Antisemitismus und Antizionismus in der osterreichischen Linken
von Stephan Grigat
(Weg und Ziel, 2/1998)
Wer wissen wollte, ob an der Behauptung vom linken Antisemitismus etwas dran ist, konnte seit Jahren auf eine immer umfangreicher werdende Literatur zurtickgreifen. Zum Antisemitismus bei den Friihsozialisten, in der europaischen Arbeiterbewegung des 19. und 20. Jahrhunderts und zum Verhaltnis der marxistischen Klassiker zum Judentum liegen mittlerweile zahlreiche Studien vor. Zum Antisemitismus in den Staaten des Realsozialismus ist ebenso geforscht worden wie zum antisemitisch aufgeladenen Antizionismus der Neuen Linken in den meisten westeuropaischen Landern. Die Auseinandersetzung mit Antisemitismus in der osterreichischen Linken nach 1945 befindet sich hingegen erst am Anfang.
Klassisches und Historisches
Auch wenn die iiberwiegende Mehrheit der Linken schon immer zu den entschiedensten Gegnern des Antisemitismus gehorte, laBt sich eine Tradition des linken Antisemitismus bis zum Friihsozialismus zurtickverfolgen. Von Blanqui bis Fourrier, von Saint-Simon fiber Proudhon bis Bakunin kann von der Verharmlosung antisemitischer Ressentiments bis zu offen rassistischantisemitischen Argumentationen alles nachgeweisen werden.1 Marx und Engels waren zwar keineswegs wiiste Antisemiten, wie in den einfluBreichen Arbeiten Edmund Silberners mehrfach behauptet wird,2 aber sowohl in den Marxschen FrUhschriften als auch in zahlreichen Briefen von Marx und Engels finden sich Formulierungen und Argumentationen, die ein verzerrtes Bild vom Judentum zeichnen und auf antisemitische Klischees zurtickgreifen. Die Interpretation des von Marx 1844 veroffentlichten Textes „Zur Judenfrage“ „as a call to eliminate Jews“3 beruht zwar auf einem MiBverstandnis der Marxschen Argumentation. Der Text ladt zu solchen MiBverstandnissen aber geradezu ein. Die friihe Kapitalismuskritik von Marx hat noch nicht jene Begriffsscharfe entwickelt, wie wir sie aus der Marxschen Werttheorie kennen, und die notig ist, um das Umschlagen einer Okonomiekritik in ein verfolgendes Ressentiment zu verunmoglichen oder entscheidend zu erschweren.4
In der europaischen Arbeiterbewegung — insbesondere in der deutschen — ist Antisemitismus immer wieder geleugnet, verharmlost oder entschuldigt worden. In den schlimmsten Fallen wurde er — legitimiert als konsequenter Antikapitalismus — offen propagiert. Ruth Fischer, ZK-Mitglied der deutschen KP, forderte 1923 in einer Rede: „Tretet die Judenkapitalisten nieder, hangt sie an die Laterne, zertrampelt sie !“5
Als radikalste Form eines linken Antisemitismus konnen die stalinistischen Kampagnen gegen Zionismus und Kosmopolitismus gelten.6 Die von Lenin gefiihrte Oktoberrevolution hat den russischen Juden — trotz struktureller Ahnlichkeiten der Leninschen Imperialismuskritik zum Antisemitismus7 — zunachst zahlreiche Vorteile im Vergleich zur Zarenzeit gebracht. Mit Stalin kam jedoch ein Mann an die Macht, der bereits im Kampf um Lenins Nachfolge Antisemitismus als Mittel einsetzte. Mir die spatere Entwicklung ist anzunehmen, daB Stalin sich von einem taktischen zu einem iiberzeugten Antisemiten gewandelt hat, der am Ende seines Lebens eine gewaltsame Umsiedlung der sowjetischen Juden in Erwagung zog. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstiitzte die Sowjetunion fiir kurze Zeit das Projekt der israelischen Staatsgriindung. Spatestens Ende der vierziger Jahre wurde der Antizionismus jedoch zur offiziellen Staatsdoktrin — und zu einem Element staatlicher Ideologie und Praxis, bei dem die Regierungen der SU, Polens oder auch der DDR auf die Gefolgschaft ihres Staatsvolks rechnen konnten, wie sonst bei kaum einem anderen Thema.
Wahrend es bei Lenins Antizionismus, „in der Welt vor Auschwitz, als die Begriffe noch stimmten“,8 hauptsachlich um organisationspolitische Fragen ging und der Zionismus als ein Nationalismus neben vielen anderen abgelehnt wurde, bekampfte der Antizionismus nach dem Zweiten Weltkrieg den Zionismus als eine besondere Form des Nationalismus, die prinzipiell illegitim sei und alle anderen Nationen bedrohe. In Osteuropa wurde diese Transformation durch die stalinistischen Fiihrungen vollzogen und auch nach der Entstalinisierung beibehalten. In Westeuropa war der Antizionismus nach 1945 lange eine Domane der auBeren Rechten. Mit Ausnahme der dogmatischen, an der SU orientierten kommunistischen Parteien war die Linke Westeuropas — insbesondere in der BRD — bis 1967 ausgesprochen positiv gegentiber Israel eingestellt. Nach dem Sechs-Tage-Krieg anderte sich das schlagartig. Zum einen setzte eine linke Kritik an der israelischen Regierungspolitk ein, die sich zu recht gegen den von konservativer Seite sofort erhobenen pauschalisierenden Antisemitismus-Vorwurf zur Wehr setzte. Zum anderen beginnt in dieser Zeit eine antizionistische Agitation, die eindeutige Affinitaten zum Antisemitismus aufweist, und die bald fast in der gesamten Linken hegemonial werden sollte. Am deutlichsten zeigte und zeigt sich das in der BRD.9 In der westdeutschen Linken lassen sich von der linken Sozialdemokratie, den Grtinen und Alternativen, feministischen Gruppierungen, K-Gruppen, Autonomen und Antiimperialisten bis zu den bewaffneten Gruppen AuBerungen und Aktionen finden, die jede Differenzierung zwischen Antizionismus und Antisemitismus iiberfltissig erscheinen lassen. Klassische Beispiele dafUr sind der Anschlag der „Tupamaros Westberlin“, einer Vorlaufergruppe der „Bewegung 2. Juni“, auf das jiidische Gemeindehaus in Westberlin 1969, die Lobeshymnen der RAF und anderer linker Gruppen anlaBlich der Ermordung israelischer Sportier 1972 in Mtinchen, die vor Synagogen durchgefiihrten Demonstrationen gegen den Krieg Israels im Libanon in den achtziger Jahren, die Wandparole aus der Hamburger HafenstraBe „Boykottiert ,Israel` Waren, Kibbuzim und Strande/ Palastina — das Volk wird dich befreien/ Revolution bis zum Sieg“, in der zentrale Elemente des linken Antizionismus von der Delegitimierung Israels tiber die Ignoranz gegeniiber der nationalsozialistischen Judenverfolgung bis zur Begeisterung fiir Volk und Lebensraum enthalten sind, oder jener legendare „Griine Kalender“, in dem gleich Klartext gesprochen wurde, und die Herausgeber des Kalenders die Leser aufforderten, nicht bei Juden zu kaufen. In Osterreich findet sich Ahnliches, wenn auch in abgeschwachter Form.
Rote gegen Rothschild
Der Antisemitismus in der osterreischischen Arbeiterbewegung der Ersten Rebublik ist im Gegensatz zu der Zeit nach 1945 relativ gut erforscht.10 Der Vorwurf, eine Partei fungiere als „Judenschutztruppe“, war in der Zwischenkriegszeit Allgemeingut und wurde von alien politischen Lagern gegen die jeweiligen Konkurrenten erhoben. Als spezifische Form eines sozialdemokratischen oder linken Antisemitismus kann hingegen die Agitation gegen den „reichen Juden“, gegen die „jtidische GroBbourgeoisie“ und den „jtidischen Kapitalismus“ gelten. In der osterreichischen Arbeiterbewegung der Ersten Republik war man stets bemiiht, den Antisemitismus der Massen zu bedienen, was sich unter anderem darin auBerte, daB die Personifikationen des Kapitals auf den Plakaten der Wiener Sozialdemokratie nicht selten eine Physiognomie aufwiesen, die Antisemiten fiir Juden reserviert haben. DaB die Rothschilds im Zentrum der Kritik der Sozialdemokraten standen hatte nicht nur mit dem realen EinfluB der Bankiersfamilie zu tun, sondern paBte auch hervorragend zu den strukturell antisemitischen Pramissen der grundsatzlichen Kapitalismuskritik in der Arbeiterbewegung. Nicht ganz zufallig konnte sich der radikale Antisemit Georg von Schonerer, der sich tiber Jahre mit demagogischen Angriffen gegen die Rotschilds hervortat, gewisser Sympathien bei Teilen der Sozialdemokratie erfreuen.11
Die Agitation der Sozialdemokraten beschrankte sich aber keineswegs darauf, gegen die „jtidischen Kapitalisten“ zu wettern. Es gab ebenso massive Angriffe gegen das orthodoxe Judentum und gegen die mehrheitlich zu den unterprivilegiertesten Schichten gehorenden Juden aus Osteuropa.12
Die KPO bzw. KPDO der Zwischenkriegszeit unterschied sich nicht maBgeblich von den Sozialdemokraten. Die Vorstellung, „daB die Kommunisten die einzige Partei in Osterreich blieben, in der es niemals den kleinsten Anflug von Antisemitismus gegeben hat“, und daB die KPO gegeniiber „jeder, auch nur der kleinsten antisemitischen Anwandlung“13 immun gewesen sei, blamiert sich bereits daran, daB die KPO in ihrer Propaganda gegen den Nationalsozialismus zwar durchaus auf die Unsinnigkeit der Unterscheidung von schaffendem und raffendem Kapital hingewiesen hat, aber zugleich versuchte, tiefsitzende Ressentiments zu bedienen, indem den Nazis vorgeworfen wurde, sie wurden den Kampf gegen das „jtidische Kapital“ nicht ernsthaft genug flihren.14
KPO gegen DPs
Die KPO war eine der wichtigsten antifaschistischen Krafte in Osterreich. Die Annahme, daB sie dadurch automatisch frei war von Antisemitismus, stimmt jedoch keineswegs. Auch wenn der Antisemitismus in alien anderen osterreichischen Parteien bedeutend starker verbreitet war, agierten bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit auch KPO-Funktionare in einer Art und Weise, die Antisemitismus ignorierte, antisemitische Ressentiments in der osterreichischen Bevolkerung forcierte und zum Teil selbst als antisemitisch bezeichnet werden muB.
1947 kam es in Bad Ischl wegen einer Streichung der Milchration flir Kinder zu einer Demonstration, die sich nicht in erster Linie gegen die fiir diese MaBnahme Verantwortlichen richtete, sondern gegen die in der Stadt untergebrachten „Displaced Persons“. Im Verlauf der Demonstration zog eine unter anderem von KP-Funktionaren aufgepeitschte Menge zur Unterbringung jiidischer DPs und skandierte dort nach Augenzeugenberichten Parolen wie „Schlagt die Juden tot!“ 15 Wenige Tage danach wurden sechs Personen verhaftet und im darauf folgenden ProzeB zu extrem hohen Strafen verurteilt, die spater deutlich herabgesetzt wurden. Wahrend der Unterstiitzungskampagne fiir die Verhafteten bestarkte die KPO das ohnehin in der Bevolkerung vorhandene Bild von den DPs — alien voran den jiidischen — als „Schleichhandler“, deren Vergehen nicht geahndet, sondern im Gegenteil mit zusatzlichen Privilegien belohnt wurden. Obwohl die jiidischen DPs nicht mit osterreichischen Steuergeldern finanziert wurden, stellte die „Volksstimme“ Berechnungen an, die den Osterreichern aus der Nazi-Zeit durchaus bekannt
vorgekommen sein mtissen: „600.000 DP kosten uns tiber 100 Millionen Schilling“, „460 Tageskalorien des Arbeiters essen die DP.“ 16
Auf Grund ihres engen Verhaltnisses zur KPdSU begriff es die KPO in den flinfziger Jahren offenbar als ihre Pflicht, der antizionistischen Propaganda in der Sowjetunion und in den anderen Ostblockstaaten zu bescheinigen, daB sie absolut nichts mit Antisemitismus zu tun babe. Das ging soweit, daB selbst noch die antisemitischen Schauprozesse in den fiinfziger Jahren legitimiert wurden. In der „Volksstimme“ und in „Weg und Ziel“ wurde das Vorgehen im Slansky-ProzeB in der Tschechoslowakei verteidigt,17 bei dem elf der vierzehn Angeklagten, denen vom deklarierten Antisemiten Major Smola eine „trotzkistisch-zionistisch-titoistische Verschworung“ vorgeworfen wurde,18 Juden waren. Auch der sogenannte Arztekomplott-ProzeB in der Sowjetunion, in dem sechs Juden und drei weitere Angeklagte als „Agenten des Zionismus“ wegen angeblicher Morde an hohen Staats- und Parteifunktionaren und wegen unterstellter Mordplane gegen Stalin vor Gericht standen, wurde gerechtfertigt. Die „Volksstimme“ konnte damals in den Angeklagten keine Opfer einer antisemitischen Kampagne erkennen, sondern erblickte in den Arzten die Inkarnation des Bosen: „Bestien in Menschengestalt“.19 Die Kampagne in der „Volksstimme“ wurde zusatzlich durch andere Formen der Offentlichkeitsarbeit unterstiitzt.20
Als 1968 die massiven Aktionen gegen Juden in Polen begannen, gab es innerhalb der KPO heftige Diskussionen tiber eine angemessene Reaktion. Mit tiber einem Jahr Verspatung fiihrten diese dann auch zu einer offiziellen Erklarung, in der die Besorgnis tiber die Ereignisse in Polen zum Ausdruck gebracht und der Antisemitismus in der eigenen Partei thematisiert wurde. Zusatzlich wurde der Nationalismus Israels und jener der Araber verurteilt.21 Bevor es zu dieser durchaus bemerkenswerten Resolution kam veroffentlichte die „Volksstimme“ allerdings die Rechtfertigungsversuche der polnischen KP-Fiihrung fur ihr Vorgehen gegen Juden.22 DaB KPler heute gerne darauf hinweisen, daB es in der Partei immer schon kritische Stimmen gegen den Antisemitismus in Osteuropa und in der eigenen Partei gegeben hat, ist insofern bemerkenswert, als es sich bei diesen kritischen Stimmen fast ausschlieBlich um Kommunisten handelte, die spater aus der KPO ausgetreten sind oder ausgeschlossen wurden.
Spater sah die KPO nicht nur die Staaten des Realsozialismus Angriffen durch die scheinbar weltumspannende zionistische Lobby ausgesetzt, sondern erblickte, passend zu ihrer nationalen Orientierung, auch in Osterreich das „Opfer einer zionistischen Kampagne“.23 Den AnlaB daftir bot die internationale Kritik an der Entscheidung der damaligen osterreichischen Bundesregierung, das Durchgangslager fiir sowjetische Juden in Schonau zu schlieBen. Osterreich hatte damals der Jewish
Agency Transitlager zur Verftigung gestellt, fiber die seit Beginn der siebziger Jahre zehntausende Juden aus der Sowjetunion nach Israel ausreisen konnten. 1973 nahmen zwei Mitglieder der prosyrischen Gruppe „Adler der palastinensischen Revolution“ drei jiidische Emigranten und einen Milner in Osterreich als Geiseln und forderten die Beendigung der Einwanderung osteuropaischer Juden nach Israel. Nach Verhandlungen mit der Kreisky-Administration kamen die Geiseln frei. Die Gegenleistung der osterreichischen Regierung bestand in der SchlieBung des Durchgangslagers Schonau. StoBt ein Nachgeben gegentiber bewaffneten linken Gruppen in der Regel auf scharfe Kritik, war die Begeisterung fiber die SchlieBung dieses Lagers in Osterreich nahezu einhellig.24 Auch die KPO begrtiBte das Ende der „zionistische(n) Menschenschmugglerzentrale“.25 Der Kommunistische Bund Wien feierte die Erschwerung der jiidischen Emigration zwar als Etappensieg, stieB sich aber an der angeblich fortbestehenden „protozionistischen Haltung der osterreichischen Regierung“.26
Autonome gegen Israel
Seit 1968 forcierte die KPO ihre Kritik an Israel. Auch in den siebziger Jahren wurde ein Zusammenhang zwischen Antizionismus und Antisemitismus vollig ausgeschlossen.27 Zunehmend wichtig wurde seit dieser Zeit der Antizionismus der Neuen Linken. Seit Beginn der siebziger Jahre wird von linken osterreichischen und arabischen Gruppen vor allem an der Wiener Universitat Propaganda gegen Israel betrieben, die sich in einigen Punkten nur mehr marginal von den zeitgleich verbreiteten Schriften rechter Gruppierungen unterscheidet. Der Kommunistische Bund Wien betrieb eine spezifische Form linker Vergangenheitsbewaltigung. Die Maoisten schrieben, daB durch die israelische Repression „die gleichen Praktiken von den zionistischen Machthabern gegen das palastinensische Volk“28 angewendet wiirden, wie sie die Nazis gegen die Juden angewendet haben. Den Beweis ftir die Existenz von israelischen Lagern, in denen eine btirokratisch organisierte und industriell betriebene Massenvernichtung von Menschen stattfindet, blieben sie verstandlicherweise schuldig.
In den achtziger Jahren fiihren die Aktivitaten von Linken und Griin-Alternativen mehrfach zu Protesten in jiidischen Zeitschriften. Nachdem 1982 auf einer Demonstration die Parole „Begin ist ein Nazi-Faschist!“ gerufen wurde und 1983 in einem Demonstrationsaufruf der Alternativen Liste Wien und der Gewerkschaftlichen Einheit vom „vorsatzlichen Genozid“ an den Palastinensern die Rede war, wurde die Linke von der „Gemeinde“, dem offiziellen Organ der Israelitischen Kultusgemeinde, mit dem Vorwurf der Geschichtsentsorgung konfrontiert.29
Seit den neunziger Jahren wird ein antisemitisch aufgeladener Antizionismus in Osterreich unter anderem in einigen trotzkistischen Gruppen und vor allem von einer aus dem autonomen und antiimperialistischen Milieu stammenden Gruppierung propagiert. 1990 fiihrte die „autonome Palastina-Gruppe“ Interviews und Veranstaltungen mit dem volkisch-stalinistischen Antizionisten Karam Khella durch, der in seinen Schriften die Ansicht vertritt, die Juden seien, solange sie am Zionismus festhielten, selbst Schuld an ihrer Verfolgung. Bis heute werden Karam Khellas Schriften auf zahlreichen Veranstaltungen von Palastina-Soligruppen verkauft.
Die Kritik an solchen Formen des Antizionismus blieb zumeist zaghaft. Die Redaktion des autonom-umweltbewegten „Tatblatt“ erkannte zwar den Antisemitismus bei Karam Khella und der „autonomen Palastina-Gruppe“, schmetterte am Ende ihrer Stellungnahme dazu aber die Parole „Boykottiert Waren aus Israel“30 heraus. Sie belegte damit nicht nur ihre historische Amnesie, sondern dokumentierte auch, daB sie einer verkiirzten, auch dem Antisemitismus — wenn auch mit anderen Vorzeichen — nicht unbekannten Kapitalismuskritik anhangt, die glaubt, zwischen guten und schlechten Waren und guten und schlechten Kapitalisten unterscheiden zu konnen.
Zahlreiche Versatzstticke eines antizionistischen Weltbildes finden sich bei der „Kampagne Tawfik Ben Ahmed Chaovali“, die sich ftir die Freilassung des wegen eines Anschlags auf den El-AlSchalter im Wiener Flughafen inhaftierten Chaovali einsetzt. In einem Flugblatt verktindete die Kampagne die atemberaubende Neuheit, daB Israel „seit Beginn seines Bestehens seine Existenz auf Gewalt gegriindet“ hat. Dabei wird so getan, als ware das eine Besonderheit des israelischen Staates. Dieser massiven Kritik an Israel entspricht die vollige Abwesenheit einer grundsatzlichen Staatskritik in antizionistischen Kreisen. Was man an Israel kritisiert — seine Staatsgewalt und seine Nationswerdung inklusive der nationalen Mythen — wiinscht man sich ftir die palastinensischen Briider und Schwestern. Staat und Nation sind im BewuBtsein der meisten Antizionisten Erftillungsgehilfen auf dem Weg zur Emanzipation — es sei denn, sie werden von Juden in Anspruch genommen.
Die Flugblattschreiber wissen zwar von „Deportationen jiidischer Menschen aus Osteuropa und Nazi-Deutschland nach Palastina“ zu berichten, aber fiber die tatsachlichen Deportationen nach Auschwitz und Treblinka schweigen sie sich aus. Mit ihrem Hinweis auf angebliche Deportationen von Juden nach Palastina spielt die Kampagne auf einen Dauerbrenner antizionistischer Agitation an: die angebliche Zusammenarbeit von Zionisten und Nazis, die nach Meinung einiger Antizionisten bis in die Vernichtungslager hinein funktioniert habe. Zumeist beziehen sie sich dabei auf das Haavara-Transferabkommen, das von den Nazis mit einigen Vertretern zionistischer Organisationen geschlossen wurde. Es hatte aus zionistischer Sicht die Aufgabe, einen Teil des jiidischen Vermogens aus Deutschland zu retten, wurde von zahlreichen Juden — auch von zionistischen — heftig kritisiert und kann keineswegs als ein Beleg ftir eine Mittaterschaft zionistischer Gruppen an den Verbrechen des Nationalsozialismus interpretiert werden. Organisationen wie die „Zionistische Vereinigung fiir Deutschland“ glaubten zwar, daB ihnen der NS-Antisemitismus helfen konnte, ihre Positionen gegentiber den liberalen Juden Deutschlands besser zu vertreten. Das bedeutet aber nicht, daB sie die NS-Herrschaft begrtiBt hatten.31
Zum standigen Hinweis auf eine angebliche Zusammenarbeit von Zionisten und Nazis paBt die vollige Ignoranz der Antizionisten gegentiber den Sympathien, die zahlreiche Palastinenser ftir den Nationalsozialismus empfunden haben. Ein deutliches Zeichen dieser Sympathie setzte der GroBmufti von Jerusalem el-Husseini, als er 1941 Hitler eine Visite abstattete und seater mit Eichmann die nationalsozialistischen Vernichtungslager begutachtete.32 Nach 1933 gab es in der arabischen Welt zahlreiche Versuche, nationalsozialistische und faschistische Parteien zu gninden.33
Die vermeintliche Kollaboration zwischen Nazis und Zionisten ist schon so ziemlich alles, was radikale Antizionisten tiber die NS-Zeit mitzuteilen haben. Vom Antisemitismus, der sich laut einer Broschiire der Kampagne gegen „Menschen jiidischen Glaubens“34 richtet, als hate es sich bei der Judenverfolgung und -vernichtung im 20. Jahrhundert um eine religiose Auseinandersetzung gehandelt, verstehen sie nichts. Ober den Zionismus hingegen wissen sie scheinbar alles. Kein Antizionist, der nicht samtliche Zionisten-Kongresse seit Ende des 19. Jahrhunderts aufzahlen und auswendig aus der Balfour-Deklaration und Herzls „Judenstaat“ zitieren kann. Eine Diskussion tiber derartiges ertibrigt sich. Der eigentliche Grund fiir die israelische Staatsgrtindung ist nicht in Basel, sondern in Auschwitz zu finden. Auch wenn die zionistischen Gruppen in Palastina mit ihren Aktivitaten bereits gezeigt hatten, daB das Projekt einer jiidischen Staatsgriindung vielleicht moglich ist, hat doch nichts so sehr wie der nationalsozialistische Vernichtungsantisemitismus gezeigt, daB es auch notig ist. Die ganze Perfidie antizionistischer Argumentation kommt zum Vorschein, wenn die zentrale Rolle von Auschwitz zwar anerkannt, aber die Massenvernichtung dann gerade deshalb als eine Art Koproduktion von Nazis und Zionisten dargestellt wird.
Bei all ihren Bemiihungen geht es den linken Antizionisten in Osterreich um dasselbe wie ihren autonomen und antiimperialistischen Genossen und Genossinnen in der BRD und in anderen Landern. Auch in einer Zeit, wo selbst linke Vertreter des palastinensischen Widerstands selbstkritisch eingestehen, daB sie die „soziale Frage“ zugunsten der „nationalen Befreiung“ straflich vernachlassigt haben, wollen sie sich am „Kampf der Volker um ihre Befreiung“ beteiligen. Der Einzelne geht bei ihnen auf im Kampf fiir das GroBe und Ganze — fiir die Volksgemeinschaft. Mit der Unterstiitzung von individualistischen, gar die eigenen Interessen wahrnehmenden Menschen batten sie wohl ihre Probleme. Wie gut, daB „Tawfik nicht aus personlichen Motiven (handelt), sondern aus der Uberzeugung, etwas fiir sein Volk tun zu mtissen.“35 Angesichts der Begeisterung fiir solch einen volkischen Vorkampfer — zumindest wird er von seinen Unterstiitzern als solcher dargestellt — ist es kein Wunder, wenn man sich in Osterreich fiber die Beitrage von Rainer Dittrich aus Liibeck, freut, der sich um die „schacherei (…) um palastinensischen boden“ Sorgen macht und mit dem National-Kitsch eines Fatha-Liedes aufwartet: „mein land, mein land/ al fatah, die revolution, fiihrt uns gegen/ den feind!/ palastina, du bist das land unserer eater,/ zu dir werden wir zurtickkehren.“36
Wahrend es fiir die meisten Antizionisten feststeht, daB Juden weder ein Volk noch eine Nation sind, konnen sie von Palastinensern kaum mehr anders reden als in der kollektivierenden Form des „palastinensischen Volkes“. Derartiges ist typisch fiir eine Linke, die ihre Solidaritat mit Menschen nur dann in Gang setzen kann, wenn sie die Objekte ihrer Solidaritat zuvor zu Volkern kollektiviert oder deren Selbstkollektivierung iibernommen hat. DaB die Palastinenser ein Volk sind, steht fiir den Antizionismus auBer Zweifel. SchlieBlich haben sie, angeblich anders als die Juden, einen Boden, der ihnen rechtmaBig zustehe. Nimmt man die antizionistische Propaganda beim Wort, so sind es nicht die Menschen, sondern der Boden, der befreit werden muB. Versprach man in der eingangs erwahnten Parole aus der Hamburger HafenstraBe diesem auf den Namen „Palastina“ getauften Stuck Erde: „Das Volk wird dich befreien“, so versichert man ihm in Wien: „Dein Volk wird siegen!“37 Menschen konnen sich von Ausbeutung und Herrschaft befreien. Ein Stuck Erde hingegen kann nicht von Unterdrtickung, sondern nur von auf ihm lebenden Menschen „befreit“, also gesaubert werden. Diese Menschen sind in diesem Fall die in Israel lebenden Juden.
Ein radikaler Antizionismus scheint heute in der osterreichischen Linken weniger stark verbreitet zu sein als in den achtziger Jahren. Dennoch existieren auch aus jiingster Zeit mehrere Beispiele ftir tendenziell oder auch manifest antisemitische Argumentationen, die als Antizionismus daherkommen. Am 22. September letzten Jahres fand in Wien anlaBlich des Besuches des israelischen Ministerprasidenten Netanjahu eine Demonstration statt, bei der auf Transparenten die vollig undifferenzierte Gleichsetzung „Rassismus = Zionismus“ zu lesen war, und auf der in den Redebeitragen das komplette Programm antizionistischer Verschworungstheorien runtergeleiert wurde. Am 20. November letzten Jahres veranstaltete der KSV eine Diskussion zum Thema „Antiimperialismus — Antizionismus — Antisemitismus“, auf der ein Vertreter der Palastinensischen Jugendorganisation permanent auf die angebliche Kollaboration der Zionisten mit den Nazis hinwies und die ‚lige verbreitete, Antisemitismus babe es auBerhalb Europas nie gegeben. Ein Vertreter der trotzkistischen RKL nahm sich kein Blatt vor den Mund und hielt ein flammendes Pladoyer fiir die — nein, nicht bloB „Zerstorung“, wie das normalerweise im marxistischen Sprachgebrauch beztiglich biirgerlicher Staatsgewalt heiBt — sondern fiir die „Vernichtung“ des Staates Israel.3 8
Struktureller Antisemitismus
Auch wenn angesichts der zahlreichen nationalen und sozialen Befreiungsbewegungen im Trikont bereits die Fixierung gerade deutscher und osterreichischer Antiimperialisten auf den Konflikt in Israel und Palastina verdachtig ist, kann dennoch nicht jede Kritik an Politik, die in Israel gemacht wird, als antisemitisch diskreditiert werden. Es geht nicht darum, ob man Israel kritisieren darf, sondern darum, wie man es kritisiert. Nicht jeder antizionistischen AuBerung liegt Antisemitismus zugrunde. Ob Antizionisten fiir eine Kritik, die auf den latenten oder auch manifesten Antisemitismus ihrer Argumentation hinweist, offen sind, oder ob sie solche Kritik nur als Beweis ftir den weltweiten Meinungsterror der „zionistischen Lobby“ ansehen, ist ein relativ eindeutiges Entscheidungskriterium daftir, ob dem Antizionismus ein gefestigtes antisemitisches Weltbild zugrunde liegt oder nicht. Aber selbst wenn es so etwas wie einen unschuldigen Antizionismus geben mag, muB auch ihm gegeniiber eingewendet werden, daB sich „das unschuldigst vorgetragene richtige Argument vor dem Hintergrund falschen BewuBtseins in einen intellektuellen Irrlaufer verwandel(t).“39 Prinzipiell ist darauf zu beharren, daB ein sich als linksradikal verstehender Antizionismus strenggenommen schon vom Begriff her unsinnig ist. Ware die Linke so antinational, wie es sich gehoren wiirde, hate sie selbstverstandlich Schwierigkeiten mit der nationalen Ideologie des Zionismus. Das ware dann aber nichts Besonderes und brauchte daher auch nicht als Antizionismus proklamiert zu werden. SchlieBlich sind auch Linke, die sich ftir Kurden engagieren, vielleicht antikemalistisch eingestellt, treten in der Regel aber nicht als „Antikemalisten“ in Erscheinung, und Menschen, die sich mit der Polisario solidarisieren, interessieren sich vermutlich herzlich wenig fiir den spezifischen Namen der marokkanischen Nationalideologie.
Die Existenz von Antisemitismus in der Linken ist evident. Im Antizionismus tritt er als eine
spezifische Form des Antisemitismus nach Auschwitz auf, der sich aus Mangel an konkreten
HaBobjekten gegen den kollektiven Juden, den Staat Israel, richtet. DaB die im Antizionismus durchaus angelegten Vernichtungsphantasien nicht Reahat geworden sind, verdankt sich der israelischen Staatsgewalt.
Antisemitismus in der Linken manifestiert sich aber nicht nur im Antizionismus. Heute, da es auch innerhalb der osterreichischen Linken massive Kritik an antizionistischen Gruppen gibt,40 ware vor allem eine Diskussion tiber strukturellen Antisemitismus wiinschenswert. Ein zentrales Moment des modernen Antisemitismus ist der HaB auf die abstrakte Seite der kapitalistischen Warenproduktion, die in den Juden biologisiert wird. Am deutlichsten wurde das bei der im Nationalsozialismus vorgenommenen Trennung in deutsches „schaffendes Kapital“ und jiidisches „raffendes Kapital“. Die Grundlage dieser Trennung ist aber keineswegs eine Erfindung der nationalsozialistischen Ideologie, sondern vielmehr die tendenziell alien Subjekten der biirgerlichen Gesellschaft gelaufige Unterscheidung in Arbeitsplatze schaffende Industriekapitalisten einerseits und das scheinbar unproduktive Kapital der Zirkulationssphare andererseits. Gerade in den heutigen Debatten tiber die Globalisierung finden sich auch in der Linken zahlreiche Argumentationen, die zwar nicht unbedingt inhaltliche Affinitaten, aber eben strukturelle Ahnlichkeiten zum Antisemitismus aufweisen.
Es ist auffallend, daB der linke Antisemitismus fast nie im Zusammenhang mit einer Kritik an linker Ideologie behandelt wurde. Der Antizionismus in den ehemaligen Landern des Realsozialismus wird in der Regel ausschlieBlich als taktisches Manover der Staatsftihrung verstanden, anstatt ihn in Beziehung zum Marxismus-Leninismus zu setzen. Die Kritiker des linken Antisemitismus haben haufig ein ahnlich verkiirztes, funktionalistisches Antisemitismusverstandnis wie die von ihnen Kritisierten. Auch die antisemitischen Tendenzen im Antizionismus der Neuen Linken in Westeuropa werden meistens nur konstatiert, aber selten erklart.
Antisemitismus in der Linken hat etwas mit den vorherrschenden linken Vorstellungen von Kapitalismus und Imperialismus, von Staat und Nation, von Faschismus und Nationalsozialismus zu tun. In weiten Teilen der Linken ist der Nationalsozialismus darauf reduziert worden, eine besonders abscheuliche, von den aggressivsten Fraktionen der Bourgeoisie dominierte Form von Klassenherrschaft zu sein. Der Vernichtungsantisemitismus der Nazis ist lange weitgehend ignoriert, oder aber lediglich als ein Mittel zur Durchsetzung etwas auBerhalb seiner selbst, als Herrschaftsmittel und Ablenkungsmanover, begriffen worden.41 Kapitalismus wird in der traditionellen Linken nicht als fetischisierte gesellschaftliche Totalitat begriffen, an der die Verdinglichung der sozialen Beziehungen zwischen den Menschen zu kritisieren ware, sondern als eine Addition aller Kapitalisten, denen die Arbeiterklasse als prinzipieller Antagonismus scheinbar unversohnlich gegeniiber steht. „So entsteht zwangslaufig ein binares und verdinglichendes, ein personalisierendes und moralisierendes Denken, das eine Clique von bosen Herrschenden annehmen muB, die mittels direkter Repression, Korruption durch Sozialpolitik und gemeiner Propaganda in den Medien die Guten, die Beherrschten, niederhalten.“42 Das zu Kritisierende, das zu Bekampfende, das Abzuschaffende ist dadurch — und darin besteht die fatale strukturelle Ahnlichkeit zum Antisemitismus — nicht mehr ein gesellschaftliches Verhaltnis, sondern es sind Menschen, die einen Teil, eine Seite dieses gesellschaftlichen Verhaltnisses vermeintlich oder tatsachlich reprasentieren.
Mit ihrem verkiirzten Imperialismusverstandnis haben groBe Teile der Linken Herrschaft auf Fremdherrschaft und Kapitalismus auf Ausbeutung durch fremdes Kapital reduziert. Die unkritische Bezugnahme auf den Befreiungsnationalismus im Trikont flihrte zur Affirmation von Herrschaftskategorien wie Staat, Nation und Volk. Ein solcher Antiimperialismus, der zwischen der Kritik imperialistischer Politik einerseits und der vorbehaltlosen Parteinahme ftir die Opfer solcher Politik andererseits nicht unterscheiden kann, fiihrt nahezu zwangslaufig zur Kollaboration mit diversen Diktatoren, volkischen Nationalisten und Antisemiten.
Diese aus der Legitimationsideologie des Stalinismus — dem Marxismus-Leninismus — sich speisende Weltanschauung, die „idealtypisch als antiimperialistisches Weltbild“43 bezeichnet werden kann, weist zahlreiche strukturelle Affinitaten zum Antisemitismus auf. Der Antizionismus der Linken „ist die Anwendung des antiimperialistischen Schemas auf den Konflikt zwischen Israel und der palastinensischen nationalen Befreiungsbewegung. Darin fiihrt die strukturelle Affinitat zur teilweisen inhaltlichen Affinitat: Das antiimperialistische Weltbild ist den antisemitischen Stereotypen gegeniiber nicht nur nicht immun, sondern es tendiert, wird es zum Antizionismus konkretisiert, dazu, diese selbst hervorzubringen.“44
Eine Linke, die den Nationalsozialismus nur als besonders extreme Form der Unterdrtickung der Arbeiterklasse begreift, vom nationalen Konsens und von Auschwitz aber nichts wissen will, die staatsapologetisch argumentiert, anstatt in der staatsbiirgerlichen Vorstellung vom „Allgemeinwohl“ die Ideologie der Volksgemeinschaft zu erkennen, die nicht die fetischisierte Herrschaftsform der Nation, sondern nur „iibertriebenen“ Nationalismus ablehnt, die den Wert affirmiert, aber die angeblichen „Auswiichse“ des freien und wurzellosen Kapitalismus anprangert, die permanent eine personalisierende Kapitalismus- und Staatskritik betreibt und daher nicht Politik als Formprinzip, sondern Politiker und nicht das Kapitalverhaltnis, sondern die Kapitalisten kritisiert, wird sich immer in einer gefahrlichen Mlle zum Antisemitismus bewegen.
Anmerkungen
1 Vgl. Brumlik, Micha: Antisemitismus im Friihsozialismus und Anarchismus. In: Brumlik,
Micha/ Kiesel, Doron/ Reisch, Linda (Hg.): Der Antisemitismus und die Linke. Frankfurt/M. 1991, S. 7ff.
2 Vgl. Silberner, Edmund: Sozialisten zur Judenfrage. Berlin 1962. Vgl. auch Silberner,
Edmund: Kommunisten zur Judenfrage. Zur Geschichte von Theorie und Praxis der Kommunisten. Opladen 1983. Ahnlich undifferenzierte Vorwiirfe finden sich auch bei Broder, Henryk M.: Der ewige Antisemit. Ober Sinn und Funktion eines bestandigen Gefiihls. Frankfurt/M. 1986, S. 30, S. 107, S. 211ff. Zur Kritik an Silberners Thesen siehe Claussen, Detlev: Grenzen der Aufklarung. Die gesellschaftliche Genese des modernen Antisemitismus. Frankfurt/M. 1994, S. 85ff. Siehe auch Haug, Wolfgang Fritz: Antisemitismus aus marxistischer Sicht. In: Strauss, Herbert A./ Kampe, Norbert (Hg.): Antisemitismus. Von der Judenfeindschaft zum Holocaust. Frankfurt/M. — New York 1985, S. 234ff.
3 Carlebach, Julius: Karl Marx and the Radical Critique of Judaism. London 1978, S. 405.
4 Vgl. dazu Elsasser, Jiirgen: Antisemitismus — das alte Gesicht des neuen Deutschland.
Berlin 1992, S. 113. Es sei hier aber darauf hingewiesen, daB sich selbst noch im „Kapital“ Formulierungen fiber Juden und das Judentum finden, die einen bei der Lektiire zumindest stocken las sen.
5 Vgl. dazu Kniitter, Hans-Hellmuth: Die Juden und die deutsche Linke in der Weimarer
Republik. Diisseldorf 1984, S. 179f.; Flechtheim, Ossip K.: Die KPD in der Weimarer Republik. Hamburg 1986, S. 141; Silberner: Kommunisten zur Judenfrage, a. a. 0., S. 268.
6 Zum antisemitischen Antizionismus in den ehemaligen Ostblockstaaten existiert zahlreiche Literatur von sehr unterschiedlicher Qualitat. Hier seien nur einige Titel genannt. Pommer, Hans Jorg: Antisemitismus in der UdSSR und in den Satellitenstaaten. Bern 1963; Abosch, Hans: Antisemitismus in RuBland. Eine Analyse und Dokumentation zum sowjetischen Antisemitismus. Darmstadt 1972; Fejto, Francois: Judentum und Kommunismus. Antisemitismus in Osteuropa. Wien — Frankfurt/M. — Ziirich 1967; Lendvai, Paul: Antisemitismus ohne Juden. Entwicklungen und Tendenzen in Osteuropa. Wien 1972; Brod, Peter: Die Antizionismus- und Israelpolitik der UdSSR. Voraussetzungen und Entwicklung bis 1956. Baden-Baden 1980; Rapoport, Louis: Hammer, Sichel, Davidstern. Judenverfolgung in der Sowjetunion. Berlin 1992; Poliakov, Leon: Vom Antizionismus zum Antisemitismus. Freiburg i. Br. 1992; Timm, Angelika: Hammer, Zirkel, Davidstern. Die SED und der Staat Israel. Bonn 1997.
7 Vgl. Elsasser, Jiirgen: Nationaler Sozialismus und Antisemitismus. In: „Bahamas“, Nr. 12,
1993, S. 10; Bosch, Robert: Unheimliche Verwandtschaft. Anmerkungen zum Verhaltnis von Marxismus-Leninismus und Antisemitismus. in: „Krisis“, Nr. 16/17, 1995, S. 161ff.
8 Diner, Dan: Tauschungen: Israel, die Linke und das Dilemma der Kritik. In: Brumlik/
Kiesel/ Reisch, a. a. 0., S. 78.
9 Vgl. dazu beispielsweise Broder, a. a. O.; Brumlik, Micha: Die Angst vor dem Vater.
Judenfeindliche Tendenzen im Umkreis neuer sozialer Bewegungen. In: Silbermann, Alphons/ Schoeps, Julius (Hg.): Antisemitismus nach dem Holocaust. KOln 1986; Kloke, Martin W.: Israel und die deutsche Linke. Zur Geschichte eines schwierigen Verhaltnisses. Frankfurt/M. 1990; Ludwig, Andrea: Israel-Kritik von links. Uber die Auseinandersetzung in der bundesdeutschen Linken seit 1967. Schriftenreihe „Berliner Arbeitshefte und Berichte zur sozialwissenschaftlichen Forschung“, Nr. 69, Berlin 1992; Schneider, Karlheinz/ Simon, Niklaus (Hg.): Solidaritat und deutsche Geschichte. Die Linke zwischen Antisemitismus und Israelkritik. Schriftenreihe des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises fiir Frieden im Nahen Osten e. V., Bd. 9, Berlin 1987; Wetzel, Dietrich (Hg.): Die Verlangerung der Geschichte. Deutsche, Juden und der Palastinakonflikt. Frankfurt/M. 1983; Baader, Maria/ Magiriba-Lwanga, Gotlind: „Losung der Frauenfrage.“ In: „Konkret“, Heft 9, 1990, S. 59ff. Mir die franzosische Linke siehe Poliakov, a. a. 0., S. 103ff. Fiir die Linke in den USA siehe Lerner, Michael: Amerikanische Linke und Antisemitismus. Uber fortschrittliche Politik in Zeiten gesellschaftlicher Sinnkrisen. In: Werz, Michael (Hg.): Antisemitismus und Gesellschaft. Zur Diskussion um Auschwitz, Kulturindustrie und Gewalt. Frankfurt/M. 1995, S. 159ff.
10 Siehe beispielsweise Barkai, A.: The Austrian Social Democrats and the Jews. In: Wiener
Library Bulletin, 24, 1970, Nr. 18/19, S. 16-22; Binder, D. A.: Der „reiche Jude“. Zur sozialdemokratischen Kapitalismuskritik und zu deren antisemitischen Feindbildern in der Ersten Republik. In: Geschichte und Gegenwart, Bd. 4, 1985, S. 43-53; Bunzl, John: Arbeiterbewegung, Judenfrage und Antisemitismus. Am Beispiel des Wiener Bezirks Leopoldstadt. In: Botz, Gerhard u. a. (Hg.): Bewegung und Klasse. Studien zur osterreichischen Arbeitergeschichte. Wien 1978; Wistrich, Robert S.: Socialism and the Jews. The Dilemmas of Assimilation in Germany and Austria-Hungary. London 1982; Wistrich, Robert S.: Sozialdemokratie, Antisemitismus und die Wiener Juden. In: Botz, Gerhard/ Oxaal, Ivar/ Pollak, Michael (Hg.): Eine zerstorte Kultur. Jiidisches Leben und Antisemitismus in Wien seit dem 19. Jahrhundert. Buchloe 1990, S. 169180; Steinbauer, Sylvia: Antisemitismus in der Ersten Republik Osterreich. Ein Phanomen mit vielen Gesichtern. Betrachtet im Spiegel zeitgenossischer Quellen unter besonderer Berticksichtigung der Karikatur in der periodischen Publizistik. Diss., Wien 1996.
11 Vgl. Arendt, Hannah: Elemente und Urspriinge totaler Herrschaft. Mtinchen 1986, S. 91.
12 Vgl. Binder, a. a. 0., S. 48.
13 Fuchs, Georg: Antisemitismus, Zionismus und Arbeiterbewegung. In: Standpunkte und
Dokumente, Nr. 4, 1969, S. 8.
14 Vgl. dazu Bunzl, John: Zur Geschichte des Antisemitismus in Osterreich. In: Bunzl, John/
Marin, Bernd: Antisemitismus in Osterreich. Sozialhistorische und soziologische Studien. Innsbruck 1983, S. 55f.
15 Vgl. dazu und zum Folgenden Reiter, Margit: „In unser aller Herzen brennt dieses Urteil.“
Der Bad Ischler „Milch-ProzeB“ von 1947 vor dem amerikanischen Militargericht. In: Gehler, Michael/ Sickinger, Hubert (Hg.): Politische Affaren und Skandale in Osterreich. Von Mayerling bis Waldheim. Thaur — Wien — Mtinchen 1995, S. 323ff.
16 „Volksstimme“, 15. 10. 1947.
17 Vgl. „Volksstimme“, 28. 3. 1952 ; 1. 11. 1953; Rosner, J.: Kosmopolitismus und
Internationalismus. In: „Weg und Ziel“, Nr. 2, 1953, S. 106; L. S.: Antisemitismus und Zionismus. In: „Weg und Ziel“, Nr. 3, 1953, S. 208.
18 Vgl. Wistrich, Robert S.: Der antisemitische Wahn. Von Hitler bis zum Heiligen Krieg
gegen Israel. Ismaning 1987, S. 351.
19 „Volksstimme“, 11. 2. 1953, S. 2.
20 Vgl. Keller, Fritz: Die KPO und die Schauprozesse in Osteuropa 1948 bis 1953. In:
Maderthaner, Wolfgang/ Schafranek, Hans/ Unfried, Berthold (Hg.): „Ich babe den Tod verdient.“ Schauprozesse und politische Verfolgung in Mittel- und Osteuropa 1945-1956. Wien 1991, S. 200.
21 Vgl. dazu Spira, Leopold: Ein gescheiterter Versuch. Der Austro-Eurokommunismus. Wien
– Mtinchen 1971, S. 158ff.; Spira, Leopold: Feindbild „Jud“. 100 Jahre politischer Antisemitismus in Osterreich. Wien – Mtinchen 1981, S. 127f.; Spira, Leopold: Antisemitismus in der KPO. In: Jiidisches Museum der Stadt Wien (Hg.): Die Macht der Bilder. Antisemitische Vorurteile und Mythen. Wien 1995, S. 288f.; Meisl, Josef: Die Mauer im Kopf. Erinnerungen eines ausgeschlossenen Kommunisten 1945-1970. Wien 1986, S. 187ff.; Reiter, Margit: Zwischen Antifaschismus und Patriotismus. Die Haltung der KPO zum Nationalsozialismus, Antisemitismus und Holocaust. In: Bergmann, Werner/ Erb, Rainer/ Lichtblau, Albert (Hg.): Schwieriges Erbe. Der Umgang mit Nationalsozialismus und Antisemitismus in Osterreich, der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt/M. – New York 1995, S. 188.
22 Vgl. „Volksstimme“ 14. 3. 1968, S. 2; 15. 3. 1968, S. 4; 16. 3. 1968, S. 4; 21. 3. 1968, S. 3.
23 „Volksstimme“, 2. 10. 1973.
24 Vgl. Embacher, Helga/ Reiter, Margit: Gratwanderungen. Die Beziehungen zwischen
Osterreich und Israel im Schatten der Vergangenheit. Wien 1998, S. 162ff.
25 „Volksstimme“, 30. 9. 1973.
26 „Klassenkampf“, Nr. 1, 1973.
27 Vgl. Priester, Eva: Ist Antizionismus „Antisemitismus“? In:“Weg und Ziel“, Nr. 12, 1973, S.
473ff.
28 „Klassenkampf“, Nr. 1, 1973.
29 Vgl. „Die Gemeinde“, 25. 1. 1983, S. 9.
30 „Tatblatt“, 24. 4. 1990.
31 Vgl. Nicosia, Francis R.: Zionismus und Antisemitismus im Dritten Reich: Folgen fiir die
Zeit nach dem Holocaust. in: Steininger, Rolf (Hg.): Der Umgang mit dem Holocaust. Europa —USA — Israel. Wien — Köln — Weimar 1994, S. 63.
32 Vgl. Heinsohn, Gunnar: Was ist Antisemitismus? Der Ursprung von Monotheismus und
JudenhaB. Warum Antizionismus? Frankfurt/M. 1988, S. 101ff.
33 Vgl. Nicosia, Francis R.: The Third Reich and the Palestine question. London 1985.
34 Info zu Tawfik Ben Ahmed Chaovali, Nr. 1, 1995, S. 7f.
35 Ebd., S. 20.
36 Ebd., S. 16.
37 Ebd., S. 19.
38 Derartige AuBerungen wurden auf der Veranstaltung scharf kritisiert — nicht zuletzt von
Vertretern und Vertreterinnen des veranstaltenden KSV, der sich in letzter Zeit zunehmend urn eine intensivere Auseinandersetzung mit linkem Antizionismus und dessen antisemitischen Implikationen bemiiht. Vor einiger Zeit hat der KSV mit einer Delegation Israel und Palastina bereist, die bei ihren Kontakten mit Palastinensern jedoch keinerlei Antisemitismus ausmachen konnte (Vgl. Lauggas, Ingo: „This peace is a bad peace“. In: „Unitat“, Nr. 2, 1996, S. 6; Lauggas, Ingo/ Wendt, Kurt: Wer keine Wahl hat, hat die doppelte Qual. In: „Volksstimme“,
- 5. 1996, S. 6), was als subjektiver Reiseeindruck zwar richtig sein mag, die notige Auseinandersetzung fiber antisemitische Untertone bei Teilen des palastinensischen Widerstands aber eher tabuisiert als fordert.
39 Diner, a. a. 0., S. 80.
40 Vgl. beispielsweise den Artikel Antisemitismus von links? In: „Lotta Dura“, Nr. 6, 1996, S.
25ff.; Fanizadeh, Michael: Shalom & Salam. Israel, Palastina und der Antisemitismus. In:
„Demontage“, Nr. 6, 1994, S. 1 lff.; Ofenbauer, Tobias/ Lauggas, Ingo: Wir unschuldige Nicht-
Tater. In: „Unitat“, Nr. 5, 1997, S. 12.; Berneri, Camillo: Die Fiihrerleiche im Keller. Zum Antisemitismus der radikalen Linken. In: „Unitat“, Nr. 1, 1998, S. 13.
41 Vgl. dazu Grigat, Stephan: „Okonomie der Endlosung“? Antisemitismustheorie zwischen
Funktionalismus und Wertkritik. In: „Weg und Ziel“, Nr. 1, 1997, S. 44ff.
42 Haury, Thomas: Zur Logik des bundesdeutschen Antizionismus. In: Poliakov, a. a. 0., S.
- Vgl. auch Haury, Thomas: „Finanzkapital oder Nation“. Zur ideologischen Genese des Antizionismus der SED. In: Benz, Wolfgang (Hg.): Jahrbuch fiir Antisemitismusforschung 5. Frankfurt/M. — New York 1996, S. 148ff.
43 Haury: Zur Logik des bundesdeutschen Antizionismus. a. a. 0., S. 138, kursiv i. Orig.
44 Ebd., S. 141, kursiv i. Orig.
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