Kategorie-Archiv: Kitsch

LOVE IS IN THE AIR!

„Bento“ ist ein Online-Format von „Spiegel Online“, mit dem die Zielgruppe der 18- bis 30-Jährigen erreicht werden soll, die Spiegel Online bisher nicht lesen. Zwischen jede Menge Hippster-Gefasel, Social-Media-Klugscheißerei und Party-, Sex- und Ausgehtipps rückt man darin immer auffälliger den Plus-Deutschen, also jenen mit Migrationshintergrund oder besser den gestern eingeschneiten „Schutzbedürftigen“ in den Vordergrund, nicht ohne dieser Spezies fortschrittliche und eben hippe Attribute anzudichten. Am 15.12. 2016 lesen wir bei Bento unter der Rubrik „Fühlen“ eine herzerweichende Liebesgeschichte:

In der zur Schmonzette aufgearbeiteten Werbung für die Islamisierung Deutschlands und für die masochistisch veranlagte deutsche Frau geht es um Laura, 27, und Omar, 25, die geheiratet haben, „weil sie endlich zusammen sein wollen„. Laura ist Studentin, aber das nur nebenbei, denn hauptberuflich betätigt sie sich als Flüchtlingshelferin. An einer anderen Stelle des Rapports sagt sie, sie sei „Christin, um göttliche Gesetze schert sie sich aber nicht. Sie folgt lieber der Vernunft. Und die sagt: Menschen, die sich lieben, gehören zusammen.“ Omar dagegen ist ein typischer Asylbetrüger alter Schule:

„Vor zwei Jahren flieht er aus seiner Heimatstadt Hebron im Westjordanland nach Deutschland. Er hat Glück: Die deutsche Auslandsvertretung in Ramallah stellt ihm ein Visum für medizinische Behandlung in Deutschland aus. Er muß nicht mit einem Schlauchboot das Mittelmeer überqueren oder sich zu Fuß über die Balkanroute quälen. Ein Flugzeug bringt Omar von Amman nach München. Als sein Visum abläuft, bleibt Omar in Hamburg, bittet um Asyl und trifft Laura.“

Wieso ist ein Palästinenser aus dem Westjordanland, in dem kein Krieg herrscht, ein Flüchtling? Vor was flieht er denn? Warum ausgerechnet nach Deutschland und nicht in die Türkei oder nach Ägypten nach Neuseeland? Weshalb stellt ihm die „deutsche Auslandsvertretung in Ramallah“ ein Visum für medizinische Behandlung in Deutschland aus? Und wer bezahlt diese Behandlung und das Flugticket? Ziemlich viele Fragen, die ihm zu stellen die Ungläubigen offenkundig nicht gewagt haben. Doch Schwamm über all diese überflüssigen Fragen, denn schließlich geht es hier nicht um so profane Dinge wie Geld oder Aufenthaltsrecht, da hat Deutschland wahrlich ein immens größeres Problem mit der jeden Moment drohenden Machtergreifung durch die Nazis. Nein, hier geht es um true love. Die finaliert glücklich:

„Als ein Imam das Paar an einem heißen Tag im Juli in der Hamburger Al-Nour-Moschee traute, wohnte Laura noch in einer Studenten-WG und Omar in einem Flüchtlingscamp.“

Naja, ein bißchen sonderbar ist es schon, daß ausgerechnet die „Christin“ Laura sich von einem Imam in einer der berüchtigten Moscheen im Lande, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, mit ihrem Herzallerliebsten trauen läßt. Wieso nicht in einer Kirche von einem Pfarrer? Sollte die Integration in der Regierungsvision nicht derweise ablaufen, daß der „Neubürger“ sich in die hiesigen Gepflogenheiten einbringt und nicht umgekehrt? Nein, denn ich habe unfairer Weise schon den Schluß des Märchens verraten, bevor ich preisgab, was vorher vorgefallen war und daß Omar gar nicht anders als so handeln konnte, weil er wo er ging und stand stets von zwei Herren im Kaftan namens Mohammed und Allah gehandicapt wurde:

„Irgendwann sprechen sie auch über die Liebe. Und über Religion, weil sich beides in Omars Welt nicht voneinander trennen lässt. Omar ist gläubiger Muslim. Mehrmals in der Woche betet er in der Moschee, meidet Alkohol, Drogen und Schweinefleisch. Auch eine Beziehung außerhalb der Ehe verbietet ihm sein Glaube. `Laura, ich liebe dich´, gesteht er ihr eines Abends bei einem Spaziergang um die Alster, `aber du wirst niemals meine Freundin sein.´“

Gut, das hat Omar nicht so gemeint, schließlich bekommt er vom Wichsen auf die deutschen Frauen schon Schwielen an den Händen. Deswegen einigt man sich auf einen Kompromiß; Omar bleibt so wie er ist, also bei seiner Islam-Agenda und Laura tut nicht nur doof wie bisher, sondern ist es in Zukunft voll und ganz:

„Für Laura ist es ein Kompromiß, bei dem sie mehr gewinnt, als verliert. Sie muß nicht konvertieren, kein Kopftuch tragen oder in Zukunft auf Wein-Abende mit ihren Freunden verzichten.“

Wie muß ich mir das vorstellen, Laura? Kommst du von den „Wein-Abenden“ mit deinen Freunden hackedicht nach Hause, während Omar sein letztes Gebet auf dem Gebetsteppich für die Nacht verrichtet und lallst ihn auch noch voll, wie toll das Weihnachtsfest gewesen ist und daß ihr alle Ringelpiez mit Anfassen gespielt hättet? Und über die Sache mit dem nicht Konvertieren und kein Kopftuch-Tragen ist, meiner bescheidenen Meinung nach, auch noch nicht das letzte Wort gesprochen.

„Laura hat jetzt begonnen, den Koran zu lesen, weil sie nicht verstehen kann, wo der Haß gegen Muslime herkommt. Dort steht, daß man seine Familie ehren soll, daß Ehrlichkeit und Loyalität einen guten Menschen definieren und daß es sich gehört, anderen in Not zu helfen. `Diese Werte stehen auch in der Bibel´, sagt Laura. `Ich sehe da keinen großen Unterschied.´“

Da ist auch kein großer Unterschied. Im Koran stehen nämlich lauter geile Dinge drin wie in der Bibel, halt was von loyalen guten Menschen und Helfen und so. Sonst nix. Und wo der Haß gegen Muslime herkommt, ja mei, weiß der Henker woher der kommt, vermutlich wieder von diesen Nazis. Allerdings muß gesagt werden, daß Laura sich erst auf Seite eins im Koran befindet, und die geileren Stellen noch folgen werden. So hat sie es auch mit der Bibel gehalten und nach der ersten Seite das Lesen eingestellt, weil darin auch der gleiche Sermon von guten Menschen stand. Auf Grund dessen kann sie als Bibelwissenschaftlerin auch derart detailliert vergleichen. In der Zwischenzeit kümmert sich Omar um das eheliche Wohlbefinden. Er …

„… putzt die Wohnung, kauft ein, und wenn Laura abends von der Uni nach Hause kommt, stehen Hummus, Tomaten und Brot auf dem Tisch. Manchmal kocht Omar Maqluba, ein arabisches Risotto. Der Geschmack erinnert ihn an seine Heimat und an seine Familie, seine Eltern und die sieben Geschwister. Zwei Jahre hat er sie nicht mehr gesehen, telefoniert oder skypt aber jeden zweiten Tag mit ihnen.“

Manchmal kocht auch Laura, und zwar Schweinshaxen und leckeren Spießbraten, die beide mit einem kühlen Maß Bier verputzen. Allerdings tut sie das nur im Traum, weil Omars Hummus und Maqluba, die ihr schon aus dem Rachen raushängen, in religionskriegerischer Konkurrenz zu den Speisen des Gastlandes stehen. Da sollte man kulinarisch den Ball flach halten und zumindest in der Küche sich der einzig wahren Religion unterwerfen. Die Liebe verzeiht schließlich alles.

Richtigen Appetit hat Laura eh nicht mehr, wenn sie daran denkt, daß die Eltern und die sieben Geschwister von Omar nach dessen Deutschwerdung durch diese komische Imam-Heirat schon mal ein Stein im Brett beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben und bald ins gelobte Keine-Arbeit-trotzdem-Geld-Land folgen dürften. Früher hatte man so etwas halb verächtlich, halb ironisch „buckelige Verwandtschaft“ genannt, nämlich irgendwelche unsympathischen Leute, die man infolge der Verbindung mit dem Partner wohl oder übel in Kauf zu nehmen hatte und froh darüber war, wenn sie nach nervigen Essen zu festlichen Anlässen wieder das Haus verließen. Heute jedoch, das weiß auch Laura, muß man ein großes und hypergefühliges Geschiß um die Familie machen, wenn es Moslems betrifft, und so tun, als sei man selbst in einem Bärenclan aufgewachsen. Ich fürchte, Laura wird noch ihr blaues Wunder erleben, wenn Omars „Geschmack seiner Heimat“ hier mit Sack und Pack eingetroffen ist. Zumindest geht es karrieremäßig mit ihm bergauf. Also in der Theorie:

„In Hebron verdiente Omar seinen Lebensunterhalt als Manager einer Shisha-Bar, in Deutschland würde er gerne studieren. Am liebsten Psychologie. Er spricht gut genug Deutsch, um den Alltag auch ohne Lauras Hilfe zu meistern. Bis er Sigmund Freud versteht, wird es aber noch eine Weile dauern. Darum will Omar in der Zwischenzeit eine Ausbildung zum Elektriker beginnen. So schnell wie möglich. Da die Behörden aber noch nicht über seinen Asylantrag entschieden haben, muß er warten.“

Man muß wissen, daß Omar in Wahrheit ein Universalgenie ist und seine Interessen so weit gefächert sind wie die Anzahl seiner Verwandten. Denn als „Manager einer Shisha-Bar“ muß man IQmäßig over the top sein, zum Beispiel beim Leeren der Aschenbecher. Aber wer hätte gedacht, daß ihn auch die Psychologie fasziniert? Der Hinweis der Artikelschreiberin Sinah Hoffmann, daß es noch eine Weile dauern werde bis Omar Sigmund Freud versteht, gibt allerdings Rätsel auf. Wie meint sie das? Heißt das, Omars Abiturzeugnis ist noch beim Paßfälscher in Bearbeitung? Oder meint sie, daß er sprachlich noch nicht soweit ist? Anderseits will er doch in der Zwischenzeit eine Ausbildung zum Elektriker beginnen, bei der sprachliche Defizite sogar tödlich enden können. Auch das lockere Wegstecken der Diskrepanz zwischen den Berufswünschen macht Staunen, denn zwischen Psychologe und Elektriker liegen meiner Erfahrung nach Interessens- und Wissenswelten.

Wieso kann Sinah Hoffmann nicht einfach schreiben, was jeder bereits beim flüchtigen Lesen des Artikels schon weiß? Omar wird weder Psychologe noch Elektriker noch Chefmanager bei Siemens werden, sondern wenn überhaupt irgendwas ein weiterer Soldat im Millionenheer der Asyl- und Migrationsindustrie, wie übrigens auch aus dem restlichen Text hervorgeht. Aber clever ist das Kerlchen, das muß man ihm schon lassen:

„Eigentlich wäre nun Omars Aufenthalt gesichert. Das Paar entschied sich aber dafür, den Asylantrag weiter laufen zu lassen. Als Absicherung. Sollten sich die beiden nämlich innerhalb der nächsten drei Jahre wieder trennen, müßte Omar sofort zurück in seine Heimat …“

Da sei Gott davor! Zurück in die geliebte Heimat? Alles, nur das nicht – außer natürlich zum Urlaub mit Einwilligung der Flüchtlingsbehörde, die, extrem elastisch und flexibel, darüber großzügig hinwegsehen wird, daß der Geflüchtete, naja, wie soll man es ausdrücken, tja, eigentlich aus diesem Land geflüchtet ist.

Wenigstens muß man zugestehen, daß die Ballade von Laura und Omar unfreiwillig komisch ist. Eine taube Nuß mit neurotischem Helfersyndrom, die auf Exoten steht, läßt sich von einem bauernschlauen und fickfreudigen Moslem einwickeln und strategisch ausnutzen, bis er seine Schäfchen im Trockenen hat. Von Vielfalt und aufeinander Zugehen keine Spur. Der Moslem bewegt sich von seiner rückschrittlichen Lebensweise keinen Millimeter vor- und seitwärts, egal wie lange er hier lebt, während die westliche Trulla sich dieses idiotische Beharren als aufregende fremde Kultur einredet. Bekannte Geschichte. Deshalb haben in früheren Zeiten Eltern solche wirren Gänse wie dich, Laura, ganz schnell mit irgendeinem Horst verheiratet, damit sie keinen Schaden anrichten konnten. Aber inzwischen haben wir ja dieses Emanzipations-Ding, und auch Naivlinginnen dürfen sich frank und frei in ihr Unglück stürzen. Obwohl ein Hintertürchen läßt sich die patente Laura anscheinend doch frei:

Und wenn es nicht funktioniert – da sind sich beide einig – trennen sie sich wieder.“

Da mußt du aber noch warten, bis Omar seine drei anderen Frauen aus Hebron nach Deutschland geschafft hat, Laura. Und dann hübsch um Erlaubnis bitten. Naja, vielleicht darfst du ja bleiben und der ganzen Sippe Hummus und Maqluba kochen.

Wenn deutsche Multikulturalistinnen Afrika bereisen, erweitern sich die Grenzen des schlechten Geschmacks beträchtlich.

Magnus Klaue

Im Namen des Häuptlings

Wenn deutsche Multikulturalistinnen Afrika bereisen, erweitern sich die Grenzen des schlechten Geschmacks beträchtlich.

Wer schon immer wissen wollte, wie es um das Innenleben von Leuten bestellt ist, die von so tiefen Skrupeln über die eigene »westliche Kultur« geplagt sind, daß sie ihren Urlaub ausschließlich im äußeren und inneren Afrika verbringen, statt Earl Grey Chai Latte trinken, auch Wiener Schnitzel mit Kardamom und Koriander würzen und die Ägypter um ihre hohe Analphabetismusrate beneiden, der wird gegenwärtig literarisch bestens bedient. Zum Beispiel von Corinne Hofmann, der »weißen Massai«, die als »Frau des Samburu-Kriegers Lketinga« vier Jahre lang im kenianischen Busch gelebt hat, mit ihrer Tochter Napirai vor Gewalt und Stammeszank in die Schweizer Berge floh und seither regelmäßig das Land ihrer »damaligen Furcht« besucht, um für das knäckebrotdröge Dasein zwischen Kenia-Förderverein und Pensionärswitwen-Lesekreis positive Lebensenergie zu tanken: »Meine letzte Lesung findet am 25. Oktober 2008 vor begeistertem Publikum in der kleinen Stadt Lauchhammer in Brandenburg statt. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlasse ich die Bühne … Viele der etwa 300 Zuhörer und Zuhörerinnen wollen mich ein letztes Mal sehen und mich mit Händedruck verabschieden. Immer wieder vernehme ich: ›Frau Hofmann, bitte, Sie müssen weiterschreiben. Ihr Leben ist so spannend.‹«
Wenn man so bescheiden ist wie Frau Hofmann, ziert man sich natürlich nicht, sondern jettet gleich wieder rüber, weil »das tägliche Wandern durch die Wüste, fernab jeglicher Zivilisation, begleitet von zwei liebenswerten, gemütlichen Kamelen, eine neue Perspektive für mich ergeben könnte«, es eine »Herausforderung« ist, sich »in der absoluten Wildnis, ohne Handyempfang« auf »zwei mir fremde Männer« verlassen zu müssen, »die wunderschöne Gegend« für »das Leiden in der brütenden Hitze« entschädigt und man dort nicht nur Impalas, Zebras und Moskitos, sondern auch Herero und Himba begegnet: »Ich bin erstaunt, wie sehr sich die Herero in ihrem Äußeren von den Himba unterscheiden, obwohl sie mit ihnen verwandt sind, ähnlich wie die Massai mit den Samburu.« Wer Menschengruppen wie Tierherden beschreibt, kann auch »den beengten Slums von Nairobi« etwas abgewinnen, »die Lebensgeschichten hervorbringen, die Kraft und Mut schenken«. Da gibt es etwa »Anne, die Kämpferin«, die zwischen »Bergen von Müll« in »100-Kilo-Säcken mit guter Erde« Gemüse anbaut: »Ich bin sprachlos und gerührt, wie diese ›alte‹ Mama ihr Bestes gibt, um ihre Kinder und die zwei Enkel versorgen zu können, nicht über ihr Schicksal jammert und sogar zufrieden ist, daß sie … durch harte Arbeit mit diesen Plastiksäcken mehr Lebensqualität gewonnen hat.« Ein ebenso gutes Vorbild für westeuropäische Sozialschmarotzer ist Jane, die sich mit Hilfe einer »Motivatorin« von ihrem Dasein als Prostituierte zur Beraterin »HIV-positiver Menschen« hocharbeiten konnte und mit der Autorin nach besiegelter Freundschaft einen Baum pflanzt, der den Namen von Corinne Hofmann tragen darf.
Vielleicht ist der Baum schon durch zu hohe Hybriseinstrahlung verkümmert. Aber in Afrika kommen auf jeden Stammeshäuptling zwei Multikulturalistinnen aus der deutschen Provinz. Wer Hofmanns Buschmannprosa spannend findet, kann im Anschluß zu den Büchern von Christina Hachfeld-Tapukai greifen, die von ihrem »Leben als Frau eines Samburu-Kriegers« berichtet. Auch geduldige hermeneutische Anstrengungen bringen keinen Aufschluß darüber, ob Christina Hachfeld-Tapukai ein Pseudonym von Corinne Hofmann ist oder umgekehrt. Vielleicht handelt es sich wirklich um zwei verschiedene Frauen. Jedenfalls schreibt die mit dem Doppelnamen irgendwie lyrischer: »Zebras grasen und zierliche Thomsongazellen. Am Himmel kreisen Adlerpaare, stoßen kurze Rufe aus. Geparde durchstreifen den Busch, und am Abend hören wir, daß sich Hyänen und Löwen nähern. In dieser Wildnis bin ich glücklich, hier befindet sich mein Afrika.« Später kümmert sie sich zwar für ihren Mann, den Häuptling Lketinga (Ist das derselbe, oder heißen die da alle so?), um »die Finanzen« bzw. »unsere finanzielle Situation« und übernimmt stammesbezogene Buchhaltungsaufgaben, die omnipräsente »Romantik« schmälert das aber nicht.
Die afrikanische Romantik läßt sich auch nicht totkriegen, wenn der schwarze Kontinent sein dunkles Herz enthüllt. Zum Beispiel in Anne de Graafs Schmalzschwarte Und es wird keine Nacht mehr sein über die Abenteuer einer Afrika-Urlauberin, deren Leben beinahe durch eine Horde barbarischer Urwaldbanden zerstört, die aber im letzten Augenblick durch die Mithilfe gleichfalls versklavter Kindersoldaten gerettet wird. Zwischendurch geht immer mal wieder rot die Sonne unter, und die Erzählerin verbreitet auf jeder der viel zu vielen Seiten Weisheiten der Art »Wenn Kinder einmal die Wahrheit erzählen können, besteht Hoffnung«. Daß kleine schwarze Kinder ganz besonders schützenswerte, weil harmlose und ungefährliche Wesen sind, kann wiederum Bettina Landgrafe bestätigen, die zwar nicht zur »weißen Massai«, aber zumindest zur »weißen Nana« ernannt worden ist. Die ausgebildete Kinderkrankenschwester aus Hagen hat nämlich jahrelang in einer Buschklinik in Ghana gearbeitet und einen Ghana-Förderverein gegründet, damit »die Hilfe auch wirklich bei den Menschen ankommt« und nicht irgendwo in der Wüste »versickert«. Deswegen krönten Landgrafes Schützlinge sie zu ihrer »Königin«.
Das Abstoßende an all diesen ebenso weiblichen wie deutschen Selbsterfahrungsberichten ist die Dreistigkeitkeit, mit der falsche Bescheidenheit und Selbstbeweihräucherung, Sozialpathos und Menschenverachtung in ihnen Hand in Hand gehen. Da jede Autorin die eigene unmittelbare »Erfahrung « für die höchste Wahrheitsinstanz hält – (Sub-)Titel wie Mein Leben als Frau, Mein Leben für Afrika, Meine Passion usw. verbürgen die Authentizität noch des abgestandensten Klischees – , fällt ihnen gar nicht auf, daß ihre Bücher einander vom schnulzigen Schutzumschlag bis zur schalen Metaphorik wesentlich stärker ähneln als Herero und Himba. Hauptsache, man hat vom Häuptling einen poetischen Kosenamen oder einen Titel erhalten, das schützt besser gegen Kritik als jedes Bundesverdienstkreuz.
Aber der schlechte Geschmack eignet nicht nur deutschen Frauen, die auf der Suche nach Echtheit und Armut in der »Dritten Welt« symbolisch plündern gehen, sondern auch Gestalten wie Tariq Ali, jenem selbsterklärten indisch-britischen »Antiimperialisten«, der nach dem 11. September in Bush und Bin Laden Vertreter zweier gleichermaßen gefährlicher »Fundamentalismen« erkannte und höchstwahrscheinlich auch bei Hofmann, Landgrafe et al. im Bambusregal steht. In seinem neuesten Elaborat Die Nacht des goldenen Schmetterlings erzählt er aus der Perspektive des islamkennenden Kulturversöhners von der »inneren Zerrissenheit« seiner heute pakistanischen Heimat. Früher hat er übrigens auch Essays geschrieben, aber das gestiegene Verdummungsbedürfnis des Publikums läßt sich im Rahmen der diskursiven Sprache offenbar immer unzureichender befriedigen. Da hilft nur noch Poesie, und die ist bekanntlich orientalisch.
Corinne Hofmann: Afrika, meine Passion. A 1, München 2011, 284 Seiten, 22,95 Euro
Christina Hachfeld-Tapukai: Der Himmel über Maralal. Mein Leben als Frau eines Samburu-Kriegers. Bastei Lübbe, Köln 2011, 368 Seiten, 7,99 Euro
Anne de Graaf: Und es wird keine Nacht mehr sein. Aus dem Englischen von Silvia Lutz. Francke, Marburg 2011, 552 Seiten, 9,95 Euro
Bettina Landgrafe: Weiße Nana. Mein Leben für Afrika. Knaur, München 2011, 304 Seiten, 16,99 Euro
Tariq Ali: Die Nacht des goldenen Schmetterlings. Aus dem Englischen von Margarete Längsfeld. Heyne, München 2011, 352 Seiten, 19,99 Euro
Magnus Klaue schrieb in KONKRET 8/11 eine kleine Stilkritik des Krimititels
Literatur-Konkret 2011, S. 22