NATO has become a de facto world army, accountable only to itself…
The single biggest threat to peace and prosperity in Europe and Eurasia today is NATO. Their insistence to further inflame the Ukraine crisis by directly arming non-NATO member Ukraine is not actually provided for in NATO’s charter. Rather, it’s a move designed to escalate tensions between NATO and Russia.
The North Atlantic Treat Organisation (NATO) was originally formed after WWII to offer a binding framework for mutual security in Western Europe in the face of Soviet expansion. It advertises itself as a collective, but in reality, it mainly financed and almost exclusively run by the United States, servings an extension arm to enforce American interests overseas. After the fall of of the Iron Curtain and the break-up of the Soviet Union in 1991, instead of rolling back its activities, NATO began to rapidly expand eastward and become hyper-active in both its political and military activities.
Besides reports of promises made to Mikhail Gorbachev, not to expand NATO “as much as a thumb’s width further to the East”, Spiegel Online reports of other assurances made during German reunification:
On Feb. 10, 1990, between 4 and 6:30 p.m., Genscher spoke with Shevardnadze. According to the German record of the conversation, which was only recently declassified, Genscher said: “We are aware that NATO membership for a unified Germany raises complicated questions. For us, however, one thing is certain: NATO will not expand to the east.”
Those promises were all broken.
http://theglobalelite.org/nato-oversteps-charter-running-guns-weapons-ukraine/

Vorwärtsverteidigung
Jörg Kronauer
Konkret 07/12, S. 25
Nur noch mit Schaum vorm Mund kommentieren (bzw. Diffamieren Anm.JSB) deutsche Medien die Politik des russischen Präsidenten Putin. Sie haben Grund dazu: Sein Konzept einer Eurasischen Union konterkariert die deutscheuropäischen (und amerikanischen Anm.JSB) Ambitionen in der Region.
Moskau hat ausgedient, meint Sergei Schoigu. Die größte Stadt Europas platzt mit ihren rund zwölf Millionen Menschen aus allen Nähten; Verkehrschaos und Platzmangel sind in der dichtbesiedelten Metropole kaum noch in den Griff zu kriegen. Eine Ausdehnung des Stadtgebiets ins Umland ist seit geraumer Zeit im Gespräch. Auch Regierungsbehörden sollten aus dem Zentrum in die Moskauer Peripherie verschoben werden, um die Innenstadt zu entlasten, raten Fachleute. Da greift der langjährige Katastrophenschutzminister Schoigu, seit Mai 2012 Gouverneur der Oblast Moskau, in die Debatte ein. Anstatt die Staatsregierung an den Stadtrand zu verbannen, solle man die Hauptstadt lieber nach Sibirien verlegen, empfahl er im April in einem Rundfunkinterview: Das werde Moskau spürbar entlasten und überdies Sibirien zu einem gewaltigen Aufschwung verhelfen. Krasnojarsk zum Beispiel, verkehrsgünstig am Jenissei und der Transsibirischen Eisenbahn gelegen, ist inzwischen eine Millionenstadt; sogar eine U-Bahn wird dort gebaut. Und überhaupt: Krasnojarsk liegt viel näher am geographischen Mittelpunkt der eurasischen Macht Rußland als das allzu westliche Moskau. Sibirien, meint Schoigu, wäre als Standort einer künftigen russischen Hauptstadt bestens geeignet.
Rußland mangelt es zur Zeit sicherlich nicht an Problemen. Die Frage, ob es eine neue Hauptstadt braucht, gehört kaum zu den drängendsten. Daß aber ein erfahrener Politiker es in Betracht zieht, das traditionsreiche europäische Moskau ab- und das unbekannte asiatische Sibirien aufzuwerten, zeigt: In Rußland könnte einiges in Bewegung geraten. Dies hat viel mit den ökonomischen Schwierigkeiten zu tun, aus denen die einstige Weltmacht seit ihrem Zusammenbruch in den neunziger Jahren nicht herauskommt. Sie besitzt riesige Erdölvorräte, und sie ist der Staat mit den größten Erdgasreserven weltweit: Das reicht aus, um den Staatshaushalt in den kommenden Jahrzehnten mit erklecklichen Summen zu bedienen. Es reicht auch aus, um Deutschland und die EU in Lieferabhängigkeit zu halten. Es genügt allerdings nicht, um den weltpolitischen Einfluß auf lange Sicht zu stabilisieren. Rußland werde schwächer, ist nicht nur in US-amerikanischen, sondern auch in deutschen Think-Tanks immer häufiger zu hören. Fachleute von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) etwa beurteilen die Aussichten des Landes schlicht als »trüb«.
Wieso? Von zentraler Bedeutung sei, heißt es gewöhnlich, der Niedergang der russischen Industrie. Er wurde weltweit zum Gesprächsthema, als im Mai der neue Suchoi Superjet 100, ein Vorzeigeprojekt der russischen Luftfahrtindustrie, bei einem Demonstrationsflug in Indonesien an einem Vulkan zerschellte. Schon im Herbst hatte die SWP geurteilt, »besorgniserregende Zwischenfälle« etwa »in Wasserwerken, beim Brandschutz und bei der Flugsicherheit « zeigten, daß die Investitionen in die russische Industrie und die Infrastruktur seit vielen Jahren »weit unter dem notwendigen Niveau geblieben« seien. Technologische Rückstände, marode Betriebe – die Probleme seien gravierend, ganz besonders außerhalb der Metropolen: Schon seit Jahren, heißt es in einer Kurzanalyse des vom Kanzleramt finanzierten Think-Tanks, »vegetieren weite Teile der russischen Provinz vor sich hin«. In einigen Gebieten drohe sogar der Staatszerfall, warnt die SWP: »Mit Blick auf die prekäre Situation im Nordkaukasus « etwa kämen »Zweifel auf, inwieweit Rußland seine eigene territoriale Integrität auf Dauer wahren kann«. Ganze Regionen versänken im Chaos, und laut Meinungsumfragen stellten mittlerweile »immer mehr Russen die Zugehörigkeit der kaukasischen Föderationssubjekte zu ihrem Staat in Frage«.
Moskau versucht gegenzusteuern, nicht zuletzt in Sachen Industrie. Schon 2008 hat die russische Regierung eine »Modernisierungspartnerschaft « mit Berlin geschlossen. Der Grundgedanke ist simpel: Die deutsche Wirtschaft erhält in Rußland privilegierten Zugang, als Gegenleistung wird investiert; Deutschland gewährt dabei den dringend benötigten Technologietransfer. Als russisches Paradeprojekt gilt das »Innovationszentrum«, das in Skolkowo bei Moskau mit staatlicher Hilfe errichtet werden soll – nach dem Vorbild des Silicon Valley. Modernste Industrien und Wissenschaftseinrichtungen sollen dort zusammengeführt werden, etwa Firmen der Raumfahrt- und der Atomtechnologie. Auch deutsche Konzerne mischen mit, vor allem Siemens, und das lohnt sich zumindest für die deutsche Seite, denn es gibt umfangreiche Vergünstigungen bei Steuern und Verwaltungsverfahren. Ob Skolkowo funktioniert und die russische Industrie es wieder an die Weltspitze schafft, muß sich zeigen. Die »Modernisierungspartnerschaft« jedenfalls kann aus russischer Sicht als gescheitert gelten: Anstatt den Technologietransfer zu unterstützen, beharrt die deutsche Seite darauf, »Modernisierung« bestehe vor allem darin, in Rußland für deutsche Mittelständler günstige wirtschaftliche Bedingungen zu schaffen. Im Sinne des Moskauer Vorhabens ist das nicht.
Aus deutscher Sicht gibt es andere Gründe zur Sorge. Ein Beispiel: Rußland muß in großem Umfang Maschinen einführen; der eigene Maschinenbau gilt schlicht als »nicht weltmarktfähig «. Deutsche Maschinenbauer konnten ihren Anteil an den russischen Maschinenimporten zwischen 2006 und 2008 auf mehr als 25 Prozent steigern – ein weiterer Grund übrigens, wieso das deutsche Interesse am Technologietransfer nach Rußland nicht gerade gewaltig ist. Inzwischen allerdings stellt sich heraus, daß auch chinesische Unternehmen hochwertige Maschinen produzieren, und das viel billiger. Die Maschinenimporte aus China hätten sich »binnen der letzten Jahre vervierfacht«, klagte im April 2010 ein Vorstandsmitglied des Ost- Ausschusses der Deutschen Wirtschaft – und drang auf rasche Schritte zur Eindämmung der chinesischen Konkurrenz. Die Verschiebung der russischen Importstruktur ist in der Tat umfassend: 2010 kamen zwar 12,3 Prozent der russischen Einfuhren aus Deutschland, 15,8 Prozent jedoch bereits aus der Volksrepublik. Und Chinas Potential ist längst noch nicht ausgereizt.
Wie sehen die Perspektiven für Rußland aus, wenn es mit der Industrie weiter bergab geht und die ökonomische Konsolidierung nicht gelingt? Alexander Rahr hat die gängigen Szenarien in seinem jüngsten Rußland-Buch Der kalte Freund aufgezählt. Rahr ist einer der einflußreichsten Berliner Rußland-Experten und leitet das mit der GUS befaßte »Kompetenzzentrum « der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), das zu Ehren eines bekannten Pioniers bundesdeutsch-sowjetischer Nachkriegsgeschäfte »Berthold-Beitz- Zentrum« heißt. Läßt man die Szenarien außer Betracht, die Rahr als unwahrscheinlich einstuft – den Zerfall Rußlands oder seine Eingliederung in die EU »wie heute Frankreich oder Großbritannien« – , dann bleiben drei Optionen. Nummer eins: Rußland hält seine Stellung mit knapper Not, allerdings schrumpft sein Einfluß auf die Staaten der GUS, darunter die Ukraine, spürbar. Nummer zwei: Rußlands Position wird dramatisch schwächer; die Ukraine, Belarus und die südkaukasischen Staaten (Georgien, Armenien, Aserbaidschan) »werden Teil des Westens«, während Zentralasien »teils unter die Kontrolle von China« gerät. Rußland werde in diesem Falle »von seiner geopolitischen Bedeutung her in etwa die Rolle Brasiliens in Lateinamerika spielen«. Nummer drei: Rußland kann sich, gestützt auf seine Energiewirtschaft, einigermaßen konsolidieren, ihm gelingt die »teilweise Wiederherstellung seines Einflußgebiets « – und zwar mit Hilfe eines engen Zusammenschlusses mit seinen westlichen Nachbarstaaten (Belarus, Ukraine) und, wegen dessen umfangreicher Rohstoffvorräte, mit Kasachstan.
Nummer drei ist in etwa das, was Putin zum Programm seiner dritten Staatspräsidentschaft gemacht hat. Seine Aktivitäten werden in Deutschland genauestens beobachtet, von der SWP, aber etwa auch in den regelmäßig publizierten »Rußland-Analysen«, deren Herausgabe der Ost-Ausschuß der Deutschen Wirtschaft unterstützt. Tatsächlich hat Moskau seit den neunziger Jahren mehrfach in verschiedensten Formaten versucht, die postsowjetischen Staaten geschlossen zu organisieren und sich als Zentrum einer handlungsfähigen GUS zu konstituieren. Gelungen ist das nicht. 2006 hat Putin einen neuen Anlauf gestartet und ältere Gespräche über eine Zollunion zwischen Rußland, Belarus und Kasachstan wieder aufgenommen; 2010 führten sie zu einer Einigung. Die Zollunion soll nun ausgebaut und gleichzeitig um neue Staaten erweitert werden. An sie sind außerdem Putins Planungen für eine Eurasische Union gebunden, die auf ökonomischer Integration aufbauen und auch politische Kooperation im engeren Sinne umfassen soll. Als Vorbild nennt Putin die EU. Zwar umfaßt die Ausgangsformation, die Zollunion, mit Rußland, Belarus und Kasachstan immerhin schon drei Viertel des postsowjetischen Territoriums und 165 Millionen Menschen. Dennoch führt aus Sicht Moskaus an der Integration weiterer Länder kein Weg vorbei. »Aus russischer Sicht«, so war im Mai in den »Rußland-Analysen « zu lesen, sei »Belarus der engste Partner im eurasischen Integrationsverbund und die Ukraine jenes Land, ohne das Integration im postsowjetischen Raum äußerst unvollständig wäre «. Diese Ansicht werde von einem Großteil der russischen Bevölkerung geteilt: »Laut einer Meinungsumfrage vom September 2011 betrachtet eine Mehrheit der Russen (60 Prozent) beide Staaten« – Belarus und die Ukraine – »nicht als Ausland.«
In Berlin ist man von Putins Eurasischer Union, gelinde gesagt, nicht angetan. Deutschland hat mit der EU-Osterweiterung im Jahr 2004 große Teile seines traditionellen osteuropäischen Einflußgebiets seiner Hegemonialzone einverleibt und versucht seitdem verstärkt, weitere Teile Osteuropas fest anzubinden. Die deutsche Unterstützung für die Proteste gegen mutmaßliche Wahlfälschungen in der Ukraine Ende 2004, hierzulande als »Orangene Revolution« gefeiert, war ein erster entschlossener Schritt in diese Richtung. Die 2005 verschärfte Kampagne gegen die Regierung Lukaschenko in Belarus setzte diese Politik fort. Im Mai 2008 beschloß die EU ihre »Östliche Partnerschaft«. Offizielles Ziel des Vorhabens, das am 7. Mai 2009 in aller Form gestartet wurde, ist es, Belarus, die Ukraine und Moldawien sowie die drei südkaukasischen Länder Georgien, Armenien und Aserbaidschan an die EU »heranzuführen«. Damit ist faktisch die deutsch-europäische Dominanz über die genannten Staaten gemeint, allerdings – daran läßt in Berlin inoffiziell kaum jemand einen Zweifel – ohne jegliche Perspektive auf eine für Deutschland kostspielige EU-Vollmitgliedschaft. Ganz auf dieser Linie liegt auch das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, das die EU Ende März dieses Jahres paraphiert hat. Daß Berlin Krach schlagen würde, sobald Moskau sich bemüht, sein eigenes Einflußgebiet mit einem Projekt wie der Eurasischen Union gegen das deutsch-europäische Vordringen zu verteidigen, war klar. Dmitri Medwedew hatte als Staatspräsident versucht, Rußland in Kooperation mit Deutschland zu konsolidieren – die »Modernisierungspartnerschaft« war das Mittel seiner Wahl. Da Berlin ihm keinerlei Zugeständnisse machte und den gewünschten Technologietransfer zur Stärkung der russischen Industrie schlicht verweigerte, war die Personalrochade im Kreml nur die logische Konsequenz: Putin, der einst den Zerfall der Sowjetunion als »größte geopolitische Katastrophe des vergangenen Jahrhunderts« bezeichnet hatte, kündigte schon im Wahlkampf den Aufbau einer Eurasischen Union an. Dabei ist er mit seinen Plänen sogar einige Schritte auf Berlin zugegangen. Zwar verlangt er, die Eurasische Union solle eine eigenständige »Stütze der heutigen Welt« werden, sprich: Moskau auf Augenhöhe mit Washington, Beijing und Berlin/ Brüssel bringen. Doch stellt er der EU zugleich eine »europäisch-eurasische Partnerschaft« in Aussicht – faktisch also ein Bündnis Rußlands mit der EU unter ihrer Vormacht Deutschland.
Berlin, das in Osteuropa seine eigenen Pläne verfolgt, reagiert trotz aller Kooperationsangebote verärgert. Uwe Halbach von der SWP etwa wettert über Putins »europäisch-eurasische Partnerschaft«: »Es handelt sich um einen weiteren Versuch, gegen die transatlantische Bindung Europas vorzugehen.« Tatsächlich sind nicht wenige in Berlin einer engen deutsch-russischen Kooperation prinzipiell sehr gewogen: Schließlich verschafft sie ein Gegengewicht zur Zusammenarbeit mit den USA und erweitert damit den weltpolitischen Spielraum Deutschlands ganz erheblich. Die Auseinandersetzungen um den Überfall auf den Irak im Jahr 2003, bei denen Berlin und Moskau gegen Washington standen, ließen erahnen, welche Machtperspektiven eine Achse Berlin-Moskau prinzipiell eröffnet. Allerdings ist dabei nicht vorgesehen, daß das Moskauer Ende der Achse stark genug ist, die Drehrichtung zu bestimmen; genau darauf jedoch zielt Putin mit der Eurasischen Union.
Kein Wunder daher, daß in Berlin, das bei Bedarf stets Menschenrechte und Demokratie zur Hand hat, plötzlich Fragen aufkommen: Ist Putin wirklich, wie Ex-Kanzler Schröder meint, ein »lupenreiner Demokrat«? Ist er nicht vielmehr ein skrupelloser Machtmensch – so etwas gibt es in Deutschland bekanntlich ja nicht – , der entschlossen bekämpft werden muß? Das Putin-Bashing, das Berlin seit letztem Herbst unter der üblichen menschenrechtlich-demokratischen Kostümierung betreibt, hat allerdings noch ein zweites Ziel: Es soll nicht nur den Vorkämpfer der Eurasischen Union schädigen, sondern auch die Sympathie der noch recht schwachen, aber an Umfang und Einfluß gewinnenden russischen Mittelschichten erkämpfen, die tendenziell am liberalen Westen orientiert sind und mit Macht nach oben streben – gegen Putin und seine autoritären Herrschaftsstrukturen. Mit seinen Hilfen für die neuen urbanen Mittelschichten möchte Berlin sich auf lange Sicht verläßliche Verbündete in Moskau schaffen.
Von erheblicher Bedeutung in puncto Eurasische Union ist natürlich die Ukraine. In Berlin ist mit Sorge vermerkt worden, daß Staatspräsident Janukowitsch bereits kurz nach seinem Amtsantritt 2010 die Nutzungsgenehmigung für die russische Flottenbasis im ukrainischen Sewastopol um ganze 25 Jahre verlängert hat. Sewastopol ist der bedeutendste Standort der russischen Schwarzmeerflotte; Kiews prowestliche Vorgängerregierung hatte das Stationierungsabkommen beenden wollen. Auch weitere Maßnahmen der ukrainischen Regierung werden in Deutschland als prorussisch interpretiert, etwa das Vorhaben, das Russische zur offiziellen Amtssprache aufzuwerten. Eigentlich entspricht das nur den von Berlin meist gepriesenen Minderheitenrechten – schließlich geben rund 30 Prozent der ukrainischen Bevölkerung Russisch als ihre Muttersprache an. Aber wächst nicht Moskaus Einfluß, wenn das Russische in der Ukraine gestärkt wird? Viele Experten befürchteten, die Ukraine könne langfristig »geopolitisch abdriften«, bilanzierte im April Kai-Olaf Lang von der »Forschungsgruppe EU-Integration« der SWP. Entsprechend drischt Berlin nicht nur auf Putin, sondern auch auf die Regierung Janukowitsch ein, zumal die ukrainische Justiz mit Exministerpräsidentin Julia Timoschenko die wichtigste Parteigängerin des Westens außer Gefecht gesetzt hat. Auch im Falle der Ukraine sind Menschenrechte als Kampfmittel hilfreich. Zwar sind Hunderte Menschen wegen unzureichender medizinischer Versorgung in ukrainischer Haft ums Leben gekommen, als in Kiew noch Timoschenko regierte und die deutsche Journaille damit beschäftigt war, Polen (wegen der Kaczynskis) und China (zugunsten des Dalai Lama) als »Menschenrechtsfeinde« in Grund und Boden zu schreiben, aber Timoschenko kooperierte mit Berlin – da gab es keinen Anlaß, sich um lästige Beschwerden von Amnesty International zu kümmern.
Bei alledem gibt es einen Faktor, der die deutsche Machtpolitik in Osteuropa empfindlich stören könnte: China. Als der mutmaßlich nächste chinesische Ministerpräsident Li Keqiang Ende April Moskau besuchte, wies der Warschauer Think-Tank Osrodek Studiów Wschodnich (OSW, Zentrum für Oststudien) auf die sich rasch intensivierende Zusammenarbeit zwischen Moskau und Beijing hin. Demnach boomen nicht nur die allgemeinen Wirtschaftsbeziehungen; China bezieht mittlerweile über eine Pipeline auch Erdöl aus Rußland, Verhandlungen über Erdgaslieferungen sind ebenfalls im Gange. Lieferte Gazprom Gas in die Volksrepublik, dann wäre Europa wohl bald nicht mehr sein privilegierter Kunde; die russisch-chinesischen Beziehungen hingegen könnten weiter an Bedeutung gewinnen. Bereits jetzt, hielt das OSW fest, führten Rußland und China sogar gemeinsame Seemanöver durch.
Explizit wies das OSW auch auf ein Kooperationsformat hin, das größer ist als Putins Eurasische Union, im Gegensatz zu dieser auch schon funktioniert, aber nicht von Rußland beherrscht wird und künftig sogar von China dominiert werden könnte – die Shanghai Cooperation Organisation (SCO). Das Bündnis, 2001 gegründet, umfaßt neben politischer und ökonomischer Kooperation auch gemeinsame Militärmanöver und bindet Moskaus Aufmerksamkeit in wachsendem Maß. Es zeigt, wie sich Rußland immer stärker nach Ostasien orientiert – keineswegs nur ökonomisch, sondern auch strategisch. Wenn es mit Putins »europäischeurasischer Partnerschaft« nichts wird, weil Berlin seine eigenen Machtambitionen durchsetzen will, dann eröffnen sich für Moskau neue Chancen im Osten. Für diesen Fall aber mag es durchaus sinnvoll sein, eine Hauptstadt zu haben, die näher am Zentrum des Geschehens in Ostasien liegt und nicht so weit ab vom Schuß wie das allzu weit westliche Moskau. Zugegeben – Schoigus Vorschlag wird wohl kaum realisiert werden. Er zeigt aber, daß Rußland weiterhin ganz eigenen Kalkülen folgt.
Jörg Kronauer schrieb in KONKRET 6/12 über die syrische Opposition
Konkret 07/12, S. 25