ewigen Unergründlichkeiten. Männer ganz bei sich könnte man also meinen. So ein Baumarkt ist tatsächlich das Friedenszeiten-Pendant zur Waffenkammer bei der guten alten Bundeswehr oder zum Autogebrauchtwagenmarkt am Sonntagvormittag nach dem Kirch- und noch vor dem Kneipengang.

Was aber, wenn man mit Frau und Tochter in den Baumarkt geht? Katastrophe? Nein, wenn man es geschickt anstellt, kann das kann sogar noch einmal die Steigerung des männlichen Begehrens sein. Nämlich dann, wenn die Damen freiwillig – quasi hypnotisiert von diesen für die weibliche Seele so befremdlich kühl durchorganisierten Regalen und Systemen – den anwachsenden Werkzeug-, Schrauben-, Nägel- und Latteneinkauf schleppen, während Mann geradezu osmanisch gelassen mit leeren Händen vorweg marschiert. Denkend. Planend. Eben auf seine typische Art vorausschauend.

Im Baumarkt ist der Mann noch ein Mann

Schnitt. Wir sind nun in der Farbenabteilung (großer Deckenhänger im Gang: „Farben“) vor einem Sonderregal angekommen. Eigentlich ging es an dieser Stelle nur um den gezielten Griff im Vorübergehen nach dem obligatorischen Eimer weißer Innenfarbe. Das 10-Liter-Gebinde. Früher, also noch zu Wohngemeinschaftszeiten in den 1980/90ern, griff man ja quasi im Schlaf nach Alpina, wollte man die Rauhfaser des WG-Zimmers zum x-ten Male überstreichen. Heute tut es längst auch die viel preiswertere Baumarkt-Eigenmarke. Dazu noch eine Tube Vollton-Abtönfarbe, die man wie früher einfach ins Alpina goss, hoffend, dass so schon irgendein annehmbarer Pastellton entstände, der zumindest so gut verrührt war, das später die Rauhfaser nicht aussah, wie marmoriert. Was sie dann aber meistens doch tat.

Da steht also besagtes Sonderregal. Ein Alpina-Sonderregal. Markenkommunikativ durchorganisiert wird eine Neuentwicklung bereits fertig angemischter Wandfarben präsentiert. Annährend drei Dutzend unterschiedlicher Farbmischungen in 2,5 Liter Henkel-Blecheimern wie früher. Großeltern-Eimerchen. Der archaische Henkelgreifreflex soll noch von einer Sammlung von Postkarten ausgelöst werden. Solche, wie man sie aus diesen immer so unordentlichen freecard-Ständern aus alternativen Gastronomien kennt. Und von denen man sich immer fragt, wer die warum überhaupt mitnimmt – oder sogar mit Briefmarke beklebt und an sich selbst verschickt.

32 Postkärtchen, durchnummeriert von No. 01 bis No. 32. („No.“ statt „Nr.“ – eine nostalgische Analogie zu den Bleicheimern?) Kein Witz: Jede einzelne ist eine Visitenkarte für eine bestimmte henkelvertopfte Mischfarbe. Mann liest, während die vollgepackten Frauen schon von hinten drängeln. Und tatsächlich kapiert man es schon nach dem zweiten, dritten Kärtchen: Hier im Baumarkt hat man am neuen Alpina-Regal den Innenausstatter der politisch korrekten Gesellschaft mit heruntergelassenen Hosen erwischt. Ein mediterraner Mittelschichttraum in Text. So etwas Wunderbares muss man sich erst einmal einfallen lassen. Ein helles Pastellgelb im Eimer heißt hier zart hingehaucht „Elfenbein-Rebellin“, Unterzeile: „Zurückhaltendes Pastellgelb“. Und auf den Kartenrückseiten wurden jeder dieser „edelmatten Wandfarben für Innen“ noch ein paar persönliche Zeilen hingeschrieben. Liebesbriefe an die Farbe.

Alpina_1Bei No.02, „Nebel im November“, einem melancholischem Mittelgrau, wie die Unterzeile erklärt heißt es da beispielsweise „Das neblige Grau das Novembers besitzt trotz – oder wegen – des Hauchs von Melancholie eine ganz eigene ästhetische Kraft, die innehaltende Ruhe und Stille in sich trägt.“ Das erinnert in seiner suggestiven Sprache mindestens an diese soghafte impressionistischen Texte moderner Lyriker, wie Stéphane Mallarmé einer war.

Die Farbinspiration des „Sanfter Morgentau“, was ein „blasses Graugrün“ sein soll, wird so beschrieben: „Der Morgentau offenbart eine Ästhetik aus Millionen Wassertropfen, die mit ihrem sanft silbrig schimmernden Schleier aus gläsern-fragilen Tauperlen Gräser und Blätter benetzen. Diese elegante, zarte Nuance ist so sanft wie ein friedvoller Tagesanbruch, der seine subtile Schönheit enthüllt und die perfekte Ausgewogenheit von Wärme und Kühle besitzt.“

Tatsächlich ein Offenbarung. Ehrlich, wer hier nicht innerlich vibriert, dem ist nicht mehr zu helfen. Der Kerl, der auch hier nicht seine weibliche Seite entdeckt, der hat nie bei Pretty Woman ins Taschentuch geschneuzt oder bei Brokeback Mountain mit Heath Ledger um Jack Gyllenhaal eine Träne verdrückt, als dieser einen Knopf der Jacke des Verstorbenen schließt und mit Tränen in den Augen sagt: „Jack, ich schwör’s dir …“.

Nein, den Alpina-Feine-Farben-Farbton „Brokeback Mountain“ gibt es noch nicht, könnte es aber! Dafür dann No.28, „Vers in Pastell“, ein „Liebevolles Apricot“. So sehr apricot sogar, dass es dort heißt: „Diese pudrige Apricot-Nuance zeigt sich klassisch und natürlich, bringt ihre schönste Seite, ihr weiches Naturell zum Vorschein. Feminin und elegant, jedoch nicht „mädchenhaft“. Nein klar, das ginge ja auch zu weit in so einem Brokeback-Mountain-Bubenbaumarkt.

„Steinblaue Schönheit“, „Dezente Opulenz“, “Hüterin der Freiheit“, „Befreiter Feuervogel“, „Melodie der Anmut“, „Erde des Südens“ oder „Tanz der Sehnsucht“ – darunter macht es das gute alte Alpina von 2016 nicht mehr. Ein Adjektivregen wie ein sanfter warmer Niesel am Abend, wie eine nie enden wollende blaue Stunde, wie .. ach je, die Sache wirkt über die Maßen ansteckend.

Wie Politiker streichen könnten

Und man beginnt schon zu fabulieren, wer denn nun welche Farben kaufen könnte. Sigmar Gabriel würde die „Dezente Opulenz“ sicher umgehen, dafür aber vielleicht bei der „Ruhe des Nordens“ zugreifen. Kathrin Göring-Eckardt kann man sich so gut im aus dem „Hüterin der Freiheit“-Blecheimer gestrichenen Frühstückszimmer vorstellen – nicht weniger, als ein „edelmütiges Patinagrün“.

Ach was, nicht gestrichen! Diese Farben dürfen maximal irgendwie an die Wand gehaucht werden. Oder getupft vielleicht mit den neuen Alpina-Dauerwattebäuschen. Es ist so anrührend fertig angerührt. Es macht so wohnstolz wie das „Licht der Gletscher“ oder der „Stolze Wellenreiter“, ein tiefes Azurblau, das so gut zu … na klar, zu Angela Merkel passen würde: „Das kraftvolle Azurblau verströmt Inspiration und Eleganz, ist tiefsinniger Freigeist und Abenteuer. Und es ist sich bewusst, es mit anderen Tönen aufnehmen zu können.“

Wir lesen uns nun gegenseitig die Karten vor. Jede neue Zeile schöner als die andere. Alpina-Feine-Farben im Hörbuchmodus. Die profanen Latten, die Schrauben, Nägel, der Zuschnitt, die Gartenecke – alles ist jetzt nichts. Wir schweben durch die Hochregale. Und wir dichten weiter. Wir sind fast schon bereit, die 35 Euro für so ein lyrisches Blecheimerchen zu bezahlen, können unser aber partout nicht auf eine dieser Feen- und Elfenstäubchen einigen und nehmen stattdessen alle Karten mit für zu Hause. Zum immer wieder Nachlesen!

An der Kasse bezahlen wir unsere schnöden Latten und den ganzen anderen so langweiligen Schlafzimmerumbau-Kram. Wir fragen aber noch die Kassiererin, so eine resolute Mitfünfzigerin in Baumarktorange. „Werden diese feinen Farben denn schon viel gekauft?“ Die Hochsteckfrisur mit lila Akzenten schaut nur kurz auf den viel zu dicken Stapel Kärtchen, schaut noch mal und meint dann grinsend: „Dieses Latte Matschiato und Kackbraun? Nö, das hat bei mir noch keener jekauft.“