„Scheitern, Versagen und psychische Erkrankung werden implizit allein dem Individuum zugeschrieben.“ Mitnichten! Es ist heute eher selbstverständlich, dass an allem immer andere schuld seien. Allen voran der Kapitalismus, die USA und Israel. Dann der Arbeitgeber und die Arbeit selbst. Der Partner. Die Mutter. Schweres Schicksal. Traumatisierung. Mobbing. Burn-Out. Von Selbstverantwortung keine Spur. Wer an Selbstverantwortung erinnern möchte, wird als ein Rechter, ein Nazi, ein Trump-Befürworter niedergeschrieen. Es lebe der Raubtiersozialismus!
Scheitern, Versagen und psychische Erkrankung werden implizit allein dem Individuum zugeschrieben. Klagen über äußere Belastungen wie Mobbing, Armut, Ausbeutung werden infolgedessen selten als gesellschaftliche Ursachen ernst genommen.
Dr. phil. Michael Mehrgardt, Psychologischer Psychotherapeut
Erschöpfung ist nicht nur ein individuelles, sondern auch ein gesellschaftspolitisch relevantes Phänomen, hat der Sozialpsychologe Heiner Keupp einmal gesagt. Daran möchte ich in der Hoffnung, dass nunmehr auch Psychotherapiekritik erlaubt und publikabel ist, anschließen. Meiner Ansicht nach wird das phänomenale Erleben des Patienten gehört und ernst genommen, soweit es Material für die Anwendung der eigenen Theorie liefert. Die Falsifikations-Immunisierung der psychotherapeutischen Methoden hat zur Konsequenz, dass Scheitern, Versagen und psychische Erkrankung implizit allein dem Individuum zugeschrieben werden (1). Klagen über äußere Belastungen wie Mobbing, Armut, Ausbeutung werden infolgedessen zwar als Auslöser psychischer Erkrankungen anerkannt, aber selten als solche, sprich als gesellschaftliche Ursachen ernst genommen. Keupp bemerkt, dass Lehrbücher der Psychotherapie nicht auf gesellschaftspolitische Krankheitsfaktoren eingehen. Klagen von Patienten werden eher als Beispiele fehlerhafter emotional-kognitiver Verarbeitung, dysfunktionaler Projektion oder ungelöster unbewusster Konflikte therapeutisch verwertet. Kann sich der Patient nicht so recht von diesen lösen, wird er auf sich selbst zurückgeworfen und der Ablenkung, Vermeidung oder Externalisierung bezichtigt: „Bleiben Sie bei sich! Was könnte das wohl mit Ihnen zu tun haben?“ Derartige therapeutische Interventionen transportieren Desinteresse an den Lebensbedingungen der Patientin. Nicht alle äußeren Belastungen lassen sich durch kognitive Korrekturen oder die Auflösung von Übertragungen einfach wegzaubern. Konstrukte wie Perfektionismus, Über-Engagement oder Bindungsproblematik lassen gesellschaftliche Faktoren verblassen und lasten Entstehung, Aufrechterhaltung und Beseitigung der Störung allein dem Patienten an. Die Patientin ist schuld, nicht Schichtdienst, Personalmangel und Gewinnmaximierung. Lässt der Patient sich darauf nicht ein, gibt es weitere „Mittel“, ihn in die Spur zu bringen, nämlich der dezente Hinweis auf das heimliche Wirken eines Widerstandes, auf mangelnde Behandlungsbereitschaft oder gar das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung.
„Psychotherapie ist zum gesellschaftlichen Bewahrer geworden, zum Aufpasser und Anpasser. Statt auf Hippokrates und Sokrates müsste sie sich heute auf Prokrustes berufen, indem sie ihre Patienten auf den ihnen zugewiesenen Platz zurechtstutzt. Ist Psychotherapie nicht inzwischen tatsächlich jene Geständniswissenschaft geworden, die Michel Foucault … beschwört?! Muss ihr nicht jene ‚Gesellschaftsvergessenheit‘ angekreidet werden, die Keupp beklagt …?“.
Noch vor 30 Jahren schaute „die“ Psychotherapie aus ihrer marginalen Perspektive auf gesellschaftliche Prozesse. Heute ist sie integriert, und damit ist ihr der Zahn des bissigen Korrektivs gezogen worden. Oft genug ist sie Teil des Problems. Gibt es noch emanzipatorische, revolutionäre Ansätze? Werden „… Symptome noch als Protuberanzen an der Oberfläche … einer tief in der Gesellschaft stattfindenden Verwesung von Mitmenschlichkeit verstanden? Wo werden Klienten zur Verrückung erstarrter gesellschaftlicher Prinzipien ermutigt? Wo gibt es therapeutisch-politische Perspektiven auf das individuelle Symptom als Widerspiegelung gesellschaftlicher Aporien?“ Psychotherapie ist ein gezähmter und zahnloser Tiger geworden. Sie beseitigt Störungen, begutachtet, scheidet zwischen gesund und krank. Sie ist Hüterin des Status quo. Sie blendet aus, dass der Patient mitunter krank werden muss, um kulturellen Paradoxien zu entgehen. Friedrich S. Perls hat die typische Situation einer Patientin einmal so beschrieben: Es sei neurotisch, in einer neurotischen Gesellschaft nicht neurotisch zu sein. „Khalil Gibran ist da viel weiser als wir Psychotherapeuten, wenn er den König seines durch den Genuss vergifteten Wassers verrückt gewordenen Volkes nunmehr auch aus dem kontaminierten Brunnen trinken lässt …“.
Die Generation der Psychotherapeuten, die Psychotherapie noch als emanzipatorisch kennen gelernt hat, stirbt aus. An ihre Stelle treten empirieverliebte und störungsfokussierte Psychotechniker.
1. Mehrgardt M.: Die therapeutische Unschärfe-Relation in: Gegenfurtner, N., und Fresser-Kuby, R. (Hg.): Emotionen im Fokus. Bergisch Gladbach: EHP-Verlag; 2007.
1.
Mehrgardt M.: Die therapeutische Unschärfe-Relation in: Gegenfurtner, N., und Fresser-Kuby, R. (Hg.): Emotionen im Fokus. Bergisch Gladbach: EHP-Verlag; 2007.
Psychotherapie und Gesellschaft: Gezähmter zahnloser Tiger
‘Transgender’ Father Abandons 7 Children to Become ‘6-Year-Old Girl’
Some liberals express support for Stefonknee Wolschtt
Paul Joseph Watson – December 11, 2015
A transgender father who abandoned his seven children to start a new life as a “6-year-old girl” is being celebrated by some liberals as a shining example of diversity.
46-year-old Stefonknee (pronounced ‘Stephanie’) Wolschtt is being profiled by numerous media outlets after he/she/xe revealed her story in a video interview for The Transgender Project.
Wolschtt is now dressing up and pretending to be a 6-year-old girl with her adopted family after being given an ultimatum by her ex-wife, who said she had to “stop being trans or leave”.
Wolschtt chose to abandon her 23-year marriage along with her seven kids and is now fulfilling her role as “little sister” to her new parents’ youngest granddaughter.
If you are having trouble trying to understand this insanity, don’t worry, the video below will help clear things up.
“I have an adopted Mommy and Daddy who are totally comfortable with me being a little girl and their children and their grandchildren are totally supportive,” said Wolschtt, who originally decided to be 8-years-old but then changed to being 6-years-old so she could be the youngest.
“We have a great time, we color, we do kids stuff – it’s called play therapy,” said Wolschtt.
The clip has received over 160,000 views, but feedback is overwhelmingly negative, while comments have been completely disabled.
Several liberals reacted by expressing support for Wolschtt and celebrating her story.
Be patient, work hard, follow your passions, take chances and don’t be afraid to fail.
Атеисты всех стран, соединяйтесь!
„И жить торопиться, и чувствовать спешит“ –
Цитата из стихотворения П.А. Вяземского Первый снег (1822). Поставлена А.С. Пушкиным эпиграфом к 1-й главе Евгения Онегина
„Wir wollen schnell leben und eilig empfinden“ –
(Übersetzung: JSB). Zitat aus einem Gedicht von P.A.Vjazemskij Erster Schnee (1822). Verwendet von A.S.Puschkin in erstem Kapitel von Eugen Onegin (1833).
La bêtise insiste toujours, on s’en apercevrait si l’on pensait pas toujours à soi. (Albert Camus, La peste.)
All national institutions of churches, whether Jewish, Christian or Turkish, appear to me no other than human inventions, set up to terrify and enslave mankind, and monopolize power and profit. (…)
The whole religious complexion of the modern world is due to the absence from Jerusalem of a lunatic asylum. – Thomas Paine
„Ehe für alle“ ist ein Anschlag auf jede lustvolle Form der Sexualität.
Antikapitalisten sin Kapitalisten ohne Kapital.
Menschen, die interessante Geschichten erzählen können, benötigen keine Psychotherapie.
Psychotherapie ist grundsätzlich für langweilige Menschen, die sich sich wichtig machen wollen, sowohl als Patienten als auch als ihre Psychotherapeuten.
Die herrschenden Eliten verteidigen ihre Uversehrtheit und ihre Privilegien mit allen gesetzlichen und ungesetzlichen Mitteln, während sie die mörderischen Attentate der islamofaschisten auf einfache Bürger achselzuckend mit der Bemerkung quittieren „Man muß sich halt daran gewöhnen.“
Das Leben hat weder Sinn noch Wert, es hat nur ästhetische Eigenschaften: entweder ist es schön oder häßlich, lustvoll oder schmerzhaft.
Wer keine Lebensfreude hat, der hat Moral.
Es ist schwierig eine Tyrannei zu bekämpfen, die keinen Tyrannen hat.
Empörung ist der Agens des moralisierenden Narzißmus.
Moral / Ethik ist nicht mehr als eine narzistische Bessetzung des eigenen aggressiven Triebes, desssen ausagieren unter dem Deckmantel der Moral als extrem lustvoll empfunden wird, so daß Zufügen von Schmerzen, verbreiten von Angst und Schrecken, schädigen und vernichten des Lebens sogar als etwas Edles und Wertvolles gepriesen wird, weil es im Namen der Moral betrieben wird. Alles Monströse fängt immer mit der Verfolgung der Sexualität an. Wer keine Lebensfreude hat, der hat die Moral. Die Moralisten haben keine Freude an etwas Schönem, sondern lediglich die Schadenfreude, wenn sie jemandem dessen Spaß verderben. Der Orgasmus der Moral ist die Empörung. Die Geschichte der Moral ist die Geschichte einer grausamen Perversion. Lebensfreude ist eine Lust, die man empfindet, wenn man dabei weder sich noch jemand anderem schadet.
Das beste Mittel gegen Depressionen ist das zu tun, was getan werden soll.
Merkel hat einen Haufen Psychopathen nach Deutschland eingeschleust, zufällig dunkelhäutige.
Die Deutschen gehen zwar immer seltener in die Kirche, dafür jedoch predigen sie selbst ohne Ende.
Kassandra sei für den fortschrittlichen Trojaner eine „populistische Hetzerin“.
„Das Leben sei ein Märchen, erzählt von einem Idioten“ – Shakespeare in Macbeth.
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – Grabinschrift von Ingeborg Bachmann
„Statt der Dialektik erfolgte das Leben, und das Bewußtsein mußte es verarbeiten, das es etwas ganz anderes ist.“ – Verbrechen und Strafe (Fjodor Dostojewski)“ (Übersetzung JSB.)
Wer widerspricht, wird nicht widerlegt, sondern zum Schweigen gebracht. (Norbert Bolz)
Geschlossenheit ist gut, Diskurs ist Streit, also verwerflich. Sagen ausgerechnet die, die Kritik an den Regierenden als Grundprinzip ihrer Profession ausgegeben hatten. Aber nur, bis sie die Meinungsführerschaft errungen hatten. An der halten sie nun fest.
Die sich in ihrem Aufgeschlossensein und ihrer Weltoffenheit Sonnenden sind weder aufgeschlossen noch weltoffen. Sie sind Besserwisser, die es besser wissen wollen, als es die Fakten nahe legen. Die Toleranten sind intolerant. Die Gleichmacher spalten. Die Diversitätsprediger streben nach Hegemonie. Die Antibürgerlichen sind die übelsten Spießbürger. Die Faschisten gebärden sich als Anarchisten, und die frei gewählte Monarchin kennt keine Parteien mehr.
In Deutschland herrscht ein Neuer Totalitarismus der selbsternannten „Guten“, die jede andere als eigene, herrschende Ansicht mit Geschrei, Diffamierungen, Ausschluß und Denunziation zum Schweigen zu bringen versuchen. In Deutschland ist Faschismus nicht verschwunden, er hat nur die Seiten gewechselt und neue inoffizielle mediale helldeutsche Reichsschrifttumskammern aufgestellt, die darüber wachen, daß über ihre Fetische (z.B. die Invasion der Heiligen, pauschal Flüchtlinge genannt) nur huldigend und anhimmelnd gesprochen wird. Für mich sind diese in eigener Moral mit Schaum vor dem Mund sich selbst zur Extase des Hasses hochgeputschten Hetzer gegen jede von ihrer eigenen abweichende Meinung die neuen Nazis. Antifa ist Nazifa. Wie Max Liebermann angesichts des Nazi-Deutschland zuletzt sagte, ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.Wie zu Kaisers Zeiten – Der Mainstream-Populismus gefährdet die offene Gesellschaft.
Während in der Türkei Menschen verfolgt, ermordet, drangsaliert und gequält werden, der Islamofaschismus zunehmend erstarkt, und nach Europa greift,
echauffieren sich Deutsche über Trumps Wahl auf dem Niveau von Diskussionen über Ergebnisse von Eurovision Song oder DSDS und der große Freund von Erdogan zum deutschen Bundespräsidenten gewählt werden soll.
Die Erkenntnis ist kein fertiges Ding, sondern ein dialektischer Prozeß, in dem eine neue Erkenntnis nur durch Negation und Aufhebung einer bestehenden Erkenntnis gebildet werden kann. Die gegenwärtige Gesellschaft und vor allem ihre selbsternannten „Eliten“ verhindern, diffamieren und bekämpfen andere als gerade herrschende, etablierte Meinungen und verwandeln damit lebendige Erkenntnis in eine tote, verdinglichte Ideologie, die damit vom Wissen zum Unwissen, zum Fetisch wird. Das gilt für alle institutionalisierten lediglich eigene Macht selbst akkumulierenden Bürokratien, die Politik, die Wissenschaft, die Psychologie, Psychotherapie, Psychoanalyse und andere.
Die Psychoanalyse muß sich hüten, erbaulich sein zu wollen.
Nicht die Flutwelle der Ankömmlinge, sondern die hier Ansäßigen sind traumatisiert.
„Der Nationalsozialismus lebt nach, und bis heute wissen wir nicht, ob bloß als Gespenst dessen, was so monströs war, daß es am eigenen Tode noch nicht starb; oder ob es gar nicht erst zum Tode kam; ob die Bereitschaft zum Unsäglichen fortwest in den Menschen wie in den Verhältnissen, die sie umklammern.“ (Theodor W. Adorno, 1959)
Deutsche neigen zur Wahnbildung einer „Willkommenskultur“ zwecks Angstverdrängung ihres schwachen ICHs angesichts des Islamofaschismus, ihr Autoritärer Charakter (Adorno) erträgt Ambivalenzen nicht.
Der Mensch ist ein Text, der eine wie von Marcel Proust, der andere wie aus der Apotheker Umschau. In einer Beziehung wird immer ein Buch geschrieben, ein Gedicht, ein Essay, eine Erzählung, ein Roman, ein Polizeiprotokoll, eine Bankbillanz, ein Einkaufszettel, eine Notiz – je nachdem. Liebe ist Hermeneutik, beide Texte gemeinsam zu lesen und gegenseitig in Einem mieinander weiterzuschreiben. Sex ist dabei die Typografie und das Papier, das Aussehen das Cover, die Illustrationen.
Der Mensch ist ein sich aus sich selbst heraus fortschreibender (eo ipso) Text, und Psychoanalyse (falls sie eine solche ist) ist Hermeneutik dieses Textes, im psychoanalytischen Prozeß wird der Text verstanden und unter Mitwirkung des Analytikers vom Analysanden weitergeschrieben, weitergestaltet.
»Die Sprache ist [.] ein Werkstück, und jeder kann auf sie draufhauen« (Elfriede Jelinek)
In seinem Vortrag „Marxismus und Dichtung“, gelesen 1935 auf dem Congrès pour la Défense de la Culture in Paris, schreibt Bloch, dass im sozialistischen Denken als dem einzig orientierenden, mancher marxistischer Dichter meint, „…er sei durch die Kälte dieser Berührung behindert. Das Innen kommt nicht gut dabei weg, das Gefühl und die sorgsame Lust, es zu sagen, werden nicht immer zur Kenntnis genommen. Jede Blume gilt dann als Lüge, und der Verstand scheint nur als trocken, oder, wenn er Saft hat nur als Säure erlaubt.“[1]
[1] [1] Ernst Bloch: Literarische Aufsätze. Frankfurt a. Main 1985, S. 138.
Deutschland ist eins der am meisten, wenn nicht das am meinsten durchtherapierte Land der Welt, Psychotherapie, Selbsterfahrung, Coaching, psychologische Seminare überall, vom Flüchtling bis Bankvorstand. Deutschland ist das Land der Betreuten und der Betreuer, der Behandelten und der Behandler, der Patienten und ihrer Therapeuten. Kein Wunder, daß auch in der Politik Deutschland die Rolle eines Psychotherapeuten für den Rest der Welt, für ihren Patienten, beansprucht. Nach so viel Psychotherapie müssten Deutsche die Vernünftigsten, die Mutigsten und die Zufriedensten in der Welt sein, anstatt die Irrationalsten, die Ängstlichsten und die Unzufriedensten. Wieso ist es so?
Es ist so, weil Deutsche Selbsterkenntnis mit Selbstsucht und Tiefsinnigkeit mit Selbstbezogenheit verwechseln und was sie für Psychotherapie und Selbsterkenntnis halten, lediglich eine Bestärkung eigener narzistischer Opferrolle ist, mit Erklärungen, daß für das eigene Schicksal nur andere verantwortlich, also schuldig seien, vorwiegend die Mutter, der Kapitalismus, die Amerikaner und die Juden (Israel, Zionisten). Reflektion niergendwo, überall nur Beschuldigungs- und Betreuungsindustrie. Das ist, was Deutsche für Psychotherapie halten, das ist die herrschende Psychokratie in Deutschland, ein Werkzeug der Volksverdummung. Nirgendwo Aufklärung, nirgendwo Reflektion, die Unwissenheit ist Stärke, rot-rot-grüner Anton Reiser überall, Theodor Wiesengrund nirgends mehr.
Man ist das, was man in der Welt wahrnimmt und in seinem Leben macht. Wer sich mit sich selbst beschäftigt, beschäftigt sich mit gar nichts, außer daß man sein narzisstisches Selbst aufbläst.
Wenn 1.000.000 Menschen an ein Kalb mit 3 Köpfen glauben , dann nennt man es Religion, wenn 10.000 Menschen an ein Kalb mit 3 Köpfen glauben, dann nennt man es eine Sekte, wenn 1 Mensch an ein Kalb mit 3 Köpfen glaubt , dann nennt man es Paranoia.
Die Linken und Grünen sind heute der Staat, sie feiern sich selbst und ihre Politik unter den knatternden Fahnen. Der Protest der Jugend kommt deswegen von Rechts.
Da die Herrschenden heute sich Links und Grün nennen, kann Opposition nur Rechts heißen.
Zur Psychoanalyse, psychoanalytischer Psychotherapie, tiefenpsychologisch fundierter (psychoanalytisch orientierter) Psychotherapie gehören als zentrales Thema gesellschaftliche Probleme. Es geht nicht immer nur um die Mutterbrust, sondern auch um Konflikte in der Gesellschaft, in der der Mensch lebt und von der er formiert und deformiert wird.
Die real existierende Psychoanalyse in Deutschland ist ein politisch korrekter institutionalisierter Kastrat, der jedes konflikthafte Thema meidet, verhindert, zensiert, kontroverse Psychoanalytiker mundtot macht. Was Carl Müller-Braunschweig, Felix Boehm, Schultz-Hencke, Ernest Jones eingebrockt und Annemarie Luise Christine Dührssen für die nächsten 1000 Jahre dingfest festgebacken hat, ist für die Katze. „Zwar war Freuds Psychologie des Unbewußten längst von deutschen Mandarinen »verwissenschaftlicht« und die Psychoanalytische Bewegung durch Hitlers Terror zum Stillstand gebracht worden. Doch auch in den aktuellen Theorie- und Praxis-Gestalten der reimportierten, medizinalisierten und konventionalisierten Psychoanalyse glomm noch der Funke der Freudschen Ideologiekritik.“ – (Helmut Dahmer, In: Konkret 02/92, S. 52.) Die Medizinalisierung und Technokratisierung der Psychoanalyse machte sie zum toten Ding, zum Fetisch im saturierten Strukturalismus, der weder die Postmoderne noch den Dekonstruktivismus erfahren hat.
Ich haben nach vielen Auseinandersetzung mit der herrschenden Psychokratie verstanden: das Psychokraten-Racket präsentiert sich aktuell als selbstveredelte Omertà mit Enigma-Chiffriermaschine und Vertuschungshoheit, Verschweigeprivileg, Bemäntelungsbefugnis, Lizenz zum Retouchieren, Zensieren, Relativieren. Aufdeckende Methoden in der Psychotherapie sind damit verbannt und werden bald verboten. Nihil novi sub sole. Unwissenheit ist Stärke.
Rackets – nach Adorno mafiaartige bürorkatische alienähnliche selbt machtakkumulierende Verwaltunsorgane, mächtiger als Kapitalismus.
Die Welt ist nicht von Oberlehrern geschaffen. Ihr wesentliches Element ist das noch ungelebte Wirkliche. – Ernst Bloch
Materialismus ist, die Welt ohne vorgefaßte idealistische (religiöse) Schrullen zu betrachten.
Die stärkste alles beherrschende, selbstakkumulierende Macht ist nicht mehr der Kapitalismus, sondern die Bürokratie, die Rackets der Verwaltung.
Islam ist eine gewaltverherrlichende faschistische menschenverachtende Antikultur
Die Natur macht das Ei und das Kind, Gott macht den Hahn und den Mann.
„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ – Karl Marx
Der Bescheidene weiß bescheid.
Deutsche erkennen die Verkommenheit der Ankommenden nicht, weil sie die Eigene verdrängen. Das macht Angst.
Intelligenz und Charakter sind angeboren, vererbt, wie Augenfarbe, Nase, Füße, usw.
Seit 2001 bestimmt eine einzige Religion die Debatte: Der Islamofaschismus.
Es gibt keinen richtigen Islam im falschen.
Das Gutmenschen-Syndrom : die Gedankenlosigkeit, die Ignoranz, die Heuchelei (Hypokrisie) und die Verleumdungssucht.
Der Blick aufs Leben ist übergegangen in die Ideologie, die darüber betrügt, daß es keines mehr gibt. (Adorno)
Was nicht anfaßbar ist, wird unfaßbar, das Unberühbare wird zum Fetisch.
Der Mensch ist nicht nur ein gesellschaftliches und psychisches Wesen, er ist auch ein natürliches, biotisches Wesen.
Der kategorische Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. (Karl Marx)
Ohne daß die Massen, und zwar gerade wegen ihrer sozialen Integration, ihr gesellschaftliches Schicksal irgend mehr in der Hand hätten als vor 120 Jahren, entraten sie nicht nur der Klassensolidarität, sondern des vollen Bewußtseins dessen, daß sie Objekte, nicht Subjekte des gesellschaftlichen Prozesses sind, den sie doch als Subjekte in Gang halten. (Adorno) Die Beziehung zwischen objektivierten Subjekten und subjektivierten Objekt kennzeichnet die gesellschaftliche Struktur der kapitalistischen Gesellschaft. Aber um das zu begreifen, müsste man das andere Kapital lesen. (Paul Stegemann)
Nur der Tod ist vorhersehbar, das Leben nicht.
Empörungskollektive behindern die Erkenntnis.
CYNIC, n. A blackguard whose faulty vision sees things as they are, not as they ought to be. – Ambrose Bierce [pseudonym Grile Dod]
Reiche sind Arme mit viel Geld
Deutsche Psychoanalyse verwechselt Leblosigkeit mit Abstinenz und Beziehungslosigkeit mit Sachlichkeit.
Die ersten sechs Generalbundesanwälte der BRD waren sämtlich ehemals Mitglieder der NSDAP.
Wer nicht klar schreiben kann, der kann auch nicht klar denken.
Islam eine totalitäre Ideologie der Unterwerfung, der religiös verbrämten Machtergreifung. Täter sind Muslime, Muslime sind Sympatisanten der Täter.
Dreams unite, ideas divide.
Politik: Widerwertigkeit einer zum Staat gewordenen Kloake.
„Sooft ich eine politische Rede höre oder lese, was die uns Regierenden schreiben, bin ich entsetzt, seit Jahren nichts zu vernehmen, was einen menschlichen Klang hätte. Es sind immer die gleichen Worte, die die gleichen Lügen berichten. Und daß die Menschen sich damit abfinden, daß der Zorn des Volkes diese Hampelmänner noch nicht zerschmettert hat, ist für mich der Beweis, daß die Menschen ihrer Regierung keinerlei Bedeutung zumessen und daß sie spielen, ja wahrhaftig mit einem ganzen Teil ihres Lebens und ihrer sogenannten lebenswichtigen Interessen spielen.“ – Albert Camus
Für Antisemitismus braucht man keine Juden, man braucht nur Antisemiten.
Jeder ist anders. Wirklich. Einheitliche Front ist eine Illusion, eine Täuschung, eine Lüge. Konflikte und Koalitionen werden in Masken ausgetragen. Realität ist anders. Angela Merkel ist an Andreas-Lubitz-Syndrom erkrankt und fliegt Deutschland gegen die Wand.
„Die Wilden sind nicht bessere Menschen“ – Adorno
Der „autoritäre Charakter“ mit seiner narzisstischen Kränkung und seinem Sado-Masochismus, offenbart eine reaktionäre „Furcht vor der Freiheit“.
Ex Oriente Tenebris
Um Menschen zu verstehen, muß man den Sinn fürs Absurde haben.
Faschismus hat die Seiten gewechselt
Fakten können Vorurteile (bzw. Nachurteile) schüren.
Morbus Germanicus: Jemand belästigt jemand, man weiß nicht wer, man weiß nicht wen, alles sei nur ein sozialer Konstrukt.
»Der Nationalsozialismus lebt nach, und bis heute wissen wir nicht, ob bloß als Gespenst dessen, was so monströs war, daß es am eigenen Tode noch nicht starb, oder ob es gar nicht erst zum Tode kam; ob die Bereitschaft zum Unsäglichen fortwest in den Menschen wie in den Verhältnissen, die sie umklammern.« (- Adorno GS 10.2, 554)
„The only reason people do work for airlines is because the Nazi party is no longer hiring.“ – Iliza Shlesinger Die beste Therapie ist das Wissen
Angela Merkel in BILD-Zeitung, 29. November 2004 auf die Frage, welche Empfindungen Deutschland in ihr weckt: „Ich denke an dichte Fenster! Kein anderes Land kann so dichte und so schöne Fenster bauen.“
„Wenn ein Truthahn nach tausend Tagen geschlachtet wird, erscheint der Todestag dem Truthahn als unvorhersehbar, nicht aber dem Metzger.“ – Nassim Nicholas Taleb
Die FAZ, das intellektuelle Flagschiff der Republik hat sich zu Merkel mit der Breitseite gewendet. Dummköpfe, in Deutschland „Eliten“ genannt, werden diesen Ausdruck für eine freundliche Geste halten, für eine deutche Übersetzung des „Always Look on the Bright Side of Life“. In den geistigen Anal-Phabetismus dieser „Eliten“ sind die „Flüchtlinge“ ohne Weiteres integrierbar, einer geht immer noch herein. „Wart Pac pałaca, a pałac Paca“, sagen dazu die Polen, “ der eine taugt sowenig wie der andere“. Steht doch diesem Staat eine Frau ohne Eigenschaften vor, die den von Robert Musil beschriebenen Zerfall kurz vor 1914 (huch, was war denn da?) repräsentiert und betreibt.
„Das deutsche Volk kann Revolution machen nur noch gegen sich selbst.“ – Ulrich Sonnemann
„Weil das Notwendige nicht getan werden will, eröffnet sich der Spielplatz der Selbstverwirklichung; wem Vernunft als dogmatisch gilt, der hat jedenfalls Verstand genug, seine Halluzinationen auf Punkt und Komma zum totalen System der Sozialreform auszuarbeiten. Die materialistische Kritik hatte zwar 1848 versucht, sich einen Überblick zu verschaffen, denn „Ökonomisten, Philantrophen, Humanitäre, Verbesserer der Lage der arbeitenden Klassen, Wohltätigkeitsorganisierer, Abschaffer der Tierquälerei, Mäßigkeitsvereinsstifter“ wetteiferten schon damals darum, den „wahren“ deutschen Sozialismus (der besten, größten, stärksten in der Welt Philantropie, nämlich der deutschen, à la Merkel) auf Touren zu bringen.“ – Joachim Bruhn
»Kann sein«, fuhr er in seiner Schilderung der Zukunft Österreichs fort, »daß uns, wenn wir mit den Türken Krieg führen, die Deutschen in den Rücken falln, weil die Deutschen und die Türken zusammenhalten. Wir können uns aber mit Frankreich verbünden, das seit dem Jahr einundsiebzig auf Deutschland schlecht zu sprechen is. Und schon wirds gehn. Es wird Krieg geben, mehr sag ich euch nicht.« – sagte Schwejk.
„Es gibt doch tatsächlich eine verständige Definition der Widervernunft als solcher, statt den Massenmord als den irren Versuch scharfsinniger Rindviecher zu entziffern, die paradoxe, an sich selbst unbegreifliche Identität des Kapitals als automatisches Subjekt zu liquidieren und es als fixe Qualität zu verdinglichen, als Versuch daher des volksgemeinschaftlichen Mordkollektivs, das Kapital als naturale Eigenschaft sich einzuverleiben, d.h. das „Geldrätsel“ zu lösen, indem man G — G‘ (Geld macht Geld Anm.JSB) zum Wesen des Deutschtums erhob. Weil das Mordkollektiv vom Wahn inspiriert war, in der jüdischen „Gegenrasse“ sei das Geheimnis endlos gelingender Akkumulation quasi genetisch inkorporiert, so daß es des kollektiven Raubmords bedürfe, dieses Geheimnis den Juden aus dem Leib zu reißen und den Deutschen einzuverleiben, weil es ihre negative Utopie ausmacht, sich in den „Kapitalfetisch“ zu verwandeln und sich selbst als „reiner Automat“69 darzustellen: daher konnte der Versuch, das „Tausendjährige Reich“ der definitiven Abschaffung aller Vermittlung und der Selbstdarstellung des Deutschtums als des automatischen Fetischs schlechthin nur in der barbarischen Einheit von Verstandesdiktatur und Apokalypse münden. Der Nationalsozialismus war in dieser Perspektive „nichts anderes als“ der Versuch des Subjekts, sich selbst zu rassifizieren, um das Kapital unmittelbar als natürliche „Eigenschaft“ sich anzueignen, d.h. sein „Naturrecht“ auf die so endlos wie krisenfrei gelingende Akkumulation zu verwirklichen : eben das ist der (ja, auch: Lust-) Gewinn, den das Kollektiv aus Verfolgungswahn und Massenmord einstrich. Das war die Geschichte des Nationalsozialismus als Produktionsverhältnis, das ist der Grund dafür, daß die Deutschen nie deutscher waren als am 9. Mai 1945, daß sie seitdem die absolute Transzendenz ihrer Geschichte niemals werden vergessen können, bis endlich die „Emanzipation der Deutschen zu Menschen“(Marx) doch noch revolutionär gelingen möge. Es ist diese Überbietung jedweder Vermittlung im Mord an den Juden, die seitdem „aufgearbeitet“, bzw. voller Sehnsucht rekapituliert wird. Der öffentliche ,Diskurs‘ über den NS gleicht nicht nur einer nicht enden wollenden Trauerrede — wenn etwa die FAZ jammert, Hitler habe „das Selbstbewußtsein der einfachen Menschen gestärkt und seine Arbeitsleistung gewürdigt. Der Sinn für das Allgemeinwohl, dessen Träger der Staat ist, wurde wieder geweckt.“ — , sondern dieser ‚Diskurs‘ ist nichts anders als die Selbstdressur in die doch noch gelingen mögende Erfüllung des Hitlerschen Vermächtnisses. Es ist sein „Politisches Testament“ vom 29. April 1945, das seitdem abgearbeitet wird, sein letzter Wille, dem „internationalen Judentum und seinen Helfern“ den totalen Krieg zu erklären und dafür immer wieder aufs Neue im deutschen Staat die so klassenübergreifende wie die Klassen in sich aufhebende Volksgemeinschaft zu verschweißen, d.h. das Mordkollektiv, daß in erlogener präventiver Notwehr dagegen sich erheben solle, daß „die Völker Europas wieder nur als Aktienpakete dieser internationalen Geld- und Finanzverschwörer angesehen werden.“ Die restlose Verschmelzung der Individuen als Körper mit ihrer gesellschaftlichen Subjektfunktion hat stattgefunden, die deutsche Utopie war schon einmal Wirklichkeit gewesen: das ist der Grund für das allseits festgestellte Ausbleiben einer jeden Panik und Hysterie in der größten Krise des Kapitals seit 1929, der Grund auch dafür, das die konformistischen Revolteure etwa der Bewegung gegen das Stuttgarter Bahnhofsgrab selig identisch und zur Melodie von „Freude, schöner Götterfunken“ singen können: „Wir sind das Volk, wir sind das Geld.“ Das Urvertrauen in den Souverän ist ungebrochen (wenn nur diese Regierung nicht wäre!). (…) Der Warenhüter, das (juristische) Subjekt, in die Antinomie von Bourgeois und Citoyen, deren Synthese der Souverän in der Gestalt negativer Versöhnung ist, wie sie zuerst in der Form des Soldaten erscheint: kasernierte Mordenergie, bedingungslose Bereitschaft zum Töten und Getötetwerden, damit die Dezision (Entscheidung Anm.JSB) über Leben und Tod in letzter Instanz. (…) Im Normalzustand der Akkumulation ist der Souverän als Bedingung der Möglichkeit der Existenz von Staatsapparaten unsichtbar. Aber die Souveränität als reines Verhältnis von Befehl und Kommando, als die bedingungslose Pflicht zum Opfer und als unbedingte Freiheit zum Morden, wie sie im allgemeinen Menschen präsent ist, tritt in der großen Krise hinter den Staatsapparaten hervor und aus ihnen heraus, hebt die Gewaltenteilung auf und setzt sich absolut als „frei aus sich selbst Anfangendes“, als so ableitungs- und begründungs- wie rechtfertigungsloses „Ich will.“ (Hegel)
Die Begriff des Nationalsozialismus ist demnach, d.h., wie ihn auch der Materialist Johann Georg Elser praktisch zu fassen suchte, in der Perspektive zu entwickeln, daß Hitler als Erscheinung des allgemeinen Deutschen, als der Souverän, hinter den Staatsapparaten hervortrat und als Person unmittelbar alles, was deutsch ist, verkörperte. Darin nun konvergieren die Kritik der politischen Ökonomie und gewisse Einsichten der Psychiatrie, denn eine barbarische Gesellschaft kann nur von einem Subjekt repräsentiert und ausagiert werden, das seiner psychischen Konstitution zufolge nichts anderes als ist als eben: die negative Aufhebung des Subjekts, d.h.: ein Barbar sondergleichen. (…) Die Gestalt des unmittelbar allgemeinen Deutschen, der in einer Person inkarnierten Souveränität, ist der archimedische Punkt, zu dessen Begriff die materialistische Kritik dringend ihrer Belehrung durch Psychiatrie und Psychoanalyse bedarf. (…) In der Konsequenz der unmittelbaren Erscheinung des allgemeinen Deutschen erblüht ein grandioses Verschmelzungserlebnis von Masse und Macht: das Glück vermittlungsloser Identität in der verkehrten Gesellschaft. Es ist, „als ob“ die Utopie des wahren deutschen Sozialismus, „man könne allen Waren den Stempel unmittelbarer Austauschbarkeit aufdrücken“, d.h. „alle Katholiken zu Päpsten machen‘, sich in der Volksgemeinschaft realisiert hat. Das Verhältnis von Volk und Führer mündet, je intensiver der Mordwille sich ausagiert, in zwar geborgter, gleichwohl fugenloser Identität, zumindest solange, wie auch nur ein Jude noch am Leben ist und die Jagd weitergehen darf bzw.: muß. (Darum ist Israel den Deutschen Verheißung und Schrecken zugleich, eben: „Das letzte Tabu deutscher Außenpolitik“90, d.h. Objekt von Angstlust par excellence.) Der Nazifaschismus war ein Traum — das ist der Profit, den Babi Jar und Treblinka den Deutschen abgeworfen haben, denn im Massenmord hatten sie sich die absolute Transzendenz einmal schon angeeignet. Die gern beschwatzte „Unfähigkeit zu trauern“ gründet darin, daß man die Verschmelzung niemals wird vergessen können und den Staat als den Garanten sine qua non ihrer möglichen Wiederkehr versteht, d.h. als Versprechen. Es ist die Hoffnung auf das organisierte Pogrom, was gegen Panik immun macht.
Das bedeutet nicht, daß dem System des erst pazifizierten, dann oberflächlich parlamentarisierten Wahns der deutschen Ideologie keine bemerkenswerten Einsichten in die Zukunft der Krise möglich sind, auch wenn dessen Lautsprecher nicht wissen, was sie denken, bevor sie hören, was sie sagen oder lesen, was sie schreiben — so der FAZ-Kolumnist Frank Schirrmacher, der, mutmaßlich den Einflüsterungen Dietmar Daths erlegen, dies zu bedenken gibt: „Wer meint, daß die aktuelle Vernichtung des Grundvertrauens in die Rationalität ökonomischen Handelns ohne Folgen bleibt, wird sich spätestens bei den nächsten Wahlen enttäuscht sehen. Über Nacht ist die Welt des Geldes fiktionalisiert worden. Die Flucht in die Verstaatlichung, die von den Banken selbst angeführt wird ist der Bankrott der Metaphysik des Marktes.“ So verständig schreibt kein „Neues Deutschland“. Und weiter: „Jetzt, da völlige Unklarheit darüber herrscht, was ist und was nicht ist, kann nur der Staat noch dezisionistisch darüber verfügen, daß etwas und nicht vielmehr nichts existiert.“ Noch ist nicht von Juden, sondern vom Geldwert die Rede, aber jeder weiß, was gemeint ist, nämlich die Erklärung des obersten Volkswirts in der Wolfsschanze. In derlei traumwandlerischen, aber zielsicheren Inszenierungen des Staatlichkeitswahns wird die sehnsüchtige Erinnerung an wie die tätige Hoffnung auf das (neuerliche) Erscheinen des unmittelbar allgemeinen Deutschen beschworen, denn wenn schon die aktuellen „Notstandsgesetze“ nichts weniger bedeuten als eine „Revolution von oben“ — wo ist dann der Kyffhäuser, wo wartet der authentisch deutsche Revolutionär? Es ist diese unheimliche Sehnsucht, die die Linkspartei mit der Rechtspartei trotz aller, oberflächlich betrachtet, verschiedener Terminologie lange schon eint, bevor sie nun, im sich warmlaufenden „Extremismus der Mitte“, zur Volksfront sich finden werden, zugleich der Grund dafür, warum ein ausgemachter Prä-Faschist wie der „Professor für BWL an der FH Worms“, Max Otte, den Horst Köhler und die Sarah Wagenknecht in einem Atemzug und fürs haarscharf Gleiche loben kann, für deren Programm „Werden Sie ,Volkskapitalist‘!“ und für ihren Appell: „Gebt das Geld in unsere Hände!„93 Denn wer, wenn nicht wir, ist das Geld? (…) Der Traum der deutschen Ideologie ist die Verwandlung der Volksgenossen in die lebendige Münze. In diesen Verschmelzungsphantasien läuft sich die neuerliche Transformation des bürgerlichen wie des proletarischen Besitzindividuums langsam warm in das, was Johann Most treffend die „Eigentumsbestie“94 genannt hat, d.h. die selbstbewußt zynische Verschmelzung der Individuen als homogene Subjekte mit der Akkumulation. Die gesellschaftliche Mitte, d.h. der Angelpunkt der falschen Gesellschaft wie der Nullpunkt ihres Bewußtseins zugleich, hat längst G — G‘ als ihr Naturrecht proklamiert und sinnt jetzt auf Rache dafür, daß niemand „den echten Wert der Bilanzen“‚ kennt. Denn, so Marx, „in dem zinstragenden Kapital ist die Vorstellung vom Kapitalfetisch vollendet, die Vorstellung, die dem … Geld die Kraft zuschreibt, durch eine eingeborene geheime Qualität, als reiner Automat, in geometrischer Progression Mehrwert zu erzeugen, so daß es … allen Reichtum dieser Welt für alle Zeiten als ihm von Rechts wegen gehörig und zufallend schon längst diskontiert hat.“96 Das ist die historische Mission der Eigentumsbestie, daß es den Fetischismus und die Naturalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse nicht länger, wie es der akademische Marxismus glauben machen möchte, als die nur historische „zweite Natur“, d.h. bloße Kulisse und Simulation des „als ob“ dulden mag, sondern als die erste, rassische Qualität des Deutschtums setzen und sich einverleiben will.
„Aller Reichtum dieser Welt für alle Zeiten“, und dies von Staats und „von Rechts wegen“, sagt Marx, d.h. eben: das tausendjährige Reich glücklich gelingender Akkumulation im endlich doch noch vollbrachten Endsieg vollendeter Selbstrassifizierung. (…) Wo alle darum kämpfen, ein kleines Licht in einer großen Finsternis zu sein, wo ein jeder seine Utopie „vorlebt“, da treibt man sich gegenseitig in die allgemeine Umnachtung und hat sein Spaßvergnügen dabei “ – Joachim Bruhn
„Rasse heute ist die Selbstbehauptung des bürgerlichen Individuums, integriert im barbarischen Kollektiv.“ – Max Horkheimer/Theodor W. Adorno
Der Mensch ist nur noch eine staatsnotwendige Fiktion und als solche ist er das natürliche Material des Staates, der homogenisierte Lehm, der gelehmte Homo, aus dem die Staatspyramiden entstehen.
Zum Lernen muß man alleine sein. Wer nicht alleine sein kann, kann nicht lernen. Beziehuhngssüchtige, die ständig in Gruppen sein wollen, die ständig Kontakte suchen, auch elektronisch, im Internet, Handy, Kneipe, in sonstigen Gemeinschaften, Communities, werden zu Loosern, wenn sie es nicht bereits sind. Der Mensch ist ein Idividuum, er will jedoch lieber wie ein Regenwurm in einem Wurmhaufen vegetieren. Wo ein Wir ist, verschwindet das Ich. Aber nur ein Ich kann denken, das Wir kann lediglich fühlen, wie Würmer, die nur aus Bäuchen bestehen. Dann gibt es eine Volksgemeinschaft, die nicht denken kann, aber auf ihr Bauchgefühl stolz ist. Die Folge vom Bauchgefühl ist, was hinten herauskommt. Und darauf, was hinten herauskommt sagt der Deutsche, kommt es ja an. Und hinten kommt bestenfalls nur heiße Luft und Scheiße heraus.
“I think it’s very healthy to spend time alone. You need to know how to be alone and not be defined by another person.” ― Oscar Wilde
Das Leben: zum Teil Freiheit, zum Teil Sicherheit
Totale Freiheit, totale Sicherheit bringen nur den Tod.
„Nie waren die Deutschen deutscher als am 9. Mai 1945, und deshalb war der Nazi-Faschismus keine Enthüllung und keine Offenbarung, sondern ein Produktionsverhältnis im durchschlagendsten Sinne: die Produktion der Barbarei als einer qualitativ neuen, dem Kapital im doppelten Sinne des Wortes entsprungenen Gesellschaftlichkeit. Der Antisemitismus erschöpft sich keineswegs ,schon‘ darin, eine Verfolgungs- und Vernichtungspraxis zu initiieren, d.h. die sog. „Endlösung“, sondern er war zugleich die Produktion des Deutschen an und für sich, d.h. die Transformation der Bevölkerung in das deutsche Volk, d.h. dessen tatsächliche Enderlösung. Die entscheidende Frage ist also, was eigentlich das Mordkollektiv davon gehabt hat, was sein Movens war, die Tat zu begehen, und wie es sich selber begierig, lustvoll und leidenschaftlich in der Verfolgung und Ermordung der Juden als etwas substantiell Neues konstituiert hat — und wie das, was schließlich konstituiert worden ist, in der Gegenwart als die zum „Tausendjährigen Reich“ noch fehlenden 988 Jahre fortwest und die Bedingung der Möglichkeit dessen ist, daß die Krise, wie sie seit Jahren in den schwarzen Messen des nationalökono -mischen Okkultismus abgefeiert wird, von den Landsleuten so überaus gelassen, fast stoisch schon, hingenommen wurde und wird.“ – Joachim Bruhn
Die Kontrolle über die unkontrollierte Masseneinwanderung haben sich Einwanderer erkämpft.
Es gilt die Gesinnung, nicht die Realität«Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus.‘ Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus.» – Ignazio Silone
«Antifa ist die linke Ausprägung des Faschismus. Sie ist also selbst das, was sie vorgibt zu bekämpfen.»
Sklaven träumen nicht davon, freie Menschen, sondern Sklavenhalter zu werden.
„Wer widerspricht, wird nicht widerlegt, sondern zum Schweigen gebracht.“ – Norbert Bolz
„Die Sprache ist im Guten wie im Schlechten nicht mehr Medium der Erkenntnis, sondern der kulturellen Hegemonie. (..) Wo sich statt Antagonismen Spannungsfelder auftun, hat der Geist bereits kapituliert. (…) Eine Welt, in der alle einander wechselseitig als kompatibel anerkennen und stets »das Gemeinschaftliche im Auge behalten«, kann schwerlich etwas anderes als die Hölle auf Erden sein. (…) Die Beliebigkeit ist also nicht harmlos, sondern hat hier wie auch sonst ein bestimmtes Ziel: die Zerstörung individueller Urteilskraft zugunsten einer Logik der »Anerkennung«, in der jeder Lüge Recht gegeben und jede triftige Erkenntnis in die Schranken ihres »Standorts« verwiesen wird.“ – Magnus Klaue
„Hochverrat ist eine Frage des Datums“ – Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
Die Skandalisierung eines Skandals ist eine in deutschen Medien meisterhaft beherrschte Disziplin.
„Es ist eine alte Weisheit, dass Macht stets die Verführung mit sich bringt, sie zu missbrauchen.“ – Wolfgang Schmidbauer
„C.G.Jung war ein psychoanalytischer Faschist, ein faschistisch schäumender Psychoanalytiker. “ – Ernst Bloch
„Die tatsächlich bestehenden und einsichtigen Leuten schon längst bekannten Verschiedenheiten der germanischen und jüdischen Psychologie sollen nicht mehr verwischt werden, was der Wissenschaft nur förderlich sein kann“ (…) „Die Gesellschaft (die Internationale Allgemeine Ärztliche Gesellschaft für Psychotherapie (IAÄGP). Anm.JSB) setzt von allen ihren schriftstellerisch und rednerisch tätigen Mitgliedern voraus, daß sie Adolf Hitlers grundlegendes Buch ›Mein Kampf‹ mit allem wissenschaftlichen Ernst durchgearbeitet haben und als Grundlage anerkennen. Sie will mitarbeiten an dem Werke des Volkskanzlers, das deutsche Volk zu einer heroischen, opferfreudigen Gesinnung zu erziehen.“ C.G.Jung
„Ich weiß nicht, was passieren muss, bis endlich was passiert.“ „Ulrike Maria Stuart“ von Elfriede Jelinek
„Auch der sublimste erkenntnistheoretische Idealismus führt unweigerlich zum Solipsismus, zur Vergottung des Ichs, einer Elite, einer Rasse und endet schließlich im blutigsten Imperialismus.“ John F. Rottmeister
„Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist.“ – Angela Merkel
Psychoanalyse ist eine Erhebung über die Situation. Von oben hat man bessere Aussicht.
„Kritische Theorien, wie die Freudsche, artikulieren eine Erfahrung, die mit den jeweils herrschenden Denk- und Wahrnehmungsweisen unvereinbar ist. Gerade in dem, was der Konvention als unbrauchbar, als Abfall gilt und wovon in Wissenschaft und Lebenspraxis methodisch abgesehen wird, entdecken die Revolutionäre der Denkart das Neue, das ei¬ne bestehende Einrichtung des Lebens in Frage stellt. Indem sie an das Ausgegrenzte und erfolgreich Vergessene erinnern, markieren sie den Mangel der Ordnung, die über dem Grab der verworfenen Alternativen triumphierend sich erhebt. Und das dem Status quo verschworene Kollektiv stempelt solche Alchimisten, die aus Dreck Gold zu machen schei¬nen, stets zu Außenseitern6 . Aus der Erfahrung dessen, was den vorherrschenden, institutionalisierten Zwecken widerstrebt, erschüttern die Neuerer deren fraglose Geltung.“ – Helmut Dahmer
Die Umwälzung nach 1945 führte nicht zur Überwindung des Nationalsozialismus als Ideologie der deutschen Volksgemeinschaft, sondern rief lediglich die eitle Illusion hervor, daß mit der Kritik am Nationalsozialismus das nationalsozialistische Dünken selbst und seine innere Konflikthaftigkeit mit dem Judentum überwunden sei.
„Wie es Tatbestände gibt, die die Sinne in die Irre führen, wie im Fall der optischen Täuschung, so gibt es welche, die die unangenehme Eigenschaft haben, dem Intellekt Schlüsse zu suggerieren, die gleichwohl falsch sind.“ – Christoph Türcke
Das Geschlecht ist ein sozialer Konstrukt? Berg, Tal, See und das Meer auch!
Bereits Marx diagnostizierte den Deutschen das Umkippen von Ideologie in Wahn und Lüge. Wie gegenwärtig der Fall ist, neigen die Deutschen zu Ausbrüchen des kollektiven Wahns, der Massenpsychose mit zunehmendem Realitätsverlust. Der Wahn ist kurz, die Reue lang, pflegte meine Großmutter zu sagen.
Nach dem I. Psychosputnik-Gesetz verwandelt sich der frei florierende Zynismus ab gewissem Verdichtungsgrad seiner Intensität in hochprozentige Heuchelei, analog zu einer atomaren Kernschmelzereaktion. Diesen Prozess der zunehmenden Zynismuskonzentration mit anschliessender Explosion der Heuchelei kann man sehr deutlich gegenwärtig in Deutschland beobachten. Das Denken ist weggeblasen, pulverisiert, das (Hoch)Gefühl ist voll an seine Stelle getreten.
»Indem (der gesunde Menschenverstand) sich auf das Gefühl, sein inwendiges Orakel, beruft, ist er gegen den, der nicht übereinstimmt, fertig; er muß erklären, daß er dem weiter nichts zu sagen habe, der nicht dasselbe in sich finde und fühle; – mit anderen Worten, er tritt die Wurzel der Humanität mit Füßen. Denn die Natur dieser ist, auf die Übereinkunft mit anderen zu dringen, und ihre Existenz nur in der zustande gebrachten Einheit der Bewußtseine. Das Widermenschliche, das Tierische besteht darin, im Gefühle stehenzubleiben und nur durch dieses sich mitteilen zu können.« – G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes
„Die Verschleierung eigener Positionen durch Zitate und Zitatselektion dient dazu, eigene Positionen unkenntlich zu machen.“ – Ursula Kreuzer-Haustein
„Die Neurose ist das Wappen der Kultur.“ – Dr. Rudolf Urbantschitsch, Seelenarzt; „Sehr schön, aber es laufen derzeit schon weit mehr Heraldiker als Adelige herum.“ – Karl Kraus, Schriftsteller
„Zuerst verlieren die Menschen die Scham, dann den Verstand, hernach die Ruhe, hierauf die Haltung, an der vorletzten Station das Geld und zum Schluß die Freiheit.“ – Karl Kraus
„Ausbeutung heißt Beute machen, sich etwas durch Gewalt aneignen, was nicht durch eigene Arbeit geschaffen wurde, sich etwas nehmen, ohne Gleichwertiges zurückzugeben“ – Maria Mies
»Die Psychoanalyse ist eine Panne für die Hierarchie des Denksystems« – Pierre Legendre
Psychoanalyse entwickelt sich nicht weiter, weil sie nicht angewandt wird, es wird nur über sie gesprochen.
»Sie wissen, daß der Kampf des wissenschaftlichen Geistes gegen die religiöse Weltanschauung nicht zu Ende gekommen ist, er spielt sich noch in der Gegenwart unter unseren Augen ab … Die erste Einwendung, die man hört, lautet, … die Wissenschaft ist zur Beurteilung der Religion nicht zuständig. Sie sei sonst ganz brauchbar und schätzenswert, solange sie sich auf ihr Gebiet beschränkt, aber die Religion sei nicht ihr Gebiet, da habe sie nichts zu suchen … Die Religion darf nicht kritisch geprüft werden, weil sie das Höchste, Wertvollste, Erhabenste ist, was der menschliche Geist hervorgebracht hat, weil sie den tiefsten Gefühlen Ausdruck gibt, allein die Welt erträglich und das Leben lebenswürdig macht … Darauf braucht man nicht zu antworten, indem man die Einschätzung der Religion bestreitet, sondern indem man die Aufmerksamkeit auf einen anderen Sachverhalt richtet. Man betont, daß es sich gar nicht um einen Übergriff des wissenschaftlichen Geistes auf das Gebiet der Religion handelt, sondern um einen Übergriff der Religion auf die Sphäre des wissenschaftlichen Denkens. Was immer Wert und Bedeutung der Religion sein mögen, sie hat kein Recht, das Denken irgendwie zu beschränken, also auch nicht das Recht, sich selbst von der Anwendung des Denkens auszunehmen … Eine auf die Wissenschaft aufgebaute Weltanschauung hat außer der Betonung der realen Außenwelt wesentlich negative Züge, wie die Bescheidung zur Wahrheit, die Ablehnung der Illusionen« (Freud, 1933, S. 182 ff. und S. 197).
„Freuds »Religions«-Kritik galt den »Neurosen« genannten Privatreligionen (Heiraten, romantische Liebe, Gier, Ethik und Moral, etc. Anm. JSB) ebenso wie den kollektiven (Nation, Gutmenschen, Sport, etc. Anm. JSB);“ – Helmut Dahmer
Freud prognostizierte, die bestehende Gesellschaft werde an einem Übermaß nicht absorbierbarer Destruktivität zugrundegehen. (sofern nicht »Eros« interveniere (Eros ist nicht Ficken, sondern Caritas. Anm. JSB)).
„Wer dem Kult der »Werte« frönt, kann unsanft erwachen, wenn im Kampf der Klassen und Parteien, von dem er sich fernhält, Gruppen obsiegen, auf deren Programm eine »Umwertung der Werte«, z. B. die Aufwertung von »Unwerten« steht.“ – Helmut Dahmer
»Hinsichtlich der allgemeinen nervlichen Belastung wirkte die Lage im Dritten Reich auf den psychischen Zustand des Volkes ziemlich ambivalent. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß die Machtergreifung zu einer weitverbreiteten Verbesserung der emotionalen Gesundheit führte.Das war nicht nur ein Ergebnis des Wirtschaftsaufschwungs, sondern auch der Tatsache, daß sich viele Deutsche in erhöhtem Maße mit den nationalen Zielen identifizierten. Diese Wirkung ähnelte der, die Kriege normalerweise auf das Auftreten von Selbstmorden und Depressionen haben. (Das Deutschland der Nazizeit verzeichnete diese Erscheinung zweimal: nämlich 1933 und 1939.) Aber gleichzeitig führte das intensivere Lebensgefühl, das von der ständigen Stimulierung der Massenemotionen herrührte, auch zu einer größeren Schwäche gegenüber dem Trinken, Rauchen und Vergnügungen« – Richard Grunberger
Von Anfang an hatte Hitlers Regime auch den Anstrich der Rechtmäßigkeit
„Die psychiatrischen Truppen der »kaiserlichen deutschen Psychiatrie« (Alexander und Selesnick, 1966, S. 214) jedoch, die 1914 ins Feld zogen, bekriegten immer noch die Krankheit, den äußeren Eindringling in ein gesundes System, und nicht die Neurose, das innere Ungleichgewicht zwischen Psychodynamik, Umwelt und Geschichte.“ – Geoffrey C. Cocks (Diese Einstellung herrscht bis heute in der deutschen Psychotherapie und findet explosionsartige Vermehrung im KOnzept der sog. „Traumatisierung“. Anm- JSB)
Der Plural hat kein Geschlecht.
„Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.“ -Albert Einstein
„Der psychoanalytische Beitrag zur Sozialpsychologie der jüngsten Vergangenheit (und Gegenwart Anm.JSB) und ihrer Verarbeitung ist heute ebenso unerwünscht wie die Libidotheorie zu Anfang des Jahrhunderts.“ – I.Kaminer
»Ein böses und nur durch Unkenntnis gerechtfertigtes Mißverständnis ist es, wenn man meint, die Psychoanalyse erwarte die Heilung neurotischer Beschwerden vom >freien Ausleben< der Sexualität. Das Bewußtmachen der verdrängten Sexualgelüste in der Analyse ermöglicht vielmehr eine Beherrschung derselben, die durch die vorgängige Verdrängung nicht zu erreichen war. Man kann mit mehr Recht sagen, daß die Analyse den Neurotiker von den Fesseln seiner Sexualität befreit.« – Sigmund Feud, Gesammelte Schriften«, Band XI, S. 201 ff.)
Liebe: nur bestenfalls eine Mutter akzeptiert ihr Kind, so wie es ist, ansonsten muß man Erwartungen anderer erfüllen, um akzeptiert zu werden.
Früher galt als mutig, wer ein Revolutionär war, heute reicht es schon, wenn einer seine Meinung behält.
“Jeder fünfte Bewohner des Westjordanlandes ist ein israelischer Siedler”, greint die Generaldelegation Palästinas heute auf ihrer Homepage. Und jeder fünfte Bewohner Israels ist ein palästinensischer Araber. So what?
Nonkonformistische Attitüde und affirmative Inhalte – einer Kombination, die schon immer die linksdeutsche Ideologie gekennzeichnet hat. – Stephan Grigat
Es sind dieselben, die behaupten, das Geschlecht wäre nicht biologisch angeboren, sondern nur ein soziales Konstrukt, und zugleich daß die Homosexualität kein soziales Konstrukt wäre, sondern biologisch angeboren.
„Es gibt zwei Dinge“, so wußte Hitler schon 1923, „die die Menschen vereinigen können: gemeinsame Ideale und gemeinsame Kriminalität“ .
Nach der gewaltsamen Beendigung des Mordens durch die Alliierten waren die Deutschen (und sind es bis heute geblieben) noch deutscher als zuvor.
„Der Staat sind wir“: Dies Credo der Sozialdemokratie Ferdinand Lassalles war die Wahrheit der Volksgemeinschaft, und der Nazismus war die vermittlungslose Basisdemokratie der Deutschen.
Die Demokratie der Bürger ist die interessierte Demutsadresse an den autoritären Staat.
„Die deutsche Nation ist das Apriori dieser seltsamen Wissenschaft, die
vorgibt, nichts zu kennen als Quellen, Quellen und nochmals Quellen, nichts als das
lautere Plätschern der Tatsachen und das ungetrübte Sprudeln der Empirie. Die
Quelle aber ist der Historie, was der Jurisprudenz das Indiz: Spielmaterial, bloße
Illustration des Systemzwangs zum Rechtsfrieden, d.h. empirische Legitimation der
vorab existenten letzten Instanz, an der jede Berufung aufhört und jede Revision
endet. Egal, wer Recht hat, solange nur Recht ist; was immer die Quellen sagen,
ein Beweis gegen die Nation wird sich daraus nie und nimmer folgern lassen.“ (…)
„Historische Wahrheit wird nach dem Modell von Meinungsumfragen vorgestellt;
kein Sample jedoch wird je repräsentativ genug sein,
um der deutschen Nation als solcher die Taten der Nazis zuzurechnen.
Die juristische Methode dieser seltsamen Wissenschaft, die sich die Behandlung der
Geschichte anmaßt, weiß so überaus sorgfältig zwischen Intention und Resultat zu
scheiden, daß der einzig noch mögliche Weg historischer Wahrheitsgewinnung, der
allerdings leider ausgeschlossen ist, Psychoanalyse wäre.“ – Joachim Bruhn
Da die Psychoanalyse heute auch nur noch ein korruptes Racket ist, würde sie nicht helfen.
Der Himmel, wenn er sich schon öffnet, zitiert sich am liebsten selbst.
Je verkommener eine menschliche Kreatur, desto eher fühlt sie sich beleidigt, respektlos behandelt, in ihrer Ehre verletzt.
Der religiöse Rassismus der Islamisten, der den völkischen Rassismus der Nazis ersetzt hat, erklärt Allah zum Führer und die Jihadisten zu seiner privilegierten Kampftruppe: Wenn man so will, zu Allahs SS. Der Zusammenhalt dieser Kampftruppe wird über die Jenseitserwartung von Hölle und Paradies, also über das Instrument der religiösen Angst, sichergestellt. Diese Selbstbildfantasie der Islamisten ist mit ihrer (zumeist antijüdischen) Feindbildfantasie untrennbar verknüpft. – Matthias Küntzel
Kein Nazifaschist hat je wirklich geglaubt, er bezöge die Ermächtigung seiner Ansprüche aus dem Teutoburger Wald; keiner seiner demokratischen Erben hat jemals tatsächlich gedacht, ihnen erwüchse Legitimität im Resultat des “Lernens aus der Geschichte”; niemals war ein Sozialist der Ansicht, es sei die famose “Befreiung der Arbeit” und nicht vielmehr das Recht auf Beute, was seine Politik im Interesse der Arbeiterklasse motivierte. Und keinesfalls erwächst den Palästinensern irgendein Recht aus der Tatsache, daß sie zuerst da waren. Einer Gesellschaft, der Hunger kein Grund ist zur Produktion, kann auch das Leiden kein Grund sein zur Solidarität. Es ist die Ideologie, die mit der Unmittelbarkeit des Leidens agitiert, die aus dessen fragloser Evidenz Sinn zu schlagen sucht, sei es im Sinne von Caritas oder Amnesty International, sei es im Sinne der Freunde des palästinensischen Volkes für den Israelhaß der Antisemiten wie für den Islamfaschismus dieses Volkes. Ariel Scharon jedenfalls, der Zionist und praktische Antifaschist, ist dem aufgelösten Rätsel der Geschichte näher als die deutsche Linke, deren “Antifaschismus” sich als Aufstand der Anständigen à la Gerhard Schröder oder als Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausagiert. (…) Im Wesen Israels als des ungleichzeitigen Staates der Juden liegt es aber nicht nur, Reaktion auf den Verrat an Aufklärung und Weltrevolution, nicht nur, Notwehrversuch gegen den Nazifaschismus und Asyl zu sein. Sondern eben auch, daß die üblichen Muster der bürgerlichen Rollenverteilung – hier das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates im allgemeinen und dort die Personen, die die Regierungsausübung im besondern besorgen – für den israelischen Staates aufgrund seiner Konstitutionsbedingungen keine Geltung mehr hat. Was sich unter anderem darin zeigt, daß diese “Kritiker” der israelischen Regierungspolitik für den faschistischen Mob und die Behörden, die Selbstmordattentäter belohnen, Verständnis aufbringen (Folge von Besatzung und Ausbeutung), dagegen für den Versuch, die militärische Infrastruktur der Gegner Israels zu zerschlagen, am liebsten die Begriffe Auslöschung oder Ausrottung der palästinensischen Bevölkerung im Munde führen. Wie hinter der treudoofen Frage, ob es nicht möglich sein müsse, Spekulanten als das zu bezeichnen, was sie sind, ohne gleich als antisemitisch zu gelten, so verbirgt sich hinter der treulinken Frage, ob nicht auch in Israel, weil es sich auch dort um eine bürgerliche Gesellschaft handele, Faschismus möglich sei, die Erkenntnis dieser Fusion in verquerer und verschrobener Gestalt. Verquer, weil ja gerade erklärt werden sollte, wie Israel, dieser Fusion zum Trotz, eine parlamentarische Demokratie ist und bleibt; verschroben, weil diese Einheit von Staat und Regierung im Übergang von einem unerträglichen Alten (die Vernichtungsdrohung) zum noch nicht erreichten Neuen (die herrschaftslose Gesellschaft) ja doch den Inbegriff dessen ausmacht, was einmal als “Diktatur des Proletariats”, als Emanzipationsgewalt und organisierte politische Macht der Revolution, auch und gerade auf den roten Fahnen stand. In Anbetracht der Grundidee des Staates Israel, vor dem Hintergrund der linken Staatsmythen, betreffend die “Diktatur des Proletariats”, muß jede Beurteilung der Handlungen der Regierungsvertreter auch die völlig andere Qualität dieses Staates, verglichen mit allen anderen, deutlich werden lassen. (…)
Wenn diese Linke über Israel schwadroniert, dann hört sich das nicht minder grausig an.Dabei liegt der Zusammenhang zwischen dem Antisemitismus und dem Vernichtungswillen gegen die zum Staat gewordene bürgerliche Gesellschaft der Juden, gegen Israel, eigentlich auf der Hand:Der sogenannte Antizionismus stellt nichts anderes dar als die geopolitische, globalisierte Reproduktion des Antisemitismus, das heißt die Erscheinungsform, die er in Weltmarkt und Weltpolitik nach Auschwitz annehmen muß. Der Antizionismus ist der aus den kapitalisierten Gesellschaften in die Welt herausgekehrte Antisemitismus. So ist Israel der Jude unter den Staaten; die Verdammung des Zionismus als eines “Rassismus” durch die UNO gibt es zu Protokoll. Das macht: die moralische Verurteilung der menschlichen Unkosten der Konstitution bürgerlicher Staatlichkeit allein am Beispiel Israels führt vor Augen, was die Welt der Volksstaaten vergessen machen will – daß die Zentralisation der politischen Gewalt über Leben und Tod keineswegs die natürliche Organisationsform der Gattung Mensch darstellt, sondern Ausdruck eben von Herrschaft und Ausbeutung. Dabei ist Israel – und das macht die Kritik an diesem Staat so perfide und muß deshalb immer wieder gesagt werden – der einzige Staat dieser Welt, der für sich eine nicht zu bezweifelnde Legitimität beanspruchen kann. Israel, das ist der ungleichzeitige Staat, der entstanden ist sowohl als Reaktion auf das Dementi aller Versprechungen der bürgerlichen Nationalrevolution, sowohl als Antwort auf den stalinistischen Verrat an der kommunistischen Weltrevolution als auch als zu spät gekommene Notwehr gegen den Massenmord an den europäischen Juden. (…) Israel ist das Schibboleth jener doch so naheliegenden Revolution; es ist der unbegriffene Schatten ihres Scheiterns. Israel ist das Menetekel, das zum einen (und ganz unfreiwillig) die kategorischen Minimalbedingungen des Kommunismus illustriert, und das zum anderen sämtliche Bestialitäten zu demonstrieren scheint, zu denen der bürgerlich-kapitalistische Nationalstaat fähig ist. Wer Israel nicht begriffen hat, wer den Haß auf diesen Staat, den Antizionismus, und wer den Antisemitismus, das heißt den Vernichtungswillen sowohl gegen die in diesem Staat lebenden als auch gegen die kosmopolitisch verstreuten Juden, nicht begriffen hat als das, was Antisemitismus wesentlich darstellt: den bedingungslosen Haß auf die Idee einer in freier Assoziation lebenden Gattung, der hat den Kommunismus nicht als das “aufgelöste Rätsel der Geschichte” begriffen. –
Der ostentative Muslimeifer aber, der sich im Alltag mancher ‚Allahu-Akbar‘-Brüller vielleicht doch sehr in Grenzen hält, findet im blanken Judenhass unverhoffte Nahrung, wo ihnen unter unendlich öden Koranrezitationen und geistlosen, absurden Vorschriften längst das bisschen ungeglaubten Glaubens zwischen den Fingern zerrann und ihr Muslimsein kaum je mehr ist als das typisch dauerbeleidigte, immer schon jeder Verantwortung ledige Gruppengefühl. Überhaupt will jeder Eifer – insbesondere der aktuelle, rasende Eifer des weltweit angreifenden Islam – den Stachel eines weniger drohenden als hinterrücks längst geschehenen Glaubensverlustes kompensieren.“ Mit anderen Worten: Muslime wurden nicht für ihr abstraktes Muslimsein kritisiert, sondern dafür, was – global betrachtet – die Mehrheit konkret darunter versteht: Die von Gott gegebene Ermächtigung zu Terror, Entrechtung, Antisemitismus.Wer differenziert, sollte nicht unerwähnt lassen, dass Osama bin Laden, Hassan Nasrallah und wie all die schrecklichen Figuren so heißen, in der muslimischen Welt als Helden gefeiert werden – und zwar nicht von einer minoritären Sekte, sondern von Millionen Muslimen, auch in Deutschland. (,,) Der unfreiwillige und verborgene Essentialismus der Postmoderne macht das Begreifen unmöglich, weil er die Beziehung zwischen Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem nicht mehr zu thematisieren vermag. Wenn nur noch Vielfalt herrscht und Einzelnes und Allgemeines gewaltsam auseinandergerissen werden, bleibt die Verstandesleistung des begreifenden Subjekts auf der Strecke und die scheinbar ursprüngliche Differenz wird zum Mythos. Nicht nur dem Begriff des Allgemeinen, das ja ein noch einzulösendes ist, wird Gewalt angetan, auch dem Besonderen, dessen Unglück darin besteht, nur ein Besonderes zu sein, und das sich, weil es kein versöhnendes Ganzes gibt, dem schlecht-Allgemeinen, dem Racket nämlich, anschließen muss. – JAN HUISKENS
„Vernunft und Rationalität sind in dieser durchmedialisierten Welt chancenloser denn je. Ein unangenehmer Typ „Heckenschütze“ terrorisiert die Gesellschaft. Seine aktuelle Waffe: Der Phobienvorwurf.“ – Bettina Röhl
„Man wähnt, wenn man nach wissenschaftlichen Regeln sich richtet, dem wissenschaftlichen Ritual gehorcht, mit Wissenschaft sich umgibt, gerettet zu sein. Wissenschaftliche Approbation wird zum Ersatz der geistigen Reflexion des Tatsächlichen, in der Wissenschaft erst bestünde. […] Je tiefer man ahnt, daß man das Beste vergessen hat, desto mehr tröstet man sich damit, daß man über die Apparatur verfügt.“ (Theodor W. Adorno, Philosophie und Lehrer, AGS 10.2, 491)
„Vieles, was im Sinne von Foucaults »Mikrophysik der Macht« populär werden sollte; also die Erkenntnis, daß Macht nicht pyramidal hierarchisch, sondern durch sämtliche gesellschaftliche Bereiche hindurch wirkt, findet sich bereits in der Medizinkritik der Kritischen Theorie. Daß diese Thesen häufig übersehen wurden, mag daran liegen, daß sich Horkheimers entscheidende Äußerungen über Medizin und Psychiatrie nicht in den breit rezipierten Hauptwerken finden, sondern über die Gesamtausgabe verstreut sind. Wiemer suchte sie zusammen und zeigt, wie Horkheimer anhand der Medizin einen wesentlichen Charakterzug des modernen Kapitalismus ausmachte. Mediziner funktionieren laut Horkheimer wie fast jede wirtschaftliche Gruppe im Sinne eines Rackets. »Ein Racket«, erklärt er, »ist eine unter sich verschworene Gruppe, die ihre kollektiven Interessen zum Nachteil des Ganzen durchsetzt.« Allgemein betrachtet heißt das, daß sich die Klassengesellschaft in eine »neofeudale« Struktur verwandelt hat, innerhalb der Interessenverbände »nach dem Prinzip der Selbsterhaltung und der Machtakkumulation« funktionieren. Diesen Wandel macht Horkheimer an den Medizinern fest; und alles, was Horkheimer in seiner Kritik aussparte, von den Krankenversicherungen bis zum Pfusch in Krankenhäusern, wird von Carl Wiemer polemisch auf den neuesten Stand gebracht“ – Max Horkheimer
„Ein Shitstorm hat auch seine positive Seite. Da politisch korrekte Gülle meist in Richtung Originalität, Kreativität und Intelligenz geworfen wird, fliegt sie oft genug auf Leute, die zu lesen wirklich lohnt.“ – Evidenz-basierte Ansichten
Eine Frau wird als Frau geboren. ein Mann muß erst ein Mann werden.
Keine Paternalisierung, sondern fortschreitende Maternalisierung. Die Feminisierung und Genderisierug marginalisiert und zerstört die Vaterposition in den modernen »Gesellschaften«, die Vaterrolle erlitt allgemeine Degradierung, die Kanonisierung der Homosexulität im Speziellen und der sexuellen Diversität im Allgemeinen tilgt die noch übriggebliebenen Spuren einer Männlichkeit restlos aus, die nur noch als Schimpfwort der angeblichen „Paternalisierung“ im Jargon der Medien herumgeistert.
Post-Pop-Epoche: der Sieg der Mode über die Sitten.
„Wir brauchen schadhafte Gebäude, durch deren geborstene Wände man hindurch sehen kann, um wenigstens einen Anfang zum Denken zu gewinnen.“ – Victor Tausk
„Was man in römischer Zeit das »Abendland« und später »Europa« nennen wird, ist die politische Konsequenz des individualistischen Martyriums, das ein gesprächsfreudiger Stadtstreicher auf sich nahm, um die Legitimität des im universalistischen Dialekt vorgebrachten Neuen gegen die entkräfteten lokalen Sitten zu demonstrieren.“ – Peter Sloterdijk
„Was nützt einem die Gesundheit wenn man ansonsten ein Idiot ist.“ – Theodor Adorno
„Ich bin eine Feministin. Das bedeutet, daß ich extrem stark behaart bin und daß und ich alle Männer haße, sowohl einzelne als auch alle zusammen, ohne Ausnahmen.“– Bridget Christie
„Die Tragödie isolierter persönlicher Leidenschaften ist für unsere Zeit zu fade. Aber weshalb? Weil wir in einer Epoche der sozialen Leidenschaften leben. Die Tragödie unserer Epoche ist der Zusammenstoß der Persönlichkeit mit dem Kollektiv.“ – LeoTrotzki 1923
“I think it’s very healthy to spend time alone. You need to know how to be alone and not be defined by another person.” ― Oscar Wilde
They are the samewho claimthe sex/genderwould not bebiologicallyinnate, butonlyasocialconstruct, andat the same timethathomosexualitywas not asocialconstruct, butbiologicallyinnate.
„Reasonandrationalityarechance-less than everinthistotallymediatisedworld. An unpleasanttype„Sniper“ terrorizedsociety. Hiscurrent weapon: Thephobiaaccusation.“ – Bettina Röhl
„AShitstormhas also itspositiveside. Aspolitically correctmanure it isusuallythrowninthe direction oforiginality, creativity and intelligence, she fliesoftentopeople whoare really worth to read.“ – Evidenz-basierte Ansichten
A woman is born as a woman. a man has to become a man.
No paternalization but advancing maternalization. The feminization and genderization marginalized and destroyed the father position in the modern „societies,“ the father role suffered general degradation, the canonization of homosexuality in particular and the sexual diversity generally wipes out the still remaining traces of masculinity completely out, only as an insult haunts the alleged „paternalization“ in the jargon of mass media.
„We needdamagedbuildings, so you can seethroughtheircrackedwallsto winat least one viewpoint to startto begin to think.“ –VictorTausk
„What good is health if you are an idiot then?“ – Theodor Adorno
„What one must be judged by, scholar or no, is not particularised knowledge but one’s total harvest of thinking, feeling, living and observing human beings.“ (…) „While the practice of poetry need not in itself confer wisdom or accumulate knowledge, it ought at least to train the mind in one habit of universal value: that of analysing the meanings of words: of those that one employs oneself, as well as the words of others. (…) what we have is not democracy, but financial oligarchy. (…) Mr. Christopher Dawson considers that “what the non-dictatorial States stand for today is not Liberalism but Democracy,” and goes on to foretell the advent in these States of a kind of totalitarian democracy. I agree with his prediction. (…) That Liberalism is something which tends to release energy rather than accumulate it, to relax, rather than to fortify. (…) A good prose cannot be written by a people without convictions. (..) The fundamental objection to fascist doctrine, the one which we conceal from ourselves because it might condemn ourselves as well, is that it is pagan. (..) The tendency of unlimited industrialism is to create bodies of men and women—of all classes—detached from tradition, alienated from religion and susceptible to mass suggestion: in other words, a mob. And a mob will be no less a mob if it is well fed, well clothed, well housed, and well disciplined. (…) The rulers and would-be rulers of modern states may be divided into three kinds, in a classification which cuts across the division of fascism, communism and democracy. (…) Our preoccupation with foreign politics during the last few years has induced a surface complacency rather than a consistent attempt at self-examination of conscience. (…) What is more depressing still is the thought that only fear or jealousy of foreign success can alarm us about the health of our own nation; that only through this anxiety can we see such things as depopulation, malnutrition, moral deterioration, the decay of agriculture, as evils at all. And what is worst of all is to advocate Christianity, not because it is true, but because it might be beneficial. (…) To justify Christianity because it provides a foundation of morality, instead of showing the necessity of Christian morality from the truth of Christianity, is a very dangerous inversion; and we may reflect, that a good deal of the attention of totalitarian states has been devoted, with a steadiness of purpose not always found in democracies, to providing their national life with a foundation of morality—the wrong kind perhaps, but a good deal more of it. It is not enthusiasm, but dogma, that differentiates a Christian from a pagan society.“ (…) It would perhaps be more natural, as well as in better conformity with the Will of God, if there were more celibates and if those who were married had larger families. (…) We are being made aware that the organisation of society on the principle of private profit, as well as public destruction, is leading both to the deformation of humanity by unregulated industrialism, and to the exhaustion of natural resources, and that a good deal of our material progress is a progress for which succeeding generations may have to pay dearly. I need only mention, as an instance now very much before the public eye, the results of “soil-erosion”—the exploitation of the earth, on a vast scale for two generations, for commercial profit: immediate benefits leading to dearth and desert. I would not have it thought that I condemn a society because of its material ruin, for that would be to make its material success a sufficient test of its excellence; I mean only that a wrong attitude towards nature implies, somewhere, a wrong attitude towards God, and that the consequence is an inevitable doom. For a long enough time we have believed in nothing but the values arising in a mechanised, commercialised, urbanised way of life: it would be as well for us to face the permanent conditions upon which God allows us to live upon this planet. And without sentimentalising the life of the savage, we might practise the humility to observe, in some of the societies upon which we look down as primitive or backward, the operation of a social-religious-artistic complex which we should emulate upon a higher plane. We have been accustomed to regard “progress” as always integral; and have yet to learn that it is only by an effort and a discipline, greater than society has yet seen the need of imposing upon itself, that material knowledge and power is gained without loss of spiritual knowledge and power. “ – T.S.Eliot
“I am a feminist. All this means is that I am extremely hairy and hate all men, both as individuals and collectively, with noexceptions.” – Bridget Christie
Weil der „Deutsche Frauenrat“ Frank Plasbergs Sendung „Sexismus“ und „ungeheuerlichen Machtmissbrauch“ vorwirft, schreitet der Rundfunkrat ein. Im Rundfunkrat sitzen Politiker und Kirchenvertreter.
Sie nennen die Sendung „unseriös“ und empfehlen, diese nie mehr zu wiederholen und aus der Mediathek zu löschen. Zensur!
Das ist eine gefährliche Entwicklung. Politik, Kirchen, Verbände haben niemals zu beurteilen, welche Art Journalismus als „unseriös“ getilgt gehört. „Unseriös“ ist der schwammige Vorwurf, den Regime ohne Pressefreiheit gern erheben, um Medien zum Schweigen zu bringen.
Wem in unserem freien Land eine Talk-Sendung nicht passt, für den gibt es ein einfaches Mittel: ausschalten!
Der umstrittene Talk
Sexismus-Beschwerde! | Plasberg-Sendung mit Thomalla zensiert
22.08.2015
Von G. BRANDENBURG, N. HARBUSCH und F. KAIN
In Sachen Zensur sitzen Sie in diesem Fall ganz sicher in der ersten Reihe. 2,98 Millionen Zuschauer sahen am 2. März 2015 die ARD-Talkshow „Hart aber fair“. Moderator Frank Plasberg (58) hatte zum Thema Gleichberechtigung Gäste wie Schauspielerin Sophia Thomalla (25) und FDP-Vize Wolfgang Kubicki (63) eingeladen.
Ein halbes Jahr war die Sendung in der ARD-Mediathek abrufbar, doch in dieser Woche löschte der WDR den Gender-Talk! Der unglaubliche Vorgang: Am Dienstag hatte der WDR-Rundfunkrat nach einer Sexismus-Beschwerde von Frauenverbänden zwar von einer Rüge gegen Plasberg abgesehen, aber empfohlen, die Sendung aus dem Netz zu nehmen.
Von der ARD gelöscht: Talkshow-Gast Sophia Thomalla (25)
Foto: Oliver Ziebe/WDR
WDR-Rundfunkrats-Vorsitzende Ruth Hieronymi zu BILD: „Die Auswahl der Gäste und die Gesprächsleitung waren für die Ernsthaftigkeit des Themas nicht ausreichend.“ Und auch der WDR-Programmausschuss urteilte: „Es ist mit einem gesellschaftlichen Thema in einer unseriösen Weise umgegangen worden – nicht zuletzt durch den Moderator.“
Aber was soll zu hart und unfair gewesen sein? BILD schaute sich die Sendung noch einmal an. Plasberg macht sich z.B. darüber lustig, dass es in Deutschland 190 Professoren für Geschlechterforschung gibt, 180 davon weiblich. Er mokiert sich, dass die Umbenennung eines „Studentenwerks“ in „Studierenden-Werk“ 1 Mio. Euro kostet.
Mehrfach prallen Gast Birgit Kelle („Gender gaga“) und Bloggerin Anne Wizorek („Auf Herrenklos gibt es selten Wickeltische“) aufeinander. Kubicki sagt zu Grünen-Fraktionschef Hofreiter: „Sie sehen ja schon gendermäßig aus.“
Die Talkrunde bei „Hart aber fair“: Bloggerin Anne Wizorek, Anton Hofreiter (Grüne), Wolfgang Kubicki (FDP), Sophia Thomalla, Autorin Birgit Kelle und Moderator Frank Plasberg (von links)
Foto: Oliver Ziebe/WDR
Fazit: TV-Polit-Unterhaltung, eher harmlos! Trotzdem drückte der WDR die Löschtaste, sagte BILD: „Die Sendung war von Frauenverbänden und Gleichstellungsbeauftragten als unseriös empfunden worden und hatte zu Programmbeschwerden und zahlreichen Protestbriefen geführt. Die Redaktion musste zur Kenntnis nehmen, dass viele Frauen die Sendung offenbar anders empfunden haben, als sie gemeint war.“
Talkshow-Gast Wolfgang Kubicki fordert jetzt: „Die Sendung muss wieder raus aus dem Giftschrank, rein in die Mediatheken. In welchem Land leben wir, wenn feministische Extremisten in der Lage sind, mit einem organisierten Shitstorm die Meinungsfreiheit einzuschränken?“
Sophia Thomalla: „Ich als Frau soll frauenfeindlich sein? Immer wieder erstaunlich, was Frauen sich so einfallen lassen, um Frauen vor so Frauen wie mir zu beschützen. Verbote von Meinungen kenne ich eigentlich aus dem Geschichtsbuch.“ Frank Plasberg wollte sich nicht äußern.
Wie nahe Sieg und Niederlage beeinander liegen, das erleben derzeit die Frauenverbände und Frauenräte, denen die Meinungsfreiheit in Deutschland zu weit geht. Gerade haben sie beim WDR Rundfunkrat durchgesetzt, dass die Sendung “Hart aber Fair, Nieder mit den Ampelmännchen – Deutschland im Gleichheitswahn” aus der Mediathek gelöscht wurde, da bricht ein Sturm der Berichterstattung über die Frauenräte herein.
Kaum ein deutsches Medium scheint sich die Geschichte entgehen lassen zu wollen, niemand will in seinem Beitrag auf den obligatorischen Link auf YouTube verzichten, wo die Sendung vom 2. März immer noch zu sehen ist – in ihrer ganzen Länge und Lächerlichkeit – jedenfalls meinen die sich beschwerdenden Frauenräte, dass die Sendung den Genderismus und das Gender Mainstreaming lächerlich gemacht habe. Als bräuchte es dazu die Sendung von Plasberg, als reichten die Vorschläge zur Sprachverhunzung, *X_Innen, zu Unisextoiletten, zu Frauenquote im Cockpit nicht aus, um den Genderismus lächerlich zu machen.
Und nun, nachdem sie es durchgesetzt haben, das Plasbergs Sendung aus der Mediathek des WDR gelöscht wurde, dass sie herauszensiert wurde, nun haben sich die Frauenräte und -verbände mit ihrer Beschwerde-Onanie vollständig der Lächerlichkeit preisgegeben (Man muss in diesem Zusammenhang von Onanie sprechen, denn wie wir gezeigt haben, enthalten die vermeintlichen Beschwerden keinerlei Argument).
Die Lächerlichkeit und Peinlichkeit der Frauenräte, sie hat klar benennbare Ursachen:
Offensichtlich hält der Genderismus nicht einmal eine Talkshow aus, in der die obligatorische politische Korrrektheit, die offensichtlich der Wohlfühlfaktor für Genderisten ist, nicht eingehalten wird.
Offensichtlich fehlt es dem Genderismus an “Fachlichkeit“, wie die Frauenräte es wohl nennen würden, um sich in der Diskussion mit anderen zu behaupten.
Offensichtlich haben Genderisten Angst vor Meinungsfreiheit, Angst davor, in der richtigen Welt, außerhalb ihrer universitären und instutionellen Schutzräume auf die Wirklichkeit zu stoßen, mit der Wirklichkeit konfrontiert zu werden. Deshalb muss die Wirklichkeit zensiert werden. Deshalb müssen Meinungen, die mit Fakten und somit auf Basis der Wirklichkeit begründet werden, unterdrückt am besten verboten werden.
Und was sind Organisationen, Räte, Einzelakteure, die durch eine Talkshow aus dem Gleichgewicht geworfen werden, die keine Argumente zur Verteidigung der eigenen Sache vorbringen können, die nur heulend zum nächsten Patriarchen laufen können, um dort darum zu betteln, dass ihr Schutzraum, in dem sie weder von Realität noch von anderen Meinungen behelligt werden, wieder hergestellt wird?
Peinlich und lächerlich!
Und deshalb wird sich der Pyrrhus-Sieg in Kürze zum feministischen Supergau entwickeln: Darüber lacht das Land, schon deshalb, weil die Frauenräte es geschafft haben, dass eine Sendung, die fast in Vergessenheit geraten war, eine neue YouTube Karriere gestartet hat und sich viraler Nachfrage erfreut.
Schriftsteller, Gruppensex und Sprachmörder (Teil 1)
Bernhard Lassahn 22.08.2015
Wissen deutsche Schriftsteller überhaupt noch, wie sie heißen und was sie sind? Wollen sie wirklich gleichgestellt werden? Warum lügen Sexisten so gerne?
Gibt es Antworten? Es sieht nicht danach aus. Beim diesjährigen Schriftstellerkongress hat der Landesverband Berlin/Brandenburg vorgeschlagen, den „VS Verband deutscher Schriftsteller“ in „VSS Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ umzubenennen.
Warum? Warum nicht?
Schwer zu sagen. Sie konnten sich nicht einigen. Nun wollen sie eine Umfrage durchführen. Ich finde, sie sollten es lassen. Es ist blamabel genug! Wenn die Schriftsteller heute nicht mehr wissen, wie sie sich nennen sollen, schlage ich den Namen ‚Club der toten Dichter’ vor. Oder wenn ihnen das lieber ist: ‚Club der toten Dichterinnen und Dichter’.
Wenn die Schriftsteller aufgrund ihres besonderen Umgangs mit der Sprache, den man eigentlich von ihnen erwartet, nicht in der Lage sind, selbst eine passende Bezeichnung zu finden, dann müssen sie eben eine Werbeagentur beauftragen oder eine Expertin wie der/die/das Profx Hornscheidt von der Humboldt-Universität um Rat bitten, die vermutlich „Schriftstellx“ vorschlagen würde oder aber bei den Abgeordneten der Grünen, der Linken, der SPD oder der CDU/CSU nachfragen, welche Bezeichnung man ihnen entsprechend der aktuellen Gesinnungslage zubilligt.
Warum konnten sie sich nicht einigen? Dagegen sprach unter anderem, dass die Namensänderung mit nicht unbeträchtlichen Verwaltungskosten verbunden ist und dass der Name inzwischen eine gewisse Tradition hat (als wenn es keine wirklich gewichtigen Gründe gäbe, die dagegen sprechen), dafür sprach nur ein einziges Argument: der Gleichstellungsaspekt.
Das sehe ich ganz anders. Der Gleichstellungsaspekt ist kein Argument dafür, sondern dagegen. Gleichstellung und Schriftsteller: das geht gar nicht!
Es ist nicht die Aufgabe der Schriftsteller, Gleichstellungspolitik zu betreiben, sondern vielmehr, sich ihr entgegenzustellen. Schriftsteller sollten die Falschheiten dieser Politik nicht besinnungslos übernehmen, sie sollten sie vielmehr aufdecken. Schriftsteller hätten dazu auch die geeigneten Werkzeuge: ihren Sinn für Sprache.
Menschen sind nicht gleich. Gruppen sind es auch nicht.
Was bedeutet Gleichstellung? Gleichstellung geht von Gruppen aus und geht über Individuen hinweg. Das Zauberwort der Gleichstellung heißt: gruppenbezogen. Das heißt, dass Gleichstellung stets auf „Gruppen bezogen“ erreicht werden soll. Dazu wird zunächst die Existenz einer Gruppe behauptet, die an die Stelle des mündigen Bürgers tritt, der gerade krank geschrieben ist. Er wird von nun an von einem fiktiven Kollektiv vertreten, das über seinen Kopf hinweg gebildet wurde.
Da darf man sich schon fragen, ob es diese Gruppe überhaupt gibt und – falls nicht – ob es sie denn geben sollte. Gibt es diese gigantische Großgruppe „der“ Frauen wirklich oder wird sie nur beschworen? Sollte es sie etwa in Zukunft geben? Und gibt es entsprechend dazu – im Schatten dieser Frauengruppe – die gleichgeschaltete Gruppe „der“ Männer?
Wenn man einen Sinn für Geschichte hat, fragt man sich außerdem: Seit wann gibt es diese Gruppen? Warum gab es sie nicht schon vorher? Worin liegt das Versäumnis der bisherigen Sichtweise, die eine solche Gruppenbildung nicht vorgenommen hat? Ist es überhaupt ein Versäumnis?
Ich will nicht länger um den kalten Brei herum reden: Ich halte die pauschale Unterteilung in Männer und Frauen für grundfalsch. Damit wird nachhaltig Schaden angerichtet. Einen Nutzen sehe ich nicht. Derjenige, der diese Unterteilung durchsetzen und sprachlich deutlich machen will – bzw. diejenige, die das will – ist jetzt gefragt; er – bzw. sie – ist in Beweisnot; er ¬– bzw. sie – soll erklären, warum er ¬– bzw. sie – das sinnvoll findet. Ich finde es nicht sinnvoll.
Falsch finde ich die Unterteilung, weil die Unterschiede innerhalb so einer Pseudo-Gruppe, wie man sie korrekterweise nennen sollte, dermaßen groß sind, dass es sich von selbst verbietet, die vielen verschiedenen Einzelpersonen zu einer Einheit zusammenzufassen, die in Wirklichkeit keine ist. Da wird ein einzelnes Merkmal einer Person (womöglich eins, das dem Betreffenden gar nicht so wichtig ist) rausgepickt und, nur weil sich dieses Merkmal auch bei anderen findet, wird er mit denen in eine Schublade getan, obwohl er mit ihnen so gut wie nichts gemeinsam hat.
Erich Kästner hat einmal ein Gedicht geschrieben, in dem er die Müller-Partei vorstellte – eine neue Partei, bei der jeder Mitglied werden konnte, der zufälligerweise Müller hieß. Ansonsten hatte die Partei kein Programm, keinen gemeinsamen Nenner. Wer sowieso schon Müller hieß und natürlich von dem Projekt begeistert war oder wer in Zukunft den Namen Müller annehmen würde, um auch mit dabei zu sein, gehörte automatisch zur Partei von Max Müller:
Müller liebte alle Klassen.
Politische Meinungen hatte er keine.
Wichtig war ihm nur das eine:
Sämtliche Müllers zusammenzufassen.
Kästner hatte die Machenschaften durchschaut. Er hat sich Fragen gestellt, die wir uns auch stellen sollten: Welche Interessen stehen hinter so einer Gruppenbildung? Wir ahnten es schon. Die Müllers verschafften sich Vorteile. Das war alles. Der faule Zauber beruhte allein auf der willkürlichen Gruppenbildung, bei der das windige, aber zugleich ausschlaggebende Kriterium allein der Nachname „Müller“ war.
Sexismus geht uns alle an. Aber was ist eigentlich Sexismus?
Bei der Gleichstellungspolitik ist das Geschlecht das ausschlaggebende Kriterium. Genau gesagt: das biologische Geschlecht, auch wenn ständig von „gender“ die Rede ist, womit das soziale – neuerdings spricht man auch vom „kulturellen“ – Geschlecht gemeint sein soll. Es kommt jedoch in keiner Statistik vor. Auch bei keiner Quotenregelung.
Das kann es auch nicht; denn ein soziales oder kulturelles Geschlecht ist nicht eindeutig feststellbar. Damit kann man keine Politik machen. Damit kann man keine Gruppen bilden. Das geht nur mit einem klaren Entweder-oder-Kriterium. Es geht also doch immer nur um das biologische Geschlecht, oder volkstümlich gesagt: um das, was man in der Unterhose hat. Während es zur Zeit der Müller-Partei genügte, den Ausweis vorzuzeigen, um das entscheidende Erkennungszeichen zu präsentieren, heißt es heute: Hose runter!
Aber ist die Geschlechtszugehörigkeit wirklich ein brauchbares Kriterium, um Schriftsteller, die bekanntlich mit Sprache arbeiten und nicht etwa im horizontalen Gewerbe tätig sind oder eine Sauna betreiben, in Gruppen einzuteilen und angemessen zu etikettieren? Für Sexisten schon. Für die geht es immer nur um das eine. Sowieso. Für andere wiederum ist es kein geeignetes Kriterium.
Damit drängt sich die Frage auf: Was sind Sexisten? Das sind Leute, für die ihre Zugehörigkeit zu einem der beiden Geschlechter das entscheidende Kriterium ist, hinter dem alle anderen Aspekte – und zwar alle anderen – zurücktreten. Sehen wir uns so einen Sexisten näher an. Viele halten ihn für einen unangenehmen Zeitgenossen, der von einem übermäßig starken Begehren befallen ist. Er ist in etwa das, was man früher einen Erotomanen nannte. So jemand erzählt womöglich zweifelhafte Witze. So jemand ist sexbesessen, vielleicht sogar sexsüchtig. Das lässt – hoffentlich – irgendwann nach.
Das ist auch nicht weiter schlimm. So jemand hat gewisse Probleme mit seinem Sexleben – und das wird wiederum für Leute, die damit belästigt werden, zum Problem. Doch solche Kleinkriege verbleiben in einem überschaubaren Personenkreis. Solange man so jemanden relativ problemlos meiden und leicht abwimmeln kann, stellt er keine Gefahr dar. Er wird schon merken, wo er Freunde findet und wo nicht.
Schlimmer sind Leute, die vermutlich auch Probleme mit ihrem Sexleben haben, sich aber hauptsächlich um die Intimitäten anderer kümmern, speziell um Leute, die sie gar nicht kennen, deren Leben sie aber regulieren möchten. Es geht ihnen um alle. Und um alles. Sie treten mit dem Anspruch auf, am besten zu wissen, wie Menschen heutzutage ihr Privatleben gestalten müssen und sie versuchen, ihre aktuellen Vorstellungen mit ständig neuen Vorschriften durchzudrücken, wobei sie sich selbst als Gutmenschen und alle anderen als Schlechtmenschen darstellen.
Bei dieser Sorte von Sexisten geht es um Politik. Es geht um einen umfassenden Macht- und Geltungsanspruch. So ein Sexist beansprucht allein schon aufgrund der Zugehörigkeit zu einem der beiden Geschlechter eine grundsätzliche Überlegenheit, ganz unabhängig davon, ob er selber ein abwechslungsreiches Nachtleben hat oder nicht. Er sieht sich als Mensch erster Klasse, weil bei ihm Sex ganz oben auf der Liste seiner Wertmaßstäbe steht. Danach kommt lange nichts. So sind sie. Sexisten haben alle dieselbe Brille, durch die sie die Welt betrachten.
Es ist doppelt schlimm. Erstens fühlt sich ein Sexist allen des jeweils anderen Geschlechts überlegen. Ohne guten Grund. Auch ohne schlechten Grund. Er fühlt sich grundsätzlich allen vom anderen Ufer überlegen, nur weil er sich zum „besseren“ Geschlecht rechnet („besser“ natürlich in Anführungszeichen, weil es ein besseres Geschlecht nicht gibt). Zweitens fühlt sich so einer auch den eigenen Geschlechtsgenossen überlegen, sofern sie nicht ebenfalls Sexisten sind und – so wie er es tut – die Geschlechtszugehörigkeit als das alles entscheidende Kriterium ansehen. Sexisten sind so etwas wie die Neuen Herrenmenschen.
Der offensichtliche Sexismus der Frauen, den niemand sehen soll
Viele halten Sexismus für eine reine Männerkrankheit. Den Eindruck kann man leicht haben; denn Sexismus begegnet einem zumeist als Vorwurf, der von Frauen gegen Männer erhoben wird. Doch hinter dem Schleier der Empörung verbergen Frauen ihren eigenen, sehr speziellen Sexismus. Frauen sind auch sexistisch. Besser gesagt: Feministen sind es. Sie sind es grundsätzlich. Sie haben damit angefangen.
Wir sollten an dieser Stelle nicht abwinken und uns auf ein voreiliges Unentschieden einlassen, als gäbe es halt auf beiden Seiten Sexisten, und die Sache wäre irgendwie ausgeglichen. Das ist sie nicht. Feministen haben inzwischen die politische Macht und sie haben auch die öffentliche Meinung – und die so genannte Defma (Definitionsmacht) – auf ihrer Seite. Es gibt in dieser Sache keine Gleichverteilung. Wenn wir das auf die politische Ebene übertragen wollen, müssen wir uns zwei Nachbarländer vorstellen, von denen eines von beiden Vernichtungswaffen besitzt das andere aber nicht.
Feministen haben „Sexismus“ zu ihrem Kampfbegriff gemacht und sind nun die Nutznießer in einem abgekarteten Spiel, in dem Männer nicht etwa Täter, sondern ausschließlich Opfer sind. Eine Bemerkung, die als sexistisch verstanden wird, kann die Karriere eines Mannes gründlich ruinieren. Aktuelles Beispiel ist der Nobelpreisträger Tim Hunt, der wegen angeblichen sexistischen Äußerungen* seine Stelle am University College London aufgeben musste. Dabei hat er keiner einzigen Frau etwas angetan, nur der imaginären Gruppe „der“ Frauen. Deshalb konnte es auch keine Entschuldigung oder Richtigstellung geben. Keine Verwarnung. Keine Möglichkeit, Einspruch zu erheben.
Gleichstellungspolitik ist sexistisch. Feministen, die sich per Definition als Sexisten sehen, sind die treibende Kraft hinter der Gleichstellungspolitik, so wie Max Müller die treibende Kraft hinter dem Erfolg der Müller-Partei war. Die Feministen haben Erfolg, sie haben es tatsächlich geschafft, die beiden Pseudo-Gruppen „die“ Männer und „die“ Frauen in die Welt zu setzen und daraus ihre Vorteile zu ziehen.
Am Anfang dieser Entwicklung stand die Einrichtung des Ministeriums für „Frauen“. Damit wurde ein neuer Zuständigkeitsbereich geschaffen, eine neue falsche Verallgemeinerung wurde in Beton gegossen. Sie hatte fortan Gesetzeskraft. Sie ist total, sie ist gnadenlos, sie kennt keine Ausnahmen: Frau oder Nicht-Frau – das ist die Frage. So wurde nach und nach eine Politik etabliert und ausgebaut, die man, wenn man es freundlich formulieren will, als Müllerismus bezeichnen kann – weniger freundlich als neu eingekleideten Rassismus.
Wie soll man sensible mit der großen Axt umgehen?
Natürlich wird ständig betont, dass es „die“ Frauen in Wirklichkeit nicht gibt und dass man keinesfalls verallgemeinern dürfe – und dann wird genau das getan. Gleichstellung geht mit dem Charme einer Planierraupe grundsätzlich gruppenbezogen vor und sorgt dafür, dass die beiden Pseudo-Gruppen überall da, wo man sie beobachtet, gleich groß sind. Wenn nicht, dann sollen sie künstlich angeglichen werden.
Um diesen Prozess voranzutreiben, soll die Gruppe „der“ Frauen bei jeder Gelegenheit erwähnt werden. Daher gibt es Sprachvorschriften für „geschlechtersensible“ Sprache, die eine Doppelnennung wie „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ verpflichtend macht. Es gibt bereits Hochschulen, die Arbeiten von Studenten ablehnen, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen.
Oder sie drohen mit Punktabzug. „Du kannst das Ganze natürlich ignorieren“, schrieb eine Tutorin im Auftrag ihrer Dozentin an der TU Berlin einem Studenten des Studiengangs Verkehrswesen; sollten ihm dann allerdings die entscheidenden Punkte fehlen, dann „ … wirst du dich ärgern“, schrieb sie weiter, „denn da hilft dann auch alles diskutieren nichts.”
Der Student war irritiert, als er die Richtlinien zum Abfassen wissenschaftlicher Arbeiten gelesen hatte, da stand nämlich: „Auch die korrekte Verwendung von männlichen und weiblichen Ausdrucksformen und somit einer gendersensiblen Sprache wird in einer wissenschaftlichen Arbeit erwartet. Allgemein bedeutet Gender Mainstreaming ‚bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.’ BMFSFJ 2012“
Aha. Das steckte also dahinter: das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kurz BMFSFJ, das Zentrum der weiblichen Sexisten, die Kommandozentrale der gruppenbezogenen Gleichstellungspolitik. In deren Welt gibt es nur zwei große Gruppen, die Gruppe der Müller und die der Nicht-Müller – sorry: die der Frauen, die der Männer. Das Ministerium sieht die Welt als Scheibe. Zweidimensional. Deshalb glauben sie, dass es in der Sprache ausschließlich „männliche und weibliche Ausdrucksformen“ gibt. Nur diese beiden. Mehr nicht. Mehr braucht ein Sexist nicht. Denn er sieht erstens bis zehntens sein eigenes – gutes – Geschlecht und sieht unter ferner liefen das – weniger gute – andere. So einfach.
Doch die Sprache ist nicht so einfach wie die Weltsicht der Sexisten. Die Sprache kennt grammatische Formen, die wir „männlich“ oder „weiblich“ nennen (was nichts mit Menschen zu tun hat, die wir so nennen) und die obendrein übergeschlechtlich sein können. Außerdem kennt die Sprache das Neutrum. Das Ministerium nicht. Das Ministerium verkündet, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt. Gibt es nicht. Hamwer nicht. Kriegen wir auch nicht wieder rein. Basta.
Was einen Sexisten nicht interessiert, gibt es nicht. Wenn das Ministerium „korrekt“ sagt, meint es nicht „korrekt“ im Sinne eines korrekten Gebrauchs der Grammatik oder „korrekt“ im Sinne einer richtigen Darstellung eines Sachverhalts, sondern „korrekt“ im Sinne der Gleichstellungspolitik. Die Politik versucht, die vielfältigen Möglichkeiten der Sprache so zu reduzieren, dass damit bloß noch ihre primitive Weltsicht ausgedrückt werden kann.
Also muss unser armer am Verkehrswesen interessierter Student (gemeint ist der Straßenverkehr, nicht der Geschlechtsverkehr), die „Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern“ separat aufführen, auch wenn er es gar nicht will, weil er dafür keinen Grund sieht und er auch keine unterschiedliche Interessen von Frauen und Männer erkennen kann (aber so tun muss, als gäbe es welche und als wären die ganz, ganz wichtig). Er will auch die Verkehrsteilnehmer nicht als zwei von einander Gruppen darstellen, sondern als eine einzige mit einem gemeinsamen Interesse in einer konkreten Lebenssituation, in der es keine Rolle spielt, ob jemand männlich oder weiblich ist. Das darf er nicht. Das gibt Minuspunkte.
Wieso fühlt sich eigentlich das Ministerium mit der Buchstabenkombination BMFSJSF zuständig für den Sprachgebrauch an der TU Berlin? Noch eine Frage: Warum orientiert sich eine Dozentin, die eigentlich die Freiheit der Wissenschaft schätzen müsste, an den Marotten der aktuellen Frauenpolitik, die sie, wenn sie – was wir annehmen dürfen – intelligent ist, leicht als falsch zumindest als fragwürdig erkennen könnte? Warum hat sie ihren kritischen Geist, den sie sicher hat, kurzzeitig ausgeschaltet? Ganz einfach. Weil es eine übergreifende Seilschaft der Sexisten gibt. Da treffen sich Schwestern im Geiste. Für Sexisten ist nun mal die Geschlechtszugehörigkeit das aller- allerwichtigste.
Die Tutorin und die Dozentin sehen die Welt durch die neue 2-D-Sexisten-Brille, die im Ministerium mit den vielen Buchstaben Pflicht ist. Sie teilen dieselbe Weltanschauung. Das richtige Geschlecht hat bei ihnen grundsätzlich Vorfahrt. Glücklicherweise gehören sie selbst dazu. Alles, was sonst noch von Bedeutung sein könnte, ist zweit- oder drittrangig. Zum Beispiel das wissenschaftliche Arbeiten an einer Hochschule. Oder die sprachlich und sachlich korrekte Darstellung in der Hausarbeit eines Studenten (der übrigens nicht zum richtigen Geschlecht gehört). Oder die Wahrheit.
Die Tutorin hat den Studenten angelogen. Sie hat ihm geschrieben: „Bei der gendersensiblen Sprache handelt es sich nicht um eine Empfehlung, sondern um Vorgaben seitens der TU Berlin … Dies hat einfach damit zu tun, dass sich die Gleichstellung von Frau und Mann inzwischen als gesellschaftlicher Konsens auch in wissenschaftlichen Ausarbeitungen niedergeschlagen hat. Und dafür gibt es tatsächlich (im weiteren Sinne) auch rechtliche Vorgaben in verschiedenen Bereichen …“
Stimmt das? Gibt es wirklich einen „gesellschaftlichen Konsens“, der sich auch in wissenschaftlichen Ausarbeitungen „niederschlägt“? Wir wissen es nicht. Aber eines wissen wir: Die „rechtlichen Vorgaben“, von denen die Tutorin schreibt, gibt es nicht. Das schrieb sie zwar. Doch es stimmt nicht. Der irritierte Student wandte sich an die Rechtsabteilung und erhielt die Auskunft, dass es eine Vorgabe, die so genannte geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, nicht gibt.
Hatte ihn die Tutorin fahrlässig oder vorsätzlich angelogen? Egal. Sie gehört zum richtigen Geschlecht. Wer tatsächlich glaubt, dass sich so jemand irgendwann einmal entschuldigen oder sich auf eine ernsthafte Diskussion über die gendersensible Sprache einlassen würde, der kennt Sexisten nicht.
Sie sind an der Macht. Sie lügen, weil sie es können. Niemand hindert sie. Das trifft sich gut. Denn sie könnten ihre Vorstellungen gar nicht anders – womöglich mit überzeugenden Argumenten – durchsetzen. Es geht nur mit Lügen. Es geht nur ohne Begründungen. Sie haben Erfolg damit. Sie haben inzwischen die Sprache der Bürokratie erobert. Auch die Sprache der Politik. Auch die Sprache im öffentlichen Raum. Nun greifen sie nach der Sprache der Wissenschaft, von der man eigentlich annehmen sollte, dass sie resistent ist. Ist sie das?
Als nächstes ist die Sprache der Schriftsteller dran. Was werden die Schriftsteller tun? Werden sie klein beigeben?
Fußnote*
Tim Hunt hatte überlegt, ob es für die Wissenschaft besser wäre, wenn Männer und Frauen getrennt in Labors arbeiten, weil sie sich ansonsten ineinander verlieben. Das war eine launige Überlegung – ohne Anspruch, das auch umzusetzen. Es war ein Scherz. Warum gilt das als sexistisch? Es ist nicht nur eine Position, die man durchaus vertreten darf, es ist sogar eine, die bei anderer Gelegenheit von Feministen selber vertreten wird. Denn sie sind es, die ernsthaft eine Geschlechter-Apartheid wollen. An jedem Girls’ Day wird eine strenge Geschlechtertrennung vorgenommen.
Und nun?
Im zweiten Teil geht es darum zu zeigen, dass es grundsätzlich leicht möglich ist, mit Sprache zu lügen.
Im dritten Teil schauen wir Schriftstellern über die Schulter, wenn sie sich fragen: Wohin mit Herta Müller?
Im vierten Teil geht es um die Frage, was Sexisten wirklich wollen.
Im fünften und letzten Teil geht es um die grundsätzliche Frage, ob das grammatische und das natürliche Geschlecht eins sind.
Schriftsteller, Gruppensex und Sprachmörder (Teil 2)
Im ersten Teil wurde berichtet, dass der Verband der deutschen „Schriftsteller VS“ überlegt, sich in Verband deutscher „Schriftstellerinnen und Schriftsteller VSS“ umzubenennen, um den Gleichstellungsaspekt zu berücksichtigen. Ich habe zunächst erklärt, was Gleichstellung bedeutet: Es setzt ein gruppenbezogenes Denken voraus, bei dem die Gruppenbildung nach einem sexistischen Kriterium erfolgt – nämlich nach dem der nackten Geschlechtszugehörigkeit. Mit der Gleichstellung hat sich ein Sexismus breit gemacht, den man möglicherweise nicht bemerkt und als solchen hat. Sexisten haben ein nicht hinterfragtes Überlegenheitsgefühl, was dazu führt, dass sie ihre Vorstellungen vom richtigen Sprachgebrauch nicht zur Diskussion stellen, sondern mit Macht durchsetzen wollen. Was bedeutet das für Schriftsteller?
Mögen deutsche Schriftsteller Gruppensex? Wollen sie aufklären oder wollen sie betrügen? Sie müssen sich entscheiden.
Menschen sind nicht gleich. Dass man sie nicht gleichstellen kann, ist offensichtlich. Gruppen sind auch nicht gleich und lassen sich genauso wenig gleichstellen. Doch bei Gruppen fällt es nicht auf den ersten Blick auf. Damit es nicht doch irgendwann auffällt, werden bei der Gleichstellungspolitik immer nur Quantitäten gesehen, nie Qualitäten. Quantitäten kann man gleichstellen. Jedenfalls dann, wenn man sich nicht für Qualitäten interessiert. Es zählt dann nicht die Bedeutung der Worte, sondern die Häufigkeit, mit der sie verwendet werden.
Einem Schriftsteller ist das alles fremd. Ihm ist der Sexismus fremd, vor allem aber das gruppenbezogene Denken. Ein Schriftsteller – wie jeder andere Künstler – ist ein individueller Fall. Schreiben ist etwas sehr Persönliches. Ein sexuelles Erlebnis ist es auch.
Wenn sich ein Schriftsteller einer Sichtweise unterwirft, die gruppenbezogen ist, dann verliert er seine Individualität und damit gleichzeitig seine Qualität. Darauf kommt es, wenn er sich der Gleichstellung unterwirft, nicht mehr an. Es ist dann nicht mehr so wichtig, ob sein Text gut oder schlecht, wichtiger ist, ob er die weibliche Form beachtet. Wer so schreibt, ist kein Schriftsteller mehr.
Er muss auch keinen eigenen Text mehr schreiben, es genügt, wenn er den Text der Gruppe, in der er aufgeht wie ein Aspirin in einem Glas Wasser, zusammen mit den anderen Gruppenmitgliedern unterschreibt. Albert Einstein hat es auf die berühmte Formel gebracht: „Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.“
Ein unabhängiger Schriftsteller könnte das nicht. Er müsste dem gruppenbezogenen Denken etwas opfern, das er nicht opfern kann, ohne sich dabei aufzugeben. Gruppenbezogenheit ist die Endstation im Lebenslauf eines Schriftstellers, der einst an seine eigene Stimme geglaubt hat.
Sexismus ist auch nichts für Schriftsteller. Sexismus ist Gruppensex der besonderen Art: Es geht immer nur um Sex und um das Bedürfnis der Gruppe. Ein Schriftsteller sollte sein Bekenntnis zu dieser Art von Gruppensex lieber nicht so laut ausposaunen. Wer sich Sexismus auf die Fahne schreibt, dem flattert er wie eine Alkoholfahne voraus. Wir können uns schon denken, wie ein Text von so jemandem aussieht.
Es ist ein zweitklassiger Text. Texte können schlecht lügen und verraten oft mehr, als ein Schriftsteller sagen wollte. Jeder Text, bei dem schriftstellerische Ansprüche hintangestellt wurden, gibt das auch zu erkennen. Das gilt besonders für Texte, die sich einer politischen Mode unterordnen.
Bei Schriftstellern ist es besonders peinlich. Wenn sie sich Sprachvorgaben, die ihnen fremd sind, unterordnen, sind sie wie Soldaten, die vernichtend geschlagen wurden, die bedingungslos kapituliert haben und nun ihre Waffen abgeben. Sie müssen die Uniform des Feindes anziehen und kriegen neue Waffen ¬– Waffen, die ähnlich aussehen, aber anders funktionieren.
Mit dem Feind, der sie besiegt hat, meine ich Politiker. Mit den Waffen, die sie abliefern müssen, meine ich das, was ich als die Werkzeuge der Schriftsteller bezeichnet habe – also: den Sinn für Sprache, die besondere Sensibilität; die liebevolle, aber zugleich kritische Aufmerksamkeit, die Selbstreflexion, das Streben nach Wahrhaftigkeit, das Ideal der adaequatio intellectus et rei. All das muss aufgegeben werden. Sie kriegen neues Werkzeug: die Regeln der geschlechtergerechten Sprache, die neuerdings auch als „faire“ Sprache bezeichnet wird.
Die Bedingungen der Kapitulation
Die Umbenennung von VS zu VSS brächte nicht nur einen Buchstaben mehr in die Abkürzung, es brächte auch ein Bekenntnis zu einem neuen – nämlich zu einem sexistischen – Verständnis von Grammatik mit sich. Wenn sich der VS umbenennt und symbolisch neu taufen lässt, verkündet er damit, dass er zu einem Glauben konvertiert ist, bei dem drei Gebote unbedingt gelten:
Das natürliche und das grammatische Geschlecht sind eins
Es gibt keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit
Der Plural hat ein Geschlecht
Aber, aber. Wer sich nach diesen Geboten richten will, kann nicht mehr ernsthaft schreiben. Wenn sich Schriftsteller dazu bekennen sollten, dann können sie ihren neuen Namen gleich als Grabinschrift verwenden. Im Ernst: Wer mir widersprechen will, sollte im Anhang Texte beifügen, die er unter Beachtung dieser drei Gebote verfasst hat.
Schriftsteller haben nicht die Möglichkeit, faule Ausreden zu nutzen und zu sagen: „Mir ist das eh wurscht“ oder: „Sprache ist irgendwie nicht so mein Ding“. Politiker stümpern auffallend oft, wenn sie mit Sprache umgehen. Schlimm genug. Wir sollten es ihnen nicht länger nachsehen und uns nicht daran gewöhnen, dass es bei ihnen halt so ist. Und bei Schriftstellern?
Mind the gap!
Augustinus hatte darauf hingewiesen, dass Worte Zeichen sind, die sich von der Sache, die sie bezeichnen sollen, lösen können und das auch tun. Wir können diese Zeichen aber weiterhin benutzen, selbst wenn wir die Sache nicht wirklich kennen und auch nicht in der Lage sind, sie zu definieren. An einer richtigen Übereinstimmung vom Wort mit dem Bezeichneten mangelt es nicht nur in bedauerlichen Einzelfällen, sondern – schlimmer noch – in den allermeisten Fällen. Mehr oder weniger in allen. „So kann man,“ sagt Augustinus, „den Worten nicht einmal die Rolle zugestehen, den Gedanken des Sprechenden wiederzugeben, denn der ist sich ja gar nicht sicher, ob er das, was er sagt, auch weiß.“
Dieses grundsätzliche Problem hat Humboldt zu dem Satz verleitet, dass in jedem Verstehen ein Missverstehen liegt. Auch Cicero, auf den der Begriff von der adaequatio intellectus et rei zurückgeht, sieht, dass im menschlichen Verstande nichts besser, aber auch nichts schlechter ist als die Sprache. Weil eben die wirkliche Übereinstimmung nicht gegeben ist.
Nun kommt es drauf an, wie wir damit umgehen. Es kommt darauf an, was wir wollen. Wenn wir die guten Seiten der Sprache nutzen wollen, um richtig verstanden zu werden, dann müssen wir dieses grundsätzliche Dilemma bedenken. Dann müssen wir bereit sein, über diesen „gap“ – also über die Lücke zwischen den Zeichen und der Sache – zu reden und uns mit unseren Zuhörern und Lesern darüber verständigen.
Dass viele das nicht wollen, wusste schon Augustinus: „Nimm hinzu alle Lügner und Täuscher, und du wirst leicht verstehen, dass die Worte den Inhalt eines Gedankens nicht nur nicht enthüllen sondern ihn sogar verbergen können.“ Hier liegt eine unvermeidbare Gefahrenstelle. Leider, leider. So ist es. Sie lockt alle an, die lügen, täuschen und betrügen wollen. Gelegenheit macht Diebe.
Stellen wir uns vor: Es gibt ein nicht verschließbares Schmuckkästchen an einem öffentlich zugänglichen Ort. Oder denken wir an wertvolle Kunstwerke in einer Kirche, deren Türen stets geöffnet sind. Eine Gemeinschaft kann sich das leisten, wenn diese Schätze von allen respektiert werden; wenn bei allen ein wirklicher Gemeinsinn vorhanden ist und wenn niemand etwas, das allen gehört, zu seinem persönlichen Vorteil verwenden will. Auch die Sprache gehört allen.
Wenn nun jemand auftritt, der Aufsehen erregt, weil er mit teurem Schmuck behängt ist, dann muss er sich die Frage gefallen lassen, woher er den hat. Er muss die Frage beantworten, ob er ihn rechtmäßig erworben hat. Genauso muss sich ein Redner, der mit seiner Sprache als Gesetzgeber auftreten will, die Frage zulassen, wie er das eigentlich meint, was er sagt. Er muss verraten, ob er die Begriffe weiterhin in dem Sinne, wie ihn die anderen verstehen, verwendet oder ob er versucht, den Worten einen neuen Gehalt unterzuschieben. Er muss sagen, warum er Neologismen verwendet und was sie bedeuten.
Jedenfalls muss er mit sich reden lassen und seine Wortwahl zur Diskussion stellen und offenlegen, warum er etwas so und nicht anders formuliert. Schriftsteller schreiben nicht nur, sie interpretieren auch. Das können andere auch. Das können Lehrer. Das können Schüler. So schwer ist es nicht.
Zwar heißt es bei Karl Kraus: „In keiner Sprache kann man sich so schwer verständigen wie in der Sprache“, aber so schlimm ist es auch nicht. Man kann die Sprache durchaus zur Aufklärung nutzen, mit den allgemein zugänglichen Werkzeugen der Interpretation kann man Manipulationsversuche auffliegen lassen; ja, man kann sich mit der Sprache sogar über die speziellen Fallstricke der Sprache verständigen. Da geht was. In keiner Sprache kann man das so gut wie in der Sprache. Das sollte sich Karl Kraus mal gesagt sein lassen.
Wenn wir akzeptieren, dass Sprache grundsätzlich die beschriebenen Möglichkeiten und Tücken bereithält, dann sind wir wieder bei der Frage angekommen, die sich schon bei Augustinus aufgetan hat, bei der Frage nämlich, wie wir damit umgehen und was wir eigentlich wollen. Wer Erkenntnisse gewinnen und sich verständlich machen will, der lässt Fragen zu, der gesteht Fehler ein, der lässt andere teilhaben an seinen Versuchen, die richtigen Schlüssel auszuprobieren.
Wer dagegen blenden will, wer seine Zuhörer betrügen und täuschen will, der kneift. Der steigt aus. Es gibt zwei Antiquitätenhändler auf dem Bazar. Der eine ist redlich und sagt seinen Kunden ehrlich, woher er seine Stücke hat und wie alt sie sind. Er gibt offen zu, wenn er es nicht weiß. Der andere trachtet nur danach, seinen Kunden übers Ohr zu hauen, er belügt ihn bewusst an und täuscht ihn über den wahren Wert und über die tatsächliche Herkunft seines Angebotes.
Hier scheiden sich die Geister. Glücklicherweise haben wir die Möglichkeit, Sprachbetrüger zu entlarven. Mit Fragen. Ob sie Verantwortung für ihre Formulierungen übernehmen, erkennen wir daran, ob sie Fragen beantworten oder nicht. Die Fragen kommen im dritten und im vierten Teil. Es sind Fragen, die sich redliche Schriftsteller und Antiquitätenhändler sowieso ständig stellen. Ich wette jedoch um eine Jean-Paul-Gesamtausgabe, dass die Befürworter der sprachfeministischen Vorschriften, die mit der Gleichstellungspolitik einhergehen, der Befragung nicht standhalten.
Ich habe mir die Mühe gemacht, den Werkzeugkasten der Schriftsteller auszupacken und die Formulierungen, um die es geht, in seinen Einzelheiten zu beleuchten. Womöglich erinnert es uns daran, wie Deutschunterricht früher einmal war; es erinnert uns an Fragen wie: Was will uns der Dichter damit sagen? Oder an Aufgaben wie: Interpretieren Sie diesen Text im Zusammenhang! Es ist lang geworden – es gibt fünf Teile –, aber es ist leicht zu verstehen. Es ist keine Hexerei. Jeder, der diesen Text bis hier hin lesen konnte, wird keine Schwierigkeiten haben, er kann gerne mitmachen, er kann gerne zu eigenen Antworten und eigenen Erkenntnissen kommen.
Mir reicht es: Ich habe noch einmal schlucken müssen, eh ich mich zu der Formulierung durchgerungen konnte, die nun in aller Deutlichkeit kommt: Ich habe keine Nachsicht mehr mit Falschspielern und Gaunern. Schriftsteller, Politiker und Wissenschaftler können keinen Jugendschutz geltend machen, sie können nicht auf eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit plädieren und mildernde Umstände erwarten. Auch Frauen können das nicht.
Wer in unserem Alter schreibt und spricht, muss wissen, was er tut und er muss es verantworten können. Wir unterscheiden bekanntlich zwischen Totschlag und Mord, weil es bei der moralischen Bewertung eine Rolle spielt, ob jemand vorsätzlich handelt oder nicht. Das gilt auch für das Sprechen, das Sprachhandeln. Wenn ich sehe, höre und lese, wie Sexisten unsere Sprache verunstalten, dann will ich keine Entschuldigungen mehr gelten lassen. Ich sehe die Gralshüter der geschlechtergerechten Sprache nicht mehr als Schlampensäcke, sondern als Sprachmörder.
Die Monster kommen demnächst mit Begleitung
Die feministisch verseuchte Politikersprache hat sich mehr und mehr von der Kultursprache entfernt. Die treibende Kraft dahinter war das Ministerium für „Frauen“, das sich in jeder Saison eine andere Bezeichnung gab, sich jedoch durchgehend als Kultusministerium aufspielte und nach eigenem Bekunden einen Kulturwandel bewirken wollte. Den hat es auch bewirkt. Alle Politiker üben sich inzwischen artig im verordneten Feministen-Deutsch, verneigen sich vor dem Hut von Frau Gessler und sprechen nur noch von „Bürgerinnen und Bürgern“, als wären es zwei Gruppen, die man unbedingt voneinander unterscheiden müsse.
Im Bundesgleichstellungsgesetz heißt es unter § 1 „Ziel des Gesetzes“ unter (2): „Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern sprachlich zum Ausdruck bringen. Dies gilt auch für den dienstlichen Schriftverkehr.“
Das gilt auch sonst. Es gilt für alle. Alle sollten die Gleichstellungspolitik sprachlich zum Ausdruck bringen. Am Wahlabend wird nur noch von „Wählerinnen und Wählern“ gesprochen, als wären wir nicht etwa eine Gemeinschaft von Wählern mit gemeinsamen Interessen, sondern missgünstige Konkurrenten, die längst vergessen haben, dass sie zusammengehören. Doch bei einer Wahl geht es gerade darum, darüber abzustimmen, was das Beste für die Gemeinschaft ist. Ein übergeordnetes Gemeinschaftsgefühl ist die Voraussetzung für eine Demokratie – sonst könnte jeder wählen, auch derjenige, der nicht am Wohl der Gemeinschaft interessiert ist, weil er sowieso nicht dazugehört.
Stellen wir uns vor, bei der nächsten Landtagswahl in Stuttgart würden die freundlichen Moderatoren nicht mehr von „Wählerinnen und Wählern“ sprechen, sondern von „Badensern und Württembergern“, als wären es zwei verschiedene Gruppe, bei denen man sich ernsthaft fragen muss, wieso sie einen Landtag wählen, der beide vertreten soll. Die Moderatoren lächeln auch immer so süffisant, weil die Badenser vorher klar und deutlich erklärt haben, dass sie sich ausschließlich für die Interessen der Badenser interessieren und dass die ihnen viel, viel wichtiger sind als irgendein gemeinsames Interesse für ganz Baden-Württemberg.
So verhält es sich mit den „Wählerinnen und Wählern“: Wählerinnen sind ausschließlich für sich selbst und für ihre exklusive Frauenpolitik zuständig, die sich inzwischen dem bekannten politischen System, das verschiedene Parteien mit verschiedenen Farben (rot, schwarz, gelb, grün) hervorgebracht hat, übergeordnet hat. Wenn heute immer wieder zwanghaft von „Wählerinnen und Wählern“ gesprochen wird, dann wird damit verkündet, dass es kein Gemeinschaftsgefühl mehr gibt – was wir daran erkennen, dass unsere Demokratie „die Wähler“ verloren hat.
Nur in der Prosa haben die „Wähler“ überlebt. Noch. Da gibt es sie noch, die alten, bisher gültigen Pluralformen, die neuerdings bei Feministen als „männliche“ Formen – als so genannte generische Maskulina – verschrien sind und abgeschafft werden sollen. Wie lange werden sie durchhalten?
Auch die „Fußgänger“ überleben nur noch in der Prosa und im täglichen Sprachgebrauch. In der neuen Straßenverkehrsordnung – wo sie eigentlich hingehören – kennt man sie nicht mehr, sie wurden durch „zu Fuß Gehende“ ersetzt. Aus Studenten wurden „Studierende“, aus Teilnehmern wurden „Teilnehmende“. Alles im Namen der Gleichstellungspolitik. Sie beschert uns mit dem Rückenwind einer angeblich gültigen gesetzlichen Regelung (von der man nicht genau weiß, wie sie angewendet werden soll und ob sie wirklich Gesetzeskraft hat) eine verkrampfte Propagandasprache, die unsere Muttersprache ersetzen soll, als würde eine neue Datei mit anderem Inhalt aber mit gleichem Namen die alte überschreiben.
Die Übergriffe mehren sich. Den gröbsten leistete sich die scheinheilige Bibelübersetzung (die keine „Übersetzung“ ist, sondern eine Interpretation, was eine gute Übersetzung eben gerade nicht ist) in – wie sie es selbst nennen – „gerechter Sprache“ (die es nicht gibt, Formulierungen sind entweder zutreffend oder nicht, aber nicht gerecht oder ungerecht). Sie hat uns die „Makkabäerinnen und Makkabäer“ und die „Jüngerinnen und Jünger“ auf den Altar gelegt, und hat damit aus dem Wort Gottes die Wahrhaftigkeit herausgefiltert, hat die Christenheit noch nachträglich in Teile zerlegt und hat aus den „Jüngerinnen“ Kampflesben gemacht.
Inzwischen gibt es auch Beispiele an Stellen, wo man sie nicht vermutet. In einem aktuellen Bestseller ist mitten im munteren Plätschern einer gefälligen Prosa von „Dichterinnen und Dichtern“ die Rede. Wir haben auch die Kunde vernommen, dass sich in einigen Fantasy-Romanen die „Zwerginnen und Zwerge“ vorgekämpft haben, und es ist anzunehmen, dass ihnen demnächst die „Monsterinnen und Monster“ folgen werden. Ich höre sie schon schnaufen.
Politiker und Schriftsteller sprechen nicht dieselbe Sprache. Das Nebeneinander schafft eine ständige Unruhe. Das geht nicht lange gut. Das Dilemma offenbart sich bei jeder Pluralbildung. Das Gebot der Gleichstellungspolitik heißt: Jeder Plural soll ein Geschlecht haben. Damit es geschlechtergerecht behandeln werden kann.
Bei so einer Sache macht man mit oder nicht. Eins von beiden. Es gibt keine Kompromisse. Es ist nicht etwa so, dass die Sprache der Politiker, die sich der „gerechten“ Sprache unterordnen, fehlerhaft wäre und dass man nur ein paar Missgriffe korrigieren müsste, schon wäre alles im Lot. Nein. Die feministisch verpestete Sprache der Politiker ist nicht fehlerhaft, sie ist falsch. Sie beruht auf falschen Voraussetzungen.
Viele sehen das nicht so streng, sie bemerken zwar wirre Auswüchse wie die Vorschläge, die der/die/das (im ersten Teil) erwähnte Profx Hornscheidt in die Debatte geworfen hat, sie halten das jedoch für Petitessen, für harmlose Kuriositäten und sehen nicht, dass es die Symptome einer schweren Krankheit sind und dass es nicht hilft, die Symptome gelegentlich zu überpudern und ansonsten alles dafür zu tun, dass sich die Krankheit weiter ausbreiten kann.
Die Sprache der Gleichstellungspolitik folgt unerbittlich den drei Geboten, die ich weiter oben genannt habe. Dazu sagt man entweder Ja oder Nein. Es gibt keine dritte Möglichkeit. Der Vorschlag, sich in „VSS Verband der Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ umzubenennen, ist ein Zeichen, das den Politikern signalisiert:
Wir geben auf. Wir laufen zu euch über. Eine Politikerinnen- und Politikersprache ist uns wichtiger als die Sprache der Schriftsteller, die diesen Verband einst gegründet haben.
Schriftsteller, Gruppensex und Sprachmörder (Teil 3)
Was bisher geschah: Die deutschen Schriftsteller überlegen, ob sie ihren Namen ändern sollen oder nicht. Wenn sie sich wirklich, wie vorgeschlagen, in „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ umbenennen, dann reichen sie damit dem Sprachfeminismus den kleinen Finger und kämen in Teufels Küche. Sie müssten dann drei Gebote befolgen: 1. Das natürliche und das grammatische Geschlecht sind eins! 2. Es gibt keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit! 3. Der Plural hat ein Geschlecht!
Schauen wir ihnen über die Schulter, wenn sie mit Formulierungen ringen. Stellen wir ihnen Fragen dazu. Es geht nicht nur um einen Blick in die Werkstatt. Es geht um mehr. Im zweiten Teil habe ich heftige Worte gewählt und gesagt, dass sich durch Interpretation zeigen lässt, ob Schriftsteller Aufklärer oder Betrüger sind. Das wollen wir sehen:
Deutsche Schriftsteller sind ratlos. Sie leiden an der Innenwelt und wissen nicht wohin mit Herta Müller
Liebe Schriftsteller,
nun mal ehrlich, unter uns: die Formulierung „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ hat einen Haken. Aber wo? Es gibt zwei mögliche Stellen. Es kommt ganz darauf an, was wir zum Ausdruck bringen wollen.
Wenn wir sagen wollen, dass die „Schriftstellerinnen“ zur Gesamtmenge der Schriftsteller dazugehören, dann wäre es eine falsche Aufzählung. Das wäre der Haken an dieser Stelle. Denn etwas, das bereits als Teilmenge in einer Menge enthalten ist, wird in einer Aufzählung nicht noch einmal extra aufgeführt. Die korrekte Formulierung wäre in diesem Fall „Schriftsteller einschließlich der Schriftstellerinnen“. Das klingt banal und überflüssig. Das wollen wir nicht sagen. Frauen waren von Anfang an mit dabei. Das ist nichts Neues.
Neu ist, dass die beiden Gruppen beziehungslos nebeneinander gestellt werden, obwohl das Verhältnis, in dem Männer und Frauen zueinander stehen, keinesfalls ein einfaches Nebeneinander ist. Es ist komplizierter. Auf dem Land sagten wir gerne: „stumpf ist Trumpf!“ Vielleicht war es gerade die Stumpfheit, die Formeln wie „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ so eine enorme Verbreitung beschert hat, auch wenn sie viel zu primitiv sind, um wahr zu sein. Das Verhältnis von Mann und Frau besteht in Wirklichkeit aus wechselseitigen Abhängigkeiten. Es ist ein komplexes Ineinander. Kein Nebeneinander.
Die Gleichstellungspolitik kennt aber nur ein Nebeneinander. Deshalb bringt sie auch so erstaunliche und zugleich verräterische Modeworte wie „Work-Life-Balance“ hervor. Auch hier werden zwei Begriffe – Arbeit und Leben – nebeneinander gestellt, die sich grundsätzlich nicht voneinander trennen lassen und die man deshalb auch nicht nebeneinanderstellen und in eine Balance bringen kann wie eine Wippe auf dem Spielplatz, die stillsteht und gerade nicht wippt, weil an beiden Enden Kindern sitzen, die genau gleich schwer sind.
Die Formulierung evoziert Bilder, die uns eine falsche Vorstellung von der Sache, die bezeichnet werden soll, geben. Wir „begreifen“ sie dadurch nicht richtig; wir machen uns dann einen falschen „Begriff“. Einen falschen Begriff machen wir uns auch, wenn wir das Verhältnis von Männern und Frauen als unverbundenes Nebeneinander beschreiben, das kein Ganzes mehr ergibt.
Es wird dann so getan, als könnte man (es folgt eine Version im Singular für etwas Lebendiges), ein Organ heraustrennen, als wäre es ein Fremdkörper und könnte es außen vor lassen, ohne zu sehen, dass der Körper demnächst abstirbt. Oder (es folgt eine Version im Plural für etwas Mechanisches), als könnte man aus einem Gerät einige Einzelteile herausnehmen und daneben legen. Man hätte dann auf der einen Seite eine defekte Uhr, bei der ein paar Rädchen fehlen und auf der anderen Seite eben diese Rädchen. Wenn wir versuchen, die beiden Seiten in eine Balance zu bringen oder sie gleichzustellen, dann merken wir schnell, dass es nicht geht.
Oder nehmen wir ein anderes Bild: Stellen wir uns eine Einheit als Kreis vor, in dem es gleich viele männliche (schwarze) und weibliche (weiße) Elemente gibt. Wenn wir die getrennt aufführen wollen, wie stellen wir uns das vor? Als getrennt nebeneinander stehende Halbkreise, die gleich auseinanderfallen oder so wie in dem Ying-Yang-Symbol?
Schriftsteller sind es gewohnt, sich ständig zu fragen, warum sie etwas genau so und nicht anders sagen wollen. Wenn es keine Abgabetermine gäbe, würden sie bis ans Ende ihrer Tage redigieren und korrigieren und sich Gedanken darüber machen, wie das, was sie schreiben, verstanden werden kann und wie es wirkt.
Also: Was soll ausgesagt werden? Warum soll es „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ heißen? Wie darf der liebe Leser das interpretieren? Soll er es so verstehen, dass Frauen und Männer in einem leicht zu trennenden Nebeneinander stehen?
Betrachten wir die Möglichkeit etwas genauer: Wenn gesagt werden soll, dass es sich einerseits um die Untergruppe der weiblichen und andererseits um die Untergruppe der männlichen Schriftsteller handelt, die neuerdings separat aufgeführt werden, dann wird die Formulierung „Schriftsteller“ anders verwendet, als wir es bisher getan haben.
Das wäre der Haken an dieser Stelle. Denn bisher waren mit dem Plural „Schriftsteller“ alle gemeint. Nun wird so getan, als würden damit ausschließlich männliche Schriftsteller bezeichnet.
Wenn wir das so sagen wollen, dann müssen wir es auch tun und ausdrücklich von „männlichen Schriftstellern“ reden. Die richtige Formulierung wäre in diesem Fall also „Schriftstellerinnen und männliche Schriftsteller“ oder (was auf dasselbe hinausläuft) „weibliche und männliche Schriftsteller“. Das klingt ebenfalls banal – und überflüssig. Das wollen wir auch nicht sagen. Aber was dann?
Es ist wichtig, den Unterschied zu sehen: „Schriftsteller“ und „männliche Schriftsteller“ sind nicht dasselbe. Böll und Grass sind Schriftsteller. Beide sind Nobelpreisträger. Man kann sie zusammenfassend als „Schriftsteller“ und als „Nobelpreisträger“ bezeichnen.
Dass sie auch noch männlich sind, wissen wir zwar, es wird uns aber nicht explizit mitgeteilt. Ein Außenstehender, der sich nicht mit deutscher Literatur auskennt, wüsste es nicht. Der Plural hat kein Geschlecht. (Oder doch? Das ist eben die Frage).
Politisch korrekt oder poetisch korrekt?
Nun kommt noch Herta Müller dazu. Dass sie auch „Müller“ heißt wie der Parteigründer in einem Gedicht von Kästner, ist reiner Zufall (im ersten Teil habe ich das Gedicht als Beispiel für eine willkürliche Gruppenbildung herangezogen). Prima, prima, prima! Nun haben wir drei Schriftsteller und drei Nobelpreisträger.
Der Plural „Schriftsteller“ ist nach wie vor übergeschlechtlich, er ist, um das erneut zu betonen, nicht exklusiv männlich. Herta Müller gehört mit dazu. Zu den „Schriftstellern“, zu den „Nobelpreisträgern“.
Oder?
Hier stellt sich die Gretchenfrage des Sprachfeminismus: Gibt es einen Begriff, der beide Geschlechter umfasst oder nicht? Sitzen alle Autoren in einem Boot oder haben sie neuerdings zwei Boote – woher auch immer das zweite Boot gekommen sein soll?
Es ist eine Frage, die wir aus der Mengenlehre kennen: Gibt es eine Menge oder zwei? Der Sprachfeminismus sagt: Es gibt zwei. Es muss alles zerteilt werden, so dass überall die Trennung sichtbar wird – die Scheidung, die Scheide.
Hier erkennen wir den Schaden, den uns der Sprachfeminismus eingebrockt hat und weiterhin einbrocken will: Er will uns einen übergeordneten Begriff wegnehmen, mit dem wir – ohne ständig auf das Geschlecht zu verweisen – etwas Gemeinsames bezeichnen können. Der Sprachfeminismus, der von Sexisten propagiert wird, besteht jedoch darauf, dass wir bei jeder Gelegenheit auf das Geschlecht hinweisen. Bei jeder! Er bestreitet sogar, dass es einen Begriff, der alle umarmt, geben könnte. Denn so etwas wäre eine geschlechtsneutrale Wirklichkeit. Die gibt es nicht. (Oder doch? Das wäre die nächste Frage).
Für Sexisten gibt es immer nur die „männliche“ oder die „weibliche“ Form, die stets gegeneinander in Stellung gebracht werden, aber niemals unter einem gemeinsamen Dach Unterschlupf finden können. Nun haben wir den Salat. Wir haben sogar zwei Salate. Wir haben zwei Gruppen statt einer: Schriftstellerinnen und Schriftsteller. In welche von beiden Gruppen gehört Herta Müller? Wohin mit ihr?
Wenn ich sage „Herta Müller ist mir von allen Schriftstellern die liebste“, dann vergleiche ich sie mit allen Schriftstellern, egal ob männlich oder weiblich, beispielsweise mit Böll oder Grass. Wozu brauche ich dann die „Schriftstellerinnen“?
Zu denen gehört Herta Müller nicht. Wenn ich nämlich sage „Herta Müller ist mir von allen Schriftstellerinnen die liebste“, dann vergleiche ich Herta Müller nur mit anderen Frauen, die schreiben. Nicht mit Böll oder Grass. „Schriftstellerinnen“ sind exklusiv weiblich.
„Jelinek und Müller sind Schriftstellerinnen und Nobelpreisträgerinnen“ Wie sieht es damit aus? Im Unterschied zu dem Satz, in dem es um Böll und Grass ging, erfahren wir an dieser Stelle mehr: Jelinek und Müller schreiben Bücher, sie sind vom Nobelpreiskomitee ausgezeichnet worden ¬– und sie sind weiblich! Das wird – anders als es bei den Männern der Fall war – ausdrücklich und unmissverständlich erwähnt. Die angehängten „-innen“ verraten es.
Die haben es in sich, diese „-innen“! Sie sind tückisch. Sie sind überflüssig. Wir sollten sie meiden.
Die Innenwelt gegen den Rest der Welt
Wir dürfen uns nicht einlullen lassen: Die Innen-Form ist eine schlimme Plage. Ein Fluch. Sie ist eine Kampfansage. Sie ist die Flagge der Kampflesben, der Feministen, der männlichen und weiblichen Sexisten, sie ist ihre Marseillaise. Die Innen-Form ist ein bösartiger Virus. Mit ihr wird ohne Rücksicht auf Verluste ein sexistisches Verständnis von Sprache auf die Grammatik übertragen. Damit wird die Sprache geschändet und nach und nach zugrunde gerichtet.
Wir sind inzwischen mit verschiedenen Varianten (SchriftstellerInnen, Schriftsteller(innen), Schriftsteller_innen, Schriftsteller/innen, Schriftsteller*innen, Schriftsteller-innen – und eben auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller) überschwemmt worden – mit Doppelnennungen, Schrägstrichen, Klammern, Unterstrichen und Sternchen, die dazu führen, dass die Sprache unaussprechlich wird. Als Peter Handke im Jahre 1969 den Band ‚Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt’ herausbrachte, konnte man davon noch nichts ahnen. Die Flut kam erst in den siebziger Jahren und bescherte uns zum Beispiel eine BenutzerInnenoberfläche.
Nun haben wir eine Invasion von Pseudo-Gruppen mit angehängten Innen-Schwänzen, selbst an Stellen, an denen wir sie nicht erwartet hätten, wie bei den erwähnten Benutzerinnen. Traurige Berühmtheit erlangten die gefallenen deutschen „Soldatinnen und Soldaten“, von denen Ursula von der Leyen gesprochen hat. In Afghanistan sind jedoch keine weiblichen, deutschen Soldaten gefallen. Dieser Innen-Club hat keine Mitglieder. Und was sind das für Frauen, denen Kulturstaatsministerin Monika Grütters gedachte, als sie im Andenken an das Attentat auf Hitler von den „Frauen und Männern um Graf von Stauffenberg“ sprach? Friedrich Olbricht? Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim? Werner von Haeften? Henning von Treschow? Ludwig Beck? Cuno Raabe? Carl Friedrich Goerdeler? Julius Leber? Wilhelm Leuschner? Albrecht von Hagen? (Habe ich einen vergessen?) Sie hat sogar wiederholt von den „Frauen und Männern um Graf von Stauffenberg“ gesprochen. Sie hat ihre Worte wohl überlegt – und von höchster Stelle bewusst die Unwahrheit gesagt. So wie diese Frauen-Gruppe rund um Graf von Stauffenberg so sind auch andere Innen-Gruppen reine Gespenster-Gruppen, die lediglich im Blubbern der geschlechtergerechten Sprache existieren. Sonst nicht.
Fragen wir nach – erste Frage: Wird mit der Innen-Form eine Gruppe bezeichnet, die es tatsächlich gibt? Bei der Gruppe „Jelinek & Müller“ ist das der Fall. Ausnahmsweise. Aber sonst? Zweite Frage: Falls damit eine Gruppe bezeichnet wird, die sich neuerdings von einer bisher intakten Gemeinschaft abgespalten hat, was war der Grund dafür? Gibt es einen anderen als den, dass jemand nicht über den Tellerrand seiner Geschlechtszugehörigkeit hinausschauen kann? Oder nicht will?
Auf Dauer entsteht der Eindruck, dass der Plural eben doch ein Geschlecht hat: „Schriftstellerinnen“ ist ein Plural. Alle, die damit bezeichnet werden, sind weiblich. Na bitte! Der Plural hat ein Geschlecht. Also doch. So wird es von Frauenseite behauptet, und es sieht auf den ersten Blick so aus, als wären die vielen Innen-Formen auch viele, viele kleine Beweise.
Sie sind es nicht. Unser Beispiel von der Mini-Gruppe „Jelinek & Müller“ war die einsame Ausnahme – die einzige, die mir auf die Schnelle eingefallen ist. Alle anderen Innen-Gruppen, die mir einfallen, sind Luftnummern. Lügen.
Manchmal werde ich wehmütig. Die Sprache in der Zeit der Innenwelt, wie sie Peter Handke beschrieben hat, war schöner und klarer. Die Innen-Formen haben uns mehr Probleme gebracht als Lösungen. Sie gaukeln uns falsche Verhältnisse vor.
Weg mit ihnen. Weg mit den Innen! Wir brauchen sie nicht. Kürzen wir sie. Hier ein Tipp für alle, die sowieso schon genervt sind. Es gibt einen Browser, der ‚Binnen-I-be-gone’ heißt. Damit wird das lästige Binnen-I beseitigt. Aus der BenutzerInnenoberfläche wird wieder eine Benutzeroberfläche. Doppelnennungen – wie bei „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ – werden damit jedoch nicht gelöscht. Schade. Doppelnennungen sind genauso verzichtbar wie das Binnen-I. Sie verstümmeln die Sprache, sie geben ihr Unschärfe und Verkrampfung und nehmen ihr Leichtigkeit und Eleganz.
Das überrascht nicht. Der Feminismus richtet sich nicht nur gegen Männer, gegen Kinder und gegen Objektivität, sondern auch gegen Schönheit. Denken wir an Schlampen-Paraden. Denken wir an Angriffe auf Schönheitsfarmen, auf Schönheitswettbewerbe, auf das Barbie-Haus, auf eine Sendung wie ‚Germany’s Next Topmodel’. Die Ideale hinter solchen Sendungen und Wettbewerben mögen umstritten sein, aber rechtfertigen sie Attacken? Schönheitsideale sind keine Vorschriften, sie sind – das haben sie mit der Kunst gemein – frei verhandelbar. Es genügt, wenn man sich ‚Germany’s Next Topmodel’ nicht anschaut und sich keine Barbiepuppe kauft – aber die Freiheit der anderen respektiert.
Es ist verständlich (aber deshalb noch lange nicht gerechtfertigt), wenn engagierte Frauen Aktionen lostreten, mit denen sie „fat shaming“ (wenn dünne Männer fette Frauen diskriminieren) anprangern oder „lookism“ (wenn Frauen, die sich nicht besonders schön finden, sich von Männerblicken diskriminiert fühlen). Man kann sich gut vorstellen, dass sich da so manche Frau persönlich getroffen fühlt.
Doch was spricht gegen sprachliche Schönheit? Welche Frau könnte sich davon diskriminiert fühlen? Mir fehlt jegliches Verständnis dafür, dass der Sprachfeminismus bewusst etwas Schönes in etwas Hässliches umwandeln will. Doch genau das will er: Er will die Musikalität der Sprache zunichte machen; er will die Architektur gut gebauter Sätze zum Einsturz bringen; er will den Fluss einer fein gestalteten Prosa stören und das Gesamtbild ruinieren, als würde er ein krakeliges Graffiti an einer frisch gestrichenen Hausfassade hinterlassen. Es handelt sich nicht etwa um einen Kollateralschaden, der für einen guten Zweck in Kauf genommen werden muss. Es ist schon der Zweck. Nicht etwa der gute, sondern der schlechte Zweck.
Der Sprachfeminismus ist ein Säureattentat auf die Anmut der Sprache. Das verschafft vielleicht gewissen Frauen eine Art Genugtuung, doch es ist die Genugtuung von Kindern, denen man nie Grenzen gesetzt hat und die sich diebisch freuen, dass sie etwas kaputtgemacht haben. Es bringt ihnen einen Machtschwips, keinen großartigen Machtrausch, aber immerhin einen Schwips: Juhu! Sie haben es geschafft, sie haben den Männern etwas aufgezwungen. Dabei ging es ihnen nicht darum, was sie ihnen aufgezwungen haben, sondern dass sie es geschafft haben, ihnen etwas aufzuzwingen. Als hätten sie Vegetarier genötigt, Fleisch zu essen.
Das vermute ich. Ich habe nämlich den Eindruck, dass der Sprachfeminismus den Feministen selber gar nicht so wichtig ist, wie sie behaupten. Sie schätzen ihn nicht als Wert an sich. Sie schätzen ihn vielmehr als Möglichkeit, mit Männern in negativen Kontakt zu treten. Ich habe mich ein wenig im Internet umgesehen, da ist es mir aufgefallen: Frauen, die das Thema irgendwo eingebracht hatten, berichteten stolz, dass die Männerwelt irritiert war, als läge darin der eigentliche Erfolg, den sie auch ursprünglich angestrebt hatten.
Es ist kein Erfolg, der sie glücklich macht. Jedenfalls nicht lange. Sie wissen selber – was jeder Inquisitor weiß –, dass sie immer nur Lippenbekenntnisse erpressen können. Deshalb ist nie Ruhe in der Kiste. Da ist immer Bewegung. Eine Forderung folgt der nächsten. Und die wieder der nächsten. Die Forderung, nach „VSS Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ ist inzwischen nicht mehr auf dem neuesten Stand der aktuellen Wünsche von Sexisten. Die Schriftstellerinnen hinken der Entwicklung hinterher.
Inzwischen wollen die Feministen den Unterstrich „Schriftsteller_innen“ (mit kleinem i), um damit all denen einen Raum zu geben, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen können. Oder sie fordern analog zu den vorgeschriebenen Studierenden die „Schreibenden“, was an die „Kulturschaffenden“ erinnert, die es in der DDR gab. Dann würde es also „VS der Schriftsteller_innen“ oder „VS der/die Schreibenden“ heißen. Wie wäre das?
Frauen, die solche Verunstaltungen einfordern, sind feige Tyrannen. Männer, die sich dem Sprachfeminismus anpassen, sind traurige Gestalten. Wenn sie sich zu Wort melden, klingt es jedes Mal wie das jämmerliche Gestammel von verunsicherten Befehlsempfängern. Sie haben sich die Möglichkeit nehmen lassen, auf eigene Art höflich, rücksichtsvoll und liebevoll zu Frauen zu sein. Sie sollen in Zukunft keine eigene Art mehr haben. Alle müssen es auf ein und dieselbe Art tun. Männern sind die Formulierungen vorgeschrieben, mit denen sie Frauen „gerecht“ werden müssen.
Und wie? Immer Doppelnennungen verwenden. Frauen nicht auf etwas „festnageln“, sie nicht auf etwas „reduzieren“, sie nicht „marginalisieren“, nicht „exkludieren“ oder gar „unsichtbar machen“.
Reicht das? Nein. Männer müssen obendrein sorgfältig auf ihre Wortwahl achten, als hielte man ihnen eine Pistole vor die Brust mit einer Drohung, wie man sie aus Krimis kennt: „Kein falsches Wort!“ (jedes Wort kann falsch sein, nicht nur „Dirndl“ oder „Tanzkarte“). Inzwischen gilt auch das so genannte generische Maskulinum (also die bisher übliche Pluralbildung) als falsches Passwort für den Zugang zur geschlechtergerechten Sprache.
Männer können die immer dringlicher werdenden Offensiven nicht länger ignorieren. Sie müssen sich dazu verhalten. Sie sollen aber nicht etwa nur genervt, gnädig oder womöglich gönnerhaft erdulden, dass Frauen unbeherrscht und schlampig daherreden; sie sollen es nicht länger einfach nur tolerieren, sie sollen es vielmehr akzeptieren; sie sollen selber so sprechen und ihrerseits dazu beitragen, dass die deutsche Sprache zu einem nicht mehr übersetzbaren, kuriosen Provinzdialekt verkommt, den keiner mag.
Schriftsteller wissen, was sie tun. Mit Sprache umzugehen gehört zu ihren täglichen Routinen und Aufgaben. Viele von ihnen beherrschen außerdem eine Fremdsprache. Dann wollen wir doch mal sehen:
Aufgabe. Übersetzten Sie bitte:
Schriftstellerinnen und Schriftsteller lesen gerne
……………
Vergleichen Sie dazu:
Weibliche und männliche Schriftsteller lesen gerne
…………..
Vergleichen Sie dazu:
Schriftsteller lesen gerne
………….
Erläutern Sie die Unterschiede!
………….
Ich bin sicher, dass jeder Politiker, jeder Lehrer, jeder Pastor – kurz jeder, der eine geschlechtergerechter Sprache fordert und anderen vorschreiben will, an dieser simplen Aufgabe scheitert. Mit diesem Test können wir die Sprachmörder überführen. Ich wiederhole mich: Ich habe gezögert, den Ausdruck „Sprachmörder“ zu verwenden. Aber ich bleibe dabei.
Im vierten Teil geht es um die Frage, was Sexisten wirklich wollen.
Im fünften (und letzten) Teil geht es um die grundsätzliche Frage, ob das grammatische und das natürliche Geschlecht eins sind.
Schriftsteller, Gruppensex und Sprachmörder (Teil 4)
Worauf kommt es an? Was wollen Schriftsteller? Was wollen Sexisten? Warum ist Sarah sauer?
Was bisher geschah: die deutschen Schriftsteller wissen nicht, ob sie sich weiterhin „Schriftsteller“ oder lieber „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ nennen sollen. Was wäre wenn?
Wir sind alle gleich. Das heißt: Du bist so wie ich
Eine Namensgebung gibt bekannt, worauf jemand Wert legt. Also? Wie ist es? Worauf legen Schriftsteller besonderen Wert?
Wie würde der Name „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ wirken? Wie würde er wirken, wenn wir ihn in „weibliche und männliche Schriftsteller“ umformulierten? Wie würde man das verstehen? Das erkennen wir, wenn wir die Frauen- und Männerfrage kurz beiseite legen und uns die mögliche Wirkung an einem anderen Beispiel klarmachen.
Man könnte sich – und dafür gäbe es aus der Geschichte eine gewisse Berechtigung – eine Vereinigung vorstellen, die sich „Verband ostdeutscher und westdeutscher Schriftsteller“ nennt. Damit wären Schriftsteller bezeichnet, die sich zwar zu einem Dachverband zusammengefunden haben, die aber gleichwohl betonen wollen, dass sie eigentlich aus zwei Untergruppen bestehen und dass sie sehr großen, ja allergrößten Wert auf die Bezeichnung „ostdeutsch“ bzw. „westdeutsch“ legen, weil sie meinen, dass erst damit ihr Schriftstellerdasein richtig und vollständig beschrieben wird, so dass sie nicht ohne diesen Zusatz gesehen werden wollen.
Berechtigt wäre so eine Bezeichnung nur, wenn sich sowohl die ostdeutschen als auch die westdeutschen Schriftsteller in diesem Punkt einig wären und wenn beide den Hinweis auf ihre ost- bzw. westdeutsche Besonderheit ganz, ganz wichtig fänden. Es dürfte nicht so sein, dass beispielsweise nur die Westdeutschen gesteigerten Wert darauf legten, den Ostdeutschen das jedoch egal wäre oder sie es lieber unerwähnt lassen wollten.
Entsprechend verhielte es sich, wenn wir von „männlichen und weiblichen Schriftstellern“ sprächen. Das wäre nur akzeptabel, wenn es sowohl die männlichen als auch die weiblichen Schriftsteller gleichermaßen wollten und beide gleichermaßen Wert darauf legten, ihrer Geschlechtszugehörigkeit auszustellen und zu beleuchten. Wenn also – anders gesagt – beide Seiten gleichermaßen sexistisch wären in dem Sinne, wie ich Sexismus im ersten Teil beschrieben habe.
Frauen haben nicht nur ein anderes, und zwar ein deutlich verschärftes Interesse an einer Gruppenbildung, sie verstehen darunter auch etwas anderes. Es fällt auf: Es sind die Frauen, von denen der Druck ausgeht, Gruppenbildungen, wie sie die Gleichstellungspolitik wünscht, vorzunehmen und es sind andererseits die bockigen Männer, die sich drehen und winden, aber eigentlich schon verführt sind, ohne dass sie es bemerkt haben. Es ist zu spät. In dem Moment, als das unverbindliche Plaudern über Frauen und Männer zur verbindlichen Politik versteinerte – das war im Jahre 1986, mit Rita Süßmuth als erster Bundesministerin für „Frauen“ –, wurde offiziell anerkannt, dass es die Gruppe „der“ Frauen tatsächlich gibt. Damit gab es – Simsalabim – auch die Gruppe „der“ Männer, ob die einzelnen Männer das wollten oder nicht.
Männer neigen auch zur Gruppen- oder Bandenbildung. Doch sie tun es auf eine andere Art als Frauen. Typische Männergruppen finden wir auf Schiffen, beim Sport, beim Militär, in der Musik. In solchen Fällen ist die Gruppe stets mehr als die Summe ihrer Einzelteile; der einzelne ist nicht austauschbar. Der Koch kann nicht Kapitän sein, der Triangel-Spieler nicht Geiger.
Anders sieht es in typischen Frauengruppen aus. Quotenfrauen sind austauschbar. In einem Vorstand sind sie so wertvoll wie ein leerer Stuhl. In einem Orchester könnte der Triangel-Spieler problemlos durch eine Frau ersetzt werden, sofern sie das Instrument beherrscht und ihren Einsatz nicht verpatzt. Eine Frau könnte auch ohne Schwierigkeiten auf einem Schiff den Koch ersetzten, wenn sie kochen kann und nicht seekrank wird. Ein Professor an einer Universität kann jedoch keine Quotenstelle kriegen, die für Professorinnen vorgesehen ist, auch dann nicht, wenn er dafür hervorragend qualifiziert ist. Das ist der Unterschied. Sexismus macht den Unterschied. Für einen Sexisten steht die Geschlechterfrage immer an erster Stelle.
Sexistische Frauen und Männer, die ihre Texte nachsprechen, bewerten die Bedeutung einer Gruppe und die Bedeutung individueller Leistungen anders als es Leute tun, für die Sex nicht das Killerkriterium ist.
Man sagt, dass ein Bild mehr sagt als tausend Worte. Ich meine, dass tausend Worte etwas anderes sagen als ein einziges Bild. Wie auch immer. Schauen wir mal. Es folgt ein kleines Stückchen Prosa – zur Illustration:
“Es ist wirklich interessant mit Lady Westholme zu reisen”, zwitscherte Frau Pierce zu Sarah.
“Ist es?”, sagte Sarah giftig, aber Frau Pierce entging der raue Ton, also zwitscherte sie munter weiter.
“Ich habe Ihren Namen so oft in der Zeitung gesehen. Es ist so klug von Frauen, in das öffentliche Leben zu gehen und dort zu bestehen. Ich bin immer froh, wenn eine Frau etwas erreicht.”
“Und warum?”, zischte Sarah aufgebracht.
Das traf Frau Pierce unvorbereitet, sie stotterte ein wenig. “Oh, weil…, ich meine…, eben weil…, nun, es ist schön, dass eine Frau in der Lage ist, Dinge zu tun.”
“Das sehe ich anders”, sagte Sarah. “Es ist schön, wenn jeder Mensch etwas in seinem Leben erreicht, wonach es sich zu streben lohnt. Ob ein Mann oder eine Frau etwas erreicht, spielt doch gar keine Rolle. Warum sollte es eine Rolle spielen? “
“Nun, natürlich”, sagte Frau Pierce, “Ja, ich sehe ein…, natürlich, wenn man es in diesem Licht betrachtet …” Dabei wirkte sie etwas entgeistert.
Sarah ergänzte etwas sanfter: “Es tut mir leid, aber ich hasse diese Unterscheidung zwischen den Geschlechtern. ‘Eine moderne Frau hat eine durch und durch geschäftsmäßige Einstellung zum Leben’, diese Art von Weisheit. Das ist einfach falsch. Einige Frauen sind geschäftsmäßig, andere nicht. Manche Männer sind sentimental und zerstreut, andere haben einen klaren Kopf und sind logisch. Es gibt einfach unterschiedliche Arten von Gehirnen. Geschlecht spielt nur da eine Rolle, wo es um Sex geht.”
Bei “Geschlecht” errötete Frau Pierce etwas und dann wechselte sie geschickt das Thema. *
Sie kommen nicht zusammen. Das Wasser ist viel zu tief
Sexisten sollten eigentlich mit der Formel „weibliche und männliche Schriftsteller“ zufrieden sein. Sie genügt dem Gleichstellungsgebot: beide Geschlechter werden ausdrücklich genannt, keine Gruppe ist „nur mitgemeint“. Damit wäre genau das erreicht, was Sexisten – angeblich – wollen; denn sie wollen ja, dass bei jeder Gelegenheit die Duftmarke der Geschlechtszugehörigkeit hinterlassen wird. Und sie wollen, dass die Gruppen „gleich“ sind.
Sie sind aber nicht zufrieden. Sie wollen mehr. Sexisten fühlen sich dem anderen Geschlecht grundsätzlich überlegen und wollen nicht mit zweitklassigen Menschen gleichgestellt werden. Sie wollen die Trennung.
Die frühen Feministen hatten die Formel „Eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad“. Die Möglichkeit einer Gemeinsamkeit von Mann und Frau; ja, allein schon die Existenz einer Sphäre, in der sich beide aufhalten und gewinnbringend für beide Seiten aufeinander beziehen, lag damit jenseits ihres Vorstellungsvermögens.
Die späten Feministen bescherten uns den Lesbenfriedhof. Er verkörpert nicht etwa – wie beim Eheversprechen – das Gebot einer Treue „bis der Tod euch scheidet“, sondern im Gegenteil das Beharren auf der Unversöhnlichkeit der Geschlechter über den Tod hinaus.
Deshalb wollen Sexisten die Innen-Form. Sie bringt die Trennung. Sie ist die große Axt, die alles Gemeinsame zerteilt. Sie macht aus einer Gruppe zwei. Das ist der Unterschied zu Formulierungen wie „Schriftsteller einschließlich der Schriftstellerinnen“ oder „weibliche und männliche Schriftsteller“. In beiden Fällen bliebe die Einheit der Schriftsteller erhalten. Mit dem Plural „Schriftsteller“ wären beide Male alle gemeint. Egal ob weiblich oder männlich. Genau das will der Sexist nicht.
Mit der Bezeichnung „weibliche Schriftsteller“ konnte man immer schon – wenn man es unbedingt wollte – eine Gruppe von Schriftstellern bezeichnen, die ausschließlich aus Frauen besteht. Doch wer wollte das?
Dass die Formulierung „weibliche Schriftsteller“ in unseren Ohren fremd klingt, hat einen einfachen Grund: Wir haben bisher nicht so geredet. Dass wir es nicht getan haben, hat ebenfalls einen einfachen Grund: Wir wollten es nicht. Es ging auch so. Wir brauchten so eine Form nicht. Wir brauchen sie heute auch nicht. Wir haben früher nicht von „weiblichen und männlichen Schriftstellern“ geredet, weil es dazu keine Veranlassung gab. Welche gibt es heute?
Stellen wir uns vor, es gäbe eine Studie, die den Arbeitsalltag von Schriftstellern untersucht und der Frage nachgeht, welche Tageszeiten bevorzugt werden. Wenn man dabei – aber warum eigentlich? Eben das ist die entscheidende Frage! – Frauen und Männer getrennt betrachtet, kämen Sätze heraus wie „weibliche Schriftsteller schätzen die Morgenstunden, männliche Schriftsteller neigen eher zu Nachtschichten“. Oder umgekehrt.
Egal. Damit hätte man Belanglosigkeiten korrekt formuliert. So eine Studie wäre nicht besonders aussagekräftig. Sie könnte auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Aber immerhin: In so einem künstlichen Arrangement wären die Formulierungen angebracht. Sonst nicht. Oder fällt jemandem ein Beispiel ein?
So eine Studie gab es nicht. Deshalb wurden solche Formulierungen nicht gebraucht. Wozu? Man hätte damit nur bedeutungslose Nebensächlichkeiten, aus denen nichts folgt, erforschen und beschreiben können. Da gab es nichts zu erforschen und zu beschreiben, das von Belang ist. Da ist immer noch nichts.
Das wird auch nicht anders, wenn wir statt von „weiblichen Schriftstellern“ von „Schriftstellerinnen“ sprechen und statt von „weiblichen Schriftstellern, die im Unterschied zu männlichen Schriftstellern früh aufstehen“ von „Frühaufsteherinnen und Frühaufstehern“. Mehr als bedeutungsloses Geraune gibt es dann auch nicht.
Politiker sehen das anders. Sie gehen davon aus, dass es sehr wohl Unterschiede gibt. So begründen sie die Strategie „Gender Mainstreaming“: Geschlechtergerechtigkeit bedeutet, bei allen gesellschaftlichen und politischen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern zu berücksichtigen.
Denn, so heißt es weiter: Die Gleichstellungspolitik „ … basiert auf der Erkenntnis, dass (…) Männer und Frauen in sehr unterschiedlicher Weise von politischen und administrativen Entscheidungen betroffen sein können.“
Aha. Es gibt sogar „sehr“ große Unterschiede. Welche mögen das sein? Das ist das große Geheimnis der Gleichstellungspolitik, es sind die nicht vorhandenen Kleider der Kaiserin, die in Wahrheit nackt sind. Benannt werden die Unterschiede nicht. Sie werden nur behauptet. Sie werden als wichtig hingestellt. Als sehr wichtig sogar. Sie begründen und beschwören die Trennung zwischen Mann und Frau. Die haben wir nun. Wir sind getrennt. Wir sind getrennt und sollen nicht wieder zusammenkommen, weil wir so unsagbar und so unüberwindlich verschieden sind in allen unseren Lebenssituationen und Interessen.
Der Hintergrund ist der: Die Gleichstellungspolitik ignoriert Kinder. Eigentlich weiß es jeder: Wenn man Kinder kriegen will, muss man die Unterschiede zwischen Mann und Frau fruchtbar machen, man muss die wunderbaren Seite dieser Unterschiedlichkeit sehen und man muss sich – wie man so schön sagt – voll darauf einlassen. Alles Trennende wird dann einen Moment lang überwunden, auf dass etwas Neues entsteht. Doch das sehen die Gleichstellungspolitiker nicht. Und so erscheinen ihnen die Unterschiede unüberwindlich und sind ein Grund, Mann und Frau grundsätzlich als getrennt voneinander zu sehen.
Die Politiker sollten uns in Ruhe lassen. Wir können uns viel besser über unsere angeblich so unterschiedlichen Lebenssituationen verständigen, als sie sich das vorstellen.
Wir sind getrennt. Jetzt müssen wir die Trennung immer schon gewollt haben
Wenn wir heute die „geschlechtergerechte Sprache“ verwenden sollen, dann ist das kein nett gemeinter Vorschlag mehr, es ist in vielen Fällen schon eine Vorschrift. „Studenten“ soll man nicht sagen, weil es neuerdings als männliche Form gilt (was in den Augen der Feministen eine Benachteiligung der Frauen ist), „Studentinnen und Studenten“ ist mühsam, wie man in der Schweiz sagen würde, und so wird die Bezeichnung „Studierende“ durchgedrückt, obwohl sie sachlich falsch ist. Sie wird verordnet. Koste es, was es wolle.
Wenn da jemand von „weiblichen und männlichen Studenten“ spräche, wäre es den Sprach-Diktatoren nicht recht. Dabei ließe es sich gut zu „w/m Studenten“ oder zu „WM Studenten“ abkürzen, was viel eleganter wäre als die „SchriftstellerInnen“ oder „Schriftsteller/innen“ ¬– und was sich auch besser aussprechen ließe. Was spricht dagegen? Warum steht es gar nicht erst zur Diskussion? Weil es nicht die Einheit der Studentenschaft zerschlägt und nicht die Trennung behauptet. Darum. Es ist verräterisch.
Was ist der Unterschied? Wenn wir sagen „weibliche Schriftsteller“, dann wissen wir, dass es dazu ein Pendant gibt, nämlich die männlichen Schriftsteller. Wenn wir dagegen „Schriftstellerinnen“ sagen, dann gibt es kein passendes Gegenstück. Wenn wir Gleichstellung und geschlechtergerechte Sprache anstreben (ich wiederhole: Ich will das nicht, aber tun wir mal so, als wäre das ein erstrebenswertes Ziel), dann geht das nicht mit der Innen-Form, es geht nicht mit den separatistischen Schriftstellerinnen. Mit weiblichen und männlichen Schriftstellern, ginge es.
Denn da ist die Geschlechtsbezeichnung in beiden Fällen hinzugegeben. Doch bei „Schriftstellerinnen“ ist die Geschlechtsbezeichnung integraler Teil des Begriffes und macht die Aussage, dass es sich dabei um Menschen handelt, die schreiben, zweitrangig gegenüber der Aussage, dass es sich dabei um Frauen handelt. Da hat eine Art Meuterei stattgefunden: das Beiwort hat die Kontrolle über das Hauptwort übernommen.
Also: Wer sagt, dass es ihm um den Gleichstellungsaspekt geht und er deswegen die Form „Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ will, der widerspricht sich: Gleichstellung geht eben gerade nicht mit der Innen-Form. Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit sind die falschen Flaggen. Gemeint ist Unterwerfung unter eine sexistische Sichtweise.
Es bleibt dabei. Mit der Innen-Form wird keine Gleichstellung erreicht, sondern die Trennung betont und symbolisch die Möglichkeit einer Vereinigung der Geschlechter abgestritten. Mehr nicht. Die Innen-Form hat keine weiteren Inhaltsstoffe. Für die Trennung werden keine Gründe genannt. Was sollen das auch für Gründe sein? Sie liegen allein in der Befindlichkeit der Sexisten.
Die Schriftstellerin Eva Musterfrau und der Schriftsteller Adam Mustermann haben in Hinblick auf ihre schriftstellerische Arbeit ausschließlich Gemeinsamkeiten. Trennendes gibt es nur jenseits ihrer schriftstellerischen Tätigkeit. Wenn man nachfragen würde, worin die Unterschiede zwischen „den“ Männern und „den“ Frauen bei Schriftstellern liegen, kämen dieselben Banalitäten hervor, die bisher nicht der Rede Wert waren ¬– und es heute auch nicht sind.
Innen-Formen sind die bösen Träume von Sexisten, die sich ständig neue Innenräume wünschen. Doch diese Räume sind hohl. Sie haben keinen Inhalt. Kein Leben. In den vielen, neu geschaffenen Innenräumen ist es kalt und dunkel. Die gespenstischen Innenräume sind nichts weiter als virtuelle Frauenparkplätze, virtuelle Frauenbuchläden, virtuelle Lesbenfriedhöfe.
Sollte „VSS Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ tatsächlich der neue Name des Verbandes werden – was dann? Dann würde damit ein Bekenntnis zur Verlogenheit der Politikersprache abgelegt. Dann würde deutlich gemacht, dass Schriftsteller nicht besonders gut mit Sprache umgehen können. Der Verband würde wie ein Verein wirken, der sich um korrekte Rechtschreibung kümmern will und auf seiner Visitenkarte mehrere Rechtschreibfehler hätte.
Er wirkte wie ein Gesangverein, der sich „Disharmonia“ nennt. Der Verband schriebe sich ein herzliches „Ja“ zu stilistischer Unbeholfenheit auf seine Fahne, die er als Preis für das Bekenntnis zum Sexismus zahlt. Er wäre wie ein Veranstalter von Marathonläufen, der eine Krücke und einen Bikini im Logo führt.
* Der Text ist ein Ausschnitt aus ‚Appointment with Death’ (‚Der Tod wartet’) von Agatha Christie aus dem Jahre 1938. Den Hinweis verdanke ich ‚ScienceFiles’ Kritische Wissenschaft – Critical Science. Im zweiten Teil geht es darum zu zeigen, dass es grundsätzlich leicht möglich ist, mit Sprache zu lügen.
Im dritten Teil schauen wir Schriftstellern über die Schulter, wenn sie sich fragen: Wohin mit Herta Müller?
Im vierten Teil geht es um die Frage, was Sexisten wirklich wollen.
Im fünften und letzten Teil geht es um die grundsätzliche Frage, ob das grammatische und das natürliche Geschlecht eins sind.
Schriftsteller, Gruppensex und Sprachmörder (Teil 5)
Deutsche Schriftsteller in der Krise. Wie sollen sie sich nennen? Wie ist ihr Verhältnis zur Natur und zur Grammatik? Wann stirbt das letzte Einhorn?
Was bisher geschah: Der Verband „VS Schriftsteller“ erwägt, sich umzubenennen in „VSS Schriftstellerinnen und Schriftsteller“. In bisher vier Teilen ging es darum, wie sich schriftstellerische Arbeit und Gleichstellungspolitik verträgt, bzw. eben gerade nicht verträgt: Die Gleichstellungspolitik bringt nämlich eine Vorstellung von Sprache mit sich, die drei Gebote kennt: 1. Das natürliche und das grammatische Geschlecht sind eins! 2. Es gibt keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit! 3. Der Plural hat ein Geschlecht!
Dieser Teil gipfelt in einem Aufruf an die Schriftsteller, sich nicht umzubenennen. Tut es nicht!
Es soll kein Sammeltaxi geben
Der Sprachfeminismus verlangt große Opfer von uns. Wir müssen unser Sprachempfinden stets aufs Neue überstrapazieren, wenn wir uns den Quälgeisterinnen und Quälgeistern fügen und uns dabei den drei Geboten der sexistischen Sprache unterwerfen wollen. Es gelingt sowieso nicht. Die geschlechtergerechte Sprache, die auf Doppelnennungen oder angehängten Innen-Schwänzen besteht, stellt Ansprüche, die nicht erfüllt werden können. Wie sieht es mit folgendem Satz aus: „Frauen sind die besseren Autofahrer“? Kann man das noch so sagen oder muss es „Autofahrerinnen und Autofahrer“ heißen? Nein? Dann eben nicht. Nicht so schlimm.
Schlimm ist, dass wir der Doppelnennung alle Begriffe opfern sollen, die etwas Gemeinsames bezeichnen. So erklärt sich auch die Feindschaft gegen das so genannte generische Maskulinum („die Schriftsteller“, „die Autofahrer“, „die Fußgänger“ …), das eben nicht nur deshalb ausgerottet werden soll, weil es irgendwie männlich wirkt und deshalb den männerfeindlichen Feministen ein Dorn im Auge ist, sondern auch weil es eine neutrale Sammelstelle sein will. Hier kommen gleich zwei schlechte Gründe zusammen.
Die Frauenbewegung in Tübingen forderte in den achtziger Jahren ein eigenes Frauentaxi. Die Busverbindungen waren nicht ausreichend, ein normales Taxi war ihnen zu teuer. Die Stadt bot schließlich einen Kompromiss an: ein spezielles Sammeltaxi, das in den Nachtstunden verkehren sollte. Das wollten die Frauen nicht. In so einem Taxi könnten ja auch Männer mitfahren. Sie protestierten mit dem Gedicht: „Sammeltaxi, das ist fein -/ der Vergewaltiger steigt mit ein.“
Also kein Sammeltaxi. Keine Sammelstelle für alle. Die sollte es nicht mehr geben. Nicht in Tübingen, nicht im Rest der Welt. Nicht in der Wirklichkeit. Nicht in der Sprache. Neutrale Begriffe sollen durch das zweigeteilte Modell „Innen-Form/nicht-Innen-Form“ ersetzt werden, durch das „duale System“ der so genannten ZweiGenderung, mit der überall der Keil der Trennung in bestehende Gemeinschaften getrieben wird, als sollten wir alle verpflichtet werden, ein Bild von der Welt anzuerkennen, das aussieht wie das zerrissene Foto von einem Ehepaar, das inzwischen geschieden ist.
Zwar werden uns solche verkrampften und sachlich falschen Bezeichnungen wie „Studierende“ und „Teilnehmende“ vorgeschlagen und als „neutrale“ und deshalb auch gerechte Formen angepriesen, als hätte man plötzlich bisher unentdeckte Möglichkeiten der deutschen Sprache in irgendeinem Antiquariat gefunden – aber nichts da. Dass es mit der Neutralität solcher Begriffe nicht weit her ist, merken wir, wenn es wieder um Einzelfälle geht und es beispielsweise heißt: „der oder die Studierende, der oder die das Protokoll geführt hat, möge sich …“ Da haben wir wieder die Geschlechter-Apartheid, die sich die Sexisten wünschen.
Wie sehr uns ein geschlechtsneutraler Sammelbegriff fehlt, haben wir schon im dritten Teil an der Frage gesehen, welche Gruppe wir Herta Müller zuordnen wollen. Wenn sich der Verband der Schriftsteller tatsächlich in VSS umbenennen würde, stünde er wahrlich dumm da. Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge die Schlagzeilen der Spötter-Presse:
Die deutschen Schriftsteller haben ihre Gemeinsamkeit aufgekündigt.
Die deutschen Schriftsteller wissen nicht mehr, wie man einen Plural bildet.
Schriftsteller, die noch bei Trost sind, meiden die Innenform in allen Varianten (siehe dazu auch den Teil 4), ein Binnen-I kommt in ihrer Prosa nicht vor. Gar nicht. In Hörbüchern sowieso nicht – kleiner Scherz. Allerdings kein guter. Es gibt tatsächlich Überlegungen, wie man durch besondere Betonungen ein Binnen-I hörbar machen kann. Man könnte sich da an einer Aussprache mit Schnalzlauten, wie man sie von den Xhosa kennt, orientieren.
Scherz beiseite. Es bleibt dabei: Schriftsteller können es grundsätzlich nicht akzeptieren, dass der Plural ein Geschlecht haben soll und dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt. Das ist nicht verhandelbar.
Oder doch? Die Überlegung des Schriftstellerverbandes, einen neuen Namen anzunehmen, um damit eine Gleichstellung auch unter Schriftstellern anzuzeigen, zeigt Verhandlungsbereitschaft und signalisiert ein Entgegenkommen an die Politik.
Die Gleichstellungspolitik besteht darauf. Denn so eine Politik kann es nur geben, wenn man sich vorstellt, dass der Plural ein Geschlecht hat. Gleichstellungspolitik arbeitet grundsätzlich gruppenbezogen, sie sortiert die Gruppen nach „männlich“ und „weiblich“ und weist ihnen als erste Maßnahme ein Geschlecht zu. Daraufhin werden die Gruppen im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit gleichgestellt.
Es kommt noch schlimmer. Wenn der Plural ein Geschlecht haben soll, muss ein strenges Reinheitsgebot angewendet werden. Es müssen zu 100% reine Gruppen sein – rein männlich oder rein weiblich. Sonst kann man ihnen kein Geschlecht zuweisen. Die Gruppen dürfen keinesfalls gemischt sein.
Wo gibt es solche Gruppen?
In der Utopie der Gleichstellungspolitik. Sonst nicht. Die Gleichstellungspolitik erschafft solche Gruppen erst und verlangt, dass in Zukunft noch mehr davon geschaffen werden – beispielsweise die Gruppe der rein weiblichen Quotenfrauen, die der rein weiblichen Gleichstellungsbeauftragten, die wiederum nur von Frauen gewählt werden dürfen, oder die rein weibliche Gruppe der Nutznießerinnen des Professorinnen-Programmes. Am einflussreichsten war und ist vermutlich der rein weibliche Deutsche Juristinnenbund e.V., der die Zerstörung der Familien in den Gerichtssälen vorantreibt.
Nein. Keine Widerrede: Die „Bürgerinnen und Bürger“ mögen das. Die Politiker wissen das. Sie gehen davon aus. Das tun sie gerne. Sie „gehen davon aus …“ Sie beschreiben uns als verblödete Masse, denen man jedwede sprachliche Dummheit bieten kann. Sie glauben tatsächlich, dass wir beeindruckt sind von der Zielgenauigkeit (!) und von der Qualität (!), die sie an den Tag legen. Dadurch wird sogar, wie sie meinen, die Akzeptanz (!) erhöht. Wenn nicht, dann hilft das Gesetz nach. Sehen wir selber – und achten wir auf die Erkenntnis (!), auf der das alles gegründet ist, sie wird beschrieben in der „Strategie Gender Mainstreaming“:
„Dieses Vorgehen, für das sich international der Begriff ‚Gender Mainstreaming’ etabliert hat, basiert auf der Erkenntnis, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt (…) Das Leitprinzip der Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet die Politik, Entscheidungen so zu gestalten, dass sie zur Förderung einer tatsächlichen Gleichberechtigung der Geschlechter beitragen. Ein solches Vorgehen erhöht nicht nur die Zielgenauigkeit und Qualität politischer Maßnahmen, sondern auch die Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern.“
Dazu gibt es auch rechtliche Vorgaben, die lesen sich so: „Verpflichtungen zur Umsetzung einer effektiven Gleichstellungspolitik im Sinne des ‚Gender Mainstreaming’ ergeben sich sowohl aus dem internationalen Recht als auch aus dem nationalen Verfassungsrecht.“
Es soll niemand sagen können, wir hätten es nicht gewusst. Wir wissen es wohl, wollen es aber nicht wahrhaben: Wir werden von einem totalitären, sexistischen Staat regiert, der sich in alle Lebensbereiche einmischt und eine beängstigende Machtvollkommenheit erreicht hat. So eine Politik hat es nicht nötig, sich hinter Schleiern zu verstecken, sie sagt es offen: sie „ … basiert auf der Erkenntnis“! Erkenntnis? Ist das eine Erkenntnis?
Nein. Das wissen die Politiker auch. Es ist keine Erkenntnis. Es ist eine Annahme. Noch dazu eine, die offensichtlich falsch ist. Die Politiker betrügen uns vorsätzlich – mit Ansage. Oder wie der Schwabe sagen würde: mit Fleiß. Sie wissen, dass wir kuschen, und dass es niemand wagen wird, sie zu kritisieren. Ihnen gehört die Sprache. Sie bestimmen, was eine „Erkenntnis“ ist. Sie bestimmen, wie wir in Zukunft zu reden haben. Das machen wir brav und eingeschüchtert und wir erkennen nicht die ansteckende Krankheit, die wir damit verbreiten. Dazu fehlt uns wiederum die Erkenntnis.
Gibt es ein Einhorn im richtigen Leben? Schafft Sprache Wirklichkeit?
Hinter all den Überlegungen zur richtigen Benennung steht die zentrale Frage, die im ersten der drei Gebote formuliert ist: Ist das grammatische Geschlecht mit dem natürlichen Geschlecht gleichzusetzen? Ja oder Nein?
Wenn wir diese Frage mit „Nein“ beantworten, dann ist die Debatte an dieser Stelle beendet, die Schriftsteller hätten keine Sorgen, sie könnten weiterschreiben wie bisher, könnten bei ihrem traditionellen Namen bleiben und könnten zufrieden sein.
Die Politiker wären nicht zufrieden. Denn die Politik der Gleichstellung, die angestrengt versucht, eine künstliche Gleichstellung von Frauen und Männern durch Quotenregelungen und Sprachvorschriften zu erzwingen, funktioniert nur, wenn man das grammatische und das natürliche Geschlecht gleichsetzt und so tut, als ginge es nicht um Worte, sondern um Menschen. Manche können sich das schon nicht mehr anders vorstellen.
Wenn die als „männlich“ definierten Sprachformen ausgemistet werden, dann steckt dahinter nicht etwa ein Gefühl für Sprache, sondern ein Gefühl gegen Männer – gegen Männer aus der wirklichen Welt. Wenn man die weiblichen Formen im Sprachgebrauch verbreiten will, dann wird so getan, als hätte man damit etwas Gutes für Frauen in der wirklichen Welt getan.
So wie in dem Film vom letzten Einhorn den Kindern erzählt wird, dass ein Einhorn stirbt, wenn das Kind nicht mehr an das Einhorn glaubt, so wird den Männern erzählt, dass eine Frau weint, wenn ein Mann nicht konsequent die Innen-Form verwendet. In so schönen Worten wird es nicht gesagt, es heißt vielmehr, dass Frauen „diskriminiert“, dass sie „marginalisiert“, dass sie „unsichtbar gemacht“ werden. Ihnen wird mit Sprache „Gewalt angetan“, sie werden mit Sprache „vergewaltigt“.
Es sind nicht meine Worte. So sagen es Luise F. Pusch und Senta Trömel-Plötz. Das klingt, als hätte sich Loriot diese Namen ausgedacht, doch so ist es nicht. Es ist auch nicht lustig. Die Vorwürfe stehen immer noch im Raum. Es sind heftige Vorwürfe. Sie funktionieren nur unter der Voraussetzung, dass man eine Gleichheit von grammatischem und natürlichem Geschlecht annimmt. Daran muss man glauben. Deshalb wird es immer wieder behauptet.
Obwohl es nicht so ist. Arthur Brühlmeier hat schon vor Jahren auf diesen verhängnisvollen Irrtum hingewiesen. Egal. Genau dieser Irrtum ist nach wie vor die Grundlage für den Sprachfeminismus.
(Ich nehme an, dass Schriftsteller den kleinen Text von Brühlmeier kennen, falls nicht, hier ist der link: ‚Sprachfeminismus in der Sackgasse’).
Sexisten sind gefährliche Pantoffelhelden
Was ist los? Wie kann es sein, dass gleichzeitig zwei Auffassungen nebeneinander existieren, obwohl nur eine von beiden richtig sein kann? Und wie kann es sein, dass die Auffassung, das natürliche und das grammatische Geschlecht seien gleich, mehr und mehr Anhänger gewinnt, obwohl sie falsch ist?
Weil es Sexisten sind, die so denken. Besser gesagt: so fühlen. Bei ihnen steht Sex an erster Stelle. Nicht die Suche nach Wahrheit oder ein intellektueller Anspruch. Ein Sexist ist schon fertig mit seiner Weltanschauung. Er will keine andere. Wenn man einem Sexisten erklärt, dass Galileo einst ausgeführt hat, dass zwei Sätze, die sich widersprechen nicht gleichzeitig wahr sein können, dann sagt der Sexist nur: „Galileo? War das nicht ein Mann?“
Man kann nicht mit ihm diskutieren. Wenn man ihm erklärt, dass das grammatische und das natürliche Geschlecht zwei Paar Schuhe sind, sagt er: „Ich will nur ein Paar. Die anderen Schuhe passen mir nicht“. Wenn man ihm mit Objektivität kommt, kommt er mit Subjektivität. Es stört ihn nicht, dass die Schuhe, die er hat, billige Pantoffeln sind. Für seine Innenwelt reicht es.
Der Verband der Schriftsteller ist eine recht geräumige Anlaufstelle, er bietet Platz für Autoren, die hermetische Texte schreiben oder für Künstler, die sich in einfacher Sprache an jugendliche Leser wenden oder für Künstler, die das Ungefähre mögen und sich auf schwer zugängliche Lyrik spezialisiert haben. Das alles gibt es. Das alles soll es auch geben. Wenn nun aber jemand eine Formulierung vorschlägt, die für alle gelten soll, dann muss er seine Eigenwelt verlassen können und sich auf einen allgemeinen Nenner einlassen. Dann muss er in der Lage sein zu argumentieren. Dann reicht ein Satz wie „Ich fühle es aber so“ nicht. Auch nicht: „Ich höre Stimmen von fremden Mächten aus der Politik, denen ich mich fügen muss.“
Wir leben in einer Zeit, in der Sexismus staatstragend geworden ist; in einer Zeit, in der weibliche Sexisten offiziell gefördert werden und männliche Sexisten versuchen, wenigstens eine kleine Scheibe von der Wurst abzukriegen – und Angst haben müssen, andernfalls als Sexisten bestraft zu werden. Deshalb gibt es so viele Sexisten – oder viele, die wenigstens so tun, als wären sie Sexisten. Das heißt jedoch nicht, dass ihre Vorstellung von Sprache richtig ist. Ist sie nicht. Sie ist nach wie vor falsch.
Die Verwechslung von grammatischem und natürlichem Geschlecht bringt einen Rattenschwanz von Problemen mit sich. Es gibt in Wirklichkeit drei grammatische Geschlechter – der, die, das –, jedoch nur zwei biologische. Damit wird aus einer dreidimensionalen Sicht der Welt eine zweidimensionale. Wie wird das Problem gelöst?
Es wird einfach behauptet, dass es „keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt“. Das sagen sie. So sind sie. Sie verkünden es im Brustton der Überzeugung. Sie sagen tatsächlich (und stellen damit Möglichkeit und Wirklichkeit gleich), dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit „gibt“, obwohl sie fairerweise „geben möge“ sagen müssten oder „in Zukunft nicht mehr geben dürfe“, denn noch gibt es gewisse Reste von Neutralität.
Noch. Sie werden nach und nach abgeschafft. Neutralität gilt inzwischen nicht mehr als „neutral“, sondern als typisch männlich. Wie Objektivität. Deshalb werden neuerdings beide Begriffe reflexartig mit dem Beiwort „vermeintlich“ versehen, man spricht also von „vermeintlicher Objektivität“, von „vermeintlicher Neutralität“ oder von „vermeintlichen biologischen Tatsachen“ und nimmt den Begriffen damit ihre Bedeutung. Natürlich darf auch der Plural, wie wir gesehen haben, nichts Neutrales mehr an sich haben und muss entweder weiblich oder männlich sein.
Wenn es keine Neutralität geben darf, dann muss auch das „das“ weg. Dann muss ein Kind, zu dem man früher unbefangen „das Kind“ gesagt hat, so früh wie möglich sexualisiert werden, damit man es entweder als männlich oder als weiblich ansehen kann, es darf jedenfalls nicht länger Neutrum (ne-utrum, also keins von beiden) sein. Dann steht auch Gott nicht mehr jenseits von irdischen Geschlechterfragen, dann ist Gott weiblich und ist eine Freundin von Margot Käßmann.
Früher gab es einen Spruch (das war vor der bemannten Raumfahrt), da sagte man, wenn man gewisse Leute loswerden wollte: „Die müsste man alle auf den Mond schießen“. Daran muss ich immer wieder denken. Man sollte es tun. Dann werden es die Politiker selber merken: Den berühmten Mann im Mond, der als männlich angesehen wird, gibt es gar nicht, es gibt aber – nicht nur da oben – eine geschlechtsneutrale Wirklichkeit.
Die Schriftsteller haben es versäumt, sich von Anfang an gegen die hinterhältigen Angriffe auf die Muttersprache zu wehren. Sie haben sich zurichten lassen wie der berühmte Frosch, der sich bei lebendigem Leibe kochen ließ, der allerdings sofort aus dem Topf gesprungen wäre, wenn er gleich mit dem heißen Wasser in Berührung gekommen wäre. So war es nicht. Das Wasser wurde langsam immer heißer und der Frosch hat den Absprung verpasst. Dann war es zu spät.
Ist es nun zu spät für ein klares „Nein“ gegen die VSS-Form? Trauen sich die Schriftsteller inzwischen nicht mehr, einem Politiker oder gar einer Frau zu widersprechen? Lassen sie sich freiwillig zu Bazillenträgern einer sexistischen Weltanschauung machen, zu der sie sich bei jeder Pluralbildung bekennen müssen?
Als ich im ersten Teil sagte: „Gleichstellung und Schriftsteller – das geht gar nicht“, war das ernst gemeint. Es geht wirklich nicht. Schriftsteller können die drei Gebote nicht akzeptieren, sie können sich dem gruppenbezogenen Denken nicht unterwerfen – und Schriftsteller sollten keine Sexisten sein. Sie sollten ihr Sprachgefühl nicht verraten wie jemand, der aus Angst vor dem Tod Selbstmord begeht.
Schriftsteller sollten weiterhin versuchen, so gut es eben geht, auf eigene Faust die Wirklichkeit mit sprachlichen Mitteln zu beschreiben. Gleichstellungspolitik versucht das Gegenteil. Sie versucht, die Wirklichkeit zu verunstalten, dass sie zu ihrer falschen Sprache passt.
Dem kann ein Schriftsteller, der seinen Hammer noch nicht an den Nagel gehängt hat, entgegentreten, indem er den Sprachfeminismus entlarvt und ihn mit den eigenen Waffen –nämlich mit denen der Sprache – schlägt. Das sollte er tun. Dazu möchte ich ihn ausdrücklich ermuntern und ihm zum Schluss die Worte zurufen, die mein Vater zu mir gesagt hat, als ich drei Jahre alt war und mich nicht traute, die Rutschbahn runterzurutschen:
„Na los! Sei kein Frosch!“
Zum Schluss möchte ich mich mit einem Gedicht aus der Affäre ziehen, in dem es um den achtsamen oder gerade nicht achtsamen Umgang mit Worten geht. Es geht um diejenigen, die keine Fragen mehr zulassen und von unumstößlichen Erkenntnissen ausgehen – und was sie damit anrichten. Es ist eines der frühen Gedichte von Rainer Maria Rilke: Gebet der Mädchen zur Maria
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.
Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.
Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.
Deshalb hatte ich mich durchgerungen, im zweiten Teil – und schon in der Überschrift – in aller Deutlichkeit von „Sprachmördern“ zu sprechen. Ein heftiges Wort. Ich weiß. Das ist sonst nicht meine Art. Doch ich stehe dazu: Erst wird das Wort umgebracht, dann das Ding. Im zweiten Teil geht es darum zu zeigen, dass es grundsätzlich leicht möglich ist, mit Sprache zu lügen.
Im dritten Teil schauen wir Schriftstellern über die Schulter, wenn sie sich fragen: Wohin mit Herta Müller?
Im vierten Teil geht es um die Frage, was Sexisten wirklich wollen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.10.2008, Nr. 236, S. 38 Der Gast, nicht die Gästin Wie der Feminismus das Maskulinum verbreitet hat Wie kann man die Bedeutung deutscher Wörter mit maskulinem sprachlichen Genus angemessen beschreiben? Für Ausdrücke wie Einwohner, Gast, Student oder Kollege stehen mit Blick auf das Geschlecht zwei Möglichkeiten im Raum. Zum einen könnte grundsätzlich gelten, dass sie sich auf männliche und weibliche Personen beziehen; man spricht hier auch von generischer Referenz. Zum anderen lässt sich annehmen, dass sie männliche Personen bezeichnen, sprachliches und biologisches Geschlecht also in eins fallen. Letztere Sicht wurde bekanntlich von der feministischen Sprachbetrachtung favorisiert und zum Ausgangspunkt für ein großes Sprachreformprojekt erhoben. Für die generische Referenz stehen Sätze wie „Berlin hat 3,4 Millionen Einwohner“. Aus einem solchen Satz wird niemand schließen, dass es dann insgesamt fast sieben Millionen sein dürften. Einwohner meint auch -innen. Ähnliches gilt für die Feststellung, dass zu einer Feier viele Gäste anreisten. Ausdrücke wie Filmstar und Liebling zeigen ähnliche Eigenschaften. Sie stehen keinesfalls genau für männliche Personen, sondern können männliche, weibliche oder männliche und weibliche Menschen bezeichnen. Selbst maskuline Pronomina lassen sich auf dieser Linie betrachten. Vernimmt man die Frage „Wer hat denn hier seinen Lippenstift liegen gelassen?“, so bedeutet das nicht, dass wegen des Wörtchens seinen nur ein vergesslicher Mann gemeint sein kann. Aber auch die feministische Betrachtung kann angesichts des gegenwärtigen Sprachgebrauchs gute Befunde für ihre Position geltend machen. Wenn man hört, dass der Student die Prüfung bestanden hat, so wird man ganz überwiegend annehmen, dass eine männliche Person erfolgreich war. Ähnliches kann man am Ausdruck Kollege zeigen. Wenn ein Mann seiner Frau ankündigt, dass er sich abends mit einem Kollegen treffen will, so würde er besondere Gründe haben, wenn es sich bei dieser Person um eine Frau handelte. Und sollte eine Firma per Anzeige einen neuen Mitarbeiter suchen, so wird das bei vielen weiblichen Arbeitssuchenden eine gewisse Irritation, wenn nicht gar Entmutigung auslösen, weil nur männliche Bewerber angesprochen sein könnten. Die Semantik maskuliner Wörter ist also kompliziert. Einen neuen Vorschlag zur grammatischen Beschreibung der Situation hat nun der Bamberger Sprachwissenschaftler Thomas Becker vorgelegt. Er geht in seinem Entwurf grundsätzlich von der generischen Referenz der fraglichen Ausdrücke aus. Den eindeutigen Bezug auf das natürliche Geschlecht leitet er dagegen aus der jeweiligen Kommunikationssituation ab. Demnach schließen Sprecher aus kommunikativen Konstellationen, ob ein maskuliner Ausdruck aktuell nur männliche Personenkreise anspricht. Es wirken „konversationelle Implikaturen“, durch die die generische Lesart durch eine geschlechtsbezogene ersetzt wird. Das gilt vor allem für Situationen, in denen das natürliche Geschlecht besonders relevant ist und auch alternative Formen kursieren. So gibt es beispielsweise keine femininen Gegenstücke zu den Ausdrücken Gast, Star, Liebling. Die geschlechtsspezifische maskuline Lesart liegt deshalb eher fern. Anders bei den Ausdrücken Student, Kollege, Mitarbeiter. Hier existieren Pendants. Weiß man zudem, dass entsprechende feminine Formen in Kontexten wie Stellenanzeigen und Anreden durchaus üblich sind, schließt man als kompetenter Sprecher des Deutschen, dass mit den sprachlich maskulinen Ausdrücken in solchen Zusammenhängen eben männliche Personen angesprochen sind. Das lässt sich generalisieren: Wenn feminine Gegenstücke zu generischen Wörtern gebräuchlich werden, verschiebt sich die ursprünglich neutrale Bedeutung zur maskulinen Semantik. Das kommt dem Umstand gleich, dass ein Ausdruck wie Kollege, mindest übergangsweise, zwei Bedeutungen besitzt: Die erste, fundamentale ist die generische Bedeutung. Sie ist geschlechtsunabhängig. Die zweite entspricht einer besonderen Gebrauchsbedeutung jüngeren Datums in bestimmten Kontexten. Sie entstand durch die Konkurrenz zu Kollegin und transportiert somit spezifisch Männliches, das sich allmählich auch in weitere Kontexte ausdehnt und am Ende möglicherweise die generische Bedeutung zum Verschwinden bringt. Die maskuline Bedeutung wird umso prominenter, je häufiger die entsprechenden femininen Bezeichnungen auftauchen. Zugespitzt gesagt: Je öfter der Ausdruck Kollegin genutzt wird – womöglich noch in unmittelbarem Kontakt zum Gegenstück: „Liebe Kolleginnen und Kollegen“ – desto wahrnehmbarer wird das maskuline Element im Wort Kollege, das ursprünglich kaum vorhanden war. Unter dieser Perspektive lässt sich auch ein Blick auf das sprachkritische Programm des Feminismus werfen. Sein Ausgangspunkt, dass nämlich sprachlich maskuline Wörter Menschen femininen Geschlechts ausschließen, dürfte anfangs an vielen Punkten falsch gewesen sein. Dadurch allerdings, dass dieses Plädoyer die Verwendung explizit femininer Formen faktisch stark förderte, hat sich mittlerweile das semantische Profil der Wörter mit maskulinem sprachlichen Genus verändert. In der Folge stehen ursprünglich generische Ausdrücke nun tatsächlich häufig für männliche Personen. Daraus wiederum resultiert die Konsequenz, dass Geschlechterfragen in Sprache und Kommunikation heutzutage unbestreitbar eine höhere Bedeutung besitzen als vor den feministischen Analysen. Aus der Perspektive der feministischen Zielsetzungen ist diese Änderung vermutlich als Erfolg zu verbuchen. Dass diese Entwicklung mit einer problematischen Bestandsaufnahme ansetzte, hat ihr offensichtlich nichts von ihrer Durchsetzungskraft genommen. Womöglich wurde sie dadurch sogar noch gestützt? Sprachhistorisch ist jedenfalls zu konstatieren, dass sich in der deutschen Sprache das Verhältnis von sprachlichem Genus und natürlichem Sexus jüngst an bestimmten Punkten gewandelt hat. Ursprünglich semantisch eher geschlechtsneutrale Wörter sind mittlerweile geschlechtsspezifisch aufgeladen. Wo sprachlich früher ein Maskulinum und referenziell ein Generikum war, ist heute oft nur noch Maskulines vorhanden. Mit anderen Worten: Nach den feministischen Sprachinterventionen ist das Maskulinum verbreiteter als zuvor, aber sicher nicht mehr das, was es einmal war. WOLF PETER KLEIN Thomas Becker: „Zum generischen Maskulinum: Bedeutung und Gebrauch der nicht-movierten Personenbezeichnungen im Deutschen“, in: Linguistische Berichte, Bd. 213 (2008).
Wir lassen uns die „Bürgerinnen und Bürger“, die „Leserinnen und Leser“, die „Soldatinnen und Soldaten“ und zur Not, aber wirklich nur zur Not auch noch den „Studierendenausweis“ gefallen. Man braucht den femininen Plural genauso wenig wie dieses absurde, verdruckste Partizipialmonster. Dergleichen ist umständlich und war bei der Herstellung der Geschlechtergerechtigkeit wohl auch noch nicht sonderlich hilfreich. Genau genommen wird damit sogar eine neue Ungerechtigkeit begangen. Denn bei den Lehrern und Autoren, den Ärzten und Redakteuren wollen die Frauen begreiflicherweise dabei sein, nicht aber bei den Mördern, Dieben und sonstigen Verbrechern. Diese werden gewissermaßen immer nur mit ihrem männlichen Vornamen angeredet. Von einer Meldung wie „Nach der Mörderin oder dem Mörder wird noch gefahndet“ oder von einer „Verbrecherinnen- und Verbrecherkartei“ hat man jedenfalls noch nichts gehört, obwohl ja eigentlich erst wirkliche Gerechtigkeit hergestellt wäre, wenn bei der Nennung einer bestimmten Personengruppe auch nicht eine einzige Frau unterschlagen wird, was ja bedeuten würde, dass die Frau als solche dadurch quasi schon unterdrückt wäre. Sei es drum. Wenn diese Eseleien, die es in keiner anderen Sprache gibt, dem sozialen Frieden dienen – bitte sehr. Man kann, wie dies an dieser Stelle schon mehrmals, aber wahrscheinlich zu zaghaft versucht wurde, noch so oft darauf hinweisen, dass das grammatische Geschlecht (Genus) mit dem biologischen Geschlecht (Sexus) nicht zwingend etwas zu tun hat und es also den weiblichen Gast genauso gibt wie die männliche Geisel. Und es hilft wahrscheinlich auch nicht viel, daran zu erinnern, dass im Deutschen das primäre grammatische Geschlecht nun einmal männlich ist. Die Leute wollen es einfach nicht begreifen. Sie reden und schreiben mit einer idiotisch-bürokratischen Umstandskrämerei mitsamt diesen hässlichen Schrägstrichen („der/die Wähler/in“), die in seltsamem Kontrast zu dem Bedürfnis nach Bequemlichkeit steht, das sich sonst allenthalben breitmacht. Dies alles lassen wir uns, wie gesagt, noch gefallen. Aber gerade kommt uns Post auf den Schreibtisch, die das Fass zum Überlaufen bringt. Der Deutsche Germanistenverband wendet sich in einem Rundschreiben doch tatsächlich an „Mitgliederinnen und Mitglieder“. Hätte man in diesen Taginnen und Tagen nichts Besseres zu tun, man müsste dieser Vereinin/diesem Verein, wo frau/man es eigentlich besser wissen müsste, glatt die Grammatikpolizei ins Haus schicken. Menschinnenskindnochmal! edo.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.06.2011, Nr. 129, S. 33
Über die Unmöglichkeit poststrukturalistischer Gesellschaftskritik
Alex Gruber
(Aus: Bahamas Nr. 57/2009)
Die Anrufung der Vielheit und der Differenz ist aus der linken Diskussion über Rassismus oder Geschlecht nicht mehr wegzudenken, sodass man geneigt sein könnte, Antirassismus, Anti(hetero)sexismus und Poststrukturalismus zusehends als Synonyme zu betrachten. Dies gilt für gleichermaßen für die undogmatisch-linksradikalen Kommandoerklärungen, wie sie in zahlreichen Internetforen und auf Blogs veröffentlicht werden, wie für die akademische Diskussion, wo der „linguistic“ bzw. „cultural turn“ an den Universitäten seinen Siegeszug längst erfolgreich abgeschlossen hat. So formuliert etwa Christina Thürmer Rohr, Professorin an der TU Berlin, dass Allgemeinbegriffe wie Mann oder Frau nichts anderes darstellen als „ein Ergebnis von Kategorisierungsverfahren, die selbst Ausdruck von Gewalt sind“, Ausdruck „einer gewaltsamen Einteilung der Vielheit der Menschen in zwei Geschlechter“; „Kategorisierungen von Menschen“ also, „die deren Pluralität zerstören.“ (Thürmer Rohr 2005) Und der linke Differenztheoretiker weiß, dass der islamische Raum ein wahres Paradies für homosexuelle Vielheiten wäre, hätte nicht der ‚westliche Diskurs’ gewaltsam seine ‚heteronormative Zwangsidentität’ weltweit durchgesetzt (Vgl. Klauda 2008) – damit auch die dieser Identität entsprechende Denkform – und ihre gewalttätig Einheit stiftende Begrifflichkeit, den durch Differenz charakterisierten Menschen eingeschrieben.
Restitution von Heteronomie
Das poststrukturalistische Bedürfnis, das sich in Aussagen wie den zitierten ausdrückt, versteht sich als Generalangriff auf das, was ihm identitätslogische Denkform oder abendländische Metaphysik heißt. Seine Intention und sein Anspruch ist es, gegen jenes Denken anzugehen, das begriffliche Allgemeinheiten kennt, unter die eine Vielzahl von Einzeldingen subsumiert werden: Gegen die starre Einheit der Logik, deren Gesetz „das der Reflexion ist, das Eine, das zwei wird“ (Deleuze/Guattari 1976: 8), und die so die Gegensätze von Subjekt und Objekt, von Begriff und Sache oder von Geist und Natur überhaupt erst produziere und in die Welt setze; gegen diese Einheit soll der lebendigen, jedoch von der Metaphysik und ihrer „Tyrannei des Buchstabens“ (Lyotard 1977: 108) geknechteten Vielheit zu ihrem Recht verholfen werden: „Der Vorrang der Identität […] entspringt der Welt der Repräsentation [durch den Geist, den Buchstaben, usw.; A.G.]. Das moderne [i.e. poststrukturalistische; A.G.] Denken aber entspringt dem Scheitern der Repräsentation wie dem Verlust der Identitäten und der Entdeckung all der Kräfte, die unter der Repräsentation des Identischen wirken.“ (Deleuze 1992: 11)
Die Vielheit soll von ihrem Bezug auf ein Identisches, auf ein Allgemeines, von dem sie differiert, befreit werden und als eigenes Prinzip erkannt werden: „(N)ur, wenn das Viele als Substantiv, als Vielheit, behandelt wird, hat es keine Beziehung mehr zum Einen als Subjekt und Objekt, als Natur und Geist, als Bild und Welt.“(Deleuze/Guattari 1978: 13; Hervorhebung des Verfassers) Um die Abhängigkeit der Vielheit von einem ihm durch die Logik aufoktroyierten Allgemeinen aufzulösen, sei es notwendig die einheitlichen und identischen Begriffe zu dekonstruieren; d.h. es sollen alle Bedeutungen „Schicht für Schicht abgetragen werden“ (Derrida 2004: 152), „deren Ursprung in der Bedeutung des Logos liegt“ (Ebd.: 23), um so zu einem neuen Denken zu kommen, einem mehrdimensionalen Denken, dem Denken der „Differenz an sich selbst“, für die Jauques Derrida sogar ein eigenes Wort erfindet: das der „différance“.
Diese Vielheit sei die zu sich selbst gekommene Differenz, die nicht der Begrifflichkeit angehört, aber auch nicht der Sinnlichkeit: „(E)s wird also auf eine Ordnung verwiesen, die jener für die Philosophie grundlegenden Opposition zwischen dem Sensiblen und dem Intelligiblen widersteht“ (Derrida 1999: 34), und die so den Dualismus der Metaphysik überwinde, weil sie reine Bewegung sei, die aller Bestimmung und Unterscheidung stets schon vorausgehe – die also Bestimmung und Unterscheidung überhaupt erst hervorbringe und ermögliche. Die von Derrida ins Auge gefasste Ordnung, die „différance“ ist dementsprechend als dem Gegensatz zwischen Geist und Natur widerstehend gedacht, den die metaphysische Philosophie aufmacht: Sie widersteht dem Gegensatz und somit dem Dualismus, weil sie ihm quasi zugrunde liegt und ihn trägt, weil sie sein zureichender, wenn auch unbestimmbarer, weil unbestimmter Grund ist, der „immer schon am Werk war“, vom logischen Denken aber „immer wieder neutralisiert, reduziert (wurde): und zwar durch einen Gestus, der der Struktur ein Zentrum geben und sie auf einen Punkt der Präsenz, auf einen festen Ursprung beziehen wollte.“ (Derrida 2006: 422) Dieser Versuch, die Differenz zu materialisieren und ihrerseits als Einheit zu hypostasieren, sei die Geburtsstunde und der Kardinalfehler der Metaphysik in einem. Diese ist demnach gedacht als dem Umstand geschuldet, dass „unsere Freunde der métis [der Weisheit; A.G.]“ (Lyotard 1977: 89) der Erkenntnis nicht standhalten können, dass Philosophie zwar einen Urgrund habe, über diesen Urgrund jedoch nichts auszusagen in der Lage ist, weswegen eben jene Unbestimmtheit von ihnen stets wieder vereindeutigt würde und so ein Schöpfer eingesetzt, der Sinn verbürgt.
Das Denken habe jedoch über diese imperiale Setzung hinauszugehen und die vom Poststrukturalismus postulierte Unmöglichkeit einer Grundlage zu ihrer Grundlage zu machen,[1] um so dem Wirken der Vielheit gerecht zu werden. So wie die „différance“ das sei, „was die Gegenwärtigung des gegenwärtig Seienden ermöglicht, so gegenwärtigt sie sich nie als solche. Sie gibt sich nie dem Gegenwärtigen hin. Niemandem. Indem sie sich zurückhält und nie exponiert, übersteigt sie genau in diesem Punkt und geregelterweise die Ebene der Wahrheit“. (Derrida 1999: 34) Die Vielheit ist konzipiert als jener Ort bzw. Unort, der den Phänomenen zugrundegelegt werden muss, aber nicht bestimmt werden kann – jeder Versuch, ihn zu benennen, d.h. etwas qualitatives über ihn aussagen zu wollen, falle in die Aporien der Identitätslogik, in die Metaphysik also zurück.
Die Vielheit ohne Einheit ist als das konzipiert, wodurch das Gegebene als verschiedenes gegeben ist; als jene Spur, die der Präsenz gewissermaßen vorausgeht, aber nicht als Vorausgehendes gedacht werden kann, die ebenso ursprünglich ist, wie nachträglich, die vorhanden ist, aber nicht konkretisierbar, die sich einschreibt, aber kein schreibendes Subjekt sein soll, sondern nur der Prozess des Einschreibens selbst. „Nach den Forderungen der klassischen Begrifflichkeit würde man sagen, daß ‚différance’ die konstituierende, produzierende und originäre Kausalität bezeichnet, den Prozeß von Spaltung und Teilung, dessen konstituierte Produkte oder Wirkungen die différents oder die différences wären. […] Und wir werden sehen, warum das, was sich durch ‚différance’ bezeichnen lässt weder aktiv noch passiv ist, sondern eher eine mediale Form ankündigt oder in Erinnerung ruft, eine Operation zum Ausdruck bringt, die keine Operation ist, die weder als Erleiden noch als Tätigkeit eines Subjekts bezogen auf ein Objekt, weder von einem Handelnden noch von einem Leidenden aus, weder von diesen Termini ausgehend noch im Hinblick auf sie, sich denken läßt.“ (Ebd.: 37; Hervorhebung im Original) Jede Vermittlung, jeder Gegensatz und jeder Widerspruch wird von diesem Denken kassiert; es darf und kann nichts geben, was außerhalb des Prozesses des Einschreibens liegt und darin nicht restlos aufgeht; alles ist unmittelbar durch die „différance“, die unbestimmte Vielheit, determiniert und konstituiert, die mit Eigenleben ausgestattet ihre Spur durch die Geschichte zieht.
Der Taschenspielertrick, die Vielheit an die Stelle der Einheit zu setzen und zu behaupten, sie firmiere nun als etwas ganz anderes denn als Einheit, ermöglicht es dem Poststrukturalismus als gewitztes und radikal-emanzipatives Denken aufzutreten, das die identitätslogische Philosophie hinter sich lasse und ein Ende der Bevormundung durch repressive Allgemeinbegriffe einleite. Das Denken soll aus der Metaphysik austreten und sich von der „Usurpierung durch die Buchstaben“ lösen, um zu einer „anderen Logik“ zu gelangen als jener, „in welche Platonismus und Judentum mit vereinten Kräften immer noch versuchen […], diese Spasmen [Zuckungen der Vielheit; A.G.] einzusperren und zu neutralisieren.“ (Ebd.: 106 ff.) Was sich in dieser Denkbewegung ausdrückt ist der Wunsch, jedwede Einheit und damit selbst noch den Gedanken einer vernünftigen Allgemeinheit exorzieren zu wollen. Das antiidentitär auftretende Denken erweist sich als gegenaufklärerisches, das die Logik regressiv überwinden möchte und in seiner Verwerfung der Metaphysik zu einer Ontologie der Differenz gelangt, die die herrschaftlichen Momente der traditionellen Logik und des Idealismus bei weitem übersteigt. Die Differenz, die den Ausweg aus der Metaphysik weisen soll, ist gedacht als etwas, das den Erscheinungen zugrunde liegt und sie hervorbringt, das aber selbst nicht wieder festgemacht werden könne und dürfe, das sich jeder Bestimmung entzieht. Die Grundlage, die keine sein soll, aber als solche angenommen werden muss und für die weder ein Subjekt noch ein Substrat angegeben werden kann, erweist sich so als Kategorie, die den poststrukturalistischen Ideologen zu einem Seinsbegriff eigner Qualität gerät, was sie als in der Tradition der Ontologie eines Martin Heidegger stehend ausweist – in der Tradition eines regressiven Denken, das im Besitz des ganzen Rüstzeugs der Philosophie eine Weltsicht restituieren möchte, gegen die die Aufklärung einst angetreten war. (Vgl. Adorno 2008: 54) Das postmoderne Bedürfnis erweist sich so als eines, das mit autonomen geistigen Mitteln das Denken abschaffen und Heteronomie (wieder)herstellen möchte, und das solcherart die gesellschaftlich produzierte Heteronomie durch das Kapital nicht nur verdoppelt und affirmiert, sondern sogar in einem bewussten Akt exekutieren möchte.
Schöpfungsgeschichte ohne Schöpfer
Das durch den prozessierenden Wert vermittelte herrschaftliche wie ideologische Moment, das sich in der idealistischen Denkbewegung äußert, in der das Allgemeine das Einzelne gewaltsam unter sich subsumiert und die identitäre Einheit als konstituierendes Moment des Besonderen auffasst, ist nicht zu leugnen. An kritischer Theorie wäre es jedoch, diese Identität als Reflexionsform repressiver Vergleichung durch Staat und Kapital kenntlich zu machen, also auf eben jenes herrschaftliche Moment zu reflektieren, anstatt der Einheit in abstrakter Negation ein scheinbares Gegenmodell gegenüberzustellen. Vielmehr ist dieses isolierte Gegenüber als eine Denkfigur auszuweisen, die sich aus dem Unmittelbarkeitswahn der poststrukturalistischen Weltanschauung speist und die als logische Unmöglichkeit zu charakterisieren ist: Einheit und Vielheit, Allgemeines und Besonderes sind nur in ihrer Vermittlung zu denken. Die Einheit stellt das Gemeinsame an verschiedenem Besonderen dar; sie ist die Kategorie, vor der das Besondere als bestimmtes Besonderes und nicht als bloß flüchtiger Sinneseindruck überhaupt nur bestehen kann[2]: Schlechterdings Inkommensurables, die „Differenz an sich selbst“, die begriffslose Vielheit als solche wäre nicht einmal benennbar. Diese Verwiesenheit auf Objektivität, die Tatsache, dass das Differente und Besondere in sich durch gesellschaftliche Objektivität vermittelt ist, bricht sich im Poststrukturalismus schließlich auch unreflektiert Bahn, wenn etwa die Begriffe der Metaphysik als identitätslogische verworfen und durch die „différance“ ersetzt werden, die diesen – wie aller Präsenz – vorgängig sei und von ihnen bloß verdrängt werde: „Indem die Vielheit als solche, die „Differenz an sich selbst“, jeden Bezug auf Identität kündigt, wird sie selbst das, womit sie nichts mehr zu tun haben will: Identität par excellence.“ (Türcke 2005: 167; Hervorhebung im Original) „Die différance ist noch eine Umdrehung mysteriöser als dieser Gott [der deus absconditus, der verborgene Gott der Theologie; A.G.]. Sie ist dasjenige, was übrig bleibt, wenn man vom Schöpfungsakt den Schöpfer und das Geschaffene abzieht und auch noch leugnet, daß das was zurückbleibt, ein Schöpfungsakt sei.“ (Ebd.: 187)
Es kann Kritik nicht darum gehen, die Einheit als solche zu verwerfen, sondern vielmehr darum, das Verhältnis in Blick zu bekommen, in dem die Vermittlung von Allgemeinem und Besonderem stattfindet. Die Erkenntnis, dass die Vermittlung von Allgemeinen und Besonderem in der über den Wert vergesellschafteten Gesellschaft eine gewaltsame ist; dass hier das Allgemeine in Form des selbstbezüglich prozessierenden Werts das Besondere als bloßes Durchgangsmoment seiner Bewegung setzt; dass es das Besondere unter sich subsumiert, indem es von seinen Besonderheiten abstrahiert und es als bloßes Anhängsel seines Prozesses setzt; diese Erkenntnis kann nicht davon dispensieren, das Bestehende als gesellschaftliche Totalität, als übergreifende Einheit begrifflich zu entfalten. Vielmehr ist dies geradezu die Voraussetzug jeder Ideologiekritik, die sich die Idee einer vernünftigen Allgemeinheit, die im Besonderen ihre Substanz hat; sprich: die Idee der freien Assoziation der freien Individuen nicht abmarkten lassen möchte.
Sowie die falsche Vermittlung von Allgemeinen und Besonderem zu kritisieren ist, so ist es auch der poststrukturalistische Glaube, man könne mit den metaphysischen Allgemeinbegriffen durch Akte der Dekonstruktion tabula rasa machen und die Differenz unmittelbar dagegensetzen. Gegen solchen Unmittelbarkeitswahn ist auf die Vermittlung von Allgemeinem und Besonderen im Begriff zu bestehen, der dieser Vermittelheit durch Reflexion innewerden und so seine angemaßte Allmacht durchbrechen kann. Der Begriff wäre zu fassen als Identität von Identität und Nichtidentität: Als Begrifflicher ist er Begriff des Nicht-Begrifflichen, das er unter sich befasst, und dessen er eingedenk werden muss, will er nicht in idealistischer Weise als Geist erscheinen, der Materie aus sich heraus hervorbringt. Jene Selbstreflexivität, jenes „Eingedenken der Natur im Subjekt“ (Horkheimer/Adorno 1997: 58), das Versöhnung erst ermöglicht, bedarf damit selbst noch des Begriffs und also der Logik, die sich im Zuge der herrschaftlich verfassten Menschheitsgeschichte konstituiert hat. Die Verfahren der Logik, wie etwa die Abstraktion und darüber vermittelt die Bildung von Allgemeinbegriffen, selbst sind es, die Vernunft entbinden und es so ermöglichen, der Unhaltbarkeit des (idealistischen) Totalitätsanspruchs der erkennenden Vernunft gewahr zu werden.
Das Denken ist notwendig auf die Tradition verwiesen, um sie transzendieren zu können und kann nicht dem Herrschenden abstrakt sein scheinbares Antidot gegenübersetzen, etwa die Vielheit der Einheit, die „différance“ der Metaphysik, und dann glauben, damit dem Herrschenden entkommen zu sein und ein ganz neues Denken etabliert zu haben – jenes Denken der ewig währenden „différance“ als einer „Urschrift ohne anwesenden Ursprung“. (Derrida 1999: 45)[3] Insofern ist das poststrukturalistische Philosophieren das Gegenteil von kritischer Theorie: Nicht nur, dass es keinen kritischen Begriff vom falschen Ganzen hat, sondern darüber hinaus sabotiert es auch die Universalität der Emanzipation, die darin bestünde eine Einheit der Vielen ohne Zwang zu sein. Kritik an der falschen Objektivität, am repressiven Allgemeinen bedeutet eben keineswegs, das Hypostasieren der Differenz um ihrer selbst willen, das diese wiederum zur falschen Allgemeinheit macht, sosehr es auch beteuert, über Identitätslogik hinaus zu sein. Kritik zielt vielmehr auf eine vernünftige Allgemeinheit, die vom Besonderen ausgeht, in der es also möglich ist, „ohne Angst verschieden zu sein“ (Adorno 1997: 116) – um einen Terminus aus den Minima Moralia zu zitieren, den die Ideologen des Poststrukturalismus regelmäßig in Anspruch nehmen, um zu suggerieren, die kritische Theorie Adornos sei die Vorläuferin von Foucault, Derrida & Co.[4]
Sprachmagie…
Das poststrukturalistische Denken, will nicht bloß dekretieren, dass es keine Einheit mehr gebe sondern nur noch Vielheit, es will vielmehr selbst diese Vielheit sein, es beansprucht Denken zu sein, das Vielheit macht. Das Denken soll aufhören Bedeutungsträger zu sein, es soll aufhören sich anzumaßen, Einheit und Ordnung in die Vielheit zu bringen und das „Imperium des Signifikanten“ (Lyotard 1977: 63) zu errichten. Es soll vielmehr jenes Wuchern und Sprießen selbst sein, jenes Verknüpfen und Verketten, welches die Wirklichkeit zu einer einzigen großen Vielheit macht, und umgekehrt diese Vielheit zu einer einzigen großen Spur, die sich unablässig ein-, fort- und überschreibt. So wie das Denken, das die Identitätslogik überwinde „Rhizom“ sei, so sei das „Rhizom“ zugleich Denken, Text und Diskurs – die Wirklichkeit also das permanente Schreiben ihrer selbst: „Das Viele (multiple) muß man machen.“(Deleuze/Guattri 1977: 11) „(M)acht Rhizom, nicht Wurzeln, pflanzt nichts an! Seid nicht eins oder viele, seid Vielheiten!“ (Ebd.: 41)
Dieses Denken, will dezidiert hinter die platonische und aristotelische Unterscheidung von Sprache und Gegenstand, von Denken und den Objekten, auf die dieses sich richtet zurückkehren, um endlich der Vielheit gerecht zu werden, die seit der Zeit dieser Philosophen verstellt sei. Es geht ihm um die Überwindung des Platonismus als das „Vorurteil […], es gäbe eine Wirklichkeit zu erkennen“ (Lyotard 1977: 12) sowie um die Erfindung einer „nichtaristotelischen Logik“, d.h. um die Schaffung eines dezentralisierten Diskurses der produktiven Einbildungskraft, der unmittelbar Wirklichkeiten schafft. (Vgl. ebd. 20 f.)
Was Adorno in Bezug auf Heidegger ausgeführt hat (Vgl. Adorno 2008: 40 ff.), gilt auch für dessen poststrukturalistische Adepten: So wie Heidegger den Vorsokratiker Parmenides zum größten Denker der Philosophiegeschichte erklärte, so wollen auch die poststrukturalistischen Denker zurück hinter die Platonsche Ideenlehre, die das Reich des Geistes vom Reich der Natürlichen, das als Erscheinung dieses Geistes gedacht ist, trennt, und auch sie beziehen sich dabei auf ein Moment des parmenidischen Denkens und zwar auf dessen Vorstellung, dass Denken und Sein dasselbe seien – was sie dahingehend interpretieren, dass zwischen dem Denken bzw. dem Diskurs und dem Objekt, auf das dieses Denken sich richtet, nicht zu unterscheiden sei. Das Denken, dass sich als Neustes anpreist, speist sich also aus dem Wunsch nach Regression in die frühesten Sphären der Geistesgeschichte, aus dem Wunsch nach Begriffen, die ihre Aura aus der Tatsache ziehen, dass sie zugleich mehr als bloß faktisch sein sollen und doch etwas von jener Konkretion haben, die sie als anderes denn begriffliche Abstraktionen ausweisen soll. Genau in diesem Zusammenhang begründet sich auch jene eigentümliche Stellung, die Derrida seiner différance zuspricht, jene Stellung jenseits des Intelligiblen und der Sinnlichkeit gleichermaßen, jene Frontstellung gegen eine Philosophie des Begriffs und gegen eine Philosophie der Realität, die Adorno schon als charakteristisch für die Heideggersche Ontologie erkannte (Vgl. ebd.: 55), und die eine begriffliche Verdopplung des Kapitalverhältnisses darstellt.
Die Vorstellung einer nicht greifbaren wie unbegreiflichen Bewegung, die dennoch absolut überdeterminierend ist, ist als Rationalisierung des in seiner Prozession sich totalisierenden Werts zu charakterisieren, der als Realabstraktion einerseits mehr ist als Begriff, anderseits aber selbst keine dingliche Qualität besitzt und sich deswegen vergegenständlichen muss. Der Wert muss sich in den Waren materialisieren, um sich verwerten zu können; zugleich aber widerspricht jede besondere Gestalt seiner Bestimmung als allgemeiner Reichtum, der sich im allgemeinen Äquivalent ausdrückt. Das Kapital ist jenes sinnlich-übersinnliche Wesen, dem die Kraft zukommt, in jedem stofflichen Ding zu stecken, ohne selbst Stoff zu sein;[5] jenes Wesen, das den gesellschaftlichen Zusammenhang als geschichtslose, jeder subjektiven Sinnsetzung vorgeordnete zweite Natur konstituiert. Als Rationalisierung dieses Zwangszusammenhang zu einer Seinslehre erweist sich, dass weder die Existentialontologie eines Heidegger noch die Ontologie der Differenz eines Derrida altertümliches, quasi vorsokratisches Denken sind, das ja zu seiner Zeit einen Fortschritt des Geistes gegenüber dem Animismus bedeutete, sondern modernes Denken, das zugleich antimodern ist, das hinter bereits erreichte Standards des Aufklärung regredieren und dabei das Kapital als zweite Natur, als bloße Herrschaft, die keine Vermittlung mehr kennt, verewigen möchte.
Die erkenntniskritische Aussage, dass ein Begriff sich notwendig auf ein Objekt als sein Substrat bezieht, das in dieser begrifflichen Erfassung nicht aufgeht, wird von den Ideologen des Diskurses verleugnet bzw. als metaphysische Anmaßung betrachtet, mittels derer ein Dualismus von Begrifflichem und Außerbegrifflichem eröffnet werde, der die Vielheit der Herrschaft des Zentrums unterwirft. Im Anspruch, den „Zugang zur Mehrdimensionalität“ (Derrida 2004: 156) zurück zu gewinnen, der aufgrund „der Ethik, der Logik, der Politik des Abendlandes seit mehr als zweitausend Jahren“ (Lyotard 1977: 90) verstellt sei, wird auf das Prinzip der sozialen und diskursiven Konstruiertheit aller Phänomene gesetzt; auf jene tautologische und leere, weil dem Objekt jedwede Einzelexistenz absprechende Rede, in der sich die poststrukturalistische Wertschätzung für das Besondere als Wunsch nach dessen restloser Einverleibung erweist.
Im Glauben, die idealistische Vorstellung zu durchbrechen, jene Vorstellung, der das Subjekt und dessen Geist als das absolute und erzeugende Prinzip und die Natur als qualitätsloses Material gilt, das vom Geist mittels klassifikatorischer Begriffe zugerichtet wird, gehen die poststrukturalistische Sprachspielerei dieser Vorstellung auf den Leim und verdoppelt sie zu einer fugendichten Ontologie, aus der es kein Entkommen geben kann und soll. Die Vorstellung vom Begriff als dem Realität Schaffenden wird nicht kritisiert, sondern übernommen und bloß gegen den „Diskurs der Herrschenden“ gewendet: „Das Wort, das in dieser Mitte [der griechischen Politeia, aus der die Frauen ausgeschlossen sind; A.G.] gesprochen wird, erweist sich als konstituierend für die [abendländische; A.G.] Gesellschaft in ihrer Gesamtheit.“ (Ebd.: 66) Weit entfernt davon, Kritik der idealistischen Vorstellung vom Geist als dem erzeugenden Prinzip zu sein, wird deren Hybris sogar noch übertroffen, wenn es das gesprochene Wort sein soll, das unmittelbar gesellschaftliche Realität schafft. Dass solch sprachmagische Vorstellung sich zwangsläufig in logische Widersprüche verwickeln muss, reflektiert sich in dem von Lyotard konstruierten Zirkel, der das Ergebnis – die „philosophisch-phallokratische“ Gesellschaft – im Ausgangspunkt – der Frauen ausschließenden Gemeinschaft der Männer – bereits voraussetzt.
… als Glaubenserfahrung
Am Idealismus wird also nicht dessen Hypostasierung des Geistes kritisiert, der seiner Vermittlung durch Natur nicht eingedenk ist und sich so zur übergreifenden Allmacht aufschwingt, die er nicht ist; am Idealismus wird vielmehr bemängelt, dass er überhaupt einen Unterschied zwischen Natur und Geist macht, dass er behauptet, dass „Materie und Vernunft verschieden sind.“ (Ebd. 67) Auch hier das altbekannte Spiel: Vermittlung – in diesem Fall die zwischen Natur und Gesellschaft – soll stillgestellt und abgeschafft bzw. durch ein direktes Bestimmungsverhältnis, das der diskursiven Konstruktion abgelöst werden. In der radikal sich gerierenden Behauptung, dass es keine außerdiskursive Natur gebe, da Natur selbst nur diskursive Konstruktion und damit der Einzelne nichts als „Effekt innerhalb eines Systems, […] der différance“ (Derrida 1999: 46) sei, erweist sich das postmoderne Bedürfnis als Denkbewegung, die die gesellschaftlich produzierte zweite Natur als absolut determinierende und unüberwindbare setzt. Natur ist diesem Denken nur noch der Inbegriff des gesellschaftlich auf sie Projizierten, ein rein gesellschaftliches Konstrukt, keine von Gesellschaft unterschiedene, in ihr nicht aufgehende, aber von Vernunft erkennbare Qualität, weil es Kategorien eigener Qualität nicht mehr geben darf, diese vielmehr in die absolute Immanenz hereingeholt werden sollen.
Jedes Thematisieren einer eigenständigen Qualität von Natur, jedes Räsonieren über das Verhältnis von Begrifflichem und Nichtbegrifflichem, ist dem poststrukturalistischen Denken Anathema bzw. Ausfluss des noch in herrschaftlichen und identitätslogischen Kategorien befangenen Denkens, das nicht erkennen will, dass jeder Versuch einer Reflexion über Natur selbst ein Moment der diskursiven Konstruierung dieser ist. Natur erweise sich so als Kategorie, deren unterstellte eigene und erkennbare Qualität rein aus Projektion erwächst, womit alle Formen der Auseinandersetzung mit Natur als prinzipiell gleichwertig gesetzt sind und qualitative Unterscheidung zwischen spezifischen Formen der Vergesellschaftung nicht mehr möglich ist. Dementsprechend wird der bloße Anspruch, die Menschheitsgeschichte von den Kategorien des Fortschritts, der Emanzipation und der Versöhnung her zu verhandeln, ein Anspruch, von dem Ideologiekritik nicht lassen kann, will sie sich nicht selbst durchstreichen, zu einem usurpatorischen Akt erklärt, der den eigenen gesellschaftlichen Diskurs über den anderer stellt und damit in die alte metaphysische Falle des abendländischen Denkens tappt, das die Minderheiten zu repräsentieren trachtet, indem es sie interpretiert und sich selbst das „Recht [setzt], den Sinn zu geben.“ (Lyotard 1977: 66)[6]
Dagegen gelte es zu erkennen, dass es keine Universalität des Denkens gibt, dass auch hier die Vielheit herrscht. „Wie kennen keine Wissenschaftlichkeit und keine Ideologie mehr. Wir kennen nur noch Verkettungen. Es gibt nur noch maschinelle Wunschverkettungen als Aussageverkettungen.“ (Deleuze/Guattari 1976: 36) Es gehe darum Signifikanz und Subjektivierung zu überwinden, da jeder bedeutungsgebende Wunsch auf unterworfene Subjekte verweise und zwangsläufig in den herrschenden Bedeutungen gefangen bleibe. Stattdessen gelte es, eine Logik zu etablieren, „wo es keine Metasprache mehr gäbe, […] weil Lüge und Wahrhaftigkeit ununterscheidbar sind.“ (Lyotard 1977: 35) Gegen das, was dem Poststrukturalismus Metaphysik heißt, gegen die herrschaftliche Setzung einer Einheit in der „différance“, stellt er das Argument von der Minderwertigkeit identitätslogischer Gesetzmäßigkeiten und die Neigung lieber ein Spiel mit ihnen zu treiben als ihnen zu folgen. Die Rede von der Vielheit beansprucht den Regeln der Logik zu entfliehen, indem sie behauptet, diese gelten für sie nicht mehr. Sie inszeniert sich als Wissen, das den Bruch vollzieht mit einer Denktradition, die auf Kritik und die Kraft des Arguments vertraut und versteht sich als Einspruch gegen den „Rückstrom eines hartnäckigen Glaubens an die Einheit, die Totalität und die Finalität eines Sinns“, als Bruch also mit einer Tradition, die „Tätigkeit und Denken im Glauben daran [hält], daß die Wahrheit das höchste aller Güter ist“. (Ebd. 11 f.) Die Pointe des Poststrukturalismus ist, dass er die Vielheit als das schlechthin andere der Logik postuliert, als dasjenige, das unidentifizierbar und ungreifbar ist, und gerade diese Unbestimmbarkeit bürgt ihm für dessen unhintergehbare Geltung.
Damit ist dieses Denken hermetisch gegen jede Kritik abgedichtet: Jede Nachfrage nach dem durch und durch tautologischen Prinzip, jeder Hinweis darauf, dass der Poststrukturalismus mittels der zur Befreiungskraft hypostasierten Differenz eine ontologische Seinslehre errichtet, wird als noch gänzlich der Identitätslogik und ihrem Glauben an die begründete Rede verhaftetes Denken abgekanzelt, das niemals an die Differenz heranreiche. (Vgl. Türcke 2005: 180 ff.) Letztere ist quasi das Zauberwort, mittels dessen man sich der Identitätslogik enthoben sieht, und das dementsprechend immer wieder wiederholt und variiert wird, ohne dass der Begriff jemals in einem Argumentationsverfahren entfaltet würde, wird doch dem Argument als Instrument der Logik vielmehr mit jener Überheblichkeit begegnet, die sich als Geringschätzung und Abneigung erweist. Und auch hier ist der Zusammenhang mit der vernunftverlassenen Theologie offen zu Tage liegend: Wie diese mit dem Auseinanderfallen von Gottes- und Vernunftbegriff, wie es sich im Universalienstreit reflektiert, die Glaubenserfahrung in den Mittelpunkt rückt, die einer rationalen Begründung nicht zugänglich ist – eben weil sie Erfahrung des Göttlichen ist, die niemand nachvollziehen kann, der sie nicht selbst gemacht hat – so konstituiert der Poststurkturalismus eine Glaubensgemeinde der besonderen Art: Nur der, über den die Erfahrung des „noch nicht Benennbaren, das sich erst ankündigt und dies nur tun kann […] in der Gestalt der Nicht-Gestalt“ (Derrida 1999: 441) wie eine rettende Engelserscheinung gekommen ist; nur wer solcherart die Herrlichkeit der „différance“ geschaut hat, nur der kann teilhaben, weil er erkannt hat. Alle anderen befinden sich noch im Reich der Metaphysik, dem minderen Reich der Identitätslogik, in dem man das mehrdimensionale Denken der Vielheit gar nicht begreifen und so in allen Kritikversuchen stets nur verfehlen kann: „Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr werdet’s nicht erjagen“. (Goethe: Faust I)
Gesellschaft als Usurpation der Vielheit
Allein schon von Gesellschaft zu sprechen und damit mehr zu meinen als das frei Fluten der Vielheiten, das unablässige Wuchern und Gedeihen der Differenz, ist dem poststrukturalistischen Denken eine metaphysische Anmaßung, die auf herrschaftlichen Willen zur Macht verweist. Der Begriff der Einheit ist ihm ein durch und durch pejorativer, gegen die Vielheit gerichteter, der sich herstellt, wenn etwa die „Herren“ und die „Freunde der Weisheit“ qua ihres gemeinsamen herrschaftlichen Willens zur Macht der Vielheit gewaltsam eine Ordnung oktroyieren, indem sie eine Metaaussage installieren, die von sich behauptet, sie sei allen anderen Aussagen vorgeordnet, und die jeden, der sich ihr nicht fügt, des Verstoßes gegen die Rationalität bezichtigt. (Vgl. Lyotard 1977: 32) Überdeutlich wird dieses Ressentiment gegen den Allgemeinbegriff und damit gegen einen Begriff von gesellschaftlicher Totalität, wenn – was selten genug vorkommt – die Theoretiker des postmodernen Bedürfnisses auf den Faschismus zu sprechen kommen: Dieser sei eine Verhärtung gegen das „Rhizom“, mittels derer versucht wird, einem Signifikanten die Macht zu überantworten und ein Subjekt herzustellen, wo doch eigentlich nur Wuchern, Sprießen und unendliche Verkettung sei. „Gruppen und Individuen“, schreiben Deleuze und Guattari, „enthalten Mikrofaschismen, die darauf warten auszukristallisieren.“ (Deleuze/Guattari 1976: 17)[7] Doch bereits der Versuch, einen Allgemeinbegriff des Faschismus zu bilden, gilt den beiden als Ausfluss dieses Mikrofaschismus, der in uns allen steckt: „Man sucht keine gemeinsame Gattung, deren Spezies die Faschismen oder sogar die Totalitarismen wären. Man sucht auch keine besondere Spezies, die den Faschismen oder besser dem deutschen Faschismus zueigen wäre und sich von allen anderen unterscheiden würde. […] (E)s gibt gleichzeitig die verschiedensten Arten von deutschen Faschismen mit rechten und linken ‚Strömungen’, Massenlinien und Fluchtlinien, städtischen und ländlichen Spielarten. […] Fragen der Bedeutung und der Zuordnung sind immer sekundär im Verhältnis zum Begriff, der zunächst als Vielheit betrachtet werden muß […]. Wenn der Begriff wirklich eine Vielheit bezeichnet, wird er den Gesellschaften nach bestimmten Linien, den Gruppen und Familien nach anderen und den Individuen nach wieder anderen Linien zugeordnet; und alles dem er zugeordnet wird, ist selbst eine Vielheit. Andernfalls handelt es sich um einen schlechten Begriff.“ (Ebd.: 43, Fn. 4)
Mit demselben Argument, mit dem in großen Teilen der Linken die Kritik am Islam zurückgewiesen wird, mit dem Argument nämlich, dass es „den Islam“ nicht gäbe, sondern nur viele islamische Traditionen und Lesarten und letztlich wohl so viele Islame wie Muslime selbst, weswegen jeder Versuch einen allgemeinen Begriff des Islam zu bilden nur westliche Überheblichkeit und Orientalismus sei; mit demselben Argument weisen Deleuze/Guattari, einen Allgemeinbegriff des Faschismus und erst Recht einen des Nationalsozialismus zurück. Die Feststellung, dass die Formierung der Volksgemeinschaft über die Vernichtung der europäischen Juden das Spezifikum des Nationalsozialismus ist, das ihn von den Faschismen seiner Zeit qualitativ unterscheidet, gilt den französischen Meisterdenkern als identitätslogische Anmaßung, die dem „mikrofaschistischen“ Wunsch nach Subjektivität, Sinnstiftung und Macht über die Vielheit entspringt. Ihre Weltanschauung erweist sich so als Generalangriff auf die Vernunft; indem sie die Bildung von Allgemeinbegriffen als faschistisch denunziert, arbeitet sie daran, das Denken überhaupt zu perhorreszieren.
So wie es keinen allgemeinen Faschismus gebe, so gebe es auch keinen universellen Kapitalismus, da auch dieser immer im Schnittpunkt von allen möglichen Formationen existiere. So wie der Faschismus eine „Auskristallisierung“ des imperialen Charakters der Logik sei, so ist auch der Kapitalismus als Ausfluss einer Metaaussage gefasst, die sich gewaltsam inthronisiert. Der Kapitalismus verdanke sich, wie Marx herausgefunden habe, „einer Aussage oder Aussagengruppe zweiter Ordnung, die den Wahrheitswert aller Aussagen erster Ordnung, der Gleichungen, die den kapitalistischen Tausch: Waren/Geld regeln, sicherstellen.“ (Lyotard 1977: 34) Doch Marx selbst sei noch Metaphysiker, da er der kapitalistischen Metaaussage nur seine eigene entgegenstellt, welche für wahr erklärt, „daß der Wert jeder Ware in der Menge der zu ihrer Produktion notwendigen durchschnittlichen gesellschaftlichen Arbeitszeit besteht.“ Lyotard meint, in dieser Marxschen „Gleichung“ den „Meta-Operator aller anderen“ gefunden zu haben und glaubt darin allen Ernstes, Marx kritisiert zu haben. (Ebd.) Die Setzung eines solchen „Meta-Operators“, der die Wahrheitswerte einer Aussagenmenge festlegt, sei nämlich überhaupt der zentrale Punkt der gesamten Identitätslogik, denn nur durch ihn ist es überhaupt möglich den Anspruch auf Wahrheit aufrecht zu erhalten. Nur wenn es der Instanz einer Macht gelingt, eine Metaaussage zu installieren, die nicht zu der Klasse aller anderen Aussagen gehört, nur dann ist es ihr möglich die Wahrheit oder Falschheit der anderen, dieser Metaaussage untergeordneten Aussagen zu behaupten. Die Instanz der Macht, der dies gelingt setzte sich also widerrechtlich als Souverän, der das Recht hat, Sinn zu setzen und so Einheit herzustellen; widerrechtlich, da seine Aussage eigentlich auch nur derselben Klasse angehört wie alle anderen Aussagen auch und lediglich von der Macht der „Herren“, als autoritäre Ordnung gesetzt wurde, als Ordnung, die alles versucht, um die „Künstlichkeit dieser Konstruktion [zu] verbergen“. (Ebd.: 84)
Der Poststrukturalismus versteht gesellschaftliche Allgemeinheit immer nur als Usurpation, als unerlaubte Machtergreifung eines Diskurses, als Selbstinthronisierung der einheitsstiftenden Logik, als einen Fremdkörper an der Vielheit, der sich gewaltsam als Zentrum zu setze und so die Vielheit vereindeutige und ihres Rechts beraube. Eines der zentralen Instrumente dieser imperialen Bestrebungen sei die Psychoanalyse, die das Unbewusste als zentriertes System betrachte, das interpretiert werden kann. Auf diese diktatorische Konzeption gründe die Psychoanalyse ihre eigene diktatorische Macht, die Macht des Analytikers über den Analysierten, die die Macht der Identität über die Differenz repräsentiert. Das Ziel der Freudschen Theorie sei es, repressiv ein Allgemeines zu setzen und so die Einzelschicksale zu Abziehbildern dieser vorausgesetzten Einheit zu reduzieren, indem sie etwa die Entwicklung des Kindes, seiner Triebe und Partialobjekte als Stadien auf einer genetischen Achse und als Positionen einer Tiefenstruktur betrachtet und nicht als unmittelbare politische Optionen für Probleme, die das Kind mit der ganzen Kraft seines Begehrens erlebt. (Vgl. Deleuze/Guattari 1976: 22) Die Psychoanalyse, die die Wünsche und das Begehren des Kindes nicht in ihrer Unmittelbarkeit annimmt, wähle lediglich das aus und isoliere es, was sie gemäß ihrer vorausgesetzten Ordnung reproduzieren möchte. Sie schaffe sich den von ihr gewünschten Menschen anhand eines Bildes, das sie immer schon gemäß ihrer eigenen Prinzipien der Erfassung und Bedeutungsgebung konstruiert hat, um so die Vielheiten zu organisieren und zu strukturalisieren. Das Triebhafte der Vielheit nämlich „ist das was noch nicht aufgehoben ist, was noch nicht vom Geschwätz der philosophischen Schleiereule aufgenommen, wiederholt und widerrufen ist, was noch nicht auf die Zeitachsen der vernünftigen Erzählungen verteilt ist […], was noch nicht als Bedeutung in der Zeit konstituiert ist.“ (Lyotard 1977: 99) Die Identitätslogik der Freudschen Theorie ziele auf Verwaltung dieser unmittelbaren Urkraft der Vielheit, indem sie ihre eigenen Redundanzen injiziert, überträgt und so weiterverbreitet. Die Logik im Allgemeinen wie die Psychoanalyse im Besonderen zerbreche so unaufhörlich das „Rhizom“, indem sie es verstopft, auf das der Wunsch, nicht mehr strömen kann. Aufgrund dieser Entwurzelung, die am unmittelbaren Begehren vorgenommen wird, stirbt dieses ab und es bleibt nur das Subjekt übrig, das die Neutralisierung und Verwaltung dieses Begehrens darstellt. (Vgl. Deleuze/Guattari 1976: 23 f.)
Zivilisation und damit untrennbar verbundene Triebsublimierung sind dem regressiven Bedürfnis, das sich in solchen Aussagen reflektiert, ein Gräuel. In seinem Unmittelbarkeits- und Ursprünglichkeitswahn, kann es darin nur herrschaftliche Anmaßung sehen, die die Schwachen auch noch um ihr Begehren und damit um ihr Leben bringen will, und es ruft dazu auf, eine libidinöse Kraft zu „entdecken, die vom Ich und seinen Identifizierungen unabhängig ist, die die Rechte und Gewaltsamkeiten der Aneignung, also auch Schuldgefühle nicht kennt; sie wäre einfacher Wille zur Macht, eine unwiderstehliche Überflutung von Zonen geringerer Intensität durch die Triebe.“ (Lyotard 1977: 97) Nicht soll es diesem Denken um die Frage der Vermittlung zwischen Natur und Geist, zwischen Triebwesen und Gesellschaftswesen gehen, welche die Psychoanalyse in den Blick zu bekommen versucht. Stattdessen wird eine Form gesetzt, die die herrschaftlich vergesellschafteten Einzelnen unmittelbar in all ihren Beschädigungen affirmiert[8] und dem „unerhellte[n] Trieb“ (Horkheimer/Adorno 1997: 196) zum direkten Ausbruch verhelfen möchte. Diese Figur ist die Rationalisierung des Wunsches nach Regression, des Wunsches, endlich einmal die Fesseln der Zivilisation abwerfen und so richtig enthemmt ‚die Sau herauslassen’ zu dürfen.
Rebellion gegen die Einheit als kollektive Enthemmung
Während die Differenz einerseits als das Unbestimmbare und Unbeherrschbare gefasst ist, „über dessen Gedächtnis man noch nicht verfügt (Derrida 1992: 18), besitzt sie andrerseits die Konkretion dessen, das immer schon gewesen ist. Derrida versteht sein Denken als eines, das sich sowohl gegen das wiederholende Denken wendet, das nur Altbekanntes anhäuft, wie gegen die Idee des vollkommen Neuen, der „neuen Ordnung“, in der „das Gesepenst des Schlimmsten wiederkehrt“ (Ebd.) und Lyotard konzipiert die Vielheit als eine „Gruppe von heterogenen Räumen, als ein großes Patchwork aus lauter singulären Minoritäten“, denen „die Aufgabe zufällt immer wieder von neuem einen modus vivendi [ihres Zusammenlebens; A.G.] zu finden“ (Lyotard 1977: 37 f.) – also ebenfalls als etwas, das allzeit vorhanden, aber immer im Kommen ist und deswegen stets aufs Neue gemacht werden muss. Die Gesellschaft, die der „différance“ gerecht wird, ist also gedacht, als ein Konglomerat „von Gesetzen und Sitten (heutzutage sagt man Kulturen) ohne Zentrum“ (Ebd.: 8), deren Diskurse und Praktiken per se die gleiche Wertigkeit besitzen, und die ihr Zusammenleben durch den permanenten Dialog regeln; einen Dialog des „wehrlose[n] Sich-Aussetzen[s]“, der kein Allgemeines kennt, da dieses „dem Leib eines Singulären, eines Idioms oder einer Kultur“ gewaltsam Einheit einschreibt. (Derrida 1992: 53) Alles in allem wäre die Welt also ein fröhliches dezentriertes Treiben, wären nur nicht die „Herren“ und die Logiker, die diesem ein Ende setzen möchten, um sich selbst an die Macht zu bringen, ein Imperium zu errichten und Grenzen zu ziehen, die die Vielheit durchschneiden. Auf solche Art werden diejenigen jenseits der Grenze konstruiert: die Wilden, die Barbaren, die das Zentrum einerseits zu seiner als solche zu Selbstvergewisserung braucht,[9] die es aber andrerseits erziehen, zivilisieren, sich selbst gleichmachen möchte, woraus sein imperialer Charakter resultiert. Diese Grenze die das Imperium errichtet, sei aber nicht so sehr die Grenze zwischen einem Innen und einem Außen, als die sie sich darstellt, sondern vielmehr die „Bruchlinie zwischen einem empirisch Gegebenen […] und der transzendenten oder transzendentalen Ordnung, die sich ihm appliziert, um zu versuchen, ihm einen Sinn zu geben.“ (Lyotard 1977: 67)
Jenes empirisch Gegebene ist es dann auch das zum Widerstand bläst, zum Widerstand der Minoritäten, die sich gegen die Usurpation zur Wehr setzen und versuchen, ihre „Geschäfte selbst in die Hand zu nehmen, ohne all die Vermittlungen des Zentrums zu passieren“. (Ebd.: 39) Diese Minoritäten, die sich gegen die Macht auflehnen, seien ihrerseits keine Mächte, keine zentrierenden Subjekte, sondern deren glattes Gegenteil – bloß flüchtige Knoten: „Ihre Einheit entsteht weder durch ein Zentrum, noch durch ein Gesetz, sie ergibt sich aus dem einfachen Zusammenfallen der Triebe, die die Körper aufpeitschen und in eine prekäre anonyme Bruderschaft verwandeln.“ (Ebd.: 106) Worauf die Argumentation hier abzielt ist die Zusammenrottung der sich zu kurz gekommen Fühlenden zum Rudel, das zum Schlag gegen das verhasste vergleichende Prinzip ausholt; die Konstituierung eines Kollektivs „verfolgender Unschuld“ (Karl Kraus), das das Gefühl umtreibt von korrumpierten Mächten systematisch belogen und hintergangen zu werden. Die poststrukturalistische Weltanschauung Lyotards richtet sich die Welt so her, wie sie sie sieht: als Konglomerat von Minoritäten, die gemeinsam die Vielheit bilden und gegen die ihnen angetane Schmach aufbegehren, und erweist sich so als Sehnsucht nach Enthemmung und Ausnahmezustand. „Das ist der Humor des Willens zur Macht: die Ohmacht führt nur in der Zeit der Akkumulation zur Verzweiflung; in der Zeit der kairoi [der hereinbrechenden günstigen Augenblicke, wo der Überschuss die Alltäglichkeit durchdringt; A.G.] ist sie von einer unbekümmerten Heiterkeit begleitet“. (Ebd.: 103)
In der Intensität, die sich in solchen Augenblicken ankündigt, werde deutlich, dass die Trennungen, die das Imperium konstituiert, um zu kontrollieren und zu herrschen, nicht mit den politischen Grenzen zusammenfallen die es oberflächlich zieht, sondern jeden einzelnen Körper durchqueren (Vgl. ebd. 63) – dass also jeder Einzelne ein Opfer des Zentrums ist. Solcherart stellt sich die poststrukturalistische Theoriebildung als Erscheinungsform eines gesamtgesellschaftlichen Bedürfnisses dar: Die dem Kapitalverhältnis Unterworfenen fühlen sich als permanente Opfer von List und Trug, von finsteren Machenschaften, Verfolgung und Diskriminierung. Dies ist der Hintergrund der inflationär werdenden Rede von Rassismus, der zum Synonym von Ungerechtigkeit schlechthin wird. Das Individuum wird sich selbst zur kleinsten existierenden Minderheit und begreift sich selbst nach dem Muster verfolgter Völker. (Vgl. dazu Nachtmann 2003: 59) Die Einzelnen begreifen sich selbst zusehends nach dem Muster schützenswerter Kulturen, die kein anderer verstehen kann und die deswegen respektiert werden müssen und prinzipiell nicht kritisiert werden dürfen. Kritik wird zusehends als Anmaßung begriffen, als illegitimer Übergriff, mittels dessen dem Einzelnen ein fremder Diskurs als allgemeiner aufgezwungen und damit quasi eine Metaaussage über ihm etabliert werden soll, was nur die Entscheidung eines „Herren“ repräsentiere, die Welt seinem eigenen Sprechort zu unterwerfen. In jener der Vielheit gemäß eingerichteten Welt, die der Poststrukturalismus herbeiführen möchte, gäbe es solche Anmaßungen jedoch nicht mehr, da die „maschinelle Verkettung oder maschinelle Gesellschaft, jeden zentralisierenden und vereinheitlichenden Automaten als ‚asozialen Eindringling’ abweist.“ (Deleuze/Guattari 1976: 28)
Dass solche Formulierungen an die Ausführungen von Islamisten erinnern, die Israel als asozialen Stachel im Fleisch der arabischen Welt bezeichnen, als Eindringling, der abzuweisen und auszusondern wäre, ist alles andere als zufällig, wissen doch auch die poststrukturalistischen Theoretiker, wer an vorderster Front steht, wenn es darum geht, die Vielheit der Welt einem einheitlichen Prinzip zu unterwerfen. „In einer Abstimmung haben die Vereinten Nationen den Zionismus als Rassismus verurteilt – zum großen Entsetzen der Abendländer, die plötzlich in der Minderheit waren. Eines Tages wird die UNO die Vorherrschaft, die man dem theoretischen Diskurs einräumte, als männlichen Sexismus verurteilen, zum großen Entsetzen von… uns allen.“ (Lyotard 1977: 69) Die Ideologen der Differenz liefern die Philosophie für die antisemitische Internationale, die sich unter dem Dach der UNO am 20. 04. 2009 in Genf ihr antirassistisches Stelldichein geben wird.
Literatur:
Adorno, Theodor W. 1997: Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben; in: Ders.: Gesammelte Schriften Bd. 4, Frankfurt/M.
Ders. 2008: Ontologie und Dialektik. Frankfurt/M.
Deleuze Gilles 1992: Differenz und Wiederholung, München
Deleuze, Gilles/Guattari, Félix 1976: Rhizom, Berlin
Derrida, Jaques 1992: Das andere Kap. Erinnerungen, Antworten und Verantwortungen; in: Ders.: Das andere Kap. die vertagte Demokratie. Zwei Essays zu Europa, Frankfurt/M. S. 9-80
Ders. 1999: Die Différance; in: Ders.: Randgänge der Philosophie, Wien S. 31-56
Ders. 2004: Grammatologie, Frankfurt/M.
Ders. 2006: Die Struktur, das Zeichen und das Spiel im Diskurs der Wissenschaften vom Menschen; in: Ders.: Die Schrift und die Differenz, Frankfurt/M., S. 422-442
Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W. 1997: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente; in: Ders.: Gesammelte Schriften Bd. 3, Frankfurt/M.
Klauda, Georg 2003: Globalizing Homophobia. Die Schwulenverfolgung in der islamischen Welt, die sich propagandistisch gegen den Westen richtet, setzt paradoxerweise den Import seines Identitätsmodells voraus; http://gigi.x-berg.de/texte/globalizing
Ders. 2008: Die Vertreibung aus dem Serail. Europa und die Heteronormalisierung der islamischen Welt, Hamburg
Krug, Uli/Kunstreich, Tjark 1998: Dekonstruktion heißt Domestizierung. Judith Butlers Staatsbürgerkunde für die queer nation, in: Bahamas, Nr. 26; S. 35-42
Lyotard, Jean-François 1977: Das Patchwork der Minderheiten. Für eine herrenlose Politik, Berlin
Nachtmann, Clemens 1997: Adornos Orthodoxie. Das Fortbestehen der Revolutionstheorie nach ihrem Ende; in: Bahamas, Nr. 22; S. 44-50
Ders. 2003: Drittes Reich, Dritte Welt, Dritter Weg. Über Rassismus und Antirassismus; in: Bahamas; Nr. 43, S. 53-60
Saharso, Sawitri 2008: Gibt es einen multikulturellen Feminismus? Ansätze zwischen Universalismus und Anti-Esenzialismus; in: Sauer, Birgit/Strasser, Sabine: Zwangsfreiheiten. Multikulturalität und Feminismus, Wien
Türcke, Christoph 2005: Vom Kainszeichen zum genetischen Code. Kritische Theorie der Schrift, München
[1] Warum es etwas gänzlich anderes als Grundlagen- bzw. Ursprungsphilosophie sein soll, die Unmöglichkeit einer Grundlage zu eben jener Grundlage zu erklären, wird wohl auf ewig das Rätsel des Poststrukturalismus bleiben; jenes Rätsel aus dem sich die Scheinradikalität dieses Weltbildes speist, die darin besteht, jenen logischen Zirkel par excellence als Königsweg zu verkaufen.
[2] Die ist auch der Grund, warum moderne Individualität als Reflexionsform der Abstraktion und Vergleichgültigung zu kritisieren ist, die das Kapital an den Einzelnen vornimmt, aber gleichzeitig gegen jeden regressiven Angriff, wie etwa die Verkündigung des ‚Todes des Subjekts’, zu verteidigen ist. Der freie Einzelne wäre Resultat selbstrefllexiv gewendeter Vernunft, die das überschießende Moment von Individualität gegen deren eigene Konstitution, zur Geltung brächte und nicht die Verwerfung der Subjektform als bloßes „Produkt einer epistomologischen Falte“, die „verschwinden wird, sobald unser Wissen eine neue Form gefunden haben wird.“ (Klauda, Georg 2003)
[3] Hierin erweist sich die poststrukturalistische Schöpfungsgeschichte als jeder klassischen Theologie hoffnungslos unterlegen: Insofern die biblische Schöpfungsgeschichte Gott als jenes Prinzip ansieht, in dem die Einheit realisiert ist, die auf Erden mit der Vertreibung aus dem Paradies – also der Menschwerdung – zerfallen ist, erhält die Religion im Wissen um die Unerlöstheit der Welt den Wunsch nach Transzendierung der schlechten Verhältnisse, also den Wunsch nach Versöhnung aufrecht – ein Gedanke der in der jüdischen Idee des Messias wohl am schlagendsten vor Augen tritt, und der im Christentum durch die Vorstellung der Erlösung durch den Tod Jesus’ ins Jenseits verlagert wurde. Diese Idee der Versöhnung wird von der poststrukturalistischen Ideologie als Onto-Theologie verhöhnt und dagegen wird eine Transzendenz gesetzt, die keine mehr sein möchte, und die schon gar kein transzendierendes Moment mehr kennen möchte und sich damit gleichzeitig als reine Immanenz erweist.
[4] Dass die Adepten des Poststrukturalismus erfolgreich die Behauptung verbreiten, die von ihnen aufgemachte Ontologie der Differenz bzw. des Anderen sei die logische Weiterentwicklung des Adornoschen Begriffs des Nichtidentischen und damit auch bei kritisch sich wähnenden Zeitgenossen offene Türen einrennen, verweist auf das allumfassend gewordene Bedürfnis, das durch solcherart Theoriebildung befriedigt wird, sowie auf die Geistverlassenheit noch von Theoretikern, die sich selbst in der Tradition der kritischen Theorie stehend betrachten. Zum Begriff des Nichtidentischen und dessen Verhältnis zur poststrukturalistischen Differenz vgl. Nachtmann, Clemens 1997
[5] Dieser Tatsache ist auch die Scheinplausibilität des poststrukturalistischen Arguments geschuldet, dass Sprache ein abstrakt-selbstreferentielles System sei, ein stoffloses Vermittlungssystem, das aus nichts als der zeitlosen Unendlichkeit der ‚Signifikantenkette’ besteht – eine Rationalisierung der permanenten Akkumulation des gegen seine stoffliche Gestalt gleichgültigen Kapitals, die sich als unendliche Kette von Tauschakten darstellt. (Vgl. Krug, Uli/Kunstreich, Tjark 1998) Lyotard etwa gesteht dies auch ganz offen ein, wenn er sagt, dass es keine „Identität gibt, die von den jeweiligen Umständen unabhängig ist, […] keine Prädikate, die wichtiger sind als andere“, und dass es immer „ebensoviele qualifizierte Subjekte [gibt] wie Situationen“, „was auf eine Zerstörung der Absoluta, der Substanzen“ hinausläuft, die sich der „Zirkularität des Kapitals“ verdankt. Die „Herren“ hätten Angst vor diesem „allgemeinen Tausch der Werte“ gegen den sie versuchen, den absoluten Wert zu instituieren. (Lyotard 1977: 80 f.) Ähnlich wie Habermas rationalisiert Lyotard also den Warentausch zu nichts als herrschaftsfreiem Diskurs, Austausch von Werten, der dem herrschaftlichen Gebaren der „Herren“ entgegenzusetzen ist.
[6] Der Schamanismus ist diesem Denken genau so eine Form der Auseinandersetzung mit der in den Riten konstruierten menschlichen Natur, wie die moderne Medizin; der Animismus genau so eine Auseinandersetzung mit der Welt, wie die Newtonsche oder die Quantenphysik – qualitative Unterscheidung zwischen ihnen sei dementsprechend nur um den Preis von Herrschaft, Abwertung und Diskriminierung zu haben. Als pars pro toto sei hier auf den Aufsatz Sawitri Saharsos verwiesen, in dem sie ausführt, dass es rassistisch sei, die Entfernung der Klitoris als Verstümmelung (Mutilation) zu bezeichnen und zu verbieten: „Das Problem eines solchen Verbots ist aber, dass viele Lebensweisen mit Praktiken der Geschlechterdiskriminierung verbunden sind. […] Eine Praktik aufgrund von Geschlechterdiskriminierung zu untersagen, würde bedeuten, dass all diese Praktiken nicht mehr länger rechtens wären. Dies würde aber unzulässigerweise persönliche Freiheiten einschränken.“ (Saharso, Sawitri 2008: 19)
[7] Diese Mikrofaschismen sind zu betrachten als der Wunsch nach „der Kontrolle des ‚Gegebenen’, die weit über die Idee der Repression hinausgeht […]. Man braucht nicht das Waffenarsenal eines Hitler, das alles kann in einem demokratischen System bewerkstelligt werden.“ (Lyotard 1977: 19) Der Nationalsozialismus wird so seiner Spezifik beraubt und über die gesamte Geschichte ausgedehnt, damit auch der poststrukturalistische Ideologe sich als dessen Opfer fühlen kann.
[8] „Liebe Deine Symptome wie Dich selbst!“ nennt Slavoj Žižek sein Buch über „Jaques Lacans Psychoanalyse und die Medien“.
[9] Hier ist der Anschlusspunkt für den Prozess des „Othering“, der in den antirassistischen Diskursen eine so zentrale Rolle spielt.
Im Brief „Es gibt nicht ,die‘ Gender-Theorie“ (F.A.Z. vom 20. März) schreibt Leserin Dr. Regina Frey, es gebe nicht eine Gender-Theorie, sondern bloß Gender Studies und daher theoretische Vielfalt. Da verharmlost sie die Hegemonie einer bestimmten Richtung aber sehr, wie jeder weiß, der an einer philosophischen Fakultät oder in einem kulturwissenschaftlich ausgerichteten Fach lehrt oder studiert. Doch nicht etwa aus taktischen Gründen? Durchgesetzt hat sich in den letzten etwa zwanzig Jahren eine Kulturtheorie, nach der es keine Eigenschaften, sondern nur Zuschreibungen gibt. Alles ist kulturell. Das heißt bekanntlich „Anti-Essentialismus“ und hat sich zum Ziel gesetzt, die Kategorie Sexus zu entnaturalisieren. Der Biologismus des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts soll durch einen Soziologismus abgelöst werden. Diesen Siegeszug der Gender-Theorie in den Geisteswissenschaften und darüber hinaus sollte Dr. Frey nicht verkleinern. So hieß zum Beispiel schon 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking das Labor, in welchem es um die Identifizierung von x- und y-Chromosomen ging, „Gender Verification Lab“. Da kann man im Moment wohl nur abwarten, ob ein Sieg, der zu total ausfällt, nicht eine Niederlage ist, denn wenn es keinen Sexus mehr gibt, dann gibt es auch keinen Genus mehr – dann ist alles gleich. PROFESSOR DR. ROLF BREUER, PADERBORN
Ein Übergangsritus wird korrekt und professionalisiert
Sattsam bekannt, dass Kafka arge Schwellenbeschwerden anfielen, so sich ihm eine Ehe-Eventualität disponierte; beizeiten verengte er dann den möglichen Übergang, blieb listig und briefelang auf Verlobungsabstand bedacht und schob die jeweils angängige Heirat, sogar auch literarisch, ganz weit hinaus – notfalls aufs Land: Der Verlobte reist dann zwar artig hin zur Braut, kommt aber (typisch kafkaesk) nimmer an. Ein Musterfall der Schwellenangst.
Die Theoretiker der Übergangsriten wissen so gut wie erfahrene Menschen (diese mitunter sogar bewährter) von den Nöten und Eigenarten der Umschwünge und Hürdenläufe durchs Menschenleben. Obendrein bewältigen Soziologen, Anthropologen und Ethnologen (diesbezüglich etwa: Arnold van Gennep, Victor Turner) die Verzwicktheiten solcher „Liminalitäten“ (lat. limen, Schwelle) auch terminologisch, spekulativ und, auf ihre Weise, schriftlich. Zu den zentralen Schwellenkalamitäten gehört die Hochzeit; auch die hiesige ist ebendarum hilfreich ausgerüstet mit allerhand Brauchtum und Passagehilfen, darunter Überkommenes wie Polterabend, Brautentführung und Wadenraten (Braut und Bräutigam müssen einander an den entblößten Waden erkennen); zudem wird das Traufest liturgisch mit schlichten Plausibilitäten versorgt, wozu eingebaute Mutmacher, Vorsatzfestiger und allerlei Kniffs zählen: Eide, Ringe, Schnäpse, Mitgift und Paten. Früher vollzog man diese Hochzeitsbräuche einfach nach alter Sitte; neuerdings freilich lässt man die Hochzeitsfeier, wie lange schon die Bestattung, oder zuweilen sogar den Urlaub, professionell arrangieren. So jedenfalls liest man.
Ebendiese Neuheit, in Österreich und Deutschland, behandelt ein Buch (besser: ein Buch zur Studie) Hilde Schäfflers („Ritual als Dienstleistung. Die Praxis professioneller Hochzeitsplanung“, Dietrich Reimer Verlag Berlin 2012). Es ist das Resultat eines Forschungsprojektes im „DOC-Team am Gender-Kolleg der Universität Wien“ und verheißt Aufklärendes zur „Praxis professioneller Hochzeitsplanung“, und dies „unter Berücksichtigung gegenwärtiger Gesellschaftsentwicklungen des Neoliberalismus, der Individualisierung sowie Re-Privatisierung“. So jedenfalls setzt die Schrift den Leser in Erwartung.
Folglich verspricht der Text auch für Betriebsfremdlinge nicht nur lehrreich, sondern nebenbei auch amüsant zu werden, denn die Schrift macht sich hochauf im Spreiz zwischen Sozio-, Anthropo- und Methodologie einerseits und banalem Hochzeitsbrauchtum nach neu-österreich-wiener Art andererseits. Sogleich auch bevölkert den Text ein seltsam korrekt gekleidetes, obzwar gefiedert wirkendes Personal von „HochzeitsplanerInnen“, „StandesbeamtInnen“ und „ProfessionalistInnen“; auch „OrganistInnen“, „PyrotechnikerInnen“ und „FreundInnen“ defilieren vorbei, ja sogar noch mit „HändchenhalterInnen“ und „BrautentführerInnen“ ist die Studie bestückt, und es amtiert einmal sogar auch ein ganz sachlich quotierter „ExpertInnenstatus“. Etwas erstaunlich, ob ihres Mangels an (den irgendwie immer furchtbar phallisch wirkenden) Binnenmajuskeln, kommen vereinzelt „Diakone“, „Seelsorger“, „Verwandte“ und „Bekannte“ vor. „NachbarInnen“ sorgen sodann und abermals in Doppel- und Überzahl für tadelmeidende Vollausstattung. So jedenfalls nimmt’s allenthalben wunder.
Diese vorderhand für einen arglosen Leser (hier Genus, nicht Sexus, ,der Leser‘ also bilateral oder neutral gemeint), die für diesen Leser (mich) also schrullig oder gar „ludisch“ wirkenden „Elemente“, meinen es gleichwohl sehr ernst. Und so möchte beim Lesen der Studie ins Auge fallen, dass diese selbst und ihr Forschungsergebnis sowohl seltsam wie beiläufig auf eins hinauslaufen – auf Risiko- und Fehlervermeidung. Aus Furcht vor Kontrollverlust und Unsicherheiten, aus Angst vor familiärer Einmischung, rituellen Desastern und peinlichem Altbrauchtum, so die Thesen der Schäfflerschen Studie, gäben akut zahlreiche Paare die Trauung in professionelle Obhut. Die Außeninstanz vereinfache und entlaste den verzwickten Passageritus. Gut, aber: Die Studie selbst rangiert ja ebenso besorgt innerhalb eines heiklen, hier wissenschaftspraktischen Rituals: Es will scheinen, dass Studien, Veröffentlichungen und Dissertationen heute selbst brisante „Übergangsriten“ sind und, Übel zu meiden, sicherer als auch gedeihlicher in „Teams“ diskutiert, korrekt formuliert und beaufsichtigt werden. Mithin auch hier nun eine absichernde Außeninstanz. Das Unvorhergesehene, Riskante und den Unfall zu meiden, lässt das Paar seine Trauung arrangieren – und auch die Forschung sichert sich neuerdings ebenso institutionell (im Kolleg, im Team) ab. Schiefgehen kann’s trotzdem: Angemerkt sei, dass die Korrektschreibung die Binnenmajuskel jetzt durch einen leeren Substrich, die „Low line“, ersetzt: derzeit wäre also „Florist_innen“ satt „FloristInnen“ ziemlich.
Überdies: ein unbetreutes Hochzeitsfest gewöhnlicher Art möchte wahrscheinlich beseelender anschlagen, selbst oder gerade wenn es tumultös ausartete und ebendarum Funken, gar Fetzen flögen. Die betreute Hochzeit ist, wie die zeitgemäße Beisetzung, ein von Veränderungen stark befallenes, vermutlich sogar ein sich zersetzendes Traditionsgefüge. Bleiben uns künftig nur fade Feste noch? und kontrollierte Empfänge? Die Ergebnisse der Studie bleiben hierzu schmal und sonst auch wenig überraschend, und ihre Sprache weilt tuchtrocken. Irgendwie schlägt eben die „Tabakprävention“ durch, welche die Autorin noch nebenamtlich zu betreiben scheint, was alles nicht weiter schlimm wäre, beschenkte einen die Studie mit frisch dargereichtem Frappantem.
Zu verblüffen weiß immerhin der abermals tugendhafte Schluss: Die professionell arrangierte Hochzeit „für eine Elite“ wird in Differenz gesetzt zur „binationalen“, „sogenannten“ Scheinehe. So die Moral von der Geschicht. Was täte Luhmann dazu sagen? Und was hat das Buch mit Kafka zu schaffen? Gar nichts.
Zum Leserbrief „Ein Zeichen von philologischer Halbbildung“ (F.A.Z. vom 9. Januar): Der vom Leser Professor Dr. Reinhart Staats beklagte Gebrauch des Begriffs „Studierende“ verdankt seine Einführung dem Sprachfeminismus, der selbst gern von „geschlechtergerechter Sprache“ spricht und der sich an dem Begriff „Studenten“ stieß, weil hierin das weibliche Geschlecht nicht zum Ausdruck kommt. Wesentliche Forderung der feministischen Linguistik ist, Frauen nicht nur mitzumeinen, sondern ausdrücklich zu erwähnen. So kommt es dann zur Doppelnennung, worin sich besonders unsere Politiker gefallen. Die Doppelnennung findet ihre ideologischen Grenzen, denn von einer Warnung vor Taschendiebinnen und Taschendieben wird man wohl nichts hören.
Inkonsequent ist doch aber auch das Ausweichen auf den Begriff Studierende. Denn auch hier wird das weibliche Geschlecht nicht ausdrücklich genannt. Abgesehen davon, dass Studenten und Studierende nicht dasselbe sind, sträubt sich auch die Sprachästhetik bei den Komposita, den Wortzusammensetzungen (Fußgängerinnen-und-Fußgänger-Überweg, vom Studierendenausweis bis zum Studierendenfutter) und mehr noch bei der Koppelung zweier Funktionen (Schülervertreter). Es dürfte konsequenterweise auch keine Dozenten mehr geben, keine Wanderer, Spaziergänger, Marktforscher, Bäcker oder Mitarbeiter. Dass es hier einen Unterschied gibt, zeigt beispielsweise, dass ein Mitarbeitender kein Angestellter oder ein Backender kein Bäcker sein muss.
Alle die sprachlichen Verrenkungen beruhen auf der Gleichsetzung der biologischen Geschlechtlichkeit (Sexus) mit dem grammatischen Geschlecht (Genus): Es gibt aber nur zwei Geschlechter, in der deutschen Sprache jedoch drei Genera (Maskulinum, Femininum, Neutrum), zum anderen wird auch Ungeschlechtlichem ein grammatisches Geschlecht zugeordnet (der Löffel, die Gabel).
Es ist tröstlich, dass wenigstens unsere Zeitungen diesem Zeitgeist nicht frönen, die Doppelnennung würde nicht nur die Lesbarkeit stören, wie viel mehr Bäume müssten durch Aufblähen der Texte abgeholzt werden! Und bei Ausbreitung der Partizipialmonster hätten es die Zeitungsverkaufenden sicher nicht leichter, ihre Blätter an die Lesenden zu bringen.
Zuweilen weiß jemand nicht mehr, ob er Männlein oder Weiblein ist, zumal dann, wenn er der deutschen Sprache und ihren Redeweisen vertraut. Die Genderforschung mit ihrer Unterscheidung von biologischem und sozialem Geschlecht sorgt dagegen eher für Klarheit, so auch die feministische Linguistik, wenn sie Schreibungen wie „StudentInnen“ etabliert, die zuverlässig beide Geschlechter markieren. Schwierigkeiten bereiten per se schon die drei Genera im Deutschen. Wenn Tische oder Uhren männlich oder weiblich sein sollen statt, wie man erwarten könnte, sächlich, wird klar, dass zwischen Semantik und Grammatik kein direkter Zusammenhang besteht. Wo ein solcher vermutet wird, müssen auch regionalsprachliche Lautungen wie „das Inge“ irritieren, welche die Frau zum Neutrum verkehren.
„Das Mädchen“ ist auch in der Hochsprache normal, ebenso „das Rotkäppchen“. Das neutrale Geschlecht folgt hierbei aus der Verkleinerungsendung „-chen“, die auch den verkleinerten Mann, das Männchen, zum Neutrum macht. Wen besucht Rotkäppchen aber nun, seine oder ihre Großmutter? Dem geht Elke Donalies in einem Aufsatz nach („Wen besucht Rotkäppchen, seine oder ihre Großmutter? Korrespondenz zwischen Genus und Sexus“, in: Sprachreport Jg. 25, Heft 2, Mannheim 2009). Die Frage stelle sich, so die Autorin, weil ein Zusammenhang zwischen Sexus und Genus naheliegend erscheine – nur darum ist ja von Maskulinum (von lateinisch masculus für Männchen), Femininum (femina, die Frau) und Neutrum (von neuter, also keiner von beiden) die Rede. Dennoch ist der Zusammenhang nicht gegeben, wie auch „die Drohne“ belegt, die männliche Biene. Herkömmlicherweise wird das grammatische Geschlecht konsequent verwendet, ungeachtet des Sexus, weswegen Rotkäppchen „seine“ Oma besuchen müsste. Donalies findet indessen zahlreiche Belege, in denen das biologische Geschlecht dominiert, so dass Rotkäppchen etwa „ihren Korb“ auspackt. Donalies folgert: „Beides ist gebräuchlich“, beide Schreibungen müssten daher als korrekt gelten.
Immer mehr orientiert sich die grammatische Forschung an tatsächlichen sprachlichen Verwendungsweisen. Dass der Bezug des Pronomens nicht ohne weiteres deutlich ist, wenn es sich nach dem biologischen Geschlecht richtet, dürfte einsehbar sein. So kann Klarheit durchaus auch mit Unübersichtlichkeit erkauft werden. Und die Irritation bleibt.
Einst versammelte sich das Volk um die Schamanen und die Altäre, um sich in der Vertreibung der bösen Geister zumindest kurzzeitig als stark und geeint zu erfahren. Heute versammelt sich eine demokratisch verfasste Gesellschaft, die ohne gesicherte Wahrheit auskommen muss und deren Mitglieder einander fremd geworden sind, um das Recht – das symbolische Recht.
In den alten Zeiten, als das Wünschen noch geholfen haben soll, versammelte sich die Gemeinschaft des Stammes in bestimmten, meist genau bemessenen Abständen am zentralen Platz des Dorfes, um dort die höheren Mächte um Beistand gegen die Fährnisse des Alltags wie zur Bewältigung des Kommenden anzurufen. Man huldigte einem Baal oder einem anderen Götzen des Dorfes, holte das Totem hervor, beschwor die bösen wie die guten Geister, sich der Geschicke der Gemeinschaft anzunehmen und die großen Plagen fernzuhalten. Aus solchen äußeren Zeichen und Handlungen schöpfte der Stamm neue Kraft und erfuhr sich selbst zugleich als ein Wille, gerüstet für kommende Herausforderungen.
Seit alters erfüllen so bestimmte Riten und Symbole die Aufgabe der Sinnund Gemeinschaftsstiftung, bieten Halt gegen die tägliche Erfahrung von Kontingenz, bannen die Furcht vor der eigenen Machtlosigkeit und Vergänglichkeit. Auch spätere Ordnungen mochten auf solche bildhaften Versicherungen gegen das eigene Scheitern lange nicht verzichten. Das Auge des Gesetzes, die Waage der Gerechtigkeit, das Szepter des Herrschers als Inbegriff der im Amt verkörperten Würde: Noch weit in die Neuzeit hinein wiesen solche Bilder und Zeichen über die Profanität des Alltags und seine vielen Gewöhnlichkeiten hinaus. Dass das Auge des Gesetzes nicht alles sieht, die Waage der Gerechtigkeit sich manchmal zur falschen Seite neigt, die Inhaber der Ämter sich nicht selten unwürdig verhalten, dies alles kommt nicht an gegen die Wirkung des Bildes, in dem die Möglichkeit eines Besseren jederzeit wie in einem Kelch aufbewahrt ist.
Mit dem Siegeszug einer kausalwissenschaftlich fundierten Rationalität schienen solche rituellen Handlungen für die gesellschaftliche und politische Integration zunehmend an Bedeutung zu verlieren. Statt der beständigen Vergewisserung der metaphysischen Urgründe rückte nun die praktische Bewältigung des Alltags in den Mittelpunkt des Interesses, während die eigene Darstellung als Gemeinschaft und die rituelle Beschwörung eines Höheren, dem diese sich unterwarf, eher suspekt wurden. Seit einiger Zeit lässt sich allerdings beobachten, wie auch die Bewältigung der Alltagsprobleme durchsetzt wird mit Elementen, die in manchem wieder an die alten Beschwörungen erinnern. Zum bevorzugten Mittel wird ausgerechnet das Recht, das mehr und mehr nicht nur als Mittel rationaler Problemlösung, sondern als Träger höherer Bedeutungen in Anspruch genommen wird.
Entdeckt und in seinen Wirkungen erstmals beschrieben wurde dieses Phänomen Anfang der sechziger Jahre von dem norwegischen Rechtssoziologen Vilhelm Aubert, der ein in seiner Heimat erlassenes Gesetz zur Verbesserung der Lage der Haushaltsgehilfinnen auf seine Wirksamkeit hin untersucht hatte. Das Gesetz war entstanden, nachdem verschiedene Berichte über schreiende Missstände in diesem Bereich die Öffentlichkeit aufgewühlt hatten. Wie Aubert zeigte, war es jedoch von vornherein so konstruiert, dass seine Anwendung von niemandem gefürchtet werden musste; es diente lediglich dazu, die Wogen der allgemeinen Empörung zu glätten und – stellvertretend für die Gesellschaft – das Mitgefühl des Parlaments mit den Betroffenen zum Ausdruck zu bringen. Diesen Zweck erfüllte das Gesetz allerdings vollkommen; nach seinem Inkrafttreten verstummte die gesamte Debatte so schnell, wie sie aufgekommen war.
Etwa um dieselbe Zeit versuchte der Amerikaner Joseph Gusfield zu zeigen, dass der Sinn des Rechts nicht notwendig in der wirksamen Problemlösung bestehen müsse. Als Beleg diente ihm ausgerechnet die Prohibitionsgesetzgebung in den Vereinigten Staaten der zwanziger Jahre. Statt den Alkoholkonsum dauerhaft zu unterbinden, hatte sie ein neues Betätigungsfeld für das organisierte Verbrechen eröffnet. Für Gusfield selbst war die Prohibition dennoch nicht vergebens: Im Akt der Gesetzgebung hatte der demokratische Souverän in einer die Gesellschaft wesentlich berührenden Frage emphatisch Stellung bezogen und bestimmte Werte – die Werte der Pflicht, der Abstinenz, der Ordnung – stellvertretend für die Gesamtheit bekräftigt.
Spätestens seitdem weiß man, dass Recht immer auch symbolische Wirkung hat. Jeder Strafprozess dient nicht zuletzt dazu, das Vertrauen in die Geltung der Norm, das durch die voraufgegangene Tat erschüttert war, wiederherzustellen, den Normbruch als solchen zu isolieren und die verletzte Norm symbolisch auf der öffentlichen Bühne zu bekräftigen. Man kann sogar das Recht insgesamt als eine symbolische Form ansehen, die neben den sichtbaren Wirkungen immer auch etwas Unsichtbares oder Ungesagtes transportiert, eine Art Subtext, der nicht selten religiöse oder zivilreligiöse Qualitäten hat.
Mittlerweile hat sich das symbolische Recht zu einer eigenen Kategorie ausgebildet. Sein prägender Zug ist eine Diskrepanz zwischen Expressivität und Instrumentalität, also zwischen dem, was mit dem Recht nach außen hin bekundet werden soll, und seinem praktischen Nutzen: Immer behauptet das symbolische Recht mehr, als es von seinen spezifischen Wirkungen als Recht her am Ende einlösen kann. Die Übergänge sind dabei fließend; es gibt Regelungen, die überhaupt nur symbolischen Charakter haben, so wie es andererseits auch Regelungen gibt, in denen das symbolische Element eher Beiwerk ist, die äußere Zutat zu einem realen Regelungskern.
Ein gutes Beispiel für reine Symbolik bildet das, was um die Definition der „Sache“ in Paragraph 90 des Bürgerlichen Gesetzbuchs herum geschehen ist. Die Definition lautet heute wie vor hundert Jahren: „Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.“ Dass darunter auch Tiere fielen, so dass man an diesen wie an toter Materie Eigentum erwerben, sie verkaufen oder verpfänden konnte, wurde allerdings von Nichtjuristen zunehmend als zynisch empfunden. Um ihren Protesten Rechnung zu tragen, wurde dem Gesetz daher vor einiger Zeit ein neuer Paragraph 90a eingefügt. Dieser legt nunmehr in Satz 1 ausdrücklich fest, dass Tiere keine Sachen sind. Auf sie werden allerdings, so sagt es Satz 2, in aller Regel die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend angewendet. Bei oberflächlicher Betrachtung ist die Neuregelung damit ganz offenbar überflüssig: Rechtlich gilt nichts anderes als vorher auch. Verstehen kann sie nur, wer ihre Entstehungsgeschichte kennt. Aus dieser geht hervor, dass es dem Gesetzgeber in erster Linie darum ging, die Tierschützer zu beruhigen und ihnen zu signalisieren, dass man ihrem Anliegen aufgeschlossen gegenübersteht.
Vergleichbares lässt sich dem kürzlich neu geschaffenen Paragraphen 105a BGB bescheinigen, nach dem nun auch Geschäftsunfähige Geschäfte des täglichen Lebens rechtswirksam abschließen können, wenn diese mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden und Leistung und Gegenleistung sofort erfolgen. Auch hier geht es damit in erster Linie darum, Empathie zu bekunden, für ein soziales Anliegen, für die Benachteiligten und Entrechteten, für das unendliche Projekt einer besseren und humaneren Welt. Der Gesetzgeber zeigt sich darin nicht nur als eigenschaftslose Abstraktion, sondern als einer von uns, als Mitmensch mit eigenen Gefühlen, einem Herzen für die vom Schicksal Geschlagenen.
Regelungen dieser Art sind vergleichsweise harmlos; mag ihnen auch kein messbarer Erfolg beschieden sein, so richten sie andererseits auch nicht viel Unheil an. Man sollte daher meinen, dass es sich eher um eine Randerscheinung handelt, die die Realität des heutigen Rechtslebens nicht wesentlich bestimmt. Das Gegenteil ist der Fall. Hat man die symbolische Geste im Recht als eigenständige Kategorie erst einmal entdeckt und den neueren Rechtsstoff darauf mit dem geschulten Blick durchforstet, ist man beinahe überrascht, wie oft man fündig wird. Nicht immer ist es ein ganzes Gesetz, das symbolische Geste ist. Aber fast jedes Gesetz enthält heute – oft schon im Titel – eine solche Geste, die Prätention eines besseren und höheren Zieles, dem es zu dienen bestimmt ist.
Beispielhaft dafür stehen die inflationär zunehmenden Bekämpfungsgesetze: die Gesetze zur „Bekämpfung“ der organisierten Kriminalität, des Terrorismus, der Schwarzarbeit, der Steuerunehrlichkeit, die allesamt schon durch ihre Benennung eine Entschlossenheit und ein Aufräumen suggerieren, die sie von ihren tatsächlichen Wirkungen her oft gar nicht einzulösen imstande sind. Und bei jedem Gesetz, das etwas auf sich hält, erklärt der Gesetzgeber heute in einem ersten Paragraphen „Zweck des Gesetzes“, wozu sein Werk eigentlich gut sein soll. Juristisch ist das weitgehend folgenlos; wahrscheinlich muss kein einziges praktisches Problem anders entschieden werden, als es ohne einen solchen Vorspruch der Fall wäre. Aber der Gesetzgeber demonstriert seine lauteren Absichten: Mag das Gesetz selbst auch nicht viel helfen, so war es doch wenigstens gut gemeint.
Ähnlichen Proklamationscharakter hat die geschlechtsneutrale oder besser geschlechtergerechte Formulierung, auf die beim Erlass neuerer Gesetze, Verordnungen oder Satzungen vermehrt zu achten ist. Statt „jeder“ soll es deshalb fortan „jede Person“ heißen, statt „Studenten“ nun „Studierende“, statt „der Kandidat“ jetzt „der Kandidat/die Kandidatin“. In der Sache selbst ist damit für die Gleichberechtigung noch nicht viel gewonnen, so wie das Projekt überhaupt auf einer unzutreffenden Gleichsetzung von grammatikalischem und biologischem Geschlecht, von Genus und Sexus, beruht. Beide müssen sich aber nicht notwendig decken. Im Nichtraucherabteil durften deshalb seit jeher auch Frauen nicht rauchen, und der Bürgersteig war immer auch schon für die Bürgerinnen da. Es geht im Grunde nur um eine sprachliche Konvention, die nun öffentlichkeitswirksam aufgekündigt wird, und der praktische Effekt ist gleich null. Die geschlechtergerechte Formulierung einer Promotionsordnung bewirkt ja zunächst nur, dass diese selbst schwerer lesbar wird, leistet aber nicht das Mindeste dafür, dass am Ende genauso viele Frauen wie Männer promovieren. Allenfalls das alte, noch unveränderte Recht klingt plötzlich seltsam verloren, wenn es in einem Umfeld geschlechtlicher Neutralität weiter am grammatikalischen Maskulinum festhält. Der „Mörder“ im Strafgesetzbuch etwa ist wie eh und je noch männlich, vielleicht ja auch das eine symbolische Aussage.
Über die Bewertung des Phänomens gehen die Ansichten auseinander. Sieht man den prägenden Charakterzug des Rechts in seiner Durchsetzbarkeit, ist das rein symbolische Recht möglicherweise auch gar kein echtes Recht, sondern bloß ein Recht minderer Güte, ein Scheinrecht, ähnlich wie der Scheinriese aus dem Kinderbuch, der nur von ferne bedrohlich und groß aussieht, aber immer kleiner und harmloser wird, je näher man ihm kommt. Oft geht es dann auch nur darum, in der Fülle der Aufgaben, die dem Staat mittlerweile übertragen sind, das Unvermögen zu wirklicher Steuerung zu kaschieren. Allerdings kann man immer häufiger beobachten, dass die symbolische Geste im Recht sich nicht mehr selbst genügt und vermehrt dazu drängt, handfest zu werden. Sichtbar geworden ist dies in der Vergangenheit vor allem im Recht der inneren Sicherheit, das sich zusammen mit dem Umweltrecht als besonders anfällig für symbolische Gesetzgebung erwiesen hat. Vieles, was hier in den letzten Jahren zum Schutz vor der organisierten Kriminalität, dem Terrorismus, den Kinderschändern auf den Weg gebracht worden ist, hat in Bezug auf das Übel, das es vorgeblich kurieren soll, von vornherein nur palliativen oder sedierenden Charakter; es dient bestenfalls einer Verunsicherung möglicher Täter einerseits und der Beruhigung der restlichen Bevölkerung andererseits, der immerhin signalisiert wird, dass der Staat sie mit ihren Ängsten nicht alleinlässt.
Andererseits ist es eben auch nicht völlig folgenlos; es gibt, wie die kürzlich vom Bundesverfassungsgericht kassierte Rasterfahndung gezeigt hat, immer auch Betroffene, die von der Maßnahme erfasst werden, in ein Raster oder das Visier einer Ermittlung geraten, während die an sich Gemeinten weitgehend unbehelligt bleiben. Wahrscheinlich wird man Ähnliches bald von dem Verbot gewaltverherrlichender Computerspiele sagen können. Ob ein solches Verbot je durchzusetzen sein wird oder ob damit nur die jetzt schon enorme Menge der Vollzugsdefizite wächst, steht ebenso dahin wie die Frage, ob man damit die Ursache des Übels wirklich trifft. Aber Taten wie die von Erfurt oder Emsdetten, die Erkenntnis, dass das Unheil mitten unter uns ist und jederzeit hervorbrechen kann, erzeugen Verstörung, Unsicherheit, Angst, sie rühren an die Tiefenschichten des kollektiven Gemüts, und obwohl im tiefsten Innern jeder weiß oder doch ahnt, dass mit gesetzgeberischen Schnellschüssen gegen sie nicht viel auszurichten ist, verlangen sie doch nach einer Reaktion. Es kehrt dann erst einmal Ruhe ein, bis der nächste Amoklauf erneut verstört und nach weiteren Reaktionen ruft, um deren spätere Durchsetzung sich ebenfalls niemand ernsthaft kümmert. Das Problem liegt so gesehen nur darin, dass es am Ende doch den einen oder anderen Dummen treffen wird, der sich bei der Nutzung solcher Spiele erwischen lässt und dann völlig zu Recht die Frage stellt, warum gerade in seinem Fall zum Anlass für ein Durchgreifen wird, was in so vielen anderen Fällen sanktionslos bleibt.
Überhaupt ist man von der Warte traditioneller Rechtsbetrachtung aus geneigt, das symbolische Recht in erster Linie als Verfallserscheinung wahrzunehmen. Sieht man die innere Bestimmung des Rechts in der praktischen Bewältigung der tatsächlichen Probleme einer Gesellschaft, so wirkt es geradezu wie die Karikatur eines solchen Rechts, die nachträgliche Verhöhnung des bekannten Satzes von Montesquieu, der gegen die Gesetzgebungsflut unserer Tage oft bemüht wird: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.
Vor allem aber scheint das symbolische Recht eine Beziehung aufzukündigen, die für das moderne, von Menschen gesetzte Recht prägend und für dessen Siegeszug ausschlaggebend war. Dies war die Beziehung zwischen Gesetz und Vernunft, so wie sie schon in Ciceros berühmter Formel vom Gesetz als „ratio scripta“, als geschriebener Vernunft, angelegt war. In ihrer ursprünglichen Verwendung sollte sie noch auf das Wirken eines ewigen, gleichsam göttlichen Naturrechts verweisen, von dem das menschliche Gesetz bloß der Abglanz und Widerschein war. Spätestens mit der neuzeitlichen Entkoppelung von weltlicher und geistlicher Ordnung wird die Formel aber zum Motor einer Entwicklung, in deren Verlauf das Recht selber aller metaphysischen Bezüge entkleidet und schließlich zum Inbegriff einer Rationalität wird, die alles Jenseitige abgestreift hat.
Demgegenüber zieht mit dem symbolischen Recht in den Prozess der Rechtserzeugung wieder ein irrationales Moment ein. Statt um sachliche Angemessenheit geht es nun auch um Selbsttröstung und Selbstberuhigung, um Solidaritäts- und Verständnisadressen, um Zeichenhaftigkeit und Wertbekundung, um Prädikate also, die in der klassischen Theorie der Gesetzgebung gar nicht vorgesehen sind. Auch von den Grundannahmen der liberalen Demokratietheorie bleibt auf diese Weise wenig übrig: Dass sich in der öffentlichen Diskussion, im Wettstreit der Meinungen, in Rede und Gegenrede am Ende das Richtige vom Falschen, das Notwendige vom Überflüssigen sondere – all dies trifft auf die symbolische Gesetzgebung ja nur sehr bedingt zu. Stattdessen könnte es gerade dies unmittelbar Demokratische sein, das in den Rationalitätsanspruch des Rechts einbricht: in der Art und Weise, wie die Aufgeregtheiten der öffentlichen Meinung, die ganzen medial verstärkten Stimmungen aufgesogen und sie dem Handauflegen des Schamanen gleich in die politische Tat umgesetzt werden.
Was in der zunehmenden Tendenz zu symbolischer Gesetzgebung so gesehen zum Ausdruck käme, wäre ein neuartiger Versuch demokratischer Gesellschaften, mit dem eigenen Ungenügen umzugehen, es als Herausforderung anzunehmen und sich gleichzeitig nicht ganz einzugestehen. Damit einher geht auf der anderen Seite ein nicht weniger neues Bedürfnis nach Expressivität und Wertbekundung, nach einzelnen verbindlichen Orientierungs- und Haltepunkten in einem Ozean der Unverbindlichkeit. Man sehnt sich offenbar wieder wie früher nach der Vereinigung in bestimmten sinn- und einheitsstiftenden Ritualen, nur dass es jetzt oft die fragilen, von heute auf morgen schon wieder änderbaren Anschauungen einer zufälligen Mehrheit sind, die an die Stelle einer abgelegten Gemeinschaftlichkeit getreten sind und sich nun selber feiern.
Das eigentlich Beunruhigende läge dann viel eher darin, dass in diesem Spiel mit der symbolischen Geste leicht das Gespür für das rechte Maß verlorengehen kann. Je stärker die Entscheidungen der maßgeblichen Stellen mit solchen Gesten aufgeladen werden, desto eher erscheinen sie nicht mehr nur als fallibler Kompromiss zwischen verschiedenen Interessen, sondern immer zugleich auch als Ausdruck eines Wahren, Guten und Richtigen, das darin als ihr eigentlicher Kern unaufhebbar beschlossen liegt.
Ein Recht, in dem die rhetorische Bekräftigung der eigenen Gewissheiten als ständige Begleitung mitläuft, ist deshalb beständig in Gefahr, zu überdrehen und in seinem Furor über das Ziel hinauszuschießen. Studieren lässt sich das derzeit schon im Strafrecht, das unter der Welle der Bekämpfungsgesetze und Antiterrorpakete von manchen bereits in Richtung auf ein neues Freund-Feind-Recht weiter- und fortgesponnen wird, mit dem Schädling im Visier, der sich selbst durch sein Handeln außerhalb der Gemeinschaft stellt. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist am Beispiel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes oder der staatlichen Mobilmachung gegen das Rauchen zu beobachten, wie selbst die ehrenwertesten Pläne durch moralische Überfrachtung leicht einen unangenehm rechthaberischen, volkserzieherischen Zug bekommen, aus dem heraus sie dann gar keine Grenzen mehr kennen. Aber das Grundmuster ist seit der Prohibition gleich und kann dann problemlos auf immer neue Gruppen wie jetzt etwa die Raucher angewandt werden, mit denen man sonst gar nicht viel Mitleid haben muss: Wo es um Wertbekräftigung geht, befinden sich der Staat und sein Recht immer latent auf dem Kreuzzug, und wehe dem, der erst einmal als möglicher Gegner entdeckt ist. Das symbolische Recht wird dann schnell zum militanten Recht, zum Recht der moralisch Untadeligen, der Blaukreuzler oder der Bigotten, das häufig nur durch seine eigene Ineffektivität in Schach gehalten wird, und diese Ineffektivität wäre so gesehen wohl noch das Beste, was man ihm nachsagen kann.
Selbst wo dieser Gefahr entgangen wird, erhält das Recht im Zuge dieser Entwicklung nun selber etwas von einem Glaubensbekenntnis, wenn nicht einer kultischen Handlung. Es war deshalb offenbar verfrüht, wenn man von dem modernen Staat gesagt hat, er sei solcher Handlungen wie überhaupt einer geistigen Selbstdarstellung als Staat nicht mehr fähig. Das Bedürfnis nach einer solchen Selbstdarstellung ist nach wie vor da, es sucht sich nur andere Formen als die früheren Versammlungen und Feste, wechselt vom Sakralen ins Profane, vom Feiertag in den Alltag über. Eine Gesellschaft, die wie die heutige ohne gesicherte Wahrheit auskommen muss und deren Mitglieder einander fremd geworden sind, muss sich nun selber ihrer schmalen, noch vorhandenen Wertgrundlagen wie ihrer Problemlösungsfähigkeit im täglichen Handeln beständig vergewissern, als fürchtete sie, beides könne ihr sonst entgleiten. Möglicherweise liegt darin nur eine sublimierte Form des früheren Wunderglaubens, des Vertrauens auf die heilsame Kraft der Zeichen und Beschwörungen, und man brauchte dies alles nicht, wenn wir uns noch wie einst um die Schamanen und die Altäre versammeln könnten, wo man sich in der Vertreibung der bösen Geister zumindest kurzzeitig als stark und geeint erfuhr. Aber dieser Weg ist auf Dauer versperrt.
* Der Verfasser lehrt Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht an der Universität Mainz.
Nichts gegen „Doctrix“ (F.A.Z. vom 9. März), auch nichts gegen „Dx. rer. nat.“ – nur sind wir damit noch weit entfernt von dem „geschlechtsgerechten“ Deutsch, das uns die Frauenbeauftragte der Technischen Universität Berlin und andere Spracherneuerinnen verheißen. Die bange Frage bleibt: Wie kriegen wir grammatisches und natürliches Geschlecht (genus und sexus) über einen Leisten?
Was machen wir zum Beispiel mit dem geschlechtslosen Neutrum, wenn doch das natürliche Geschlecht „real vorkommt“: das Weib, das Mannsbild, das Mannequin? Und was mit dem offensichtlich „falschen“ Geschlecht: der Backfisch, die Drohne? Wie tilgen wir die vielen „sexistischen“ Ungerechtigkeiten, bei denen „Mann“ grammatisch alles vereinnahmt, während ihm doch nur die Hälfte zusteht: der Embryo, der Feigling, der Mensch? Dürfen wir dulden, daß sich umgekehrt das grammatische Femininum breitmacht: die Person, die Fachkraft, die Leiche? Ist dann der Kadaver eine männliche Leiche? Schmerzt bei Männern der Brust und bei Frauen die Busen? (Oder der Prostata und die Uterus?) Muß auch im Plural Apartheid herrschen: Gäste und Gästinnen? Hat München eine Million Einwohner und Einwohnerinnen – oder eine halbe Million Einwohner plus eine halbe Million Einwohnerinnen – oder eine Million Einwohner/innen?
Ja, der/die Gerechte muß viel leiden. Was halten wir beispielsweise von bürger/ innen/nahem Politiker/innen/gehabe? Oder von der amtlich erwünschten „Ergreifung des unbekannten Täters“: des/der Täters/in oder Täter(s)/in – oder noch anders? Und machen wir uns die Trennschärfe des Saarländischen Krankenhausgesetzes von 1987 zu eigen? „Der/Die sterbende Patient/Patientin hat . . . Anspruch auf eine seiner/ihrer Würde entsprechende Behandlung . . . Hierzu gehört auch, ihm/ihr auf seinen/ihren Wunsch hin das Sterben zu Hause zu ermöglichen.“
Ist schließlich, nach Abschaffung des bisherigen geschlechtsungerechten Prinzips, der/die poeta laureatus ein androgynes Sprachgenie, ein/e dichtende/r Zwitter/ in? Benutzen wir die Anrede „collega“ nur noch für die Frau Doctrix – und der Herr Doktor geht leer aus? Oder sollten wir vielleicht doch mal in einer deutschen Grammatik nachlesen? Womöglich steht da was über genus und sexus. Wer immer strebend sich bemüht, den/die können wir erlösen.
Eine der gängigsten Floskeln bei jung und mittelalt lautet: „Keine Ahnung!“ Und dann legt man trotzdem irgendwie los. Egal was man sagt. „Keine Ahnung“ ob’s stimmt oder nicht. Nur Politiker sagen nie: „Keine Ahnung.“ Das dürfen sie wahrscheinlich nicht. Muss wohl irgendwo in den Dienstverträgen stehen. Dabei gibt es ein großes Thema, bei dem „keine Ahnung“ die einzig korrekte Antwort wäre: den nicht enden wollende Flüchtlingsstrom.
Der Strom der Zuwanderer zeigt gnadenlos die Grenzen der Politik auf. Die „Gestalter“ in Parlamenten und Regierungen stehen hilflos da wie fremde Reisende vor den U-Bahn-Karten-Automaten deutscher Großstädte.
Ich jedenfalls kenne keinen, der eine überzeugende Antwort auf die moderne Völkerwanderung hat. Ausnahmen sind die Neonazis. Doof bumst nicht nur gut, doof schreit, schlägt und zündelt auch gut. Aber Leute mit einem Funken Gehirn kratzen sich ratlos an dem Körperteil, in dem sich die grauen Zellen befinden. Wo soll man überhaupt ansetzen?
Der Ärger beginnt ja damit, dass die Länder, aus denen die Millionen fliehen, von brutalen Fanatikern und korrupten „Staaten“-Lenkern zur Hölle auf Erden gemacht worden sind. Wer da nicht das Weite sucht, ist entweder zu arm, zu blöd oder zu stolz um zu gehen! Wäre ich dort, ich würde sagen: Nichts wie weg. Der pfiffige Rat vieler westlicher Politiker, man müsse in der Heimat der Fliehenden für Ordnung sorgen, ist allerdings so billig wie ein indisches Kinderarbeits-T-Shirt. Wann und wie bitte soll das geschehen? Wer soll es tun? Ähnlich realistisch war das Versprechen der Altkommunisten, dass alles gut wird, wenn erst einmal das Arbeiter- und Bauernparadies verwirklicht ist.
Das andere Problem ist, dass es sich in West- und Mitteleuropa so unverschämt gut leben lässt. Wir selber haben es vergessen. Nicht aber die, die draußen vor der Tür stehen. Wohin geht man, wenn man aus der Hölle kommt? Dorthin wo es vergleichsweise paradiesisch ist. Der Flüchtlingsstrom, diese Abstimmung mit den Füßen, ist ein großes Kompliment an Europa und eine schonungslose Verurteilung der Verhältnisse im Nahen Osten und Teilen Ostafrikas und ihrer Verursacher. Was denen allerdings wurscht zu sein scheint.
Es gibt aber auch Flüchtlinge, die nicht aus der Hölle kommen, sondern aus Gegenden, die halt nur ein bisschen unbequem sind. Die könnte man schnell wieder nach Hause schicken, wenn man keine politische Angst vor den Übergütigen hätte, die jede, aber auch jede arme Seele aufnehmen wollen.
Aber der Migrationsdruck wird so sehr wachsen, dass diese politische Angst nach und nach in den Hintergrund tritt. Wer aus dem Osten Europas als Asylsuchender kommt, wird wohl nicht mehr lange auf die Langsamkeit der Mühlen unserer Bürokratie hoffen können. Aber noch traut man sich nicht. Es ist wie mit den langen Hamburger Nächten. Sie fangen gaaanz langsam an, aber dann, aber dann … . Immerhin ein Hoffnungsschimmer.
Die Flüchtlinge aus Syrien und Co aber sind nun mal echte Flüchtlinge und gehören hereingelassen, was ja auch geschieht. Dass sich die einzelnen europäischen Länder wie die Kesselflicker darüber streiten, wer wie viele beziehungsweise wie wenige aufnimmt beziehungsweise nicht aufnimmt, ist ein klassisches Stück EU: Wenn es darauf ankommt, ist sich jeder selbst der nächste. Die Folge wird sein, dass die unkontrollierte Reisefreiheit an den Grenzen, eine der schönsten Errungenschaften der Europäischen Union, einen stillen Tod sterben wird. Die alten Warteschlangen werden wieder auferstehen. Die Flüchtlinge bauen so sich selbst und auch für uns neue Mauern.
Und dann sind da die Schlepperbanden, die die Leute zu hunderten verrecken lassen, weil es sich bezahlt macht. Es macht sich bezahlt, weil Europas Polizeien kaum in der Lage sind, ihnen das Handwerk zu legen. So ist es ja auch mit den Einbrecherbanden aus Osteuropa, die als Wanderräuber mal schnell vorbeischauen, klauen und wieder abdampfen. Es wäre eine schöne polizeiliche Aufgabe, diesen rasenden Verbrechern, ob Schlepper oder Panzerknacker, das lukrative Leben wirklich schwer zu machen. Vorerst fehlt da wohl noch der grenzüberschreitende politische Wille. Und damit das Personal. In England gab es zeitweise die Situation, dass die Polizei wechselweise nur noch auf Einbruchsmeldungen bei geraden oder ungeraden Hausnummern reagierte. Aus Personalmangel wurde die Polizeiarbeit zur Lotterie.
Und dann ist da noch die vertrackte Sache, die alles auf den Kopf stellt. Oder vom Kopf auf die Füße. Und das ist die Tatsache, dass wir vor allem in Deutschland ja dringend Einwanderer brauchen, damit wir auch in der nächsten Generation unsere Wirtschaft und unsere Sozialsysteme am Laufen halten.
Wir brauchen sie, aber wir wollen sie nicht. Oder die, die wir brauchen, kommen nicht, weil wir sie nicht willkommen heißen. Also kommen nur die, die wir nicht brauchen. Oder die, die wir nicht wollen, brauchen wir eigentlich doch, aber wir können nicht über unseren Schatten springen und sie doch wollen, weil wir sie brauchen, auch wenn wir sie eigentlich lieber doch nicht wollen. Also lassen wir sie zwar rein, lassen sie aber nicht das tun, was wir dringend von ihnen bräuchten. Alles klar?
Wenn ja, warum ist das so? Weil wir „kein Einwanderungsland“ sind, obwohl die Leute zu hunderttausenden in unser Nichteinwanderungsland kommen. Auch da stoßen sich die Dinge hart im Raum. Denn eines von beiden muss eine Fata Morgana sein: „Kein Einwanderungsland“ oder die Einwanderer. Aber was von beiden ist die Fata Morgana? Tja, was wohl. Will man es wirklich wissen? Nein, lieber nicht. Die Antwort könnte peinlich sein.
Wo man also hinschaut, nichts als Probleme, Vertracktheiten, Ungereimtheiten, Ärgernisse. Was macht man, wenn alles ein bisschen zu viel wird? Na klar: Augen zu und durch. Durch was? „Keine Ahnung.“ Wenn es doch einer sagen würde.
Ach, früher … ich weiß nicht, wie lange es schon her ist, doch ich erinnere mich, als wäre es vorgestern gewesen: Ich kam übermüdet mit der Bahn in der Statione di Venezia Santa Lucia an. Da sah ich es. Nicht weit davon auf der anderen Seite des Canal Grande liegt das große Parkhaus für die, die mit dem Auto gekommen sind. Da war es. Da hing ein riesiger Werbebanner mit der Aufschrift: „CinZano“. Für mich war es ein gutes Omen, ein heiterer Willkommensgruß, das Zeichen eines gütigen Gottes, der Beweis, dass ein besseres Leben möglich ist, ein Schimmer vom Goldstaub des Paradieses.
Na, gut – ich übertreibe. Aber das tun viele, die von Venedig schwärmen. Was war da los? Ich glaube, dass das, was mich so stark beeindruckt hat, das herausragende Z mitten in dem Zauberwort CinZano war. Ich entdeckte dieses steile Z in dem verheißungsvollen Wort „CinZano“ auch hier und da auf dreieckigen Aschenbechern in den Bars von Venedig. Toll. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Doch. Hatte ich. Ich kannte so etwas. Ich kannte den herausragenden Großbuchstaben, den es eigentlich nur am Anfang eines Wortes geben darf – und nur bei Hauptwörtern oder nach einem Punkt – auch aus Deutschland. Ich kannte das von der Abkürzung „GmbH“.
Zumindest in meiner Erinnerung waren „GmbH“ und „CinZano“ lange Zeit die einzigen Beispiele für einen herausragenden Grußbuchstaben mitten im Wort. Zwei sehr unterschiedliche Beispiele, wie ich sagen muss. Der Unterschied könnte kaum größer sein: Das eine steht für eine lockere Lebensart, das andere für bürokratische Rechthaberei, das eine steht für einen italienischen Wermut, das andere für deutsche Wehmut.
Ich erinnere mich, dass damals in Deutschland eine generelle Kleinschreibung zur Diskussion stand. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft GEW propagierte das für den Unterricht, um die Sprache zu vereinfachen, die Fehlerquote bei Diktaten zu senken und so den Notendurchschnitt für schlechte Schüler zu verbessern. Die Gewerkschaft ging selber mit gutem Beispiel voran: in ihren mitteilungsblättern wurde die kleinschreibung vorgemacht, da konnte jeder mit eigenen augen sehen, ob es wirklich eine erleichterung mit sich brachte.
Aber dann. Dann kamen sie, die Großbuchstaben
Man fand die Kleinschreibung auch in zeitgenössischer Lyrik und bei der Bahn, die damals die Parole ausgab: „fahr lieber mit der bundesbahn“ (alles klein geschrieben, das „fahr“ am Anfang des Satzes und die „bundesbahn“ am Ende). Aber dann. Dann kamen sie, die Großbuchstaben. Sie kamen an Stellen, wo sie nicht hingehörten. Ich glaube „interRent“ war der Wegbereiter dieser Mode. Das Wort fiel auf: Obwohl es ein Hauptwort war, fing es lässig mit einem kleinen Buchstaben an, überraschte dann aber mit einem großen R in der Mitte. So kam der Großbuchstabe auf die Räder – oder unter die Räder. Noch lange vor der „BahnCard“.
Die Mode breitete sich fix aus. Verschiedene Kleinkunstbühnen boten nun ein neues „ProGramm“, das nicht etwa eine Alternative zur Diät sein sollte (nach dem Motto: Sie können getrost ein paar Gramm zunehmen), das Programmangebot sollte damit allein von der graphischen Anmutung her irgendwie interessanter wirken – und an der falschen Stelle zum Nachdenken anzuregen. Das Binnen-I kam wenig später. Zunächst galt die Doppelnennung: „Leserinnen und Leser“. Die Doppelnennung machte den Eindruck, als ginge es lediglich um eine Ausweitung der Höflichkeitsform „Damen und Herren“. Viele verstehen das immer noch so. Sie haben nicht erkannt, dass die feministische Forderung nicht etwa darauf abzielte, männliche Höflichkeit, die es sowieso schon gibt, einzufordern und zu strapazieren, sondern etwas Neues einzuführen. Besonders neu wirkte es nicht. Jedenfalls nicht in den Anfängen.
Die Formulierung „Wählerinnen und Wähler“ gab es schon auf historischen Wahlplakaten. So alt sind die Plakate wiederum nicht. Vor 1918 wird es die nicht gegeben haben. Doch die „Leserinnen und Leser“ sind alt. Die Formulierung wurde aber nicht durchgehend verwendet. Sie findet sich in frühen Publikationen, die man unabhängig von der aktuellen Währung als „Groschenromane“ bezeichnet. Es gibt sie also nicht in der Hochkultur, sondern da, wo speziell eine weibliche Leserschaft angesprochen werden soll; eine Leserschaft, der man, so gut es ging, Honig um den Bart schmieren wollte. Offenbar war das erfolgreich. Auch wenn die Leserrinnen keinen Bart haben.
Die „Leserinnen und Leser“ und die „Wählerinnen und Wähler“ wurden aber nur einmal aufgerufen. Nur am Anfang. Das reichte. Wenn man eine Doppelnennung konsequent durchführen will, wird es anstrengend. Dann verliert die Sprache Geschmeidigkeit und Eleganz. So dachte man noch in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Deshalb wurde die Doppelnennung nicht durchgängig angewendet und nach Möglichkeit abgekürzt, indem man Klammern verwendete wie in „Leser(innen)“. Klammern waren aber nicht sehr bliebt, weil Frauen nicht nur in Klammern erwähnt werden wollten, als wären sie nicht so wichtig. Es gab ersatzweise die Version mit einem Schrägstrich: „Leser/innen“. Doch die Version war ebenfalls unbeliebt, weil Frauen, wie sie selber sagten „nicht auf den Schrägstrich geschickt werden“ wollten.
Da wirkte das Binnen-I – wie in „LeserInnen“ – als idealer Kompromiss, auch wenn es Klagen gab, dass dieses I irgendwie „phallisch“ in die Höhe ragt (wenn Sigmund Freud das erleben könnte, er würde noch im Grab eine Erektion kriegen). Dennoch verbreitete sich das Binnen–I wie eine Seuche. Es wurde zum Fähnlein der aufrechten Frauenfreunde.
Es schien alle Vorteile auf sich zu vereinen: Es war praktisch, leicht anzuwenden, gut zu verstehen und es tat so, als wären damit keinerlei Risiken und Nebenwirkungen verbunden, nach denen man sich bei einem Arzt oder bei einem Apotheker erkundigen müsste. Damit kamen gleich die nächsten Probleme: Müsste es nicht „Ärztin und Arzt“ und „Apothekerin und Apotheker“ heißen? Viele dachten noch, dass es nur eine Höflichkeitsformel ist, die man zur Begrüßung aufsagt. Damit hätte man dann seine Pflicht und Schuldigkeit getan und könnte weiterreden wie bisher. Pustekuchen. Mehr und mehr wurde deutlich, dass es kein Halten gibt, wenn man sich auf den Sprachfeminismus einlässt.
Auf Schönheit und Eleganz kam es inzwischen auch nicht mehr an. Schön musste die Sprache längst nicht mehr sein. Die neue Frauenbewegung kämpfte gegen Schönheitsfarmen, protestierte gegen Miss-Wahlen und gegen repressive Schönheitsideale. Später sollten noch Schlampen-Paraden das Bild abrunden. Unter solchen Umständen waren Geschmeidigkeit und Anmut bei der Sprache auch nicht mehr nötig. Die Sprache durfte – jedenfalls wenn es nach Feministen geht – getrost verunstaltet werden.
Wir kriegten es nun mit „BürgerInnenmeisterInnenkandidatInnen“ zu tun. Die Marotte, einen Großbuchstaben zu verwenden, um so die Geschlechterperspektive in die Sprache zu zwingen, machte das Schriftbild flächendeckend hässlich. Doch das verstand nicht jedeR, oft bemerkte es keineR und insgesamt hatte man oder frau oder mensch (klein geschrieben) den Eindruck, dass es sowieso keineR mochte. Damit wurde nebenbei bemerkt auch der Schreibfluss verdorben, den eine gepflegte Handschrift braucht und auch die Musikalität der Sprache ging flöten.
Verständnisprobleme gab es auch bei der „PorNO-Kampagne“
Verständnisprobleme gab es auch bei der „PorNO-Kampagne“ der späten achtziger Jahre. Da reichte es nicht, wenn man irgendwie mal was davon gehört hatte. Um richtig zu verstehen, wie die Kampagne der ‚Emma‘ gemeint war, musste man schon hingucken. Hier zeigte sich wieder, dass man Pornographie schlecht definieren kann, sie aber sofort erkennt, wenn man sie sieht. Wenn sie sich nur durch Hörensagen verbreitet hätte, hätte die Kampagne leicht das falsche Publikum erreicht und falsche Unterstützer angelockt. Das ist eben das Problem bei so einer Schreibweise: Großbuchstaben sind wie schlafende Hunde. Sie geben nicht Laut. Sie sehen nur gut aus. Man hört sie nicht.
Heute gibt es einen „Sex positiven“ Feminismus, der ein entspanntes Verhältnis zur Pornographie hat, solange Frauen nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera stehen, sitzen oder liegen. Man spricht auch von „Porn“, statt von „Porno“, so dass sich eine Kampagne, die feministische Pornofilme bewerben will, „PornOh!“ nennen könnte – mit Ausrufezeichen. Tatsächlich nennt sie sich „PorYes“. Wer nicht weiß, worum es geht und jemanden fragen hört „Wie wäre es zur Abwechslung mit ein bisschen Poryes?“, denkt womöglich, es handele sich um eine vegane Delikatesse oder um eine Entspannungsübung.
Es ist also, wie wir sehen, nicht so einfach. Das arme, kleine i ist mit den neuen Aufgaben oft genug überfordert. Das große auch. Nicht nur, dass man den Unterschied, den ein hervorragender Großbuchstabe markieren soll, nicht hört, man sieht ihn auch schlecht. Man kann ein großes I (ih) oft nicht von einem kleinen l (el) unterscheiden, bei einem kleinen i (ih) muss man schon sehr genau hingucken, ob es wirklich ein kleines oder nicht vielmehr großes I (ih) sein soll oder eben doch ein l (el). Zwei kleine i (ih) hintereinander, sehen aus wie ein ü (üh). Vielleicht haben wir deshalb noch nie von einem Yeti und einer Yetiin (Yetün) gehört, was aber auch daran liegt, dass beide nur selten anzutreffen sind und es kaum einen Anlass gibt, sie zu erwähnen.
Die iranische Revolution von 1978/79 wurde erwähnt. Allerdings. Darüber wurde ausführlich berichtet und die Berichterstattung dazu brachte so manchen Fachausdruck in die Printmedien. Da sich die Korrekturleser (vielleicht waren es auch damals schon Korrekturprogramme) nicht so schnell auf die neuen Begriffe einstellen konnten, wurde gelegentlich noch vom „Schlittenführer“ Ajatollah Chomeini berichtet. Wenn auch selten. Das kann passieren. Das i wird leicht zum Stolperstein. Es wird leicht missverstanden.
Facebook veranstaltet ein bescheuertes Wischiwaschi
Auf facebook ist das Stolpern Pflicht. Das Binnen-I ist vorgegeben. Wenn sich ein Lokalpolitiker eine eigene Seite einrichten will, damit jeder sehen kann, was er für Bücher und Filme mag, wird er als „PolitikerIn“ geführt, egal ob er männlich oder weiblich ist, obwohl es leicht möglich wäre, einen Seitenbetreiber in die Lage zu versetzen, eine korrekte Angabe über sein Geschlecht zu machen. Nicht bei facebook. Bei einer Politikerin ist das phallisch herausragende I nicht gerade grob falsch, es ist jedoch überflüssig und fehl am Platz. Ein kleines i reichte. Bei einem Politiker ist es falsch.
Die Tücke liegt darin, dass das Binnen-I für den Singular genutzt wird – es geht ja auch um die Seite einer Einzelperson, auf der individuelle Vorlieben vorgezeigt werden. Wir nutzen das Binnen-I aber nur für den Plural. Es leitet die Form „-innen“ ein, nicht die Form „-in“. Es bezeichnet eine Gruppenzugehörigkeit. Wer einer Gruppe angehört, deren Bezeichnung mit „-innen“ endet, ist weiblich. Das ist der Sinn der Sache. Das soll damit gesagt sein.
Im Singular wird es kompliziert. Es geht eigentlich nicht. Ich kann sagen „Das wissen alle Leserinnen und Leser“ oder – kurz mit Binnen-I – „Das wissen alle LeserInnen“. Im Singular würde ich sagen „Das weiß jeder Leser und jede Leserin“. Wenn ich hier das Binnen-I anwenden will, habe ich Pech. Dann müsste es heißen: „Das weiß jedeR LeserIn“. Im Singular gibt es eine Rückkoppelung, die sich auswirkt. (Übrigens hat der Satz „Das wissen alle Leserinnen und Leser“ im Unterschied zu der Version im Singular eine Macke, die man nicht sofort bemerkt: siehe dazu diesen Text).
Es ist auch nicht nötig. Wenn sich eine Politikerin schon durch die Endung „-in“ unbestritten als weiblich identifiziert hat, muss das i nicht auch noch groß sein. Einem Politiker, der männlich ist, ein „In“ anzuhängen (ob mit großem oder kleinem i) und ihn damit ausdrücklich weiblich zu machen, ist Quatsch.
Das große I geht unter
Facebook macht solchen Quatsch. Facebook veranstaltet – warum auch immer – ein bescheuertes Wischi-Waschi mit der Geschlechtszughörigkeit seiner UserInnen, was sich auch daran zeigt, dass man neuerdings zwischen 60 verschiedenen sexuellen Identitäten wählen kann, in England zwischen 58, in den USA zwischen 76 (die Zahlen variieren je nach Tageslaune), als ginge es bei der Frage nach der Sexualität um Geschmacksrichtungen bei Eiscreme. Da ist, wenn man Glück hat, die Bandbreite des Angebotes manchmal erstaunlich groß (zum Beispiel bei der einen Eisdiele in meiner unmittelbaren Nähe).
Nun kommen neue Probleme auf das Binnen-I zu: Unterstrich und Gender-Star machen das große I wieder klein, es heißt neuerdings „Wähler_innen“; es heißt auch „Leser*innen“ oder „Teilnehmer_innen“. Auch „Jüdinnen_Juden“ gibt es heute. Jeweils mit kleinem i. Das große I hat bei solchen Schreibweisen ausgedient. Mit dem Unterstrich oder mit dem Sternchen sollen Menschen berücksichtigt werden, die transsexuell sind. Speziell für diese Leute, sowie für alle Menschen, die sich nicht eindeutig einer der beiden Geschlechter (weiblich oder männlich) zuordnen können und die unter der Zwangsheterosexualität leiden, soll damit „Platz geschaffen“ werden.
Wie kam es dazu? Ein Transsexueller, der womöglich in Bielefeld lebt (vielleicht auch in Karlsruhe), der seinen Namen lieber nicht nennen will, hat die Fraktionen der Piraten, der Grünen, der Linken und auch der SPD angeschrieben und ihnen sein Leid geklagt: Er fühle sich nicht genug beachtet und möchte anregen, dass man ihm, sowie allen anderen missachteten Transsexuellen, einen Platz in der politischen Sprache schaffen möge. Nach Möglichkeit in jedem Satz. Sonst wäre er sehr, sehr traurig.
Die Grünen, die schon lange überlegt haben, wie man die Sprachzerstörung noch weiter vorantreiben kann, haben den Vorschlag begeistert aufgegriffen und beschlossen, bei allen zukünftigen Treffen auf Bundes- und auf Landesebene zuerst gemeinsam das Lied ‚Ein Stern, der deinen Namen trägt‘ anzustimmen. Der Gender-Stern soll damit ganz groß rauskommen, er soll verpflichtend werden und in seinem Glanz sollen alle erstrahlen, die bisher im Schatten standen.
Der Bundesvorstand der Grünen begründet seinen Vorstoß so: „Transsexuelle, transgender und intersexuelle Personen werden so nicht mehr unsichtbar gemacht und diskriminiert.“ Gesine Agena, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen erklärt: „Wir halten den Gender-Star für geeignet, weil er das gesamte Spektrum von Geschlechtern und Identitäten berücksichtigt.“ Na dann. Hoffentlich wird der Gender-Stern nicht so verstanden, dass damit das gesamte Spektrum von Geschlechtern und Identitäten zur bloßen Fußnote gemacht wird.
Ein Genderstar am grünen Horizont
Doch es muss dringend aufgeräumt werden. Deshalb haben die Grünen bei der letzten Bundesdelegiertenkonferenz im November 2015 folgendes beschlossen: „Wir gendern, indem wir im Regelfall den Gender-Star verwenden (Bürger*innen, Student*innen …)“ und „die weibliche Form explizit mit nennen (Bürgerinnen und Bürger, Studentinnen und Studenten …)“
Damit lichtet sich der Nebel, den die Grünen selbst geschaffen haben. Im Jahre 2013 schrieben sie noch von „BildungsverliererInnen“ und „StromverbraucherInnen“, im Jahre 2014 machten sich aber schon die „Miesmacher*innen“ und „Überwacher*innen“ bemerkbar. Der Stern setzte sich schließlich durch. Die Großschreibung wurde gekippt. Damit war das Aus gekommen für den _Unterstrich – auch „gender-gap“ genannt – („mind the gap“). Es war auch das Aus für das Binnen-I. Traurig bin ich nicht. Mir hat das Binnen-I nie gefallen. Ich empfehle weiterhin den Browser ‚Binnen-I-be-gone‚. Damit wird das lästige und überflüssige Binnen-I beseitigt. Aus der BenutzerInnenoberfläche wird wieder eine Benutzeroberfläche.
Es ist aber nicht besser geworden. Mir geht es übrigens auch so, dass ich immer, wenn ich aufgeräumt habe, anschließend erst rechts nichts wiederfinde. So auch hier. Es wurde aufgeräumt – und damit wurde gleich ein neues Chaos erschaffen. Denn die allseits gefürchtete „-innen“-Form ist geblieben. Doch jetzt wird sie nicht mehr durch ein steil aufragendes, großes I als Neuerung kenntlich gemacht. Damit ist die ursprünglich exklusiv für das Weibliche vorgesehene „-innen“-Form unauffällig zur Grundform geworden, die alles umfasst, wie das bei den berühmten Professorinnen von Leipzig, die in Wirklichkeit Männer sind, der Fall ist.
Neulich habe ich gehört, dass die „Wählerinnenschaft der AfD hauptsächlich aus Männern besteht“. Ich habe auch schon von Rechtspopulistinnen, Wutbürgerinnen und Rassisten gehört, wenn ausschließlich alte, weiß, heterosexuelle Männer gemeint waren. Anton Hofreiter erzählt stolz von seinen „weiblichen Freundinnen“, die er hoffentlich gut von seinen männlichen Freundinnen unterscheiden kann. Aber womöglich kommt es darauf längst nicht mehr an.
Bei den Studentinnen kommt es drauf an. Die können ein „Studentenwerk“ nicht länger ertragen und bestehen auf der „neutralen“ Form „Studierendenwerk“. Jeder, der behauptet, dass so eine Umbenennung überflüssig ist, weil die Form „die Studenten“ genauso neutral ist wie die Form „die Studierenden“, wird sofort exmatrikuliert und darf sich der Universität nicht mehr nähern.
Der grassierende Wunsch nach Umbenennung
Die Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres erklärte dazu, dass der Wunsch nach der Umbenennung von den Studierenden selber und – was in dem Fall ausschlaggebend ist – von der Frauenbeauftragten gekommen sei. Die ‚Berliner Morgenpost‘ zitiert sie: „Die Bezeichnung ‚Student‘ schließe weibliche Studentinnen aus.“ Das scheint sie ernst zu meinen.
Wenn das so ist, muss das schnell geändert werden. Man sollte noch wissen, dass Sandra Scheeres früher einen Ponyhof geleitet hat und sich da schon sehr engagiert für Pferde-Gerechtigkeit eingesetzt hat. So hat sie immer wieder betont, dass die Bezeichnung „Pferde“ die „weißen Schimmel“ ausschließe. Daraufhin haben ihr enge Freundinnen empfohlen, in die Politik zu gehen. Gerade in der SPD würde man solche Frauen brauchen. So weit ist es gekommen. Was wird nun werden? Ob uns jemals ein/e Retter*in auf einem Pferd-seienden Wesen reitend die Erleuchtung bringen – oder wenigstens die Beleuchtung für alle, die immer noch im Dunkel kauern? Wir wissen es nicht.
Ja, ich sehne mich, ehrlich gesagt, nach alten Tagen zurück. Ich sage es offen: Ich würde sie nicht vermissen: nicht den Gender-Star, nicht den Unterstrich, nicht die Klammer mitten im Wort, nicht den Schrägstrich, nicht den hervorragenden Grußbuchstaben, nicht die überflüssige „-innen“-Form.
Für mich hat das immer die Tristesse von GmbH, nie den Charme von CinZano.
Be patient, work hard, follow your passions, take chances and don’t be afraid to fail.
»Die Psychoanalyse ist eine Panne für die Hierarchie des Denksystems« – Pierre Legendre
»Sie wissen, daß der Kampf des wissenschaftlichen Geistes gegen die religiöse Weltanschauung nicht zu Ende gekommen ist, er spielt sich noch in der Gegenwart unter unseren Augen ab … Die erste Einwendung, die man hört, lautet, … die Wissenschaft ist zur Beurteilung der Religion nicht zuständig. Sie sei sonst ganz brauchbar und schätzenswert, solange sie sich auf ihr Gebiet beschränkt, aber die Religion sei nicht ihr Gebiet, da habe sie nichts zu suchen … Die Religion darf nicht kritisch geprüft werden, weil sie das Höchste, Wertvollste, Erhabenste ist, was der menschliche Geist hervorgebracht hat, weil sie den tiefsten Gefühlen Ausdruck gibt, allein die Welt erträglich und das Leben lebenswürdig macht … Darauf braucht man nicht zu antworten, indem man die Einschätzung der Religion bestreitet, sondern indem man die Aufmerksamkeit auf einen anderen Sachverhalt richtet. Man betont, daß es sich gar nicht um einen Übergriff des wissenschaftlichen Geistes auf das Gebiet der Religion handelt, sondern um einen Übergriff der Religion auf die Sphäre des wissenschaftlichen Denkens. Was immer Wert und Bedeutung der Religion sein mögen, sie hat kein Recht, das Denken irgendwie zu beschränken, also auch nicht das Recht, sich selbst von der Anwendung des Denkens auszunehmen … Eine auf die Wissenschaft aufgebaute Weltanschauung hat außer der Betonung der realen Außenwelt wesentlich negative Züge, wie die Bescheidung zur Wahrheit, die Ablehnung der Illusionen« (Freud, 1933, S. 182 ff. und S. 197).
„Freuds »Religions«-Kritik galt den »Neurosen« genannten Privatreligionen (Heiraten, romantische Liebe, Gier, Ethik und Moral, etc. Anm. JSB) ebenso wie den kollektiven (Nation, Gutmenschen, Sport, etc. Anm. JSB);“ – Helmut Dahmer
Freud prognostizierte, die bestehende Gesellschaft werde an einem Übermaß nicht absorbierbarer Destruktivität zugrundegehen. (sofern nicht »Eros« interveniere (Eros ist nicht Ficken, sondern Caritas. Anm. JSB)).
„Wer dem Kult der »Werte« frönt, kann unsanft erwachen, wenn im Kampf der Klassen und Parteien, von dem er sich fernhält, Gruppen obsiegen, auf deren Programm eine »Umwertung der Werte«, z. B. die Aufwertung von »Unwerten« steht.“ – Helmut Dahmer
»Hinsichtlich der allgemeinen nervlichen Belastung wirkte die Lage im Dritten Reich auf den psychischen Zustand des Volkes ziemlich ambivalent. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß die Machtergreifung zu einer weitverbreiteten Verbesserung der emotionalen Gesundheit führte.Das war nicht nur ein Ergebnis des Wirtschaftsaufschwungs, sondern auch der Tatsache, daß sich viele Deutsche in erhöhtem Maße mit den nationalen Zielen identifizierten. Diese Wirkung ähnelte der, die Kriege normalerweise auf das Auftreten von Selbstmorden und Depressionen haben. (Das Deutschland der Nazizeit verzeichnete diese Erscheinung zweimal: nämlich 1933 und 1939.) Aber gleichzeitig führte das intensivere Lebensgefühl, das von der ständigen Stimulierung der Massenemotionen herrührte, auch zu einer größeren Schwäche gegenüber dem Trinken, Rauchen und Vergnügungen« – Richard Grunberger
Von Anfang an hatte Hitlers Regime auch den Anstrich der Rechtmäßigkeit
„Die psychiatrischen Truppen der »kaiserlichen deutschen Psychiatrie« (Alexander und Selesnick, 1966, S. 214) jedoch, die 1914 ins Feld zogen, bekriegten immer noch die Krankheit, den äußeren Eindringling in ein gesundes System, und nicht die Neurose, das innere Ungleichgewicht zwischen Psychodynamik, Umwelt und Geschichte.“ – Geoffrey C. Cocks (Diese Einstellung herrscht bis heute in der deutschen Psychotherapie und findet explosionsartige Vermehrung im KOnzept der sog. „Traumatisierung“. Anm- JSB)
Der Plural hat kein Geschlecht.
„Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.“ -Albert Einstein
„Der psychoanalytische Beitrag zur Sozialpsychologie der jüngsten Vergangenheit (und Gegenwart Anm.JSB) und ihrer Verarbeitung ist heute ebenso unerwünscht wie die Libidotheorie zu Anfang des Jahrhunderts.“ – I.Kaminer
»Ein böses und nur durch Unkenntnis gerechtfertigtes Mißverständnis ist es, wenn man meint, die Psychoanalyse erwarte die Heilung neurotischer Beschwerden vom >freien Ausleben< der Sexualität. Das Bewußtmachen der verdrängten Sexualgelüste in der Analyse ermöglicht vielmehr eine Beherrschung derselben, die durch die vorgängige Verdrängung nicht zu erreichen war. Man kann mit mehr Recht sagen, daß die Analyse den Neurotiker von den Fesseln seiner Sexualität befreit.« – Sigmund Feud, Gesammelte Schriften«, Band XI, S. 201 ff.)
Liebe: nur bestenfalls eine Mutter akzeptiert ihr Kind, so wie es ist, ansonsten muß man Erwartungen anderer erfüllen, um akzeptiert zu werden.
Früher galt als mutig, wer ein Revolutionär war, heute reicht es schon, wenn einer seine Meinung behält.
“Jeder fünfte Bewohner des Westjordanlandes ist ein israelischer Siedler”, greint die Generaldelegation Palästinas heute auf ihrer Homepage. Und jeder fünfte Bewohner Israels ist ein palästinensischer Araber. So what?
Nonkonformistische Attitüde und affirmative Inhalte – einer Kombination, die schon immer die linksdeutsche Ideologie gekennzeichnet hat. – Stephan Grigat
Es sind dieselben, die behaupten, das Geschlecht wäre nicht biologisch angeboren, sondern nur ein soziales Konstrukt, und zugleich daß die Homosexualität kein soziales Konstrukt wäre, sondern biologisch angeboren.
„Es gibt zwei Dinge“, so wußte Hitler schon 1923, „die die Menschen vereinigen können: gemeinsame Ideale und gemeinsame Kriminalität“ .
Nach der gewaltsamen Beendigung des Mordens durch die Alliierten waren die Deutschen (und sind es bis heute geblieben) noch deutscher als zuvor.
„Der Staat sind wir“: Dies Credo der Sozialdemokratie Ferdinand Lassalles war die Wahrheit der Volksgemeinschaft, und der Nazismus war die vermittlungslose Basisdemokratie der Deutschen.
Die Demokratie der Bürger ist die interessierte Demutsadresse an den autoritären Staat.
„Die deutsche Nation ist das Apriori dieser seltsamen Wissenschaft, die
vorgibt, nichts zu kennen als Quellen, Quellen und nochmals Quellen, nichts als das
lautere Plätschern der Tatsachen und das ungetrübte Sprudeln der Empirie. Die
Quelle aber ist der Historie, was der Jurisprudenz das Indiz: Spielmaterial, bloße
Illustration des Systemzwangs zum Rechtsfrieden, d.h. empirische Legitimation der
vorab existenten letzten Instanz, an der jede Berufung aufhört und jede Revision
endet. Egal, wer Recht hat, solange nur Recht ist; was immer die Quellen sagen,
ein Beweis gegen die Nation wird sich daraus nie und nimmer folgern lassen.“ (…)
„Historische Wahrheit wird nach dem Modell von Meinungsumfragen vorgestellt;
kein Sample jedoch wird je repräsentativ genug sein,
um der deutschen Nation als solcher die Taten der Nazis zuzurechnen.
Die juristische Methode dieser seltsamen Wissenschaft, die sich die Behandlung der
Geschichte anmaßt, weiß so überaus sorgfältig zwischen Intention und Resultat zu
scheiden, daß der einzig noch mögliche Weg historischer Wahrheitsgewinnung, der
allerdings leider ausgeschlossen ist, Psychoanalyse wäre.“ – Joachim Bruhn
Da die Psychoanalyse heute auch nur noch ein korruptes Racket ist, würde sie nicht helfen.
Der Himmel, wenn er sich schon öffnet, zitiert sich am liebsten selbst.
Je verkommener eine menschliche Kreatur, desto eher fühlt sie sich beleidigt, respektlos behandelt, in ihrer Ehre verletzt.
Der religiöse Rassismus der Islamisten, der den völkischen Rassismus der Nazis ersetzt hat, erklärt Allah zum Führer und die Jihadisten zu seiner privilegierten Kampftruppe: Wenn man so will, zu Allahs SS. Der Zusammenhalt dieser Kampftruppe wird über die Jenseitserwartung von Hölle und Paradies, also über das Instrument der religiösen Angst, sichergestellt. Diese Selbstbildfantasie der Islamisten ist mit ihrer (zumeist antijüdischen) Feindbildfantasie untrennbar verknüpft. – Matthias Küntzel
Kein Nazifaschist hat je wirklich geglaubt, er bezöge die Ermächtigung seiner Ansprüche aus dem Teutoburger Wald; keiner seiner demokratischen Erben hat jemals tatsächlich gedacht, ihnen erwüchse Legitimität im Resultat des “Lernens aus der Geschichte”; niemals war ein Sozialist der Ansicht, es sei die famose “Befreiung der Arbeit” und nicht vielmehr das Recht auf Beute, was seine Politik im Interesse der Arbeiterklasse motivierte. Und keinesfalls erwächst den Palästinensern irgendein Recht aus der Tatsache, daß sie zuerst da waren. Einer Gesellschaft, der Hunger kein Grund ist zur Produktion, kann auch das Leiden kein Grund sein zur Solidarität. Es ist die Ideologie, die mit der Unmittelbarkeit des Leidens agitiert, die aus dessen fragloser Evidenz Sinn zu schlagen sucht, sei es im Sinne von Caritas oder Amnesty International, sei es im Sinne der Freunde des palästinensischen Volkes für den Israelhaß der Antisemiten wie für den Islamfaschismus dieses Volkes. Ariel Scharon jedenfalls, der Zionist und praktische Antifaschist, ist dem aufgelösten Rätsel der Geschichte näher als die deutsche Linke, deren “Antifaschismus” sich als Aufstand der Anständigen à la Gerhard Schröder oder als Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausagiert. (…) Im Wesen Israels als des ungleichzeitigen Staates der Juden liegt es aber nicht nur, Reaktion auf den Verrat an Aufklärung und Weltrevolution, nicht nur, Notwehrversuch gegen den Nazifaschismus und Asyl zu sein. Sondern eben auch, daß die üblichen Muster der bürgerlichen Rollenverteilung – hier das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates im allgemeinen und dort die Personen, die die Regierungsausübung im besondern besorgen – für den israelischen Staates aufgrund seiner Konstitutionsbedingungen keine Geltung mehr hat. Was sich unter anderem darin zeigt, daß diese “Kritiker” der israelischen Regierungspolitik für den faschistischen Mob und die Behörden, die Selbstmordattentäter belohnen, Verständnis aufbringen (Folge von Besatzung und Ausbeutung), dagegen für den Versuch, die militärische Infrastruktur der Gegner Israels zu zerschlagen, am liebsten die Begriffe Auslöschung oder Ausrottung der palästinensischen Bevölkerung im Munde führen. Wie hinter der treudoofen Frage, ob es nicht möglich sein müsse, Spekulanten als das zu bezeichnen, was sie sind, ohne gleich als antisemitisch zu gelten, so verbirgt sich hinter der treulinken Frage, ob nicht auch in Israel, weil es sich auch dort um eine bürgerliche Gesellschaft handele, Faschismus möglich sei, die Erkenntnis dieser Fusion in verquerer und verschrobener Gestalt. Verquer, weil ja gerade erklärt werden sollte, wie Israel, dieser Fusion zum Trotz, eine parlamentarische Demokratie ist und bleibt; verschroben, weil diese Einheit von Staat und Regierung im Übergang von einem unerträglichen Alten (die Vernichtungsdrohung) zum noch nicht erreichten Neuen (die herrschaftslose Gesellschaft) ja doch den Inbegriff dessen ausmacht, was einmal als “Diktatur des Proletariats”, als Emanzipationsgewalt und organisierte politische Macht der Revolution, auch und gerade auf den roten Fahnen stand. In Anbetracht der Grundidee des Staates Israel, vor dem Hintergrund der linken Staatsmythen, betreffend die “Diktatur des Proletariats”, muß jede Beurteilung der Handlungen der Regierungsvertreter auch die völlig andere Qualität dieses Staates, verglichen mit allen anderen, deutlich werden lassen. (…)
Wenn diese Linke über Israel schwadroniert, dann hört sich das nicht minder grausig an.Dabei liegt der Zusammenhang zwischen dem Antisemitismus und dem Vernichtungswillen gegen die zum Staat gewordene bürgerliche Gesellschaft der Juden, gegen Israel, eigentlich auf der Hand:Der sogenannte Antizionismus stellt nichts anderes dar als die geopolitische, globalisierte Reproduktion des Antisemitismus, das heißt die Erscheinungsform, die er in Weltmarkt und Weltpolitik nach Auschwitz annehmen muß. Der Antizionismus ist der aus den kapitalisierten Gesellschaften in die Welt herausgekehrte Antisemitismus. So ist Israel der Jude unter den Staaten; die Verdammung des Zionismus als eines “Rassismus” durch die UNO gibt es zu Protokoll. Das macht: die moralische Verurteilung der menschlichen Unkosten der Konstitution bürgerlicher Staatlichkeit allein am Beispiel Israels führt vor Augen, was die Welt der Volksstaaten vergessen machen will – daß die Zentralisation der politischen Gewalt über Leben und Tod keineswegs die natürliche Organisationsform der Gattung Mensch darstellt, sondern Ausdruck eben von Herrschaft und Ausbeutung. Dabei ist Israel – und das macht die Kritik an diesem Staat so perfide und muß deshalb immer wieder gesagt werden – der einzige Staat dieser Welt, der für sich eine nicht zu bezweifelnde Legitimität beanspruchen kann. Israel, das ist der ungleichzeitige Staat, der entstanden ist sowohl als Reaktion auf das Dementi aller Versprechungen der bürgerlichen Nationalrevolution, sowohl als Antwort auf den stalinistischen Verrat an der kommunistischen Weltrevolution als auch als zu spät gekommene Notwehr gegen den Massenmord an den europäischen Juden. (…) Israel ist das Schibboleth jener doch so naheliegenden Revolution; es ist der unbegriffene Schatten ihres Scheiterns. Israel ist das Menetekel, das zum einen (und ganz unfreiwillig) die kategorischen Minimalbedingungen des Kommunismus illustriert, und das zum anderen sämtliche Bestialitäten zu demonstrieren scheint, zu denen der bürgerlich-kapitalistische Nationalstaat fähig ist. Wer Israel nicht begriffen hat, wer den Haß auf diesen Staat, den Antizionismus, und wer den Antisemitismus, das heißt den Vernichtungswillen sowohl gegen die in diesem Staat lebenden als auch gegen die kosmopolitisch verstreuten Juden, nicht begriffen hat als das, was Antisemitismus wesentlich darstellt: den bedingungslosen Haß auf die Idee einer in freier Assoziation lebenden Gattung, der hat den Kommunismus nicht als das “aufgelöste Rätsel der Geschichte” begriffen. –
Der ostentative Muslimeifer aber, der sich im Alltag mancher ‚Allahu-Akbar‘-Brüller vielleicht doch sehr in Grenzen hält, findet im blanken Judenhass unverhoffte Nahrung, wo ihnen unter unendlich öden Koranrezitationen und geistlosen, absurden Vorschriften längst das bisschen ungeglaubten Glaubens zwischen den Fingern zerrann und ihr Muslimsein kaum je mehr ist als das typisch dauerbeleidigte, immer schon jeder Verantwortung ledige Gruppengefühl. Überhaupt will jeder Eifer – insbesondere der aktuelle, rasende Eifer des weltweit angreifenden Islam – den Stachel eines weniger drohenden als hinterrücks längst geschehenen Glaubensverlustes kompensieren.“ Mit anderen Worten: Muslime wurden nicht für ihr abstraktes Muslimsein kritisiert, sondern dafür, was – global betrachtet – die Mehrheit konkret darunter versteht: Die von Gott gegebene Ermächtigung zu Terror, Entrechtung, Antisemitismus.Wer differenziert, sollte nicht unerwähnt lassen, dass Osama bin Laden, Hassan Nasrallah und wie all die schrecklichen Figuren so heißen, in der muslimischen Welt als Helden gefeiert werden – und zwar nicht von einer minoritären Sekte, sondern von Millionen Muslimen, auch in Deutschland. (,,) Der unfreiwillige und verborgene Essentialismus der Postmoderne macht das Begreifen unmöglich, weil er die Beziehung zwischen Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem nicht mehr zu thematisieren vermag. Wenn nur noch Vielfalt herrscht und Einzelnes und Allgemeines gewaltsam auseinandergerissen werden, bleibt die Verstandesleistung des begreifenden Subjekts auf der Strecke und die scheinbar ursprüngliche Differenz wird zum Mythos. Nicht nur dem Begriff des Allgemeinen, das ja ein noch einzulösendes ist, wird Gewalt angetan, auch dem Besonderen, dessen Unglück darin besteht, nur ein Besonderes zu sein, und das sich, weil es kein versöhnendes Ganzes gibt, dem schlecht-Allgemeinen, dem Racket nämlich, anschließen muss. – JAN HUISKENS
„Vernunft und Rationalität sind in dieser durchmedialisierten Welt chancenloser denn je. Ein unangenehmer Typ „Heckenschütze“ terrorisiert die Gesellschaft. Seine aktuelle Waffe: Der Phobienvorwurf.“ – Bettina Röhl
„Man wähnt, wenn man nach wissenschaftlichen Regeln sich richtet, dem wissenschaftlichen Ritual gehorcht, mit Wissenschaft sich umgibt, gerettet zu sein. Wissenschaftliche Approbation wird zum Ersatz der geistigen Reflexion des Tatsächlichen, in der Wissenschaft erst bestünde. […] Je tiefer man ahnt, daß man das Beste vergessen hat, desto mehr tröstet man sich damit, daß man über die Apparatur verfügt.“ (Theodor W. Adorno, Philosophie und Lehrer, AGS 10.2, 491)
„Vieles, was im Sinne von Foucaults »Mikrophysik der Macht« populär werden sollte; also die Erkenntnis, daß Macht nicht pyramidal hierarchisch, sondern durch sämtliche gesellschaftliche Bereiche hindurch wirkt, findet sich bereits in der Medizinkritik der Kritischen Theorie. Daß diese Thesen häufig übersehen wurden, mag daran liegen, daß sich Horkheimers entscheidende Äußerungen über Medizin und Psychiatrie nicht in den breit rezipierten Hauptwerken finden, sondern über die Gesamtausgabe verstreut sind. Wiemer suchte sie zusammen und zeigt, wie Horkheimer anhand der Medizin einen wesentlichen Charakterzug des modernen Kapitalismus ausmachte. Mediziner funktionieren laut Horkheimer wie fast jede wirtschaftliche Gruppe im Sinne eines Rackets. »Ein Racket«, erklärt er, »ist eine unter sich verschworene Gruppe, die ihre kollektiven Interessen zum Nachteil des Ganzen durchsetzt.« Allgemein betrachtet heißt das, daß sich die Klassengesellschaft in eine »neofeudale« Struktur verwandelt hat, innerhalb der Interessenverbände »nach dem Prinzip der Selbsterhaltung und der Machtakkumulation« funktionieren. Diesen Wandel macht Horkheimer an den Medizinern fest; und alles, was Horkheimer in seiner Kritik aussparte, von den Krankenversicherungen bis zum Pfusch in Krankenhäusern, wird von Carl Wiemer polemisch auf den neuesten Stand gebracht“ – Max Horkheimer
„Ein Shitstorm hat auch seine positive Seite. Da politisch korrekte Gülle meist in Richtung Originalität, Kreativität und Intelligenz geworfen wird, fliegt sie oft genug auf Leute, die zu lesen wirklich lohnt.“ – Evidenz-basierte Ansichten
Eine Frau wird als Frau geboren. ein Mann muß erst ein Mann werden.
Keine Paternalisierung, sondern fortschreitende Maternalisierung. Die Feminisierung und Genderisierug marginalisiert und zerstört die Vaterposition in den modernen »Gesellschaften«, die Vaterrolle erlitt allgemeine Degradierung, die Kanonisierung der Homosexulität im Speziellen und der sexuellen Diversität im Allgemeinen tilgt die noch übriggebliebenen Spuren einer Männlichkeit restlos aus, die nur noch als Schimpfwort der angeblichen „Paternalisierung“ im Jargon der Medien herumgeistert.
Post-Pop-Epoche: der Sieg der Mode über die Sitten.
„Wir brauchen schadhafte Gebäude, durch deren geborstene Wände man hindurch sehen kann, um wenigstens einen Anfang zum Denken zu gewinnen.“ – Victor Tausk
„Was man in römischer Zeit das »Abendland« und später »Europa« nennen wird, ist die politische Konsequenz des individualistischen Martyriums, das ein gesprächsfreudiger Stadtstreicher auf sich nahm, um die Legitimität des im universalistischen Dialekt vorgebrachten Neuen gegen die entkräfteten lokalen Sitten zu demonstrieren.“ – Peter Sloterdijk
„Was nützt einem die Gesundheit wenn man ansonsten ein Idiot ist.“ – Theodor Adorno
„Ich bin eine Feministin. Das bedeutet, daß ich extrem stark behaart bin und daß und ich alle Männer haße, sowohl einzelne als auch alle zusammen, ohne Ausnahmen.“– Bridget Christie
„Die Tragödie isolierter persönlicher Leidenschaften ist für unsere Zeit zu fade. Aber weshalb? Weil wir in einer Epoche der sozialen Leidenschaften leben. Die Tragödie unserer Epoche ist der Zusammenstoß der Persönlichkeit mit dem Kollektiv.“ – LeoTrotzki 1923
They are the samewho claimthe sex/genderwould not bebiologicallyinnate, butonlyasocialconstruct, andat the same timethathomosexualitywas not asocialconstruct, butbiologicallyinnate.
„Reasonandrationalityarechance-less than everinthistotallymediatisedworld. An unpleasanttype„Sniper“ terrorizedsociety. Hiscurrent weapon: Thephobiaaccusation.“ – Bettina Röhl
„AShitstormhas also itspositiveside. Aspolitically correctmanure it isusuallythrowninthe direction oforiginality, creativity and intelligence, she fliesoftentopeople whoare really worth to read.“ – Evidenz-basierte Ansichten
A woman is born as a woman. a man has to become a man.
No paternalization but advancing maternalization. The feminization and genderization marginalized and destroyed the father position in the modern „societies,“ the father role suffered general degradation, the canonization of homosexuality in particular and the sexual diversity generally wipes out the still remaining traces of masculinity completely out, only as an insult haunts the alleged „paternalization“ in the jargon of mass media.
„We needdamagedbuildings, so you can seethroughtheircrackedwallsto winat least one viewpoint to startto begin to think.“ –VictorTausk
„What good is health if you are an idiot then?“ – Theodor Adorno
„What one must be judged by, scholar or no, is not particularised knowledge but one’s total harvest of thinking, feeling, living and observing human beings.“ (…) „While the practice of poetry need not in itself confer wisdom or accumulate knowledge, it ought at least to train the mind in one habit of universal value: that of analysing the meanings of words: of those that one employs oneself, as well as the words of others. (…) what we have is not democracy, but financial oligarchy. (…) Mr. Christopher Dawson considers that “what the non-dictatorial States stand for today is not Liberalism but Democracy,” and goes on to foretell the advent in these States of a kind of totalitarian democracy. I agree with his prediction. (…) That Liberalism is something which tends to release energy rather than accumulate it, to relax, rather than to fortify. (…) A good prose cannot be written by a people without convictions. (..) The fundamental objection to fascist doctrine, the one which we conceal from ourselves because it might condemn ourselves as well, is that it is pagan. (..) The tendency of unlimited industrialism is to create bodies of men and women—of all classes—detached from tradition, alienated from religion and susceptible to mass suggestion: in other words, a mob. And a mob will be no less a mob if it is well fed, well clothed, well housed, and well disciplined. (…) The rulers and would-be rulers of modern states may be divided into three kinds, in a classification which cuts across the division of fascism, communism and democracy. (…) Our preoccupation with foreign politics during the last few years has induced a surface complacency rather than a consistent attempt at self-examination of conscience. (…) What is more depressing still is the thought that only fear or jealousy of foreign success can alarm us about the health of our own nation; that only through this anxiety can we see such things as depopulation, malnutrition, moral deterioration, the decay of agriculture, as evils at all. And what is worst of all is to advocate Christianity, not because it is true, but because it might be beneficial. (…) To justify Christianity because it provides a foundation of morality, instead of showing the necessity of Christian morality from the truth of Christianity, is a very dangerous inversion; and we may reflect, that a good deal of the attention of totalitarian states has been devoted, with a steadiness of purpose not always found in democracies, to providing their national life with a foundation of morality—the wrong kind perhaps, but a good deal more of it. It is not enthusiasm, but dogma, that differentiates a Christian from a pagan society.“ (…) It would perhaps be more natural, as well as in better conformity with the Will of God, if there were more celibates and if those who were married had larger families. (…) We are being made aware that the organisation of society on the principle of private profit, as well as public destruction, is leading both to the deformation of humanity by unregulated industrialism, and to the exhaustion of natural resources, and that a good deal of our material progress is a progress for which succeeding generations may have to pay dearly. I need only mention, as an instance now very much before the public eye, the results of “soil-erosion”—the exploitation of the earth, on a vast scale for two generations, for commercial profit: immediate benefits leading to dearth and desert. I would not have it thought that I condemn a society because of its material ruin, for that would be to make its material success a sufficient test of its excellence; I mean only that a wrong attitude towards nature implies, somewhere, a wrong attitude towards God, and that the consequence is an inevitable doom. For a long enough time we have believed in nothing but the values arising in a mechanised, commercialised, urbanised way of life: it would be as well for us to face the permanent conditions upon which God allows us to live upon this planet. And without sentimentalising the life of the savage, we might practise the humility to observe, in some of the societies upon which we look down as primitive or backward, the operation of a social-religious-artistic complex which we should emulate upon a higher plane. We have been accustomed to regard “progress” as always integral; and have yet to learn that it is only by an effort and a discipline, greater than society has yet seen the need of imposing upon itself, that material knowledge and power is gained without loss of spiritual knowledge and power. “ – T.S.Eliot
“I am a feminist. All this means is that I am extremely hairy and hate all men, both as individuals and collectively, with noexceptions.” – Bridget Christie
„Statt der Dialektik erfolgte das Leben, und das Bewußtsein mußte es verarbeiten, das es etwas ganz anderes ist.“ – Verbrechen und Strafe (Fjodor Dostojewski)“ (Übersetzung JSB.)
Schuld und Sühne
von Julian S. Bielicki
Fjodor Michailowitsch Dostojewski hat seinen Roman nicht „Schuld und Sühne“, sondern „Prestuplenije i nakasanie“ (Преступление и наказание) genannt, was als „Verbrechen und Strafe“ bzw. „Übertretung und Zurechtweisung“ übersetzt werden kann. Auch in anderen Sprachen wurde der Titel des Romans als „Verbrechen und Strafe“ übersetzt (Crime and punishment, Crime et châtiment, Zbrodnia i kara).
Dostojewski war ein Meister der Sprache und überlegte genau, wie er seinen Roman nennt. Auch daß er den Helden seines Romans Raskolnikov nannte, war kein Zufall. Raskol (раскол) bedeutet nämlich entzweit, gespalten.
Der prosaische Titel war jedoch dem deutschen Verlag, der sein deutsches Publikum kannte, zu wenig. Zu wenig ethisch, zu wenig moralisch. Biblische „Schuld und Sühne“ mußten her, denn Deutsche sind seit eh und je Prediger, die der Welt Heil und dem Sünder, d.h. wer nicht Ja und Amen zu ihren Predigten sagt, ewige Verdammung, manchmal auch mediales oder physisches Ausmerzen mit Stumpf und Stiel angedeihen lassen. Alles schon dagewesen. Solche Prediger sind heute Psychotherapeuten als neue Nomenklatura der entstandenen Psychokratie.
Während der Aufmacher (Editorial) im Deutschen Ärzteblatt prosaisch „Aufkauf von Arztsitzen: Mehr Fragen, mehr Arbeit“[i] heißt, meldet sich das dazugehörige Teil des Blattes für Psychologische Psychotherapeuten in einer Art von Bergpredigt mit der Moralpauke „Preise von Praxissitzen: Ethisch nicht gerechtfertigt.“[ii] Nur, wenn Deutsche von Moral reden, dann geht es immer ums Geld, denn man darf nicht einfach geil auf das Geld eines anderen sein, oh nein, diese Geilheit muß unbedingt ein Ausdruck der moralischen, ethischen Überheblichkeit sein. Nach einer solchen Pol-Pot Ethik wäre auch jede Erbschaft unethisch, da unverdient.
Das Ärzteblatt und das dazugehörige Teil für Psychologische Psychotherapeuten werden aus meinen Beiträgen finanziert. Und ich bin nicht einer evangelikanischen Sekte beigetreten, die mir erzählt, was ethisch und was unethisch ist, sondern einem Berufsverband, einer Organisation, in der meine Arbeit organisiert wird. Organisiert, nicht kanonisiert! Nicht mehr und nicht weniger. Für die Ethik, für die Moral habe ich ein eigenes Gewissen, das an Niemand und Nichts abgetreten werden kann, an kein Psychotherapeutenblatt, an keine Psychotherapeutenkammer, an keine Ethikkommission oder Ähnliches. Ein Mensch darf nicht seiner Ethik, seiner Moral beraubt werden, niemand darf einem anderen Menschen eine Ethik, eine Moral aufoktroyieren. Die Ethik, die Moral eines Menschen gehört zu dessen Menschenwürde und jeder Versuch diese Moral zu manipulieren, über diese individuelle Moral zu bestimmen, ist eine Verletzung des Artikels 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Es war ein großer Fortschritt der menschlichen Kulturentwicklung, die endlose Tyrannei der Moral durch das Gesetz einzuschränken, denn das Gesetz ist immer nur eine Teilmenge der Moral.
Der Mensch unterscheidet sich von einem Tier nicht dadurch, daß er denkt, das Tier denkt auch, nicht dadurch daß er fühlt, das Tier fühlt auch, nicht dadurch daß er begehrt, das Tier begehrt auch, sondern dadurch daß er frei sein kann, was das Tier nicht kann. Der Mensch kann frei sein, seine Pflicht selbst zu wählen, er kann seinem Gewissen gegenüber frei sein, seiner Moral, seiner Ethik, seiner Verantwortung. Seiner, nicht irgendwelcher Kommissionen für Ethik, Moral, Gewissen, usw. Wenn der Mensch sich äußeren Organen des Staates, der Verbände, der Berufskammern, der Firmen, hinsichtlich der Ethik, der Moral, des Gewissens unterwirft, dann wird er zum Tier, dann gibt er sein Menschsein auf. Und was nützt einem Menschen die Gesundheit, wenn er ein Idiot ist? (Adorno). Ein Mensch hat die Fähigkeit zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, ein Mensch hat freien Willen. Wer ihm seinen freien Willen unter dem Vorwand es besser zu wissen, es besser zu können, unter dem Vorwand für die Menschheit, für den Menschen, dessen Willen, dessen Ethik, Moral, Gewissen bestimmen will, der entmündigt den Menschen, der entmündigt die Menschheit. Und was für einen sein höchstes Gut, seine Moral ist, das ist für einen anderen eine Aftermoral[iii], eine im Kopf gefrorene Scheiße eigener triebhaften Ausscheidungen. Die größten Verbrechen der Menschheit wurden im Namen irgendwelcher Ethik, Moral begangen. Es sind Entmündigungsapparate am Werk, das rot-rot-grüne Top-Down-Gutmenschentum-Verordnungswesens (schwarz gibt’s ja nicht mehr) dringt bis in die letzte Ritze der Gesellschaf, die Rot-Rot-Grünen und andere Menschheitsbeglücker aus Washington, Brüssel, Mekka oder Berlin, die großen und die kleinen Menschheitsretter, Friedensapostel, ungebetene Beschützer und Alleshelfer, die ewig Betroffenen, die stetig Empörten. Sie alle sind die größte Pest der Menschheit seit Menschengedenken. Alle Menschenschinder haben sich immer für Menschenretter gehalten, all die Tartüffes, die Moralisten der Revolutionen, die Stalinisten, die Hitleristen, früher die Christen, heute die Islamisten und wie sie alle scheinheiligen Hypokriten heißen, die sich immer für die allerbesten Menschen unter der Sonne gehalten haben und weiterhin halten. Am 4. Oktober 1943 hielt Heinrich Himmler vor den Gruppenführern der SS in Posen eine berüchtigte Rede. In dieser lobt er seine Mannschaften dafür, bei der „Ausrottung des jüdischen Volkes […] anständig geblieben zu sein“[iv]
Moral, Ethik, wie jede Religion sind solange gut, solange sie mit gebrochenem Rückgrat im Rollstuhl sitzen. Sobald sie aufstehen, sind sie menschenfressende Monster. Das gleiche gilt für den Staat und für alle Formen der Unterdrückung der Freiheit im Namen der Moral, der Ethik, des Gewissens. Das Gesetz war und ist, und hoffentlich bleibt es, eine Einschränkung der blindwütigen Moral (nicht mehr Augen oder Zähne für ein Auge oder einen Zahn, sondern nur eins!), die immer weit über die Grenzen des Gesetzes um sich greifen will, die das Gesetz beugt und manipuliert, denn die Moralisten meinen immer im Recht zu sein, auch wenn sie Gesetze brechen. Die Freiheit fängt in der Achtung des Gesetzes an, nicht im Gesetzesbruch. Aufgezwungene Moral, Ethik, Gewissen, sind keine, sie sind dann nur blanker Terror. Also wenn es ums Geld geht, wie in diesem Fall, dann soll man nicht im Namen der Ethik das Geld der anderen beanspruchen, sondern den Interessenkonflikt im Rahmen der geltenden Gesetze regeln. Ich habe fertig!
Julian S. Bielicki
Empfohlene Literatur:
Karl R. Popper, „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“.
Edmund Burke, „Betrachtungen über die Französische Revolution. Gedanken über die Franzosischen Angelegenheiten.“
Be patient, work hard, follow your passions, take chances and don’t be afraid to fail.
Die Umwälzung nach 1945 führte nicht zur Überwindung des Nationalsozialismus als Ideologie der deutschen Volksgemeinschaft, sondern rief lediglich die eitle Illusion hervor, daß mit der Kritik am Nationalsozialismus das nationalsozialistische Dünken selbst und seine innere Konflikthaftigkeit mit dem Judentum überwunden sei.
„Wie es Tatbestände gibt, die die Sinne in die Irre führen, wie im Fall der optischen Täuschung, so gibt es welche, die die unangenehme Eigenschaft haben, dem Intellekt Schlüsse zu suggerieren, die gleichwohl falsch sind.“ – Christoph Türcke
Das Geschlecht ist ein sozialer Konstrukt? Berg, Tal, See und das Meer auch!
Bereits Marx diagnostizierte den Deutschen das Umkippen von Ideologie in Wahn und Lüge. Wie gegenwärtig der Fall ist, neigen die Deutschen zu Ausbrüchen des kollektiven Wahns, der Massenpsychose mit zunehmendem Realitätsverlust. Der Wahn ist kurz, die Reue lang, pflegte meine Großmutter zu sagen.
Nach dem I. Psychosputnik-Gesetz verwandelt sich der frei florierende Zynismus ab gewissem Verdichtungsgrad seiner Intensität in hochprozentige Heuchelei, analog zu einer atomaren Kernschmelzereaktion. Diesen Prozess der zunehmenden Zynismuskonzentration mit anschliessender Explosion der Heuchelei kann man sehr deutlich gegenwärtig in Deutschland beobachten. Das Denken ist weggeblasen, pulverisiert, das (Hoch)Gefühl ist voll an seine Stelle getreten.
»Indem (der gesunde Menschenverstand) sich auf das Gefühl, sein inwendiges Orakel, beruft, ist er gegen den, der nicht übereinstimmt, fertig; er muß erklären, daß er dem weiter nichts zu sagen habe, der nicht dasselbe in sich finde und fühle; – mit anderen Worten, er tritt die Wurzel der Humanität mit Füßen. Denn die Natur dieser ist, auf die Übereinkunft mit anderen zu dringen, und ihre Existenz nur in der zustande gebrachten Einheit der Bewußtseine. Das Widermenschliche, das Tierische besteht darin, im Gefühle stehenzubleiben und nur durch dieses sich mitteilen zu können.« – G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes
„Die Verschleierung eigener Positionen durch Zitate und Zitatselektion dient dazu, eigene Positionen unkenntlich zu machen.“ – Ursula Kreuzer-Haustein
„Die Neurose ist das Wappen der Kultur.“ – Dr. Rudolf Urbantschitsch, Seelenarzt; „Sehr schön, aber es laufen derzeit schon weit mehr Heraldiker als Adelige herum.“ – Karl Kraus, Schriftsteller Von oben hat man bessere Aussicht.
„Zuerst verlieren die Menschen die Scham, dann den Verstand, hernach die Ruhe, hierauf die Haltung, an der vorletzten Station das Geld und zum Schluß die Freiheit.“ – Karl Kraus
„Ausbeutung heißt Beute machen, sich etwas durch Gewalt aneignen, was nicht durch eigene Arbeit geschaffen wurde, sich etwas nehmen, ohne Gleichwertiges zurückzugeben“ – Maria Mies
»Die Psychoanalyse ist eine Panne für die Hierarchie des Denksystems« – Pierre Legendre
Psychoanalyse entwickelt sich nicht weiter, weil sie nicht angewandt wird, es wird nur über sie gesprochen.
»Sie wissen, daß der Kampf des wissenschaftlichen Geistes gegen die religiöse Weltanschauung nicht zu Ende gekommen ist, er spielt sich noch in der Gegenwart unter unseren Augen ab … Die erste Einwendung, die man hört, lautet, … die Wissenschaft ist zur Beurteilung der Religion nicht zuständig. Sie sei sonst ganz brauchbar und schätzenswert, solange sie sich auf ihr Gebiet beschränkt, aber die Religion sei nicht ihr Gebiet, da habe sie nichts zu suchen … Die Religion darf nicht kritisch geprüft werden, weil sie das Höchste, Wertvollste, Erhabenste ist, was der menschliche Geist hervorgebracht hat, weil sie den tiefsten Gefühlen Ausdruck gibt, allein die Welt erträglich und das Leben lebenswürdig macht … Darauf braucht man nicht zu antworten, indem man die Einschätzung der Religion bestreitet, sondern indem man die Aufmerksamkeit auf einen anderen Sachverhalt richtet. Man betont, daß es sich gar nicht um einen Übergriff des wissenschaftlichen Geistes auf das Gebiet der Religion handelt, sondern um einen Übergriff der Religion auf die Sphäre des wissenschaftlichen Denkens. Was immer Wert und Bedeutung der Religion sein mögen, sie hat kein Recht, das Denken irgendwie zu beschränken, also auch nicht das Recht, sich selbst von der Anwendung des Denkens auszunehmen … Eine auf die Wissenschaft aufgebaute Weltanschauung hat außer der Betonung der realen Außenwelt wesentlich negative Züge, wie die Bescheidung zur Wahrheit, die Ablehnung der Illusionen« (Freud, 1933, S. 182 ff. und S. 197).
„Freuds »Religions«-Kritik galt den »Neurosen« genannten Privatreligionen (Heiraten, romantische Liebe, Gier, Ethik und Moral, etc. Anm. JSB) ebenso wie den kollektiven (Nation, Gutmenschen, Sport, etc. Anm. JSB);“ – Helmut Dahmer
Freud prognostizierte, die bestehende Gesellschaft werde an einem Übermaß nicht absorbierbarer Destruktivität zugrundegehen. (sofern nicht »Eros« interveniere (Eros ist nicht Ficken, sondern Caritas. Anm. JSB)).
„Wer dem Kult der »Werte« frönt, kann unsanft erwachen, wenn im Kampf der Klassen und Parteien, von dem er sich fernhält, Gruppen obsiegen, auf deren Programm eine »Umwertung der Werte«, z. B. die Aufwertung von »Unwerten« steht.“ – Helmut Dahmer
»Hinsichtlich der allgemeinen nervlichen Belastung wirkte die Lage im Dritten Reich auf den psychischen Zustand des Volkes ziemlich ambivalent. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß die Machtergreifung zu einer weitverbreiteten Verbesserung der emotionalen Gesundheit führte.Das war nicht nur ein Ergebnis des Wirtschaftsaufschwungs, sondern auch der Tatsache, daß sich viele Deutsche in erhöhtem Maße mit den nationalen Zielen identifizierten. Diese Wirkung ähnelte der, die Kriege normalerweise auf das Auftreten von Selbstmorden und Depressionen haben. (Das Deutschland der Nazizeit verzeichnete diese Erscheinung zweimal: nämlich 1933 und 1939.) Aber gleichzeitig führte das intensivere Lebensgefühl, das von der ständigen Stimulierung der Massenemotionen herrührte, auch zu einer größeren Schwäche gegenüber dem Trinken, Rauchen und Vergnügungen« – Richard Grunberger
Von Anfang an hatte Hitlers Regime auch den Anstrich der Rechtmäßigkeit
„Die psychiatrischen Truppen der »kaiserlichen deutschen Psychiatrie« (Alexander und Selesnick, 1966, S. 214) jedoch, die 1914 ins Feld zogen, bekriegten immer noch die Krankheit, den äußeren Eindringling in ein gesundes System, und nicht die Neurose, das innere Ungleichgewicht zwischen Psychodynamik, Umwelt und Geschichte.“ – Geoffrey C. Cocks (Diese Einstellung herrscht bis heute in der deutschen Psychotherapie und findet explosionsartige Vermehrung im KOnzept der sog. „Traumatisierung“. Anm- JSB)
Der Plural hat kein Geschlecht.
„Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.“ -Albert Einstein
„Der psychoanalytische Beitrag zur Sozialpsychologie der jüngsten Vergangenheit (und Gegenwart Anm.JSB) und ihrer Verarbeitung ist heute ebenso unerwünscht wie die Libidotheorie zu Anfang des Jahrhunderts.“ – I.Kaminer
»Ein böses und nur durch Unkenntnis gerechtfertigtes Mißverständnis ist es, wenn man meint, die Psychoanalyse erwarte die Heilung neurotischer Beschwerden vom >freien Ausleben< der Sexualität. Das Bewußtmachen der verdrängten Sexualgelüste in der Analyse ermöglicht vielmehr eine Beherrschung derselben, die durch die vorgängige Verdrängung nicht zu erreichen war. Man kann mit mehr Recht sagen, daß die Analyse den Neurotiker von den Fesseln seiner Sexualität befreit.« – Sigmund Feud, Gesammelte Schriften«, Band XI, S. 201 ff.)
Liebe: nur bestenfalls eine Mutter akzeptiert ihr Kind, so wie es ist, ansonsten muß man Erwartungen anderer erfüllen, um akzeptiert zu werden.
Früher galt als mutig, wer ein Revolutionär war, heute reicht es schon, wenn einer seine Meinung behält.
“Jeder fünfte Bewohner des Westjordanlandes ist ein israelischer Siedler”, greint die Generaldelegation Palästinas heute auf ihrer Homepage. Und jeder fünfte Bewohner Israels ist ein palästinensischer Araber. So what?
Nonkonformistische Attitüde und affirmative Inhalte – einer Kombination, die schon immer die linksdeutsche Ideologie gekennzeichnet hat. – Stephan Grigat
Es sind dieselben, die behaupten, das Geschlecht wäre nicht biologisch angeboren, sondern nur ein soziales Konstrukt, und zugleich daß die Homosexualität kein soziales Konstrukt wäre, sondern biologisch angeboren.
„Es gibt zwei Dinge“, so wußte Hitler schon 1923, „die die Menschen vereinigen können: gemeinsame Ideale und gemeinsame Kriminalität“ .
Nach der gewaltsamen Beendigung des Mordens durch die Alliierten waren die Deutschen (und sind es bis heute geblieben) noch deutscher als zuvor.
„Der Staat sind wir“: Dies Credo der Sozialdemokratie Ferdinand Lassalles war die Wahrheit der Volksgemeinschaft, und der Nazismus war die vermittlungslose Basisdemokratie der Deutschen.
Die Demokratie der Bürger ist die interessierte Demutsadresse an den autoritären Staat.
„Die deutsche Nation ist das Apriori dieser seltsamen Wissenschaft, die
vorgibt, nichts zu kennen als Quellen, Quellen und nochmals Quellen, nichts als das
lautere Plätschern der Tatsachen und das ungetrübte Sprudeln der Empirie. Die
Quelle aber ist der Historie, was der Jurisprudenz das Indiz: Spielmaterial, bloße
Illustration des Systemzwangs zum Rechtsfrieden, d.h. empirische Legitimation der
vorab existenten letzten Instanz, an der jede Berufung aufhört und jede Revision
endet. Egal, wer Recht hat, solange nur Recht ist; was immer die Quellen sagen,
ein Beweis gegen die Nation wird sich daraus nie und nimmer folgern lassen.“ (…)
„Historische Wahrheit wird nach dem Modell von Meinungsumfragen vorgestellt;
kein Sample jedoch wird je repräsentativ genug sein,
um der deutschen Nation als solcher die Taten der Nazis zuzurechnen.
Die juristische Methode dieser seltsamen Wissenschaft, die sich die Behandlung der
Geschichte anmaßt, weiß so überaus sorgfältig zwischen Intention und Resultat zu
scheiden, daß der einzig noch mögliche Weg historischer Wahrheitsgewinnung, der
allerdings leider ausgeschlossen ist, Psychoanalyse wäre.“ – Joachim Bruhn
Da die Psychoanalyse heute auch nur noch ein korruptes Racket ist, würde sie nicht helfen.
Der Himmel, wenn er sich schon öffnet, zitiert sich am liebsten selbst.
Je verkommener eine menschliche Kreatur, desto eher fühlt sie sich beleidigt, respektlos behandelt, in ihrer Ehre verletzt.
Der religiöse Rassismus der Islamisten, der den völkischen Rassismus der Nazis ersetzt hat, erklärt Allah zum Führer und die Jihadisten zu seiner privilegierten Kampftruppe: Wenn man so will, zu Allahs SS. Der Zusammenhalt dieser Kampftruppe wird über die Jenseitserwartung von Hölle und Paradies, also über das Instrument der religiösen Angst, sichergestellt. Diese Selbstbildfantasie der Islamisten ist mit ihrer (zumeist antijüdischen) Feindbildfantasie untrennbar verknüpft. – Matthias Küntzel
Kein Nazifaschist hat je wirklich geglaubt, er bezöge die Ermächtigung seiner Ansprüche aus dem Teutoburger Wald; keiner seiner demokratischen Erben hat jemals tatsächlich gedacht, ihnen erwüchse Legitimität im Resultat des “Lernens aus der Geschichte”; niemals war ein Sozialist der Ansicht, es sei die famose “Befreiung der Arbeit” und nicht vielmehr das Recht auf Beute, was seine Politik im Interesse der Arbeiterklasse motivierte. Und keinesfalls erwächst den Palästinensern irgendein Recht aus der Tatsache, daß sie zuerst da waren. Einer Gesellschaft, der Hunger kein Grund ist zur Produktion, kann auch das Leiden kein Grund sein zur Solidarität. Es ist die Ideologie, die mit der Unmittelbarkeit des Leidens agitiert, die aus dessen fragloser Evidenz Sinn zu schlagen sucht, sei es im Sinne von Caritas oder Amnesty International, sei es im Sinne der Freunde des palästinensischen Volkes für den Israelhaß der Antisemiten wie für den Islamfaschismus dieses Volkes. Ariel Scharon jedenfalls, der Zionist und praktische Antifaschist, ist dem aufgelösten Rätsel der Geschichte näher als die deutsche Linke, deren “Antifaschismus” sich als Aufstand der Anständigen à la Gerhard Schröder oder als Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausagiert. (…) Im Wesen Israels als des ungleichzeitigen Staates der Juden liegt es aber nicht nur, Reaktion auf den Verrat an Aufklärung und Weltrevolution, nicht nur, Notwehrversuch gegen den Nazifaschismus und Asyl zu sein. Sondern eben auch, daß die üblichen Muster der bürgerlichen Rollenverteilung – hier das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates im allgemeinen und dort die Personen, die die Regierungsausübung im besondern besorgen – für den israelischen Staates aufgrund seiner Konstitutionsbedingungen keine Geltung mehr hat. Was sich unter anderem darin zeigt, daß diese “Kritiker” der israelischen Regierungspolitik für den faschistischen Mob und die Behörden, die Selbstmordattentäter belohnen, Verständnis aufbringen (Folge von Besatzung und Ausbeutung), dagegen für den Versuch, die militärische Infrastruktur der Gegner Israels zu zerschlagen, am liebsten die Begriffe Auslöschung oder Ausrottung der palästinensischen Bevölkerung im Munde führen. Wie hinter der treudoofen Frage, ob es nicht möglich sein müsse, Spekulanten als das zu bezeichnen, was sie sind, ohne gleich als antisemitisch zu gelten, so verbirgt sich hinter der treulinken Frage, ob nicht auch in Israel, weil es sich auch dort um eine bürgerliche Gesellschaft handele, Faschismus möglich sei, die Erkenntnis dieser Fusion in verquerer und verschrobener Gestalt. Verquer, weil ja gerade erklärt werden sollte, wie Israel, dieser Fusion zum Trotz, eine parlamentarische Demokratie ist und bleibt; verschroben, weil diese Einheit von Staat und Regierung im Übergang von einem unerträglichen Alten (die Vernichtungsdrohung) zum noch nicht erreichten Neuen (die herrschaftslose Gesellschaft) ja doch den Inbegriff dessen ausmacht, was einmal als “Diktatur des Proletariats”, als Emanzipationsgewalt und organisierte politische Macht der Revolution, auch und gerade auf den roten Fahnen stand. In Anbetracht der Grundidee des Staates Israel, vor dem Hintergrund der linken Staatsmythen, betreffend die “Diktatur des Proletariats”, muß jede Beurteilung der Handlungen der Regierungsvertreter auch die völlig andere Qualität dieses Staates, verglichen mit allen anderen, deutlich werden lassen. (…)
Wenn diese Linke über Israel schwadroniert, dann hört sich das nicht minder grausig an.Dabei liegt der Zusammenhang zwischen dem Antisemitismus und dem Vernichtungswillen gegen die zum Staat gewordene bürgerliche Gesellschaft der Juden, gegen Israel, eigentlich auf der Hand:Der sogenannte Antizionismus stellt nichts anderes dar als die geopolitische, globalisierte Reproduktion des Antisemitismus, das heißt die Erscheinungsform, die er in Weltmarkt und Weltpolitik nach Auschwitz annehmen muß. Der Antizionismus ist der aus den kapitalisierten Gesellschaften in die Welt herausgekehrte Antisemitismus. So ist Israel der Jude unter den Staaten; die Verdammung des Zionismus als eines “Rassismus” durch die UNO gibt es zu Protokoll. Das macht: die moralische Verurteilung der menschlichen Unkosten der Konstitution bürgerlicher Staatlichkeit allein am Beispiel Israels führt vor Augen, was die Welt der Volksstaaten vergessen machen will – daß die Zentralisation der politischen Gewalt über Leben und Tod keineswegs die natürliche Organisationsform der Gattung Mensch darstellt, sondern Ausdruck eben von Herrschaft und Ausbeutung. Dabei ist Israel – und das macht die Kritik an diesem Staat so perfide und muß deshalb immer wieder gesagt werden – der einzige Staat dieser Welt, der für sich eine nicht zu bezweifelnde Legitimität beanspruchen kann. Israel, das ist der ungleichzeitige Staat, der entstanden ist sowohl als Reaktion auf das Dementi aller Versprechungen der bürgerlichen Nationalrevolution, sowohl als Antwort auf den stalinistischen Verrat an der kommunistischen Weltrevolution als auch als zu spät gekommene Notwehr gegen den Massenmord an den europäischen Juden. (…) Israel ist das Schibboleth jener doch so naheliegenden Revolution; es ist der unbegriffene Schatten ihres Scheiterns. Israel ist das Menetekel, das zum einen (und ganz unfreiwillig) die kategorischen Minimalbedingungen des Kommunismus illustriert, und das zum anderen sämtliche Bestialitäten zu demonstrieren scheint, zu denen der bürgerlich-kapitalistische Nationalstaat fähig ist. Wer Israel nicht begriffen hat, wer den Haß auf diesen Staat, den Antizionismus, und wer den Antisemitismus, das heißt den Vernichtungswillen sowohl gegen die in diesem Staat lebenden als auch gegen die kosmopolitisch verstreuten Juden, nicht begriffen hat als das, was Antisemitismus wesentlich darstellt: den bedingungslosen Haß auf die Idee einer in freier Assoziation lebenden Gattung, der hat den Kommunismus nicht als das “aufgelöste Rätsel der Geschichte” begriffen. –
Der ostentative Muslimeifer aber, der sich im Alltag mancher ‚Allahu-Akbar‘-Brüller vielleicht doch sehr in Grenzen hält, findet im blanken Judenhass unverhoffte Nahrung, wo ihnen unter unendlich öden Koranrezitationen und geistlosen, absurden Vorschriften längst das bisschen ungeglaubten Glaubens zwischen den Fingern zerrann und ihr Muslimsein kaum je mehr ist als das typisch dauerbeleidigte, immer schon jeder Verantwortung ledige Gruppengefühl. Überhaupt will jeder Eifer – insbesondere der aktuelle, rasende Eifer des weltweit angreifenden Islam – den Stachel eines weniger drohenden als hinterrücks längst geschehenen Glaubensverlustes kompensieren.“ Mit anderen Worten: Muslime wurden nicht für ihr abstraktes Muslimsein kritisiert, sondern dafür, was – global betrachtet – die Mehrheit konkret darunter versteht: Die von Gott gegebene Ermächtigung zu Terror, Entrechtung, Antisemitismus.Wer differenziert, sollte nicht unerwähnt lassen, dass Osama bin Laden, Hassan Nasrallah und wie all die schrecklichen Figuren so heißen, in der muslimischen Welt als Helden gefeiert werden – und zwar nicht von einer minoritären Sekte, sondern von Millionen Muslimen, auch in Deutschland. (,,) Der unfreiwillige und verborgene Essentialismus der Postmoderne macht das Begreifen unmöglich, weil er die Beziehung zwischen Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem nicht mehr zu thematisieren vermag. Wenn nur noch Vielfalt herrscht und Einzelnes und Allgemeines gewaltsam auseinandergerissen werden, bleibt die Verstandesleistung des begreifenden Subjekts auf der Strecke und die scheinbar ursprüngliche Differenz wird zum Mythos. Nicht nur dem Begriff des Allgemeinen, das ja ein noch einzulösendes ist, wird Gewalt angetan, auch dem Besonderen, dessen Unglück darin besteht, nur ein Besonderes zu sein, und das sich, weil es kein versöhnendes Ganzes gibt, dem schlecht-Allgemeinen, dem Racket nämlich, anschließen muss. – JAN HUISKENS
„Vernunft und Rationalität sind in dieser durchmedialisierten Welt chancenloser denn je. Ein unangenehmer Typ „Heckenschütze“ terrorisiert die Gesellschaft. Seine aktuelle Waffe: Der Phobienvorwurf.“ – Bettina Röhl
„Man wähnt, wenn man nach wissenschaftlichen Regeln sich richtet, dem wissenschaftlichen Ritual gehorcht, mit Wissenschaft sich umgibt, gerettet zu sein. Wissenschaftliche Approbation wird zum Ersatz der geistigen Reflexion des Tatsächlichen, in der Wissenschaft erst bestünde. […] Je tiefer man ahnt, daß man das Beste vergessen hat, desto mehr tröstet man sich damit, daß man über die Apparatur verfügt.“ (Theodor W. Adorno, Philosophie und Lehrer, AGS 10.2, 491)
„Vieles, was im Sinne von Foucaults »Mikrophysik der Macht« populär werden sollte; also die Erkenntnis, daß Macht nicht pyramidal hierarchisch, sondern durch sämtliche gesellschaftliche Bereiche hindurch wirkt, findet sich bereits in der Medizinkritik der Kritischen Theorie. Daß diese Thesen häufig übersehen wurden, mag daran liegen, daß sich Horkheimers entscheidende Äußerungen über Medizin und Psychiatrie nicht in den breit rezipierten Hauptwerken finden, sondern über die Gesamtausgabe verstreut sind. Wiemer suchte sie zusammen und zeigt, wie Horkheimer anhand der Medizin einen wesentlichen Charakterzug des modernen Kapitalismus ausmachte. Mediziner funktionieren laut Horkheimer wie fast jede wirtschaftliche Gruppe im Sinne eines Rackets. »Ein Racket«, erklärt er, »ist eine unter sich verschworene Gruppe, die ihre kollektiven Interessen zum Nachteil des Ganzen durchsetzt.« Allgemein betrachtet heißt das, daß sich die Klassengesellschaft in eine »neofeudale« Struktur verwandelt hat, innerhalb der Interessenverbände »nach dem Prinzip der Selbsterhaltung und der Machtakkumulation« funktionieren. Diesen Wandel macht Horkheimer an den Medizinern fest; und alles, was Horkheimer in seiner Kritik aussparte, von den Krankenversicherungen bis zum Pfusch in Krankenhäusern, wird von Carl Wiemer polemisch auf den neuesten Stand gebracht“ – Max Horkheimer
„Ein Shitstorm hat auch seine positive Seite. Da politisch korrekte Gülle meist in Richtung Originalität, Kreativität und Intelligenz geworfen wird, fliegt sie oft genug auf Leute, die zu lesen wirklich lohnt.“ – Evidenz-basierte Ansichten
Eine Frau wird als Frau geboren. ein Mann muß erst ein Mann werden.
Keine Paternalisierung, sondern fortschreitende Maternalisierung. Die Feminisierung und Genderisierug marginalisiert und zerstört die Vaterposition in den modernen »Gesellschaften«, die Vaterrolle erlitt allgemeine Degradierung, die Kanonisierung der Homosexulität im Speziellen und der sexuellen Diversität im Allgemeinen tilgt die noch übriggebliebenen Spuren einer Männlichkeit restlos aus, die nur noch als Schimpfwort der angeblichen „Paternalisierung“ im Jargon der Medien herumgeistert.
Post-Pop-Epoche: der Sieg der Mode über die Sitten.
„Wir brauchen schadhafte Gebäude, durch deren geborstene Wände man hindurch sehen kann, um wenigstens einen Anfang zum Denken zu gewinnen.“ – Victor Tausk
„Was man in römischer Zeit das »Abendland« und später »Europa« nennen wird, ist die politische Konsequenz des individualistischen Martyriums, das ein gesprächsfreudiger Stadtstreicher auf sich nahm, um die Legitimität des im universalistischen Dialekt vorgebrachten Neuen gegen die entkräfteten lokalen Sitten zu demonstrieren.“ – Peter Sloterdijk
„Was nützt einem die Gesundheit wenn man ansonsten ein Idiot ist.“ – Theodor Adorno
„Ich bin eine Feministin. Das bedeutet, daß ich extrem stark behaart bin und daß und ich alle Männer haße, sowohl einzelne als auch alle zusammen, ohne Ausnahmen.“– Bridget Christie
„Die Tragödie isolierter persönlicher Leidenschaften ist für unsere Zeit zu fade. Aber weshalb? Weil wir in einer Epoche der sozialen Leidenschaften leben. Die Tragödie unserer Epoche ist der Zusammenstoß der Persönlichkeit mit dem Kollektiv.“ – LeoTrotzki 1923
They are the samewho claimthe sex/genderwould not bebiologicallyinnate, butonlyasocialconstruct, andat the same timethathomosexualitywas not asocialconstruct, butbiologicallyinnate.
„Reasonandrationalityarechance-less than everinthistotallymediatisedworld. An unpleasanttype„Sniper“ terrorizedsociety. Hiscurrent weapon: Thephobiaaccusation.“ – Bettina Röhl
„AShitstormhas also itspositiveside. Aspolitically correctmanure it isusuallythrowninthe direction oforiginality, creativity and intelligence, she fliesoftentopeople whoare really worth to read.“ – Evidenz-basierte Ansichten
A woman is born as a woman. a man has to become a man.
No paternalization but advancing maternalization. The feminization and genderization marginalized and destroyed the father position in the modern „societies,“ the father role suffered general degradation, the canonization of homosexuality in particular and the sexual diversity generally wipes out the still remaining traces of masculinity completely out, only as an insult haunts the alleged „paternalization“ in the jargon of mass media.
„We needdamagedbuildings, so you can seethroughtheircrackedwallsto winat least one viewpoint to startto begin to think.“ –VictorTausk
„What good is health if you are an idiot then?“ – Theodor Adorno
„What one must be judged by, scholar or no, is not particularised knowledge but one’s total harvest of thinking, feeling, living and observing human beings.“ (…) „While the practice of poetry need not in itself confer wisdom or accumulate knowledge, it ought at least to train the mind in one habit of universal value: that of analysing the meanings of words: of those that one employs oneself, as well as the words of others. (…) what we have is not democracy, but financial oligarchy. (…) Mr. Christopher Dawson considers that “what the non-dictatorial States stand for today is not Liberalism but Democracy,” and goes on to foretell the advent in these States of a kind of totalitarian democracy. I agree with his prediction. (…) That Liberalism is something which tends to release energy rather than accumulate it, to relax, rather than to fortify. (…) A good prose cannot be written by a people without convictions. (..) The fundamental objection to fascist doctrine, the one which we conceal from ourselves because it might condemn ourselves as well, is that it is pagan. (..) The tendency of unlimited industrialism is to create bodies of men and women—of all classes—detached from tradition, alienated from religion and susceptible to mass suggestion: in other words, a mob. And a mob will be no less a mob if it is well fed, well clothed, well housed, and well disciplined. (…) The rulers and would-be rulers of modern states may be divided into three kinds, in a classification which cuts across the division of fascism, communism and democracy. (…) Our preoccupation with foreign politics during the last few years has induced a surface complacency rather than a consistent attempt at self-examination of conscience. (…) What is more depressing still is the thought that only fear or jealousy of foreign success can alarm us about the health of our own nation; that only through this anxiety can we see such things as depopulation, malnutrition, moral deterioration, the decay of agriculture, as evils at all. And what is worst of all is to advocate Christianity, not because it is true, but because it might be beneficial. (…) To justify Christianity because it provides a foundation of morality, instead of showing the necessity of Christian morality from the truth of Christianity, is a very dangerous inversion; and we may reflect, that a good deal of the attention of totalitarian states has been devoted, with a steadiness of purpose not always found in democracies, to providing their national life with a foundation of morality—the wrong kind perhaps, but a good deal more of it. It is not enthusiasm, but dogma, that differentiates a Christian from a pagan society.“ (…) It would perhaps be more natural, as well as in better conformity with the Will of God, if there were more celibates and if those who were married had larger families. (…) We are being made aware that the organisation of society on the principle of private profit, as well as public destruction, is leading both to the deformation of humanity by unregulated industrialism, and to the exhaustion of natural resources, and that a good deal of our material progress is a progress for which succeeding generations may have to pay dearly. I need only mention, as an instance now very much before the public eye, the results of “soil-erosion”—the exploitation of the earth, on a vast scale for two generations, for commercial profit: immediate benefits leading to dearth and desert. I would not have it thought that I condemn a society because of its material ruin, for that would be to make its material success a sufficient test of its excellence; I mean only that a wrong attitude towards nature implies, somewhere, a wrong attitude towards God, and that the consequence is an inevitable doom. For a long enough time we have believed in nothing but the values arising in a mechanised, commercialised, urbanised way of life: it would be as well for us to face the permanent conditions upon which God allows us to live upon this planet. And without sentimentalising the life of the savage, we might practise the humility to observe, in some of the societies upon which we look down as primitive or backward, the operation of a social-religious-artistic complex which we should emulate upon a higher plane. We have been accustomed to regard “progress” as always integral; and have yet to learn that it is only by an effort and a discipline, greater than society has yet seen the need of imposing upon itself, that material knowledge and power is gained without loss of spiritual knowledge and power. “ – T.S.Eliot
“I am a feminist. All this means is that I am extremely hairy and hate all men, both as individuals and collectively, with noexceptions.” – Bridget Christie
Es sind dieselben, die behaupten, das Geschlecht wäre nicht biologisch angeboren, sondern nur ein sozialer Konstrukt, und zugleich daß die Homosexualität kein sozialer Konstrukt wäre, sondern biologisch angeboren.
„Es gibt zwei Dinge“, so wußte Hitler schon 1923, „die die Menschen vereinigen können: gemeinsame Ideale und gemeinsame Kriminalität“ .
Nach der gewaltsamen Beendigung des Mordens durch die Alliierten waren die Deutschen (und sind es bis heute geblieben) noch deutscher als zuvor.
„Der Staat sind wir“: Dies Credo der Sozialdemokratie Ferdinand Lassalles war die Wahrheit der Volksgemeinschaft, und der Nazismus war die vermittlungslose Basisdemokratie der Deutschen.
Die Demokratie der Bürger ist die interessierte Demutsadresse an den autoritären Staat.
„Die deutsche Nation ist das Apriori dieser seltsamen Wissenschaft, die
vorgibt, nichts zu kennen als Quellen, Quellen und nochmals Quellen, nichts als das
lautere Plätschern der Tatsachen und das ungetrübte Sprudeln der Empirie. Die
Quelle aber ist der Historie, was der Jurisprudenz das Indiz: Spielmaterial, bloße
Illustration des Systemzwangs zum Rechtsfrieden, d.h. empirische Legitimation der
vorab existenten letzten Instanz, an der jede Berufung aufhört und jede Revision
endet. Egal, wer Recht hat, solange nur Recht ist; was immer die Quellen sagen,
ein Beweis gegen die Nation wird sich daraus nie und nimmer folgern lassen.“ (…)
„Historische Wahrheit wird nach dem Modell von Meinungsumfragen vorgestellt;
kein Sample jedoch wird je repräsentativ genug sein,
um der deutschen Nation als solcher die Taten der Nazis zuzurechnen.
Die juristische Methode dieser seltsamen Wissenschaft, die sich die Behandlung der
Geschichte anmaßt, weiß so überaus sorgfältig zwischen Intention und Resultat zu
scheiden, daß der einzig noch mögliche Weg historischer Wahrheitsgewinnung, der
allerdings leider ausgeschlossen ist, Psychoanalyse wäre.“ – Joachim Bruhn
Da die Psychoanalyse heute auch nur noch ein korruptes Racket ist, würde sie nicht helfen.
Je verkommener eine menschliche Kreatur, desto eher fühlt sie sich beleidigt, respektlos behandelt, in ihrer Ehre verletzt.
Der religiöse Rassismus der Islamisten, der den völkischen Rassismus der Nazis ersetzt hat, erklärt Allah zum Führer und die Jihadisten zu seiner privilegierten Kampftruppe: Wenn man so will, zu Allahs SS. Der Zusammenhalt dieser Kampftruppe wird über die Jenseitserwartung von Hölle und Paradies, also über das Instrument der religiösen Angst, sichergestellt. Diese Selbstbildfantasie der Islamisten ist mit ihrer (zumeist antijüdischen) Feindbildfantasie untrennbar verknüpft. – Matthias Küntzel
Kein Nazifaschist hat je wirklich geglaubt, er bezöge die Ermächtigung seiner Ansprüche aus dem Teutoburger Wald; keiner seiner demokratischen Erben hat jemals tatsächlich gedacht, ihnen erwüchse Legitimität im Resultat des “Lernens aus der Geschichte”; niemals war ein Sozialist der Ansicht, es sei die famose “Befreiung der Arbeit” und nicht vielmehr das Recht auf Beute, was seine Politik im Interesse der Arbeiterklasse motivierte. Und keinesfalls erwächst den Palästinensern irgendein Recht aus der Tatsache, daß sie zuerst da waren. Einer Gesellschaft, der Hunger kein Grund ist zur Produktion, kann auch das Leiden kein Grund sein zur Solidarität. Es ist die Ideologie, die mit der Unmittelbarkeit des Leidens agitiert, die aus dessen fragloser Evidenz Sinn zu schlagen sucht, sei es im Sinne von Caritas oder Amnesty International, sei es im Sinne der Freunde des palästinensischen Volkes für den Israelhaß der Antisemiten wie für den Islamfaschismus dieses Volkes. Ariel Scharon jedenfalls, der Zionist und praktische Antifaschist, ist dem aufgelösten Rätsel der Geschichte näher als die deutsche Linke, deren “Antifaschismus” sich als Aufstand der Anständigen à la Gerhard Schröder oder als Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausagiert. (…) Im Wesen Israels als des ungleichzeitigen Staates der Juden liegt es aber nicht nur, Reaktion auf den Verrat an Aufklärung und Weltrevolution, nicht nur, Notwehrversuch gegen den Nazifaschismus und Asyl zu sein. Sondern eben auch, daß die üblichen Muster der bürgerlichen Rollenverteilung – hier das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates im allgemeinen und dort die Personen, die die Regierungsausübung im besondern besorgen – für den israelischen Staates aufgrund seiner Konstitutionsbedingungen keine Geltung mehr hat. Was sich unter anderem darin zeigt, daß diese “Kritiker” der israelischen Regierungspolitik für den faschistischen Mob und die Behörden, die Selbstmordattentäter belohnen, Verständnis aufbringen (Folge von Besatzung und Ausbeutung), dagegen für den Versuch, die militärische Infrastruktur der Gegner Israels zu zerschlagen, am liebsten die Begriffe Auslöschung oder Ausrottung der palästinensischen Bevölkerung im Munde führen. Wie hinter der treudoofen Frage, ob es nicht möglich sein müsse, Spekulanten als das zu bezeichnen, was sie sind, ohne gleich als antisemitisch zu gelten, so verbirgt sich hinter der treulinken Frage, ob nicht auch in Israel, weil es sich auch dort um eine bürgerliche Gesellschaft handele, Faschismus möglich sei, die Erkenntnis dieser Fusion in verquerer und verschrobener Gestalt. Verquer, weil ja gerade erklärt werden sollte, wie Israel, dieser Fusion zum Trotz, eine parlamentarische Demokratie ist und bleibt; verschroben, weil diese Einheit von Staat und Regierung im Übergang von einem unerträglichen Alten (die Vernichtungsdrohung) zum noch nicht erreichten Neuen (die herrschaftslose Gesellschaft) ja doch den Inbegriff dessen ausmacht, was einmal als “Diktatur des Proletariats”, als Emanzipationsgewalt und organisierte politische Macht der Revolution, auch und gerade auf den roten Fahnen stand. In Anbetracht der Grundidee des Staates Israel, vor dem Hintergrund der linken Staatsmythen, betreffend die “Diktatur des Proletariats”, muß jede Beurteilung der Handlungen der Regierungsvertreter auch die völlig andere Qualität dieses Staates, verglichen mit allen anderen, deutlich werden lassen. (…)
Wenn diese Linke über Israel schwadroniert, dann hört sich das nicht minder grausig an.Dabei liegt der Zusammenhang zwischen dem Antisemitismus und dem Vernichtungswillen gegen die zum Staat gewordene bürgerliche Gesellschaft der Juden, gegen Israel, eigentlich auf der Hand:Der sogenannte Antizionismus stellt nichts anderes dar als die geopolitische, globalisierte Reproduktion des Antisemitismus, das heißt die Erscheinungsform, die er in Weltmarkt und Weltpolitik nach Auschwitz annehmen muß. Der Antizionismus ist der aus den kapitalisierten Gesellschaften in die Welt herausgekehrte Antisemitismus. So ist Israel der Jude unter den Staaten; die Verdammung des Zionismus als eines “Rassismus” durch die UNO gibt es zu Protokoll. Das macht: die moralische Verurteilung der menschlichen Unkosten der Konstitution bürgerlicher Staatlichkeit allein am Beispiel Israels führt vor Augen, was die Welt der Volksstaaten vergessen machen will – daß die Zentralisation der politischen Gewalt über Leben und Tod keineswegs die natürliche Organisationsform der Gattung Mensch darstellt, sondern Ausdruck eben von Herrschaft und Ausbeutung. Dabei ist Israel – und das macht die Kritik an diesem Staat so perfide und muß deshalb immer wieder gesagt werden – der einzige Staat dieser Welt, der für sich eine nicht zu bezweifelnde Legitimität beanspruchen kann. Israel, das ist der ungleichzeitige Staat, der entstanden ist sowohl als Reaktion auf das Dementi aller Versprechungen der bürgerlichen Nationalrevolution, sowohl als Antwort auf den stalinistischen Verrat an der kommunistischen Weltrevolution als auch als zu spät gekommene Notwehr gegen den Massenmord an den europäischen Juden. (…) Israel ist das Schibboleth jener doch so naheliegenden Revolution; es ist der unbegriffene Schatten ihres Scheiterns. Israel ist das Menetekel, das zum einen (und ganz unfreiwillig) die kategorischen Minimalbedingungen des Kommunismus illustriert, und das zum anderen sämtliche Bestialitäten zu demonstrieren scheint, zu denen der bürgerlich-kapitalistische Nationalstaat fähig ist. Wer Israel nicht begriffen hat, wer den Haß auf diesen Staat, den Antizionismus, und wer den Antisemitismus, das heißt den Vernichtungswillen sowohl gegen die in diesem Staat lebenden als auch gegen die kosmopolitisch verstreuten Juden, nicht begriffen hat als das, was Antisemitismus wesentlich darstellt: den bedingungslosen Haß auf die Idee einer in freier Assoziation lebenden Gattung, der hat den Kommunismus nicht als das “aufgelöste Rätsel der Geschichte” begriffen. –
Der ostentative Muslimeifer aber, der sich im Alltag mancher ‚Allahu-Akbar‘-Brüller vielleicht doch sehr in Grenzen hält, findet im blanken Judenhass unverhoffte Nahrung, wo ihnen unter unendlich öden Koranrezitationen und geistlosen, absurden Vorschriften längst das bisschen ungeglaubten Glaubens zwischen den Fingern zerrann und ihr Muslimsein kaum je mehr ist als das typisch dauerbeleidigte, immer schon jeder Verantwortung ledige Gruppengefühl. Überhaupt will jeder Eifer – insbesondere der aktuelle, rasende Eifer des weltweit angreifenden Islam – den Stachel eines weniger drohenden als hinterrücks längst geschehenen Glaubensverlustes kompensieren.“ Mit anderen Worten: Muslime wurden nicht für ihr abstraktes Muslimsein kritisiert, sondern dafür, was – global betrachtet – die Mehrheit konkret darunter versteht: Die von Gott gegebene Ermächtigung zu Terror, Entrechtung, Antisemitismus.Wer differenziert, sollte nicht unerwähnt lassen, dass Osama bin Laden, Hassan Nasrallah und wie all die schrecklichen Figuren so heißen, in der muslimischen Welt als Helden gefeiert werden – und zwar nicht von einer minoritären Sekte, sondern von Millionen Muslimen, auch in Deutschland. (,,) Der unfreiwillige und verborgene Essentialismus der Postmoderne macht das Begreifen unmöglich, weil er die Beziehung zwischen Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem nicht mehr zu thematisieren vermag. Wenn nur noch Vielfalt herrscht und Einzelnes und Allgemeines gewaltsam auseinandergerissen werden, bleibt die Verstandesleistung des begreifenden Subjekts auf der Strecke und die scheinbar ursprüngliche Differenz wird zum Mythos. Nicht nur dem Begriff des Allgemeinen, das ja ein noch einzulösendes ist, wird Gewalt angetan, auch dem Besonderen, dessen Unglück darin besteht, nur ein Besonderes zu sein, und das sich, weil es kein versöhnendes Ganzes gibt, dem schlecht-Allgemeinen, dem Racket nämlich, anschließen muss. – JAN HUISKENS
„Vernunft und Rationalität sind in dieser durchmedialisierten Welt chancenloser denn je. Ein unangenehmer Typ „Heckenschütze“ terrorisiert die Gesellschaft. Seine aktuelle Waffe: Der Phobienvorwurf.“ – Bettina Röhl
„Man wähnt, wenn man nach wissenschaftlichen Regeln sich richtet, dem wissenschaftlichen Ritual gehorcht, mit Wissenschaft sich umgibt, gerettet zu sein. Wissenschaftliche Approbation wird zum Ersatz der geistigen Reflexion des Tatsächlichen, in der Wissenschaft erst bestünde. […] Je tiefer man ahnt, daß man das Beste vergessen hat, desto mehr tröstet man sich damit, daß man über die Apparatur verfügt.“ (Theodor W. Adorno, Philosophie und Lehrer, AGS 10.2, 491)
„Vieles, was im Sinne von Foucaults »Mikrophysik der Macht« populär werden sollte; also die Erkenntnis, daß Macht nicht pyramidal hierarchisch, sondern durch sämtliche gesellschaftliche Bereiche hindurch wirkt, findet sich bereits in der Medizinkritik der Kritischen Theorie. Daß diese Thesen häufig übersehen wurden, mag daran liegen, daß sich Horkheimers entscheidende Äußerungen über Medizin und Psychiatrie nicht in den breit rezipierten Hauptwerken finden, sondern über die Gesamtausgabe verstreut sind. Wiemer suchte sie zusammen und zeigt, wie Horkheimer anhand der Medizin einen wesentlichen Charakterzug des modernen Kapitalismus ausmachte. Mediziner funktionieren laut Horkheimer wie fast jede wirtschaftliche Gruppe im Sinne eines Rackets. »Ein Racket«, erklärt er, »ist eine unter sich verschworene Gruppe, die ihre kollektiven Interessen zum Nachteil des Ganzen durchsetzt.« Allgemein betrachtet heißt das, daß sich die Klassengesellschaft in eine »neofeudale« Struktur verwandelt hat, innerhalb der Interessenverbände »nach dem Prinzip der Selbsterhaltung und der Machtakkumulation« funktionieren. Diesen Wandel macht Horkheimer an den Medizinern fest; und alles, was Horkheimer in seiner Kritik aussparte, von den Krankenversicherungen bis zum Pfusch in Krankenhäusern, wird von Carl Wiemer polemisch auf den neuesten Stand gebracht“ – Max Horkheimer
„Ein Shitstorm hat auch seine positive Seite. Da politisch korrekte Gülle meist in Richtung Originalität, Kreativität und Intelligenz geworfen wird, fliegt sie oft genug auf Leute, die zu lesen wirklich lohnt.“ – Evidenz-basierte Ansichten
Eine Frau wird als Frau geboren. ein Mann muß erst ein Mann werden.
Keine Paternalisierung, sondern fortschreitende Maternalisierung. Die Feminisierung und Genderisierug marginalisiert und zerstört die Vaterposition in den modernen »Gesellschaften«, die Vaterrolle erlitt allgemeine Degradierung, die Kanonisierung der Homosexulität im Speziellen und der sexuellen Diversität im Allgemeinen tilgt die noch übriggebliebenen Spuren einer Männlichkeit restlos aus, die nur noch als Schimpfwort der angeblichen „Paternalisierung“ im Jargon der Medien herumgeistert.
Post-Pop-Epoche: der Sieg der Mode über die Sitten.
„Wir brauchen schadhafte Gebäude, durch deren geborstene Wände man hindurch sehen kann, um wenigstens einen Anfang zum Denken zu gewinnen.“ – Victor Tausk
„Was man in römischer Zeit das »Abendland« und später »Europa« nennen wird, ist die politische Konsequenz des individualistischen Martyriums, das ein gesprächsfreudiger Stadtstreicher auf sich nahm, um die Legitimität des im universalistischen Dialekt vorgebrachten Neuen gegen die entkräfteten lokalen Sitten zu demonstrieren.“ – Peter Sloterdijk
„Was nützt einem die Gesundheit wenn man ansonsten ein Idiot ist.“ – Theodor Adorno
They are the samewho claimthe sex/genderwould not bebiologicallyinnate, butonlyasocialconstruct, andat the same timethathomosexualitywas not asocialconstruct, butbiologicallyinnate.